Überparochiale Seelsorge - Dekanatsbezirk Kempten/Allgäu

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Überparochiale Seelsorge - Dekanatsbezirk Kempten/Allgäu
„Überparochiale Seelsorge“
Zusammenfassung, Samstag, 14. März
(J. Martin)
---------------------------------------------------------------------------------------------------------Alle Rechte vorbehalten. Nur zum privaten Gebrauch.
Andacht
Allgemeine Einführung ins Thema
Pfr. Wolfgang Gruber, Leiter des Seelsorgezentrums Kaufbeuren und Klinikseelsorger, führte allgemein in das
Thema überparochiale Seelsorge ein, basierend auf Konzeption und Standards der Krankenhausseelsorge.
Demzufolge stellt die überparochiale Arbeit einen eigenständigen kirchlichen Arbeitszweig mit spezifischen Gegebenheiten und Erfordernissen dar und ist keine Variante von Gemeindeseelsorge.
Die Arbeit geschieht in ökumenischer Verantwortung und richtet sich sowohl an die unmittelbar Betroffenen
(Patienten, Senioren, Inhaftierte), als auch an das Personal und die Institution selbst (Zielsetzung, Fortbildungen, Betriebsklima, usw.).
Die Arbeit in den vorgestellten Einrichtungen erfordert von den SeelsorgerInnen besondere personale, theologisch-pastorale und soziale Kompetenzen, die sie im Rahmen von Aus- und Fortbildung erwerben.
Einzelvorstellung der Krankenhaus-, Altenheim- und Gefängnisseelsorge
Im Rahmen der anschließenden Einzelvorstellung zeigten sich alle SeelsorgerInnen daran interessiert, ihre
relativ isolierten Arbeitsbereiche wieder verstärkt mit dem Gemeindeleben zu verknüpfen.
In diesem Zusammenhang wies beispielsweise Pfrin. Heike Steiger (Kliniken Kempten) darauf hin, dass verschärfte Datenschutzbestimmungen v.a. in den großen Häusern die Weitergabe von Patientendaten an die
Klinikseelsorge nur noch mit ausdrücklicher Zustimmung der Betroffenen erlauben. Das heißt, die bloße Angabe
der Konfession bei der Aufnahme führt nicht mehr automatisch zu einer Information der KlinikpfarrerInnen. Dies
müsse, so Pfrin. Steiger in Gemeindebriefen, Abkündigungen oder Gemeindekreisen unbedingt bekannt gemacht werden, um Irritationen und Enttäuschungen über ausbleibende Besuche zu vermeiden.
Auch Pfr. Thomas Öder (Altenseelsorge Kempten) und Pfrin. Annegret Pfirsch (Gefängnisseelsorge Kempten)
warteten mit Beispielen für Verknüpfungsmöglichkeiten zwischen ihren Arbeitsbereichen und Gemeindeleben
auf. Pfr. Öder nannte neben einem Engagement in entsprechenden Besuchskreisen u.a. das generationenübergreifende Planen von Veranstaltungen. Pfrin. Pfirsch informierte über ehrenamtlichen Einsatz im Gefängnis
und/oder der Begleitung von Familienangehörigen.
Austausch in Kleingruppen und Verteilung der "Denkzettel"
Nach einer Pause, bei der die Synodalen Gelegenheit hatten, sich anhand von Postern über die Arbeitsbereiche
zu informieren, fand ein Austausch in Kleingruppen statt.
Im anschließenden Plenum konnten die Synodalen den SeelsorgerInnen "Denkzettel" mit Anfragen und
Wünschen mit auf den Weg geben. Genannt wurde:
1.
Welche Möglichkeiten bieten sich interessierten Ehrenamtlichen herauszufinden, ob und für
welches Engagement sie geeignet sind?
2.
Wie kann der Informationsfluss in die Gemeinden verbessert werden?
3.
Wie kann trotz Datenschutz die Kommunikation zwischen Klinik- und Gemeindeseelsorgern aufrechterhalten werden?
4.
Die Klinikseelsorge wird in den Gemeinden als starke Entlastung empfunden. Daher genießt sie großen
Rückhalt.
5.
Gemeinden ohne eigenen Klinikseelsorger benötigen Hilfe für die Organisation und Gestaltung ihrer
Arbeit.
Umgekehrt hatten auch die SeelsorgerInnen "Denkzettel" für die Synodalen im Gepäck:
Krankenhausseelsorge
1. Bekannt machen: Wer Seelsorge wünscht, muss sich über Personal oder Angehörige bei Klinikseelsorgern melden. Aus Datenschutzgründen erfahren sie nicht von allen Patienten.
2. Aus dem Krankenhaus entlassen und noch nicht gesund - gibt es eine Möglichkeit in der Gemeinde, für
ihre Kranken vor Ort pragmatische Hilfe anzubieten?
3. Leben, Tod, Leid, Schmerz, Hoffnung sind Themen, die jeden betreffen. Im KH begegnen sie uns unausweichlich und in verdichteter Form. Das macht das KH zu einem besonderen geistlichen Ort.
Altenheimseelsorge
1. Bis Dezember 2009 einen "Anwalt/Anwältin" für Alters- und Mehrgenerationenfragen finden für Gemeindebrief und KV
2. Jährlich eine Gemeindeveranstaltung (Kindergartenfest, Gemeindefest, Kirchenchorjubiläum, ...)
generationenverbindend vorbereiten und durchführen
3. Jährlich mindestens eine Person für Aus- und Fortbildung in Altersfragen(Besuchsdienst, Altersberatung) gewinnen. Sie soll dann im Gemeindebrief vorgestellt werden
Gefängnisseelsorge
1. Gott verurteilt die Sünde, aber er rechtfertigt den Sünder: Auch wer zu einer Haftstrafe verurteilt worden
ist, bleibt ein Mensch.
2. Bei Interesse für diesen Arbeitsbereich wende ich mich an: Pfrin. Annegret Pfirsch, Tel. 0831 51266141
Frühjahrstagung der Dekanatssynode 2009: Überparochiale Seelsorge
Überparochiale Seelsorge
Am Beispiel Krankenhaus-, Altenheim- und Gefängnisseelsorge
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Unsere Arbeit - ein Thema für die Dekanatssynode
Der kirchliche Auftrag zur Seelsorge gilt jedem Menschen, gleichgültig, in welcher Situation er sich
befindet. Wir gehen auf Menschen zu und unsere Arbeit hat entweder eine direkte Entsprechung
oder zumindest einen Anklang bei den Werken der Barmherzigkeit, einem Fundament christlicher
Ethik. Die Menschen, denen wir in der Seelsorge begegnen, kommen aus ihren Gemeinden und gehen
meist dorthin wieder zurück.
Überparochiale Seelsorgestellen im Dekanatsbezirk
• Krankenhausseelsorge: Heike Steiger (Kempten), Reiner Apel (Scheidegg, n.
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Oberstaufen), Thomas Seitz (Füssen, Lechbruck), Wolfgang Gruber (Kaufbeuren)
Altenheimseelsorge: Thomas Öder (Kempten)
Gefängnisseelsorge: Annegret Pfirsch (JVA Kempten)
Seelsorgezentrum: Wolfgang Gruber (Kaufbeuren)
Aussiedlerseelsorge: Wolfgang Stock (Kaufbeuren)
Militärseelsorge: Werner Vogl (Sonthofen), Carola Wagner (Kaufbeuren)
Notfallseelsorge: Markus Wiesinger (Oberstdorf), Thomas Kretschmar (Kaufbeuren)
Gemeinsamkeiten unserer Arbeit
Unterschiede unserer Arbeit
• Wir arbeiten nicht sprengel-, sondern einrichtungs-
bezogen und das in Häusern, die z.T. hohe Schwellen-
ängste auslösen.
• Je nach Einrichtung unterscheiden sich die Lebens-
situationen der Menschen, an die wir gewiesen sind.
• Wir haben es mit Menschen zu tun, die in einer kritischen Phase ihres Lebens stehen.
• Es unterscheiden sich die Systeme und ihre Bedin-
gungen.
• Wir arbeiten in einem außerkirchlichen System und begegnen Menschen an ihrem Arbeitsplatz.
• Die Verbundenheit der Menschen mit ihrem Wohn-
umfeld, dem Stadtteil oder der Kirchengemeinde ist unterschiedlich stark ausgeprägt
• Wir sind an die Regeln dieser außerkirchlichen Systeme gebunden.
• Wir sind auch SeelsorgerInnen für die Mitarbeitenden der Einrichtungen.
• Unsere Tätigkeiten vermitteln christliche Identität und sinnhaftes Tun.
Frühjahrstagung der Dekanatssynode 2009: Überparochiale Seelsorge
Klinikseelsorge, KHS
Veränderung im Gesundheitswesen erfordert eine bessere Vernetzung. Die Liegezeiten sind
kürzer, Menschen werden noch krank entlassen und brauchen Hilfe vor Ort. Es ist der Auftrag der Gemeinde, ihre Kranken daheim zu besuchen, pragmatische Hilfe zu leisten und die
Isolation zu überwinden. Wir verstehen Klinikseelsorge als Praktizierung des Evangeliums
im System Krankenhaus.
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1. Seelsorge an den Patienten
•
Seelsorgerliche Begegnung ermöglichen, Zeit und
Zuwendung für den Einzelnen (Gleichwertigkeit ohne Gefälle; Ernstnehmen des ganzen Menschen.
Steht der Patient hinter der Therapie? Kommt seine Seele den Ereignissen hinterher? Suche nach Sinn)
•
Perspektive auf eine größere Kraft im Leben –
Gebet, Segen, Glaubenshilfe als Lebenshilfe; Angebot von Gottesdienst, Krankenabendmahl und Krankensalbung
• Reha: Einzel- und Gruppengespräche über Glaube und Ressourcen, über Ängste vor dem Alltag da heim. Gottesdienste, Andachten, Meditationen
2. Seelsorge für die Mitarbeiter
• Ökonomischer Druck bedrückt Mitarbeiter; Diskre-
panz von Wunsch der Patienten nach Zuwendung und Zeit; Druck durch Personalverknappung
Kliniken mit hauptamtlichen Seelsorgern
(je 50 % - Stellen):
• Klinikum Kempten – Oberallgäu: 1388 Mitarbeiter; 490 Bet ten (22600 stationäre Patienten/ Jahr, Verweildauer 6 Tage)
• BKH-Kempten: 77 Betten, 35 Tagesklinikplätze, 160 Mitarbeiter
• Kliniken Ostallgäu–Kaufbeuren(+ Buchloe, Füssen, Markt-
oberdorf, Obergünzburg): 1124 Mitarbeiter, 767 Betten
• Änderung des Berufsbildes – „Codierkunst“ statt medizinischem Können?
• Schlossbergklinik Oberstaufen: ca. 200 Mitarbeiter; 130 Akut-
Betten +120 Reha-Betten
• Pflege von Apallikern – wo ist der Mensch, wenn sein Bewusstsein zerstört ist?
• Reha: Fachklinik Enzensberg in Hopfen am See (Ca. 500 Mit arbeiter, 420 Betten) und Gesundheitszentrum König Ludwig, Schwangau (130 Mitarbeiter, 200 Betten)
• Seelsorge als Ventil für oft bedrückenden Arbeits-
alltag
• Kaufbeuren: Klinik 770 Mitarbeiter, 360 Betten;
BKH 522 Betten
3. Seelsorge im Haus
• „Jedes Haus braucht eine Seele“: Fürbitte für Patien ten, Ärzte, Pfleger, Mitarbeiter.
•
Seelsorge stellt sich dringenden Aufgaben:
- schwierige Entscheidungen (Ethische Fallbespre-
chungen, Ethikkomitee)
- Fragen in Notfällen und am Lebensende (Intensiv- und Palliativstation, Hospiz, Begleitung von Patient und Angehörigen)
- Kommunikationsabläufe zwischen den Berufsgruppen
Seelsorge im
Zwischenraum
Frühjahrstagung der Dekanatssynode 2009: Überparochiale Seelsorge
Altenheimseelsorge, AHS
Die Anforderungen an die AHS haben sich in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren grundlegend verändert. Aufgrund der demographischen Entwicklung stieg der Anteil der Pflegebedürftigen und Dementen, die Bewohner sind immobiler, ihre Verweildauer kürzer und die
Belastung der Pflegekräfte höher. Der Tod tritt häufiger ein und damit steigen die Erwartungen an die Seelsorge bei Palliativ-Care, an Ethikberatung und Trauerbegleitung.
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AHS ist gemeindliche Seelsorge mit
folgenden Aufgaben:
Es werden qualifizierte Mitarbeiter, sowie finanzielle und zeitliche Ressourcen benötigt:
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• Grundqualifikation für haupt- und ehrenamtliche MitarbeiterInnen, ein Wochenkurs + Praxistage
Verkündigung (Gottesdienst, Gruppenangebote)
Einzelseelsorge (auch Angehörige und Mitarbeiter)
Abschiedskultur (Entwicklung hausinterner Formen)
Präsenz im Heim
Altenheimseelsorge im Gemeindekonzept (Besuchsdienst, wechselseitige Einladungen, Hol- und Bring-
dienst, Begegnungen mit Gemeindegruppen)
•
Stellenanteil für Hauptamtliche; Vorschlag: 1/12.-Stellenanteil pro Heim bis 200 Betten.
Das zugewiesene Stellenkontingent wird im Dienstauftrag vermerkt.
• Pro Kirchenkreis ein bis zwei Teilstellen für Vernet-
zungs- und Bildungsaufgaben
Für den Dekanatsbezirk ist in Zukunft nötig:
• Brückenschlag zwischen Wohnumfeld und Einrichtungen
• Verständigung über ethische Standards
• Entwicklung dauerhafter Kooperationen
• Ausbildung ehrenamtlicher Altersberater für die Gemeinden
Gegenwärtig leistet die Projektstellenarbeit (1/2 St.):
• Pflege eines stadtweit arbeitenden ehrenamtl. Alten-Besuchsdienstes
• Bildungsveranstaltungen in den Dekanatsgemeinden
• Vernetzung professioneller Altersberatung mit Stadtteilarbeit in KE-St. Mang
• Unterrichtskontakte und –projekte (KU, Altenpflege-, Erzieherinnenausbildung)
• Projekte: „Zusammenspiel von Jung und Alt“
• Fortbildungsangebote auf Landesebene
• Mitentwicklung von Trauerritualen in Altenheimen, Trauerbegleitung per e-mail
• Gremienarbeit in Kirche, Diakonie und Stadt Kempten
Heime/Dekanat:
München 92 (2041 ev. Betten)
Kempten 76 (1079)
Nürnberg 63 (2598)
Spitzenreiter
Heime/Dek. Kempten:
Lindenberg 8 (101)
Füssen 7 (85)
Kaufbeuren 6 (113)
Ke-Christuskirche 5 (36)
Ke-St.-Mangkirche 5 (88)
Scheidegg 5 (47)
Frühjahrstagung der Dekanatssynode 2009: Überparochiale Seelsorge
Gefängnisseelsorge, GFS
Die JVA Kempten (Reinhartser Str. 11, 87437 Kempten) ist ein reiner Männervollzug mit
338 Haftplätzen. Ihr Einzugsbereich ist i. d. R. der Amtgerichtsbezirk Kempten. Derzeit ist sie
mit rund 420 Männern belegt. Die evangelische Seelsorge betreut die evangelischen Inhaftierten (~ 25%), sowie die mit anderer bzw. ohne Religionszugehörigkeit (~ 25%).
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Haftzeiten und Haftarten
Untersuchungshaft (alle Tatvorwürfe, ab 16 Jahre)
Ersatzfreiheitsstrafen (statt Geldstrafe)
Strafhaft: Erstvollzug bis 3 Jahre; Regelvollzug bis 2 Jahre; Nur Erwachsenenvollzug (i.d.R. ab 21 Jahre und „vom Jugendvollzug Ausgenommene“)
Im Durchschnitt beträgt die Verweildauer wenige Monate.
Aufgaben der GFS:
Besonderheiten des Arbeitsplatzes:
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Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen
Gesprächsgruppe gemeinsam mit Ehrenamtlichen
Bibelgruppe unter Teilnahme von Ehrenamtlichen
Seelsorgegespräche (Einzelgespräche)
Begleitung bei Ausführungen
Teilnahme an den Konferenzen und Besprechungen des Hauses
Enge Zusammenarbeit innerhalb des „Fachdienstes“
(Sozialdienst, Psychologe, Lehrer, Seelsorger).
Betreuung der Ehrenamtlichen (Straffälligenhilfe, AA, EinzelbetreuerInnen)
Seelsorge an Bediensteten (ca. 110 „Uniformierte“ und ca. 40 Verwaltungsbedienstete)
Begleitung von Besuchergruppen
Konferenz der bayerischen Gefängnisseelsorger
Das System ist streng hierarchisch
Der Anstaltsleiter ist Dienstvorgesetzter Fachvorgesetzter ist ein Vertreter des Landes-
kirchenamtes München (KR Bertram)
Es ist ein Gefährdungspotential vorhanden
Besondere seelsorgerliche Herausforderungen:
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Gespräche in Augenhöhe (von Mensch zu Mensch)
Fragen nach Schuld, Rache, Vergebung ...
Der Pfarrer hat die Schlüsselgewalt! Auf welche Seite gehört er?
Familien und Angehörige der Inhaftierten
Umgang mit schwerer Krankheit, Tod, Beerdigung von Angehörigen (und Möglichkeit des Besuchs durch den Inhaftierten)
Familienseminar für Gefangene und deren Familien
Einbindung der Seelsorge in die „Welt draußen“:
• Teilnahme an Pfarrkonferenzen
• Kooperation mit anderen überparochialen Pfarrern
• Selten: Gottesdienst- und Notfallvertretung
Evang. Seelsorge:
Pfrin. Annegret Pfirsch
Tel. 0831 51266141
Kath. Seelsorge:
Pastoralref. Richard Wildburger
Tel. 0831 51266140