zur Chronologie
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Matthias van der Minde Das nukleare Zeitalter Eine Chronologie von 1945 bis 2010 www.dias-online.org Düsseldorfer Institut für Außen- und Sicherheitspolitik e.V. c/o Juristische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Universitätsstr. 1 D-40225 Düsseldorf Matthias van der Minde Matthias van der Minde, Jahrgang 1985, studiert in Marburg Englisch und „Politik & Wirtschaft“ für das gymnasiale Lehramt. Er ist Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes. Seit er 2003 an der Verleihungszeremonie des Alternativen Nobelpreises an den Anti-Atom-Aktivisten David Lange teilnahm, beschäftigt er sich intensiv mit nuklearer Abrüstung, etwa auf einer Sommerakademie der Studienstiftung, während UN-Simulationen in Deutschland und den USA, im Rahmen seines Auslandsstudiums in Den Haag und bei der Grünen Jugend Hessen. Bisherige Publikationen: Die Atomwaffen nieder! Völkerrechtliche und zivilgesellschaftliche Wege der atomaren Abrüstung, Hamburg, 2010; Von Platon bis zur Global Governance. Entwürfe für menschliches Zusammenleben (gemeinsam mit Dirk Weidmann und Mathias Lotz), Marburg, 2010. Matthias van der Minde ist dankbar für Kritik an der vorliegenden Chronologie. Er ist erreichbar unter [email protected]. Matthias van der Minde, Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis 2010, Düsseldorf, Juli 2012 Herausgeber Düsseldorfer Institut für Außen- und Sicherheitspolitik e.V. c/o Juristische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Universitätsstraße 1 D-40225 Düsseldorf www.dias-online.org © 2012, Düsseldorfer Institut für Außen- und Sicherheitspolitik (DIAS) Matthias van der Minde Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis 2010 Inhaltsverzeichnis Einleitung: „The greatest danger of all“ .................................................... 2 Chronologie des nuklearen Zeitalters ........................................................ 3 Bibliographie ............................................................................................. 123 Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Einleitung: „The greatest danger of all“ „The greatest danger of all“, die größte Gefahr von allen – das seien Nuklearwaffen! Die Äußerung stammt von einem, dem zugetraut wird, dass er sich mit Weltproblemen auskennt: von Kofi Annan, dem ehemaligen UN-Generalsekretär und Friedensnobelpreisträger.1 Doch welche Rolle spielt dieses Weltproblem heutzutage im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit? Eine verschwindend geringe, da sind sich die Experten einig. David Krieger, Gründer der US-amerikanischen „Nuclear Age Peace Foundation“ und Mitglied im „World Future Council“,2 argumentiert, dass Nuklearwaffen für die meisten Menschen aus den Augen und damit aus dem Sinn seien: Es herrsche eine Kombination aus Ignoranz, Apathie und Dementierung vor. Der US-amerikanische Völkerrechtler Richard Falk fügt hinzu, dass seine Landsleute bereit seien, im Namen der vermeintlichen nationalen Sicherheit vieles hinzunehmen – und dass sie somit auch akzeptieren würden, mit Nuklearwaffen zu leben.3 Krieger und Falk äußern jedoch auch, dass die Zivilgesellschaft selbst gar nicht allein für ihre Passivität verantwortlich gemacht werden könne – Schuld sei das politische und militärische Establishment, der immer noch bestehende „militärisch-industrielle Komplex“, vor dem bereits US-Präsident Eisenhower in seiner Abschiedsrede 1961 gewarnt habe,4 dessen abgeschottete und sich selbst erhaltende Bürokratie taub für Kritik aus der Zivilgesellschaft sei. Selbst der prominente Appell der ehemaligen US-amerikanischen Spitzenpolitiker Kissinger, Shultz, Perry und Nunn für nukleare Abrüstung, der 2007 und 2008 in Wall Street Journal-Artikeln eindeutig an das Establishment gerichtet war, habe in diesem keine Debatte entfachen können.5 Der USamerikanische Politikwissenschaftler Bruce D. Larkin generalisiert Kriegers und Falks Annahme eines unbelehrbaren Establishments: Politiker handelten bei Nuklearfragen nach dem Motto „Don't ask. Don't tell“. Nur noch wenige Ausnahmen, wie etwa ein schwindendes Segment der britischen Labour Party, befasse sich mit dem Thema; kein Wunder, dass dann auch in der Öffentlichkeit so wenig über Nuklearwaffen diskutiert werde.6 Neben Krieger, Falk und Larkin kommt auch Bernard Lown, einer der Gründer der „International Physicians for the Prevention of Nuclear War“ („Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung“) und Friedensnobelpreisträger, zum gleichen Ergebnis: Die aggressive US-amerikanische Nuklearstrategie („Nuclear Posture Review“) aus dem Jahr 2002 etwa sei von der eigenen Bevölkerung nicht in Frage gestellt worden. Die Welt leide an zwei Folgen des Kalten Krieges: an dem veralteten Militarismus auf der einen Seite, an der Lähmung der öffentlichen Opposition auf der anderen Seite – beide seien aus Angst entstanden, entweder vor wirklichen oder vor fiktiven Feinden.7 Die vorliegende Chronologie möchte zumindest einen kleinen Beitrag leisten, die nukleare Problematik wieder verstärkt in den wissenschaftlichen und vielleicht sogar politischen und zivilgesellschaftlichen Fokus zu rücken. Sie berichtet von bedeutsamen und meistens gefährlichen Ereignissen der letzten sieben Jahrzehnte, etwa der Kubakrise oder dem NATO-Doppelbeschluss, sie fasst völkerrechtliche Rüstungskontroll-, Nonproliferations- und Abrüstungsverträge zusammen 1 2 3 4 5 6 7 Siehe die Äußerung in Annan, Kofi: Lecture at Princeton University, November 28, 2006, in: Falk, Richard/Krieger, David (2008): At the Nuclear Precipice: Catastrophe or Transformation? New York: Palgrave Macmillan, S. 263. Siehe dazu auch Eintrag 2006 in dieser Chronologie. Vgl. World Future Council (2009): Über uns. Ratsmitglieder Biographien. David Krieger, http://worldfuturecouncil.org/david_krieger0.html, Zugriff: 27.8.2009. Vgl. Krieger, David/Falk, Richard: Where We Stand: A Dialogue, in: Falk et al. (2008): a. a. O., S. 242 f. Siehe die Rede unter Michigan State University – HST 306, United States History Since 1920 (1996): Military-Industrial Complex Speech, Dwight D. Eisenhower, 1961, http://coursesa.matrix.msu.edu/~hst306/documents/indust.html, Zugriff: 5.4.2010. Siehe dazu auch Eintrag 1961 in dieser Chronologie. Vgl. Krieger, David/Falk, Richard: Where We Stand: A Dialogue, in: Falk et al. (2008): a. a. O., S. 235 ff. Siehe zu den Artikeln auch Einträge 2007 und 2008 in dieser Chronologie. Vgl. Larkin, Bruce D. (2008): Designing Denuclearization. An Interpretative Encyclopedia, New Brunswick (New Jersey): Transaction Publishers, S. 411. Vgl. Lown, Bernard (2008): Prescription for Survival. A Doctor’s Journey to End Nuclear Madness, San Francisco: Berret-Koehler Publishers, S. 385 f. Siehe zu Bernard Lown auch Eintrag 1985 [„IPPNW“] und zur Nuclear Posture Review Eintrag 2002 in dieser Chronologie. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis und schildert nicht zuletzt die Bemühungen von Wissenschaft und Zivilgesellschaft um nukleare Abrüstung. So sehr das Ende des Kalten Krieges eine Zäsur in den internationalen Beziehungen dargestellt haben mag, so sehr wird in der Chronologie erkennbar, dass die Geschichte der Nuklearwaffen 1990/91 keineswegs zu Ende ging, sondern sich bis heute und oft verhängnisvoll fortsetzt. Die Chronologie soll historisch, politisch und völkerrechtlich Interessierten als Ausgangspunkt und Nachschlagewerk für vertiefende Recherche dienen. Nahezu alle politischen Statements, wissenschaftlichen Empfehlungen und völkerrechtlichen Verträge, die im Folgenden thematisiert werden, sind hierfür im Original gesichtet worden. Ähnlich wie ein Lexikon orientiert sich die Chronologie an den Maßstäben förmlicher und inhaltlicher Sorgfalt und Objektivität i.S.v. Nachvollziehbarkeit. Wertfrei ist die Chronologie jedoch nicht! Schon beim Auswählen der zu behandelnden Themen vollzieht sich eine Wertung. Die Chronologie wurde – hier unterscheidet sie sich von einem Lexikon – mit dem Impetus verfasst, die Leserschaft von etwas zu überzeugen, nämlich von der Bedrohung durch Nuklearwaffen. Die kritische Lektüre ist demnach ausdrücklich erwünscht. Eine terminologische Anmerkung: Die Begriffe „Kernwaffen“, „Atomwaffen“ und „Nuklearwaffen“ werden im Deutschen synonym benutzt.8 In der Chronologie jedoch werden fast ausschließlich die Begriffe „nuklear“ und „Nuklearwaffen“ auftauchen. Dies geschieht in Anlehnung an die englische Sprache, in welcher der Großteil der konsultierten Verträge und Abhandlungen verfasst worden ist, und die nahezu immer „nuclear“ verwendet, seltener „atomic“. Chronologie des nuklearen Zeitalters 1945: 8 9 10 11 Die „United Nations (UN) Charter“ wird in San Francisco am 26. Juni unterzeichnet; am 24. Oktober tritt sie in Kraft. Die Ziele der UN seien internationaler Frieden und Sicherheit, freundschaftliche Beziehungen zwischen den Mitgliedsstaaten und internationale Kooperation bei der Lösung von internationalen Problemen (vgl. Art. 1). Art. 2.1 manifestiert das Prinzip der souveränen Gleichheit aller UN-Mitglieder. Art. 2.4 verbietet jegliche Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen andere Staaten; eine Ausnahme bilden nur die individuelle oder kollektive Selbstverteidigung nach Art. 51 aus Kap. VII der UN Charter sowie allgemein Kap. VII, nach welchem der UN Security Council (UN-Sicherheitsrat, UNSC) bei Feststellung einer Bedrohung oder eines Bruchs des Friedens (vgl. Art. 39) Maßnahmen – auch militärische (vgl. Art. 42) – einleiten könne, welche den Frieden wieder herstellen sollen.9 Nuklearwaffen tauchen in der Charter nicht auf, da es zum Zeitpunkt der Unterzeichnung weltweit noch keine Nuklearwaffenexplosion gegeben hat; dennoch formuliert Art. 26 die Forderung an den Security Council, ein System für Rüstungskontrolle als Bestandteil der internationalen Friedenserhaltung auszuarbeiten.10 Die weltweit erste Nuklearexplosion wird am 16. Juli bei Alamogordo, New Mexico, ausgelöst. Es folgen die nuklearen Bombardierungen von Hiroshima am 6. und Nagasaki am 9. August. Schätzungsweise 140.000 bzw. 90.000 Menschen sterben dabei auf grausamste Weise.11 Bis heute sind diese Nuklearwaffen-Einsätze Vgl. Altmann, Jürgen: Physik, in: Altmann, Jürgen/Bernhardt, Ute/Nixdorff, Kathryn/Ruhmann, Ingo/Wöhrle, Dieter (2007): Naturwissenschaft – Rüstung – Frieden. Basiswissen für die Friedensforschung, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S. 88. Vgl. United Nations (2005): Charter of the United Nations and Statute of the International Court of Justice, New York: United Nations Department of Public Information. Vgl. ebd. Siehe zu Art. 26 UN Charter auch Boulden, Jane/Thakur, Ramesh, Weiss, Thomas G.: The United Nations and nuclear orders: Context, foundations, actors, tools, and future prospects, in: Boulden, Jane/Thakur, Ramesh/Weiss, Thomas G. (2009): The United Nations and Nuclear Orders, Tokio: United Nations University Press, S. 6. Vgl. Encyclopædia Britannica 2007 Ultimate Reference Suite (2008): Nuclear Weapon, Chicago: Encyclopædia Britannica. Vgl. Neuneck, Götz: Atomares Wettrüsten der Großmächte – kein abgeschlossenes Kapitel, in: Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg/Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik/Carl Friedrich von WeizsäckerZentrum für Naturwissenschaft und Friedensforschung der Universität Hamburg (2009): „Kampf dem Atomtod!“ Die Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis auch strategisch höchst umstritten: 1945 lässt US-Präsident Truman verlautbaren, dass durch die nuklearen Bombardierungen Japans eine Viertelmillion amerikanische Leben wegen des ersparten Einmarsches gerettet worden seien. Zehn Jahre später schreibt er schon, dass ein US-Einmarsch mindestens eine halbe Million Amerikaner getötet hätte. Churchill wird daraus später eine Millionen Amerikaner und eine halbe Millionen Briten konstruieren, US-Präsident Bush Senior schließt sich dem an und spekuliert ebenfalls mit einer Million US-amerikanischer Toten.12 Dabei steht Japan im Sommer 1945 an der Schwelle zur Kapitulation.13 Auch das Argument, die USA wollten neben der Hiroshima-Bombe „Little Boy“, welche Uran als Spaltstoff und das sog. Kanonenrohrverfahren als Design verwendete, die Nagasaki-Bombe „Fat Man“ testen, da diese mit Plutonium und dem sog. Implosionsverfahren funktioniere, hat Fürsprecher.14 Dazu ist jedoch anzumerken, dass bereits der weltweit erste Test in Alamogordo (s.o.) unter dem Namen „Trinity“ mit einer Bombe der Fat Man-Bauart stattfand.15 Indem Truman auch die nukleare Zerstörung einer zweiten japanischen Stadt in Kauf nimmt, will er wahrscheinlich der Sowjetunion, die den Japanern am 8. August den Krieg erklärt, zuvorkommen, eine schnelle japanische Kapitulation erreichen und deren Bedingungen selbst diktieren.16 Der Zweite Weltkrieg endet formal am 2. September.17 George Orwell veröffentlicht am 19. Oktober den Artikel „You and the Atomic Bomb“: Die Menschheitsgeschichte sei eine Geschichte von Waffen; darin seien die Zeiten, in denen kleine Waffen wie Langbögen, Handgranaten und Gewehre vorherrschend waren, solche Zeiten der Revolution gewesen – während jene Zeiten, in denen Panzer, Kriegsschiffe und Bomber dominant waren, die Zeiten des Despotismus gewesen seien. Eine einfache Waffe gebe den Schwachen Klauen, eine schwere Waffe dagegen mache die Starken stärker. Insofern bedeute die Nuklearwaffe mehr Macht in noch weniger Händen. Orwell prophezeit bereits die Nuklearwaffen im Besitz der Sowjetunion und Chinas: Diese beiden Länder könnten sich 12 13 14 15 16 17 Protestbewegung 1957/58 in zeithistorischer und gegenwärtiger Perspektive, Hamburg: Dölling und Galitz Verlag, S. 116. Vgl. Lown (2008): a. a. O., S. 202. Vgl. Cirincione, Joseph (2007): Bomb Scare. The History & Future of Nuclear Weapons, New York: Columbia University Press, S. 13. Vgl. hierzu etwa Unger, Frank: Die Bombe: Ein Rückblick auf den Beginn des Atomzeitalters, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Nr. 8/2005, S. 1005. Um die gewaltige Kraft von Kernspaltungen gezielt auszulösen, gibt es zwei Arten von Bauweisen für Nuklearwaffen: zum einen das sog. „Kanonenrohrverfahren“, bei welchem ein Zylinder mit dem Spaltstoff Uran-235 in eine Kugel aus Uran-235 geschossen wird. So entsteht eine kritische Masse des Spaltstoffs, also die notwendige Masse zum Aufrechterhalten einer Kettenreaktion – in diesem Fall einer explosionsartigen Kettenreaktion, die – anders als im Atomkraftwerk – nicht mehr kontrolliert werden kann. Das Kanonenrohrverfahren funktioniert nicht mit Plutonium, da dieses durch seine spontan abstrahlenden Neutronen schon eine Explosion auslösen würde, ehe Zylinder und Kugel richtig vereinigt wären – so würde das Ganze mit entsprechend verringerter Sprengenergie explodieren, bevor eine große Anzahl Plutoniumkerne überhaupt von Neutronen getroffen und damit gespalten werden könnte. Für Plutonium gibt es darum das sog. „Implosionsverfahren“, bei welchem das zu spaltende Material um eine Hohlkugel herum in unterkritischer Form angeordnet wird. Durch exakt gleichzeitige Zündung von Plastiksprengstoff, der wiederum in Kugelform um die Kugel aus Spaltmaterial angebracht ist, wird letzteres schockartig komprimiert und in überkritische Masse gebracht. Vgl. Altmann, Jürgen: Physik, in: Altmann et al. (2007): a. a. O., S. 85 ff. Vgl. Reed, Thomas C./Stillman, Danny B. (2009): The Nuclear Express. A Political History of the Bomb and its Proliferation, Minneapolis: Zenith Press, S. 342. Dennoch bleibt folgende Hypothese zu bedenken: Wäre es Truman ausschließlich um die Kapitulation gegangen, hätte er den Japanern mehr als drei Tage Zeit lassen müssen, ehe er Nagasaki bombardieren ließ, damit sie überhaupt hätten begreifen können, was in Hiroshima geschehen war und dann ihre Kapitulation hätten verkünden können. Vgl. Craig, Campbell/Logevall, Fredrik (2009): America's Cold War. The Politics of Insecurity, Cambridge, MA: Harvard University Press, S. 55 f. Vgl. ebd. Vgl. Bhaskar Menon (2001): Disarmament. A Basic Guide, New York: United Nations Department for Disarmament Affairs, S. 41. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis als Supermächte mit den USA die Weltherrschaft teilen und eintreten in einen „Kalten Krieg“, wie Orwell wörtlich schreibt, in einen „Frieden, der keiner sei“.18 1946: 18 19 20 21 22 23 24 Am 24. Januar verabschiedet die „UN General Assembly“ (UNGeneralversammlung, UNGA) ihre erste Resolution – diese gründet die „Atomic Energy Commission“; die Kommission, bestehend aus allen Mitgliedern des UN Security Council plus Kanada (vgl. § 3), soll u. a. vorschlagen, wie eine ausschließlich friedliche Nutzung der Atomenergie gewährleistet und wie eine Vernichtung aller Nuklearwaffen und anderer Massenvernichtungswaffen erreicht werden könne (vgl. § 5 b-c).19 Wenig später veröffentlichen die USA ihren ersten Vorschlag zu einer internationalen Kontrolle der Nuklearenergie: Der „Acheson-Lilienthal Report“, benannt nach dem Staatssekretär im Außenministerium, Dean Acheson, sowie nach dem Vorsitzenden der „U.S. Atomic Energy Commission“, David Lilienthal, entstand auch unter Mitarbeit des ehemaligen wissenschaftlichen Leiters des ManhattenProjekts, Robert Oppenheimer.20 Der Report empfiehlt die Gründung einer „Atomic Development Authority“, einer Behörde, die sämtliche nukleare Materialien von der Rohform bis zur zivil nutzbaren Form verwalten und diese nur zu Forschungszwecken und zivilen Energienutzung an Nationalstaaten herausgeben würde (vgl. Pkt. 34 ff.). Nuklearwaffen sollten komplett illegalisiert werden (vgl. Pkt. 4), da es nicht garantiert sei, dass die USA die einzige Nuklearmacht blieben (vgl. Pkt. 3). Ein internationales Inspektionssystem solle Nuklearwaffenverbot und Monopolstellung der Atomic Development Authority überwachen (vgl. Pkt. 9 f./39 ff.). Zum „Enforcement“, der notfalls militärischen Durchsetzung dieser Bestimmungen, macht der Report keine umfangreichen Angaben.21 Die Vorschläge des Reports sollen indes ohnehin nicht mehr umgesetzt werden – die US-Regierung wird sich mit dem „Baruch Plan“ einem alternativen Plan zuwenden.22 Während der ersten Sitzung der Atomic Energy Commission schlägt USRepräsentant Bernard M. Baruch im sog. „Baruch Plan“ ebenfalls, wie im Acheson-Lilienthal Report, die Gründung einer „International Atomic Development Authority“ vor, die – durch eigene Charter legitimiert, transparent gestaltet und dezentralisiert – weltweit die Entwicklung von nuklearen Materialien zur Energiegewinnung aus den Händen der Nationalstaaten nehmen und in sich professionell vereinen solle. Sollte diese neue Institution effektiv sein und Sanktionen gegen Regelverletzer ermöglichen, seien die USA laut Baruch sogar bereit, ihre Nuklearwaffen aufzugeben. Bedingung der Institution wäre jedoch, dass das Veto im UN Security Council nicht als Schutz gegen solche Sanktionen eingesetzt werden dürfe, mit denen die Institution den Missbrauch von Nuklearenergie zu militärischen Zwecken bestrafen würde.23 Die Sowjetunion verlangt jedoch, noch vor jeglicher internationaler Zusammenarbeit müssten die US-Nuklearwaffen zerstört werden.24 Währenddessen arbeitet die Sowjetunion am eigenen Nuklearwaffenprogramm. Stalin lehnt den Ba- Vgl. Orwell, George (1945): You and the Atomic Bomb, http://www.wagingpeace.org/articles/0000/1945_orwell_youand-the-bomb.htm, Zugriff: 11.3.2009. Vgl. United Nations (2009): General Assembly Resolution 1 (I). Vgl. Wittner, Lawrence S. (2009): Confronting the Bomb. A Short History of the World Nuclear Disarmament Movement, Stanford: Stanford University Press, S. 30 f. Vgl. Council on Foreign Relations (2009): The Acheson-Lilienthal Report, http://honors.umd.edu/HONR269J//archive/AchesonLilienthal.html, Zugriff: 9.7.2009. Vgl. Wittner (2009): a. a. O., S. 31. Vgl. Atomic Archive (2008): The Baruch Plan, http://www.atomicarchive.com/Docs/Deterrence/BaruchPlan.shtml, Zugriff: 6.6.2010. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): Chronology of Events Related to Nuclear Disarmament, http://www.nti.org/db/disarmament/timeline.html, Zugriff: 22.5.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis ruch-Plan wahrscheinlich aus Angst ab, die vorgeschlagenen Inspektionen könnten sein eigenes Nuklearwaffenprogramm aufdecken; das wiederum könnte einen Angriff der USA hervorrufen, um den sowjetischen Bombenbau zu stoppen.25 1947: Der Begriff „Kalter Krieg“ (vgl. auch „George Orwell“, Eintrag 1945) wird zum ersten Mal öffentlich in einer Rede von Baruch verwendet; Baruch übernimmt den Begriff von seinem Mitarbeiter Herbert B. Swope.26 1949: Erster sowjetischer Nuklearwaffentest, auf dem Testgelände „Semipalatinsk“ im heutigen Kasachstan.27 Die „North Atlantic Treaty Organisation“ (NATO) wird von 12 Staaten gegründet mit dem Ziel der gegenseitigen Verteidigung: Art. 5 des NordatlantikVertrages besagt, dass ein Angriff gegen ein oder mehrere NATO-Mitgliedsstaaten als ein Angriff gegen die gesamte NATO gewertet werde, und dass folglich alle NATO-Mitgliedsstaaten dem oder den Angegriffenen – gem. des individuellen und kollektiven Selbstverteidigungsrechts aus Art. 51 der UN Charter – zu Hilfe eilen werden, notfalls mit militärischer Gewalt. Ferner legt Art. 5 des NordatlantikVertrages fest, dass die Verteidigungsmaßnahmen der NATO eingestellt werden sollen, sobald der UN Security Council in der Lage sei, internationalen Frieden und Sicherheit wieder herzustellen.28 1950: Das Wettrüsten zwischen USA und Sowjetunion beginnt.29 Während die anfänglichen Strategien darauf abzielen, die gegnerischen Städte mit Bombern anzufliegen und die vernichtende Fracht über diesen abzuwerfen, wird Ende der fünfziger Jahre der Wettlauf bei der Raketenproduktion im Vordergrund stehen.30 Die US-amerikanische Denkschrift „National Security Council31 [NSC] 68: United States Objectives and Programs for National Security“, konzeptioniert von Paul Nitze, wird schnell zur Grundlage der US-amerikanischen Strategie gegen die Sowjetunion.32 Die Sowjetunion sei von fanatischem Glauben getrieben und strebe nach der Weltherrschaft (vgl. Pkt. I). Die USA, als das einzig verbleibende Bollwerk der freien Welt, seien das Hauptangriffsziel der Sowjetunion (vgl. Pkt. III). Dem beidseitigen nuklearen Aufrüsten wohne laut NSC 68 eine gegenseitige Anstachelung zum Krieg inne: Die Sowjetunion könne plötzlich und überraschend angreifen, sobald sie nukleare Überlegenheit gewonnen habe (vgl. Pkt. VIII.A.4). Trotz dieser durchaus abschreckungskritischen Reflexion schätzt der NSC 68 das Instrument „Verhandlungen“ als eher minderwertig ein: Es solle zwar zur Reduzierung der Kriegsgefahr eingesetzt werden – das Gesellschaftssystem der USA und ihrer Verbündeten dürfe aber nicht in Frage gestellt werden. Dieses müsse vielmehr so erfolgreich werden, dass es den Kreml schlichtweg in Frustration zurücklasse (vgl. Pkt. IX, IX D, Conclusions and Recommendations). Gespräche über nukleare Abrüstung würden laut NSC 68 lediglich zur US-Abrüstung führen, die relativ gesehen 25 26 27 28 29 30 31 32 Vgl. Gaddis, John Lewis (2007): The Cold War. A New History, London: Penguin Books, S. 56. Vgl. Stöver, Bernd (2007): Der Kalte Krieg. Geschichte eines radikalen Zeitalters 1947-1991, München: C.H.Beck, S. 11 ff. Vgl. Reed et al. (2009): a. a. O., S. 33. Vgl. Randelzhofer, Albrecht (2007): Völkerrechtliche Verträge. 11. Auflage, München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 87. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Neuneck, Götz: Atomares Wettrüsten der Großmächte – kein abgeschlossenes Kapitel, in: Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg et al. (2009): a. a. O., S. 97/101. Nicht zu verwechseln mit dem United Nations Security Council. Vgl. Biermann, Harald: Stunde höchster Gefahr, in: SPIEGEL SPECIAL Geschichte (2008): Der Kalte Krieg. Wie die Welt das Wettrüsten überlebte, Hamburg: SPIEGEL-Verlag Rudolph Augstein, S. 43. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis einschneidender wäre als jene der Sowjetunion – den USA drohe damit ein böses Erwachen (vgl. Pkt. IX).33 Im Koreakrieg (bis 1953), ausgelöst durch den nordkoreanischen Einmarsch in Südkorea mit Unterstützung Stalins, prallen letztendlich nicht nur Nord- und Südkorea, sondern auch USA und China aufeinander. Auch die Sowjetunion unterstützt die nordkoreanische Seite – in Form von sowjetischen Flugzeugen und Besatzungen, die im Kampf auch auf amerikanische Flugzeuge und Besatzungen treffen. Somit befinden sich USA und Sowjetunion – öffentlich nicht bemerkt – im „heißen“ Krieg.34 Mindestens vier Millionen Menschen sterben.35 1952: Erster Nuklearwaffentest Großbritanniens, bei den Monte Bello Islands, nahe der australischen Westküste.36 Weltweit erster Test einer Wasserstoffbombe durch die USA.37 Eine Wasserstoffbombe entwickelt ihre Sprengkraft aus der freigesetzten Energie, die bei einer Verschmelzung z.B. von Deuterium- und Tritium-Atomen (Wasserstoff-Isotope mit schwererer Masse als normaler Wasserstoff) entsteht. Um überhaupt die notwendige Hitze für eine solche Kernfusion zu erreichen, wird eine Kernspaltung in Gang gesetzt, indem eine „herkömmliche“ Nuklearwaffe gezündet wird.38 Die Sprengkraft der ersten Wasserstoffbombe „MIKE“ beträgt 10,4 Mio. Tonnen TNTÄquivalent;39 die Insel Elugelab, den Marschallinseln zugehörig, auf der die Wasserstoffbombe gezündet wird, verdampft vollständig. Hinzu kommen 13.000 km² durch Fallout verseuchtes Gebiet.40 Erste Produktionen des US-Bombers B-52 Stratofortress. Ein solcher Bomber kann acht herkömmliche Atom- oder aber vier Wasserstoffbomben tragen. Die bis 1968 permanent in der Luft befindliche US-Bomberflotte von 60 B-52 trägt eine Gesamtsprengkraft von ca. 3 Mrd. Tonnen.41 Durch die UN General Assembly wird die Atomic Energy Commission aufgelöst und die „Disarmament Commission“ gegründet. Zusammengesetzt ist die neue Kommission, wie die Vorgängerin, aus allen Mitgliedern des UNSicherheitsrats sowie Kanada (vgl. § 1); Aufgabe der neuen Kommission sei das Ausarbeiten von Vertragsentwürfen zur letztendlichen Zerstörung aller Massenvernichtungswaffen und zur Kontrolle der Nuklearenergie (vgl. § 1-3).42 1953: Erster sowjetischer Test einer Wasserstoffbombe.43 Die atomare Aufrüstung konventioneller Waffensysteme beginnt – das betrifft Haubitzen und sogar Raketenwerfer. Solche Waffensysteme sind für den Einsatz auf dem Schlachtfeld „Mitteleuropa“ gefertigt und werden dort – in beiden deutschen Staaten – stationiert.44 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 Vgl. Federation of American Scientists (1999): National Security Council. NSC 68: United States Objectives and Programs for National Security, http://www.fas.org/irp/offdocs/nsc-hst/nsc-68.htm, Zugriff: 6.6.2010. Vgl. Gaddis (2007): a. a. O., S. 58 ff. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 95. Vgl. Reed et al. (2009): a. a. O., S. 48. Vgl. ebd., S. 36. Vgl. Encyclopædia Britannica 2007 Ultimate Reference Suite (2008): Nuclear Weapon, a. a. O. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 148. Piper, Gerhard (2002): 50 Jahre H-Bombe: Reif für die Insel, http://www.unikassel.de/fb5/frieden/themen/Atomwaffen/50-jahre.html, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 152. Vgl. United Nations (2009): General Assembly Resolution 502 (VI). Vgl. Cirincione (2007): a. a. O., S. 23. Vgl. Davis, Mary B./Purcell, Arthur H. (2006): Weapons of Mass Destruction, New York: Facts On File, S. 119. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 151. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis US-Präsident Eisenhower schlägt in seiner UN General Assembly-Rede „Atoms for Peace“ die Verbreitung von Atomenergie zu „friedlichen“ Zwecken an alle interessierten Staaten vor. Zur Überwachung dieses Prozesses propagiert er die Gründung einer „Atomic Energy Agency“, die von den Mitgliedsstaaten spaltbares Material entgegen nehmen und dieses wie eine Bank verwalten könne. Unter dieser Verwaltung solle die ausschließlich zivile Nutzung von Atomenergie, etwa zu landwirtschaftlichen und medizinischen Zwecken sowie zur Energiegewinnung für energiearme Gegenden der Welt, garantiert werden.45 1954: Fallout des US-amerikanischen Tests der Wasserstoffbombe „Bravo“ auf dem Bikini-Atoll tötet einen japanischen Seemann. Bravo sollte eine Sprengkraft von 6 Megatonnen freisetzen, entfacht dann aber 15 Megatonnen und wird damit der größte US-Nuklearwaffentest der Geschichte.46 Der Fallout verseucht tausende km2 mehr als zuvor kalkuliert.47 Dieser Vorfall heizt Japans Antiatom-Bewegung an.48 Der Einsatz nuklear-angetriebener U-Boote beginnt, zuerst seitens der USAmerikaner.49 In den folgenden Jahren werden die U-Boote mit Abschussvorrichtungen für Interkontinentalraketen ausgestattet, die wiederum mit Nuklearwaffen bestückt sind. Nuklear-angetriebene U-Boote können monatelang tauchen und sind kaum noch zu orten (siehe dazu auch Eintrag 2009 [„HMS Vanguard/Le Triomphant“]).50 Die UN General Assembly fordert in Resolution 808 (IX) A die Ausarbeitung eines Entwurfs für eine Konvention, welche die Reduktion aller konventionellen Bewaffnungen vorantreiben, ein totales Test- und Produktionsverbot für Nuklearwaffen und andere Massenvernichtungswaffen einführen und die Umwandlung der existierenden nuklearen Arsenale hin zu zivilen Zwecken regeln solle (vgl. § 1.a/b). Dieser Abrüstungsvertrag müsse unter effektiver internationaler Kontrolle stehen (vgl. § 1.c), so dass kein Staat seine Sicherheit gefährdet sehe (vgl. § 1). Die Disarmament Commission (siehe Eintrag 1952) solle sich mit diesem Auftrag befassen (vgl. § 2).51 1955: Der US-Außenminister proklamiert die Doktrin der „Massive Retaliation“, einer massiven nuklearen Vergeltung gegen die Sowjetunion, sollte diese irgendwo auf der Welt militärisch gegen die USA vorgehen.52 US-Präsident Eisenhower versucht durch diese aggressive Drohung, die erst als Reaktion auf einen Angriff realisiert werden solle, genau solch einen sowjetischen Angriff vermeiden zu können.53 Der Warschauer Pakt formiert ein Gegenbündnis zur NATO. Der dem Pakt zugrunde liegende Vertrag ist ähnlich aufgebaut wie der Nordatlantik-Vertrag: Durch Art. 4 wird – unter Berufung auf Art. 51 der UN Charter – der kollektive Verteidigungsfall ausgerufen, sollten ein oder mehrere Mitgliedsstaaten des Warschauer Pakts angegriffen werden. Weiterhin besagt Art. 4, dass die Verteidigungsmaßnahmen gestoppt werden sollen, sobald der UN Security Council internationalen Frieden und Sicherheit herstellen könne. Art. 2 des Warschauer Pakts ruft die Vertrags- 45 46 47 48 49 50 51 52 53 International Atomic Energy Agency (2008): Atoms for Peace, http://www.iaea.org/About/history_speech.html, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Davis et al. (2006): a. a. O., S. 119. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 149. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 150. Vgl. United Nations (2009): General Assembly Resolution 808 (IX) A. CNN (1999): The Bomb. An Interactive Timeline, http://edition.cnn.com/SPECIALS/cold.war/episodes/12/timeline/timeline.html, Zugriff: 23.11.2008. Vgl. Biermann (2008): a. a. O., S.45 f. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis staaten auf, sich generell für Abrüstung einzusetzen, wie auch für ein Verbot von Atom- und Wasserstoffbomben sowie von anderen Massenvernichtungswaffen.54 Das „Russell-Einstein Manifesto“, ein gemeinsames Positionspapier führender Wissenschaftler, verfasst von Bertrand Russell und Albert Einstein, appeliert an die Regierungen der Welt, ihre kommenden Konflikte allesamt friedlich beizulegen. Ein zukünftiger Weltkrieg würde sicherlich mit Nuklearwaffen geführt werden und könne somit das Ende der Menschheit bedeuten. Als ersten Schritt fordern Russell und Einstein eine Einigung über die Abschaffung von Wasserstoffbomben.55 1956: 54 55 56 57 58 59 Das Statut der “International Atomic Energy Agency” (IAEA) liegt zur Signatur bereit. 1957 tritt es in Kraft. Die Agentur treibt laut Art. II des Statuts den Beitrag von Nuklearenergie zu Frieden, Gesundheit und Wohlstand in der Welt voran und versucht gleichzeitig, jeglichen militärischen Missbrauch von Nuklearenergie zu verhindern. Wie von Eisenhower 1953 vorgeschlagen, kann die IAEA spaltbares Material der Mitgliedsstaaten entgegen nehmen; dessen Menge werde zwischen IAEA und Staat vereinbart (vgl. Art. IX).56 Später wird die IAEA jedoch eher als Vermittler von spaltbarem Material zwischen den Mitgliedsstaaten agieren denn als lagernde Bank.57 Laut Art. XI des Statuts kann die IAEA die nuklearen Projekte ihrer Mitgliedsstaaten unterstützen; Art. III.A.5 gewährt der IAEA das Recht, bei den Mitgliedsstaaten Sicherungsmaßnahmen (die sog. „Safeguards“) durchzuführen, um den allein zivilen Gebrauch von Nuklearenergie festzustellen (zu „verifizieren“) – mittels Art. XII.A.6 kann die IAEA dazu Inspektoren einsetzen. Diese haben theoretisch jederzeit Zugang zu allen Orten, Daten und Personen, die zur Gewährleistung der allein zivilen Nutzung der Nuklearenergie in dem speziellen Fall untersucht werden müssen. Die Inspektoren kommen allerdings erst in ein Land, nachdem die IAEA dieses im Voraus informiert hat (vgl. Art. XII.A.6). Sicherungsmaßnahmen können außerdem nur durchgeführt werden, wenn es sich um ein IAEA-Projekt handelt (vgl. Art. XI.A/Art. XII.A), oder die IAEA von einem oder mehreren Mitgliedsstaaten gebeten worden ist, solche Sicherungsmaßnahmen bei ihnen selbst anzuwenden (besorgte Drittstaaten können die IAEA dazu nicht anrufen, vgl. Art. XII.A).58 Die IAEA selbst kann (vorerst) nicht eigenständig Sicherungsmaßnahmen initiieren.59 Während der Suez-Krise droht die Sowjetunion mit konventionellen Raketenangriffen auf London und Paris, sollte der britisch-französische Angriff auf Ägypten nicht gestoppt werden. In einer Nacht empfängt das US-Hauptquartier in Europa folgende Nachrichten: unbekannte Flugobjekte über der Türkei; 100 sowjetische MIG-15 im Flug über Syrien; britischer Bomber abgeschossen über Syrien; russische Flotte auf der Fahrt durch die Dardanellen! Später soll sich glücklicherweise und gerade noch rechtzeitig herausstellen, dass alles Fehlmeldungen waren: Über der Türkei flogen Schwäne, Syriens Präsident kehrte mit einer viel kleineren Anzahl Flugzeuge als berichtet von einem Besuch aus Moskau zurück, der britische Bom- Vgl. Halsall, Paul (2006): Internet History Sourcebook Project. The Warsaw Pact, http://www.fordham.edu/halsall/mod/1955warsawpact.html, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Pugwash Conferences on Science and World Affairs Online (2008): The Russell-Einstein Manifesto, http://www.pugwash.org/about/manifesto.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. International Atomic Energy Agency (2008): Statute of the IAEA, http://www.iaea.org/About/statute_text.html#A1.3, Zugriff: 5.4.2010. Vgl. Fischer, David (1997): History of the International Atomic Energy Agency: the first forty years, Wien: International Atomic Energy Agency, S. 75 f. Vgl. International Atomic Energy Agency (2008): Statute of the IAEA, a. a. O. Das Recht, sog. „Special Inspections“ durchzuführen, wird erst in den 1960er Jahren etabliert; siehe dazu Eintrag 1992. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis ber musste wegen mechanischer Probleme notlanden und die russische Schwarzmeerflotte befand sich in veranschlagten Routine-Übungen.60 1957: 60 61 62 63 64 65 66 Das Russell-Einstein Manifesto (siehe Eintrag 1955) inspiriert den amerikanischen Philanthropen Cyrus Eaton, eine Zusammenkunft u. a. jener Wissenschaftler zu organisieren, die sich dem Russell-Einstein Manifesto angeschlossen hatten61 – die fortan regelmäßig organisierten „Pugwash Conferences on Sciences and World Affairs“, benannt nach Eatons Heimatort und erster Stätte der Konferenz, Pugwash in Nova Scotia, Kanada, sollen als Zusammenkunft führender Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik und öffentlichem Leben dazu beitragen, die Gefahr eines bewaffneten Konflikts zu reduzieren und kooperative Lösungen für globale Probleme zu finden.62 Als Adenauer Nuklearwaffen als eine bloße Weiterentwicklung der Artillerie bezeichnet,63 erheben 18 Atomwissenschaftler, welche als „Göttinger 18“ legendär werden sollen,64 ihre Stimme: Die 18 mahnen an, „taktische“ Nuklearwaffen nicht zu verharmlosen: Diese seien taktisch, weil sie nicht nur gegen Städte, sondern auch gegen Truppen auf dem Schlachtfeld eingesetzt werden würden. Sie hätten trotzdem bereits ähnliche Wirkungen wie die Hiroshima-Bombe – im Gegensatz zu den strategischen Bomben, welche mittlerweile eine noch viel größere Zerstörungskraft besäßen. Wissenschaft bedeute, auch für deren Folgen Verantwortung zu übernehmen. Keiner der Unterzeichnenden sei bereit, sich an der Entwicklung von Nuklearwaffen zu beteiligen; ein kleines Land wie die Bundesrepublik sei am besten beraten, auf Nuklearwaffen zu verzichten. Gleichzeitig sichern die Göttinger 18 ihr Engagement für eine zivile Nutzung der Nuklearenergie zu. Unterzeichner sind u. a. Max Born, Otto Hahn, Werner Heisenberg und Carl Friedrich Frhr. von Weizsäcker;65 von Letzterem ging die Initiative der Göttinger 18 aus.66 Wenige Tage nach dem Appell der Göttinger 18 wird Albert Schweitzers „Declaration of Conscience“ von Radio Oslo weltweit übertragen. Er bemerkt, dass die Gefahr durch Nuklearwaffen längst nicht so sehr das öffentliche Bewusstsein beeinflusst habe, wie es leider notwendig sei. Albert Schweitzer warnt vor der Gefahr, dass radioaktives Material, das überall auf der Welt in den Nahrungs- und Wasserkreislauf gerate, selbst noch auf kommende Generationen in 100 oder 200 Jahren gefahrvolle Auswirkungen haben könne. Jeder Anstieg der Gefahr durch zusätzliches radioaktives Material, freigesetzt von weiteren Nuklearwaffentests, sei eine Katastrophe für die Menschheit – eine Katastrophe, die abgewendet werden müsse. Die drei Nuklearwaffenstaaten USA, Sowjetunion und Großbritannien betonten wieder und wieder, dass sie nichts lieber täten, als ein Abkommen zum Stopp aller Nuklearwaffentests zu beschließen. Gleichzeitig verkündeten sie, dass sie ihre Tests nicht aufgeben könnten, solange eben solch ein Abkommen noch nicht erreicht worden sei! Albert Schweitzer schlussfolgert, dass ein Teststopp-Abkommen aus folgendem Grund noch nicht existiere: In den Nuklearwaffenstaaten gebe es Vgl. Phillips, Alan F. (1998): 20 Mishaps that Might Have Started Accidental Nuclear War, http://www.wagingpeace.org/articles/1998/01/00_phillips_20-mishaps.htm, Zugriff: 31.3.2010. Vgl. Pugwash Conferences on Science and World Affairs Online (2008): The Invitation to Pugwash, http://www.pugwash.org/about/eaton.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. ebd.: About Pugwash, http://www.pugwash.org/about.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Schildt, Axel: „Atomzeitalter“ - Gründe und Hintergründe der Proteste gegen die atomare Bewaffnung der Bundeswehr Ende der fünfziger Jahre, in: Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg et al. (2009): a. a. O., S. 39. Vgl. ebd., S. 42. Vgl. Georg-August-Universität Göttingen – Institut für theoretische Physik (2007): Die Göttinger Erklärung der 18 Atomwissenschaftler vom 12. April 1957, http://www.theorie.physik.uni-goettingen.de/ueberuns/Geschichte/goemanifest.html, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Neuneck, Götz: Atomares Wettrüsten der Großmächte – kein abgeschlossenes Kapitel, in: Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg et al. (2009): a. a. O., S. 92. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis keine öffentliche Meinung, die nach solch einem Abkommen verlange. Gleiches gelte außer für Japan auch für alle anderen Staaten der Welt.67 Albert Schweitzers Ansprache wird ein Jahr später noch einmal über Radio Oslo ausgestrahlt, diesmal in mehreren Fortsetzungen.68 Inspiriert von Albert Schweitzer bilden US-Aktivisten das „Committee for a SANE Nuclear Policy“ (SANE) als Stimme für Frieden und nukleare Abrüstung. Unterstützer sind Albert Schweitzer selbst, Eleanor Roosevelt, Bertrand Russell, Martin Luther King und viele andere.69 Im südlichen Ural explodiert ein riesiger unterirdischer Betontank mit nuklearem Müll aus der Plutonium-Produktionsstätte „Majak“, in der das Plutonium für die sowjetischen Nuklearwaffen hergestellt wird. Der Tank ist gefüllt mit verseuchtem Abwasser: Strontium-90 und Caesium-137 aus Majak wurde stets in den nahe liegenden Fluss „Tetscha“ geleitet, sollte nun aber in Tanks abgepumpt werden. Grund für die Explosion ist das Ausfallen des Kühlsystems, welches den Wärme erzeugenden chemischen Reaktionen im Innern des Tanks entgegenwirken sollte. Durch Ausfallen des Kühlsystems lagert sich im Tank teilweise hochexplosives Nitratsalz ab, das durch ein verseuchtes Kontrollgerät im Innern entzündet wird. Die freigesetzte nukleare Wolke enthält 80 Tonnen nuklearen Müll und verseucht einen 8 km breiten und 110 km langen Landstreifen. Die Kontamination breitet sich insgesamt sogar auf ca. 23.000 km2 aus. Die Sowjetunion verschweigt den Unfall und hält ihn jahrzehntelang geheim. Wie viele Menschen sterben und mit Krebsleiden, Frühgeburten und Missbildungen zu kämpfen haben, ist bis heute nicht bekannt.70 1958: 67 68 69 70 71 72 USA, Großbritannien und Sowjetunion verständigen sich auf ein informelles und damit langfristig praktisch wirkungsloses Teststopp-Moratorium für Nuklearwaffen (siehe auch Eintrag 1961 [„Zar“]).71 Nicht nur die Göttinger 18, sondern auch die Zivilgesellschaft protestiert gegen Adenauer: Nach seiner Aussage, Nuklearwaffen seien eine bloße Weiterentwicklung der Artillerie (siehe Eintrag 1957 [„Göttinger 18“]), und nach dem Beschluss der CDU/CSU-Mehrheit im Bundestag, die Bundeswehr mit „modernsten Waffen“, also mit Nuklearwaffen, auszurüsten, gehen die Menschen in Deutschland zu Hunderttausenden auf die Straße: „Kampf dem Atomtod“ ist ihre Parole. Als das Bundesverfassungsgericht jedoch eine geplante „Volksbefragung über Atomwaffen“ untersagt, gleichzeitig aber auch der Einspruch anderer NATO-Staaten die nukleare Bewaffnung der Bundeswehr unwahrscheinlich macht, verebbt der Bürgerprotest wieder.72 Chemie-Nobelpreisträger Linus Pauling und seine Frau Ava Helen Pauling überreichen UN-Generalsekretär Dag Hammerskjold eine Petition, unterschrieben von mehr als 11.000 Wissenschaftlern, mit der Forderung nach einem internationalem Abkommen zum Stopp von Nuklearwaffentests. Für seine weltweite Mobilisie- Vgl. Nuclear Age Peace Foundation (2008): A Declaration of Conscience by Albert Schweitzer, April 24, 1957, http://www.wagingpeace.org/articles/2004/04/19_schweitzer_declaration-conscience.htm, Zugriff: 7.12.2008. Vgl. Steffahn, Harald (2001): Schweitzer, 15. Auflage, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 130. Vgl. Peace Action (2008): SANE, http://www.peace-action.org/abt/sanehistory.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Sietz, Henning: Das Menetekel von Majak, in: DIE ZEIT, Nr. 34/2007. Vgl. auch Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Fakultät V. Mathematik und Naturwissenschaften. Fachschaft Physik (2002): Eine Reise zu den Altlasten des Kalten Krieges. Die „Unfälle“ von Majak, http://www.physik.uni-oldenburg.de/epol/public_html/risiko/mayak.html, Zugriff: 10.7.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 395. Vgl. Schildt, Axel (2008): Bürgermacht gegen die Bombe, in: einestages. Zeitgeschichten auf SPIEGEL ONLINE, http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/1812/protest_der_58er_gegen_die_atomare_bewaffnung_de r_brd.html, Zugriff: 7.6.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis rung der Wissenschaft gegen Nuklearwaffentests erhält Pauling 1962 seinen zweiten Nobelpreis, diesmal in der Kategorie 'Frieden'.73 1959: 73 74 75 76 77 78 79 80 Der “Antartic Treaty“ schafft die weltweit erste nuklearwaffenfreie Zone.74 Absicht des Vertrags ist, die Antarktis für immer zum Ort des Friedens zu erklären, so dass auch die internationale Kooperation bei der wissenschaftlichen Erforschung der Antarktis vorangetrieben werden könne (vgl. Präambel). Art. I erlaubt ausschließlich die friedliche Nutzung der Antarktis. Jede militärische Aktion sei verboten, etwa das Errichten von Militärbasen, militärische Manöver oder das Testen jeglicher Waffengattungen. Art. V.1 verbietet nukleare Explosionen sowie das Abladen radioaktiven Mülls. Art. V.2 erlaubt jedoch zumindest theoretisch eine Abänderung des Gehalts des Art. V.1, sofern sich alle Parteien des Antarktis-Vertrags in neuen Verträgen auf einen anderen Umgang mit Nuklearenergie in der Antarktis einigen sollten.75 Da die Verhandlungen in einem Subkomitee der Disarmament Commission festgefahren sind, gründen Frankreich, Großbritannien, USA und Sowjetunion ein neues, locker an die UN angegliedertes Verhandlungsforum: das „Ten-Nation Committee on Disarmament“. Fünf Mitgliedsstaaten kommen aus dem West-, fünf aus dem Ostblock. Jedoch schafft auch dieses Komitee nicht, Abrüstungsmaßnahmen zu beschließen.76 Das Komitee wird später durch das „Eighteen-Nation Committee on Disarmament“ ersetzt (1962-1968), dieses wiederum durch die „Conference of the Committee on Disarmament“ (1969-1978),77 welche 1978 in „Committee on Disarmament“ und schließlich, 1983, in „Conference on Disarmament“ umbenannt wird (siehe auch Einträge 1978 und 1983).78 Die UN General Assembly schlägt auf Initiative Irlands in Resolution 1380 (XIV) vor, dass das Ten-Nation Committee on Disarmament die Machbarkeit eines internationalen Abkommens prüfen solle, das die Nuklearmächte davon abhalten würde, Nuklearwaffen an Staaten ohne Nuklearwaffen weiterzugeben, und das gleichsam die Nicht-Nuklearstaaten davon abbringen würde, Nuklearwaffen selbst herzustellen (vgl. § 1). Weitere Resolutionen der UN General Assembly folgen, die ebenfalls gegen nukleare Proliferation, also die Weiterverbreitung von Nuklearwaffen, gerichtet sind (vgl. etwa UNGA Res. 1576 [XV, 1960] und UNGA Res. 1665 [XVI, 1961]). Gleichsam ruft die UN General Assembly die Staatengemeinschaft wiederholt auf, dem informellen Teststopp-Moratorium von 1958 einen kontrollierbaren Vertrag über das Verbot von Nuklearwaffentests folgen zu lassen (vgl. etwa UNGA Res. 1402 [XIV, 1959] und UNGA Res. 1578 [XV, 1960]).79 Von Bedeutung ist auch Resolution 1378 (1959), in der die UN General Assembly zu einer generellen und kompletten Entwaffnung unter effektiver internationaler Kontrolle („general and complete disarmament under effective international control“) zum frühest möglichen Zeitpunkt aufruft (vgl. § 3, siehe auch Eintrag 1978).80 Diese Forderung ver- Vgl. Nuclear Age Peace Foundation/NuclearFiles.org (2008): 1950’s, http://www.nuclearfiles.org/menu/timeline/timeline_decade.php?decade=1950, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Menon (2001): a. a. O. Vgl. National Environment Research Council – British Antarctic Survey (2007): The Antarctic Treaty, http://www.antarctica.ac.uk/about_antarctica/geopolitical/treaty/update_1959.php, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Fry, Michael G./Goldstein, Erik/Langhorne, Richard (2002): Guide to International Relations and Diplomacy. London: Continuum International Publishing Group, S. 505 f. Vgl. The United Nations Office at Geneva (2008): Disarmament. An Introduction to the Conference, http://www.unog.ch/80256EE600585943/(httpPages)/BF18ABFEFE5D344DC1256F3100311CE9?OpenDocument, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. The United Nations Office at Geneva (2008): Disarmament. Milestones in the history of disarmament in Geneva, http://www.unog.ch/80256EE600585943/(httpPages)/83B21E77CD529736C12572D80044A715?OpenDocument, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. United Nations (2009): General Assembly Resolution 1380 (XIV), 1576 (XV), 1665 (XVI), 1402 (XIV), 1578 (XV). Vgl. United Nations (2009): General Assembly Resolution 1378. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis bindet die Abrüstung von Nuklearwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen mit der Kontrolle und Abrüstung von konventionellen Waffen81 und stellt somit Waffe und menschliche Militanz als solche in Frage. 1960: Erster französischer Nuklearwaffentest, nahe Reggane in der algerischen Sahara.82 Ungeachtet des Test-Moratoriums von USA, Sowjetunion und Großbritannien testen die Franzosen ihre ersten Nuklearwaffen nicht unterirdisch, sondern in der Atmosphäre.83 Das US-Frühwarnsystem im grönländischen Thule schlägt Alarm und zeigt den Anflug sowjetischer Nuklearraketen an. Techniker entdecken jedoch noch rechtzeitig, dass es sich nicht um einen 2.500 km entfernten Angriff handelt, sondern um eine 250.000 km entfernt verursachte Mondspiegelung.84 1961: Sowjetunion und USA kehren nach drei Jahren informellem Moratorium zu Nuklearwaffentests zurück (siehe auch Eintrag 1958 [„Teststopp-Moratorium“]).85 Es folgt die größte Nuklearwaffenexplosion des Kalten Krieges: Die sowjetische Wasserstoffbombe „Zar” explodiert auf dem Testgelände Nowaja Semlja mit 58 Megatonnen Sprengkraft.86 Später wird bekannt, dass die USA während des Moratoriums tatsächlich ihre Test- und Forschungsgelände ruhen ließen und Großbritannien mehr oder weniger willig diesem Beispiel folgte. Die Sowjetunion hingegen schloss weder Anlagen noch stellte sie die Forschung ein – für sie stand fest, dass der Teststopp nur von kurzer Dauer sein sollte.87 Die UN General Assembly erklärt in Resolution 1653 (XVI), dass der Einsatz von Nuklearwaffen nicht nur gegen einen Feind, sondern immer gegen die Menschheit im Gesamten gerichtet sei (vgl. § 1.c) – solch ein Einsatz stelle somit ein Verbrechen gegen die Menschheit und Zivilisation dar (vgl. § 1.d) und verletzte die Prinzipien des Völkerrechts und der Menschlichkeit (vgl. § 1.b). Insbesondere impliziere solch ein Einsatz eine direkte Verletzung der UN Charter (vgl. § 1.a). Darum fordert die UN General Assembly eine „Convention on the Prohibition of the Use of Nuclear and Thermo-Nuclear Weapons for War Purposes“, ein Einsatzverbot von Nuklearwaffen (vgl. § 2, siehe auch Einträge 1990 und 1991).88 US-Präsident Eisenhower warnt in seiner Abschiedsrede vor dem „militärisch-industriellen Komplex“, dem Einfluss der US-amerikanischen Militär- und Rüstungsindustrie auf Politik und öffentliches Leben. Dreieinhalb Millionen Menschen arbeiteten bereits direkt für diese Industrie. Die Jahresausgaben für militärische Sicherheit lägen über den Nettoeinnahmen aller US-Unternehmen zusammen. Der Einfluss der Militärindustrie sei in jeder Stadt, in jedem Staatsparlament, in jeder Bundesbehörde zu spüren. Nur eine alarmierte und sachkundige Zivilgesellschaft könne mit friedlichen Mitteln und Zielen das richtige Geflecht aus industrieller und 81 82 83 84 85 86 87 88 Diese Verknüpfung der Abrüstung von Massenvernichtungswaffen und der Kontrolle/Abrüstung von konventionellen Waffen, niedergeschrieben in dieser Resolution, geht auf einen sowjetischen Vorschlag zurück. Vgl. Rydell, Randy: The Secretary-General and the Secretariat, in: Boulden et al. (2009): a. a. O., S. 75. Vgl. Menon (2001): a. a. O. Vgl. Reed et al. (2009): a. a. O., S. 79. Das französische und das israelische Nuklearwaffenprogramm werden in enger Kooperation aufgebaut: U. a. liefert die französische Industrie an Israel einen Reaktor, Uran als Brennstoff sowie eine Wiederaufbereitungsanlage zur Gewinnung von Plutonium aus verbrauchtem nuklearen Brennstoff, vgl. ebd., S. 75-80. Vgl. Gunkel, Christoph: Vom Himmel gefallen, in: SPIEGEL SPECIAL GESCHICHTE (2008): a. a. O., S. 135. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 149. Vgl. Reed et al. (2009): a. a. O., S. 62 f./65. Vgl. United Nations (2008): General Assembly Resolution 1653 (XVI). Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis militärischer Verteidigungsmaschinerie erzwingen, so dass Sicherheit und Freiheit gemeinsam gedeihen könnten (vgl. Pkt. IV).89 1962: 89 90 91 92 93 94 95 96 Die US-amerikanische Interkontinentalrakete „Minuteman“ geht in Serie. Mit 11.500 km Reichweite kann sie in 30 Minuten jeden Punkt der Erde mit ihren bis zu drei Nuklearsprengköpfen mit jeweils 335 Kilotonnen Sprengkraft zerstören. Dabei hat sie eine Zielgenauigkeit von nur max. 200 Metern Abweichung. Die Sowjets verfügen über die ähnliche „R-16“ (NATO-Designation: „SS-7 Saddler“), mit gleichfalls 11.500 km Reichweite: Sie ist zwar weniger zielgenau, dafür aber mit 5 Megatonnen Sprengkraft ausgestattet.90 16. bis 28. Oktober: In der Kubakrise steht die Menschheit am Rande eines dritten Weltkriegs.91 Die Sowjetunion stationiert heimlich 152 raketengestützte Nuklearwaffen auf Kuba und mobilisiert weitere Nuklearwaffen für Bomber und U-Boote. Chruschtschow will mit solchen Stationierungen an Verhandlungsmasse gewinnen, da er nach der US-amerikanischen Niederlage in der Schweinebucht (1961) eine neue US-Invasion auf Kuba fürchtet. Hinzu kommt, dass die USA bereits Mittelstreckenraketen in der Türkei stationiert haben, die den europäischen Teil der Sowjetunion treffen könnten. Am 16. Oktober berichtet die CIA, dass USSpionageflugzeuge eine nukleare Streitmacht auf Kuba entdeckt hätten. Kennedy diskutiert mit seinen Beratern über einen möglichen Luftschlag gegen die sowjetischen Raketenbasen auf Kuba. Ihnen wird jedoch bewusst, dass auch nur eine einzige übersehene sowjetische Nuklearrakete das Ende einer südlich gelegenen USStadt wie Miami oder Atlanta bedeuten würde.92 Am 22. fordert Kennedy Chruschtschow ultimativ auf, die Nuklearwaffen abzuziehen: Würde auch nur eine sowjetische Waffe gegen ein Ziel in der westlichen Hemisphäre eingesetzt werden, werden die USA mit einer Massive Retaliation (siehe Eintrag 1955) zurückschlagen.93 Am 23. diskutiert Kennedy mit seinen Beratern einen solchen „all out nuclear Exchange“, einen totalen nuklearen Schlagabtausch. Ob die US-Amerikaner dazu im Zweifel tatsächlich bereit wären, ist umstritten.94 Am 24. erfolgt die USamerikanische Seeblockade – der Beschluss dafür ist bereits am Abend des 20. Oktobers gefallen. Kennedy hofft auf Entspannung und will der Sowjetunion die Möglichkeit nehmen, militärisch in Westberlin einzufallen – eine Option, welche die Sowjetunion sicherlich ergriffen hätte, wären die USA in der Kubakrise gewaltsam vorgegangen.95 Nach einen geheimen Briefwechsel zwischen Kennedy und Chruschtschow zieht die Sowjetunion am 28. Oktober die Nuklearwaffen von Kuba ab. Ein Jahr später entfernen die USA die Mittelstreckenraketen aus der Türkei.96 Während der Kuba-Krise war es nicht nur wahrscheinlich, dass eine der beiden Seiten bewusst einen Nuklearschlag ausgelöst hätte – auch zahlreiche Fehleinschätzungen, Beinahe-Unfälle und falsche Alarmmeldungen hätten fast einen dritten Weltkrieg verursacht: Um Mitternacht am 25. Oktober beobachtet ein Wachmann einer US-Militärbasis eine Person, die über eine Sicherheitsabsperrung klettert. Er Vgl. Michigan State University – HST 306, United States History Since 1920 (1996): a. a. O. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 155 f. Vgl. Encyclopædia Britannica 2007 Ultimate Reference Suite (2008): Cuban Missile Crisis, Chicago: Encyclopædia Britannica. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Craig et al. (2009): a. a. O., S. 201 ff. Vgl. ebd., S. 206. Während Stöver unter Berufung auf Tonbandaufzeichnungen davon ausgeht, dass Kennedy tatsächlich entschlossen gewesen sei, auch Nuklearwaffen einzusetzen, beruft sich Rhodes auf den damaligen Verteidigungsminister McNamara: Laut ihm sei der Einsatz von Nuklearwaffen keinesfalls in Erwägung gezogen worden. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 378 f. Vgl. Rhodes, Richard (2007): Arsenals of Folly. The Making of the Nuclear Arms Race, New York: Knopf, S. 99. Vgl. Craig et al. (2009): a. a. O., S. 205. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 374 ff. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis löst Sabotage-Alarm in allen Militärbasen aus. In einer anderen Basis wird dieser Alarm jedoch falsch interpretiert, so dass sich mit Nuklearwaffen bestückte F-106AKampfflugzeuge auf die Startbahn begeben. Die Piloten wussten, dass es in der gegenwärtigen Alarmbereitschaft „DEFCON 3“ keinen Probe-Alarm mehr geben würde und gingen davon aus, ein dritter Weltkrieg hätte begonnen. Kurz vor ihrem Abheben rast ein Auto auf die Startbahn und signalisiert den Fehlalarm – der ursprüngliche Eindringling am Zaun war ein Bär.97 US-Außenminister Robert McNamara erwähnt erstmalig das Konzept “Mutually Assured Destruction” (MAD). MAD kennzeichnet den garantierten nuklearen Vergeltungsschlag nach einem feindlichen nuklearen Angriff – nach dem Motto: Welche Nuklearmacht als erste schießt, stirbt als zweite.98 Selbst Stalin sagte bereits: „[…] Atomwaffen können kaum benutzt werden, ohne das Ende der Welt zu bedeuten.“99 Ebenso hatte der frühere US-Präsident Eisenhower geschlussfolgert, dass in Zeiten von Wasserstoffbomben der Krieg kein Instrument einer Staatsführung mehr sein könne – das Überleben der Staaten verlange viel mehr, dass es überhaupt keinen Krieg mehr gebe.100 1963: In Folge der Kubakrise wird das „Rote Telefon“ eingerichtet, das die Führungen von USA und Sowjetunion im Krisenfall miteinander verbinden soll.101 Der “Partial Test Ban Treaty”, auch “Moskauer Atomteststoppabkommen”, ausgehandelt von USA und Sowjetunion in nur zehn Tagen,102 geschlossen zwischen USA, Großbritannien, Sowjetunion und 111 weiteren Staaten,103 verkündet in der Präambel das Hauptziel eines Übereinkommens über eine komplette – und nicht nur nukleare – Abrüstung. Die Vertragsparteien seien bestrebt, bald jegliche Art Tests von Nuklearwaffen zu verbieten (vgl. Präambel). Denn der Partial Test Ban Treaty verbietet zwar mit Art. 1.a das Testen von Nuklearwaffen in der Atmosphäre, im Weltraum und im Wasser,104 nicht aber unter der Erde. Auch die Sprengkraft der unterirdischen Tests wird nicht eingeschränkt.105 Der Vertrag gründet sich auch auf dem Wunsch, die Umweltverseuchung durch radioaktive Stoffe zu beenden (vgl. Präambel).106 Frankreich und China, noch in der Entwicklung ihrer eigenen Nuklearwaffen befindlich, verweigern die Unterschrift.107 1964: Erster chinesischer Nuklearwaffentest, auf dem Testgelände Lop Nor in der Region Xinjiang.108 Unmittelbar nach dem Test ruft der chinesische Premier zur weltweiten Vernichtung aller Nuklearwaffen auf und verkündet Chinas „No-first-use policy“: Es werde Nuklearwaffen niemals als erster einsetzen. China wird diese Haltung wiederholt bekräftigen.109 Bislang hat kein anderer Staat eine „No-first-use 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 Vgl. Phillips, Alan F. (1998): a. a. O. Vgl. Caldicott, Helen/Eisendrath, Craig (2007): War in Heaven. The Arms Race in Outer Space, New York: The New Press, S. 42 f. Zitiert aus Gaddis (2007): a. a. O., S. 57. Vgl. ebd., S. 80 f. Vgl. Peace Resource Center (2000): Memorandum of Understanding Between The United States of America and The Union of Soviet Socialist Republics Regarding the Establishment of a Direct Communications Link, http://www1.umn.edu/humanrts/peace/docs/agreementhotline.html, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Kalinowski, Martin: Kernwaffen in unsicheren Händen – die Proliferation von Kernwaffen und internationale Anstrengungen zu deren Nichtverbreitung, in: Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg et al. (2009): a. a. O., S. 73 f. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 396. Vgl. Randelzhofer (2007): a. a. O., S. 641. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 396. Vgl. Randelzhofer (2007): a. a. O., S. 641. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 395 f. Vgl. Menon (2001): a. a. O. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis policy“ verkündet, mit zwischenzeitlicher Ausnahme Nordkoreas (siehe Eintrag 2006).110 China äußert 1964 auch eine „Negative Security Assurance“: eine Zusicherung, dass China seine Nuklearwaffen nicht gegen Staaten ohne Nuklearwaffen einsetzen werde.111 Völkerrechtlich verbindlich sind Chinas Äußerungen jedoch allesamt nicht. Nachdem die UN General Assembly weitere Resolutionen gegen die Proliferation von Nuklearwaffen verabschiedet hat (etwa UNGA Res. 1652 [XVI, 1961] und UNGA Res. 1911 [XVIII, 1963]) und sowohl USA als auch Sowjetunion Entwürfe für einen Vertrag gegen die Proliferation von Nuklearwaffen eingereicht haben (vgl. UNGA Res. 2028 [XX], Präambel),112 verabschiedet die UN General Assembly Resolution 2028 (XX), welche eine konzeptuelle Basis für einen kommenden Nichtverbreitungsvertrag bildet. Nach § 2.c dieser Resolution soll der gewünschte Vertrag ein Schritt darstellen hin zur generellen und kompletten Abrüstung, insbesondere zur nuklearen Abrüstung.113 1966: Mit 25 Megatonnen nuklearer Sprengkraft gehört die sowjetische Interkontinentalrakete „R-36“ (NATO-Designation: „SS-9 Scarp“) zu den stärksten Interkontinentalraketen, die jemals gebaut wurden.114 Ein B-52-Bomber, von denen die USA während des Kalten Krieges viele Dutzend rund um die Uhr in der Luft behalten (siehe dazu Eintrag 1952 [„B-52 Stratofortress“]), kracht beim ansonsten routinierten Auftanken im Flug mit dem Tankflugzeug zusammen, stürzt über Spanien ab und verliert vier Wasserstoffbomben. Drei Bomben stürzen in der Nähe des Fischerdorfs Palomares ab. Es explodieren glücklicherweise nur die konventionellen Sprengsätze; trotzdem gibt es über Meilen verbreitet radioaktive Kontamination. Die vierte Bombe stürzt ins Mittelmeer – ihr Verlust ruft die größte Suchaktion in der Geschichte der US-Marine hervor. Letztendlich wird die Bombe gefunden.115 Die Resolution 2153 A (XXI) der UN General Assembly baut auf den Forderungen von UNGA Res. 2028 (XX, siehe Eintrag 1964) auf und fordert weitergehend das Eighteen-Nation Committee on Disarmament auf, den Vorschlag zu prüfen, dass Nuklearwaffen-Staaten Negative Security Assurances gegenüber Staaten ohne Nuklearwaffen abgeben sollen – also die Zusicherung, Nuklearwaffen nicht gegen Staaten ohne eigene Nuklearwaffen einzusetzen und auch nicht mit einem solchen Einsatz zu drohen (vgl. § 4).116 1967: Der „Outer Space Treaty“ wird unterzeichnet und tritt in Kraft; Art. 4 verbietet das Platzieren von Nuklearwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen im Weltraum, auf dem Mond und auf anderen Himmelskörpern. Das Testen jeglicher Art von Waffen ist ebenso verboten wie militärische Manöver und das Installieren von 110 111 112 113 114 115 116 Vgl. Panofsky, Wolfgang K. H. (2007): The Nonproliferation Regime Under Siege, http://www.thebulletin.org/columns/wolfgang-panofsky/20070806.html, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Anzumerken bleibt, dass eine “No-first-use policy” eine “Negative Security Assurance” in der Regel aufhebt: China würde laut seiner No-first-use policy ohnehin nur dann nuklear zurückschlagen, sollte es auch nuklear angegriffen werden – und genau das kann ja eigentlich nicht durch einen nuklearwaffenlosen Staat geschehen; die einzige Ausnahme würde ein nuklearer Angriff eines Nicht-Nuklearwaffenstaates mit den Nuklearwaffen eines Verbündeten darstellen. Vgl. dazu auch: International Network of Engineers and Scientists Against Prolifertion (2005): Beyond the NPT: A Nuclear-Weapon-Free World, http://inesap.org/sites/default/files/inesap_old/pdf/NYDOC.pdf, Zugriff: 7.3.2009, Pkt. 2.1.5. Vgl. United Nations (2009): General Assembly Resolution 1652 (XVI), 1911 (XVIII). Vgl. ebd.: General Assembly Resolution 2028 (XX). Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 156. Vgl. Gunkel, Christoph (2008): a. a. O. Vgl. Moran, Barbara (2009): Lessons from the Palomares nuclear accident, http://www.thebulletin.org/web-edition/op-eds/lessons-the-palomares-nuclear-accident, Zugriff: 10.7.2009. Vgl. United Nations (2008): General Assembly Resolution 2153 A (XXI). Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Militärbasen im Weltraum und auf Himmelskörpern.117 Nicht verboten ist das Stationieren konventioneller Waffen,118 das die USA zwei Jahrzehnte später anstreben werden (siehe Eintrag 1983 [„SDI“]). Weiterhin legt der Vertrag fest, dass Weltraum und Himmelskörper keine Objekte nationalen Besitzanspruchs seien (vgl. Art. 2) und in Freiheit von jedem Staat erkundet werden dürften (vgl. Art. 1) bzw. sogar sollten (vgl. Art. 9). Der Vertrag verlangt dabei wiederholt, dass die Staaten miteinander kooperieren und z.B. notgelandeten Astronauten anderer Staaten größtmögliche Hilfe gewähren sollen (vgl. Art. 5).119 Der „Treaty of Tlatelolco“ liegt zur Signatur aus; 1969 tritt er in Kraft.120 Er deklariert Lateinamerika und die Karibik zur nuklearwaffenfreien Zone, indem er den Vertragsstaaten nur den friedlichen Gebrauch von nuklearem Material gestattet und Test, Gebrauch, Herstellung oder Beschaffung sowie Entgegennehmen, Lagern und Installieren von Nuklearwaffen verbietet (vgl. Art. 1.1.a f.). Die Vertragsstaaten dürfen sich auch nicht an Nuklearwaffenprogrammen anderer Staaten beteiligen (vgl. Art. 1.2). Ein Kontrollsystem soll aufgebaut werden, um die Einhaltung der Forderungen des Vertrags sicherzustellen (vgl. Art. 12). Zu diesem Zweck sollen die Vertragsstaaten mit der IAEA Sicherungsmaßnahmen wie Inspektionen beschließen (vgl. Art. 13/16, siehe auch Eintrag 1956 [„IAEA“]). Sollte die Konferenz der Vertragsparteien des Treaty of Tlatelolco, erschaffen durch Art. 9, den Verdacht haben, dass ein Vertragsstaat gegen den Vertrag verstößt und damit Frieden und Sicherheit gefährdet, könne sie die UN, insbesondere den UN Security Council, anrufen (vgl. Art. 21). In Art. 1 von Zusatzprotokoll I zum Vertrag verpflichten sich die Staaten, welche einen Teil ihres Hoheitsgebiets innerhalb der Treaty of Tlatelolco-Zone haben (Frankreich, Niederlande, Großbritannien, USA), den nuklearwaffenfreien Status des Vertragsgebietes anzuerkennen – alle vier haben ratifiziert.121 Auch Zusatzprotokoll II, ratifiziert von USA, Sowjetunion, Frankreich, Großbritannien und China,122 verpflichtet diese ratifizierenden Staaten, den nuklearwaffenfreien Status des Vertragsgebietes anzuerkennen (vgl. Art. 1) und ferner, keine Nuklearwaffen gegen die Vertragsstaaten einzusetzen oder mit ihrem Einsatz zu drohen (vgl. Art. 3).123 Somit entlockt dieses Zusatzprotokoll II den Nuklearwaffen-Staaten zum Teil erstmalig eine Negative Security Assurance – eine Zusage, Staaten ohne eigene Nuklearwaffen nicht nuklear anzugreifen. Lateinamerika und die Karibik werden die erste bewohnte Region der Welt, die den Status der nuklearwaffenfreien Zone erlangt.124 Im Sechstagekrieg (5. bis 10. Juni) haben nach heutigen Erkenntnissen die israelischen Nuklearwaffen eine gewichtige Rolle gespielt: Ägyptische Aufklärungsflugzeuge überfliegen vor Ausbruch des Krieges Dimona, die israelische Nuklearanlage. Für Ägypten wäre eine israelische Nuklearbewaffnung eine unmittelbare Bedrohung – vermutlich will Ägypten zuschlagen, ehe Israel nuklearwaffenfähig ist. Doch Israel verfügt mittlerweile zumindest über ein bis zwei Nuklearwaffen, welche 117 118 119 120 121 122 123 124 Vgl. Caldicott et al. (2007): a. a. O., S. 131. Vgl. ebd., S. 16. Vgl. ebd., S. 130 ff. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Stockholm International Peace Research Institute (2007): SIPRI Yearbook 2007. Armaments, Disarmament and International Security, Oxford: Oxford University Press, S. 673. Vgl. ebd., S. 673. Vgl. Agency for the Prohibition of Nuclear Weapons in Latin America and the Caribbean (2008): Treaty for the Prohibition of Nuclear Weapons in Latin American and the Caribbean (Treaty of Tlatelolco), http://www.opanal.org/opanal/Tlatelolco/P-Tlatelolco-i.htm, Zugriff: 6.6.2010. Vgl. Menon (2001): a. a. O., S. 42. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis es, wäre der Krieg für Israel nicht erfolgreich verlaufen, möglicherweise über Kairo und Damaskus eingesetzt hätte.125 1968: 125 126 127 128 129 130 131 132 Die Resolution 255 des UN Security Council ruft die Nuklearwaffen-Staaten indirekt dazu auf, Negative Security Assurances gegenüber Staaten ohne Nuklearwaffen auszusprechen.126 USA und Sowjetunion versprechen, unter Vorbehalten keine Nuklearwaffen gegen solche zukünftigen Vertragsstaaten des nahezu fertigen Nichtverbreitungsvertrages einzusetzen, die selbst keine Nuklearwaffen haben.127 Nachdem der Entwurf für einen Nichtverbreitungsvertrag zwischen USA, Sowjetunion, den Staaten ohne Nuklearwaffen, UN General Assembly und Eighteen-Nation Committee on Disarmament hin und her gereicht und bearbeitet worden ist,128 liegt am 1. Juli der „Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons“ (auch: „Nuclear Non-Proliferation Treaty“, NPT), der Nichtverbreitungsvertrag,129 zur Signatur bereit. Am 5. März 1970 tritt er in Kraft.130 Die drei Säulen des NPT sind erstens die Nicht-Weitergabe von Nuklearwaffen, also die „Nonproliferation“, zweitens die „friedliche“ Nutzung von Nuklearenergie und drittens die nukleare Abrüstung. Jene fünf Staaten, die vor dem 1. Januar 1967 einen Nuklearwaffentest durchgeführt haben, werden durch den NPT als völkerrechtlich anerkannte Nuklearwaffenstaaten bestätigt (vgl. Art. IX.3): Es sind USA, Sowjetunion (und in der Rechtsnachfolge Russland), Großbritannien, Frankreich und China.131 Art. I verbietet diesen Nuklearwaffenstaaten, Nuklearwaffen an irgendjemanden unmittelbar oder mittelbar weiterzugeben – also weder an Staaten noch an andere Akteure. Er verbietet außerdem, dass ein Nuklearwaffenstaat einem Nicht-Nuklearwaffenstaat bei der Herstellung oder sonstigen Aneignung von Nuklearwaffen assistiert. Nicht verboten ist jedoch die Kooperation zwischen den Nuklearwaffenstaaten selbst.132 Art. II verbietet den Staaten ohne Nuklearwaffen, solche Waffen von irgendjemanden mittelbar oder unmittelbar anzunehmen, sie herzustellen oder Assistenz bei der Herstellung zuzulassen. Die Provisionen aus den Art. I und II beziehen sich nur auf komplette Nuklearwaffen, nicht auf Waffenteile. Die IAEA solle nach Art. III.1 verifizieren, ob die Staaten ohne Nuklearwaffen den Verpflichtungen des NPT tatsächlich nachkommen. Dafür sollen Sicherungsmaßnahmen zwischen IAEA und NPTStaaten vertraglich beschlossen werden (die sog. „Safeguards Agreements“, vgl. Vgl. Reed et al. (2009): a. a. O., S. 119 f./129. Vgl. United Nations (2010): Security Council Resolution 255. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Wird im Deutschen oft auch „Atomsperrvertrag“ genannt; diese Wortschöpfung geht auf einen der größten Befürworter einer deutschen Nuklearbewaffnung zurück: auf Franz Josef Strauß. Er wollte den Deutschen damit einschärfen, dass sie mit der Ratifikation des NPT von der Welt und ihren Zukunftschancen „ausgesperrt“, erniedrigt und verraten werden sollten. Ganz unrecht hatte er nicht: Der NPT wurde – aus sowjetischer Sicht – auch zum Schutz vor einem nuklearbewaffneten Deutschland geschaffen. Vgl. Bange, Oliver: „A German Finger on the Trigger“. Die Furcht vor den bundesdeutschen Nuklearaspirationen, der Nichtverbreitungsvertrag und der Aufbruch in die Ära der Entspannung, in: Greiner, Bernd/Müller, Christian T./Walter, Dierk (2009): Angst im Kalten Krieg. Studien zum Kalten Krieg. Band 3, Hamburg: Hamburger Edition, S. 283/292//306. Vgl. Davis et al. (2006): a. a. O., S. 244. Vgl. ebd., S. 14/86. Die USA werden Art. I so interpretieren, als erlaube er NATO-Alliierten zum einen die Aneignung von Trägersystemen, die im Ernstfall US-Nuklearwaffen transportieren könnten (wie etwa der deutsche Tornado) sowie zum anderen die Übung für einen solchen Ernstfall. So entsteht die sog. „nukleare Teilhabe“ an US-Nuklearwaffen von Staaten wie Deutschland, Italien, den Niederlanden und Belgien. Vgl. Simpson, John: The Future of the NPT, in: Busch, Nathan E./Joyner, Daniel H. (2009): Combating Weapons of Mass Destruction. The Future of International Nonproliferation Policy, Athens, Georgia: University of Georgia Press, S. 50. Vgl. Franceschini, Giorgio (2008): Naives Hirngespinst oder reale Option? Perspektiven für ein kernwaffenfreies Europa. HSFK Standpunkte. Beiträge zum demokratischen Frieden, Frankfurt am Main: Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, S. 1. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Art. III.1 und III.4, siehe auch IAEA-Statut, Art. III.A.5 und Treaty of Tlatelolco, Art. 12 ff.). Auch der Export von im Vertrag nicht näher beschriebenem besonderen spaltbaren Material und dessen Produktionszubehör an Staaten ohne Nuklearwaffen müsse einer IAEA-Sicherungsmaßnahme unterstellt sein (vgl. Art. III.2, siehe auch Eintrag 1971 [„Zangger Committee“]). Art. IV.1 gewährt allen Staaten das “unveräußerliche Recht”, Nuklearenergie „friedlich“ zu nutzen. Durch Art. IV.2 verpflichten sich alle Staaten zum weitestmöglichen Austausch von Material und Informationen für die friedliche Nutzung von Nuklearenergie sowie zur (kooperativen) Weiterentwicklung der zivil anwendbaren Nuklearenergie unter Berücksichtigung der sog. Entwicklungsländer der Welt.133 Art. V regelt, dass Staaten ohne Nuklearwaffen mittels speziellen internationalen Abkommen oder mittels bilateralen Vertrags in den Genuss von potentiellen Vorteilen kommen sollen, welche bei „friedlichen“ Nuklearsprengungen entstehen könnten.134 Als Ausgleich für den Nuklearwaffenverzicht aus Art. II soll Art. VI wirken: „Jede Vertragspartei verpflichtet sich, in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen über wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens in naher Zukunft und zur nuklearen Abrüstung sowie über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle.“135 Ein Zeitrahmen für diese Abrüstungsschritte wird nicht genannt. Art. VIII.3 ruft die Überprüfungskonferenz des NPT ins Leben, die fünf Jahre nach In-Kraft-Treten in Genf stattfinden soll; bei mehrheitlichem Beschluss könnten anschließend alle fünf Jahre weitere Überprüfungskonferenzen abgehalten werden. Art. X.1 ermöglicht einem individuellen Staat, seine Mitgliedschaft im NPTRegime zu kündigen – dabei müsse er begründen, dass er sich durch die „Gefährdung seiner höchsten Interessen“ zur Vertragskündigung verpflichtet sehe. Eine Kündigung müsse drei Monate im Voraus allen NPT-Mitgliedsstaaten und dem UN Security Council mitgeteilt werden. Die Möglichkeit, solch eine Begründung des kündigenden Staates in Frage zu stellen, sieht der NPT nicht vor. Der Vertrag enthält ferner überhaupt keine Provisionen zur Reaktion auf jegliche Arten von Vertragsverletzungen. Ebenso fehlt eine permanente Behörde, welche die Umsetzung des Vertrags vorantreiben könnte.136 Während USA, Sowjetunion und Großbritannien den NPT relativ schnell ratifizieren,137 verweigern die im NPT als offizielle Nuklearwaffenstaaten klassifizierten Staaten Frankreich und China die Ratifikation: Frankreich, das im NPT eine US-amerikanisch-sowjetische Verschwörung zu erkennen glaubt,138 erklärt dabei, nichtsdestotrotz genauso handeln zu wollen wie ein NPT- 133 134 135 136 137 138 Während Art. IV.1 keinen Unterschied zwischen den Staaten erstellt und ihnen allen das gleiche Recht auf zivile Nuklearenergie-Nutzung zuspricht, bietet Art. IV.2 flexible Möglichkeiten der nuklearen Kooperation: Die Staaten sind zwar zum Austausch und zur Kooperation „verpflichtet“, aber nur „weitestmöglich“. Der NPT verlangt hier etwa nicht, dass zwei sich misstrauende oder gar feindlich gesinnte Staaten kooperieren müssen. Vgl. Damrosh Fisler, Lori: Codification and Legal Issues, in: Boulden et al. (2009): a. a. O., S. 179. Ob Nuklearsprengungen überhaupt friedlich sein können und ob solch eine Nuklearsprengung auch noch Vorteile haben könnte, lässt nicht nur Art. V des NPT unbeantwortet, sondern auch die Menschheitsgeschichte. Die Überprüfungskonferenzen zum NPT haben seit 1985 wiederholt und jedes mal verstärkt festgestellt, dass es höchstwahrscheinlich keine „friedlichen Nuklearexplosionen“ gebe. Vgl. Stoiber, Carlton (2003): The Evolution of NPT Review Conference Final Documents, 1975-2000, in: The Nonproliferation Review Review, Fall-Winter 2003, Vol. 10, Nr. 3, S. 140/159, http://cns.miis.edu/npr/pdfs/103stoi.pdf, Zugriff: 7.6.2010. Der noch nicht in Kraft getretene Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty (CTBT) verbietet ohnehin jegliche Nuklearexplosion (vgl. Art. I.1 CTBT, siehe Eintrag 1996). Siehe zur Genese der Formulierung „allgemeine und vollständige Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle“ auch Eintrag 1959 („UN General Assembly Resolution 1378“). Vgl. Randelzhofer (2007): a. a. O., S. 644 ff. Vgl. United Nations (2009): Status of Multilateral Arms Regulation and Disarmament Agreements, http://disarmament.un.org/TreatyStatus.nsf, Zugriff: 28.12.2009. Vgl. Bange, Oliver: „A German Finger on the Trigger“. Die Furcht vor den bundesdeutschen Nuklearaspirationen, der Nichtverbreitungsvertrag und der Aufbruch in die Ära der Entspannung, in: Greiner et al. (2009): a. a. O., S. 288. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Mitgliedsstaat.139 Erst 1992 wird Frankreich dem NPT beitreten.140 China wirft vor allem USA und Sowjetunion vor, kein Recht zu haben, anderen Staaten den Besitz von Nuklearwaffen zu verbieten, solange sie sich selbst nicht der kompletten nuklearen Abrüstung verschrieben hätten. Wie Frankreich tritt China erst 1992 dem NPT bei.141 Indien, das kurz vor einem eigenen Nuklearwaffentest steht (siehe Eintrag 1974), schließt sich dem NPT.Regime ebenso wenig an bei wie Konkurrent Pakistan; auch Israel bleibt dem NPT fern.142 Bis auf diese drei Staaten und Nordkorea sind heute jedoch alle Staaten der Welt NPT-Vertragsstaaten.143 1969: USA und Sowjetunion beginnen mit den “Strategic Arms Limitation Talks” mit dem Ziel der Abrüstung von Raketensystemen und anderen strategischen Waffen.144 Die UN General Assembly ruft in Resolution 2602 (XXIV) die kommenden siebziger Jahre als „Disarmament Decade“ aus, als Jahrzehnt der Abrüstung (vgl. § E.1, siehe auch Eintrag 1978).145 Als Helmut Schmidt Verteidigungsminister wird, entdeckt er laut eigenen Angaben weit fortgeschrittene Pläne von NATO und Bundeswehr zur Stationierung von nuklearen Minen auf westdeutscher Seite entlang der deutsch-deutschen Grenze. Er überzeugt den US-amerikanischen Verteidigungsminister von der Gefahr, welche von diesen Plänen ausgehe – sie werden, ohne Aufsehen zu erregen, vernichtet.146 1970: Die IAEA führt mittels Art. III.A.5 ihres Statuts (siehe Eintrag 1956) und Art. III.1 des NPT (siehe Eintrag 1968) ihr aus technischen Inspektionen bestehendes Sicherungssystem ein, um in den NPT-Staaten ohne Nuklearwaffen, die ein Sicherungsabkommen mit der IAEA geschlossen haben, die ausschließlich friedliche Nutzung von Nuklearenergie nachweisen zu können (siehe dazu auch Einträge 1972 [„Sicherungsmaßnahmen“] und 1997 [„Additional Protocol“]).147 1971: Der „Sea-Bed Treaty“ liegt zur Signatur bereit und tritt ein Jahr später in Kraft. In der Präambel des Vertrags, die – wie alle Präambeln – völkerrechtlich nicht bindend ist, zeigen sich die Vertragsstaaten überzeugt, dass der Sea-Bed Treaty ein Schritt hin zu einem Vertrag über eine generelle und komplette Abrüstung unter strenger und effektiver internationaler Kontrolle darstelle. Art I.1 des Vertrags verbietet das Platzieren von Nuklearwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen auf dem Meeresboden und dessen Untergrund außerhalb einer bestimmten Zone entlang der Küste. Artikel II definiert die Breite dieser Zone: 12 Meilen, von der Küste aus gemessen.148 Nach Art. I.2 des Vertrags gilt das Nuklearwaffenverbot auch inner- 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 Vgl. Fischer, David/Kötter, Wolfgang/Müller, Harald (1994): Nuclear Non-Proliferation and Global Order, Oxford: Oxford University Press, S. 60. Vgl. France Diplomatie (2008): Le régime de non-prolifération nucléaire. L’engagement français en faveur du TNP, http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/actions-france_830/desarmement-maitrise-armements-controleexportations_4852/france-non-proliferation-armes-destruction-massive_4857/regime-non-proliferationnucleaire_4859/engagement-francais-tnp_12875.html, Zugriff: 15.3.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2007): Nuclear Nonproliferation Treaty. China and the NPT, http://www.nti.org/db/china/nptorg.htm, Zugriff: 2.1.2009. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 398. Vgl. United Nations (2009): Status of Multilateral Arms Regulation and Disarmament Agreements, a. a. O. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. United Nations (2008): General Assembly Resolution 2602 (XXIV). Vgl. Schmidt, Helmut (2007): NATO plante Atomminen in Deutschland, http://www.zeit.de/online/2007/48/atomminen-schmidt, Zugriff: 11.3.2009. Vgl. Menon (2001): a. a. O., S. 42. Entspricht der „Contiguous Zone“, der Anschlusszone an das Territorialgewässer, aus Art. 24.2 der „Convention on the Territorial Sea and the Contiguous Zone“ von 1958. Art. 33.2 der „UN Convention on the Law of the Sea“ von 1982 Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis halb der 12-Meilen-Zone; davon ausgenommen ist jedoch das jeweils eigene Territorialgewässer eines nuklear bewaffneten Küstenstaates.149,150 Das “Agreement on Measures to Reduce the Risk of Outbreak of Nuclear War Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics” wird unterzeichnet. Art. 1 fordert – allerdings unkonkret – die Sicherheitsmaßnahmen gegen unbeabsichtigten oder unautorisierten Gebrauch von Nuklearwaffen zu erhöhen. Art. 2 verlangt im Falle einer unbeabsichtigten oder unautorisierten Nukleardetonation die sofortige Benachrichtigung der anderen Seite, da solch ein Vorfall einen Nuklearkrieg auslösen könne. Der Staat, dessen Nuklearwaffe betroffen seien, solle umgehend versuchen, die Waffe unschädlich zu machen, ehe sie Schaden anrichten könne. Löse ein Raketenwarnsystem – provoziert durch ein unbekanntes Objekt – Alarm aus, sollen sich die Parteien nach Art. 3 unverzüglich davon in Kenntnis setzen. Nach Art. 4 solle jede Partei ihre geplanten Raketenstarts melden, sollte die Rakete über das Staatsgebiet hinaus und in Richtung der anderen Partei fliegen. Art. 8 statuiert die unbegrenzte Dauer des Abkommens.151 Unter dem Vorsitz des Schweizers Claude Zangger entsteht das „Zangger Committee“; Ziel sei die Ausarbeitung einer „Trigger List“, die spaltbare Materialien und deren Produktionszubehör auflistet. Was auf der Liste gelandet sei, dürfe nur dann an Nicht-Nuklearwaffenstaaten exportiert werden, wenn die Transaktion einer IAEA-Sicherungsmaßnahme gem. Art. III.A.5 des IAEA-Statuts unterliege.152 Solche Sicherungsmaßnahmen beim Export von nuklearem Material an NichtNuklearwaffenstaaten verlangt Art. III.2 des NPT, ohne selbst bereits zu definieren, welche Materialien oder Technologien unter die Provision fallen sollten (siehe Eintrag 1968). 1974 wird die erste Version der Trigger List veröffentlicht – seitdem wurde sie mehrfach erweitert. Völkerrechtlich bindend ist sie nicht, da das Zangger Committee als informeller Staatenzusammenschluss keine rechtlich bindenden Entscheidungen treffen kann; die Mitgliedsstaaten setzen die Entscheidungen des Zangger Committee jedoch in nationales Recht um.153 Die Trigger List umfasst natürlich-vorkommende und angereicherte spaltbare Materialien (vgl. Consolidated Trigger List. Memorandum A.2) sowie Reaktorteile oder ganze Nuklearreaktoren (vgl. Memorandum B.2/Annex).154 Zum Zangger Committee gehören heute 37 Staa- 149 150 151 152 153 154 setzt diese Contiguous Zone herauf auf eine Breite von maximal 24 Seemeilen, von der Küstenlinie aus gemessen. Für den Sea-Bed Treaty gelten aber nach wie vor 12 Meilen. Vgl. United Nations (2005): Convention on the Territorial Sea and the Contiguous Zone, http://untreaty.un.org/ilc/texts/instruments/english/conventions/8_1_1958_territorial_sea.pdf, Zugriff: 15.10.2008. Vgl. United Nations (2007): United Nations Convention on the Law of the Sea, http://www.un.org/Depts/los/convention_agreements/texts/unclos/unclos_e.pdf, Zugriff: 7.6.2010. Die Convention on the Territorial Sea and the Contiguous Zone enthält noch keine Provision zur Breite der Territorialgewässer. Durch die UN Convention on the Law of the Sea jedoch wird die Breite des Territorialgewässers auf ein Maximum von 12 Seemeilen beziffert (vgl. Art. 3) und entspricht somit der 12-Meilen-Zone aus dem Sea-Bed Treaty. Vgl. Dixon, Martin (2007): Textbook on International Law. 6th Edition, Oxford: Oxford University Press, S. 211. Vgl. Center for Nonproliferation Studies (2002): Seabed Treaty, http://www.nti.org/e_research/official_docs/inventory/pdfs/aptseabd.pdf, Zugriff: 6.6.2010. Vgl. Yale Law School – Lillian Goldman Law Library (2008): Agreement on Measures to Reduce the Risk of Outbreak of Nuclear War Between the United States of America and the Union of Soviet Socialists Republics - September 30, 1971, http://avalon.law.yale.edu/20th_century/sov001.asp, Zugriff: 14.6.2010. Vgl. Zangger Committee (2008): Our Mission, http://www.zanggercommittee.org/Mission/Seiten/default.aspx, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2009): Zangger Committee, http://nti.org/e_research/official_docs/inventory/pdfs/zang.pdf, Zugriff: 5.4.2010. Vgl. International Atomic Energy Agency (2000): INFCIRC/209/Rev.2. Communications of 15 November 1999 Received From Member States Regarding the Export of Nuclear Material and of Certain Categories of Equipment and Other Material, http://www.iaea.org/Publications/Documents/Infcircs/2000/infcirc209r2.pdf, Zugriff: 5.4.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis ten, u. a. alle fünf Nuklearwaffenstaaten des NPT sowie viele europäische Staaten, Argentinien, Australien, Südafrika, Südkorea und Kasachstan.155 1972: 155 156 157 158 Die “Convention on the Prohibition of the Development, Production, and Stockpiling of Bacteriological (Biological) and Toxin Weapons and on their Destruction”, die sog. Biowaffenkonvention, liegt zur Unterzeichnung aus – 1975 tritt sie in Kraft. Die Konventionsstaaten – unter ihnen alle führenden Militärmächte156 – verpflichten sich, unter keinen Umständen biologische Agenzien und Toxine sowie Trägerwaffen für solche Kampfstoffe herzustellen oder zu lagern (vgl. Art. I). Bestehende Arsenale müssten vernichtet werden (vgl. Art. II) – dieses Gebot der Vernichtung einer ganzen Waffenklasse ist völkerrechtlich und politisch eine Weltneuheit! Die Proliferation von Biowaffen sei verboten (vgl. Art. III). Art. IX verweist bereits auf eine gewünschte Konvention zur Verbannung aller chemischen Waffen – alle Staaten der Biowaffenkonvention sollten sich ebenfalls an den Verhandlungen zu solch einer Chemiewaffenkonvention (siehe Eintrag 1993) beteiligen. Die Biowaffenkonvention enthält zwar in Art. VI die Provision, dass staatliche Verstöße gegen die Konvention von anderen Staaten beim UN Security Council angezeigt werden sollten.157 Doch Überwachungs- und Verifikationsmechanismen tauchen in der Biowaffenkonvention nicht auf, ebenso wenig ein Sanktionskatalog für mögliche Konventionsverletzer.158 Der “Treaty between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Limitation of Anti-Ballistic Missile Systems“, bekannt als “Anti-Ballistic Missile (ABM) Treaty“, liegt zur Signatur bereit und tritt im selben Jahr in Kraft. Ein ABM-System bestehe zuerst aus Abfangraketen, die feindliche Raketen vernichten sollen, ehe diese im eigenen Territorium Schaden anrichten können. Zum ABM-System gehörten zweitens die Startvorrichtungen für die Abfangraketen und drittens die Radarstationen, welche die Flugbahnen der feindlichen Raketen wie auch der Abfangraketen berechnen sollten (vgl. Art. II). Art. I.2 verbietet, ABM-Systeme zu betreiben. Art. III nimmt jedoch zwei Ausnahmen vor: Zum einen dürfe ein ABM-System über den Hauptstädten von USA und Sowjetunion installiert werden (vgl. Art. III.a), zum anderen eines, das Silos für Interkontinentalraketen schütze (vgl. Art. III.b). Das ABM-Verbot bezieht sich nach Art. V.1 auf seegestützte Systeme, wie auch auf luft-, weltraum- und mobile landgestützte Systeme. Der ABM Treaty verbietet ausdrücklich den technischen Fortschritt in der Raketenabwehr: Nach Art. V.2 seien Abschussvorrichtungen verboten, die in Zukunft womöglich zeitgleich mehrere Abfangraketen starten könnten. Ebenso verboten seien das zukünftig eventuell mögliche automatische oder halbautomatische Nachladen der Abschussvorrichtungen. Art. VI.a verbietet zudem, keine gewöhnlichen Raketen in ABM-Raketen umzufunktionieren. Art. VI.b verbietet, keine Frühwarn-Radaranlagen außerhalb des eigenen Staatsgebietes zu platzieren. Art. XII.1 schreibt den Vertragsstaaten vor, dass jeder selbst unter Einhaltung generell anerkannter völkerrechtlicher Prinzipien für die Verifizierung des Vertrags sorgen solle – also für die Überprüfung, etwa mit Satelliten- oder Geheimdienstaufklärung, ob der andere Vertragspartner die Bestimmungen des Vertrags auch einhält. Nach Art. XII.2 dürfe kein Vertragspartner in die Verifizierungsmaßnahmen des anderen eingreifen bzw. nach Art. XII.3 nicht mit Verschleierungsmaßnahmen die Verifikation behindern. Eine externe Agentur, welche die Einhaltung des Vertrages verifiziert, wird nicht genannt. Jedoch legt Art. XIII die Grundlage für die Gründung einer „Standing Consultative Commission“. Art. XIII.1.b fordert die Vertragsstaaten auf, innerhalb dieser Kommis- Vgl. Zangger Committee (2008): Members, http://www.zanggercommittee.org/Members/Seiten/default.aspx, Zugriff: 26.4.2011. Vgl. Menon (2001): a. a. O., S. 42. Vgl. Davis et al. (2006): a. a. O., S. 250 ff. Vgl. ebd., S. 47. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis sion dem jeweils Anderen freiwillig Informationen zur eigenen Vertragseinhaltung zur Verfügung zu stellen. Nach Art. XV.1 habe der ABM Treaty zeitlich unbegrenzte Gültigkeit.159 Durch die Einschränkung der Raketenabwehr-Kapazitäten stützt der ABM Treaty das Konzept der „Mutually Assured Destruction“ (MAD), der garantierten gegenseitigen Vernichtung:160 Keine Seite kann, sofern sie die Bestimmungen des ABM-Vertrags einhält, einen nuklearen Schlag gegen die andere Seite ausführen und dabei selbst überleben.161 Der Vertrag ist somit Ausdruck des Glaubens an eine friedensbewahrende Funktion der gegenseitigen Vernichtungskapazität. 162 1974 fügen USA und Sowjetunion dem ABM Treaty ein Protokoll an: Art. I dieses Protokolls setzt die Zahl der erlaubten ABM-Systeme auf jeder Seite von zwei (aus Art. III des ABM Treaty) auf lediglich eins herab.163 Am selben Tag wie der ABM Treaty wird das “Interim Agreement between the United States of America and the Union of the Soviet Socialist Republics on Certain Measures with Respect to the Limitation of Strategic Offensive Arms” unterzeichnet, welches bekannt wird als “SALT I”. Art. I legt fest, dass ab Tag der Vertragssignatur auf beiden Seiten kein Bau zusätzlicher feststehender landgestützter Startvorrichtungen von Interkontinentalraketen vorgenommen werden dürfe. In einem an den SALT I angehängten beidseitigen Statement verkünden USA und Sowjetunion jedoch, dass bereits im Bau befindliche Startvorrichtungen fertiggestellt werden dürften (vgl. 1.b). Art. II definiert weiter, dass Startvorrichtungen für alte Interkontinentalraketen nicht umfunktioniert werden dürften in Startvorrichtungen für neue Interkontinentalraketen. Die Zahl der Startvorrichtungen für Interkontinentalraketen auf U-Booten sowie die Zahl solcher raketenfähigen U-Boote werden zum Tag der Signatur des Vertrages festgefroren; alte Startvorrichtungen oder U-Boote dürften allerdings durch neue ersetzt werden (vgl. Art. III). Ein dem SALT I angehängtes Protokoll definiert die erlaubten Obergrenzen: Die USA dürften nicht mehr als 710 Startvorrichtungen für Interkontinentalraketen auf U-Booten besitzen, zudem nicht mehr als 44 raketenfähige U-Boote. Die Sowjetunion dürfe nicht mehr als 950 Startvorrichtungen auf U-Booten besitzen und nicht mehr als 62 raketenfähige U-Boote. Übrige bereits bestehende oder im Bau befindliche Startvorrichtungen für U-Boote, in den USA über 656, in der Sowjetunion über 740, dürften unter Einhaltung der Obergrenze (USA: 710, Sowjetunion: 950) gegen Startvorrichtungen älteren Datums ausgetauscht werden.164 Die ungleichen Zahlen zugunsten der Sowjetunion entspringen den Verhandlungen zu SALT I, da die US-Raketen zielgenauer sind und oftmals mehrere Sprengköpfe tragen können.165 Wie im ABM Treaty sollen die Vertragsstaaten selbstständig die Einhaltung des Vertrages auf der anderen Seite verifizieren (vgl. Art. V). Die Standing Consultative Commission des ABM Treaty wird auch vom SALT I als Verhandlungsforum genutzt (vgl. Art. VI). Die Parteien verpflichten sich in Art. VII, die Verhandlungen über eine weitere Limitierung von strategischen Offensivwaffen fortzuführen.166 159 160 161 162 163 164 165 166 Vgl. Federation of American Scientists (2008): Treaty between the United States of America and the Union of the Soviet Socialist Republics on the Limitation of Anti-Ballistic Missile Systems, http://www.fas.org/nuke/control/abmt/text/abm2.htm, Zugriff: 6.6.2010. Vgl. Caldicott et al. (2007): a. a. O., S. 47. Vgl. Menon (2001): a. a. O., S. 42. Vgl. Gaddis (2007): a. a. O., S. 81. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 400. Für eine kritische Diskussion des Abschreckungskonzepts siehe etwa Senghaas, Dieter: Aggressivität und Gewalt. Thesen zur Abschreckungspolitik, in: Horn, Klaus/Marcuse, Herbert/Marković, Mihailo/Mitscherlich, Alexander/Rapoport, Anatol/Senghaas, Dieter (1972): Aggression und Anpassung in der Industriegesellschaft, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, S. 128-144. Vgl. Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung (2008): Protokoll zum Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Begrenzung von ABM-Systemen vom 3. Juli 1974, http://www.hsfk.de/index.php?id=529, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Federation of American Scientists (1998): Interim Agreement between the United States of America and the Union of the Soviet Socialist Republics on Certain Measures with Respect to the Limitation of Strategic Offensive Arms, http://www.fas.org/nuke/control/salt1/text/salt1.htm, Zugriff: 15.11.2009. Vgl. Gaddis (2007): a. a. O., S. 200. Vgl. Federation of America Scientists (1998): Interim Agreement between the United States of America and the Union of the Soviet Socialist Republics on Certain Measures with Respect to the Limitation of Strategic Offensive Arms, a. a. O. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Mit SALT I bekennen die Kontrahenten, dass ein andauerndes Wettrüsten mehr und nicht weniger Unsicherheit bedeutet. Ferner gestehen die USA mit SALT I ein, dass die Sowjetunion mittlerweile als nuklear gleichwertig angesehen werden muss. SALT I unterstreicht wie der ABM Treaty das Konzept der Mutually Assured Destruction: beidseitige Verteidigungsunfähigkeit als vermeintlicher Schutz vor einer nuklearen Attacke. Über die Verifikationsprovision aus Art. V akzeptierten USA und Sowjetunion gegenseitige Kontrolle durch Satelliten, um die Einhaltung von SALT I zu überprüfen.167 Jedoch friert SALT I die Anzahl von Abschussvorrichtungen für Raketen lediglich ein, anstatt diese zu reduzieren. Und die Zahlen anderer Trägersysteme, wie etwa Bomber, sind auch durch SALT I keiner Restriktion unterworfen. In einem an SALT I angehängtem unilateralen Statement fordert die Sowjetunion, die raketenfähigen U-Boote der NATO-Partner zur US-Seite hinzu zu rechnen; die USA lehnen diese Forderung in einem eigenen unilateralen Statement ab.168 Auf einem Gipfeltreffen in Moskau verabschieden US-Präsident Nixon und KPdSU-Generalsekretär Breschnew das „Basic Principle Agreement“, das als Leitlinie für weitere US-sowjetische Kooperation dienen solle: Zuoberst stehe die friedliche Koexistenz. Unterschiedliche Ideologien und Systeme dürften keine Hemmnisse sein für die Prinzipien der Souveränität, Gleichheit und NichtEinmischung (vgl. Pkt. 1). USA und Sowjetunion unternähmen alles, um einen nuklearen Krieg zu verhindern. Dazu würden sie Zurückhaltung in ihren Beziehungen ausüben und bereit sein, Differenzen friedlich zu verhandeln. Das Streben nach einseitigem Vorteil gegenüber dem Anderen sei inkonsistent mit den Zielen dieser Vereinbarung. Vorbedingung für friedliche Beziehungen sei die gegenseitige Anerkennung der jeweils anderen Sicherheitsinteressen – diese Anerkennung müsse u. a. durch einen Gewalt(androhungs)verzicht ausgedrückt werden (vgl. Pkt. 2). Beide Seiten würden ihre Bemühungen um Rüstungsbegrenzung fortsetzen, gerade in Bezug auf strategische Waffen. Ihr ultimatives Ziel sei eine generelle und komplette Abrüstung (vgl. Pkt. 6).169 Ebenfalls auf dem Moskauer Gipfeltreffen unterzeichnen USA und Sowjetunion das „Agreement Between the Government of the United States of America and the Government of the Union of Soviet Socialist Republics on the Prevention of Incidents On and Over the High Seas”, das am gleichen Tag in Kraft tritt. Das Abkommen solle laut Präambel Kriegsschiffen und Militär-Flugzeugen beider Parteien einen sicheren Transit über die hohe See gewährleisten. Dabei gehe es im Schiffsverkehr vor allem um Kollisions- (vgl. Art. III.1-3) und Provokationsvermeidung, etwa durch das Einhalten einer gewissen Distanz, durch das Anzeigen der eigenen Mission mittels Signalen wie Flaggen, Tönen und Lichtern oder durch das Unterlassen von simulierten Attacken (vgl. Art. III.4-8). Gleiches gelte für Flugzeuge (vgl. Art. IV). Daneben sollen die Parteien per Funk (vgl. Art. VI.1) und Signalen (vgl. Art. VI.2/3) die andere Partei vor eventuellen gefährlichen Manövern warnen und zwar drei bis fünf im Voraus. Ein Jahr später tritt ein Protokoll zum Abkommen in Kraft, das die Parteien auffordert, auch ihre nicht-militärischen Schiffe in die Sicherheitsmaßnahmen des Abkommens einzubeziehen (vgl. Art. I); z.B. dürften keine simulierten Attacken gegen nicht-militärische Schiffe verübt werden (vgl. Art. II).170 167 168 169 170 Vgl. Gaddis (2007): a. a. O., S. 200. Vgl. Federation of America Scientists (1998): Interim Agreement between the United States of America and the Union of the Soviet Socialist Republics on Certain Measures with Respect to the Limitation of Strategic Offensive Arms, a. a. O. Vgl. University of Tokyo – Institute of Oriental Culture - “The World and Japan” Database Project (2008): Basic Principles of Relations Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics, http://www.ioc.utokyo.ac.jp/~worldjpn/documents/texts/docs/19720529.O1E.html, Zugriff: 15.11.2009. Vgl. Yale Law School – Lillian Goldman Law Library (2008): Agreement Between the Government of the United States of America and the Government of the Union of Soviet Socialist Republics on the Prevention of Incidents On and Over the High Seas, http://avalon.law.yale.edu/20th_century/sov008.asp, Zugriff: 15.11.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis USA und Sowjetunion unterzeichnen das „Memorandum of Understanding Regarding the Establishment of a Standing Consultative Commission on Arms Limitation“. Art. I gründet die Standing Consultative Commission. Art. II gibt an, dass die Kommission die Implementierung von folgenden Verträgen vorantreiben solle: Erstens des ABM-Vertrags, wie es Art. XIII ABM Treaty vorgesehen habe; zweitens von SALT I, gemäß Art. VI SALT I; drittens des Outbreak of Nuclear WarAbkommens von 1971, gem. seines Art. 7. Die Kommission solle mindestens zweimal im Jahr zusammenkommen (vgl. Art. IV).171 Die IAEA hat ein vertragliches Modell für künftige Sicherungsmaßnahmen gem. Art. III.1 NPT ausgearbeitet.172 Dieses Abkommen zwischen IAEA und NPTMitgliedsstaat beschränkt sich jedoch lediglich auf die Inspektion von staatlichdeklariertem nuklearen Material aus ziviler Nutzung. Die Suche nach kompletten Nuklearwaffen wird nicht geregelt (vgl. u. a. § 1/7, vgl. auch Eintrag 1997 [„Additional Protocol“]). Sollten die Inspektoren nicht nachweisen können, dass nukleares Material in einem Staat ausschließlich für zivile Zwecke verwendet wird, könne die IAEA diesen Staat unverzüglich auffordern, die ausschließlich zivile Nutzung beweisen zu müssen, wobei die IAEA die Art der Beweise bestimmen dürfe (vgl. § 18). Käme der Staat den IAEA-Forderungen nicht nach, könne sie den Fall an den UN Security Council überweisen (vgl. § 19 und Art. XII.C IAEA Statute). Erheben die Inspektoren nicht nur den Verdacht der Existenz eines militärischen Programms, sondern bewiesen sie die Existenz eines solchen sogar, müsse der Fall vor den UN Security Council gebracht werden (vgl. Art. XII.C IAEA Statute).173 1973: 171 172 173 174 Das „Agreement Between The United States of America and The Union of Soviet Socialist Republics on the Prevention of Nuclear War” wird auf einem weiteren Gipfeltreffen, diesmal in Washington, unterzeichnet und tritt am gleichen Tag in Kraft. In Art. I “stimmen [die Vetragsstaaten] darin überein, dass es ein Ziel ihrer Politik sei, die Gefahr eines Atomkrieges und der Anwendung von Kernwaffen zu beseitigen”. Außerdem seien Situationen zu vermeiden, die zu einem (nuklearen) Konflikt führen könnten. In Art. II vereinbaren die Parteien, von der Androhung und Anwendung von Gewalt gegen sich und die jeweiligen Verbündeten in international brenzligen Situationen abzusehen. Art. IV regelt, dass die Parteien im Angesicht des Risikos eines nuklearen Konflikts dringende Konsultationen miteinander abhalten sollten, um einen nuklearen Konflikt abzuwenden. Der Vertrag sei von unbegrenzter Gültigkeit (vgl. Art. VII).174 Das Basic Principle Agreement (BPA, siehe Eintrag 1972), das Agreement on the Prevention of Incidents On and Over the High Seas (High Seas Agreement, siehe ebenfalls Eintrag 1972) und das Agreement on the Prevention of Nuclear War (Nuclear War Agreement, s. o.) beinhalten vier Prinzipien, die zusammen auch manchmal als “Charter for Detente” (Detente = Entspannung) bezeichnet werden: Zum einen sollten Situationen vermieden werden, die militärisches Konfliktpotential beinhalten (vgl. Pkt. 2 BPA/Art. III High Seas Agreement/Art. I Nuclear War Agreement). Zweitens sollten beide Seiten auf Androhung und Anwendung von Gewalt verzichten: gegen den jeweils anderen, wie auch gegen die jeweiligen Verbündeten (vgl. Pkt. 2 BPA [ohne Bezug auf Verbündete]/Art. II Nuclear War Agreement [mit United Nations (2008): Memorandum of Understanding Regarding the Establishment of a Standing Consultative Commission on Arms Limitation, http://untreaty.un.org/unts/1_60000/26/27/00051316.pdf, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Simpson, John: The Future of the NPT, in: Busch et al. (2009): a. a. O., S. 50. Vgl. International Atomic Energy Agency (2009): INFCIRC/153 (Corrected). The Structure and Content of Agreements Between the Agency and States Required in Connection with the Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons, http://www.iaea.org/Publications/Documents/Infcircs/Others/infcirc153.pdf, Zugriff: 16.4.2009. Vgl. ebd. (2008): Statute of the IAEA, a. a. O. Vgl. Randelzhofer (2007): a. a. O., S. 650 f. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Bezug auf Verbündete]). Drittens sollten beide Seiten im Falle einer Situation, welche zu einem nuklearen Konflikt führen könnte, sofortige Konsultationen zur Konfliktvermeidung führen (vgl. Art. IV Nuclear War Agreement). Viertens sollten beide Seiten Zurückhaltung üben und stets friedliche Lösungen für ihre Differenzen aushandeln (vgl. Pkt. 2 BPA).175 1974: 175 176 177 178 179 180 181 Erster Nuklearwaffentest von Indien, bei Pokharan in der Rajasthan-Wüste.176 Indien beschreibt den Test als eine „friedliche Nuklearexplosion“.177 Der „Threshold Test Ban Treaty“ (TTBT) zwischen USA und Sowjetunion liegt zur Signatur bereit; er soll den Partial Test Ban Treaty ergänzen,178 der noch keine Regelung zu unterirdischen Nuklearwaffentests enthielt (siehe Eintrag 1963). Art. I.1 des TTBT verbietet nun unterirdische Nuklearwaffentests – allerdings nur solche, die eine größere Sprengkraft haben als 150 Kilotonnen. Art. I.2 schreibt den Vertragsstaaten vor, die Anzahl an unterirdischen Nuklearwaffentests auf ein Minimum zu reduzieren. Definiert wird dieses Minimum allerdings nicht. Art. I.3 fordert die Vertragsstaaten auf, eine Lösung zu finden, die alle unterirdischen Nuklearwaffentests stoppen solle. Art. II weist an, dass jede Partei ihre eigenen technischen und geheimdienstlichen Möglichkeiten nutzen könne, die Konformität der anderen Parteien mit dem Vertrag zu verifizieren. Nach Art. III bezieht sich das Verbot von unterirdischen Tests über 150 Kilotonnen Sprengkraft nicht auf unterirdische Nuklearexplosionen zu „friedlichen“ Zwecken. Solche friedlichen Nuklearexplosionen – wie sie auch schon Art. V des NPT erwähnte und, ebenso wie der TTBT, undefiniert ließ – sollen nach Art. III des TTBT so schnell wie möglich von einem eigenen Abkommen geregelt werden. Dem TTBT ist ein Protokoll angehängt: Es beschränkt die erlaubten unterirdischen Nuklearwaffentests auf bestimmte Testgelände. Jeder Vertragspartner solle dem Anderen Informationen über die geologische Beschaffenheit des Testgeländes sowie Daten vergangener und kommender Nuklearwaffentests übermitteln – der jeweils andere Vertragspartner könne nun seine seismischen Messapparate auf das Testgelände kalibrieren und aus seismischen Messungen die Sprengkraft eines Nuklearwaffentests ermitteln. Solch ein direkter Datenaustausch zwischen USA und Sowjetunion ist neu. Der TTBT tritt jedoch erst im Dezember 1990 in Kraft,179 da die Vertragsparteien nach Fertigstellung des Vertragstextes über bislang nicht aufgenommene Verifikationsmaßnahmen weiter verhandeln. 1990 schließlich wird das ursprüngliche Protokoll des TTBT ersetzt durch neue, umfassendere Verifikationsmöglichkeiten, auf die sich USA und Sowjetunion mittlerweile geeinigt haben – etwa auf Inspektionen der Testgelände bei Tests über 35 Kilotonnen Sprengkraft180 oder, 1991, auf seismische Stationen zur Überwachung eines möglicherweise zukünftigen totalen Verbots von Nuklearwaffentests.181 USA und Sowjetunion unterzeichnen im Rahmen ihrer mittels Art. VII SALT I eingegangenen Verpflichtung, weitere Verhandlungen zur Limitierung strategischer Offensivwaffen zu führen, das „Vladivostok Accord“: Ein Zwischenabkommen, Vgl. Bowker, Mike/Williams, Phil (1988): Superpower Detente: A Reappraisal. London: The Royal Institute of International Affairs, S. 78 f. Vgl. Menon (2001): a. a. O., S. 43. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 396. Vgl. Federation of American Scientists (1998): Treaty between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Limitation of Underground Nuclear Weapon Tests, http://www.fas.org/nuke/control/ttbt/text/ttbt1.htm, Zugriff: 16.11.2009. Vgl. ebd. (2005): Threshold Test Ban Treaty, http://www.fas.org/nuke/control/ttbt/intro.htm, Zugriff: 6.6.2010. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S.396. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis das als Durchbruch in den Verhandlungen hin zu SALT II gilt, da es bereits die konkreten Limitierungsziele eines SALT II (siehe Eintrag 1979) nennt.182 1975: 182 183 184 185 186 187 188 Gemäß Art. VIII.3 des NPT findet die erste Überprüfungskonferenz dieses Vertrags statt – die Zahl der Vertragsstaaten beträgt 91.183 Die abschließende Deklaration enthält die Forderung, das nukleare Abrüstungsgebot aus Art. VI des NPT frühzeitig und effektiv umzusetzen.184 Die „Conference on Security and Co-operation in Europe“ (CSCE) verabschiedet auf ihrer Tagung in Helsinki den “Final Act”. Die CSCE tagte bereits 1973 zum ersten Mal (vgl. Einleitung des Final Act). An ihr nehmen 32 europäische Staaten sowie USA, Kanada und Sowjetunion teil. Ihr Ziel ist Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und die Beendigung des Kalten Krieges.185 Die Sowjetunion erhofft sich von der Konferenz, die Teilung Europas in West- und Ostblock völkerrechtlich festzuschreiben,186 was durch die Fixierung aller Territorialgrenzen der Teilnehmerstaaten mit Art.1.III auch erreicht wird. Allerdings muss die Sowjetunion die gleichzeitige Festschreibung von Menschenrechten im Final Act in Kauf nehmen, darunter etwa das Recht auf Freizügigkeit ihrer Bürger (vgl. Co-Operation in Humanitarian and Other Fields, 1. Human Contacts).187 Art. 1.I des Abschlussdokuments manifestiert die souveräne Gleichheit der Vertragsstaaten sowie ihre Systemfreiheit. Art. 1.II verbietet Androhung und Anwendung von Gewalt und doppelt somit den Gehalt von Art. 2.4 der UN Charter. Art. 1.VII verlangt die Gewährleistung der Menschenrechte, Art. 1.VIII das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Art. 2.I verlangt eine vorherige Ankündigung militärischer Manöver: in der Regel 21 Tage im Voraus bei einer Truppenstärke von mehr als 25.000 Mann. Art. 2.II beschreibt, dass die Vertragsstaaten von der Notwendigkeit überzeugt seien, eine „allgemeine und vollständige Abrüstung“ zu erreichen – die Formulierung ist aber rein deklarativ und enthält keine konkreten Abrüstungsschritte. Neben der Sicherheit enthält der Final Act Provisionen zur Zusammenarbeit in Wirtschaft, Wissenschaft, Technologie, Umwelt und Humanitärem.188 Die sowjetische Interkontinentalrakete “R-36-M” (NATO-Designation: SS-18 Satan) geht in Dienst: Das erste Modell trägt einen Nuklearsprengkopf mit 18-25 Megatonnen Sprengkraft bei einer Trefferabweichung von, laut westlichen Quellen, nur 400-550 Metern. Spätere Modelle – in den 80ern – tragen bis zu zehn Sprengköpfe mit jeweils bis zu einer Megatonne Sprengkraft bei einer Trefferabweichung Vgl. United States Arms Control & Disarmament Agency (2008): Treaty between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Limitation of Strategic Offensive Arms. Narrative, http://dosfan.lib.uic.edu/acda/treaties/salt2-1.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Stoiber (2003): a. a. O., S. 160. Vgl. Rhodes (2007): a. a. O., S. 284. Vgl. Gaddis (2007): a. a. O., S. 187. Ein völkerrechtlich bindender Vertrag mit dem Gebot um Einhaltung der Menschenrechte ist neu zwischen West- und Ostblock. Das „International Covenant on Civil and Political Rights“, welches von der Sowjetunion 1973 ratifiziert wird, tritt erst 1976 in Kraft. Die USA ratifizieren es sogar erst 1992. Vgl. Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (2008): International Covenant on Civil and Political Rights (Ratifikationen), http://treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx?src=TREATY&mtdsg_no=IV-4&chapter=4&lang=en, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Organization for Security and Co-Operation in Europe (2008): Conference on Security and Co-Operation in Europe. Final Act, http://www.osce.org/documents/mcs/1975/08/4044_en.pdf, Zugriff: 16.11.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis von schätzungsweise nur noch 250 Metern.189 Die USA fürchten um die Raketensilos ihrer Minuteman-Serie.190 1976: Der „Peaceful Nuclear Explosions Treaty“ (PNET) zwischen USA und Sowjetunion liegt zur Signatur bereit. In seiner Präambel beruft sich der PNET auf die Ziele des Partial Test Ban Treaty (siehe Eintrag 1963) und auf Art. III des Threshold Test Ban Treaty, nach dem unterirdische Nuklearexplosionen „zu friedlichen Zwecken“ so schnell wie möglich von einem eigenen Abkommen geregelt werden sollen (siehe Eintrag 1974). Laut PNET-Präambel sollen diese unterirdischen „friedlichen“ Nuklearexplosionen nicht für Zwecke benutzt werden, die mit Nuklearwaffen zu tun haben. Art. III.2. verbietet unterirdische „friedliche“ Nuklearexplosionen über 150 Kilotonnen Sprengkraft (vgl. [a]). Bei einer gleichzeitigen Zündung mehrerer Explosionen dürfe die gesamte Sprengkraft nicht über 1,5 Megatonnen liegen (vgl. [b.2]) – dabei müsse allerdings die Sprengkraft jeder einzelnen Explosion identifizierbar sein (vgl. [b.1]). Art. VII.1 fordert erneut das Abkommen aus Art. V des NPT, welches die erhofften Vorteile von vermeintlich „friedlichen“ Nuklearsprengungen auch solchen Staaten zugänglich machen solle, welche selbst keine Nuklearsprengungen vornehmen könnten.191 Am gleichen Tag wie der PNET wird sein Protokoll unterschrieben, welches die Details über Nuklearsprengungen und Verifikation regelt.192 Der PNET tritt zusammen mit dem Threshold Test Ban Treaty erst 1990 in Kraft.193 1977: Die „Convention on the Prohibition of Military or Any Other Hostile Use of Environmental Modification Techniques” (Enmod Convention) wird unterschrieben und tritt 1978 in Kraft.194 Art. I verbietet, zu militärischen oder weiteren feindlichen Zwecken, welche anderen Staaten schaden würden, die Natur technisch zu modifizieren. Art. II definiert diese technische Modifikation der Natur als Manipulation der Dynamik, Struktur und Zusammensetzung der Erde, einschließlich Flora und Fauna, Lithosphäre,195 Hydrosphäre,196 Atmospähre und Weltraum. Naturverändernde Modifikationen zu „zivilen“ Zwecken seien allerdings erlaubt (vgl. Art. III). Die Gültigkeit der Konvention solle unbegrenzt sein (vgl. Art. VII). In einem angehängten „Understanding“ der Vertragsparteien werden mögliche Folgen von naturverändernden Modifikationen aufgelistet, die es abzuwenden gelte: Erdbeben, Tsunamis, Störungen eines regionalen ökologischen Gleichgewichts, Änderungen von Wetter- oder Klima- 189 190 191 192 193 194 195 196 Vgl. GlobalSecurity.org (2008): R-36M Voyevoda/SS-18 SATAN. Specifications, http://www.globalsecurity.org/wmd/world/russia/r-36m-specs.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. ebd.: R-36M Voyevoda/SS-18 SATAN, http://www.globalsecurity.org/wmd/world/russia/r-36m.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Federation of American Scientists (1998): Treaty between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on Underground Nuclear Explosions for Peaceful Purposes, http://www.fas.org/nuke/control/pnet/text/pne2.htm, Zugriff: 16.11.2009. Vgl. ebd.: Protocol to the Treaty between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on Underground Nuclear Explosions for Peaceful Purposes, http://www.fas.org/nuke/control/pnet/text/pne3.htm, Zugriff: 6.6.2010. Vgl. ebd. (2008): Peaceful Nuclear Explosions Treaty, http://www.fas.org/nuke/control/pnet/intro.htm, Zugriff: 24.12.2008. Vgl. International Committee of the Red Cross (2005): Convention on the Prohibition of Military or Any Hostile Use of Environmental Modification Techniques, 10 December 1976. Introduction, http://www.icrc.org/ihl.nsf/INTRO/460?OpenDocument, Zugriff: 17.11.2009. Lithosphäre: Erdkruste und oberster Bereich des Erdmantels, 70 bis 150 km tief. Vgl. Zepp, Harald (2004): Geomorphologie. 3. Auflage, Paderborn: Schöningh, S. 31. Hydrosphäre: Wasserhülle der Erde aus Meeren, Binnengewässern, Grundwasser, Eis und atmosphärischem Wasser. Vgl. Gaede, Peter-Matthias/GEO (2008): GEO Themenlexikon. Wetter und Klima. Begriffe, Forschung, Prognosen AZ. Nr. 31, Mannheim: GEO/Gruner + Jahr, S. 106. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis strukturen sowie von Meeresströmungen, außerdem Veränderungen der Ozonschicht oder der Ionosphäre. 197,198 Die IAEA publiziert in Dokument INFCIRC/254 erstmalig die „[...] Guidelines for the Export of Nuclear Material, Equipment and Technology” der „Nuclear Suppliers Group“ (NSG); diese bereits 1974 zusammengeschlossene Gruppe, bestehend aus anfänglich 15 und heute 45 Nuklearmaterial-liefernden Staaten,199 will verhindern, dass der Handel mit Materialien zur zivilen Nuklearenergie-Nutzung zur Proliferation von Nuklearwaffen beiträgt.200 Die NSG verlangt in den zuletzt 2006 überarbeiteten Guidelines: eine formale Zusicherung der Regierung des Empfängerlandes, dass die nukleare Lieferung nicht für Nuklearexplosionen missbraucht werde (vgl. Pkt. 2); den physischen Schutz des nuklearen Materials vor Missbrauch (vgl. Pkt. 3); einen Vertrag über Sicherungsmaßnahmen zwischen Empfängerstaat und IAEA über die ausschließlich zivile Nutzung des nuklearen Materials gem. Art. III.1 NPT (vgl. Pkt. 4); eine Lieferung nuklearen Materials nur dann, wenn dieses nicht zur Proliferation von Nuklearwaffen oder zum nuklearem Terrorismus beitrage (vgl. Pkt. 10). Den Guidelines folgt eine „Trigger List“, die Materialien auflistet, bei denen die Guidelines gelten: Sie reichen von nuklearem Material (vgl. Annex A 1) bis zu ganzen Nuklearreaktoren (vgl. Annex B 1).201 In einem weiteren Guideline-Katalog („[...] Guidelines for Transfers of Nuclear-related Dual-use Equipment, Materials, Software and Related Technology“) regelt die NSG den Export von Materialien und Technologien, die nicht notwendigerweise für nukleare Zwecke verwendet werden müssen, jedoch zu diesen ge- und missbraucht werden könnten: etwa industrielles Equipment wie bestimmte Roboter (vgl. Annex 1.A.3) oder Chemikalien (vgl. Annex 2.C). Für diese Materialien gelten ähnliche Export-Konditionen wie für die ausschließlich zu nuklearen Zwecken nutzbaren Materialien.202 Aus Krankheitsgründen überantwortet Breschnew kommende Rüstungsentscheidungen größtenteils an sowjetische Militärs und lässt damit das Politbüro bei diesen Entscheidungen außen vor.203 Die Sowjetunion beginnt in diesem Zustand mit der Stationierung der Mittelstreckenraketen RT-21M (NATO-Designation: SS20 Saber) in Europa: 5.000 km Reichweite, jeweils drei 150-KilotonnenSprengköpfe, Treffergenauigkeit von nur 300 Metern Abweichung;204 das sowjetische Außenministerium und der Westen werden nicht in Kenntnis gesetzt;205 Mittelstreckenraketen sind noch von keinen Rüstungskontrollverhandlungen erfasst.206 Helmut Schmidt hält in London vor dem „International Institute for Strategic Studies“ die „Alastair Buchan Memorial Lecture“: Die SALT-Verhandlungen dürf- 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 Ionosphäre: Bereich der Atmosphäre, in dem Gase regelmäßig mehr oder weniger ionisiert = elektrisch geladen sind. Vgl. Gaede (2008): a. a. O., S. 112. Vgl. International Committee of the Red Cross (2005): Convention on the Prohibition of Military or Any Hostile Use of Environmental Modification Techniques, 10 December 1976, http://www.icrc.org/ihl.nsf/FULL/460?OpenDocument, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Nuclear Suppliers Group (2008): History of the NSG, http://www.nuclearsuppliersgroup.org/history.htm, Zugriff: 21.5.2010. Vgl. ebd.: What are the Guidelines?, http://www.nuclearsuppliersgroup.org/guide.htm, Zugriff: 21.5.2010. Vgl. International Atomic Energy Agency (2006): INFCIRC/254/Part 1. Communications Received From Certain Member States Regarding Guidelines for the Export of Nuclear Material, Equipment and Technology, http://www.iaea.org/Publications/Documents/Infcircs/2007/infcirc704.pdf, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. ebd.: INFCIRC/254/Part 2. Communications Recieved From Certain Member States Regarding Guidelines for Transfers of Nuclear-related Dual-use Equipment, Materials, Software and Related Technology, http://www.iaea.org/Publications/Documents/Infcircs/2003/infcirc254r5p2.pdf, Zugriff: 5.4.2010. Vgl. Gaddis (2007): a. a. O., S. 202. Vgl. Schmidt, Helmut: Der gefährlichste Moment, in: SPIEGEL SPECIAL Geschichte (2008): a. a. O., S. 21. Vgl. Rhodes (2007): a. a. O., S. 134. Vgl. Gaddis (2007): a. a. O., S. 202. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 422. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis ten nicht ausschließlich die Vernichtungspotentiale von USA und Sowjetunion gegeneinander aufwiegen, denn so bliebe eine sowjetische Überlegenheit innerhalb Europas bestehen. Doch auch dort müsse bei der Rüstung Gleichgewicht herrschen – solange dieses nicht bestehe, müsse der Westen gleichgewichtige Abschreckung ausüben.207 Schmidt formuliert hier den NATO-Doppelbeschluss vor: Entweder man einige sich darauf, dass die Sowjets ihre SS-20 abziehen – oder die NATO rüste nach.208 Solange die Verhandlungen über die Verminderung von konventionellen Streitkräften in Europa noch keinen Erfolg erzielten (vgl. „CFE-Vertrag“, Eintrag 1990), müsse nach Schmidt auch über die Verwendung von Neutronen-Bomben209 nachgedacht werden, um die sowjetische konventionelle Überlegenheit auszugleichen.210 Schon zwei Wochen vor Schmidts Rede bildet die NATO die „High Level Group“, die ebenfalls über die Modernisierung der eigenen taktischen Nuklearwaffen berät.211 Die High Level Group wird als beratendes Unterorgan der „Nuclear Planning Group“ (siehe u. a. auch Eintrag 1983) eingerichtet – die Nuclear Planning Group ist die ultimative Entscheidungsinstanz der NATO über ihre Nuklearpolitik.212 1978: 207 208 209 210 211 212 213 Die UN General Assembly widmet ihre zehnte sog. „Special Session“ dem Thema „Disarmament“. Das Abschlussdokument weist in der Einleitung darauf hin, dass das Jahrzehnt der Abrüstung (vgl. UNGA Res. 2602 [XXIV, 1969], Paragraf (§) E 1, siehe Eintrag 1969) dem Ende entgegen schreite (vgl. § I.4). Als finales Ziel steht in der Einleitung des Abschlussdokuments die generelle und komplette Abrüstung (vgl. § I.8) – damit ist scheinbar nicht nur die nukleare Abrüstung gemeint (siehe dazu auch UNGA Res. 1378, Eintrag 1959). Als unmittelbares Ziel solle die Gefahr eines Nuklearkrieges beseitigt werden und das Wettrüsten angehalten und rückgängig gemacht werden (vgl. § I.8). Die der Einleitung folgende Deklaration verkündet in § II.12, dass das Wettrüsten unvereinbar sei mit den Prinzipien der UN Charter: Es verletze die Staatssouveränität und laufe dem Gebot, Gewalt weder anzudrohen noch anzuwenden, zuwider. Darüber hinaus schränke das Wettrüsten das Menschenrecht auf freie Wahl des eigenen Sozial- und Wirtschaftssystems ein. Darüber hinaus seien rassistische Regime und ihre mögliche Bewaffnung mit Nuklearwaffen eine wachsende Bedrohung. In § II.39 verkündet die Deklaration, dass – neben quantitativen Abrüstungsmaßnahmen – auch Verhandlungen geführt werden sollen über den Stopp von qualitativen Verbesserungen von Massenvernichtungswaffen. Letztendlich sollen wissenschaftliche und technologische Leistungen ausschließlich für friedliche Zwecke genutzt werden.213 Hier findet sich eine weltge- Vgl. The International Institute for Strategic Studies (2008): The 1977 Alastair Buchan Memorial Lecture by Helmut Schmidt, S. 4, http://www.iiss.org/EasySiteWeb/GatewayLink.aspx?alId=17434, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 409. US-Präsident Carter will 1977 die Neutronen-Bombe, welche eine viel höhere Strahlung bei wesentlich geringerer Hitzeund Druckwelle verbreitet, tatsächlich einführen. Nachdem Befürchtungen der europäischen und insbesondere der deutschen Öffentlichkeit wachgerüttelt werden, eine solche Waffe könne womöglich leichtfertig eingesetzt werden und massiven Schaden an Mensch und Umwelt verüben, geht Helmut Schmidt wie in der Alastair Buchan Memorial Lecture dazu über, die Neutronen-Bombe vor allem als Verhandlungspfand einzusetzen um vielleicht mit ihrem Stationierungsverzicht sowjetische konventionelle Abrüstung zu erzielen. Als Carter 1978 erkennt, dass die Europäer die NeutronenBombe nicht produziert und als Verhandlungspfand eingesetzt wissen wollen, beendet er das Projekt. Vgl. Bange, Oliver: „A German Finger on the Trigger“. Die Furcht vor den bundesdeutschen Nuklearaspirationen, der Nichtverbreitungsvertrag und der Aufbruch in die Ära der Entspannung, in: Greiner et al. (2009): a. a. O., S. 302 f. The International Institute for Strategic Studies (2008): a. a. O. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 424. Vgl. North Atlantic Treaty Organization (2006): NATO Handbook, Brüssel: NATO Public Diplomacy Division, S. 36 f. Vgl. United Nations (2004): Resolutions and Decisions adopted by the General Assembly during its Tenth Special Session. 23 May – 30 June 1978, http://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=A/S-10/4&Lang=E, Zugriff: 7.6.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis meinschaftlich verkündete Forderung nach konkreten Forschungs- und Entwicklungsverboten für die Wissenschaft, die – wie etwa die Forderung der Göttinger 18 (siehe Eintrag 1958) – solcher Wissenschaft, die rein um ihrer selbst willen betrieben wird, entsagen und ihr stattdessen eine Mitverantwortung für die Bewahrung des Friedens geben will. Nach der Deklaration beinhaltet das Abschlussdokument ein „Programme of Action“: § III.47 bezeichnet Nuklearwaffen als die größte Gefahr für Menschheit und Überleben der Zivilisation. Das Programme of Action listet darauf hin dringend notwendige Abrüstungsschritte auf: den bereits erwähnten Stopp von qualitativer Verbesserung und Entwicklung von Nuklearwaffen (vgl. § III.50.a); einen Produktionsstopp für Nuklearwaffen und spaltbares Material für militärische Zwecke (vgl. Art. III.50.b, siehe „Fissile Material Cut-Off Treaty“, u. a. Eintrag 1998); einen allumfassenden Plan zur möglichst terminlich-vorgeschriebenen progressiven und balancierten Reduktion der nuklearen Arsenale und ihrer Trägersysteme bis hin zur kompletten Abrüstung zum frühestmöglichen Termin (vgl. § III.50.c); den Erfolg der bereits begonnenen Verhandlungen über einen Vertrag zum allumfassenden Verbot von Nuklearwaffentests (vgl. § 51, siehe „Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty“, Eintrag 1996); das Fertigstellen des SALT II-Vertrags (vgl. § III.52, siehe Eintrag 1979); Negative Security Assurances, also Verzicht auf NuklearwaffenEinsatz gegenüber Staaten ohne Nuklearwaffen (vgl. § III.59); das Respektieren von alten und das Schaffen von neuen nuklearwaffenfreien Zonen (vgl. § III.60 ff.), insbesondere einer nuklearwaffenfreien Zone im Nahen Osten (vgl. § III.62.d, siehe zu letzterer Zone u. a. auch Eintrag 2010 [„NPT-Überprüfungskonferenz“]). Weiterhin fordert das Programme of Action eine konventionelle Abrüstung neben der nuklearen (vgl. § III.81), eine Reduktion der staatlichen Militärbudgets auf einer gegenseitig vereinbarten Basis (vgl. § III.89), die Verhinderung von Angriffen, die durch Unfall, Fehlkalkulation oder fehlgeschlagene Kommunikation hervorgerufen werden könnten (vgl. § III.93.a). Ferner werden periodische Berichte des UN-Generalsekretärs über die ökonomischen und sozialen Folgen des Wettrüstens verlangt (vgl. § III.93.c). § III.94 fordert den Generalsekretär zusätzlich auf, in einer Expertenstudie den Zusammenhang zwischen Abrüstung und Entwicklung zu beleuchten. Die Studie soll klären, wie Abrüstung zu einer neuen „economic order“, einer neuen Wirtschaftsordnung, beitragen kann (vgl. § III.95). § III.99 des Programme of Action verlangt, die weltweite öffentliche Meinung in Richtung Abrüstung zu mobilisieren. Dazu sollten neben staatlichen und nicht-staatlichen Informationsorganen vor allem das UN Centre for Disarmament und die UNESCO beitragen (vgl. § III.100 ff.). § III.109 beauftragt das Committee on Disarmament (beschrieben weiter unten in diesem Eintrag) mit der Ausarbeitung eines umfassenden Abrüstungsprogramms mit dem Ziel der generellen und kompletten Abrüstung. Diese generelle und komplette Abrüstung solle nach § III.111 nur noch diejenigen militärischen Kräfte erlauben, welche für die nationale Sicherheit als unerlässlich befunden worden seien sowie solche, die einer UN-Friedenstruppe von den Mitgliedsstaaten zur Verfügung gestellt würden. Der letzte Teil des Abschlussdokuments definiert das Instrumentarium genauer, mit dem die Abrüstungsziele erreicht werden sollen: § IV.113 unterteilt die an Abrüstung beteiligten Gremien in beratende und in verhandelnde; in ersteren sollten alle UN-Mitgliedsstaaten vertreten sein, in letzteren – aus Gründen der Zweckmäßigkeit – nur relativ wenige Staaten. Nach § IV.117 behandelt das First Committee der UN General Assembly in Zukunft ausschließlich Abrüstungs- und damit verbundene Fragen.214 Die Komitees der UN General Assembly sind seit jeher beratende Gremien, die der UN General Assembly Resolutions- und Entscheidungsentwürfe vorlegen.215 § IV.118 erschafft die Disarmament Commission (siehe Eintrag 214 215 Vgl. ebd. United Nations (2008): General Assembly. Main Committees, http://www.un.org/ga/maincommittees.shtml, Zugriff: 7.6.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis 1952) in neuer Form: Fortan sind in diesem beratenden Gremium nicht nur die UN Security Council-Mitglieder und Kanada dabei, sondern alle UN-Mitgliedsstaaten. Die Disarmament Commission solle als Unterorgan der UN General Assembly die hier beschriebenen Entscheidungen und Empfehlungen der Special Session weiter verfolgen und überhaupt Elemente eines umfassenden Abrüstungsprogramms erarbeiten (vgl. [a]). § IV.120 widmet sich dem eben bereits erwähnten Committee on Disarmament (siehe Einträge 1959 und 1983), das aus den fünf offiziellen Nuklearmächten und 32-35 anderen Staaten bestehen solle. Dieses verhandelnde Gremium solle seine Entscheidungen im Konsens treffen (vgl. § IV.120.a) und sich unter Berücksichtigung von Vorschlägen aus UN General Assembly und KomiteeStaaten seine eigene Agenda geben (vgl. § IV.120.e). Gegen Ende fordert das Abschlussdokument der Special Session on Disarmament zum frühestmöglichen Termin eine Weltabrüstungskonferenz (vgl. § IV.122).216 Das Abschlussdokument wird einstimmig angenommen.217 Der US-Außenminister Cyrus Vance verkündet während der Special Session eine abgeschwächte Negative Security Assurance: Die USA würden keine Nuklearwaffen einsetzen gegen einen NPT-Staat oder gegen ein Mitglied eines vergleichbaren Vertrages, der die Aneignung von Nuklearwaffen untersage – außer im Falle eines Angriffes auf die USA, ihr Territorium, ihre Streitkräfte oder ihre Verbündeten durch einen Staat, der mit einem Nuklearwaffen-Staat verbündet sei.218 1979: 216 217 218 219 220 221 Carter und Breschnew unterzeichnen den SALT II-Vertrag. Verhandlungen über diesen Vertrag begannen bereits 1972,219 auf Geheiß von Art. 7 SALT I.220 Das SALT II-Paket besteht aus drei Teilen: dem eigentlichen Vertrag, einem Protokoll und dem „Joint Statement of Principles“. Letzteres ist ein Set aus Richtlinien für weitere Verhandlungen. Art. III.1 des eigentlichen SALT II-Vertrages limitiert die Zahl der Abschussvorrichtungen für strategische Nuklearwaffen (nicht die Nuklearwaffen selbst) auf US-amerikanischer und sowjetischer Seite auf 2.400: Darunter fallen „Intercontinental ballistic missle“ (ICBM)- und „Submarine-launched ballistic missile“ (SLBM)-Abschussvorrichtungen (also Raketensilos und U-Boot-Raketensilos), schwere Bomber221 und „Air-to-Surface Ballistic Missiles“ (ASBMs). Nach Art. III.2 solle ab Januar 1981 begonnen werden, das Limit auf nunmehr 2.250 pro Seite herunterzuschrauben. Überzählige Abschussvorrichtungen müssten, sofern vorhanden, bis Ende 1981 unschädlich gemacht oder zerstört werden (vgl. Art. 11.3). Nach Art. V.1 müssten innerhalb des Limits aus Art. III.1 f. Startvorrichtungen für ballistische Raketen (ICBMs, SLBMs, ASBMs) mit „Multiple Independently Targetable Reentry Vehicles“ (MIRVs), also mit der Fähigkeit, mehrere Sprengköpfe gleichzeitig transportieren und auf unterschiedliche Ziele schießen zu können, sowie schwere Bom- Vgl. United Nations (2004): Resolutions and Decisions adopted by the General Assembly during its Tenth Special Session. 23 May – 30 June 1978, a. a. O. Vgl. Menon (2001): a. a. O., S. 43. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Dazu ist anzumerken, dass der Hauptgrund der Sowjetunion, ein neues Abkommen mit den USA schließen zu wollen, wahrscheinlich gar nicht die Angst vor den USA, sondern vor dem Aufstieg Chinas ist. Die Sowjetunion will die Gefahr eines Konflikts mit den USA abschwächen, da sie befürchtet, dass ein potentieller Konflikt mit China sicherlich mit Nuklearwaffen und strategischen Raketen ausgefochten werde. Vgl. Schaefer, Bernd: „Krieg schafft Revolutionen, Revolutionen beenden den Krieg“. Furcht und Ideologie in China und der UdSSR, 1969-1976, in: Greiner et al. (2009): a. a. O., S. 275. Dazu passt auch die Einschätzung von Kissinger, Henry A. (2011): China. Zwischen Tradition und Herausforderung, München: C. Bertelsmann, S. 358. Vgl. Federation of American Scientists (2008): Strategic Arms Limitation Talks (SALT II). Provisions, http://www.fas.org/nuke/control/salt2/intro.htm, Zugriff: 6.6.2010. Schwere Bomber sind Bomber mit einer Flugweite über 8.000 km oder solche, die mit „Air-Launch Cruise Missiles“ (ALCMs) ausgestattet sind. Vgl. Federation of American Scientists (1996): Glossary of Strategic Arms Reduction Treaty Terms, http://www.fas.org/nuke/control/start1/glossary.htm, Zugriff: 7.3.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis ber, die Raketen über 600 km weit feuern können, auf 1.320 pro Seite beschränkt werden. Innerhalb dieser 1.320 Abschussvorrichtungen wiederum dürften nach Art. V.2 nur 1.200 für MIRV-fähige ballistische Raketen pro Seite bestehen (der Rest wären Bomber). Wiederum innerhalb dieser 1.200 beschränkt Art. V.3 die Zahl für MIRV-fähige ICBM-Abschussvorrichtungen beidseitig auf 820 (der Rest wären Abschussvorrichtungen für MIRV-fähige ASBMs). Art. IV.1 verbietet die Konstruktion zusätzlicher örtlich-fixierter ICBM-Abschussvorrichtungen. Art. IX.1.d verbietet mobile ICBM-Abschussvorrichtungen. Art. IX.1.e-f untersagt SLBMs (und deren Abschussvorrichtungen) bzw. ASBMs, die schwerer sind als diejenigen „leichten“ ICBMs, die zum Tag der Vertragssignatur bereits im Dienst sind. Art. IV.9 verbietet den Testflug oder den Einsatz von neuartigen ICBMs, mit der Ausnahme eines neuen ICBM-Typs pro Seite. Art. IV.10 friert die Maximalzahl der Sprengköpfe (MIRVs) auf ICBMs ein – der durch Art. IV.9 erlaubte neue ICBM-Typ dürfe nicht mehr als 10 Sprengköpfe tragen (vgl. Art. IV.11). SLBMs dürften nicht mehr als 14 Sprengköpfe tragen (vgl. Art. IV.12), ASBMs nicht mehr als 10 (vgl. Art. IV.13). Art. IV.14 schreibt auf schweren Bombern eine maximale Durchschnittszahl von 28 Cruise Missiles222 mit einer Reichweite über 600 km vor. Für die bereits bestehenden Bombertypen B52 und B-1 (USA) sowie Tupolev-95 und Myasishchev (Sowjetunion) gelte das Limit von 20 Cruise Missiles mit einer Reichweite über 600 km (vgl. Art. IV.14 Second Agreed Statement). Art. IV.3 verbietet die Umwandlung von Abschussvorrichtungen für leichte ICBMs in solche für schwere ICBMs.223 Ein Common Understanding zu Art. IV.8 verbietet die sowjetische RS-14 ICBM (US-Designation: SS-16). Art. IV.5 verbietet schnelle Nachladefunktionen für ICBM-Abschussvorrichtungen. Weiterhin verbietet SALT II bestimmte strategische Offensivwaffen, die technisch herstellbar sind, aber (noch) nicht angewandt werden sollen: etwa ballistische Raketen mit einer Reichweite über 600 km auf Schiffen, die keine U-Boote sind (vgl. Art. IX.1.a), oder Abschussvorrichtungen für ballistische Raketen und Cruise Missiles auf dem Meeresboden (vgl. Art. IX.1.b). Die Vertragsparteien sollen sich gegenseitig von geplanten ICBM-Starts unterrichten, sofern die Rakete über das eigene Staatsgebiet hinaus fliege (vgl. Art. XVI.1). Art. XVII ordnet das Vorantreiben der Umsetzung von SALT II der Standing Consultative Commission zu, die u. a. bereits SALT I als Plattform diente (vgl. Art. VI SALT I, Eintrag 1972). Die Kommission solle nach Art. XVII.3 auf die „data base on the numbers of strategic offensive arms“ zurückgreifen, die das “Memorandum of Understanding […] Regarding the Establishment of a Data Base on the Numbers of Strategic Offensive Arms” erschafft, am Signaturtag von SALT II.224 Die Data Base dokumentiert die Menge der Abschussvorrichtungen von USA und Sowjetunion vom 1. November 1978: USA Sowjetunion Für ICBMs 1054 1398 Davon für lokal fixierte ICBMs 1054 1398 Für MIRV-fähige ICBMs 550 576 Abschuss-Vorrichtungen 222 223 224 Unbemannte Rakete, einer Drohne ähnlich, oft mit Tragflächen, die sich selbst ins Ziel steuert, dt. „Marschflugkörper“. Vgl. Encyclopædia Britannica 2007 Ultimate Reference Suite (2008): Cruise Missile/Rocket and Missile System, Chicago: Encyclopædia Britannica. Schwere ICBMs sind ICBMs mit einem Startgewicht über 106 Tonnen oder einem Abwurfgewicht über 4.350 Kilogramm. Vgl. Federation of American Scientists (1996): Glossary of Strategic Arms Reduction Treaty Terms, a. a. O. Vgl. United States Arms Control & Disarmament Agency (2008): Treaty between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Limitation of Strategic Offensive Arms, http://dosfan.lib.uic.edu/acda/treaties/salt2-2.htm, Zugriff: 7.6.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Für SLBMs 656 950 Für MIRV-fähige SLBMs 496 128 Schwere Bomber 574 156 Schwere Bomber mit Cruise Missiles mit Reichweite über 600 km 0 0 Schwere Bomber, nur ASBM-fähig 0 0 ASBMs 0 0 MIRV-fähige ASBMs 0 0225 Beim Zusammenrechnen der Abschussvorrichtungen von ICBMs, SLBMs und Bombern fällt auf, dass beide Seiten (USA Gesamt 2.284, SU Gesamt 2.504) das SALT II-Limit von 2.400 bzw., ab 1982, von 2.250 Abschussvorrichtungen teilweise schon erreicht haben bzw. es ohne signifikante Abrüstungsschritte erreichen können. Die Sub-Levels, etwa für Abschussvorrichtungen für MIRV-fähige ICBMs oder ASBMs (820 bzw. 380), verlangen sogar keineswegs Abrüstung, sondern sind so hoch gesteckt, dass beide Seiten hier durchaus noch aufrüsten könnten, sofern sie gleichzeitig etwa bei SLBM-Silos oder Bombern moderat abrüsten würden. SALT II ist also ein relativ leicht zu erfüllender Limitierungsvertrag, der sich weniger gegen die bereits bestehende Hochrüstung wendet, sondern eine noch massivere Rüstung in der Zukunft zu unterbinden sucht. Ein Abrüstungsvertrag ist SALT II hingegen nicht. Der Vertrag soll bis Ende 1985 in Kraft bleiben (vgl. Art. XIX). Die Verifikation der Gebote des Vertrags erfolgt – wie bei vielen vorherigen Verträgen – durch gegenseitige Kontrolle (vgl. Art. XV),226 etwa durch Aufklärungssatelliten.227 Um die Limits von MIRVs zu verifizieren, legt SALT II aus: Sobald eine Rakete mit MIRV-Bestückung getestet werde, sollen alle anderen Raketen gleichen Typs auch als mit MIRVs ausgestattet betrachtet werden (vgl. Art. II.5 Second Agreed Statement). Auch wenn eine Startvorrichtung mit einer MIRV-bestückten Rakete getestet werde, würden alle anderen Startvorrichtungen gleichen Typs als solche für MIRV-fähige Raketen angesehen werden (vgl. Art. II.5 First Agreed Statement) und fielen somit unter das 1.200er-Limit aus Art. V.2 (vgl. Art. II.5 Second Common Understanding). Ähnliche Zähl-Regeln liefert SALT II für Bomber (vgl. Art. V.4 Agreed Statement) und Cruise Missiles (vgl. II.8 First Agreed Statement). Art. XIV legt fest, dass die Vertragsparteien nach dem In-Kraft-Treten von SALT II mit weiteren Limitierungs- und Reduktionsverhandlungen einen Nachfolgevertrag noch vor dem Auslaufen von SALT II Ende 1985 vollenden sollen.228 Das Protokoll aus dem SALT II-Paket ist gültig zwischem dem Tag, an dem SALT II in Kraft tritt und dem 31. Dezember 1981 – für diese Zeit nimmt das Protokoll die folgenden Rüstungsbeschränkungen vor: Mobile Abschussvorrichtungen für ICBMs seien ebenso verboten wie Testflüge von ICBMs, die für solche Abschussvorrichtungen vorgesehen seien (vgl. Art. I). Ebenso verboten sei das Verwenden – nicht aber das Testen – von Cruise Missiles mit einer Reichweite über 600 km von see- und landgestützten Abschussvorrichtungen (vgl. Art. II.1). Getestet werden dürfe jedoch nicht, wenn solche Cruise Missiles mit MIRVs bestückt sind (vgl. Art. II.2). Art. III des Protokolls verbietet Verwendung und 225 226 227 228 Vgl. Cantelon, Philip L/Hewlett, Richard G./Williams, Robert C. (1992): The American Atom: A Documentary History of Nuclear Policies from the Discovery of Fission to the Present, Philadelphia: University of Pennsylvania Press, S. 263. Vgl. U.S. Arms Control & Disarmament Agency (2008): Treaty between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Limitation of Strategic Offensive Arms, a. a. O. Vgl. Federation of American Scientists (2008): Strategic Arms Limitation Talks (SALT II). Provisions, a. a. O. Vgl. United States Arms Control & Disarmament Agency (2008): Treaty between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Limitation of Strategic Offensive Arms, a. a. O. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Testflüge von ASBMs.229 Das „Joint Statement of Principles“, der dritte Teil des SALT II-Pakets, schafft einen Rahmen für SALT III-Verhandlungen: USA und Sowjetunion verständigen sich auf die Ziele der „signifikanten und substantiellen Reduktion der Anzahl der strategischen Offensivwaffen“ (vgl. Pkt. 3.1) und der „qualitativen Limitierung“ solcher Waffen. Letzteres bedeute, Entwicklung, Tests und Anwendung von neuen Typen strategischer Offensivwaffen und Modernisierung bereits bestehender Waffen dieser Art einzuschränken (vgl. Pkt. 3.2). Das Joint Statement spricht auch von möglichen kooperativen Verifikationsmaßnahmen, welche neben den bisherigen einzelstaatlichen Verifikationsmaßnahmen die Überwachung von Limitierung und Restriktion strategischer Waffen gewährleisten könnten (vgl. Pkt. 2). 230 SALT II wird 1985 auslaufen, ohne jemals in Kraft getreten zu sein (siehe dazu Eintrag 1980).231 Der „Moon Treaty“ liegt zur Signatur bereit. Seine Bestimmungen sollen nicht nur für den Mond gelten, sondern auch für andere Himmelskörper im Sonnensystem, abgesehen von der Erde (vgl. Art. 1.1). Im Vertragsverlauf wird jedoch nur vom Mond gesprochen, der beispielhaft für alle anderen Himmelskörper des Sonnensystems verwendet wird: Ähnliche Provisionen wie im Outer Space Treaty (siehe Eintrag 1967) sind die Forderung des Moon Treaty, dass der Mond ausschließlich für friedliche Zwecke genutzt werden solle (vgl. Art. 3.1), dass auf ihm und in seiner Umgebung keine Objekte stationiert werden dürften, die Nuklearwaffen oder andere Massenvernichtungswaffen trügen (vgl. Art. 3.3), dass Militärbasen und militärische Tests auf dem Mond verboten seien (vgl. Art. 3.4) und dass bei der Erforschung und Verwaltung des Mondes international kooperiert werden solle (vgl. Art. 2, 4.2, 5, 10, 11.5, 13). Art. 12.3 verkündet sogar, dass die Vertragsstaaten in Gegenwart eines Notfalles auf dem Mond die Installationen anderer Vertragsstaaten zum Schutz aufsuchen dürften. Die Freiheit der Mond-Forschung gewährt Art. 6; Besitzanspruch ist jedoch durch Art. 11.2 f. verboten. Der Mond ist nach Art. 11.1 gemeinschaftliches Erbe der Menschheit („common heritage of mankind“); Art. 4 fordert, dass bei der Erforschung und Nutzung des Mondes auch das Interesse zukünftiger Generationen beachtet werden solle. Die Verifikation der Provisionen soll nach Art. 15 ermöglicht werden, indem alle Vertragsparteien auch Zugang zu den Installationen der anderen Vertragsparteien auf dem Mond haben sollen. Der Moon Treaty tritt nach der fünften Ratifizierung eines Staates in Kraft (vgl. Art. 19.3).232 Das geschieht 1984.233 Bis heute haben lediglich 13 Staaten den Moon Treaty ratifiziert; USA, Russland, China, Frankreich, England und Deutschland sind nicht dabei.234 Israel und Südafrika werden verdächtigt, im südlichen Indischen Ozean einen gemeinsamen Nuklearwaffen-Test mit einer Sprengkraft von ein bis zwei Kilotonnen durchgeführt zu haben (siehe zum südafrikanischen Nuklearwaffenprogramm auch Eintrag 1990).235 229 230 231 232 233 234 235 Vgl. ebd.: Protocol to the Treaty between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Limitation of Strategic Offensive Arms, http://dosfan.lib.uic.edu/acda/treaties/salt2-3.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. ebd.: Joint Statement of Principles and Basic Guidelines for Subsequent Negotiations on the Limitation of Strategic Arms, http://dosfan.lib.uic.edu/acda/treaties/salt2-4.htm#2, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Menon (2001): a. a. O., S. 43. Vgl. United Nations Office for Outer Space Affairs (2006): Resolution Adopted by the General Assembly 34/68. Agreement Governing the Activities of States on the Moon and Other Celestial Bodies, http://www.unoosa.org/oosa/en/SpaceLaw/gares/html/gares_34_0068.html, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. ebd. (2008): United Nations treaties and principles on outer space and related General Assembly resolutions. Addendum. Status of international agreements relating to activities in outer space as at 1 January 2008, http://www.unoosa.org/pdf/publications/ST_SPACE_11_Rev2_Add1E.pdf, Zugriff: 7.6.2010, S. 3. Vgl. ebd. (2008): Treaty Signatures, http://www.unoosa.org/oosatdb/showTreatySignatures.do, Zugriff: 2.5.2011. Vgl. Pal Singh Sidhu, Waheguru: Dealing with Extra-NPT Acots and Non-State Actors, in: Boulden et al. (2009): a. a. O., S. 213. Vgl. auch Reed et al. (2009): a. a. O., S. 177 ff. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Vier US-Kommandozentralen sehen gleichzeitig auf ihren Bildschirmen Muster, die auf einen massiven sowjetischen Raketenangriff auf die USA schließen lassen. Innerhalb der nächsten Minuten werden in den USA Vorbereitungen für einen nuklearen Gegenschlag getroffen. Kein Versuch wird dagegen unternommen, das Rote Telefon (siehe Eintrag 1963) zu benutzen, um Gewissheit über die sowjetischen Intentionen zu bekommen oder den Sowjets den Grund für die plötzliche US-Mobilisierung zu vermitteln. Eine US-Radarstation meldet schließlich, dass gar keine Raketen in der Luft seien. Grund für den Fehlalarm war lediglich ein Übungsband, das über das US-Computersystem lief. Zukünftig werden solche Übungen in einer Einrichtung abgehalten, die nicht mit den militärisch-operierenden Zentralen vernetzt ist.236 Am 12. Dezember 1979 verkündet die NATO „The Double-Track Decision on Theatre Nuclear Forces“, bekannt als „NATO-Doppelbeschluss“: Darin beklagt die NATO die sowjetische Stationierung der SS-20-Mittelstreckenraketen (siehe Eintrag 1977), die das Kräftegleichgewicht zerstöre (vgl. Pkt. 3-5). Die NATO sehe sich gezwungen – als ersten Schritt ihres Doppelbeschlusses – ebenfalls mit Mittelstreckenraketen nachzurüsten: Die USA würden dies in Form von bodengestützten 108 Pershing II-Raketen und 464 Cruise-Missiles tun. Gleichzeitig würden 1.000 taktische Nuklearsprengköpfe aus Europa abgezogen (vgl. Pkt. 7). Der zweite Schritt des Doppelbeschlusses sieht vor, Rüstungskontrollverhandlungen künftig auch auf Mittelstreckenraketen auszuweiten: Konkret solle über die Limitierung der SS-20 auf sowjetischer Seite und der geplanten Pershing II und Cruise Missiles auf NATOSeite verhandelt werden, um diese NATO-Stationierungen vielleicht gar nicht erst erforderlich machen zu müssen (vgl. Pkt. 9). Solche Verhandlungen sollen bilateral im Rahmen der US-sowjetischen SALT III-Verhandlungen stattfinden (vgl. Pkt. 9.b).237 Heiligabend: Die Sowjetunion marschiert in Afghanistan ein: Sie fürchtet, dass die oppositionellen islamistischen Guerilla-Gruppen („Mudschaheddin“) ihren Einfluss auch auf die angrenzenden Sowjetrepubliken ausweiten. Die USA unterstützten die Mudschaheddin insgeheim; der neue Feind der USA, der revolutionäre Iran, übrigens auch.238 1980: 236 237 238 239 240 Die Ratifikation von SALT II scheitert im US-Senat239 – Hauptgrund ist der sowjetische Einmarsch in Afghanistan.240 Die “Convention on the Physical Protection of Nuclear Material” wird unterzeichnet und tritt in Kraft (siehe auch Eintrag 2005 [„Convention on the Physical Protection of Nuclear Material and Nuclear Facilities“]). Die Konvention bezieht sich auf nukleares Material für zivile Zwecke im Stadium des innerstaatlichen und internationalen Transports sowie der innerstaatlichen Benutzung und Lagerung (vgl. Art. 2.1 f.). Nukleare Materialien zu zivilen Zwecken dürften nicht mit Nichtvertragsstaaten gehandelt werden, außer bei Zusage des Nichtvertragsstaates, sich an die vertraglichen Schutzbestimmungen in Annex I zu halten (s. u., vgl. Art. 4). Im Falle des Diebstahls von nuklearem Material solle innerhalb der Vertragsgemeinschaft kooperiert werden (vgl. Art. 5). Die Konvention schreibt den Vertragsstaaten die Angleichung ihrer nationalstaatlichen Straftatbestände vor: So sollen etwa Diebstahl oder die Benutzung von nuklearem Material zu gewaltsamen Zwecken in allen Mitgliedsstaaten strafbar sein (vgl. Art. 7.1.b/i). Art. 8-14 regeln, welcher Staat in wel- Vgl. Phillips, Alan F. (1998): a. a. O. Vgl. North Atlantic Treaty Organization (2000): Special Meeting of Foreign and Defence Ministers (The "DoubleTrack" Decision on Theatre Nuclear Forces), http://www.nato.int/docu/basictxt/b791212a.htm, Zugriff: 29.12.2008. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 415. Vgl. Gaddis (2007): a. a. O., S. 211. Vgl. Tertrais, Bruno (2008): L'arme nucléaire, Paris: Presses Universitaires de France, S. 105. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis cher Situation strafrechtliche Jurisdiktion über den Straftäter habe. Annex II der Konvention unterteilt nukleares Material für friedliche Zwecke in drei Gefahrenstufen (Kategorie I, II & III), für die in Annex I jeweilige Sicherheitsvorkehrungen vorgegeben werden: Vor dem Transport müsse etwa das Material der höchsten Gefahrenstufe (Kategorie I) in einer abgeriegelten Gegend permanent bewacht werden, zu der nur bestimmte Personen Zutritt hätten (vgl. Annex I, 1.c).241 Die zweite Überprüfungskonferenz des NPT findet statt: Die Zahl der Vertragsstaaten liegt bei 112. Die Konferenz kann keinen Konsens über ein Abschlussdokument finden. Viele Staaten ohne Nuklearwaffen fordern USA und Sowjetunion auf, SALT II zu ratifizieren.242 Der „Krefelder Appell“, u. a. unterzeichnet von Petra Kelly und Gerd Bastian, fordert die Bundesregierung auf, ihre Zustimmung zum NATODoppelbeschluss (siehe Eintrag 1979) zurückzunehmen. Die deutschen Bürger seien dazu aufgefordert, durch den Druck der öffentlichen Meinung eine alternative Sicherheitspolitik zu erzwingen, die Europa nicht als potentiellen Kriegsschauplatz missbrauche und auf Abrüstung statt auf Abschreckung setze.243 Mehr als 800.000 Menschen werden diesen Appell unterzeichnen.244 1981: US-Präsident Reagan fordert einen Rahmen für Verhandlungen zur Reduktion aller Waffentypen und schlägt der Sowjetunion die “Zero Option” vor: Die USA unterließen ihre im Rahmen des Doppelbeschlusses geplante Stationierung von Mittelstreckenraketen in Europa, wenn die Sowjetunion dafür ihre SS-4, SS-5 und SS-20 Raketen zerstöre.245 Die Sowjetunion lehnt ab und schlägt stattdessen das Einfrieren jeglicher neuer Stationierungen sowie Einschnitte in die bestehenden Kräfte vor.246 Es kommt zu keiner Einigung. Reagan besteht mittlerweile auf der Modernisierung der eigenen europäischen Mittelstreckenraketen.247 Mindestens 300.000 Menschen protestieren im Bonner Hofgarten gegen den NATO-Doppelbeschluss;248 mit dabei sind u. a. Erhard Eppler, Petra Kelly und Heinrich Böll. Böll ist einer der Hauptredner: „Die Politiker haben ja die Wahl, uns zu apathischen Zynikern zu machen. […] Sie können eine gelähmte Bevölkerung auf der ganzen Welt haben, die gelähmt ist von diesen Waffenpesten und Waffenzahlen. Wir wollen uns nicht lähmen lassen!“249 1982: Die 12. Special Session der UN General Assembly wird erneut der Abrüstung gewidmet. Die Konferenz kann sich – wie die NPT-Überprüfungskonferenz – auf kein gemeinsames Abschlussdokument einigen. China, Frankreich und die Sowjetunion verkünden unilaterale Security Assurances.250 Trotz des fehlenden Abschlussdokuments eröffnet die UN General Assembly auf ihrer Special Session eine „World Disarmament Campaign“. Diese soll – wie schon in der 1978er Special Session ge- 241 242 243 244 245 246 247 248 249 250 Vgl. International Atomic Energy Agency (2008): INFCIRC/274/Rev.1. The Convention on the Physical Protection of Nuclear Material, http://www.iaea.org/Publications/Documents/Infcircs/Others/inf274r1.shtml, Zugriff: 14.6.2010. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Atomwaffen A-Z (2006): Krefelder Appell, http://www.atomwaffena-z.info/atomwaffen-glossar/k/ktexte/artikel/572/7594324cbe/index.html, Zugriff: 10.3.2009. Vgl. Siepmann, Christian (2008): Atomraketen im Nachbargarten, in: einestages. Zeitgeschehen auf SPIEGEL ONLINE, http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/3002/atomraketen_im_nachbargarten.html, Zugriff: 15.3.2009. Vgl. Gaddis (2007): a. a. O., S. 225. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 424. Vgl. ebd.: a. a. O., S. 431. Schröter, Klaus (1998): Böll, 11. Auflage, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 121 f. Vgl. Menon (2001): a. a. O., S. 44. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis fordert – vor allem öffentliches Interesse und Unterstützung für Rüstungskontrolle und Abrüstung fördern (vgl. Report of the Ad Hoc Committee of the 12th Special Session, Pkt. 1 Annex V, vgl. auch Abschlussdokument der UN General Assembly Special Session 1978, § III.99 ff.). Insbesondere sollen der Öffentlichkeit die 1978 verkündeten Rüstungskontroll- und Abrüstungsziele vermittelt werden (vgl. Report of the Ad Hoc Committee of the 12th Special Session, Pkt. 1/2/7 Annex V). Verschiedene Staaten unterbreiten Vorschläge zur Ausgestaltung der World Disarmament Campaign: Bulgarien schlägt vor, durch UN- und NGO-Zusammenarbeit weltweit Unterschriften gegen einen Nuklearkrieg zu sammeln (vgl. A/S-12/AC.1/7 Annex II, A/S-12/AC.1/31 Annex II, Pkt. 19 Annex V). Frankreich propagiert einen „Universal Conscience Council“, einen Rat von Persönlichkeiten aus spirituellem, wissenschaftlichem und kulturellem Leben, der über Abrüstung und damit verbundene Probleme informieren solle (vgl. A/S-12/AC.1/40 Annex II, Pkt. 19 Annex V). Japan schlägt vor, über die UN Dokumente zu Hiroshima und Nagasaki der Weltbevölkerung zur Verfügung zu stellen (vgl. A/S-12/AC.1/44 Annex II, Pkt. 19 Annex V).251 Die Bürgermeister von Hiroshima und Nagasaki rufen ihre Kolleginnen und Kollegen auf der ganzen Welt auf, gemeinsam für nukleare Abrüstung zu arbeiten. So beginnt die „Conference of Mayors for Peace“,252 der heute über 4.700 Städte in 150 Ländern und Regionen angehören.253 Die Rüstungsexpertin Randall Forsberg ruft USA und Sowjetunion auf, Tests, Produktion und Stationierung von Nuklearwaffen überprüfbar einzufrieren und umzukehren.254 Die hierdurch initiierte „Nuclear Weapons Freeze Campaign“, ein Zusammenschluss aus NGOs, mobilisiert in New York laut eigenen Angaben 700.000 bis 750.000 Menschen, um gegen die Benutzung von Nuklearwaffen zu protestieren.255 Daneben stellt die Nuclear Weapons Freeze Campaign eine Resolution zur US-weiten Abstimmung, über die zeitgleich mit den Präsidentschaftswahlen abgestimmt wird. Die Resolution fordert ein Stopp von US-Nuklearwaffentests und Proliferation.256 Eine große Mehrheit stimmt zu – es ist das größte Ein-ThemaReferendum in der US-Geschichte.257 Die Nuclear Weapons Freeze Campaign verliert jedoch wieder an Einfluss, beginnend bereits im selben Jahr, als eine Resolution mit der Forderung, ein US-sowjetisches Einfrieren der Arsenale auszuhandeln, im Kongress durch zwei fehlende Stimmen scheitert.258 Die schwedische Politikerin Alva Myrdal erhält den Friedensnobelpreis. Sie vertrat ihr Land viele Jahre bei UN-Abrüstungsverhandlungen und entwickelte sich gegenüber USA und Sowjetunion zur führenden Stimme für konkrete Abrüstungsschritte. Alva Myrdal hat auch zur Gründung des weltweit bekannten „Stockholm International Peace Research Institute“ (SIPRI) beigetragen.259 1983: 251 252 253 254 255 256 257 258 259 Das Committee on Disarmament wird in Conference on Disarmament umbenannt (vgl. auch Einträge 1959 und 1978). Laut ihrer „Rules of Procedure“ sei die Vgl. United Nations (2008): A/S-12/32. Report of the Ad Hoc Committee of the 12th Special Session, http://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=A/S-12/32&Lang=E, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Mayors for Peace (2009): About Us, http://www.mayorsforpeace.org/english/outlines/index.html, Zugriff: 2.5.2011. Vgl. Hevesi, Dennis (2007): Randall Forsberg, 64, Nuclear Freeze Advocate, Dies, in: The New York Times, 26.10.2007, http://www.nytimes.com/2007/10/26/us/26forsberg.html?_r=1&scp=1&sq=nuclear%20weapons%20freeze%20cam paign%201982&st=cse, Zugriff: 30.12.2008. Vgl. ebd. Vgl. Peace Action (2008): The Freeze, http://www.peace-action.org/abt/freezehistory.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Peace Action (2008): a. a. O. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Hevesi (2007): a. a. O. Vgl. The Nobel Foundation (1982): Alva Myrdal. The Nobel Peace Prize 1982. Biography, http://nobelprize.org/nobel_prizes/peace/laureates/1982/myrdal-bio.html, Zugriff: 13.3.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Conference ein verhandelndes Forum für Abrüstungsfragen (vgl. Rule 1), das seine Entschlüsse im Konsens fassen solle (vgl. Rule 18). Ihr gehören die fünf im NPT anerkannten Nuklearwaffenstaaten an sowie 60 wechselnde andere Staaten (vgl. Rule 1).260 Die Conference on Disarmament bzw. ihre Vorgänger-Gremien waren beteiligt an der Ausarbeitung von NPT (siehe Eintrag 1968), Sea-bed Treaty (siehe Eintrag 1971), Biowaffenkonvention (siehe Eintrag 1972) und ENMOD Convention (siehe Eintrag 1977). In den kommenden Jahren wird sie beteiligt sein an der Ausarbeitung von Chemiewaffenkonvention (siehe Eintrag 1993) und „Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty“ (siehe Eintrag 1996).261 Reagan verkündet seinen Plan von einem US-amerikanischen Abwehrsystem gegen sowjetische ballistische Raketen. Die sog. „Strategic Defense Initiative“ (SDI) wird auf Grund ihrer Weltraum-Komponenten oft auch „Star Wars“ genannt werden.262 Schätzungsweise steht Edward Teller, einer der Schöpfer der USamerikanischen Wasserstoffbombe, hinter den Plänen,263 die mit keinem einzigen außenpolitischen Berater abgesprochen worden sind.264 Reagan glaubt nicht an die Wirkung des Mutually Assured Destruction-Konzepts (siehe Eintrag 1962), das so etwas wie Schutz durch Verwundbarkeit bieten soll.265 Er folgert vielmehr, dass eine Abwehrmöglichkeit gegen feindliche Nuklearraketen diese Waffen selbst auch letztendlich „impotent und obsolet“ machen würde.266 Kritiker befürchten jedoch das Gegenteil: Nuklearwaffen würden erst benutzbar werden, indem die Möglichkeit eines feindlichen Gegenschlags mittels SDI aufgehoben würde. 57 US-amerikanische Nobelpreisträger und 700 Mitglieder der National Academy of Sciences verurteilen die SDI-Pläne: Diese seien technisch naiv, militärisch leichtsinnig, wirtschaftlich ruinös und moralisch abstoßend.267 Ein Jahr später wird die Strategic Defense Initiative Organisation gegründet (vgl. auch Eintrag 2003 [„Seegestütztes Raketenabwehrsystem“ u. a.]).268 Die Nuclear Planning Group der NATO (NPG, siehe u. a. Einträge 1977, 1987 und 1988) beklagt auf ihrer Tagung in Montebello, Quebec, dass die Sowjetunion mindestens drei weitere SS-20-Basen westlich des Urals gebaut habe und außerdem ältere Kurzstreckensysteme mit neuen Raketen der Typen SS-21, SS-22 und SS-23 ersetze. Zudem könne die NATO das sowjetische Verlangen, britische und französische Nuklearwaffen in das Rüstungsgleichgewicht mit einzubeziehen, nicht mit ihrer eigenen Forderung nach Gleichstand bei den Raketen mittlerer Reichweite (LRINF: „Longer-Range Intermediate Nuclear Force“) in Einklang bringen. Denn würden britische und französische Nuklearwaffen gegen mögliche LRINF auf NATO-Seite aufgewogen werden, hätte die Sowjetunion die LRNIFVormachtstellung in Europa.269 Im Annex des Final Communiquè, der „Montebello Decision“, verkündet die NPG, dass die 1.000 Nuklearsprengköpfe mittlerweile aus 260 261 262 263 264 265 266 267 268 269 Vgl. The United Nations Office at Geneva (2003): Conference on Disarmament. Rules of Procedure of the Conference on Disarmament, http://daccess-ddsny.un.org/doc/UNDOC/GEN/G03/656/54/PDF/G0365654.pdf?OpenElement, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. ebd. (2008): Disarmament. An Introduction to the Conference, a. a. O. Vgl. Encyclopædia Britannica 2007 Ultimate Reference Suite (2008): Strategic Defense Initiative, Chicago: Encyclopædia Britannica. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 417. Vgl. Craig et al. (2009): a. a. O., S. 315. Vgl. Gaddis (2007): a. a. O., S. 225 f. Vgl. Federation of American Scientists (2008): Exhibit 1: Address to the Nation on National Security By President Ronald Reagan, March 23, 1983, http://www.fas.org/spp/starwars/offdocs/rrspch.htm, Zugriff: 9.3.2009. Vgl. Lown, Bernard (2008): a. a. O., S. 328. Vgl. Missile Defense Agency (2009): Missile Defense Timeline, http://www.mda.mil/mdalink/html/milstone.html, Zugriff: 9.3.2009. Vgl. North Atlantic Treaty Organization (2000): Nuclear Planning Group. Montebello, Canada. 27-28 October 1983. Final Communiqué, http://www.nato.int/docu/comm/49-95/c831028a.htm, Zugriff: 31.12.2008. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Europa abgezogen seien, wie im Doppelbeschluss angekündigt (siehe Eintrag 1979). In den nächsten Jahren sollen 1.400 weitere Nuklearsprengköpfe abgezogen werden – für jede im Rahmen des Doppelbeschlusses stationierte Pershing II oder Cruise Missile würde somit ein alter Nuklearsprengkopf abgezogen. Gleichzeitig stellt die NPG fest, die Trägersysteme und Nuklearsprengköpfe müssten „survivable, responsive and effective” bleiben – die NATO-Verteidigungsminister hätten dafür eine Reihe von Verbesserungsmöglichkeiten identifiziert. Daneben kündigt die NPG an, in den nächsten fünf bis sechs Jahren über neu zu stationierende Kurzstreckensysteme nachzudenken.270 Diese Ankündigung soll später unterschiedlich ausgelegt werden: Die USA werden behaupten, in Montebello sei bereits die Entscheidung gefallen, die bisher stationierte bodengestützte Kurzstreckenrakete „Lance“ von ca. 150 km Reichweite im Jahre 1995 mit einer neuen Rakete von 400 km Reichweite zu ersetzen. Bundesaußenminister Genscher dagegen wird behaupten, in Montebello sei keine solche konkrete Entscheidung getroffen worden.271 Im Kontrollraum der Kommandozentrale der Satellitenüberwachung Serpuchowo-15, südlich von Moskau, geht in der Nacht vom 25. auf den 26. September die Meldung von fünf Starts US-amerikanischer Minuteman-ICBMs ein – alle abgeschossen von derselben US-Basis an der Ostküste. In 15 Minuten würden sie – mit bis zu 10 Sprengköpfen pro Rakete ausgestattet – die Sowjetunion treffen. Wenn der Aufsicht führende Oberstleutnant Stanislaw Petrow jetzt die Alarmkette auslösen würde, wäre ein Nuklearkrieg wahrscheinlich nicht mehr aufzuhalten. Doch vermutlich urteilt Petrow, dass ein US-Angriff nicht nur von einer einzigen Basis aus gestartet werden würde. Noch ehe die Radarstation feststellen kann, dass gar keine US-Raketen in der Luft sind, meldet Petrow Fehlalarm – und verhindert mit dieser Entscheidung womöglich einen Nuklearkrieg.272 Nur wenige Wochen später droht erneut die Situation zu eskalieren: Die NATO führt ihre im Herbst üblichen militärischen Übungen durch – dieses Jahr jedoch mit höherer Einbindung des Führungspersonals, das die Koordination der Konsultationen übt, die für den Start der Nuklearwaffen erforderlich wären. Die Übung heißt „Able Archer 83“.273 Der sowjetische Parteichef Andropow wird durch den KGB über die Manöver in Kenntnis gesetzt – er rechnet fest damit, dass ein nuklearer Angriff der NATO aus dieser vermeintlichen Übung hervorgehen werde und unmittelbar bevorstehe.274 In der DDR werden Kurzstreckenraketen gegen Westdeutschland in Stellung gebracht.275 Die NATO bekommt von der Panik und den Verteidigungsvorbereitungen auf Sowjetseite nichts mit, bis ein NATO-Spion im KGB-Hauptquartier in London den britischen Geheimdienst in Kenntnis setzt, der auch die USA über die Brenzligkeit der Situation informiert.276 Somit ist die Welt bereits zum zweiten Mal in diesem Herbst nur knapp einem nuklearen Krieg entgangen. Um die NATO-Doppelbeschluss-Stationierung doch noch zu verhindern, formiert sich breiter zivilgesellschaftlicher Widerstand: Weit über eine Million 270 271 272 273 274 275 276 Vgl. ebd.: Nuclear Planning Group. Montebello, Canada. 27-28 October 1983. The Montebello Decision. Annex to the Final Communiqué of the Autumn Ministerial Meeting of the NATO Nuclear Planning Group, http://www.nato.int/docu/comm/49-95/c831027a.htm, Zugriff: 31.12.2008. Vgl. Schäfer, Paul/Zellner, Wolfgang (1988): NATO und taktische Nuklearwaffen: Vor einer neuen Rüstungsrunde?, in: Informationsstelle Wissenschaft und Frieden 2/88, Dossier 1, Pkt. I. Kompensation. Pkt. II. Montebello, insb. [a] Carlucci, [d] Andere. Pkt. Der NATO-Gipfel vom 2.-3.3.88 und die Irreführung der deutschen Öffentlichkeit – Vogel in Washington: Die Wahrheit über die US-Pläne, http://www.uni-muenster.de/PeaCon/wuf/wf-88/8820900m.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Sietz, Henning: Petrows Entscheidung, in: DIE ZEIT, Nr. 39/2008. Vgl. Rhodes (2007): a. a. O., S. 163 f. Vgl. Gaddis (2007): a. a. O., S. 228. Vgl. Rhodes (2007): a. a. O., S.165. Vgl. Gaddis (2007): a. a. O., S. 228. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Menschen demonstrieren in Bonn, Hamburg, Stuttgart und anderswo. In Bonn bilden 650.000 eine Menschenkette um das Regierungsviertel und einen Menschenstern, der die fünf Botschaftsgebäude von USA, Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich und China miteinander verbindet. Zwischen Stuttgart und Neu-Ulm schließen sich 250.000 zu einer fast 110 km langen Menschenkette zusammen. Jedoch zermürbt das Gefühl der Machtlosigkeit die Friedensbewegung bereits einen Monat nach diesen Massenkundgebungen, denn die Raketen-Stationierung setzt ungeachtet jeglichen Protests ein.277 Die Zeit der Massenmobilisierungen gegen Nuklearwaffen soll nur von 1981 bis 1983 dauern. Die NATO-Doppelbeschluss-Stationierung beginnt: Die USA stationieren 464 bodengestützte Cruise Missiles „Tomahawk“ mit W84-Sprengköpfen à 50 Kilotonnen Sprengkraft sowie 108 Mittelstreckenraketen, Typ Pershing II, mit lenkbaren W85-Sprengköpfen à 50 Kilotonnen. Stationiert werden sie in der BRD, in Italien und in Großbritannien. Die Sowjetunion bricht die Verhandlungen über Mittelstreckenraketen („Intermediate-Range Nuclear Forces“, INF) ab (siehe auch INFVertrag, Eintrag 1987), ebenso wie die Verhandlungen über einen „Strategic Arms Reduction Treaty“ (START, siehe Eintrag 1991).278 1984: Im neuseeländischen Parlament ist ein Gesetzentwurf erfolgreich, der von der oppositionellen Labour Party unter Führung von David Lange eingebracht worden ist: Er verbannt Atomkraftwerke und nuklearen Müll aus Neuseeland, ebenso wie nuklear-betriebene und mit Nuklearwaffen ausgestattete Schiffe aus Neuseelands Gewässern. Erstmalig spürbar wird diese nuklearfreie Politik, als dem US-Zerstörer U.S.S. Buchanan die Zufahrt verwehrt wird. Die US-neuseeländischen Beziehungen kühlen daraufhin deutlich ab. Die gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Australisch-neuseeländisch-US-amerikanischen Verteidigungspakt „ANZUS“ werden zwischen USA und Neuseeland eingefroren.279 1985: Der neue neuseeländische Ministerpräsident David Lange hält in Oxford die „Oxford Union speech“ mit dem Titel: „Nuclear Weapons are Morally Indefensible“ (= moralisch unvertretbar): Er unterstelle den nuklear-bewaffneten westeuropäischen Staaten zwar die gute Absicht, ihre Bevölkerung vor dem unterdrückenden Regime im Osten schützen zu wollen und fordere darum keine unilateralen Abrüstungsschritte. Doch es seien die Nuklearwaffen selbst, welche die besten Absichten zunichte machten. Noch schlimmer als auf einen selbst gerichtete Nuklearwaffen seien nur noch jene, die auf den Feind gerichtet sind. Deren Benutzung würde auch das eigene Ende bedeuten. Neuseeland werde sich an keiner nuklearen Allianz beteiligen. Nuklearwaffen würden grenzenlose Vernichtung bedeuten, ausgelöst durch ein paar Wenige. Nuklearwaffen abzulehnen sei ein Ausdruck von Selbstbestimmung – und dafür schließlich kämpfe man ja im Westen. Die Stärke des Westens liege nicht in seinen Waffen, sondern in seinen freien und demokratischen Regierungen. Das äußere sich darin, dass Lange auch in den US-Medien seine Anklage gegen Nuklearwaffen vorbringen könne, ohne dabei von der US-Regierung gehindert zu werden.280 Michael Gorbatschow wird Generalsekretär der Sowjetunion – er bezeichnet nukleare Abrüstung als hochgradiges Ziel. In Gedenken an die Opfer der US- 277 278 279 280 Vgl. Siepmann, Christian (2008): a. a. O. Vgl. Rhodes (2007): a. a. O., S. 135/166. Vgl. Stöver (2007): a. a. O., S. 424. Vgl. Mein Smith, Philippa (2005): A Concise History of New Zealand, Cambridge: Cambridge University Press, S. 219 f. Siehe die komplette Rede in Lange, David: Nuclear Weapons are Morally Indefensible, in: Brown, Russell (2005): Great New Zealand Argument, Auckland: Activity Press, S. 122-133. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Atombombenabwürfe über Japan vor 40 Jahren verkündet die Sowjetunion am 6. August ein unilaterales nukleares Test-Moratorium.281 Ebenfalls am 6. August liegt der „Treaty of Rarotonga“ zur Signatur aus und tritt ein Jahr später in Kraft – er schafft eine nuklearwaffenfreie Zone im Südpazifik. Herstellung und Aneignung von nuklearem Sprengmaterial sei für die Vertragsstaaten verboten, ebenso wie Besitz und Kontrolle solchen Materials – und zwar sowohl innerhalb als auch außerhalb der Vertragszone (vgl. Art. 3.a). Daneben verpflichten sich die Vertragsparteien, kein nukleares Material oder Equipment an andere Nicht-Nuklearwaffenstaaten zu liefern, außer wenn diese Exporte von IAEASicherungsmaßnahmen nach Art. III.1 NPT gedeckt seien. Auch an Nuklearwaffenstaaten dürfe nur geliefert werden, wenn darüber eine Sicherungsmaßnahme mit der IAEA abgeschlossen worden sei (vgl. Art. 4.a). Auch Stationierung (vgl. Art. 5.1) und Tests (vgl. Art. 6.a) von nuklearem Sprengmaterial seien in der Vertragszone verboten, wie auch das Entladen von radioaktivem Müll im Meer oder generell auf dem Vertragsgebiet (vgl. Art. 7.1). Jede Vertragspartei solle verhindern, dass Nuklearwaffen auf ihrem Gebiet stationiert werden, und müsse dazu eigenständig entscheiden, welchen Schiffen und Flugzeugen es Besuch und Durchreise gestatte (vgl. Art. 5.2). In Protokoll 1 sollen Frankreich, Großbritannien und USA die Vertragsprovisionen (aus den Art. 3,5 und 6) für die Territorien innerhalb der Vertragszone annehmen, für die sie international verantwortlich sind (vgl. Art. 1/3 Protokoll 1). Protokoll 2 ruft USA, Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich und China auf, keine Nuklearschläge gegen das Vertragsgebiet anzudrohen oder auszuführen (vgl. Art. 1/4 Protokoll 2). Mit Protokoll 3 sollen sich die gleichen Länder verpflichten, in der Vertragszone keine Nuklearwaffen zu testen (vgl. Art. 1/3).282 Alle entsprechenden Nuklearwaffenstaaten haben die Protokolle 1 bis 3 mittlerweile ratifiziert – bis auf die USA: Sie haben keines davon ratifiziert.283 Die dritte NPT-Überprüfungskonferenz verzeichnet mittlerweile 131 Vertragsstaaten. Kritik wird an der „horizontalen Proliferation“ von Nuklearwaffen geübt, also an der Verbreitung von Nuklearwaffen an Staaten, die zuvor noch keine besessen haben – in diesem Fall an Israel und Südafrika. Die Konferenz verabschiedet diesmal wieder ein Abschlussdokument: Es drängt vor allem auf die Ausweitung von nuklearwaffenfreien Zonen und auf nukleare Abrüstung.284 Reagan wendet eine lockere Interpretation des ABM-Vertrages (siehe Eintrag 1972) an, um sein SDI-Programm (siehe Eintrag 1983) zu rechtfertigen.285 Im gleichen Jahr verkünden Reagan und Gorbatschow in Genf, beidseitig bis zu 50 % der nuklearen Arsenale abbauen zu wollen. Gorbatschow spricht vor der KP über eine mögliche totale nukleare Entwaffnung der Supermächte bis zum Jahr 2000, sollten die USA das SDI-Programm aufgeben.286 Der französische Geheimdienst sprengt das Greenpeace-Flaggschiff „Rainbow Warrior“ im Hafen von Auckland, Neuseeland, und tötet dabei einen Fotografen.287 Die Rainbow Warrior wollte gegen französische Nuklearwaffentests im 281 282 283 284 285 286 287 Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Federation of American Scientists (1999): South Pacific Nuclear Free Zone Treaty, http://www.fas.org/nuke/control/spnfz/text/spnfz.htm, Zugriff: 14.6.2010. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2006): South Pacific Nuclear-Free Zone Treaty, http://nti.org/e_research/official_docs/inventory/pdfs/spnfz.pdf, Zugriff: 22.5.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Caldicott et al. (2007): a. a. O., S. 47 f. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Mein Smith (2005): a. a. O., S. 221. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Moruroa-Atoll protestieren.288 Der neuseeländisch-französische Streit wird vom UNGeneralsekretär geschlichtet: Frankreich gesteht letztendlich seine Schuld ein.289 Der Friedensnobelpreis wird den „Physicians (= Ärzte) for the Prevention of Nuclear War“ (IPPNW, siehe auch Einträge 1997 [„Model Nuclear Weapons Convention“] und 1998 [„Middle Powers Initiative“]) zugesprochen – für ihre Bewusstseinsstiftung in Ost und West sowie Nord und Süd über die katastrophalen Folgen eines Nuklearkrieges. Auch die Besonderheit, dass die IPPNW von US- und sowjetischen Ärzten gegründet worden ist, hebt das Nobelkomitee hervor. Die IPPNWGründer Bernard Lown und Yevgeny Chazov nehmen den Nobelpreis im Namen ihrer Organisation entgegen.290 1986: 288 289 290 291 292 293 294 295 Reagan verkündet, dass sich die USA nicht länger an die Limitierungen von Bombern in SALT II halten würden (siehe Eintrag 1979). Wäre SALT II wirklich ratifiziert worden, Reagans Erklärung hätte die Kündigung des Vertrags bedeutet. Die Sowjets verurteilen den Schritt, wollen selbst jedoch auch weiterhin die SALT IIProvisionen einhalten.291 Die “Convention on Early Notification of a Nuclear Accident” wird als Folge der Tschernobyl-Katastrophe unterzeichnet und tritt wenig später in Kraft. Im Falle eines erneuten Unfalls in einer nuklearen Einrichtung – etwa einem Reaktor (vgl. Art. 1.2.a) – bei dem radioaktives Material austrete und auch in anderen Staaten Schaden anrichten könne, müsse derjenige Staat, der die Jurisdiktion über die Nuklearanlage habe, die möglicherweise dadurch gefährdeten Staaten direkt oder durch die IAEA über den Unfall informieren (vgl. Art. 2). Dabei müsse er solche notwendigen Auskünfte geben – etwa über Ort, Zeit, ausgetretenes Material oder über die Wetteraussichten –, die zur Schadensbegrenzung hilfreich sein könnten (vgl. Art. 5).292 USA, Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich und China erklären, nicht nur Reaktorunfälle, sondern auch solche mit Nuklearwaffen oder Nuklearwaffentests mitzuteilen.293 Auf einem Treffen in Rejkjavik diskutieren Reagan und Gorbatschow eine mögliche Limitierung von Nuklearwaffen auf jeweils 1.600 sowie von Abschussvorrichtungen für ICBMs und SLBMs auf jeweils 6.000 pro Seite. Die Sowjets verlangen aber zuerst die Aufgabe der US-amerikanischen SDI-Pläne; eine Forderung, welche die US-Amerikaner ablehnen.294 Aus den Gesprächsaufzeichnungen des RejkjavikGipfels geht hervor, dass Reagan inmitten der zähen Diskussion um SDI ausruft: „What the hell use will ABM's or anything else be if we eliminate nuclear weapons?“ Gorbatschow, der selbst erst kürzlich verkündet hat, Nuklearwaffen am liebsten bis zum Jahr 2000 illegalisieren zu wollen (siehe dazu auch Eintrag 1985 [„SDIProgramm“],295 begrüßt Reagans Ausruf, weist aber darauf hin, dass gerade im Angesicht von Nuklearwaffenreduktionen der ABM-Vertrag wichtig sei, damit nicht eine Macht die reduzierte Nuklearwaffenanzahl und das eigene ABM-Potential nutzen Vgl. Greenpeace International (2009): The Bombing of the Rainbow Warrior, http://www.greenpeace.org/international/about/history/the-bombing-of-the-rainbow-war, Zugriff: 10.3.2009. Vgl.Greenwood, Christopher J./Lauterpacht, Elihu (1987): International Law Reports, Vol. 74, Cambridge: Grotius Publications Limited, S. 243. Vgl. Lown, Bernard (2008): a. a. O., S. 344 f. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. International Atomic Energy Agency (2008): INFCIRC/335. Convention on Early Notification of a Nuclear Accident, http://www.iaea.org/Publications/Documents/Infcircs/Others/infcirc335.shtml, Zugriff: 14.6.2010. Vgl. ebd.: International Conventions and Agreements. Convention on Early Notification of a Nuclear Accident. Background, http://www.iaea.org/Publications/Documents/Conventions/cenna.html, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Craig et al. (2009): a. a. O., S. 331. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis könne, um sich unverwundbar zu machen.296 Gorbatschow fordert von Reagan, SDI nicht im Weltraum zu testen oder zu stationieren, sondern lediglich Laborexperimente durchzuführen. Reagan fragt seine Berater, ob er auf diese Forderung eingehen könne. Während George Shultz (siehe auch Einträge 2007, 2008 und 2011) und Paul Nitze (siehe auch Eintrag 1950) Gorbatschows Forderung befürworten, lehnt Richard Perle ab: Diese Forderung würde SDI erfolgreich töten. Reagan lässt sich von Perle überzeugen. Der US-Präsident kann sich nicht vorstellen, dass die Sowjetunion eine potentielle Unangreifbarkeit der USA und damit eigene Erpressbarkeit fürchten müsse, da man doch abrüsten wolle. Gorbatschows oben beschriebenen Hinweis, dass gerade in der Reduktionsphase keine Unverwundbarkeit bestehen dürfe, versteht er nicht. Für Reagan gibt es scheinbar nur eine Welt in Waffen oder eine komplett abgerüstete Welt – die Schwierigkeiten auf dem Weg dorthin erkennt er nicht.297 So kommt es, dass Reagan und Gorbatschow, die mittlerweile persönlich beide für eine Vernichtung aller Nuklearwaffen bis 1996 wären, auf Grund der Streitfrage „SDI“ keine Einigung in Rejkjavik erzielen können. Dennoch kann das Treffen nicht als reiner Misserfolg gewertet werden: Laut Gorbatschow bedeutete es einen Durchbruch „[…] which allowed us for the first time to look over the horizon.“298 1987: 296 297 298 299 300 301 302 303 304 305 Die Sowjetunion beendet ihr unilaterales Test-Moratorium (siehe Eintrag 1985). Sie sei jedoch bereit, zum Moratorium zurückzukehren, sollten sich auch die USA einem Moratorium unterwerfen.299 Die G7-Staaten errichten das „Missile Technology Control Regime“:300 Mittels völkerrechtlich nicht-bindenden Transfer-Guidelines und einem Annex, der zu kontrollierende Materialien definiert, soll die Proliferation von Equipment und Technologie für potentielle Nuklearwaffen oder andere Massenvernichtungswaffen möglichst verhindert werden (vgl. Guideline 1).301 Die im Annex aufgelisteten Materialien sind u. a. ballistische Raketen (vgl. Kategorie I Item 1.A.1 Annex) und andere unbemannte Trägersysteme (vgl. Kat. I Item 1.A.2 Annex), aber auch Produkte, die sowohl militärisch als auch für die zivile Raumfahrt nutzbar wären (vgl. Kat. II Item 3 ff.).302 Jeder der mittlerweile 34 Mitgliedsstaaten303 solle selbstständig und von anderen unkontrolliert nationale Exportkontrollen einrichten (vgl. Guideline 1/2/4/6/7/8).304 Israel testet die Langstreckenversion seiner nuklearwaffenfähigen Jericho IIRakete, die wohl auch die südliche Sowjetunion treffen könnte.305 Das “Agreement […] on the Establishment of Nuclear Risk Reduction Centers“ erschafft in Washington und Moskau ein Nuclear Risk Reduction Center (vgl. Vgl. CNN (1999): Excerpts of Gorbachev-Reagan Reykjavik Talks, http://edition.cnn.com/SPECIALS/cold.war/episodes/22/documents/reykjavik/, Zugriff: 5.4.2008. Vgl. Craig et al. (2009): a. a. O., S. 332 ff. Vgl. Rhodes (2007): a. a. O., S. 261 ff. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Missile Technology Control Regime (2008): The Missile Technology Control Regime, http://www.mtcr.info/english/index.html, Zugriff: 1.1.2009. Vgl. ebd.: Guidelines for Sensitive Missile-Relevant Transfers, http://www.mtcr.info/english/guidetext.htm, Zugriff: 1.1.2009. Vgl. ebd.: Equipment, Software and Technology Annex, http://www.mtcr.info/english/MTCRTechnicalAnnexJan2008.doc, Zugriff: 1.1.2009. Vgl. Scheffran, Jürgen: Strengthening International Security through International Law, in: Falk et al. (2008): a. a. O., S. 195. Vgl. Missile Technology Control Regime (2008): Partners, http://www.mtcr.info/english/partners.html, Zugriff: 5.5.2011. Vgl. ebd.: Guidelines for Sensitive Missile-Relevant Transfers, a. a. O. Vgl. Cirincione (2007): a. a. O., S. 40. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Art. 1).306 Diese Zentren sollen eine schnelle gegenseitige Informationsübertragung sichern: So solle dem Gebot von Art. 4 des “Agreement on Measures to Reduce the Risk of Outbreak of Nuclear War […]” (siehe Eintrag 1971) nachgekommen werden, den Start von ballistischen Raketen an die jeweils andere Seite zu melden (vgl. Art. 1.a Protokoll I), wie auch dem Gebot aus Art. VI.1 des „Agreement […] on the Prevention of Incidents On and Over the High Seas“ (siehe Eintrag 1972), die jeweils andere Partei vor gefährlichen Manövern auf hoher See – in diesem Fall vor Starts von ballistischen Raketen – per Funk zu warnen (vgl. Art. 1.b Protokoll I).307 Der „Treaty […] on the Elimination of Their Intermediate-Range and ShorterRange Missiles“ (INF-Vertrag) wird von USA und Sowjetunion unterzeichnet und tritt 1988 in Kraft. Er ist der erste wirkliche Abrüstungsvertrag des Kalten Krieges, der bislang höchstens Limitierungsverträge gesehen hat.308 Alle landgestützten Raketen mittlerer und kürzerer Reichweite auf beiden Seiten sollen zerstört werden (vgl. Art. I). Eine „intermediate-range missile“, eine Rakete mittlerer Reichweite („Mittelstreckenrakete“),309 sei nach Art. II.5 eine bodengestützte ballistische Rakete oder eine bodengestützte Cruise Missile mit einer Reichweite zwischen 1.000 und 5.500 km. Eine „shorter-range missile“, eine Rakete kürzerer Reichweite (nicht: „Kurzstreckenrakete“, sondern auch „Mittelstreckenrakete“),310 sei eine bodengestützte ballistische Rakete bzw. Cruise Missile mit einer Reichweite zwischen 500 und 1.000 km (vgl. Art. II.6).311 Der INF-Vertrag umfasst neben dem eigentlichen Vertragstext das “Memorandum of Understanding Regarding the Establishment of the Data Base for the Treaty […]”, das eine Auflistung aller US-amerikanischen und sowjetischen Raketen mittlerer und kürzerer Reichweite und deren Basen enthält.312 Weiterhin das „Protocol on Procedures Governing the Elimination of the Missile Systems […]” (hier: Protokoll I), das regelt, wie die Waffen unschädlich gemacht werden sollen.313 Außerdem das „Protocol Regarding Inspections Relating to the Treaty 306 307 308 309 310 311 312 313 Vgl. Federation of American Scientists (1998): Agreement Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Establishment of Nuclear Risk Reduction Centers, http://www.fas.org/nuke/control/nrrc/docs/nrrc1.htm, Zugriff: 1.1.2009. Vgl. ebd.: Protocols to the Agreement Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Establishment of Nuclear Risk Reduction Centers, http://www.fas.org/nuke/control/nrrc/docs/nrrc2.htm, Zugriff: 1.1.2009. Vgl. Schmidt, Helmut (2008): a. a. O. Während in der englischen Terminologie oft zwischen „medium-range/shorter-range ballistic missiles“ (500-1.000 km Reichweite) und „intermediate-range ballistic missiles“ (1.000-5.500 km) unterschieden wird, fasst das Deutsche beide als „Mittelstreckenraketen“ zusammen. Vgl. Encyclopædia Britannica 2007 Ultimate Reference Suite (2009): Missile. Types, a. a. O. Vgl. Atomwaffen A-Z (2009): Atomwaffen-Glossar. INF-Vertrag, http://www.atomwaffenaz.info/atomwaffen-glossar/i/i-texte/artikel/558/802e215639/index.html, Zugriff: 21.3.2009. Wie oben beschrieben, entspricht die im INF-Vertrag als “shorter-range missile“ bezeichnete Rakete der Bezeichnung „medium-range ballistic missile“ (500-1.000 km). Die deutsche Bezeichnung „Kurzstreckenrakete“ wiederum kennzeichnet Raketen mit einer Reichweite unter 500 km. Im Englischen heißen diese Raketen dann „short-range ballistic missiles“. Vgl. Atomwaffen A-Z (2009): Atomwaffen-Glossar. Kurzstreckenrakete, http://www.atomwaffenaz.info/atomwaffen-glossar/k/k-texte/artikel/567/3f4028979c/index.html, Zugriff: 9.6.2009. Vgl. Encyclopædia Britannica 2007 Ultimate Reference Suite (2009): Missile. Types, a. a. O. Vgl. Federation of American Scientists (1998): Treaty Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Elimination of Their Intermediate-Range and Shorter-Range Missiles, http://www.fas.org/nuke/control/inf/text/inf.htm, Zugriff: 7.6.2009. Vgl. ebd.: Memorandum of Understanding Regarding the Establishment of the Data Base for the Treaty Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Elimination of Their Intermediate-Range and Shorter-Range Missiles, http://www.fas.org/nuke/control/inf/text/inf3.htm, Zugriff: 29.12.2009. Vgl. ebd.: Protocol on Procedures Governing the Elimination of the Missile Systems Subject to the Treaty Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Elimination of Their Intermediate-Range and Shorter-Range Missiles, http://www.fas.org/nuke/control/inf/text/inf4.htm, Zugriff: 7.6.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis […]“ (hier: Protokoll II)314 und das „Memorandum of Agreement Regarding the Implementation of the Verification Provisions of the Treaty […]”:315 Protokoll II und Memorandum of Agreement definieren den Inspektions- und Verifikationsprozess des INF-Vertrages näher. Laut INF-Vertrag fielen u. a. die sowjetischen SS-20 und die US-amerikanischen Pershing II, die Ende der 70er und Anfang der 80er für so viel Spannung gesorgt haben, unter die Kategorie der Mittelstreckenraketen (vgl. Art. III.1).316 In Protokoll I wird vermerkt, dass die Sowjetunion die Abschussvorrichtungen und weitere Transport- oder Stationierungsmittel der SS-20 eliminieren müsse, während die USA wiederum die Pershing II-Raketen mitsamt Abschussvorrichtungen und Abschussplattformen vernichten müssten (vgl. Art. I/II.10 Protokoll I). Die Nuklearsprengköpfe von SS-20 und Pershing II sind jedoch nicht von der Eliminierung betroffen (vgl. Art. II.3/II.10 Protokoll I).317 Nach Art. VI.1.a dürfe außerdem keine Vertragspartei die vom INF-Vertrag adressierten Raketen mittlerer Reichweite in Zukunft produzieren oder testen und nicht einmal einzelne Produktionsstufen solcher Raketen herstellen. Das Gleiche gelte auch für die Raketen kürzerer Reichweite – mit dem Zusatz, dass diese auch nicht „abgefeuert“ werden dürften (vgl. Art. VI.1.b). Der Vertrag erklärt nicht, warum nur bei den Raketen kürzerer Reichweite ein formelles Abfeuer-Verbot besteht, bei den Raketen mittlerer Reichweite aber nicht. Art. VI.2 erlaubt den Vertragsstaaten letztendlich doch die Entwicklung einer nicht von den Verboten dieses Vertrages betroffenen ballistischen Rakete, für die eine „äußerlich ähnliche“, aber „nicht austauschbare“ Produktionsstufe einer bisherigen Rakete mittlerer Reichweite benutzt werden dürfe. Die Abrüstungsgebote des INF-Vertrages müssten nach Art. IV.1 drei Jahre nach In-Kraft-Treten abgeschlossen sein, also im Jahre 1991.318 Insgesamt werden somit bis 1991 2.692 Raketen mittlerer und kürzerer Reichweite vernichtet, davon 846 auf US- und 1.846 auf Sowjet-Seite.319 Elementar neu in der Geschichte der Rüstungskontrolle und Abrüstung ist der Verifikationskatalog des INF-Vertrages: Dieser reicht von Benachrichtigungen der jeweils anderen Seite über den eigenen Abrüstungsprozess mittels der ebenfalls 1987 neu geschaffenen Nuclear Risk Reduction Centers (vgl. Art. IX INFVertrag/IV.1 Protokoll II), über die üblichen nationalen Verifikationsmöglichkeiten wie Geheimdienst- und Satellitenaufklärung (vgl. Art. XII), bis hin zu „On-Site Inspections“ (vgl. Art. XI INF-Vertrag/u. a. Art. II.2 Protokoll I/Protokoll II/Memorandum of Agreement). On-Site Inspections seien Kontrollen der abzurüstenden Raketen und Militäranlagen durch Inspektionsteams vor Ort. Der INF-Vertrag ermöglicht sogar das Einrichten eines „permanent continuous monitoring system“ auf den zu überwachenden Militäranlagen der anderen Seite (vgl. Art. XI.6 INFVertrag), um die tatsächliche Abrüstung auch langfristig – 13 Jahre lang nach InKraft-Treten (vgl. Art. XI.5 INF-Vertrag) – feststellen zu können.320 Die 13jährige In- 314 315 316 317 318 319 320 Vgl. ebd.: Protocol Regarding Inspections Relating to the Treaty Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Elimination of Their Intermediate-Range and Shorter-Range Missiles, http://www.fas.org/nuke/control/inf/text/inf5.htm, Zugriff: 1.1.2009. Vgl. ebd.: Memorandum of Agreement Regarding the Implementation of the Verification Provisions of the Treaty Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Elimination of Their Intermediate-Range and Shorter-Range Missiles, http://www.fas.org/nuke/control/inf/text/inf-mouanx.htm, Zugriff: 1.1.2009. Vgl. ebd.: Treaty Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Elimination of Their Intermediate-Range and Shorter-Range Missiles, a. a. O. Vgl. ebd.: Protocol on Procedures Governing the Elimination of the Missile Systems Subject to the Treaty Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Elimination of Their Intermediate-Range and Shorter-Range Missiles, a. a. O. Vgl. ebd.: Treaty Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Elimination of Their Intermediate-Range and Shorter-Range Missiles, a. a. O. Vgl. ebd.: Intermediate-Range Nuclear Forces, http://www.fas.org/nuke/control/inf/intro.htm, Zugriff: 1.1.2009. Siehe INF-Vertrag/Protokoll I-II/Memorandum of Agreement. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis spektionszeit endete im Jahr 2001.321 Es folgen die Reichweiten, Kategorisierungen sowie die englischen und deutschen Bezeichnungen von nuklearwaffenfähigen Trägerraketen: Reichweite (km) Taktisch/ Engl. Bezeichnung Strategisch Dt. Bezeichnung ≤ 500 Taktisch Short-range ballistic missile Kurzstrecken-rakete 500 – 1.000 Taktisch Medium-range/Shorter- Mittelstrecken-rakete range ballistic missile 1.000 – 5.500 Taktisch Intermediate-range ballistic missile Mittelstrecken-rakete ≥ 5.500 Strategisch ICBM (Intercontinental ballistic missile) Interkontinentalrakete Bereits einen Monat vor Unterzeichnung des INF-Vertrages hat die Nuclear Planning Group der NATO auf ihrer Tagung in Monterey, Kalifornien, mittels eines geheimen Reports der High Level Group über Kompensationsmaßnahmen nachgedacht, um die „Verteidigungslücke“ zu schließen, die der INF-Vertrag aufreiße. Die Kompensation könnte aus den Nachfolgeraketen der bisherigen Lance (siehe Eintrag 1983 [„NPG“]) bestehen, wie auch aus F-111-Bombern, bestückt mit Kurzstreckenraketen, und/oder aus seegestützten Cruise Missiles: Alle diese Nuklearwaffensysteme wären nicht von den INF-Verboten erfasst.322 USA und Sowjetunion werden im Rahmen des „Joint Verification Experiment“ Zeuge eines Nuklearwaffentests der jeweils anderen Seite.323 1988: 321 322 323 324 325 326 327 328 329 Indien führt seinen ersten Test der bodengestützten nuklearwaffenfähigen Rakete „Prithvi“ durch.324 Innerhalb der NATO-Staaten schwelt Ende der 80er Jahre der Streit über die Modernisierung der Kurzstreckenwaffen (siehe auch Einträge 1983 und 1987 über die Nuclear Planning Group): Offiziell produziert die NPG nur Statements, „in denen jeder findet, was ihm gefällt“:325 Zwar spricht die NATO von sowjetischer Übermacht im Kurzstreckenbereich,326 von Modernisierungen der sowjetischen ICBMs hin zu den Modellen SS-24 und -25327 und von der Notwendigkeit, ihre eigenen Waffen stets „survivable, responsible and effective”328 sowie „up-to-date“329 zu halten, doch verkündet die NATO dabei keine konkreten eigenen Modernisierungsmaßnahmen. Lediglich von einer Umstellung hin zu längeren Reichweiten im ge- Vgl. Stockholm International Peace Research Institute (2007): a. a. O., S. 683. Vgl. Schäfer et al. (1988): a. a. O., Pkt. I. Kompensation. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. SPIEGEL ONLINE (2009): Gerade recht. DER SPIEGEL 10/1988, http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=13526499&top=SPIEGEL, Zugriff: 1.1.2009. Vgl. North Atlantic Treaty Organization (2000): Nuclear Planning Group. Brussels 19-20 April 1989. Final Communiqué, http://www.nato.int/docu/comm/49-95/c890420a.htm, Zugriff: 1.1.2009, Pkt. 4. Vgl. ebd.: Nuclear Planning Group. Kananaskis, Canada 9-10 May 1989. Final Communiqué, http://www.nato.int/docu/comm/4995/c900510a.htm, Zugriff: 1.1.2009, Pkt. 8. Vgl. ebd.: Nuclear Planning Group. Brussels 19-20 April 1989. Final Communiqué, a. a. O., Pkt. 4. Vgl. ebd.: Nuclear Planning Group, Brussels 27-28 April 1988. Final Communiqué, http://www.nato.int/docu/comm/49-95/c880428a.htm, Zugriff: 1.1.2009, Pkt. 3. Vgl. ebd.: Nuclear Planning Group. Brussels 19-20 April 1989. Final Communiqué, a. a. O., Pkt. 3. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis samten Waffenspektrum ist die Rede.330 Ginge es allein nach der englischen Premierministerin Thatcher, würden die NATO-Forderungen wie folgt aussehen: Die Sowjetunion müsse ihr konventionelles Übergewicht mindestens auf NATO-Niveau abrüsten, alle chemischen Waffen müssen weltweit geächtet sein und die NATO müsste schnell ihre nuklearen Kurzstreckenwaffen modernisieren – Thatcher lese diese Maßnahmen aus dem Abschlussdokument des NATO-Gipfels in Brüssel 1988.331 Kohl und Genscher wollen hingegen auf Rüstungsverhandlungen mit der Sowjetunion über „Ausgewogenheit“332 oder „gemeinsame Obergrenzen“333 setzen. Kohl ist dabei nicht gegen eine Modernisierung der nuklearen Kurzstreckenwaffen, Genscher schon eher.334 Um vor der deutschen Öffentlichkeit besser dazustehen – auch in Anbetracht zweier Landtagswahlen – lässt Kohl seine Dolmetscher das Gebot des 1988er NATO-Gipfels, die NATO-Waffen müssten „up-to-date“335 sein, nicht mit „auf dem neuesten Stand“, sondern mit „weiterhin auf gehobenem Stand gehalten werden“ übersetzen.336 Immerhin betonen die offiziellen Dokumente der NPG die NATO-Hoffnungen auf baldige Erfolge bei den Verhandlungen über konventionelle Streitkräfte in Europa337 (siehe dazu Eintrag 1990 [„CFE-Vertrag“]) und den Verhandlungen über einen „Strategic Arms Reduction Treaty“338 (siehe dazu Eintrag 1991 [„START“]). Dänemark folgt dem Beispiel Neuseelands (siehe Eintrag 1984) und verhängt für Friedenszeiten ein Verbot nuklear-bestückter Kriegsschiffe.339 USA und Sowjetunion unterzeichnen das „Agreement on Notifications of ICBM and SLBM Launches“, das am gleichen Tag in Kraft tritt. Die Präambel erwähnt die bereits abgeschlossenen Abkommen zur gegenseitigen Vertrauensbildung: Das „Agreement on Measures to Reduce the Risk of Outbreak of Nuclear War“ (Eintrag 1971), das „Agreement […] on the Prevention of Incidents On and Over the High Seas“ (Eintrag 1972) und das „Agreement […] on the Establishment of Nuclear Risk Reduction Centers“ (Eintrag 1987). Art. I legt fest, dass eine Partei mittels der Nuclear Risk Reduction Centers mindestens 24 Std. im Voraus die jeweilige andere Partei von dem geplanten Starttermin sowie dem Start- und dem Einschlaggebiet einer ICBM oder SLBM unterrichten solle; bei MIRVs, also mehreren Sprengköpfen pro Rakete, müssten dementsprechend mehrere Einschlaggebiete mitgeteilt werden (vgl. Art. III.3). Die tatsächliche Größe des Einschlaggebietes müsse die unterrichtende Partei allerdings nicht mitteilen (vgl. Art. III.3).340 1989: 330 331 332 333 334 335 336 337 338 339 340 341 Der neue US-Präsident George H. W. Bush verkündet, SDI weiterzuführen.341 Vgl. ebd., a. a. O., Pkt. 6. Vgl. SPIEGEL ONLINE (2009): Gerade recht. DER SPIEGEL 10/1988, a. a. O. Vgl. Schäfer et al. (1988): a. a. O., Pkt. Der NATO-Gipfel vom 2.-3.3.88 und die Irreführung der deutschen Öffentlichkeit. Vgl. SPIEGEL ONLINE (2009): Gerade recht. DER SPIEGEL 10/1988, a. a. O. Vgl. Schäfer et al. (1988): a. a. O., Pkt. Der NATO-Gipfel vom 2.-3.3.88 und die Irreführung der deutschen Öffentlichkeit. Vgl. ebd. Vgl. North Atlantic Treaty Organization (2000): Declaration of the Heads of Government participating in the Meeting of the North Atlantic Council, http://www.nato.int/docu/comm/49-95/c880303a.htm, Zugriff: 1.1.2009, Pkt. 5. Vgl. DER SPIEGEL (2009): Gerade recht. DER SPIEGEL 10/1988, a. a. O. Vgl. Schäfer et al. (1988): a. a. O., Pkt. Der NATO-Gipfel vom 2.-3.3.88 und die Irreführung der deutschen Öffentlichkeit. Vgl. North Atlantic Treaty Organization (2000): Nuclear Planning Group. Almansil, Portugal 24-25 Oct. 1989. Final Communiqué, http://www.nato.int/docu/comm/49-95/c891025a.htm, Zugriff: 1.1.2009, Pkt. 6. Vgl. ebd.: Nuclear Planning Group. Kananaskis, Canada 9-10 May 1989. Final Communiqué, a. a. O., Pkt. 7. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Federation of American Scientists (1999): Agreement Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on Notifications of Launches of Intercontinental Ballistic Missiles and Submarine-Launched Ballistic Missiles, http://www.fas.org/nuke/control/launch/text/balist1.htm, Zugriff: 24.11.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Gorbatschow gibt bekannt, dass die Sowjetunion die Produktion von waffenfähigem Uran einstellen werde.342 1990: 342 343 344 345 346 347 348 349 Der südafrikanische Präsident de Klerk veranlasst die Abrüstung des geheimen südafrikanischen Nuklearwaffenprogramms. Das Nuklearmaterial wird den Waffen entnommen, unschädlich gemacht und der nationalen Behörde „Atomic Energy Corporation“ übergeben. 1991 tritt Südafrika dem NPT bei und schließt mit der IAEA ein Sicherungsabkommen gem. Art. III.1 NPT ab. Der Öffentlichkeit wird erst 1993 bekannt gegeben, dass Südafrika überhaupt Nuklearwaffen besessen hat:343 Insgesamt sind es sechs Stück und eine siebte Unfertige gewesen.344 USA und Sowjetunion vereinbaren, keine Chemiewaffen mehr zu produzieren – sie beginnen, ihren bisherigen Vorrat zu zerstören.345 Die vierte NPT-Überprüfungskonferenz mit mittlerweile 140 Vertragsstaaten – Frankreich und China sind auch vertreten, jedoch vorerst nur mit Beobachterstatus – kann wieder kein gemeinsames Abschlussdokument produzieren, aus Uneinigkeit über das Abrüstungsgebot des Art. VI NPT und aus Frustration über die nicht voranschreitenden Verhandlungen über ein vollständiges Testverbot, einen „Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty“ (siehe dazu Eintrag 1996).346 Die Sowjetunion führt einen letzten Nuklearwaffentest durch und verkündet daraufhin erneut ein unilaterales Testmoratorium, das die Russische Föderation bis heute fortführen wird.347 NATO und Warschauer Pakt unterzeichnen den „Treaty on Conventional Armed Forces in Europe“ (CFE-Vertrag) – zwei Jahre später tritt er in Kraft.348 Er soll zwischen den beiden „Gruppen von Vertragsstaaten“ (vgl. Art. II.1.a) – also NATO und Warschauer Pakt – ein abgeschwächtes konventionelles Gleichgewicht im Vertragsgebiet Europa (definiert in Art. II.1.b) herstellen. Dazu müssten nach Art. IV.1 Kampfpanzer, gepanzerte Kampffahrzeuge, Artilleriewaffen, Kampfflugzeuge und Angriffshubschrauber auf jeder Seite zahlenmäßig begrenzt und notfalls zahlenmäßig reduziert werden, und zwar auf: 20.000 Kampfpanzer, 30.000 gepanzerte Fahrzeuge, 20.000 Artilleriewaffen, 6.800 Kampfflugzeuge und 2.000 Angriffshubschrauber. Kein Einzelstaat dürfe mehr als ca. 1/3 des einer Seite zugestandenen Kontingents besitzen (vgl. Art. VI). Art. XIV ermöglicht auch beim CFE-Vertrag, per Inspektion die Einhaltung des Vertrags bei der anderen Seite zu kontrollieren. Art. XV ermöglicht die üblichen nationalen (und im Falle des CFE-Vertrags auch multinationalen) Verifikationsmaßnahmen. Auch der CFE-Vertrag gründet ein weiterführendes Verhandlungsgremium zu Fragen der Auslegung und Umsetzung des Vertrages, die Joint Consultative Group (vgl. Art. XVI). Dem CFE-Vertrag sind zahlreiche Protokolle angehängt, die seine Forderungen näher beschreiben.349 1999 wird in Istanbul eine Neufassung des CFE-Vertrages ausgearbeitet werden, die verbesser- Vgl. ebd. Vgl. Federation of American Scientists (2000): Nuclear Weapons Program, http://www.fas.org/nuke/guide/rsa/nuke/index.html, Zugriff: 2.1.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Acton, James M./Perkovich, George (2008): Abolishing Nuclear Weapons, London: The International Institute for Strategic Studies, S. 61. Höchstwahrscheinlich erhielt Südafrika israelische Unterstützung beim Nuklearwaffenbau und lieferte im Gegenzug Uranerz und Zugang zur Kalahari-Wüste und zum Südatlantik für nukleare Versuche, vgl. Reed et al. (2009): a. a. O., S. 173 f. Vgl. Menon (2001): a. a. O., S. 44 f. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Vgl. Organisation for Security and Co-operation in Europe (2009): Extraordinary Conference of the States Parties to the CFE Treaty, Vienna, 12-15 June 2007. Background, http://www.osce.org/conferences/cfe_2007.html?page=24854, Zugriff: 2.1.2009. Vgl. ebd. (1990): Treaty on Conventional Armed Forces in Europe: http://www.osce.org/documents/doclib/1990/11/13752_en.pdf, Zugriffsdatum: 24.11.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis te Verifikationsmaßnahmen enthält und vor allem die bisherige Unterteilung in NATO und Warschauer Pakt aufhebt und mit Waffenlimits für die jeweils einzelnen Staaten ersetzt.350 Wegen Streits über russische Truppen in Georgien und Moldawien werden sich die NATO-Staaten jedoch weigern, den neuen CFE-Vertrag zu ratifizieren – somit wird er nie in Kraft getreten. Im Jahr 2007 wird Russland auch den ursprünglichen CFE-Vertrag von 1990 aufkündigen: Gründe seien aktuelle Waffenstationierungen in allen NATO-Staaten und die Weigerung der NATO, die Neufassung des CFE-Vertrages zu ratifizieren. Die NATO wird darauf hinweisen, dass Russland 1999 in Istanbul versprochen hätte, seine Truppen aus Georgien und Moldawien abzuziehen.351 Die UN General Assembly fordert mit Resolution 45/59 B die Conference on Disarmament auf, Verhandlungen über eine „Convention on the Prohibition of the Use of Nuclear Weapons“, also über das Einsatzverbot von Nuklearwaffen, zu führen und zum Ergebnis zu bringen. An die Resolution ist ein Konventionsentwurf angehängt, der in Art. I verlautbart, dass jede Konventionspartei unter keinen Umständen Nuklearwaffen einsetzen oder mit diesem Einsatz drohen dürfe (vgl. auch Einträge 1961 und 1991).352 1991: 350 351 352 353 354 355 356 Die USA kündigen eine Revision von SDI an: Von einem Verteidigungssystem gegen einen massiven Angriff ballistischer Raketen solle zu Gunsten eines Verteidigungssystems gegen begrenzte Angriffe ballistischer Raketen abgewichen werden. Das neue Programm solle u. a. 1.000 weltraumgestützte Interzeptoren umfassen, ebenso wie 750-1.000 bodengestützte Langstrecken-Interzeptoren, außerdem mobile Verteidigungsanlagen gegen taktische Raketen.353 Ein Papier des Los Alamos National Laboratory begutachtet die mögliche Entwicklung von US-Nuklearwaffen mit niedriger Sprengkraft für einen zukünftigen Abschreckungseffekt: „Micronukes“ mit einer Sprengkraft von ca. 10 Tonnen TNTÄquivalent, „Mininukes“ mit einer Sprengkraft von ca. 100 Tonnen, „Tinynukes“ mit einer Sprengkraft von ca. 1.000 Tonnen.354 USA und auch Großbritannien führen ihre bis heute letzten Nuklearwaffentests durch.355 Der UN Security Council verabschiedet Resolution 687, die sich mit dem irakisch-kuwaitischen Verhältnis nach dem Zweiten Golfkrieg (1991) sowie mit der Tatsache befasst, dass nach Ende des Krieges umfangreiche Bio- und Nuklearwaffenprogramme im Irak entdeckt worden sind.356 Die Resolution ruft den Irak auf, alle biologischen und chemischen Waffen und waffenfähigen Vorräte zu vernichten (vgl. § 8.a), ebenso alle Raketen mit einer Reichweite über 150 km (vgl. § 8.b). Außerdem solle der Irak die Bedingungen des NPT wahrnehmen (vgl. § 11): Das irakische nuklearwaffenfähige Material müsse an die IAEA übergeben werden (vgl. § 12). Um die Resolution umzusetzen, etabliert §. 9.b.i eine „Special Commission“, die per Inspektionen vor Ort die Vernichtung der biologischen, chemischen, raketentechnischen (vgl. § 9.b.i) und nuklearen (vgl. § 12-13) Kapazitäten überwachen solle. § 14 bemerkt, dass die langfristige Absicht der § 8-13 ein Mittlerer Osten frei von Mas- Vgl. Boese, Wade (2008): Executive Summary of the Adapted Conventional Armed Forces in Europe Treaty, Washington D.C.: Arms Control Association, http://www.armscontrol.org/act/1999_11/wbno99, Zugriff: 2.1.2009. Vgl. ebd.: Russia Unflinching on CFE Treaty Suspension, http://www.armscontrol.org/act/2008_05/RussiaCFE, Zugriff: 2.1.2009. Vgl. United Nations (2009): General Assembly Resolution 45/59 B. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Weeramantry, Christopher G.: Sleepwalking Into Our Century of Last Opportunity, in: Falk et al. (2008): a. a. O., S. 25. Vgl. Menon (2001): a. a. O., S. 45. Vgl. Pilat, Joseph F.: Dealing with Proliferation and Terrorism Involving WMD, in: Busch et al. (2009): a. a. O., S. 9. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis senvernichtungswaffen und deren Trägerraketen sei, zusammen mit einem globalen Bann von chemischen Waffen.357 USA und Sowjetunion unterzeichnen den „Strategic Arms Reduction Treaty“ (START), nach dem INF-Vertrag (siehe Eintrag 1987) der zweite Abrüstungsvertrag des nuklearen Zeitalters. Nach Art. I-II sollen die Vertragsstaaten ihre strategischen Offensivwaffen innerhalb von sieben Jahren nach In-Kraft-Treten des Vertrags in drei Phasen auf folgende beidseitig gleiche Obergrenzen reduzieren und limitieren: 1.600: Diese Obergrenze gelte für Trägersysteme: für stationierte ICBMs und SLBMs mit deren Abschussvorrichtungen sowie für schwere Bomber (vgl. Art. II.1.a). 6.000: Diese Obergrenze gelte für Nuklearsprengköpfe auf stationierten ICBMs, SLBMs und schweren Bombern. Von den 6.000 Sprengköpfen wiederum dürften 4.900 auf ICBMs/SLBMs und 1.100 auf ICBMs auf mobilen Abschussvorrichtungen entfallen. Ebenfalls von den 6.000 Sprengköpfen dürften 1.540 Sprengköpfe auf schweren ICBMs angebracht sein (vgl. Art. II.1.b). ICBM/SLBM und Abschussvorrichtung gelten bei dieser Zählweise als eine Einheit (vgl. Art. III). Innerhalb dieser Waffenkategorien nimmt START weitere Limitierungen vor; etwa dürfe jede Seite nur 250 nicht-stationierte ICBMs für mobile Abschussvorrichtungen unterhalten, wovon wiederum nur 125 nicht-stationierte ICBMs für schienen-basierte mobile Abschussvorrichtungen erlaubt seien (vgl. Art. IV.1.a). Art. V.1 erlaubt zwar generell die Modernisierung und Replatzierung von Nuklearwaffen, Art. V.2 schränkt diese dann aber sofort wieder ein: So sei etwa das Produzieren oder Stationieren von schweren ICBMs eines neuen Typs verboten (vgl. [a]), ebenso das generelle Produzieren, Testen und Stationieren von schweren SLBMs (vgl. [b]). Daneben seien ICBMs/SLBMs mit mehr als zehn MIRVs verboten (vgl. Art. V.12.a), ebenso wie das Ausrüsten von bestehenden stationierten ICBMs/SLBMs mit mehr MIRVs, als diesen Raketen von START zugewiesen worden sind (vgl. Art. V.12.c). Auch verboten sei die Entwicklung von schnellen Nachladesystemen für ICBMAbschussvorrichtungen (vgl. Art. V.16). Art. VII-XII und genauere Beschreibungen in den Vertragsprotokollen regeln die Verifikation von START: Inspektionen und permanentes Monitoring bilden die wichtigste Verifikationsmöglichkeit (vgl. Art. XI/Inspection Protocol). Um die Ziele und die Implementierung des Vertrags voran zu treiben, erschafft Art. XV eine „Joint Compliance and Inspection Commission“. START solle nach Ratifikation vorerst 15 Jahre in Kraft bleiben. Spätestens ein Jahr vor dem Auslaufen sollten sich die Vertragsstaaten treffen und über eine fünfjährige Verlängerung beraten (vgl. Art. XVII.2).358 Fünf Monate nach Unterzeichnung von START wird die Sowjetunion zerfallen. Die neu entstandenen Staaten Russland, Weißrussland, Ukraine und Kasachstan werden durch Ratifikation des LissabonProtokolls des START-Vertrags im Jahre 1992 legale Nachfolger der Sowjetunion im START-Vertrag (vgl. Art. I Lissabon-Protokoll). Weißrussland, Ukraine und Kasachstan, Erben zahlreicher Sowjet-Nuklearwaffen, versprechen darüber hinaus, nuklearwaffenfrei zu werden und dem NPT beizutreten (vgl. Art. V).359 Durch den 357 358 359 Vgl. United Nations (2010): Security Council Resolution 687. Vgl. United States Department of State (2008): Treaty Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Reduction and Limitation of Strategic Offensive Arms, http://www.state.gov/www/global/arms/starthtm/start/start1.html, Zugriff: 5.4.2010. Vgl. ebd.: Protocol to the Treaty Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Reduction and Limitation of Strategic Offensive Arms, http://www.state.gov/documents/organization/27389.pdf, Zugriff: 2.1.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Zerfall der Sowjetunion verzögert sich das In-Kraft-Treten von START bis 1994.360 Ende 2001 haben USA und Russland das START-Level von 6.000 Nuklearsprengköpfen erreicht. Ihre nuklearen Arsenale sind dabei um 30-40 % reduziert worden. Weißrussland, Ukraine und Kasachstan sind nuklearwaffenfrei und Mitglieder des NPT geworden.361 Gemäß Art. XVII.2 START blieb der Vertrag bis Ende 2009 in Kraft.362 Die USA verkünden die Einstellung ihrer Programme zur Stationierung von ICBMs der Peacekeeper-Reihe auf Zügen und zu den offensiven Kurzstreckenraketen SCRAM II. Außerdem würden sie weltweit alle verbleibenden bodengestützten taktischen Nuklearwaffen abziehen (die taktischen Nuklearwaffen von Airforce und Marine sind davon nicht betroffen). Daneben heben die USA die Daueralarmbereitschaft ihrer B-IB- und B-52-Bomber auf. Die USA behielten sich jedoch das Recht auf Wiedereinstellung dieser Waffen im Krisenfalle vor.363 Die Sowjetunion verkündet ebenfalls, sofort die Daueralarmbereitschaft aller ihrer strategischen Bomber aufzuheben und deren Nuklearwaffen einzulagern. 503 ICBMs würden ebenfalls der ständigen Alarmbereitschaft enthoben. Geplante Abschussvorrichtungen auf Zügen würden nicht mehr gebaut werden, ebenso würden offensive Kurzstreckenraketen für schwere Bomber nicht mehr entwickelt werden.364 Mittels des Programms „Cooperative Threat Reduction“ des USVerteidigungsministeriums, angestoßen durch die US-Senatoren Sam Nunn und Richard Lugar (daher auch: „Nunn-Lugar Program“), helfen die USA einigen ehemaligen Sowjetstaaten bei der Entschärfung und Vernichtung von Massenvernichtungswaffen und bei der Verbesserung der Sicherheit von Nuklearwaffen und spaltbarem Material bei dessen gleichzeitiger Entschärfung. Außerdem suchen sie Wege zur Verhinderung von Proliferation und zur Demilitarisierung der industriellen und wissenschaftlichen Infrastruktur.365 Im Jahr 2007 zeigen sich Nunn und Lugar bei der Evaluation des Programms optimistisch: 350 Grenzübergänge seien u. a. gesichert und 100 Anlagen mit Strahlungsmessgeräten ausgestattet worden. Außerdem arbeiteten 72.000 ehemalige Waffenkonstrukteure nun in friedlichen Initiativen.366 Russland ist einverstanden, seine bodengestützten taktischen Nuklearwaffen zu vernichten.367 Die im Jahr 1991 von USA und Sowjetunion bzw. Russland verkündeten und oben beschriebenen unilateralen Abrüstungsschritte sind jedoch allesamt völkerrechtlich nicht bindend und ermangeln jeglicher Transparenz oder Verifikation.368 Da die Conference on Disarmament nicht in der Lage war, erfolgreiche Verhandlungen über ein Einsatzverbot von Nuklearwaffen zu führen, wird sie von der UN General Assembly mittels Resolution 46/37 D erneut dazu aufgerufen (vgl. auch Eintrag 1961 und 1990).369 360 361 362 363 364 365 366 367 368 369 Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Federation of American Scientists (2005): Strategic Arms Reduction Treaty. Status, http://www.fas.org/nuke/control/start1/index.html, Zugriff: 2.1.2009. Vgl. United States Department of State (2008): Treaty Between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on the Reduction and Limitation of Strategic Offensive Arms, a. a. O. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. Larkin (2008): a. a. O., S. 245. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Weapons of Mass Destruction Commission (2006): Final Report. Weapons of Terror. Freeing the World of Nuclear, Biological and Chemical Arms, Stockholm: Weapons of Mass Destruction Commission, http://www.wmdcommission.org/files/weapons_of_Terror.pdf, Zugriff: 22.2.2009, S. 95 ff. Vgl. United Nations (2009): General Assembly Resolution 46/37 D. Matthias van der Minde 2010 1992: 370 371 372 373 374 375 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis China und Frankreich schließen sich dem NPT an.370 Im gleichen Jahr führt China einen Nuklearwaffentest mit der Sprengkraft einer Megatonne durch – Chinas größter Test überhaupt.371 Nord- und Südkorea unterzeichnen die „Joint Declaration of the Denuclearization of the Korean Peninsula“, die wenig später in Kraft tritt: Darin geloben die Vertragsparteien, keine Nuklearwaffen zu testen, herzustellen, zu besitzen oder gar einzusetzen (vgl. Art. 1). Außerdem dürften beide Seiten nicht wiederaufbereiten oder Uran anreichern (vgl. Art. 3). Die Verifikation solle durch Inspektionen erfolgen (vgl. Art. 4). Darüber und generell über den Vertrag solle die „SouthNorth Joint Nuclear Control Commission“ wachen (vgl. Art. 4 f.).372 Solche Inspektionen sollen jedoch nicht mehr zustande kommen: Nordkorea erachtet während der Treffen der Joint Nuclear Control Commission die Joint Declaration als völkerrechtlich nicht bindend und fordert – bevor es selbst Inspektoren ins Land ließe – auch US-Basen in Südkorea inspizieren zu dürfen, durch deren potentielle Nuklearwaffen sich Nordkorea bedroht fühle. Es kommt zu keiner Einigung. In den folgenden Jahren entfernen sich Nord- und Südkorea in der Nuklearwaffenfrage immer mehr voneinander. Nordkorea wird dabei sein geheimes Nuklearwaffenprogramm vorantreiben.373 1993 wird die IAEA noch einmal versuchen, ihr eigentlich stärkstes Instrument, eine sog. „Special Inspection“ in Nordkorea durchzuführen. Dieses Recht, in den 1960ern durch Dokument INFCIRC/66/Rev.2 etabliert, soll das Initiativrecht für Inspektionen auch der IAEA selbst übertragen.374 Das IAEA-Statut ermöglichte es der IAEA bislang nicht, selbstständig Inspektionen zu erwirken. Nordkorea verweigert jedoch auch einer Special Inspection jeglichen Zugang. Die IAEA scheint von dieser Verweigerung abgeschreckt worden sein. Bis heute hat sie jedenfalls keine neue Special Inspection eingefordert (siehe auch Eintrag 2007 [„Al Kibar“]).375 Der „Treaty on Open Skies“ liegt zur Signatur bereit. Die Vertragsstaaten schaffen das „Open Skies regime“ um unbemannte Observationsflüge über dem Staatsgebiet der anderen Vertragsstaaten durchführen zu können (vgl. Art. I.1/II.4). Somit solle eine „größere Offenheit und Transparenz“ geschaffen werden, als Weiterführung der Vertrauen-bildenden Maßnahmen des CSCE-Abschlussdokuments (vgl. Präambel, siehe Eintrag 1975). Existierende und zukünftige Rüstungskontrollverträge sollten durch das Open Skies regime besser überwacht werden können, ebenso wie möglicherweise der zukünftige Umweltschutz (vgl. Präambel). Die Vertragsstaaten dürften dabei so viele Observationsflüge über dem Staatsgebiet eines anderen Staates durchführen, wie auch der andere Staat über ihrem eigenen Territorium durchführen dürfe (vgl. Art. III.3). Weil aber jeder Vertragspartei eine festgelegte Zahl von selbst durchführbaren und von zu akzeptierenden Observationsflügen anderer über das eigene Staatsgebiet zugewiesen werde (vgl. Art. III.4 f./Annex A, Section 1-2), dürfe jede Vertragspartei maximal 50 % ihrer selbst durchführbaren Observationsflüge für ein bestimmtes zu observierendes Land verwenden und dürfe gleichzeitig auch nur maximal 50 % der Observationsflüge beanspruchen, die das andere Land akzeptieren müsse (vgl. Art. III.10). Annex A legt auch die maximalen Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Vgl. Federation of American Scientists (1998): Joint Declaration of the Denuclearization of the Korean Peninsula, http://www.fas.org/news/dprk/1992/920219-D4129.htm, Zugriff: 14.6.2010. Vgl. Center for Nonproliferation Studies (2002): Inventory of International Nonproliferation Organizations and Regimes 2002. Joint Declaration of South and North Korea on the Denuclearization of the Korean Peninsula, http://cns.miis.edu/inventory/pdfs/koreanuc.pdf, Zugriff: 2.1.2009. Vgl. International Atomic Energy Agency (2009): INFCIRC/66/Rev.2. The Agency's Safeguard System (1965, as Provisionally Extended in 1966 and 1968), http://www.iaea.org/Publications/Documents/Infcircs/Others/inf66r2.shtml, Zugriff: 14.7.2009, Art. III.A.53 f. Vgl. Acton et al. (2008): a. a. O., S. 58. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Flugdistanzen fest, die ein Observationsflugzeug zurücklegen dürfe – diese Distanzen sind für jede Vertragspartei unterschiedlich, je nach geografischer Lage (vgl. Section 3). Um die Durchsetzung des Vertrags voranzutreiben, gründen Art. X und Annex L die „Open Skies Consultative Commission“, die Entscheidungen im Konsens treffen solle (vgl. Art. X.2). Art. XVII.2 regelt das In-Kraft-Treten des Vertrags: 20 Ratifikationsurkunden müssten vorliegen, darunter diejenigen von USA, Russland – das mit ehemaligen Sowjetstaaten und Weißrussland eine gemeinsame Gruppe unter dem Vertrag gem. Art. II.3 bildet –, weiterhin die Ratifikationsurkunden Kanadas, Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, der Türkei und der Ukraine.376 Der Vertrag wird erst 2002 in Kraft treten.377 Bush und Jelzin unterzeichnen ein Joint Understanding, in dem sie verkünden, dass sie schleunigst einen Vertrag zu Wege bringen wollen, der Folgendes vorsehe: Sieben Jahre nach In-Kraft-Treten von START dürfe keine Seite mehr als 3.800-4.250 strategische Nuklearwaffen insgesamt besitzen. Im Speziellen nicht mehr als 1.200 MIRV-fähige ICBM-Sprengköpfe, 650 schwere ICBM-Sprengköpfe und 2.160 SLBM-Sprengköpfe. Spätestens im Jahr 2003 sollten alle MIRV-fähigen ICBMs vernichtet und die Zahl der SLBM-Sprengköpfe nicht höher als 1.750 sein. Insgesamt solle dann keine der Seiten mehr als 3.000-3.500 strategische Nuklearwaffen besitzen (vgl. auch START II, Eintrag 1993).378 Jelzin statuiert vor dem US-Kongress, dass Nuklearwaffen nunmehr obsolet und für die Menschheit unnötig seien. Es sei jetzt nur eine Frage, den besten Weg und Zeitplan auszurechnen, um die Nuklearwaffen zu zerstören und sich ihrer zu entledigen.379 Die USA melden, alle ihre boden- und seegestützten taktischen Nuklearwaffen weltweit abgezogen zu haben.380 Clinton betont seine Unterstützung für ein „Theater Missile Defense (TMD) System“, das US-Truppen gegen Kurz- und Mittelstreckenraketen schützen solle.381 1993: 376 377 378 379 380 381 382 383 384 SDI wird endgültig aufgegeben. Letztendlich war es ein 44-Mrd.-DollarVerlustgeschäft. Die USA werden sich fortan auf die Erforschung eines bodengestützten Verteidigungssystems gegen ballistische Raketen konzentrieren.382 USA und Russland schaffen die Initiative “Megatons to Megawatts” – die „United States Enrichment Corporation“ (USEC) solle 500 metrische Tonnen hochangereicherten Urans kaufen, das aus russischen Nuklearsprengköpfen stammt, und es in schwach-angereichertes Uran umwandeln.383 Das schwach-angereicherte Uran werde in US-amerikanischen Atomkraftwerken zur Energiegewinnung genutzt. Bis zum 31. Dezember 2010 sind nach eigenen Angaben 412 metrische Tonnen hoch-angereicherten Urans in 11.905 metrische Tonnen schwach-angereicherten Urans umgewandelt worden. 16.494 Nuklearsprengköpfe seien dadurch vernichtet worden.384 Die „Convention on the Prohibition of the Development, Production, Stockpiling and Use of Chemical Weapons and on Their Destruction” liegt zur Signatur Vgl. Organization for Security and Co-operation in Europe (2009): Treaty on Open Skies, http://www.osce.org/documents/doclib/1992/03/13764_en.pdf, Zugriff: 28.11.2009. Vgl. ebd.: Signing of Treaty on Open Skies, http://www.osce.org/item/15839.html, Zugriff: 2.1.2009. Vgl. Federation of American Scientists (1996): Joint Understanding on Reductions in Strategic Offensive Arms: http://www.fas.org/spp/starwars/offdocs/b920617l.htm, Zugriff: 2.1.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. Rhodes (2007): a. a. O., S. 252. Vgl. United States Enrichment Corporation (2009): Megatons to Megawatts. History, http://www.usec.com/megatonstomegawatts_history.htm, Zugriff: 19.2.2009. Vgl. ebd.: Megatons to Megawatts, http://www.usec.com/megatonstomegawatts.htm, Zugriff: 7.6.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis bereit. 1997 tritt sie in Kraft.385 Die Präambel verweist auf Art. IX der Biowaffenkonvention (siehe Eintrag 1972), der deren Vertragsparteien bereits zur Schaffung eines Chemiewaffenverbots aufforderte. Art. I.1 der Chemiewaffenkonvention verpflichtet die Vertragsstaaten, niemals und unter keinen Umständen Chemiewaffen zu entwickeln, zu produzieren, sich diese anderweitig anzueignen, solche Waffen zu lagern oder aufzubewahren oder sie direkt oder indirekt anderen zukommen zu lassen (vgl. [a]). Ferner seien die Staaten verpflichtet, solche Waffen niemals zu benutzen (vgl. [b]), ihren militärischen Einsatz nicht vorzubereiten (vgl. [c]) und niemand anderen zu einer Tat zu verleiten, die von der Chemiewaffenkonvention verboten wäre (vgl. [d]). Die Vertragsparteien verpflichten sich, jegliche Chemiewaffen und deren Produktionsstätten unter ihrer Jurisdiktion und Kontrolle zu zerstören (vgl. Art. I.2/I.4). Das gelte auch für solche Waffen, die auf anderem Vertragsstaatsgebiet zurückgelassen worden seien (vgl. Art. I.3). Auch Tränengas sei als Kriegsmittel verboten (vgl. Art. I.5). Art. I der Chemiewaffenkonvention enthält somit sowohl das Verbot, Chemiewaffen zu benutzen, als auch das Proliferationsverbot und gleichzeitig das Abrüstungsgebot. Der ökonomische und technologische Fortschritt der Vertragsstaaten wie auch die internationale Kooperation in Chemiefragen solle durch die Chemiewaffenkonvention nicht behindert werden (vgl. Art. VI.11). Art. II.1 definiert eine Chemiewaffe als Munition oder Gerätschaft, die gebaut worden wäre, um durch chemische Bestandteile Tod und Schaden anzurichten (vgl. [b]). Der „Annex on Chemicals“ listet giftige Chemikalien auf, die an sich noch keine Chemiewaffen darstellen, aber der Kontrolle des Vertragsregimes unterlägen. Diese wird im „Verification Annex“ definiert: Zum einen führe die durch Art. VIII der Konvention geschaffene „Organization for the Prohibition of Chemical Weapons“ mit Sitz in Den Haag Inspektionen durch (vgl. Part 2, Verification Annex), wie sie mittlerweile in internationalen Abrüstungsverträgen Standard sind. Zum anderen bietet die Konvention eine in bisherigen Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträgen nicht gekannte Möglichkeit, die „Challenge Inspection“: Verdächtigt ein Vertragsstaat den anderen, sich nicht an die Provisionen der Chemiewaffenkonvention zu halten, so kann ersterer Staat eine Inspektion jeglicher Einrichtungen des anderen Staates veranlassen (vgl. Art. IX.8; Näheres regelt Part X des Verification Annex).386 Daneben verlangt Art. III der Konvention, dass alle Mitgliedsstaaten bei In-Kraft-Treten der Konvention genaue Auskünfte über eventuelle eigene Chemiewaffen und deren Produktionsstätten abgeben.387 Die Chemiewaffenkonvention ist laut Bhaskar Menon der erste global verifizierbare multilaterale Abrüstungsvertrag der Menschheitsgeschichte. 388 Darüber hinaus verbietet die Konvention gleich eine ganze Kategorie von Massenvernichtungswaffen und könnte somit Vorbild für eine einmal zu schaffende Atomwaffenkonvention sein. USA und Russland unterzeichnen den “Treaty […] on Further Reduction and Limitation of Strategic Offensive Arms” (START II). Die Vertragsparteien verspre- 385 386 387 388 Vgl. Organization for the Prohibition of Chemical Weapons (2008): Genesis and Historical Development, http://www.opcw.org/chemical-weapons-convention/about-the-convention/genesis-and-historical-development/, Zugriff: 2.1.2009. Der theoretisch vollkommen freie Zugang der Inspektoren aus Art. IX.8 wird jedoch im Verification Annex wieder etwas eingeschränkt: Zum einen fänden die Inspektionen erst statt, wenn sich Inspektoren und zu inspizierender Staat auf Ort und Umfang der Inspektion geeinigt haben. Zum anderen müsse der zu inspizierende Staat nur solche Durchsuchungen zulassen, die seiner nationalen Gesetzgebung in Hinblick auf Eigentumsrechte, Durchsuchungen und Beschlagnahmen nicht widersprächen (vgl. Verification Annex, Part X, § 38/41). Zu bemerken ist, dass zumindest bis 2008 noch kein Staat die Möglichkeit einer Challenge Inspection in Anspruch genommen hat. Vgl. Acton, James M. es al.: a. a. O., S. 58. Vgl. Organization for the Prohibition of Chemical Weapons (2008): Convention on the Prohibition of the Development, Production, Stockpiling and Use of Chemical Weapons and on Their Destruction, http://www.opcw.org/index.php?eID=dam_frontend_download&fileID=6372, Zugriff: 5.4.2010. Vgl. Menon (2001): a. a. O., S. 45 f. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis chen, dass sieben Jahre nach In-Kraft-Treten des ersten START-Vertrags die Anzahl ihrer für stationierte ICBMs, SLBMs und schwere Bomber bestimmten nuklearen Sprengköpfe auf 3.800 bis 4.250 reduziert werde (vgl. Art. I.1). Davon dürften höchstens 2.160 Sprengköpfe auf stationierten SLBMs angebracht werden (vgl. Art. I.2.a), 1.200 als MIRVs auf stationierten ICBMs (vgl. [b]) und 650 auf stationierten schweren ICBMs (vgl. [c]). Weiterhin sollen die Vertragsparteien bis zum 1. Januar 2003 die Anzahl ihrer nuklearen Sprengköpfe für stationierte ICBMs, SLBMs und schwere Bomber auf 3.000 – 3.500 reduzieren (vgl. Art. I.3). Davon dürften höchstens 1.700 – 1.750 Sprengköpfe auf stationierten SLBMs angebracht werden (vgl. Art. I.4.a). Sprengköpfe als MIRVs auf stationierten ICBMs dürfe es nun gar nicht mehr geben (vgl. [b], vgl. bis hier auch das Joint Understanding, Eintrag 1992), ebenso keine Sprengköpfe auf stationierten schweren ICBMs (vgl. [c]). START II schreibt mit der Deklarierung dieser Obergrenzen zwar die Trennungen von nuklearen Sprengköpfen und ihren Trägersystemen ICBM, SLBM und schweren Bombern vor, nicht jedoch die eigentliche Zerstörung der nuklearen Sprengköpfe. Sollten die Parteien innerhalb eines Jahres nach In-Kraft-Treten von START II ein weiteres Abkommen zur Verbesserung der START II-Implementierung schließen, sollen die Obergrenzen von Art. I.3 f. nicht erst 2003, sondern bereits am 31. Dezember 2000 erreicht werden (vgl. Art. I.6). Der START I-Vertrag erlaubt ICBMs mit maximal 10 MIRVs (vgl. Art. V.12.a START I, Eintrag 1991); START II dagegen erhebt ein generelles Produktions-, Test- und Stationierungsverbot von MIRV-fähigen ICBMs (vgl. Art. II.9/III.3, auch I.4.b). Es gibt jedoch keine Provision, die MIRV-fähigen ICBMs auch letztendlich zu zerstören. Dafür findet sich in START II wenigstens das Gebot, die Silos dieser MIRV-fähigen ICBMs zu zerstören bzw. sie in solche für ICBMs mit nur einem nuklearen Sprengkopf umzuwandeln (vgl. Art. II.1). Auch schwere ICBMs und deren Silos werden verboten und sogar deren Zerstörung vorgeschrieben – irrelevant, ob es sich um stationierte oder nicht-stationierte schwere ICBMs handele (vgl. Art. II.6). Durch diese Bestimmungen wird deutlich, dass der Schwerpunkt von START II auf der Abrüstung von Trägersystemen und deren Abschussvorrichtungen wie Silos liegt, nicht aber auf den nuklearen Sprengköpfen, deren Stationierung zwar zahlenmäßig eingeschränkt wird, die aber durch START II – wie erwähnt – nicht endgültig vernichtet werden müssen. Die Verifikation von START II solle mit den Provisionen aus START I erfolgen (vgl. Art. V.1). Art. V.2 schafft die „Bilateral Implementation Commission“, um den Vertrag voranzutreiben. START II solle am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden der Parteien in Kraft treten – nicht aber vor dem In-Kraft-Treten von START I (vgl. Art. VI.1).389 Die USA ratifizieren START II im Jahre 1996 (siehe Eintrag 1996), Russland im Jahre 2000.390 Mittels des „Helsinki-Protokolls“ von 1997 wird die Deadline aus Art. I.3 vom 1. Januar 2003 auf den 31. Dezember 2007 verschoben.391 Trotz beidseitiger Ratifikation tritt START II nie in Kraft, da Russland den Austausch der Ratifikationsurkunden vom In-Kraft-Treten des „Theater Missile Defense Demarcation Agreement“ abhängig macht, zu dem es nie kommen wird (siehe dazu Eintrag 1997).392 Die Conference on Disarmament beschließt, Verhandlungen über einen umfassenden nuklearen Teststoppvertrag (Comprehensive Nuclear-Test-Ban Trea- 389 390 391 392 Vgl. Nuclear Threat Initiative (2002): Treaty Between the United States of America and the Russian Federation on Further Reduction and Limitation of Strategic Offensive Arms, http://www.nti.org/db/nisprofs/fulltext/treaties/start2/s2text.htm, Zugriff: 5.4.2010. Vgl. Federation of American Scientists (2002): Strategic Arms Reduction Treaty II Chronology, http://www.fas.org/nuke/control/start2/docs/strt-chr.htm, Zugriff: 2.1.2009. Vgl. Menon (2001): a. a. O., S. 46. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2008): WMD 411. U.S.-Russian Treaties and Agreements. 1993 Strategic Arms Reduction Treaty II, http://www.nti.org/f_wmd411/f1b2_2.html#start2, Zugriff: 3.1.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis ty) zu beginnen.393 Die UN General Assembly begrüßt mit Resolution 48/75 L die US-Initiative, einen multilateralen, international und effektiv verifizierbaren Vertrag über den Produktionsstopp von spaltbarem Material für Nuklearwaffen („Fissile Material Cut-Off Treaty“, siehe u. a. Einträge 1998 und 2009) vorzuschlagen und fordert, dass dieser Vertrag ausgehandelt werden möge (vgl. § 1). Die IAEA solle die Verifikationsmöglichkeiten erarbeiten (vgl. § 2).394 Ein Jahr später beginnt die Conference on Disarmament auch mit diesen Verhandlungen.395 Die bereits 1987 zu SANE/FREEZE zusammengeschlossenen NGOs SANE (siehe Eintrag 1957) und Nuclear Weapons Freeze Campaign (siehe Eintrag 1982) benennen sich in „Peace Action“ um. Nach eigenen Angaben sei es in den USA das größte Grassroot-Netzwerk für Frieden und Gerechtigkeit.396 Osama Bin Laden versucht durch Mittelsmänner für 1,5 Millionen Dollar Uran in Khartoum, Sudan, zu kaufen (siehe zu Bin Laden auch Eintrag 1998).397 1994: 393 394 395 396 397 398 399 400 401 402 403 Die Clinton-Administration ruft das “Stockpile Stewardship Program” ins Leben: Anstelle von Nuklearwaffentests müsse die Funktionstüchtigkeit der Nuklearwaffen durch simulierte Tests per Computer-Programmen oder durch neue Formen von Labortests – etwa mit Spaltstoffmengen unterhalb der kritischen Masse398 – sowie durch die technische Runderneuerung von Nuklearwaffen und den dazugehörigen Komponenten gewährleistet werden.399 Eine Einrichtung im Rahmen des Stockpile Stewardship-Programms ist die Einrichtung „JASPER“ (Joint Actinide Stock Physics Experimental Research), die durch hohen Druck und hohe Temperaturen Verhältnisse wie in einer Nuklearwaffen-Explosion schafft und darin das Verhalten von radioaktiven Elementen testet.400 Ebenfalls mit Druck arbeitet die „ATLAS“-Maschine, die durch stoßartige Energiefreisetzung ein magnetisches Feld und dadurch hohen Druck auf das Zielmaterial freisetzt.401 Die Einrichtung „BEEF“ (Big Explosives Experimental Facility) arbeitet dagegen mit starken konventionellen Explosionen.402 In den USA wird das „Spratt-Furse Amendment“ als Ergänzung zum Gesetzentwurf „FY 1994 Defense Authorization Bill“ verabschiedet und mit präsidialer Unterschrift in Gesetzesform gebracht. Es verbietet US-Laboratorien, die Erforschung und Entwicklung von Nuklearwaffen mit geringer Sprengkraft zu betreiben, die möglicherweise die Hemmschwelle zum Einsatz senken könnten. Diese geringe Sprengkraft wird definiert als fünf Kilotonnen TNT-Äquivalent oder weniger (siehe hierzu auch Einträge 2002 bis 2006 [„Robust Nuclear Earth Penetrators“]).403 Clinton und Jelzin betonen ihre Zustimmung zu einem Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty (siehe u.a. bereits Eintrag 1993 [„Conference on Vgl. ebd. (2010): a. a. O. Vgl. United Nations (2009): General Assembly Resolution 48/75 L. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Peace Action (2008): History, http://www.peace-action.org/abt/history.html, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. McCloud, Kimberly/Osborne, Matthew (2001): WMD Terrorism and Usama Bin Laden, Monterey: Center for Nonproliferation Studies, http://cns.miis.edu/pubs/reports/binladen.htm, Zugriff: 15.5.2009. Die kritische Masse eines spaltbaren Materials ist – wie oben schon einmal beschrieben – jene Masse, die groß genug ist, um darin eine Kettenreaktion aufrecht erhalten zu können. Vgl. Altmann (2007): a. a. O., S. 85. Vgl. National Nuclear Security Administration (2009): National Security. Stockpile Stewardship Program, http://www.nv.doe.gov/library/FactSheets/DOENV_1017.pdf, Zugriff: 4.3.2009. Vgl. ebd.: National Security. Joint Actinide Stock Physics Experimental Research (JASPER), http://www.nv.doe.gov/library/FactSheets/DOENV_1015.pdf, Zugriff: 5.3.2009. Vgl. ebd.: National Security. ATLAS, http://www.nv.doe.gov/library/FactSheets/DOENV_1018.pdf, Zugriff: 5.3.2009. Vgl. ebd.: National Security. Big Explosives Experimental Facility, http://www.nv.doe.gov/library/FactSheets/DOENV_711.pdf, Zugriff: 5.3.2009. Vgl. GlobalSecurity.org (2009): Robust Nuclear Earth Penetrator, http://www.globalsecurity.org/wmd/systems/rnep.htm, Zugriff: 28.11.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Disarmament“]). Außerdem verkünden sie, dass ihre Nuklearwaffen ab Mai 1994 auf kein spezielles Land mehr gerichtet sein würden. Auf einer anderen Tagung bekräftigen beide ihre Befürwortung des ABM-Vertrags (siehe Eintrag 1972), verkünden aber gleichzeitig ihr beidseitiges Interesse an Theater Missile Defense-Systemen (siehe Eintrag 1992) auf kooperativer Basis.404 USA und China unterzeichnen das „Joint US-PRC (= People’s Republic of China) Statement on Missile Proliferation”. Die USA versprechen, Sanktionen gegen China zu lockern, die sie 1993 in Anbetracht eines chinesisch-pakistanischen Raketenhandels erhoben haben. China werde dafür fortan verzichten, BodenBoden-Raketen zu exportieren. Ein weiterer Schritt besteht aus zukünftigen Verhandlungen, die China letztendlich unter das Missile Technology Control Regime (siehe Eintrag 1987) bringen sollen.405 USA und Nordkorea unterzeichnen das „US-DPRK (= Democratic People’s Republic of Korea) Agreed Framework“: Nordkorea verspricht, sein Nuklearprogramm – also seine mit Graphit moderierten Reaktoren und seine PlutoniumWiederaufbereitungsanlagen – abzurüsten und das verbleibende spaltbare Material untauglich für erneute Aufbereitung einzulagern. Außerdem werde es die mit der IAEA gem. Art. III.1 NPT bereits vereinbarten Sicherungsmaßnahmen vollständig wirken lassen. Ferner verspricht Nordkorea, die Provisionen der Joint Declaration of the Denuclearization of the Korean Peninsula zu erfüllen (siehe Eintrag 1992). Nordkorea erhalte im Gegenzug bis 2003 zwei Leichtwasserreaktoren, von einem internationalen Konsortium finanziert, sowie bis zur Fertigstellung des ersten Leichtwasserreaktors regelmäßige Öllieferungen. USA und Nordkorea versprechen, Finanz- und Telekommunikationsbarrieren abzubauen und ihre diplomatischen Beziehungen auf Botschaftsniveau zu bringen.406 Die USA geben den Abschluss von “Project Sapphire” bekannt: Die USA habe in diesem Rahmen ca. eine halbe Tonne hoch-angereicherten Urans von Kasachstan gekauft, das dort als diebstahlgefährdet angesehen worden war.407 1995: 404 405 406 407 408 409 410 Die russische „Launch on Warning Capability“ hält einen norwegischen Wettersatelliten für eine gestartete US-amerikanische SLBM. Zum ersten Mal im nuklearen Zeitalter liegt der „nukleare Koffer“ offen vor dem russischen Präsidenten. Jelzin muss unmittelbar über einen nuklearen Schlag gegen die USA entscheiden.408 In letzter Minute wird Fehlalarm gemeldet.409 Norwegen hatte Russland im Vorfeld des Satellitenstarts informiert – die Information scheint aber nicht bis zum Wachpersonal vorgedrungen zu sein.410 Im Lichte der in diesem Jahr stattfindenden NPT-Überprüfungskonferenz veröffentlicht das “International Network of Engineers and Scientists Against Proliferation” (INESAP) die Studie “Beyond the NPT: A Nuclear-Weapon-Free World”, an der u. a. Friedensnobelpreisträger Joseph Rotblat (siehe ebenfalls Eintrag 1995) sowie viele Deutsche beteiligt sind, u. a. Jürgen Scheffran und Götz Neuneck. Die Autoren kritisieren am NPT, dass er völkerrechtlich zwischen Staaten mit und ohne Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Federation of American Scientists (2002): Joint US-PRC Statement on Missile Proliferation, http://www.fas.org/nuke/control/mtcr/text/941004-362978.htm, Zugriff: 3.1.2009. Vgl. Center for Nonproliferation Studies (2003): US-DPRK Agreed Framework, http://nti.org/e_research/official_docs/inventory/pdfs/agframe.pdf, Zugriff: 3.1.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Cirincione, Joseph (2007): a. a. O., S. 97. Vgl. Weeramantry, Christopher G.: Sleepwalking Into Our Century of Last Opportunity, in: Falk et al. (2008): a. a. O., S. 21. Vgl. Phillips, Alan F. (1998): a. a. O. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Nuklearwaffen diskriminiere. Ferner, dass er die Betrachtung seines Art. VI als rein unverbindliche Absichtserklärung durch viele Staaten ermögliche; dass er die Untrennbarkeit von zivilem und militärischem Potential vieler nuklearer Technologien ignoriere; dass es überhaupt keine „friedlichen Nuklearsprengungen“ gebe und Art. V somit sinnlos sei; dass er die zweifelhafte Doppelrolle der IAEA als Förderer und gleichzeitiger Kontrolleur ziviler Nuklearenergie unterstütze und dass er überdies von den Nicht-Nuklearwaffenstaaten IAEA-Kontrollen verlange, von den Nuklearwaffenstaaten aber nicht (vgl. Pkt. 1.2). Die Studie fordert eine „Nuclear Weapons Convention“, vergleichbar mit den Bio- und Chemiewaffenkonventionen (siehe Einträge 1972 und 1993), die Nuklearwaffen, deren Produktionsstätten und nuklearwaffenfähiges Material vollständig illegalisiert (vgl. Pkt. 1.3, siehe auch „Abolition 2000“ [ebenfalls Eintrag 1995], und Einträge 1996, 1997 und 2006). Die Studie befasst sich im Übrigen auch mit möglichen Argumenten gegen eine nuklearwaffenfreie Welt, etwa mit der Annahme, dass die Erfindung von Nuklearwaffen ohnehin nicht rückgängig gemacht werden könne. Die Autoren kontern diese These mit dem Verweis auf 80 % der Staatengemeinschaft, die ein Chemiewaffenverbot bereits vor In-Kraft-Treten der eigentlichen Konvention akzeptiert habe (vgl. Pkt. 1.4). Weiterhin entwerfen die Studien-Autoren die möglichen Schritte hin zu einer nuklearwaffenfreien Welt: Neben weiteren Arsenal-Reduktionen in allen Nuklearwaffenstaaten nach Vorbild etwa des START-Vertrags (vgl. Pkt. 1.6/2.1.1 ff.) müsse es u. a. den Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty (siehe Eintrag 1996) geben (vgl. Pkt. 1.6/2.1.4), daneben den Produktionsstopp von nuklearwaffenfähigem Material (vgl. Pkt. 1.6/2.2.1 ff.), außerdem einen „No-First-Use Treaty“, der verbiete, Nuklearwaffen als Erster zu benutzen (vgl. Pkt. 1.6/2.1.5). Daneben müsse es einen Vertrag geben, der Benutzung und Androhung der Benutzung von Nuklearwaffen verbiete. Außerdem ein Testverbot, Nonproliferation und Abrüstung von ballistischen Trägersystemen (vgl. Pkt. 1.6/2.3) und eine Trennung von nuklearen Sprengköpfen und ihren Trägersystemen (vgl. Pkt. 1.6). Die Studie widmet sich schließlich regionalen Intiativen wie nuklearwaffenfreien Zonen (vgl. Pkt. 2.4).411 Der UN Security Council verabschiedet Resolution 984. Er begrüßt, dass alle offiziellen Nuklearwaffenstaaten gegenüber denjenigen Mitgliedsstaaten des NPT, die keine Nuklearwaffen besitzen, Security Assurances verkündet haben, niedergelegt in den UN-Dokumenten S/1995/261 bis S/1995/265 (vgl. § 1).412 Dabei gebe es jedoch Ausnahmen: Wenn Russland oder seine Verbündeten von einem Nicht-Nuklearwaffenstaat angegriffen würden, dieser jedoch mit einem Nuklearwaffenstaat verbündet wäre, behalte sich Russland einen Nuklearschlag auch gegen den Nicht-Nuklearwaffenstaat vor.413 Gleiches deklarieren Großbritannien, USA und Frankreich. Sie fügen noch eine Positive Security Assurance hinzu: Großbritannien verspricht im Falle eines nuklearen Angriffs auf einen NPT-Nicht-Nuklearwaffenstaat technische, medizinische, wissenschaftliche oder humanitäre Hilfe.414 Die USA versprechen „unverzügliche“ Hilfe.415 Frankreichs Positive Security Assurance besteht aus dem Versprechen, im UN Security Council Maßnahmen durchzusetzen, um dem angegriffenen Staat zu Hilfe zu eilen.416 China verspricht Negative Security Assurances ohne Ausnahmen (vgl. Annex, § 2). Seine Positive Security Assurance bestehe – wie bei Frankreich – aus dem Engagement im UN Security Council für den angegriffenen Staat (vgl. Annex, § 4). Darüber hinaus verkündet China, nicht das erste Land zu sein, das Nuklearwaffen einsetzt, also eine sog. „No First-Use 411 412 413 414 415 416 Vgl. International Network of Engineers and Scientists Against Prolifertion (2005): a. a. O. Vgl. United Nations (2010): Security Council Resolution 984. Vgl. ebd. (2008): S/1995/261, Annex II. Vgl. ebd. (2008): S/1995/262, Annex. Vgl. ebd. (2008): S/1995/263, Annex. Vgl. ebd. (2008): S/1995/264, Annex. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Policy“, vgl. Annex, § 1). Gleichzeitig fordert China ein Abkommen, das First-Use Policies verbietet (vgl. Annex, § 3).417 Völkerrechtlich bindend sind die hier vorgestellten Security Assurances allerdings nicht. Sie heben auch nicht den Vorbehalt der meisten Nuklearwaffenstaaten auf, einen nuklearen Erstschlag gegen andere Nuklearwaffenstaaten durchzuführen. China verkündet zwar eine solche No FirstUse Policy, völkerrechtlich bindend ist aber auch diese Aussage nicht. Die fünfte NPT-Überprüfungskonferenz verabschiedet ein Paket von Forderungen und Neuerungen: Die Gültigkeit des NPT wird gem. seines Art. X.2 auf unbegrenzte Zeit ausgeweitet (vgl. Decision 3).418 Außerdem fordert die Konferenz eine nuklearwaffenfreie Zone im Nahen Osten gem. Art. VII, frei auch von anderen Massenvernichtungswaffen und deren Trägersystemen (vgl. Resolution on the Middle East, Präambel, § 1/5/6). Staaten im Nahen Osten, die noch nicht dem NPT beigetreten seien, sollten dies im Übrigen so schnell wie möglich tun (vgl. § 2-4). Diese Forderung ist eindeutig an Israel adressiert. Daneben verlangt die NPTÜberprüfungskonferenz den Verhandlungsabschluss in der Conference on Disarmament über den Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty bis 1996 – bis dahin sollten sich die Nuklearwaffenstaaten in Bezug auf Nuklearwaffentests äußerst zurückhalten (vgl. Decision 2, § 4.a). Der Fissile Material Cut-Off Treaty wird ebenfalls eingefordert (vgl. [b]) sowie das Ziel aus Art. VI wiederholt, letztendlich eine Welt frei von Nuklearwaffen erreichen zu müssen (vgl. [c]). Die Konferenz würde begrüßen, bis zum Jahr 2000 weitere nuklearwaffenfreie Zonen vorfinden zu können – explizit nennt sie auch die mögliche Schaffung von Zonen, die frei von jeglichen Massenvernichtungswaffen seien (vgl. § 6).419 Verärgert darüber, dass die Abschaffung aller Nuklearwaffen kein gesonderter Tagesordnungspunkt auf der NPT-Überprüfungskonferenz war, verfassen einige Friedensaktivisten das Gründungsdokument der Kampagne „Abolition 2000“. Deren Präambel definiert die grundsätzlichen Ziele der Kampagne: Abschaffung aller Nuklearwaffen weltweit sowie Hilfe zur Regeneration der Natur und des Menschen, da beide durch 50 Jahre Nuklearwaffentests gelitten hätten. Es gebe keine Trennung zwischen „friedlicher“ und militärischer Nutzung der Nuklearenergie, wenn für beide Nutzungsformen das gleiche Material verwendet werde, was überdies noch Jahrtausende strahlen würde. Erneuerbaren Energien müsse die Zukunft gehören. Nicht das „unveräußerliches Recht“ auf Nuklearenergie sei wahr (vgl. Art. IV.1 NPT), sondern das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person in einer Welt frei von Nuklearwaffen. Zur Abschaffung von Nuklearwaffen mangele es nicht an technischen Möglichkeiten, sondern an politischem Willen. Abolition 2000 fordert folgende Schritte: Verhandlungen über eine verifizierbare Nuclear Weapons Convention (siehe auch „INESAP“ [ebenfalls Eintrag 1995], außerdem Einträge 1996, 1997 und 2006), die den stufenweisen und zeitlich festgelegten Abzug und die Entschärfung 417 418 419 Vgl. ebd. (2008): S/1995/265, Annex. Diese Tatsache kann einerseits positiv bewertet werden, da sie zeigt, dass die gesamte Staatengemeinschaft eine Welt mit NPT einer Welt ohne vorzieht (Die unbegrenzte Gültigkeit des NPT wurde einstimmig beschlossen. Vgl. Quinlan, Michael [2009]: Thinking About Nuclear Weapons. Principles, Problems, Prospects, Oxford: Oxford University Press, S. 79). Andererseits verdeutlicht die Ausdehnung des NPT, dass die offiziellen Nuklearwaffenstaaten auch weiterhin auf die völkerrechtliche Anerkennung ihrer Nuklearwaffen setzen wollen. Vgl. Neuneck, Götz: Atomares Wettrüsten der Großmächte – kein abgeschlossenes Kapitel, in: Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg et al. (2009): a. a. O., S. 109. Vgl. auch „Abolition 2000“, ebenfalls Eintrag 1995. Japan protestierte gegen diese Einstellung der Nuklearwaffenstaaten, forderte Schritte zur Umsetzung des Art. XI und war erst in allerletzter Minute bereit, der unbegrenzten Gültigkeit des NPT zuzustimmen. Vgl. Harrison, Selig S.: North Korea and the Future of East Asian Nuclear Stability, in: Krishnappa, V./Singh, Priyanka/Sisodia, N. S. (2009): Proliferation and Emerging Nuclear Order in the Twenty-First Century, New Delhi: Academic Foundation, S. 59. Vgl. United Nations (2009): 1995 Review and Extension Conference of the Parties to the Treaty on the NonProliferation of Nuclear Weapons. Final Document. Annex, http://daccessdds.un.org/doc/UNDOC/GEN/N95/178/16/PDF/N9517816.pdf?OpenElement, Zugriff: 3.1.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis aller nuklearen Sprengköpfe sowie deren Trägersysteme regele. Daneben müsse sie auch eine internationale Aufsicht des waffentauglichen Materials festschreiben – die Verhandlungen über die Nuklearwaffenkonvention sollten bis zum Jahr 2000 abgeschlossen sein (vgl. Pkt. 1). Außerdem fordert Abolition 2000 die sofortige Zusicherung der Nuklearwaffenstaaten, ihre Waffen nicht einzusetzen oder mit deren Einsatz zu drohen (vgl. Pkt. 2) – solch ein Einsatz oder seine Androhung sollten vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag als illegal erklären werden (vgl. Pkt. 9). Abolition 2000 fordert außerdem das In-Kraft-Treten eines wirklichen umfassenden Teststoppvertrags (vgl. Pkt. 3) sowie das Verbot von Labortests und Computersimulationen zur Feststellung der Funktionstüchtigkeit von Nuklearwaffen – solche Laboratorien seien unter internationale Aufsicht zu stellen, die Testgelände seien zu schließen (vgl. Pkt. 7). Die Produktion und Stationierung von neuen nuklearen Waffentypen sei zu verbieten – stattdessen sollen stationierte Waffensysteme abgezogen werden (vgl. Pkt. 4). Die Herstellung und Wiederaufbereitung von waffenfähigen radioaktiven Materialien sei zu verbieten (vgl. Pkt. 5) – dieses Material solle vielmehr international überwacht und registriert werden (vgl. Pkt. 6). Abolition 2000 fordert weitere nuklearwaffenfreie Zonen (vgl. Pkt. 8). Eine internationale Energieagentur für ökologische und erneuerbare Energien müsse überdies geschaffen werden (vgl. Pkt. 10). Abolition 2000 wünscht, dass Bürger und NGOs an dem nuklearen Abrüstungsprozess beteiligt sein sollten (vgl. Pkt. 11). Bis heute haben mehr als 2.000 NGOs aus über 90 Ländern das Abolition 2000-Gründungsdokument unterzeichnet. Sie engagieren sich in Abolition 2000-Untergruppen, um für die Umsetzung der Ziele des Gründungsdokuments zu arbeiten.420 Die USA testen in New Mexico erstmals einen „Theater High Altitude Area Defense“ (THAAD) missile interceptor, vorerst ohne zu treffende Zielrakete. Von nun an werden die USA das THAAD-System regelmäßig testen.421 Das THAADSystem soll gegen feindliche Raketen mit einer Reichweite von mehreren Hundert km gerichtet sein.422 Wenige Tage nach der NPT-Überprüfungskonferenz, auf der alle Nuklearwaffenstaaten äußerste Zurückhaltung beim Testen von Nuklearwaffen gelobt haben, führt China einen Nuklearwaffentest im Bereich von 40-150 Kilotonnen durch. Später im Jahr folgt ein weiterer Test, mit 60 Kilotonnen Sprengkraft.423 Frankreichs Präsident Chirac kündigt gleich acht Nuklearwaffentests im Südpazifik bis Mai 1996 an. Aufgrund von negativen Reaktionen weltweit gibt er zwei Monate später bekannt, dass die Testreihe eher aufhören würde.424 Ein auf 20 Jahre angelegter US-russischer Deal beginnt, in welchem Russland 500 Tonnen hoch-angereicherten Urans, zurück umgewandelt in schwachangereichertes Uran, an die USA verkauft.425 Der australische Premierminister Keating verkündet die Gründung der „Canberra Commission on the Elimination of Nuclear Weapons“, bestehend aus 17 internationalen Regierungsführern, Wissenschaftlern, Abrüstungsexperten und Militärstrategen. Aufgabe der Kommission sei es, praktische Schritte hin zu einer nuklearwaffenfreien Welt auszuarbeiten, unter Rücksichtnahme auf Stabilität und Sicherheit in der Zwischenphase und danach. Die Kommission sehe seit Ende des Kalten Krieges ein neues Klima für Handlungen: Jetzt müsse nuklear abgerüstet 420 421 422 423 424 425 Vgl. Abolition 2000 (2008): Abolition 2000 Statement, http://www.abolition2000.org/?page_id=153, Zugriff: 8.5.2011. Vgl. GlobalSecurity.org (2008): THAAD Testing – Demonstration/Validation, http://www.globalsecurity.org/space/systems/thaad-test-demval.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2008): Glossary. Theater High Altitude Area Defense, http://www.nti.org/f_wmd411/glossary.html#thaad, Zugriff: 3.1.2009. Vgl. ebd. (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis werden. Kein Staat dürfe dabei das Gefühl haben, durch nukleare Abrüstung ein Sicherheitsrisiko einzugehen. Die Kommission schlägt eine phasenweise, verifizierbare Waffenreduktion vor – sie selbst nennt aber kein Zeitlimit, wann eine nuklearwaffenfreie Welt erreicht werden solle. Als erster Schritt solle das Aufraffen zur nuklearen Abrüstung auf höchster politischer Ebene stehen – auch die Staaten ohne Nuklearwaffen sollten sich beteiligen, um insgesamt ein Klima fernab von Kriegsplanungen und Waffenmodernisierungen zu schaffen. Die praktischen Schritte sollten folgendermaßen aussehen: Der Alarmzustand der Nuklearwaffen sollte aufgehoben werden; die Sprengköpfe sollten von den Trägersystemen – etwa Raketen – getrennt werden; nicht-strategische Nuklearwaffen – also für das Schlachtfeld bestimmt – sollten abgebaut werden; Nuklearwaffentests sollten nicht mehr durchgeführt werden; US- und russische Arsenale sollten abgerüstet werden; die Nuklearwaffenstaaten sollten untereinander – und gegenüber den Staaten ohne Nuklearwaffen – eine No First-Use Policy praktizieren. Die vorgeschlagenen mittelfristigen Schritte der Kommission sind: Horizontale Proliferation – also von Staat zu Staat – müsse verhindert werden; Verifikationsmethoden für eine nuklearwaffenfreie Welt müssten entwickelt werden; nuklearwaffenfähiges Material dürfe nicht mehr produziert werden. Das Aufkommen eines neuen Nuklearwaffenstaates würde den Abrüstungsprozess zerstören. Die Welt brauche die Fähigkeit, vor allem unangekündigte Nuklearwaffentests zu detektieren; Sicherungsmaßnahmen müssten letztendlich auch in den inoffiziellen Nuklearwaffenstaaten angewendet werden können – ebenso in solchen Staaten, die auf der Schwelle zur Nuklearmacht stünden; die Verifikation müsse sicherstellen, dass – wie gefordert – Sprengköpfe von den Trägersystemen getrennt und nuklearwaffenfähiges Material unschädlich gemacht werden; der UN Security Council solle darüber nachdenken, wie er die Verletzung von Abrüstungsobligationen beantworten könnte – die Kommission selbst schlägt dabei keine konkreten Maßnahmen gegen Regelverletzer vor; USA und Russland müssten versuchen, Großbritannien, Frankreich und China in den Abrüstungsprozess einzubinden – dafür sollten sie ihre Verifikationsmethoden aus dem START-Vertrag zur Verfügung stellen. Elementar sei der Anti-Ballistic Missile Treaty (siehe Eintrag 1972) sowie nuklearwaffenfreie Zonen. Die Kommission begrüßt, dass der UN International Court of Justice auf Gesuch der UN General Assembly ein Gutachten über die Legalität des angedrohten und des tatsächlichen Einsatzes von Nuklearwaffen abgeben werde (siehe dazu Eintrag 1996 [„ICJ“]).426 Der „Treaty of Bangkok“ liegt zur Signatur bereit – 1997 tritt er in Kraft. Er schafft eine nuklearwaffenfreie Zone in Südostasien. Mitgliedsstaaten sind u. a. Thailand, Vietnam, Malaysia, die Philippinen und Indonesien – die nuklearwaffenfreie Zone umfasst auch das Kontinentalschelf und die „Exclusive Economic Zones“ (EEZ) eines Vertragsstaats (vgl. Art. 1.a).427 Art. 3 gibt vor, dass kein Vertragsstaat innerhalb und außerhalb des Vertragsgebiets Nuklearwaffen entwickeln, besitzen, transportieren, testen oder verwenden (vgl. [1]) und auch keinem anderen Staat für diese Vorgänge das eigene Staatsgebiet zur Verfügung stellen dürfe (vgl. [2]). Ferner solle kein Staat radioaktiven Müll im Vertragsgebiet verstauen und dieses auch keinem Drittstaat erlauben (vgl. [3]) – im Rahmen von IAEA-Sicherungsmaßnahmen dürfe eine solche Müllentsorgung jedoch vorgenommen werden (vgl. Art. 4.2.e). IAEA-Sicherungsmaßnahmen müssten von jedem Vertragsstaat als Verifikationsmaßnahme akzeptiert werden (vgl. Art. 5). Außerdem solle jede Vertragspartei der „Convention on Early Notification of an Nuclear Accident“ (siehe Eintrag 1986) bei- 426 427 Vgl. Canadian Coalition for Nuclear Responsibility (1998): The Canberra Commission on the Elimination of Nuclear Weapons. Statement, http://www.ccnr.org/canberra.html, Zugriff: 5.4.2010. Kontinentalschelf und Exclusive Economic Zone definieren bestimmte Verfügungsgewalt über Meeresressourcen; das Schelf kann maximal 350 Seemeilen umfassen, gemessen von der Küstengrundlinie aus; die Exclusive Economic Zone umfasst das Seegebiet bis zu 200 Meilen von der Küstengrundlinie. Vgl. Dixon (2007): a. a. O., S. 215/219. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis treten (vgl. Art. 6). Jede Vertragspartei könne bei all diesen Vorgaben selbst entscheiden, ob sie (potentiell nuklear bewaffneten) ausländischen Schiffen und Flugzeugen ihr Staatsgebiet zur Verfügung stellt, sofern diese Entscheidungsfreiheit denn völkerrechtlich überhaupt gegeben ist, also die Fahrzeuge nicht ohnehin freie Fahrt genießen (vgl. Art. 7).428 Art. 8 erschafft die zum Vertrag zugehörige Institution, die “Commission for the Southeast Asia Nuclear Weapon-Free Zone“. Im Verdachtsfall könne ein Vertragsstaat das Executive Committee der Vertragskommission – erschaffen durch Art. 9 – um die Entsendung einer „Fact Finding Mission“ in einen anderen Vertragsstaat ersuchen (vgl. Art. 13). Gem. Art. 4 Annex bestehe solch eine Fact Finding Mission aus 3 IAEA-Inspektoren mit vertragsexterner Nationalität. Mit dem Protokoll zum Vertrag sollen sich USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und China verpflichten, das Vertragsgebiet nicht für Nuklearwaffeneinsätze zu missbrauchen (vgl. Art. 1) und überdies, keine Nuklearwaffen gegen einen Vertragsstaat einzusetzen bzw. damit zu drohen (Negative Security Assurances, vgl. Art. 2).429 Keiner dieser Nuklearwaffenstaaten hat jedoch das Protokoll unterzeichnet und ratifiziert:430 Sie verweigern sich u. a. der Anerkennung von Schelf und EEZ als Vertragsgebiet – diese seien überdies im südchinesischen Meer gar nicht klar demarkiert. Ferner lehnen die Nuklearwaffenstaaten das Verbot ab, in der Zone Nuklearwaffen zu benutzen bzw. Nuklearwaffen aus der Zone auf außerhalb liegende Ziele zu schießen. Die USA bezweifeln außerdem die Möglichkeit von rechtlich verbindlichen Negative Security Assurances und kritisieren die Undeutlichkeit der Vertragssprache in Bezug auf die Zulässigkeit von Schiffen, welche Nuklearwaffen transportieren könnten (vgl. Art. 7).431 Der Friedensnobelpreis wird zu gleichen Teilen an die Pugwash Conferences on Science and World Affairs (siehe Eintrag 1957) und an ihre Schlüsselfigur Joseph Rotblat (siehe „INESAP“, ebenfalls Eintrag 1995) verliehen.432 1996: 428 429 430 431 432 433 USA, Russland und IAEA starten die „Trilateral Initiative“: Mittels der „Trilateral Initiative Working Group“ sollen technische, finanzielle und rechtliche Möglichkeiten erarbeitet werden, um eine zukünftige Reduktion von waffenfähigem nuklearen Material auch tatsächlich verifizieren zu können, ohne dabei sensible Informationen offenbaren zu müssen. 2002 wird die Arbeit der Working Group als erfüllt angesehen werden – sie wird finanzielle und rechtliche Verifikationsmöglichkeiten erarbeitet haben, die aber bis heute nicht umgesetzt worden sind.433 Neben Verifizierungsmöglichkeiten für die Reduktion von waffenfähigem Material hat die Trilateral Initiative auch mögliche Verifikationsformen für die eigentliche Zerstörung von nuklearen Sprengköpfen erarbeitet – doch auch bei der Verifizierung von Sprengkopfzerstö- Schiffe haben nach der „UN Convention on the Law of the Sea“ (siehe auch Eintrag 1971) im Normalfall das Recht auf “Innocent Passage” in fremden territorialen Gewässern (vgl. Art. 17 ff.). Flugzeuge und Schiffe haben daneben das Recht auf die „archipelagic sea line passage“ in vom Archipel-Staat gezogenen Schifffahrtslinien und Flugrouten (vgl. Art. 53.2 ff.) sowie das Recht auf „transit passage“ in international genutzten Schifffahrts- bzw. Luftverkehrsstraßen (vgl. Art. 37 ff.). Vgl. United Nations (2007): United Nations Convention on the Law of the Sea, a. a. O. United Nations (2008): Treaty of Bangkok, http://disarmament.un.org/TreatyStatus.nsf/44e6eeabc9436b78852568770078d9c0/3d4956d9383d92d0852568770079 dda0?OpenDocument, Zugriff: 30.11.2009. Arms Control Association (2010): Nuclear-Weapon Free-Zones at a Glance, http://www.armscontrol.org/factsheets/nwfz, Zugriff: 8.5.2011. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2006): Southeast Asia Nuclear-Weapon-Free Zone Treaty, http://www.nti.org/e_research/official_docs/inventory/pdfs/seanwfz.pdf, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Pugwash Conferences on Science and World Affairs Online (2009): About Pugwash. Nobel Peace Prize. Nobel Peace Prize Announcement, http://www.pugwash.org/award/nobelstatement.htm, Zugriff: 7.3.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2005): Russia. Trilateral Initiative, http://www.nti.org/db/nisprofs/russia/fissmat/plutdisp/trilat.htm, Zugriff: 5.6.2011. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis rungen gilt, dass die Empfehlungen der Trilateral Initiative noch von keinem Vertrag als Abrüstungswerkzeug vorgeschrieben worden sind.434 Der US-Senat ratifiziert den START II-Vertrag mit überwältigender Mehrheit, aber auch mit gewissen Interpretationen: So werden die USA gewisse Produktionsmöglichkeiten für Nuklearwaffen aufrecht erhalten, so dass Sicherheit und Zuverlässigkeit des nuklearen Arsenals auf START II-Level gewährleistet sei.435 Nicht nach acht – wie ursprünglich geplant –, sondern nach sechs Nuklearwaffentests auf dem Mururoa- und dem Fangataufa-Atoll im Südpazifik schließt Frankreich sein dortiges Testgelände und erkennt mit Ratifizierung der Protokolle den Treaty of Rarotonga (siehe Eintrag 1985) an. Der französischen Entscheidung waren internationale Proteste vorausgegangen, darunter der missglückte Versuch Neuseelands, den Stopp der Tests durch Richterspruch des International Court of Justice zu erreichen. Auch China führt in diesem Jahr seinen 45. und bis heute letzten Nuklearwaffentest durch.436 Die USA verkünden die Schaffung eines Abwehrsystems gegen Raketen mit kürzerer Reichweite bis zum Jahr 2000.437 Der „Treaty of Pelindaba“ soll einen nuklearwaffenfreien Kontinent Afrika schaffen. Art. 1.a definiert die zu erschaffene nuklearwaffenfreie Zone: Der Kontinent selbst, jene Inselstaaten, die Mitglieder in der Organization of African Unity sind (Anm.: die heutige African Union), außerdem alle Inseln, die von der Organization of African Unity als afrikanisch anerkannt werden. Art. 3 verbietet Entwicklung und Besitz von Nuklearwaffen (vgl. [a]), die Entgegennahme von Hilfe zu solchen Vorhaben (vgl. [b]) sowie die eigene Unterstützung anderer bei solchen Vorhaben (vgl. [c]). Art. 4.1 weist alle Vertragsstaaten an, das Stationieren von Nuklearwaffen auf ihrem Staatsgebiet zu verhindern. Art. 4.2 lässt den Vertragsstaaten Wahlfreiheit, ob sie fremden und potentiell nuklear betriebenen und/oder bewaffneten Schiffen und Flugzeugen den Aufenthalt im eigenen Staatsgebiet erlauben sollen, sofern diese Fahrzeuge nicht völkerrechtlich ohnehin freie Fahrt haben würden (vgl. auch Art. 7 Treaty of Bangkok, Eintrag 1995). Art. 5 fordert die Vertragsparteien auf, keine Nuklearwaffen zu testen (vgl. [a]), solche Tests auch generell zu verbieten (vgl. [b]) und Niemanden bei solchen Tests zu unterstützen (vgl. c). Art. 6 fordert, alles nuklear Sprengbare wie auch dessen Produktionsstätten zu vernichten (vgl. [b-c]). Die IAEA und die neu durch diesen Vertrag geschaffene „African Commission on Nuclear Energy“ (vgl. Art. 12.1) sollen diese Vorgänge überwachen (vgl. [d]). Import von radioaktivem Müll und die Assistenz beim Abladen solchen Mülls ist nach Art. 7 verboten. Der Artikel beschreibt nicht – wie etwa der Treaty of Bangkok (vgl. Art. 3.3/4.2.e, siehe Eintrag 1995) – was mit nicht-importiertem radioaktivem Müll aus ziviler Nutzung geschehen soll. Zur Verifikation des Vertrags fordert Art. 9.b die Vertragsstaaten auf, Vereinbarungen über Sicherungsmaßnahmen mit der IAEA zu treffen. Art. 11 verbietet ausdrücklich einen bewaffneten Angriff – konventioneller oder anderer Natur – auf eine Nuklearanlage irgendwo auf dem Vertragsgebiet. Protokoll 1 verlangt von den offiziellen Nuklearwaffenstaaten Negative Security Assurances gegenüber dem Vertragsgebiet. Protokoll 2 verbietet den Nuklearwaffenstaaten das Testen von Nuklearwaffen im Vertragsgebiet. Protokoll 3 schreibt Frankreich und Spanien vor, die eigene Hoheitsgebiete in der afrikanischen nuklearwaffenfreien Zone haben, die Provisionen des Vertrags auch in diesen Gebieten zu erfüllen.438 Protokoll 1 und 2 sind von Frankreich, Großbritannien und China ratifiziert worden, 434 435 436 437 438 Vgl. Acton et al. (2008): a. a. O., S. 52. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. Center for Nonproliferation Studies (2008): Appendix XXI. African Nuclear-Weapon-Free Zone Treaty (Pelindaba Treaty), http://www.nti.org/e_research/official_docs/inventory/pdfs/aptanwfz.pdf, Zugriff: 1.12.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis nicht aber von USA und Russland. Protokoll 3 ist von Frankreich ratifiziert worden, von Spanien jedoch nicht einmal unterzeichnet. Der Vertrag wird erst 2009 nach Eingang des 28. Ratifikationsinstruments (gem. Art. 18.2) in Kraft treten.439 Die Protokolle treten dabei für die Staaten, die sie bereits ratifiziert haben, zeitgleich mit dem Hauptvertrag in Kraft (vgl. jeweils Art. 7 der Protokolle).440 USA und Russland erarbeiten ein erstes Abkommen zur Raketenabwehr. Es definiert sowohl erlaubte ABM-Systeme (gegen strategische Raketen) als auch „Theater Missile Defense systems“ (gegen nicht-strategische Raketen, siehe Einträge 1997 [„Joint Statement Concerning the Anti-Ballistic Missile Treaty“ und „TMD Demarcation Agreement“]). Dieses Abkommen erlaubt Systeme mit Interzeptoren, also Abwehr-Raketen, mit einer Geschwindigkeit von bis zu 3 km/sek. Es stelle angeblich keine Verletzung des ABM-Vertrags von 1972 dar. Die Interzeptoren sind nicht gegen Raketen einsetzbar, die schneller als 5 km/sek sind und eine Reichweite über 3.500 km haben. USA und Russland vereinbaren jedoch, über die Zulassung von noch schnelleren Raketenabwehrsystemen zu diskutieren (siehe Einträge 1997). Jedoch sagen beide im gleichen Jahr die Unterzeichnungszeremonie für das Raketenabwehrabkommen unter gegenseitiger Beschuldigung ab. Russland will das bereits ausgehandelte Abkommen erst in Kraft treten lassen, wenn bereits ein zweites Abkommen über leistungsfähigere Abwehrsysteme vorliege. Die USA wollen solche Abkommen getrennt voneinander behandeln und verweigern die Signatur.441 Mittels Resolution 49/75 K (1994) hat die UN General Assembly gem. Art. 96.1 UN Charter ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofs, dem International Court of Justice (ICJ), eingeholt über die Frage: „Ist die Androhung oder Benutzung von Nuklearwaffen unter irgendeinem Umstand im internationalen Recht erlaubt?442 Der ICJ definiert zuerst das anwendbare Völkerrecht: die UN Charter, das humanitäre Völkerrecht, auch Kriegsrecht genannt, und Verträge zu Nuklearwaffen (vgl. § 34). Daneben stellt der ICJ fest, dass sich Nuklearwaffen von allen anderen Waffen unterschieden, da sie das Potential hätten, Zivilisation und Ökosystem der Erde zu zerstören (vgl. § 35). Der ICJ versucht, das unveräußerliche Recht der Staaten auf Selbstverteidigung aus Art. 51 UN Charter (vgl. § 38), das freilich dem Prinzip der Notwendigkeit und Proportionalität unterliege (vgl. § 41-44), und das hohe Maß an Unvereinbarkeit zwischen Nuklearwaffen und dem humanitären Völkerrecht gegeneinander abzuwägen. So soll festgestellt werden, ob Gebrauch und Androhung von Nuklearwaffen als illegal deklariert werden könnten. Jahr für Jahr verabschiede die UN General Assembly Resolutionen mit großer Mehrheit, in denen eine Konvention gefordert werde, die den Einsatz von Nuklearwaffen komplett illegalisieren würde (vgl. UNGA Res. 1653 [XVI, 1961], UNGA Res. 45/59 B [1990] und UNGA Res. 46/37 [1991], siehe die entspr. Einträge). So zeige die Weltgemeinschaft doch ihren mehrheitlichen Wunsch nach Abschaffung aller Nuklearwaffen (vgl. § 73). Es sei anzunehmen, dass die vom humanitären Völkerrecht vorgeschriebene Differenzierung zwischen Kombatanten und Nicht-Kombatanten (vgl. § 78) durch die alles vernichtenden Nuklearwaffen niemals zur Geltung kommen könne (vgl. § 92). Ähnlich könne argumentiert werden, dass Nuklearwaffen mit ihren Staatsgrenzen überschreitenden Folgeschäden das Prinzip der Neutralität verletzen (vgl. § 93). Der ICJ räsoniert darum, dass Gebrauch oder Androhung des Gebrauchs von Nuklearwaffen wohl kaum mit dem humanitären Völkerrecht in Einklang gebracht werden könnten (vgl. § 95). Trotzdem könne der ICJ Nuklearwaffen nicht 439 440 441 442 Vgl. ebd. (2010): African Nuclear-Weapon-Free Zone, http://www.nti.org/e_research/official_docs/inventory/pdfs/anwfz.pdf, Zugriff: 22.5.2010. Vgl. ebd.: Appendix XXI. African Nuclear-Weapon-Free Zone Treaty (Pelindaba Treaty), a. a. O. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. International Court of Justice (1994): Request for Advisory Opinion, http://www.icjcij.org/docket/files/95/7646.pdf, Zugriff: 7.6.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis für völkerrechtlich illegal erklären! Er könne nicht das fundamentale Recht eines Staates auf Überleben des Art. 51 UN Charter vernachlässigen. Ebenso wenig könne der ICJ die „Politik der Abschreckung“ ignorieren, die ein bemerkenswerter Teil der Weltgemeinschaft über viele Jahre angewendet habe (vgl. § 96). Der ICJ schlussfolgert, dass es weder vertraglich noch gewohnheitsrechtlich ein Verbot von Nuklearwaffen gebe (vgl. § 57/105.2.b). Auch er könne für die extreme Ausnahmesituation, in der ein Staat ums Überleben kämpft, keine Entscheidung über Legalität oder Illegalität von Nuklearwaffeneinsätzen oder -androhungen treffen (vgl. § 97). Der ICJ behält sich dennoch eine weitergehende Bemerkung vor: Er bekräftigt die besondere Wichtigkeit von Art. VI NPT (siehe Eintrag 1968), der die NPTVertragsstaaten zur nuklearen Abrüstung verpflichtet. Hierbei gehe es um mehr als um eine Obligation zu bloßen Verhandlungen. Es gehe um die Verpflichtung, ein präzises Ziel – das der kompletten nuklearen Abrüstung – auch tatsächlich zu erreichen (vgl. § 99). Diese doppelte Verpflichtung, Verhandlungen zu führen und zum definierten Ergebnis zu bringen, binde alle Mitgliedsstaaten des NPT – und somit die überwältigende Mehrheit der Staatengemeinschaft. Wenn es ein realistisches Bemühen um komplette nukleare Abrüstung geben solle, sei die Kooperation aller Staaten notwendig (vgl. § 100).443 Nicht alle Richter sind jedoch mit der Ausklammerung der staatlichen Selbstverteidigung vom Nuklearwaffen-Einsatzverbot einverstanden: Christopher G. Weeramantry äußert in einer fast 100seitigen Erklärung seinen Dissenz. Die Benutzung von Nuklearwaffen oder deren Androhung sei illegal unter allen Umständen; sie widerspreche dem fundamentalen Prinzip der menschlichen Würde und dem Wert der menschlichen Person, auf denen alles Recht aufgebaut sei. Nuklearwaffen gefährdeten jedes Leben auf diesem Planeten (vgl. Pkt. [a]). Auch wenn der ICJ in § 105.2.b anderer Ansicht sei, gebe es vertragliche Verbote für den Einsatz von Nuklearwaffen, etwa durch Umweltrecht (vgl. Pkt. [c]/III.10.f), das Genfer Gasprotokoll von 1925 (vgl. Pkt. [c]/III.12) und die Haager Regulationen (vgl. Pkt. [c]/III.13). Auch im Falle der staatlichen Selbstverteidigung müsse der Einsatz von Nuklearwaffen illegal sein – er würde nur eine noch massivere nukleare Reaktion des Opponenten hervorrufen (vgl. Pkt. IV). Kein Staat könne für sein eigenes Wohl die Zerstörung der Zivilisation in Kauf nehmen, die bei jedem Nuklearwaffen-Einsatz drohe (vgl. Pkt. [5]).444 Russland testet erfolgreich eine „Topol-M“ – eine Interkontinentalrakete. Diese einzige, gegenwärtig produzierte ICBM wird das Rückgrat der russischen ICBM-Staffel werden. Sie trägt jeweils einen Nuklearsprengkopf.445 Der „Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty“ (CTBT) liegt endlich zur Signatur bereit. Art. I.1 verbietet den Vertragsstaaten jegliche Nuklearwaffentests und jegliche Nuklearexplosion. Der CTBT überdeckt mit dieser Provision die Bestimmungen von Partial Test-Ban Treaty (Eintrag 1963), Threshold Test Ban Treaty (Eintrag 1974) und Peaceful Nuclear Explosions Treaty (Eintrag 1976), die gewisse Nuklearsprengungen noch stets zuließen. Die Vertragsstaaten sollen jede dieser Nuklearexplosionen unter ihrer Jurisdiktion und Kontrolle verhindern (vgl. Art. I.1 & Art. III). Die Vertragsstaaten dürfen sich in keinster Weise an einer Nuklearexplosion beteiligen oder andere zu einer solchen ermutigen (vgl. Art. I.2). Als Implementierungs- und Konsolidierungsbehörde für den Vertrag schafft Art. II die Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization in Wien. Art. IV regelt die Verifikation, bestehend aus einem „International Monitoring System“ (zusammenge- 443 444 445 Vgl. ebd. (1996): Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons. Advisory Opinion of 8 July 1996, http://www.icjcij.org/docket/files/95/7495.pdf, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. ebd. (2009): Dissenting Opinion of Judge Weeramantry, http://www.icj-cij.org/docket/files/95/7521.pdf, Zugriff: 7.3.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis setzt aus seismologischen, akustischen und radionukliden Überwachungsstationen, vgl. Art. IV.1.a/IV.16 ff., vgl. auch Protokoll Part I & Protokoll Annex 1), „Consultation and Clarification“ (Offenlegung von Daten eines Vertragsstaates auf Wunsch eines anderen, vgl. Art. IV.1.b/IV.29 ff.), „On-site inspections“ (Vor-Ort-Inspektionen in einem Vertragsstaat auf Wunsch eines anderen, vgl. Art. IV.1.c/IV.34 ff.) und „Confidence-building measures“ (zuverlässige Kooperation innerhalb des Vertragsregimes, vgl. Art. IV.1.d/IV.68). Im Falle einer Vertragsverletzung könne der Executive Council der Vertragsorganistion (gegründet durch Art. II.4/27) den Fall vor die UN bringen, sollten vertragsinterne Maßnahmen versagen (vgl. Art. V.4). Der CTBT solle von unbegrenzter Gültigkeit sein (vgl. Art. IX.1). Er werde in Kraft treten, nachdem alle 44 Staaten ihn ratifiziert haben, die in Annex 2 des Vertrags aufgelistet sind (vgl. Art. XIV.1). Dies sind Staaten, die laut IAEA in den Stichjahren 1995 und 1996 Atomkraftwerke und/oder Forschungsreaktoren besitzen,446 also viele europäische Länder sowie, u. a., USA, Russland, China, Indien, Pakistan, Israel, Iran und Nordkorea (vgl. Annex 2).447 Indien, Pakistan und Nordkorea haben als Annex 2Staaten den CTBT bislang jedoch weder unterschrieben noch ratifiziert. USA, China, Israel, Iran, Ägypten und Indonesien als Annex 2-Staaten haben ihn unterschrieben, jedoch nicht ratifiziert. Insgesamt haben 182 Staaten den CTBT unterschrieben und 153 ihn bereits ratifiziert (Stand: Juni 2010).448 Der CTBT ist somit bis heute noch nicht in Kraft getreten und besitzt höchstens gewohnheitsrechtliche Kraft. Partial Test Ban Treaty, Threshold Test Ban Treaty und Peaceful Nuclear Explosions Treaty hingegen bleiben vertragsrechtlich relevant. Indien hat bereits die Verhandlungen zum CTBT in der Conference on Disarmament geblockt: Der Vertrag sei nicht „comprehensive“ (umfassend), da er nicht-explosives Testen von Nuklearwaffen nicht verbiete (etwa Tests unterhalb der kritischen Masse und Tests mittels Computer-Simulationen, vgl. auch „Stockpile Stewardship Program“, Eintrag 1994).449 Weißrussland transportiert seine letzte Rakete nach Russland, um sie dort zerstören zu lassen. Somit folgt Weißrussland dem Vorbild der Ukraine und Kasachstans als weitere ehemalige Sowjetrepublik, die alle Nuklearwaffen aufgegeben hat.450 33 Staaten erschaffen das „Wassenaar Arrangement“, ein ExportkontrollRegime für konventionelle Waffen sowie für Güter und Technologien, die u. a. für Waffenzwecke missbraucht werden könnten („Dual-Use Goods and Technologies“). Benannt ist das Abkommen nach dem Aushandlungsort nördlich von Den Haag.451 Die Vertragsstaaten sollen dafür sorgen, dass etwa Kriegsschiffe oder Raketensysteme nicht an friedensbedrohende Staaten oder Gruppen geliefert werden (vgl. Guidelines & Procedures, inkl. Initial Elements, Art. 1.1/5 und Appendix 3, Art. 6 446 447 448 449 450 451 Aus dieser Provision lässt sich das Zugeständnis der internationalen Gemeinschaft herauslesen, dass auch die sog. „friedliche“ oder „zivile“ Nutzung von Nuklearenergie (vgl. Art. IV NPT) ein Tor zur Proliferation von Nuklearwaffen ist. Welcher andere Grund als derjenige, ein ziviles Nuklearprogramm schnell und technisch unkompliziert in ein militärisches umwandeln zu können, sollte die Verfasser des CTBT zu dieser Provision bewogen haben? Vgl. Slater, Alice: The „Inalienable Right“ to Peaceful Nuclear Power: A Recipe for Chaos, in: Falk et al. (2008): a. a. O., S. 58. Vgl. Preparatory Commission for the Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization (2010): Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty, http://www.ctbto.org/fileadmin/content/treaty/treatytext.tt.html, Zugriff: 5.4.2010. Vgl. ebd.: Status of Signature and Ratification, http://www.ctbto.org/the-treaty/status-of-signature-and-ratification/, Zugriff: 14.6.2010. Vgl. Menon (2001): a. a. O., S. 47. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Wassenaar Arrangement on Export Controls for Conventional Arms and Dual-Use Goods and Technologies Secretariat (2009): Genesis of the Wassenaar Arrangement, http://www.wassenaar.org/introduction/origins.html, Zugriff: 24.3.2009. Vgl. ebd.: Basic Documents, http://www.wassenaar.org/publicdocuments/docs/Basic_documents_2008.pdf, Zugriff: 24.3.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis f.).452 Heute hat das Arrangement 40 Mitgliedsstaaten: Hauptsächlich sind es europäische Länder, daneben aber auch USA, Kanada, Russland, Türkei, Argentinien, Südafrika, Südkorea, Japan, Australien, Neuseeland.453 UN General Assembly Resolution 51/45 M ruft in § 4 die UNMitgliedsstaaten auf, sofort mit Verhandlungen über eine „Nuclear Weapons Convention“ (siehe auch Einträge 1995, 1997 und 2006) zu beginnen, die Entwicklung, Produktion, Tests, Stationierung, Lagerung, Transfer, Androhung des Gebrauchs und Anwendung von Nuklearwaffen verbieten sowie deren Eliminierung regeln solle.454 Zwei Drittel der UN-Staaten unterstützen die Resolution, inklusive China, Indien und Pakistan. Nein-Stimmen kommen jedoch von USA, Russland, Großbritannien und Frankreich.455 1997: 452 453 454 455 456 457 458 459 460 461 Das Europäische Parlament fordert alle Mitglieder auf, Verhandlungen über eine Nuclear Weapons Convention zu unterstützten, die Nuklearwaffen illegalisieren würde (siehe auch Einträge 1995, 1996, nochmals 1997 und 2006).456 Clinton und Jelzin veröffentlichen das „Joint Statement on Parameters on Future Reductions in Nuclear Forces“. Sobald START II (siehe Eintrag 1993) in Kraft trete, sollten Verhandlungen über START III begonnen werden. START III sollte enthalten: eine Reduktion der nuklearen Sprengköpfe auf 2.000-2.500 pro Seite bis zum Jahr 2007, außerdem größere Transparenz der nuklearen Arsenale sowie die Regelung über eine unbegrenzte Gültigkeit der bestehenden STARTVerträge.457 In einem anderen Statement, dem „Joint Statement Concerning the Anti-Ballistic Missile Treaty“, versichern USA und Russland, dass sie trotz ihrer Experimente mit Theater Missile Defense Systems (siehe Eintrag 1996 [„Abkommen zur Raketenabwehr“]) am ABM-Vertrag von 1972 als strategischem Eckpfeiler festhalten würden.458 Ein internationales Team aus Wissenschaftlern, Juristen und Abrüstungsexperten der Organisationen „International Association of Lawyers against Nuclear Arms“, „International Network of Engineers and Scientists Against Prolifertion“ (INESAP, siehe Eintrag 1995) und „International Physicians for the Prevention of Nuclear War“ (IPPNW, siehe auch Einträge 1985 und 1998)459 veröffentlicht zum ersten Mal eine „Model Nuclear Weapons Convention“ (siehe auch Einträge 1995, 1996, nochmals 1997 und 2006) zur kompletten Eliminierung von Nuklearwaffen.460 Nordkorea feuert eine Taepodong-1-Rakete über Honshu, die japanische Hauptinsel, und behauptet, mit der Rakete hätte es einen Satelliten ins All gebracht. Ein Jahr später folgt die zweite nordkoreanische Taepodong-1 über Japan, wieder mit dem gleichen Begründungsversuch.461 Vgl. ebd. Vgl. ebd.: Participating States, http://www.wassenaar.org/participants/index.html, Zugriff: 13.6.2011. Vgl. United Nations (2009): General Assembly Resolution 51/45 M. Vgl. United Nations Bibliographic Information System (2009): Voting Record Search. A/RES/51/45M. Voting Summary/Detailed Voting, http://unbisnet.un.org:8080/ipac20/ipac.jsp?profile=voting&index=.VM&term=ares5145m#focus, Zugriff: 6.3.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Federation of American Scientists (1998): Joint Statement on Parameters on Future Reductions in Nuclear Forces, http://www.fas.org/nuke/control/start3/docs/bmd970321e.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. ebd.: Joint Statement Concerning the Anti-Ballistic Missile Treaty, http://www.fas.org/nuke/control/abmt/text/s970321at.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. International Network of Engineers and Scientists Against Prolifertion (2009): Nuclear Weapons Convention, http://www.inesap.org/publications/nuclear-weapons-convention, Zugriff: 7.6.2010. Middle Powers Initiative (2008): Model Nuclear Weapons Convention, http://www.middlepowers.org/docs.html, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis USA, Russland, Ukraine, Kasachstan und Weißrussland unterzeichnen ein Paket von Vereinbarungen, die den ABM Treaty von 1972 modifizieren: In einem „Memorandum of Understanding“ treten Russland, Ukraine, Kasachstan und Weißrussland kollektiv die Rechtsnachfolge der Sowjetunion unter dem ABMVertrag an (vgl. Art. I-III). Nach Art. VI des Memorandums sind die neuen Vertragsparteien gemeinschaftlich an die Limitierung auf ein ABM-System pro Seite gebunden.462 Neben dem Memorandum of Understanding gehören zwei Agreed Statements zu dem Paket von Vereinbarungen, die auch als „Theater Missile Defense (TMD) Demarcation Agreement“ bezeichnet werden.463 TMD bezeichnet ein Abfangsystem gegen ballistische Raketen mit kürzerer Reichweite (1.000 km oder weniger).464 1996 ist die Signatur eines Abkommens zu TMD-Systemen nicht zustande gekommen (siehe Eintrag 1996 [„Abkommen zur Raketenabwehr“]). Im ersten Teil des nun unterzeichneten TMD Demarcation Agreement, dem „First Agreed Statement“, reinterpretieren die Vertragsstaaten die Provision aus Art. VI des ABMVertrags, die verbietet, gewöhnliche Raketen mit der ABM-Funktion auszustatten. Fortan gelte, dass eine Abfangrakete mit einer Geschwindigkeit bis zu 3 km/sec., getestet gegen Raketen von max. 5 km/sec. und von einer Maximal-Reichweite von 3.500 km, noch keine ABM-Rakete sei (vgl. Art. 1) – sie sei darum noch vertragskonform. Diese Definition wird im zweiten Teil des TMD Demarcation Agreement, dem „Second Agreed Statement“, bereits wieder verwässert: Dieses Agreement spricht nämlich von Abfangraketen, welche die Geschwindigkeitsobergrenze aus dem First Agreed Statement von 3 km/sec bereits überschreiten (vgl. Präambel). Solche Raketen dürften aber ebenfalls nur mittels Zielraketen getestet werden, die nicht schneller seien als 5 km/sec und nicht weiter flögen als 3.500 km (vgl. Art. 1). Art. 2 verbietet das Stationieren von Abfangraketen im Weltraum gegen nichtstrategische Raketen. Das Second Agreed Statement deklariert in der Präambel außerdem folgende Prinzipien: Die im Statement behandelten Raketenabfangsysteme sollten nicht gegen die anderen Vertragsparteien gerichtet sein. Sie sollten mit der Bedrohung von außen im Verhältnis stehen. Sie sollen nur dann stationiert werden, wenn sie dadurch keine realistische Bedrohung des strategischen Nukleararsenals der anderen Vertragsstaaten darstellen.465 Dieses letzte Prinzip stellt eine Aufweichung von Art. VI.a des ABM-Vertrags dar, der die Umwandlung von gewöhnlichen Raketen zur ABM-Fähigkeit verbietet („Anti-Ballistic Missiles“ = Abfangraketen gegen strategische Raketen). Dieses Verbot gilt nach dem Second Agreed Statement nur noch, wenn die Abfangsysteme, die als TMD-System eigentlich nur gegen nicht-strategische Raketen angewandt werden sollten, wie oben beschrieben für das strategische Arsenal keine „realistische“ Bedrohung darstellen. Da die USA im Vorfeld der Abkommensabschlüsse bereits statuiert haben, dass sie mit oder ohne Abkommen ihre geplanten Abwehrsysteme vorantreiben würden, hat Russland keine andere Wahl, als das Aufweichen des ABM-Vertrags in der vorliegenden Form hinzunehmen. Die Alternative – ein Ende der Verhandlungen ohne Abkommensschluss – würde die Ohnmacht Russlands gegenüber den USA nur noch deutlicher werden lassen.466 Zum In-Kraft-Treten des TMD Demarcation Ag- 462 463 464 465 466 Vgl. United States Department of State (1997): Anti-Ballistic Missile Treaty, http://www.state.gov/t/vci/trty/101888.htm#sccdocuments, Zugriff: 3.12.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2008): WMD 411. U.S.-Russian Treaties and Agreements. 1972 Anti-Ballistic Missile Treaty. http://www.nti.org/f_wmd411/f1b2_2.html#demarc, Zugriff: 3.1.2009. Vgl. ebd.: Glossary. Theater Missile/Theater Missile Defense (TMD), http://www.nti.org/f_wmd411/glossary.html#tmd, Zugriff: 3.1.2009. Vgl. US Department of State (1997): Anti-Ballistic Missile Treaty, a. a. O. Vgl. Union of Concerned Scientists (1997): The ABM Treaty Demarcation Agreement, http://www.ucsusa.org/nuclear_weapons_and_global_security/missile_defense/policy_issues/the-abm-treatydemarcation.html, Zugriff: 24.10.2008. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis reement wird es allerdings nie kommen (siehe Eintrag 2002 [„US-Kündigung des ABM-Vertrages“]). Somit auch nicht zum In-Kraft-Treten von START II, da Russland dessen In-Kraft-Treten von der US-Ratifikation des TMD Demarcation Agreement abhängig gemacht hat (siehe Eintrag 1993 [„START II“]).467 Die IAEA verabschiedet, letztendlich aus Folge der Offenlegung des irakischen Nuklearwaffenprogramms 1991,468 das „Model Protocol Additional to the Agreement(s) Between State(s) and the International Atomic Energy Agency for the Application of Safeguards” (kurz: „Additional Protocol“), das für Staaten, die ein Sicherungsabkommen (siehe u. a. Eintrag 1972 [„Sicherungsmaßnahmen“]) mit der IAEA (im Rahmen des Art. III.1 NPT) abgeschlossen haben, als Vorlage für ein zusätzliches Protokoll dienen soll. Dieses soll bessere Verifikation ermöglichen als in früheren Protokollen. Es regelt – anders als 1972 – die Offenlegung des gesamten Nuklearprogramms eines Nicht-Nuklearwaffenstaats (vgl. § 2 f.) sowie den Zugang der IAEA-Inspektoren zu allen diesen Nuklearanlagen (vgl. § 4-6). War 1956 im IAEA-Statut noch angelegt, dass Inspektionen nur mit Vorankündigung, nur in IAEAgesponsorten Einrichtungen bzw. nur auf staatlichen Wunsch hin möglich waren (vgl. Art. XI.A/XII.A IAEA Statute), so ist jetzt die Kompetenz der Inspektoren so weit fortgeschritten, dass sie nahezu überall Zugang haben und sich nur zwei Stunden vor einer Inspektion oder sogar noch kurzfristiger ankündigen müssen (vgl. § 4.b.ii/5.a).469 Solch ein Zusatzprotokoll ist bis zum Jahr 2009 in etwa Zwei-Dritteln der NPT-Vertragsstaaten in Kraft getreten.470 Von den Staaten mit signifikanten nuklearen Programmen haben ca. 90 % ein Additional Protocol in Kraft treten lassen oder zumindest unterzeichnet – Argentinien, Brasilien, Venezuela, Nordkorea, Ägypten, Syrien und Iran jedoch nicht.471 NATO und Russland unterzeichnen den „Founding Act on Mutual Relations, Cooperation and Security”: Damit gründen sie den „Russia-NATO Permanent Joint Council“, der als Forum zur Konsensfindung und eventuell zur Vorbereitung gemeinsamer „Peacekeeping Operations“ unter UN- oder OSCE-Mandat dienen solle. Die NATO erklärt außerdem, dass sie keine Intention, keinen Plan und keinen Grund habe, Nuklearwaffen auf dem Territorium neuer Mitgliedsstaaten zu stationieren, einzulagern oder generell ihre Nuklearstrategie irgendwie zu ändern.472 US-Präsident Clinton unterzeichnet die „Presidential Decision Directive 60“ über die zukünftige US-Nuklearwaffenpolitik: Nuklearwaffen seien auch weiterhin der Stützpfeiler der US-Sicherheit! Sie müssten dazu dienen, unmittelbar auf jede (auch nicht-nukleare) Attacke reagieren zu können. Die USA müsse außerdem weiterhin an der Möglichkeit flexibler nuklearer Reaktionen arbeiten, sodass ihr nicht nur die nukleare „Alles oder Nichts“-Option bleibe.473 467 468 469 470 471 472 473 Vgl. Nuclear Threat Initiative (2008): WMD 411. U.S.-Russian Treaties and Agreements, http://www.nti.org/f_wmd411/f1b2_2.html#demarc, Zugriff: 13.2.2010. Vgl. Squassoni, Sharon: The Iranian Nuclear Program, in: Busch et al. (2009): a. a. O., S. 293. Vgl. International Atomic Energy Agency (2009): INFCIRC/540 (Corrected). Model Protocol Additional to the Agreement(s) Between State(s) and the International Atomic Energy Agency for the Application of Safeguards, http://www.iaea.org/Publications/Documents/Infcircs/1997/infcirc540c.pdf, Zugriff: 3.12.2009. Vgl. Reed et al. (2009): a. a. O., S. 323 f. Vgl. International Commission on Nuclear Non-proliferation and Disarmament (2009): Eliminating Nuclear Threats. A Practical Agenda for Global Policymakers, Canberra/Tokyo: International Commission on Nuclear Non-proliferation and Disarmament, http://www.icnnd.org/reference/reports/ent/pdf/ICNND_Report-EliminatingNuclearThreats.pdf, Zugriff: 14.3.2010, Pkt. 9.6 f. Vgl. Federation of American Scientists (1999): Founding Act on Mutual Relations, Cooperation and Security Between the Russian Federation and the North Atlantic Treaty Organization, http://www.fas.org/man/nato/natodocs/founding_act.htm, Zugriff: 6.6.2010. Vgl. ebd. (2000): Presidential Decision Directivces – PDD. PDD/NSC 60. Nuclear Weapons Employment Policy Guidance, http://www.fas.org/irp/offdocs/pdd60.htm, Zugriff: 5.3.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis 1998: Die „Middle Powers Initiative“, ein Zusammenschluss aus 8 NGOs (etwa des „International Peace Bureau“, der „Internantional Physicians for the Prevention of Nuclear War“ [siehe auch Einträge 1985 und 1997] und der „Nuclear Age Peace Foundation“) hält ihr erstes Treffen ab. Die Middle Powers Initiative will mit nuklearwaffenfreien Mittelmächten zusammenarbeiten, um gemeinsam die Nuklearwaffenstaaten zu unmittelbaren praktischen Abrüstungsschritten zu animieren.474 Indien führt fünf Nuklearwaffentests unter der Erde durch und zeigt somit der Welt eindeutig, dass es ein Nuklearwaffenstaat ist. Wenige Tage später führt Pakistan sechs Nuklearwaffentests unter der Erde durch und beweist der Welt ebenfalls seine Nuklearwaffenfähigkeit.475 USA und Großbritannien beenden erfolgreich „Operation Auburn Endeavor“, eine geheime Operation, in der hoch-angereichertes Uran aus dem ehemaligen Sowjet-Staat Georgien nach Schottland gebracht worden ist.476 Die Außenminister von Brasilien, Ägypten, Irland, Mexiko, Neuseeland, Slowenien, Südafrika und Schweden, fortan bekannt als die „New Agenda Coalition“, veröffentlichen das Statement „Towards a Nuclear-Weapon-Free World: The Need For a New Agenda“, in dem sie praktische nukleare Rüstungskontroll- und Abrüstungsschritte fordern: Nukleare Abrüstung müsse bei den Staaten mit den größten Arsenalen beginnen (vgl. Pkt. 8), die nuklearen Arsenale müssten aus ihrem ständigen Alarmzustand enthoben und deaktiviert werden (vgl. Pkt. 10), der Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty müsse in Kraft treten (vgl. Pkt. 11), ebenso wie ein Fissile Material Cut-Off Treaty (vgl. Pkt. 12). Proliferation müsse verhindert werden (vgl. Pkt. 13), No First-Use Policies gegenüber anderen Nuklearwaffenstaaten sollen ausgesprochen werden, ebenso wie Negative Security Assurances gegenüber Nicht-Nuklearwaffenstaaten (vgl. Pkt. 14). Nuklearwaffenfreie Zonen sollen sich über den Mittleren Osten und Südasien erstrecken (vgl. Pkt. 15).477 Die Conference on Disarmament gründet ein Ad-HocKomitee, das mit Verhandlungen über einen Fissile Material Cut-Off Treaty beginnen solle, einem Vertrag über den Produktionsstopp von nuklearwaffenfähigem Material (siehe u. a. auch Einträge 1993 und 2009).478 Die Inspektionen der UN Special Commission im Irak (vgl. UNSC Res. 687, § 9.b.i, Eintrag 1991) werden durch „Operation Desert Fox“ abgebrochen: Die durchgeführten Cruise Missile-Angriffe der USA sind gegen mutmaßliche irakische Produktionsstätten von Massenvernichtungswaffen gerichtet und gelten als Sanktion gegen irakische Behinderungen der UN-Inspektoren.479 Osama Bin Laden bezahlt angeblich 2 Millionen Pfund an einen Mittelsmann in Kasachstan, der ihm dafür innerhalb von zwei Jahren eine nukleare Kofferbombe versprochen haben soll. Wahrscheinlich hat jedoch der israelische Geheimdienst diesen Transfer verhindert.480 1999: Indien und Pakistan unterzeichnen mit der „Lahore Declaration“ einen Vertrag über die Verpflichtung, nach einer friedlichen Lösung der Konfliktpunkte Jammu und Kaschmir zu suchen. Die Lahore Declaration soll die Spannungen zwischen beiden Staaten nach den Nuklearwaffentests ein Jahr zuvor (siehe Eintrag 1998) abschwä- 474 475 476 477 478 479 480 Vgl. Middle Powers Initiative (2008): About MPI, http://www.middlepowers.org/about.html, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Vgl. Global Policy Forum (1998): Towards a Nuclear-Weapon-Free World: The Need For a New Agenda, http://www.globalpolicy.org/security/issues/nucweafr.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. GlobalSecurity.org (2005): Operation Desert Fox, http://www.globalsecurity.org/military/ops/desert_fox.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. McCloud et al. (2001): a. a. O. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis chen: U. a. sollten Schritte unternommen werden, um einen unbeabsichtigten oder unautorisierten Nuklearwaffen-Einsatz zu verhindern. In einem angehängten Memorandum of Understanding vereinbaren beide Seiten, sich gegenseitig über ihre Tests von ballistischen Raketen im Vorfeld zu informieren – dazu solle ein Abkommen geschlossen werden (vgl. Pkt. 2). Beide Seiten würden sich außerdem im Falle eines unbeabsichtigten oder unautorisierten nuklearen Vorfalls, der Folgen von Fallout bis zum Nuklearkrieg haben könnte, in Kenntnis setzen (vgl. Pkt. 3). Beide Seiten sollten überdies ihre unilateralen Testmoratorien fortführen – es sei denn, „außergewöhnliche Ereignisse“ müssten sie vom Teststopp abbringen (vgl. Pkt. 4).481 Die Lahore Declaration kann ein militärisches Zusammenprallen beider Seiten in der Region Kargil (1999) und einen ausgewachsenen Krieg (2001-2003) nach der Attacke auf das indische Parlament nicht verhindern.482 Die Welt fürchtet für Monate einen Nuklearkrieg in Südasien483 – der Geist der Lahore Declaration wird auf Jahre ad acta gelegt werden.484 Die USA testen mittlerweile zum neunten Mail ihr „Theater High Altitude Area Defense (THAAD) System“ (vgl. Eintrag 1995). Daneben proben sie – gemäß der Angaben des Militärs erfolgreich – das Theater Missile Defense (TMD, siehe u. a. Eintrag 1997) System „Patriot Advanced Capability-2“, in dem eine Drohne, die eine Cruise Missile in niedriger Höhe simulieren soll, abgeschossen wird. Ferner beginnen die USA eine Testreihe zum Programm „National Missile Defense“ zur Raketenabwehr im Weltraum.485 Russland testet seine ICBM Topol-M (siehe Eintrag 1996): diesmal mit einer neuen Methode, da Manöver in den Test eingebaut sind, die Anti-Raketensysteme überwinden sollen. Daneben testet Russland eine Kurzstrecken-Abwehrrakete. Russland droht, Gespräche über nukleare Abrüstung mit der USA zu beenden, sollten die USA nicht die Provisionen des ABM-Vertrags erfüllen.486 Das erste von insgesamt drei in Deutschland gebauten U-Booten der DelfinKlasse erreicht Israel. Sicherheitsexperten gehen davon aus, dass die U-Boote für eine nukleare Zweitschlagsfähigkeit ausgebaut werden können – Israel könnte nach einem gegnerischen nuklearen Angriff noch zurückschlagen. Wenige Monate später zerstört eine israelische Arrow II-Rakete im Rahmen eines Tests eine taktische Rakete über dem Mittelmeer. Die Arrow II wird offiziell als abwehrtauglich gegenüber angreifenden taktischen Raketen erklärt.487 50 Jahre nach der Gründung übernimmt die NATO mit dem „The Alliance’s Strategic Concept“ eine neue strategische Doktrin: Darin verkündet sie, dass die konventionelle und nukleare US-Präsenz lebenswichtig für die Sicherheit Europas sei (vgl. Pkt. 42). Im Angesicht unkalkulierbarer und nicht akzeptierbarer Aggressionsrisiken seien Nuklearwaffen essentiell für die Friedensbewahrung (vgl. Pkt. 46). Durch diese Friedensbewahrung würden Nuklearwaffen eine „politische“ Rolle annehmen (vgl. Pkt. 62). Die Wahrscheinlichkeit, dass die NATO Nuklearwaffen einsetze, sei durch ihre konventionelle Kraft aber sehr gering. Dennoch werde die 481 482 483 484 485 486 487 Vgl. United States Institute of Peace (2005): Peace Agreements: India-Pakistan. The Lahore Declaration, http://www.usip.org/files/file/resources/collections/peace_agreements/ip_lahore19990221.pdf, Zugriff: 4.12.2009. Vgl. Paul, T. V.: Nuclear Weapons and Asian Security in the Twenty-first Century, in: Krishnappa et al. (2009): a. a. O., S. 33. Vgl. Quinlan (2009): a. a. O., S. 135. Vgl. Center for Nonproliferation Studies (2006): Lahore Declaration, http://cns.miis.edu/inventory/pdfs/lahore.pdf, Zugriff: 14.6.2010. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis NATO auch „sub-strategische“ (taktische) Nuklearwaffen weiterhin stationiert lassen (vgl. Pkt. 64).488 Diskussionen zwischen USA und Russland zu START III beginnen.489 Auf Anregung der japanischen Regierung wird das „Tokyo Forum for Nuclear Non-Proliferation and Disarmament“ organisiert, das den Bericht „Facing Nuclear Dangers: An Action Plan for the 21st Century“ veröffentlicht: Ein permanentes Sekretariats und eine beratende Kommission zum NPT müssten geschaffen werden, um die Durchsetzung der NPT-Provisionen wieder anzuregen (vgl. Pkt. 5.1). Nuklearwaffen müssten durch phasenweise Reduktion, u. a. innerhalb des START-Regimes, eliminiert werden. Auch Frankreich, Großbritannien und China sollen nuklear ab- und vor allem nicht aufrüsten (vgl. Pkt. 5.2/4). Der CTBT müsse endlich in Kraft treten (vgl. Pkt. 5.3). Die Nuklearwaffenstaaten sollten Transparenzmaßnahmen bzgl. ihrer Arsenale anwenden – vor allem Russland müsse seine Nukleardoktrin sowie seine Anzahl taktischer Nuklearwaffen und seinen Vorrat an spaltbarem Material offenlegen. Ähnlich solle China Anzahl und Typ seiner Nuklearwaffen und seinen Vorrat an spaltbarem Material bekanntgeben (vgl. Pkt. 5.5). Keine Nuklearwaffe dürfe mehr im ständigen Alarmzustand unterhalten werden (vgl. Pkt. 5.6). Der Fissile Material Cut-Off Treaty müsse realisiert werden – Staaten wie China, Indien, Pakistan und Israel sollten ein Produktionsmoratorium verkünden – auch das waffenfähige Material der Nuklearwaffenstaaten, nicht nur der Nicht-Nuklearwaffenstaaten, solle von IAEA-Sicherungsmaßnahmen überwacht werden (vgl. Pkt. 5.7). Nuklearterrorismus müsse verhindert werden (vgl. Pkt. 5.8). Das Missile Technology Control Regime (siehe Eintrag 1987) müsse gestärkt werden und auf den Provisionen des INF-Vertrags (siehe Eintrag 1987) aufbauen, besonders Staaten wie Nordkorea sollten sich an diese Provisionen halten (vgl. Pkt. 5.9). Raketenabwehrpläne dürften lediglich vorsichtig und höchstens im Einklang mit Programmen anderer Staaten vorangetrieben werden (vgl. Pkt. 5.10). Indien und Pakistan sollten letztendlich dem NPT als Nicht-Nuklearwaffenstaaten beitreten – gleiches gelte für Israel (vgl. Pkt. 5.11/12). Die koreanische Halbinsel müsse befriedet und der Stopp des nordkoreanischen Nuklearprogramms (siehe Eintrag 1994 [„US-DPRK Agreed Framework“]) weiterhin aufrecht erhalten werden (vgl. Pkt. 5.13). Im UN Security Council dürfe das Veto niemals eingesetzt werden, um die Unterstützung von UN-Mitgliedsstaaten zu blockieren, die von Massenvernichtungswaffen bedroht würden (vgl. Pkt. 5.14). Die Conference on Disarmament solle die Konsenssuche überwinden, wenn es nicht um Inhaltliches, sondern lediglich um Verhandlungsbeginn oder –abschluss von multilateralen Konventionen gehe (vgl. Pkt. 5.15). Verifikationsmaßnahmen müssten auch nicht-stationierte Nuklearwaffen einschließen. Die Verifikationsmaßnahmen für Bio- und Chemiewaffenkonvention müssten erschaffen bzw. verbessert werden (vgl. Pkt. 5.16). Staaten, welche die Provisionen von Rüstungskontrollverträgen verletzen würden, sollten Sanktionen fürchten müssen, die bis hin zu Maßnahmen des UN-Sicherheitsrats nach Kap. VII der Charter reichen sollten (vgl. Pkt. 5.17).490 Der US-Senat stimmt gegen die Ratifizierung des CTBT (siehe dazu auch Eintrag 1996), was weltweite Empörung auslöst.491 Um die Inspektionen im Irak zur Verhinderung nuklearer, biologischer und chemischer Waffen- und Trägerraketenprogramme wieder aufzunehmen (vgl. Eintrag 1998 [„Operation Desert Fox“]), gründet der UN Security Council in Resoluti- 488 489 490 491 Vgl. North Atlantic Treaty Organization (1999): The Alliance’s Strategic Concept, http://www.nato.int/docu/pr/1999/p99-065e.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2007): Report of the Tokyo Forum for Nuclear Non-Proliferation and Disarmament, http://www.nti.org/db/china/engdocs/toky0799.htm, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. ebd. (2010): a. a. O. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis on 1284 die “United Nations Monitoring, Verification and Inspection Commission” („UNMOVIC“, vgl. § 1). Sie ersetzt die Special Commission aus § 9.b.i der UNSC Res. 687 (siehe Eintrag 1991).492 Der UN Security Council fordert den Irak auf, den Inspektoren der neuen Kommission unbeschränkten Zugang zu allen gewünschten Orten zu gewähren (vgl. § 4). UNMOVIC und IAEA sollen bei den Inspektionen als Ko-Verantwortliche zusammenarbeiten (vgl. § 7/8).493 Der frühere IAEAGeneraldirektor Hans Blix wird zum Vorsitzenden der UNMOVIC ernannt.494 2000: 492 493 494 495 496 Russland verabschiedet eine neue Militärdoktrin: Darin verurteilt es Separatismus (vgl. Pkt. 1.2/3) und fremde Truppen ohne UN-Mandat auf dem Staatsgebiet russischer Freunde (vgl. Pkt. 1.5). Es ist augenscheinlich, dass es hier etwa um den Kosovo-Konflikt geht. Aufgrund solcher Bedrohungen sehe sich Russland gezwungen, seine nukleare Abschreckungskapazität beizubehalten (vgl. Pkt. 1.4). Russland strebe aber weitere bilaterale Reduktionen von Nuklearwaffen mit den USA und multilaterale Reduktionen mit anderen Nuklearwaffenstaaten an, bis minimale Arsenalgrößen erreicht seien (vgl. Pkt. 1.7). In einer früheren Version dieser Doktrin von 1999 wird noch als ultimatives Ziel die komplette Abschaffung aller Nuklearwaffen genannt (vgl. Entwurf Pkt. 1.7)495. In der 2000er Version dagegen wird betont, dass Nuklearwaffen internationale Stabilität und Frieden aufrecht erhielten (vgl. Pkt. 1.8). Russland spricht eine Negative Security Assurance gegenüber nuklearwaffenfreien NPT-Mitgliedern aus, außer im Falle eines Angriffs auf Russland oder auf seine Verbündeten (!) durch einen Nicht-Nuklearwaffenstaat, der von einem Nuklearwaffenstaat unterstützt werde. Russland behalte sich einen Nuklearschlag als Antwort auf einen Angriff mit Nuklearwaffen oder „anderen Arten von Massenvernichtungswaffen“ (!) gegen sich oder Verbündete (!) vor. Das Gleiche gelte als Antwort auf einen großräumigen konventionellen Angriff (vgl. 1.8).496 Durch die Einbeziehung der nuklearwaffenfreien Verbündeten (auf feindlicher und eigener Seite) wird der Gedanke der Negative Security Assurance aufgehoben. Durch die Einbeziehung der „anderen Massenvernichtungswaffen“ und des großräumigen konventionellen Angriffs wird die No First-Use Policy ungültig. Ähnlich wie die NATO ein Jahr zuvor versucht nun Russland, die Stationierung und notfalls den Einsatz von Nuklearwaffen durch neue gefühlte Bedrohungen wie Separatismus und feindliche Interventionen rechtfertigen zu können. Da die Tests der geplanten US-amerikanischen „National Missile Defense“ (siehe Eintrag 1999) wiederholt gescheitert sind – die Abwehrrakete („Kill Vehicle“) trifft die Zielrakete nicht – und klar wird, dass das System nicht zwischen echten feindlichen Raketen und Attrappen unterscheiden können wird, womit sein Daseinszweck in Frage gestellt wird, kündigt Clinton an, die Entscheidung über das Errichten der National Missile Defense der kommenden US-Regierung zu überantworten. Nur wenn vier Kriterien erfüllt seien, solle das System noch finanziert werden: Es müsse finanziell machbar sein, es müsse technisch realisierbar sein, die Bedrohung durch feindliche Raketen müsse realistisch sein und das System dürfe die Rüs- Festzuhalten bleibt, dass die Special Commission und die IAEA zwischen 1991 und 1998 im Irak höchst effizient gearbeitet haben: Sie haben nahezu das gesamte irakische Nuklearwaffenprogramm aufgedeckt, das waffenfähige Material beseitigt und die zum Programm gehörigen Anlagen zerstört. Ferner sind die meisten biologischen und chemischen Waffen sowie die Trägerraketen für jegliche Massenvernichtungswaffen zerstört worden. Vgl. Cortright, David/Lopez, George A.: United Nations Sanctions and Nuclear Weapons, in: Boulden et al. (2009): a. a. O., S. 114 f. Vgl. United Nations (2010): Security Council Resolution 1284. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Federation of American Scientists (1999): Draft Russian Military Doctrine, http://www.fas.org/nuke/guide/russia/doctrine/991009-draft-doctrine.htm, Zugriff: 6.6.2010. Vgl. Arms Control Association (2000): Russia’s Military Doctrine, Russia’s Military Doctrine, http://www.armscontrol.org/act/2000_05/dc3ma00, Zugriff: 6.6.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis tungskontrollbestrebungen nicht unterminieren.497 Gleichzeitig erzielen US-russische Verhandlungen über die Modifikation des ABM-Vertrags (vgl. Einträge 1996, 1997, 1999) wiederholt kein Ergebnis – Russland droht, dass es sich durch keinerlei Abkommen gebunden sehe, sollten die USA den ABM-Vertrag aufkündigen und die National Missile Defense errichten.498 In einem gemeinsamen Statement mit China äußert Russland seine Besorgnis über eine mögliche US-Kündigung des ABMVertrags. Russland und China bezeichnen den ABM-Vertrag als Eckpfeiler der globalen strategischen Stabilität und internationalen Sicherheit und als Basis von internationalen Schlüsselabkommen zur Restriktion und Reduzierung strategischer Waffen und zur Prävention der Proliferation von Massenvernichtungswaffen. Ein Scheitern des ABM-Vertrags könne ein neues Wettrüsten auslösen.499 Das „Law of Mongolia on its nuclear-weapon-free status“ tritt in Kraft und macht die Mongolei zur ersten Ein-Staat-Nuklearwaffenfreien-Zone. Die offiziellen Nuklearwaffenstaaten geloben, diese Entscheidung zu respektieren.500 Die sechste NPT-Überprüfungskonferenz erzielt ein gemeinsames Abschlussdokument, das folgende 13 praktische Rüstungskontroll- und Abrüstungsschritte enthält: Ein möglichst baldiges In-Kraft-Treten des CTBT (vgl. Pkt. I.VI.15.1); bis es soweit sei, müsse ein allgemeines Test-Moratorium gelten (vgl. Pkt. I.VI.15.2); der Fissile Material Cut-Off Treaty müsse in der Conference on Disarmament weiter ausgehandelt werden (vgl. Pkt. I.VI.15.3); innerhalb der Conference on Disarmament müsse es ein Unterorgan geben, das sich speziell mit nuklearer Abrüstung befasse (vgl. Pkt. I.VI.15.4); bei nuklearen Rüstungskontroll- und Abrüstungsmaßnahmen gelte das Prinzip der späteren Unabänderlichkeit (vgl. Pkt. I.VI.15.5); die Nuklearwaffenstaaten müssten unmissverständliche nukleare Abrüstungsschritte vornehmen bis hin zur kompletten Abrüstung ihrer nuklearen Arsenale, zu der sie sich durch Art. VI des NPT verpflichtet hätten (vgl. Pkt. I.VI.15.6); START II müsse so bald wie möglich in Kraft treten und START III (siehe Eintrag 1999) ausgehandelt werden – gleichzeitig müsse der ABM Treaty als Eckpfeiler strategischer Stabilität und Basis für weitere Abrüstung der strategischen Offensivwaffen gestärkt werden (vgl. Pkt. I.VI.15.7); die Empfehlungen der Trilateral Initiative zwischen USA, Russland und IAEA (siehe Eintrag 1996) müssten vollständig implementiert werden (vgl. Pkt. I.VI.15.8); die Nuklearwaffenstaaten müssten Schritt für Schritt abrüsten und dabei für Stabilität und Sicherheit aller sorgen – zu dieser Schritt-für-Schritt-Vorgehensweise gehörten unilaterale Abrüstungsschritte, vertrauensbildende Maßnahmen, (unilaterale) Reduktionen von nicht-strategischen Waffen, das Herunterfahren des Alarmzustands der Nuklearwaffen, eine Abschwächung von Nuklearwaffen in den nationalen Sicherheitsdoktrinen und die Einbindung aller (!) Nuklearwaffenstaaten in den Prozess der kompletten nuklearen Abrüstung (vgl. Pkt. I.VI.15.9); zu den 13 Schritten des Abschlussdokuments gehört überdies die möglichst baldige Bereitstellung von spaltbarem Material, das nicht mehr für militärische Zwecke benötigt werde, unter die Aufsicht etwa der IAEA zur ausschließlich zivilen Nutzung in der Zukunft (vgl. Pkt. I.VI.15.10); das letztendliche Ziel aller Abrüstungsschritte sei die generelle und komplette (nicht nur nukleare) Abrüstung unter effektiver internationaler Kontrolle (vgl. Pkt. I.VI.15.11); alle Vertragsstaaten sollten regelmäßig über ihren Fortschritt bei der Umsetzung von Art. VI des NPT berichten (vgl. Pkt. I.VI.15.12); letztendlich müsse die Verifikation von Abrüstungsabkommen gestärkt werden – für das Erreichen und anschließende Aufrechterhalten einer Welt 497 498 499 500 Vgl. Caldicott et al. (2007): a. a. O., S.52. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. (2007): Jiang-Putin Joint Antimissile Statement, http://www.nti.org/db/China/engdocs/jpjas.htm, Zugriff: 15.11.2008. Vgl. ebd. (2009): Nuclear-Weapon-Free Status of Mongolia, http://cns.miis.edu/inventory/pdfs/mongol.pdf, Zugriff: 9.3.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis frei von Nuklearwaffen (vgl. Pkt. I.VI.15.13).501 Die 13 Rüstungskontroll- und Abrüstungsschritte sind von der New Agenda Coalition (siehe Eintrag 1998) in das Abschlussdokument eingebracht worden.502 USA und Russland unterzeichnen das „Memorandum of Understanding on Notifications of Missile Launches“, das ein System aus Benachrichtigungen vor und nach einem Raketenstart erschaffen soll („Pre- and Post-Missile Launch Notification System“: PLNS, vgl. Pkt. 1). Mit wenigen Ausnahmen gelte eine Benachrichtigungspflicht auch für den Start von Raumschiffen (vgl. Pkt. 2). Die Pflicht zur Information greife bei Raketenstarts ab einer Fluglänge oder -höhe von mehr 500 km (vgl. Pkt. 3). Die Benachrichtigung müsse zwischen 30 Tagen und 24 Std. vor dem Beginn eines viertägigen Zeitfensters erfolgen, in dem der Start stattfinde (vgl. Pkt. 8). Die nachträgliche Unterrichtung – nicht später als nach 48 Std. – solle zusätzlich erfolgen (vgl. Pkt. 9). Die Benachrichtigungen sollten über das PLNS Information Center laufen, das an das bereits zuvor geschaffene „Joint Data Exchange Center“503 in Moskau angegliedert werden solle (vgl. Pkt. 11).504 USA und Russland unterzeichnen außerdem das „US-Russia Plutonium Disposition Agreement“, das von beiden Seiten die Bereitstellung von mindestens 34 Tonnen waffenfähigen Plutoniums (das aus alten Nuklearwaffen entnommen und nicht mehr für die Verteidigung benötigt werde, vgl. Art. I.2) verlangt (vgl. Art. II.1). Es solle entweder für die zivile Energiegewinnung verwendet werden 505 oder als nuklearer Müll entsorgt werden (vgl. Art. III.1). Bis Ende 2007 solle jede Seite Einrichtungen gebaut haben, mittels derer die Umwandlung des Plutoniums in Brennstoff oder Müll vorgenommen werden könne (vgl. Art. IV.1 f.). Art. VII und der „Annex on Monitoring and Inspections“ regeln die Verifikation des Abkommens – bestehend vor allem aus Inspektionen (vgl. etwa Section II.4 ff. Annex on Monitoring and Inspections). Die Verifikation solle erst durch die Parteien selbst, letztendlich aber durch die IAEA durchgeführt werden (vgl. Art. VII.3-4). Art. VIII verlangt eine umweltschonende Umsetzung des Abkommens. Die USA sollten laut Art. IX.1 200 Millionen Dollar für die Vertragsumsetzung in Russland bereitstellen. Zusammen mit dem Abkommen wird ein „Joint Statement“ verabschiedet, in dem USA und Russland geloben, kein neues waffenfähiges Plutonium mehr herzustellen, da dieses alle Unternehmungen des Plutonium Disposition-Abkommens ad absurdum führen würde.506 Die laut Art. IV des Abkommens bis Ende 2007 fertigzustellenden Einrichtungen zur Umwandlung von Plutonium in Müll oder Brennstoff werden jedoch bis dahin noch längst nicht errichtet worden sein (siehe dazu auch Eintrag 2010).507 501 502 503 504 505 506 507 Vgl. Reaching Critical Will (2008): 2000 Review Conference of the Parties to the Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons. Final Document, http://www.reachingcriticalwill.org/legal/npt/2000FD.pdf, Zugriff: 7.6.2010. Vgl. Müller, Harald (2005): Die Zukunft der nuklearen Ordnung, in: Bundeszentrale für politische Bildung: Aus Politik und Zeitgeschichte: Nonproliferation, 48/2005, S. 7. Vgl. Federation of American Scientists (2005): Memorandum of Agreement between the United States of America and the Russian Federation on the Establishment of a Joint Center for the Exchange of Data from Early Warning Systems and Notifications of Missile Launchers, http://www.fas.org/nuke/control/jdec/text/000604-warn-wh3.htm, Zugriff: 8.8.2011. Vgl. ebd.: Memorandum of Understanding on Notifications of Missile Launches, http://www.fas.org/nuke/control/mou-launch.pdf, Zugriff: 8.8.2011. Während waffenfähiges Uran wieder in nicht-waffenfähiges Uran umgewandelt werden kann, muss waffenfähiges Plutonium als Oxid mit Uran-Oxiden zu „Mixed-oxide (MOX) fuel“ gemischt werden, wobei in diesem Verhältnis die Plutonium-Menge 3-10 % beträgt. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2002): Russia: MOX Fuel Overview, http://www.nti.org/db/nisprofs/russia/fissmat/mox/moxover.htm#rd, Zugriff: 6.3.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2002): Agreement Between the Government of the United States of America and the Government of the Russian Federation Concerning the Management and Disposition of Plutonium Designated as no Longer Required for Defense Purposes and Related Cooperation, http://www.nti.org/db/nisprofs/russia/fulltext/plutdisp/pudispft.pdf, Zugriff: 6.3.2009. Vgl. Vgl. Acton et al. (2008): a. a. O., S. 51. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis 2001: US-Präsident Bush kündigt Einschnitte im US-amerikanischen Nukleararsenal an: Bis 2012 solle die Zahl der stationierten Nuklearsprengköpfe auf 1.700 bis 2.200 sinken. Bush sagt aber nicht, ob die Sprengköpfe nur abgezogen oder aber tatsächlich zerstört werden sollen.508 Russland schlägt der NATO ein rein europäisches Raketenabwehrsystem vor – es würde bestehende Kurzstreckenwaffen benutzen, die ballistische Raketen in deren Aufstiegsphase zerstören sollten. NATO-Offizielle betrachten den russischen Vorschlag als vereinbar mit dem ABM-Vertrag, da es sich dabei nicht um ein landesweites Abwehrsystem handele, sondern um ein Kurzstreckensystem.509 Der Bundesnachrichtendienst behauptet, dass der Irak in drei Jahren Nuklearwaffen herstellen und in vier Jahren Raketen stationieren könne, die Europa treffen könnten.510 Die USA nehmen eine Testanlage für einen luftgestützten Laserstrahl in Betrieb, der feindliche ballistische Raketen lokalisieren und über Feindesgebiet zerstören soll.511 Außerdem testen die USA im Rahmen ihrer geplanten National Missile Defense (siehe Einträge 1999 und 2000) ein Kill Vehicle – diesmal erfolgreich – , das sein Ziel in 224 km Höhe zerstört.512 Bush offenbart, den ABM-Vertrag von 1972 aufkündigen zu wollen – nach der Frist von sechs Monaten, die Art. XV.2 des ABM-Vertrags vorschreibt.513 Als Grund gibt Bush an, dass der ABM-Vertrag die USA hindere, sich vor zuküntigen Raketenangriffen von Terroristen und „Schurkenstaaten“ („rogue states“) zu schützen.514 Nur Stunden nach Bushs Ankündigung vom Rückzug aus dem ABM-Vertrag muss ein Test zur National Missile Defense abgebrochen werden: Eine Hilfsrakete, die später Kill Vehicles gegen feindliche Raketen ins All bringen soll, entfernt sich vom Kurs und muss zerstört werden.515 Auch das Programm der US-Navy „Navy Area Wide“ zur Entwicklung von seegestützten Kurz- und Mittelstreckenraketen zur Raketenabwehr ist nicht erfolgreich, sondern hinter dem Zeitplan und über dem Budget. Die Forschung an seegestützten Raketenabwehrsystemen wird vorerst beendet – jedoch nicht für lange Zeit (vgl. auch Einträge 2003 [„Seegestütztes Raketenabwehrsystem“] und 2005 [„Ballistic Missile Defense System“]).516 2002: Auf Geheiß des Kongresses hat das US-Verteidigungsministerium eine „Nuclear Posture Review“ (NPR) ausgearbeitet, eine Nuklearstrategie für die nächsten fünf bis zehn Jahre (vgl. auch „Doctrine for Joint Nuclear Operations“, Eintrag 2005). Die neue Strategie fuße auf drei Säulen: erstens, auf den nuklearen und nicht-nuklearen Offensivschlag-Systemen, zweitens auf „aktiver und passiver Verteidigung“ und drittens auf einer erneuerten Verteidigungsinfrastruktur, die mit neuen Kapazitäten zeitnah auf Bedrohungen reagieren könne. Die erste Säule beruhe zum Teil auf neuen 508 509 510 511 512 513 514 515 516 Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Über eine Konformität mit dem ABM-Vertrag lässt sich jedoch streiten, da sein Art. VI.a eigentlich die Umwandlung gewöhnlicher Raketen (wie etwa der von Russland vorgeschlagenen bestehenden Kurzstreckenraketen) in ABM-fähige Raketen verbietet (siehe Einträge 1972 [„ABM Treaty“] und 1997 [„TMD Demarcation Agreement, Second Agreed Statement“]). Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. Federation of American Scientists (2008): Interim Agreement between the United States of America and the Union of the Soviet Socialist Republics on Certain Measures with Respect to the Limitation of Strategic Offensive Arms, a. a. O. Vgl. Perez-Rivas, Manuel (2001): U.S. quits ABM treaty, Washington: CNN, http://archives.cnn.com/2001/ALLPOLITICS/12/13/rec.bush.abm/, Zugriff: 24.1.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis konventionellen Fähigkeiten, zum anderen Teil aber nach wie vor auf der nuklearen Triade aus ICBMs, SLBMs und Bombern. Die NPR spricht ausdrücklich auch von nuklearen Angriffsoptionen (vgl. S. 7) bzw. von „flexible response“ (vgl. S. 28). Speziell könnten Nuklearwaffen gegen Ziele eingesetzt werden, gegen die nichtnukleare Waffen nicht wirkten – etwa gegen unterirdische Bunker oder BiowaffenEinrichtungen (vgl. S. 12 f./46 f.). Hier könnten speziell auch Nuklearwaffen mit einer weitaus kleineren Sprengkraft als gewöhnlich zur Anwendung kommen, die zehnbis zwanzigmal weniger Fallout verursachen würden (vgl. S. 47).517 Dieser NPRVorschlag verstößt gegen die Zusatz-Provision des FY 1994 Defense Authorization Bill, die Nuklearwaffen unter fünf Kilotonnen Sprengkraft verbietet (siehe dazu Einträge 1994 und 2003 [„Spratt-Furse Amendment“] und – zu bunkerbrechenden „Mini-Nukes“ – Einträge 2002 bis 2006 [„Robust Nuclear Earth Penetrators“]).518 Zur zweiten und dritten Säule der NPR, die sich mit Verteidigung befassen: Laut NPR brauchten die USA Raketenabwehrsysteme gegen Kurz- und Mittelstreckenwaffen sowie gegen ballistische Raketen (vgl. S. 9/11/13). Das Raketenabwehrsystem solle sich auch auf den Weltraum erstrecken und Satelliten zum Einsatz kommen (vgl. S. 28). Die NPR benennt potentielle künftige Bedrohungen: einen irakischen Angriff auf Israel, einen Überfall Nordkoreas auf Südkorea, eine militärische Konfrontation über den Status von Taiwan. Auch Iran, Syrien und Libyen werden als Terrorsponsoren bezeichnet – außerdem würden sie Massenvernichtungswaffen und Raketen herstellen (vgl. S. 16). Auch China wird in der NPR wegen seiner Modernisierungen von nuklearen und nicht-nuklearen Waffen als Staat bezeichnet, mit dem man in einen unmittelbaren Konflikt geraten könne (vgl. S. 16 f.). Eine Bedrohung durch Russland dagegen sei unwahrscheinlich geworden (vgl. S. 17). Bei der von Bush angekündigten Reduzierung der stationierten Nuklearsprengköpfe auf 1.700 – 2.200 (siehe Eintrag 2001 [„US-amerikanisches Nukleararsenal“]) müsste darauf geachtet werden, dass eine ausreichende Nummer im Alarmzustand gehalten werde. Man müsse sich auch vorbehalten, die Zahl der stationierten Nuklearwaffen bei Bedarf zu erhöhen. 2012 sollen die Nuklearwaffen auf folgende Streitkräfte verteilt sein: auf 14 Trident SSBNs (U-Boote), 500 Minuteman III ICBMs, 76 B-52H-Bomber sowie auf 21 B-2-Bomber (vgl. S. 17 f.). Von den momentan ca. 8.000 Nuklearsprengköpfen im aktiven Bestand sollen bis 2012 ca. 3.000 ins inaktive Lager verschoben oder abgerüstet werden (vgl. S. 32). Gleichzeitig stünden unter dem Namen „Advanced Concepts Initiative“ (vgl. auch Eintrag 2004) neue Möglichkeiten für den Umgang mit Nuklearsprengköpfen zur Verfügung, etwa um besonders befestigte oder unterirdische feindliche Anlagen anzugreifen oder den „Kollateralschaden“ zu reduzieren (vgl. S. 34 f.). Eine neue Generation von Waffen-Entwicklern und –Ingenieuren werde ausgehoben (vgl. S. 35). Da das mit Nuklearwaffentests erfahrene Personal nach und nach in Rente ginge, müsse auch die neue Generation mit Test-relevantem Wissen ausgestattet werden (vgl. S. 35 f.). Außerdem müsse über eine Verkürzung der Zeit nachgedacht werden, die gebraucht wird, um zu Nuklearwaffentests zurückzukehren (vgl. S. 35). Die NPR sieht den CTBT (siehe Eintrag 1996) als Hindernis eines überlebensfähigen Nukleararsenals und kündigt an, dass die USA jährlich überprüfen werden, ob sie zum Testen zurückkehren werden (vgl. S. 55).519 Bush und Putin unterzeichnen den „Strategic Offensive Reduction Treaty“ (SORT), auch „Treaty of Moscow“ genannt, der 2003 in Kraft tritt.520 In Art. I verkünden beide Seiten, die Zahl ihrer strategischen Nuklearsprengköpfe bis 31. Dezem- 517 518 519 520 Vgl. GlobalSecurity.org (2009): Nuclear Posture Review (Excerpts), http://www.globalsecurity.org/wmd/library/policy/dod/npr.htm, Zugriff: 18.1.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. GlobalSecurity.org (2009): Nuclear Posture Review (Excerpts), a. a. O. Vgl. Institute for Defense & Disarmament Studies (2005): Strategic Offensive Reduction Treaty: SORT, http://www.idds.org/issNucTreatiesSORT.html, Zugriff: 24.1.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis ber 2012 auf 1.700-2.200 zu reduzieren und zu limitieren. Bei dieser Provision verweist Art. I auf den 13. November und 13. Dezember 2001,521 an denen Bush und Putin erklärt hatten, dass es bei den geplanten Reduzierungen einzig um die stationierten strategischen Nuklearwaffen gehe.522 Im Folgenden gibt Art. I an, dass jede Vertragspartei für sich selbst die Komposition und Struktur ihrer strategischen Offensivwaffen innerhalb des vereinbarten Sprengkopf-Limits bestimmen könne. Art. II verkündet, dass START I und seine Provisionen in Kraft blieben. Um SORT umzusetzen, solle nach Art. III mindestens zweimal im Jahr eine „Bilateral Implementation Commission“ tagen. Der Vertrag solle vorerst bis Ende 2012 in Kraft bleiben (vgl. Art. IV.2).523 SORT enthält keine Provisionen zur Verifikation. Die eigentliche Zerstörung der nuklearen Sprengköpfe, die zur Erreichung des 1.700-2.200er Limits abgerüstet werden müssen, wird überdies auch nicht vorgeschrieben. Die angemeldete US-Kündigung des ABM-Vertrags (siehe Eintrag 2001) tritt in Kraft.524 Russland erklärt einen Tag später, dass es sich nicht länger an die Provisionen des START II-Vertrags gebunden sehe, den es 2000 ratifiziert hat (siehe Eintrag 1993).525 Im Verlauf des Jahres gibt Russland als weitere Antwort auf die US-Kündigung des ABM-Vertrags bekannt, dass es seine ICBMs SS-18 SATAN und SS-19 Stiletto reaktiviert habe und Tests vorbereite. Beide Raketen können mit mehreren Sprengköpfen ausgestattet werden und sind somit durch Art. 1.4.b, 2.9 und 3.3 des START II-Vertrags verboten, an den sich Russland freilich nicht mehr gebunden sieht.526 Die G8-Staaten rufen die „Global Partnership Against the Spread of Weapons and Materials of Mass Destruction” ins Leben: Die Initiative soll in Projektform die Themen Nonproliferation, Abrüstung, Antiterror-Kampf und nukleare Sicherheit adressieren, vorerst vor allem in Russland. So sollen z.B. Chemiewaffen zerstört, Nuklear-U-Boote abgerüstet, spaltbares Material sichergestellt und ehemalige Rüstungswissenschaftler anderweitig beschäftigt werden. 20 Mrd. Dollar sollen in den nächsten 10 Jahren dafür aufgewendet werden. Die G8-Staaten setzen bestimmte Richtlinien für die geplanten Projekte auf: Deren Ablauf müsse transparent und überprüfbar sein (vgl. Pkt. [i]). Die Projekte müssten umweltschonend und mit dem höchstmöglichen Sicherheitsstandard ablaufen (vgl. Pkt. [ii]). Der Erfolg eines Projekts müsse phasenweise überprüft werden (vgl. Pkt. [iii]). Die G8-Gruppe werde Mechanismen zur jährlichen Begutachtung der Initiative erschaffen. Die G8 fordern überdies alle Staaten der Welt auf, die „Principles to prevent terrorists, and those that harbour them, from gaining access to weapons or materials of mass destruction” anzunehmen: Multilaterale Anti-Proliferationsverträge müssten universelle Unterstützung erfahren (vgl. Pkt. 1), nukleares Material und nukleare Einrichtungen müssten gesichert werden (vgl. Pkt. 2-3). Ebenso gefordert sind Grenz- und Warenkontrollen, nationale Gesetzgebung zur Umsetzung dieser Prinzipien, Kooperation bei der Bekämpfung von illegalem Handel, Training von Personal und Unterstützung von in diesen Dingen hilfsbedürftigen Staaten (vgl. Pkt. 4-5), wie auch die 521 522 523 524 525 526 Vgl. Federation of American Scientists (2002): Text of Strategic Offensive Reductions Treaty, http://www.fas.org/nuke/control/sort/sort.htm, Zugriff: 7.6.2009. Vgl. Bleek, Philipp C. (2001): Bush, Putin Pledge Nuclear Cuts; Implementation Unclear, Washington D.C.: Arms Control Association, http://www.armscontrol.org/act/2001_12/stratreddec01, Zugriff: 24.1.2009. Vgl. Federation of American Scientists (2002): Text of Strategic Offensive Reductions Treaty, a. a. O. Vgl. Stockholm International Peace Research Institute (2007): a. a. O., S. 678. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2002): Russia: START II Overview, http://www.nti.org/db/nisprofs/russia/treaties/s2descr.htm#docs, Zugriff: 25.1.2009. Vgl. ebd. (2010): a. a. O. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Reduktion von nuklearem, chemischem oder biologischem waffenfähigen Material, das nicht mehr zur Verteidigung benötigt werde (vgl. Pkt. 6).527 China testet die Mittelstreckenrakete CSS-5, die mit Sprengkopf-Attrappen ausgestattet ist. Somit könnten regionale Raketenabwehrsysteme überwunden werden, wie sie von USA und Japan entwickelt werden.528 Das Pentagon verkündet, das bodengestützte Mittel- und LangstreckenRaketenabwehrsystem „PAC-3“ („Patriot Advanced Capability-3“) sei einsatzbereit.529 Ob das System funktioniert, ist allerdings umstritten – im zweiten Golfkrieg 1991 soll das damalige Patriot-System nur 9 bzw. gar keine irakischen ScudRaketen abgefangen haben.530 UN-Generalsekretär Annan präsentiert die “United Nations study on disarmament and non-proliferation education“, an der zwei Jahre gearbeitet wurde: Nonproliferations- und Abrüstungsbildung und -training wird definiert als Wissens- und Fertigkeitenvermittlung, die Individuen als Staats- und Weltbürger dazu befähige, zur generellen und vollständigen Abrüstung unter effektiver internationaler Kontrolle beizutragen. Diese Bildung solle auch die Verbindung zwischen Frieden, umfassender Sicherheit und nachhaltiger Entwicklung beinhalten (vgl. Pkt. 6). Es gehe darum, dass und wie über Nonproliferation und Abrüstung nachgedacht werden könne – und nicht darum, was gedacht werden solle (vgl. Pkt. 7.a/28). Nonproliferations- und Abrüstungsbildung müsse auch einhergehen mit Bildung zur Konflikt-Lösung, zur interkulturellen Kommunikation, Toleranz, Gewaltlosigkeit, ökonomischen Gerechtigkeit, geschlechtlicher Gleichberechtigung, zum Umweltschutz, zur Demilitarisierung, zur Entwicklung, zu Menschenrechten und zum internationalen humanitären Recht (=Kriegsrecht, vgl. Pkt. 10). Nonproliferations- und Abrüstungsbildung sei lebenslang zu betreiben. Von der Familie und Schule bis hin zur Regierung und zu internationalen Organisationen stünden alle Akteure in der Verantwortung (vgl. Pkt. 20). Sowohl Schüler als auch Entscheidungsträger in Rüstungsfragen sollten von dieser Bildung angesprochen werden (vgl. Pkt. 21). Als erste Erziehungsinstanz in Familie und Gemeinde seien insbesondere die Frauen gefragt (vgl. Pkt. 22/36). Neue Medien wie Internet-Videos und Chat-Räume seien ebenso zu nutzen wie kulturelle Mediatoren, etwa Theater und Filme (vgl. Pkt. 25 ff.). Auch sollten die kreativsten Bildungsmethoden zum Einsatz kommen (vgl. Pkt. 28). Die Studie zeigt ferner auf, welche Organe innerhalb der UN für Nonproliferations- und Abrüstungsbildung zuständig seien (etwa die UNESCO, vgl. Pkt. 41.b). Die Studie schließt mit praktischen Empfehlungen für die UN-Mitgliedsstaaten: Sie sollten z.B. das notwendige Bildungsmaterial wie Bücher oder Computer-Programme zur Verfügung stellen (vgl. Empf. 2) und dieses notfalls auch in Nicht-UN-Sprachen übersetzen (vgl. Empf. 3). Die UN selbst solle dafür sorgen, dass Bildungsmaterial weltweit verbreitet werde (vgl. Empf. 4). Lokale Entscheidungsträger werden aufgefordert, ihre Städte zu „Peace Cities“ weiterzuentwickeln – etwa durch Friedensmuseen und Friedensparks (vgl. Empf. 10). Auch Bibliotheken zu Nonproliferation und Abrüstung müssten gefördert werden (vgl. Empf. 20).531 527 528 529 530 531 Vgl. University of Toronto – G8 Information Centre (2009): Statement by G8 Leaders. Global Partnership Against the Spread of Weapons and Materials of Mass Destruction, http://www.g7.utoronto.ca/summit/2002kananaskis/arms.html, Zugriff: 3.3.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Vgl. GlobalSecurity.org (2009): Patriot Advanced Capability-3 (PAC-3), http://www.globalsecurity.org/space/systems/patriot-ac-3.htm, Zugriff: 25.1.2009. Vgl. Caldicott et al. (2007): a. a. O., S. 51. Vgl. United Nations (2009): United Nations study on disarmament and non-proliferation education. Report of the Secretary General, http://daccess-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N02/456/87/PDF/N0245687.pdf?OpenElement, Zugriff: 24.5.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis UNMOVIC (siehe Eintrag 1999) beginnt mit der Suche nach Massenvernichtungswaffen im Irak.532 Es sind die ersten Inspektionen im Irak seit 1998 (siehe Eintrag 1998 [„Operation Desert Fox“]). Grundlage für die Inspektionen ist UN Security Council Resolution 1441, die feststellt, dass der Irak die ihm auferlegten Verpflichtungen mehrerer Resolutionen des UN-Sicherheitsrats verletze: Das Abrüstungsgebot, niedergeschrieben in UNSC Res. 679 (siehe Eintrag 1991), werde ebenso verletzt wie die Forderung aus UNSC Res. 1284 (siehe Eintrag 1999), den Inspektoren unbeschränkten Zugang zu verschaffen (vgl. Präambel/§ 1). Res. 1441 fordert den Irak auf, innerhalb von 30 Tagen alle irakischen Programme zur Entwicklung von chemischen, biologischen und nuklearen Waffen sowie von ballistischen Raketen und anderen Trägersystemen offen zu legen (vgl. § 3). UNMOVIC und IAEA sollen uneingeschränkten Zugang zu allen gewünschten Einrichtungen haben (vgl. § 5). Dem Irak drohten ernste Konsequenzen im Falle einer weiteren Pflichtverletzung (vgl. § 13).533 Die USA fördern die Erforschung von bunkerbrechenden kleinen Nuklearwaffen (genannt „Robust Nuclear Earth Penetrators“ oder „nuclear bunker busters“, siehe auch Einträge 2003-2006 sowie „Nuclear Posture Review“, ebenfalls Eintrag 2002) mit 15.5 Millionen Dollar.534 Voraussetzung für die Verwendung der Mittel sei jedoch, dass der US-Verteidigungsminister in einem Report folgende Fragen beantworte: Was mache Robust Nuclear Earth Penetrators erforderlich? Welche Nuklearwaffen würden für diese Aufgabe eingeplant? Was sind die potentiellen militärischen Ziele solcher Waffen? Besteht die Möglichkeit, auch mit konventionellen Waffen die gleiche Wirkung zu erreichen?535 Bush veröffentlicht „The National Security Strategy of the United States of America“: Gegen Terroristen und “Schurkenstaaten”, die nach Massenvernichtungswaffen strebten und die USA bedrohten, helfe notfalls nur ein präemptiver Schlag der USA, auch allein ausgeführt (vgl. S. 6/13 ff.). Das Völkerrecht kenne seit Jahrhunderten die Legitimität eines Erstschlages im Angesicht der unmittelbaren Gefahr. Rechtsgelehrte und Richter hätten diese unmittelbare Gefahr stets in Form einer feindlichen Mobilisierung der Streitkräfte gesehen. Heute jedoch sei diese Gefahr versteckt – sie bestehe aus Terroristen, die selbst Massenvernichtungswaffen unerkannt zum Einsatz bringen könnten. Dieser Gefahr heiße es heute notfalls präemptiv zu begegnen (vgl. S. 15). Bushs Strategie verdeutlicht, dass die USA die Nonproliferation von Massenvernichtungswaffen nicht etwa durch eigene nukleare Abrüstung erreichen wollen, sondern an erster Stelle durch die neue Wortschöpfung „proactive counterproliferation efforts“: durch gezieltes militärisches Vorgehen gegen Feinde, die möglicherweise mit Massenvernichtungswaffen ausgestattet sind (vgl. S. 14). An zweiter Stelle stehen multilaterale Nonproliferationsbemühungen, an dritter die Effekt-Minimierung nach einem tatsächlichen Gebrauch von Massenvernichtungswaffen durch die potentiellen Gegner (vgl. S. 14).536 Der „International Code of Conduct against Ballistic Missile Proliferation” – auch “Hague Code of Conduct” genannt – wird auf einer internationalen Konfe- 532 533 534 535 536 Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. United Nations (2010): Security Council Resolution 1441. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. GlobalSecurity.org (2009): Robust Nuclear Earth Penetrator, a. a. O. Vgl. ebd.: The National Security Strategy of the United States of America, http://www.globalsecurity.org/military/library/policy/national/nss-020920.pdf, Zugriff: 25.1.2009. Eine ähnliche Sprache sprechen auch die „National Security Strategy to Combat Weapons of Mass Destruction“ von 2002 und die „National Military Strategy to Combat Weapons of Mass Destruction“ von 2006. Vgl. Johnstone, Ian: The Use of Force, in: Boulden et al. (2009): a. a. O., S. 134. Vgl. GlobalSecurity.org (2009): The National Military Strategy to Combat Weapons of Mass Destruction, http://www.globalsecurity.org/wmd/library/policy/dod/nms-cwmd2006.pdf, Zugriff: 2.1.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis renz in Den Haag verabschiedet. Er stellt eine Ergänzung zum Missile Technology Control Regime (siehe Eintrag 1987) dar – seine Mitgliedschaft ist jedoch nicht auf MTCR-Mitglieder beschränkt (vgl. Pkt. 2.d).537 Der Code of Conduct enthält allerdings keine rechtlich bindenden Provisionen, sondern nur Appelle, die Proliferation von ballistischen Raketen zu verhindern (vgl. etwa Pkt. 2.a). „Größtmögliche Zurückhaltung“ solle bei Entwicklung, Test und Stationierung von ballistischen Raketen ausgeübt werden und ihre Zahl nach Möglichkeit reduziert werden (vgl. Pkt. 3.c). Verifikationsmechanismen existieren nicht – es gibt lediglich jährliche eigenständige Offenlegungen eigener Raketenprogramme und –tests (vgl. Pkt. 4.a.i ff.) sowie internationale Inspektionen auf freiwilliger Basis (vgl. Pkt. 4.a.ii).538 Somit bleibt der Code of Conduct hinter den Erwartungen einer ursprünglich geplanten „responsible missile behavior“ zurück, da er – wie oben beschrieben – rechtlich nicht bindend ist, den generellen Besitz von ballistischen Raketen nicht in Frage stellt und auch die Abrüstung solcher Raketen nur vage vorschreibt.539 Bis heute haben 130 Staaten den Code of Conduct unterschrieben.540 2003: 537 538 539 540 541 542 543 544 UNMOVIC-Vorsitzender Hans Blix teilt dem UN Security Council wenige Tage vor Beginn des Irak-Kriegs mit, dass die Inspektoren in den letzten vier Monaten (vgl. Eintrag 2002) keinerlei Hinweise auf ein erneutes Aufleben der früheren irakischen Bio-, Chemie- und Nuklearwaffenprogramme gefunden hätten. Jeder Verdacht habe sich als „nicht authentisch“ erübrigt.541 Nordkorea kündigt seine Mitgliedschaft im NPT-Regime auf.542 Es versäumt dabei, allen NPT-Mitgliedsstaaten die Kündigung mitzuteilen und kommt damit nicht der Forderung aus Art. X.1 NPT nach. Somit ist völkerrechtlich nicht eindeutig, ob Nordkorea durch diese nicht-vertragskonforme Kündigung noch stets ein NPT-Staat ist, der allerdings durch sein Nuklearwaffen-Programm Vertragsbruch begeht, oder ob das Land endgültig aus dem NPT-Regime ausgetreten ist.543 Der US-Senat schafft im Rahmen der Verabschiedung des Militärhaushalts 2004 das Spratt-Furse Amendment (siehe Eintrag 1994) ab. Der Senat bestimmt jedoch, dass ohne Zustimmung des Kongresses auch weiterhin nicht mit der (bislang durch das Amendment verbotenen) Produktion von Nuklearwaffen mit kleiner Sprengkraft (Robust Nuclear Earth Penetrators, siehe Einträge 2002-2006) begonnen werden dürfe.544 US-Präsident Bush ruft die „Proliferation Security Initiative“ ins Leben, einen informellen Staatenzusammenschluss, der gemäß seiner „Interdiction Principles“ den Transfer von Massenvernichtungswaffen, deren Trägersystemen und verwandtem Material in und aus Staaten bzw. an und von nichtstaatlichen Akteuren verbietet, die unter Proliferationsverdacht stehen (vgl. Pkt. 1). Die Staaten der Proliferation Security Initiative sollen miteinander Informationsaustausch betreiben (vgl. Pkt. 2) und ihre nationale und ggf. internationale Gesetzgebung so einstel- Vgl. Center for Nonproliferation Studies (2003): Hague Code of Conduct against Missile Proliferation, http://cns.miis.edu/inventory/pdfs/icoc.pdf, Zugriff: 28.1.2009. Vgl. United Nations High Commissioner for Refugees (2009): Hague Code of Conduct against Ballistic Missile Proliferation, http://www.unhcr.org/refworld/type,INTINSTRUMENT,,,3de488204,0.html, Zugriff: 28.1.2009. Vgl. Scheffran, Jürgen: Strengthening International Security through International Law, in: Falk et al. (2008): a. a. O., S. 196. Vgl. Außenministerium Österreich (2011): List of Subscribing States to the HCOC as of May 2008, http://www.bmeia.gv.at/fileadmin/user_upload/bmeia/media/2Aussenpolitik_Zentrale/HCOC_Subscribing_States_01.pdf, Zugriff: 11.8.2011. Vgl. Cortright, David/Lopez, George A.: United Nations Sanctions and Nuclear Weapons, in: Boulden et al. (2009): a. a. O. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Simpson, John: The Future of the NPT, in: Busch et al. (2009): a. a. O., S. 60. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis len, dass sie die Ziele der Initiative erfüllen können und z.B. notfalls verdächtige Schiffe und Flugzeuge stoppen und auf Massenvernichtungswaffen und verwandte Gegenstände hin untersuchen könnten (vgl. Pkt. 3-4).545 Maßnahmen zur Förderung von Transparenz bei den Aktivitäten der Proliferation Security Initiative gibt es keine.546 Im Jahr 2010 unterstützen fast 100 Staaten die Initiative.547 Die USA testen zum ersten Mal ein seegestütztes Raketenabwehrsystem – der Test schlägt allerdings fehl (vgl. auch Einträge 2001 [„Nay Area Wide“] und 2005 [„Ballistic Missile Defense System“]). Ferner kündigt die „U.S. Missile Defense Agency“ an, die Entwicklung eines weltraumgestützten Abwehrsystems gegen feindliche ballistische Raketen aufgeben zu müssen – es sei, trotz mehrerer Abstriche gegenüber Reagans ursprünglichen SDI-Plänen (dazu Einträge 1991 und 1993) immer noch nicht ausgereift genug. Für immer aufgegeben werde das Projekt aber nicht.548 Die Missile Defense Agency (vgl. auch Eintrag 2005) ist eine Unterabteilung des US-Verteidigungsministeriums.549 Sie ging 2002 aus der „Ballistic Missile Defense Organization“ hervor, die wiederum 1993 als Nachfolgerin der „Strategic Defense Initiative Organization“ (Eintrag 1983) gegründet worden war.550 Der selbsternannte Anführer von Libyen, Gaddafi, stimmt zu, alle Programme zur Herstellung von nuklearen, biologischen und chemischen Waffen aufzugeben und der IAEA uneingeschränkten Zugang zu seinen Nuklearanlagen zu ermöglichen. IAEA-Generaldirektor El-Baradei schätzt, dass Libyen drei bis sieben Jahre vom Bau einer Nuklearwaffe entfernt gewesen war.551 Mehrere Motive mögen Gaddafi zu diesem Schritt bewogen haben: zum einen die starke Absicht, aus der internationalen Isolation und den wirtschaftlichen Sanktionen auszubrechen;552 zum anderen wird auch die Beschlagnahme des deutschen Schiffes „BBC China“ in einem italienischen Hafen553 ein Auslöser gewesen sein: Das Schiff sollte im Rahmen des nuklearen Schwarzmarktes um Abdul Qadeer Khan (siehe Eintrag 2004) malaysische Komponenten für 1.000 Zentrifugen über Dubai nach Libyen transportieren. 554 Libyen ist seit 1975 NPT-Mitglied. 2004 wird es den den CTBT ratifizieren, 2005 den Treaty of Pelindaba (siehe Eintrag 1996).555 2004: 545 546 547 548 549 550 551 552 553 554 555 Der pakistanische Nuklearwissenschaftler Abdul Qadeer Khan bietet im pakistanischen Fernsehen so etwas wie eine Entschuldigung dafür an, dass in den letzten zwei Jahrzehnten Pakistanis und Ausländer Nukleartechnik an andere Staaten weitergegeben hätten – und das Ganze auf seinen Geheiß hin passiert sei, jedoch „in Vgl. United States Department of State (2011): Interdiction Principles for the Proliferation Security Initiative, http://www.state.gov/t/isn/c27726.htm, Zugriff: 12.8.2011. Vgl. Weapons of Mass Destruction Commission (2006): a. a. O., S. 54 f./154 f. Vgl. United States Department of State (2011): Proliferation Security Initiative Participants, http://www.state.gov/t/isn/c27732.htm, Zugriff: 12.8.2011. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Missile Defense Agency (2009): Frequently Asked Questions, http://www.mda.mil/mdalink/html/faq.html, Zugriff: 19.2.2009. Vgl. Kaplan, Laurence M. (2008): Missile Defense: The First Sixty Years, Washington D.C.: Missile Defense Agency, S. 16 f., http://www.mda.mil/mdalink/pdf/first60.pdf, Zugriff: 19.2.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): Libya Profile, http://www.nti.org/e_research/profiles/Libya/index.html, Zugriff: 5.4.2010. Vgl. ebd. (2010): Chronology of Events Related to Nuclear Disarmament, a. a. O. Vgl. Evans, Nicole C.: The International Nuclear Trade, in: Boulden et al. (2009): a. a. O., S. 238. Vgl. Laufer, Michael (2009): A. Q. Khan Nuclear Chronology. Proliferation Brief, Vol. 8, Nr. 8, Washington D.C.: Carnegie Endowment for International Peace, http://www.carnegieendowment.org/publications/index.cfm?fa=view&id=17420, Zugriff: 8.2.2009. Vgl. Pal Singh Sidhu, Waheguru: Dealing with extra-NPT actors and non-state actors, in: Boulden et al. (2009): a. a. O., S. 224. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): Libya Profile, a. a. O. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis guter Absicht“.556 Abdul Qadeer Khan, der in den 1970er Jahren damit begonnen hat, heimlich Technik für das pakistanische Nuklearwaffenprogramm aufzutreiben, hat als Mittelpunkt eines internationalen Proliferationsnetzwerks557 Nukleartechnik an Iran, Nordkorea, Libyen, evtl. auch an Saudi-Arabien oder sogar Al Qaida weitergegeben.558 Nach seinem Geständnis wird er unter Hausarrest gestellt.559 Mit nuklearem Material selbst hat Khan wohl nicht gehandelt (siehe zu Khan auch Einträge 2009 und 2010 [„Pervez Musharraf“]).560 Der UN Security Council verabschiedet Resolution 1540: Kein Staat dürfe nicht-staatliche Akteure unterstützen, die nach nuklearen, biologischen oder chemischen Waffen oder deren Transport- und Abschusswaffen strebten (vgl. § 1). Jeder Staat solle eine Rechtsgrundlage schaffen, die nicht-staatlichen Akteuren das Greifen nach solchen Waffen verbiete, insbesondere für terroristische Absichten (vgl. § 2). Jeder Staat solle das Proliferationsverbot „effektiv“ überwachen und vollstrecken (vgl. § 3), z.B. mittels Bewachung der kritischen Materialien (vgl. [a-b]) sowie Grenz(vgl. [c]) und Handelskontrollen (vgl. [d]). Die Staaten sollten auch Wege finden, mit der Industrie und der Öffentlichkeit in Bezug auf ihre Nonproliferationsverpflichtungen zusammenzuarbeiten (vgl. § 8.d). Ein „Committee of the Security Council“ wird geschaffen, bestehend aus allen Mitgliedern des Sicherheitsrats, das die Implementierung der Resolution überwachen soll (vgl. § 4). Dass auch die Abrüstung von nuklearen Waffen deren Proliferation verhindern könnte, taucht in der Resolution nur indirekt auf, indem § 8.a alle Staaten aufruft, ihre ratifizierten Nonproliferationsverträge (die, wie etwa der NPT, ja auch Abrüstungsgebote enthalten können) auch tatsächlich vollständig zu implementieren.561 Das jährlich stattfindende Treffen des Vorbereitungskomitees („Preparatory Committee“) zur fünfjährig abgehaltenen NPT-Überprüfungskonferenz endet in Uneinigkeit über politische und prozeduale Fragen. Nur Teile eines Abschlussreports werden verabschiedet – dieser enthält nicht mehr als das Minimum an Vereinbarungen, die notwendig sind, damit die Überprüfungskonferenz 2005 überhaupt stattfinden kann.562 Mehr als 90 Staaten erklären ihre Unterstützung der US-geführten “Global Threat Reduction Initiative”. Die Initiative versucht, Terroristen davon abzuhalten, frisches hoch-angereichertes Uran in ihren Besitz zu bringen, mit dem sie radiologische Bomben herstellen könnten.563 Das solle z.B. mit der Rückführung der nuklearen Materialien aus den ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten nach Russland geschehen. Bis 2013 etwa sollen 1.781 Kilogramm hoch-angereicherten Urans nach Russland transportiert werden. Des Weiteren sollen Nuklearreaktoren, die für den Betrieb mit hoch-angereichertem Uran konstruiert worden sind, auf Energiegewinnung mit schwach-angereichertem Uran umgestellt werden, das nicht unmittelbar 556 557 558 559 560 561 562 563 Vgl. Federation of American Scientists (2004): Pakistan Nuclear Weapons. Sources and Resources. Abdul Qadeer Khan “Apologizes” for Transferring Nuclear Secrets Abroad, http://www.fas.org/nuke/guide/pakistan/nuke/aqkhan020404.html, Zugriff: 2.3.2009. Vgl. GlobalSecurity.org (2009): A. Q. Khan, http://www.globalsecurity.org/wmd/world/pakistan/khan.htm, Zugriff: 2.3.2009. Vgl. Koch, Egmont R. (2005): Atomwaffen für Al Qaida. „Dr. No“ und das Netzwerk des Terrors, Berlin: AufbauVerlag, S. 18. Vgl. ebd.: a. a. O., S. 271. Vgl. Quinlan (2009): a. a. O., S. 73. Vgl. United Nations (2010): Security Council Resolution 1540. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): Chronology of Events Related to Nuclear Disarmament, a. a. O. Vgl. ebd.: Nations Back Global Threat Reduction Initiative, http://www.nti.org/d_newswire/issues/2004/9/22/0abc1630-3da0-496c-be02-5ca4f18239f9.html, Zugriff: 12.2.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis zum Bombenbau geeignet ist. Bis 2014 ist geplant, 106 solcher Umstellungen vorzunehmen.564 Der US-Kongress beschließt, die Mittel für das Robust Nuclear Earth Penetrator-Programm (siehe Einträge 2002-2006) und die „Advanced Concepts Initiative“ (vgl. Eintrag 2002 [„Nuclear Posture Review“]) drastisch zu kürzen. Die Advanced Concepts Initiative beinhaltet Studien zur Verbesserung von nuklearbestückten Cruise Missiles, zur Verwendung von Nuklearwaffen zur Zerstörung von biologischen und chemischen Kampfmitteln und zum Austausch von bestehenden Nuklearsprengköpfen durch länger haltende Sprengköpfe.565 Die „Mayors for Peace“ (siehe Eintrag 1982) starten die „2020 Vision Campaign“, auch „Emergency Campaign to Ban Nuclear Weapons” genannt. Sie fordern die unverzügliche Enthebung aller US-amerikanischer und russischer Nuklearwaffen aus dem Alarmzustand, den sofortigen Beginn von Verhandlungen über eine Nuclear Weapons Convention, deren Beschluss bis zum Jahr 2010 und letztendlich die physische Zerstörung aller Nuklearwaffen bis 2020.566 2005: 564 565 566 567 568 569 570 571 572 573 574 575 Die „Iraq Survey Group“, geleitet von Charles Duelfer,567 die im Auftrag der CIA im Irak nach Massenvernichtungswaffen suchen sollte,568 findet keine Hinweise auf im und um das Jahr 2003 laufende Programme zur Entwicklung von nuklearen,569 biologischen570 oder chemischen571 Waffen bzw. Trägerraketen.572 Dies sei aber nicht Saddam Husseins Friedenswillen zu verdanken, sondern den UN-Sanktionen. Wären diese aufgehoben worden, hätte Hussein wahrscheinlich seine Massenvernichtungswaffen-Pläne wieder aufgenommen, etwa die Entwicklung von Nuklearwaffen, die er 1991 abbrechen musste (siehe Eintrag 1991 [„UNSC Res. 687“]).573 Das US-Verteidigungsministerium veröffentlicht den Entwurf einer Doktrin für Nuklearwaffeneinsätze: die „Doctrine for Joint Nuclear Operations“.574 Die finale Version ist der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich.575 Die Doctrine for Joint Nuclear Operations baut auf der Nuclear Posture Review (siehe Eintrag 2002) auf, konzentriert sich aber vor allem auf den eigentlichen Einsatz von Nuklearwaffen. Ähnlich wie die Nuclear Posture Review führt die 2005er Doktrin eine neue nukleare Triade ein: Diese rückt das alte strategische Dreigespann aus ICBMs, SLBMs und Bombern in eine Ecke der neuen Triade, deren andere Ecken „Responsive Infrastructure“ und „Active and Passive Defenses“ heißen. Unter Responsive Infrastructure ist Vgl. Hundman, Eric (2006): The Global Threat Reduction Initiative’s First Two Years, Washington D.C.: Center for Defense Information, http://www.cdi.org/program/document.cfm?DocumentID=3650, Zugriff: 12.2.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Mayors for Peace (2009): 2020 Vision Campaign. Objectives, http://www.mayorsforpeace.org/english/campaign/objectives.htm, Zugriff: 13.3.2009. Vgl. Duelfer, Charles (2004): Transmittal Message. 23 September 2004, Washington D.C.: Central Intelligence Agency, https://www.cia.gov/library/reports/general-reports-1/iraq_wmd_2004/transmittal.html, Zugriff: 15.2.2009. Vgl. Central Intelligence Agency (2008): DCI Special Advisor Report on Iraq’s WMD, https://www.cia.gov/library/reports/general-reports-1/iraq_wmd_2004/index.html, Zugriff: 15.2.2009. Vgl. ebd.: DCI Special Advisor Report on Iraq’s WMD. Volume 2. Nuclear. Key Findings, https://www.cia.gov/library/reports/general-reports-1/iraq_wmd_2004/chap4.html, Zugriff: 15.2.2009. Vgl. ebd.: DCI Special Advisor Report on Iraq’s WMD. Volume 3. Biological Warfare. Key Findings, https://www.cia.gov/library/reports/general-reports-1/iraq_wmd_2004/chap6.html, Zugriff: 15.2.2009. Vgl. ebd.: DCI Special Advisor Report on Iraq’s WMD. Volume 3. Iraq’s Chemical Warfare Program. Key Findings, https://www.cia.gov/library/reports/general-reports-1/iraq_wmd_2004/chap5.html#sect0, Zugriff: 15.2.2009. Vgl. ebd.: DCI Special Advisor Report on Iraq’s WMD. Volume 2. Delivery Systems. Key Findings, https://www.cia.gov/library/reports/general-reports-1/iraq_wmd_2004/chap3.html#sect1, Zugriff: 15.2.2009. Vgl. ebd.: DCI Special Advisor Report on Iraq’s WMD. Volume 2. Nuclear. Key Findings, a. a. O. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Greenpeace International (2005): Doctrine for Joint Nuclear Operations, http://www.greenpeace.org/international/press/reports/US-joint-nuclear-operations, Zugriff: 29.3.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis die Modernisierung der Elemente der neuen Triade zu verstehen – also auch die Modernisierung von Nuklearwaffen bzw. ihren Trägersystemen (vgl. Chapter I, Pkt. 1.d.2.c). Active Defense steht für Raketenabwehr-Systeme, Passive Defense für die Kombination aus physischen und operativen Schutzmaßnahmen, Warnungen vor feindlichen Angriffen und Eingrenzungen von Schäden, sollten diese durch die Benutzung von Massenvernichtungswaffen verursacht worden sein (vgl. Chapter I, Pkt. 1.d.2.b). Die Doktrin enthält auch Hinweise auf den Vorbehalt der USA, als erster Akteur Nuklearwaffen einzusetzen (etwa, um eine konventionelle Übermacht zu zerstören, vgl. Chapter III, Pkt. 1.d.1.d) oder sogar präemptive Nuklearschläge durchzuführen (etwa, um mit diesem Einsatz die Bereitschaft und Fähigkeit zu „demonstrieren“[!], dass die USA Nuklearwaffen verwenden würden, wenn dadurch ein feindlicher Einsatz von Massenvernichtungswaffen verhindert werden könne, vgl. Chapter III, Pkt. 1.d.1.g). Die Doktrin behauptet überdies, dass es kein Völkerrecht gebe, das den Einsatz von Nuklearwaffen verbiete (vgl. Chapter 1, Pkt. 2.f.2) – nicht erwähnt wird die Advisory Opinion des ICJ (siehe Eintrag 1996), die den Einsatz von Nuklearwaffen mit dem humanitären Völkerrecht als höchstwahrscheinlich nicht vereinbar einstuft.576 Zwar wird in der Doktrin das völkerrechtliche Prinzip der Proportionalität577 erwähnt, aber in einer aggressiveren Tonart als im Völkerrecht: Die Verluste menschlichen Lebens sollten nicht „exzessiv“ sein. Kommandeure trügen die Pflicht, zu „versuchen“, eine Minimierung des „Kollateralschadens“ zu erreichen (vgl. Chapter 1, Pkt. 2.f.2).578 Die erste „Conference of State Parties to Nuclear Weapon Free Zones“ findet in Mexiko statt und versammelt 108 Mitgliedsstaaten von nuklearwaffenfreien Zonen, daneben Beobachterstaaten und zivilgesellschaftliche Organisationen.579 Die Konferenz verabschiedet eine Deklaration, in der sie die Nuklearwaffenstaaten zur Implementierung des Art. VI NPT aufruft (vgl. Pkt. 6) und Israel, Indien und Pakistan auffordert, dem NPT als Nicht-Nuklearwaffenstaaten beizutreten und all ihre nuklearen Anlagen unter IAEA-Kontrolle zu stellen (vgl. Pkt. 18-19). Die Konferenz bemerkt auch, dass die beste Methode, nicht-staatliche Akteure von Nuklearwaffen fernzuhalten, die komplette Vernichtung dieser Waffen sei (vgl. Pkt. 27). Für den Weg dorthin fordert die Deklaration außerdem – ergänzend zu den Negative Security Assurances aus UN Security Council Resolution 984 (siehe Eintrag 1995) und jenen aus den Protokollen zu den Verträgen über nuklearwaffenfreie Zonen – einen rechtlich bindenden universellen Vertrag über Negative Security Assurances der Nuklearwaffenstaaten gegenüber den Nicht-Nuklearwaffenstaaten abzuschließen (vgl. Pkt. 11).580 576 577 578 579 580 Vgl. GlobalSecurity.org (2009): Joint Publication 3-12: Doctrine for Joint Nuclear Operations, http://www.globalsecurity.org/wmd/library/policy/dod/jp3_12fc2.pdf, Zugriff: 16.2.2009. Das Proportionalitätsgebot im humanitären Völkerrecht sieht vor, dass der durch eine Operation gewonnene militärische Vorteil mit dem verursachten Schaden im Verhältnis stehen muss. Vgl. Hobe, Stephan (2008): Einführung in das Völkerrecht. 9. Auflage, Tübingen: A. Francke Verlag, S. 570. Dieses Gebot findet sich niedergeschrieben z.B. in Art. 35.3 des I. Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen vom 12.8.1949 betreffend den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (1977): „Es ist verboten, Methoden oder Mittel der Kriegsführung zu verwenden, die dazu bestimmt sind oder von denen erwartet werden kann, dass sie ausgedehnte, langanhaltende und schwere Schäden der natürlichen Umwelt verursachen.“ Randelzhofer (2007): a. a. O., S. 738. Vgl. GlobalSecurity.org (2009): Joint Publication 3-12: Doctrine for Joint Nuclear Operations, a. a. O. Vgl. Women’s International League for Peace and Freedom (2008): Conference of States Parties and Signatories of Treaties That Establish Nuclear Weapon-Free Zones, http://www.reachingcriticalwill.org/political/nwfz/NWFZ2005.html, Zugriff: 18.2.2009. Vgl. United Nations Information System on the Question of Palestine (2005): Letter Dated 11 July 2005 From the Alternate Permanent Representative of Mexico to the Conference on Disarmament Addressed to the Secretary-General of the Conference on Disarmament Transmitting the Declaration Issued by the Conference of States Parties and Signatories to Treaties That Establish Nuclear-Weapon-Free Zones, Held in Mexico City From 26 to 28 April 2005, Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Ein Tag vor Beginn der NPT-Überprüfungskonferenz veranstalten „Abolition 2000“ (siehe Eintrag 1995) und „United for Peace and Justice“ eine Großkundgebung in Manhattan mit den Forderungen: „End the War in Iraq. Abolish All Nuclear Weapons. NO NUKES! NO WARS!“ 40.000 Menschen ziehen am UN-Hauptquartier vorbei und versammeln sich im Central Park. Mit dabei sind die Bürgermeister von Hiroshima und Nagasaki sowie Dutzende Überlebende der Nuklearbombenangriffe auf diese beiden Städte (die sog. „Hibakusha“, siehe auch Eintrag 2006).581 Vom 2. bis zum 27. Mai findet die NPT-Überprüfungskonferenz statt – sie endet im heftigen Streit und ohne inhaltliche Einigungen. Dem Streit ging voraus, dass sich die USA mit schweigender Unterstützung Frankreichs weigerten, die 13 Rüstungskontroll- und Abrüstungsschritte der letzten Überprüfungskonferenz (siehe Eintrag 2000) anzuerkennen.582 Die Tätigkeit der Hauptausschüsse, welche die inhaltliche Arbeit leisten sollen, beginnt erst am 19. und endet spätestens am 25. Mai (vgl. Report of Main Committee I, Pkt. 8/Report of Main Committee II, Pkt. 6/Report of Main Committee III, Pkt. 5): Hauptausschuss I (zuständig u. a. für die Implementierung von Art. I-II [Proliferationsverbot] sowie Art. VI [Abrüstungsgebot] und für Security Assurances, vgl. Pkt. I, Item 16) kann in keinem Punkt einen inhaltlichen Konsens erzielen (vgl. Pkt. 9). Auch Hauptausschuss II (zuständig u. a. für die Implementierung von Art. III [Verifikation], vgl. Report of Main Committee II, Pkt. 1, Item 16) kommt zu keinem Ergebnis (vgl. Pkt. 8). Hauptausschuss III (zuständig u. a. für die Implementierung von Art. IV [zivile Nutzung der Nuklearenergie], vgl. Report of Main Committee III, Pkt. 1, Item 16) findet ebenfalls keinen Konsens (vgl. Pkt. 6).583 Der US-Kongress verweigert die Finanzierung des Robust Nuclear Earth Penetrator-Programms (siehe Einträge 2002-2006). Das „Appropriations Committee“ des US-Senats jedoch weist der Air Force eine weitere Finanzierung des Programms zu. Im Verlauf des Jahres wird bekannt, dass die BushAdministration die Forschung an konventionellen bunkerbrechenden Waffen jener an Robust Nuclear Earth Penetrators vorzuziehen gedenkt. Dennoch könnte die Forschung an nuklearen bunkerbrechenden Waffen unter einem anderen Namen fortgesetzt werden – US-Kongress und -Senat enthalten der Regierung 4 Millionen Dollar vor, die nämlich nach wie vor für die Forschung an Robust Nuclear Earth Penetrators beantragt worden war (siehe hierzu insbesondere Eintrag 2006).584 Der US-Kongress stellt finanzielle Mittel für das Projekt „Reliable Replacement Warhead” (RRW) zur Verfügung (vgl. S. 2). Es soll die nuklearen Sprengköpfe durch Erneuerung ihrer Bauteile einsatzfähig halten (vgl. S. 2 ff.), ohne die Waffen dafür testen zu müssen (vgl. S. 14). Da die aktuellen Raketen weniger Sprengköpfe trügen als im Kalten Krieg, könnten die verbleibenden Sprengköpfe schwerer sein (vgl. S. 13) – die hinzugewonnenen Gewichtskapazitäten würden etwa für eine verbesserte Steuerung oder eine einfachere Produktion verwendet werden können (vgl. S. 15).585 581 582 583 584 585 http://domino.un.org/unispal.nsf/361eea1cc08301c485256cf600606959/3bfb745a2fc903278525707a00558d14!OpenD ocument, Zugriff: 18.2.2009. Vgl. Cabasso, Jacqueline: Still Standing at the Nuclear Precipice after All These Years: Why?, in: Falk et al. (2008): a. a. O., S. 35. Vgl. Müller, Harald (2005): Vertrag im Zerfall. Die gescheiterte Überprüfungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrags und ihre Folgen, HSFK-Report 4/2005, Frankfurt: Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung., S. 14. Vgl. United Nations (2005): 2005 Review Conference of the Parties to the Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons. Final Document. Part II. Documents issued at the Conference, New York: United Nations, http://daccessdds.un.org/doc/UNDOC/GEN/N05/472/39/IMG/N0547239.pdf?OpenElement, Zugriff: 14.2.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Medalia, Jonathan (2008): Congressional Research Service Report for Congress. The Reliable Replacement Warhead Program: Background and Current Developments, http://www.fas.org/sgp/crs/nuke/RL32929.pdf, Zugriff: 18.2.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis China testet die „Ju Lang-2“, eine nuklearwaffenfähige SLBM mit einer Reichweite von schätzungsweise 8.000 km.586 Laut eines Berichts des USVerteidigungsministeriums entwickelt China seine nuklearen und ballistischen Fähigkeiten so weitgehend, dass es damit jeden Teil der USA treffen könne – innerhalb von zwei Jahren könnte China außerdem eine garantierte Zweitschlagskapazität entwickeln.587 US-Präsident Bush und Indiens Premier Singh äußern Pläne, staatliche und internationale Restriktionen zu lockern, um Handel mit nuklearer Technologie betreiben zu können (vgl. auch Einträge 2006 [„US-indischer Deal“] und 2008 [„United States-India Agreement for Cooperation on Peaceful Uses of Nuclear Energy“]).588 Die USA stationiert fünf Langstrecken-„Ground-based Midcourse Defense“Interzeptoren in Alaska. Sie gehören zum US-amerikanischen „Ballistic Missile Defense System“ und sollen feindliche ballistische Raketen während ihrer mittleren Flugphase abschießen.589 Die Missile Defense Agency (vgl. auch Eintrag 2003) muss aber das Interzeptoren-Testen verschieben; die Ground-based Midcourse Interzeptoren haben noch nicht bewiesen, dass sie jemals gegen einen richtigen Angriff wirksam sein könnten. Die Tests der „Sea-based Midcourse-Aegis Ballistic Missile Defense“ verlaufen dagegen seit ein paar Jahren erfolgreich (vgl. auch Einträge 2001 [„Navy Area Wide“] und 2003 [„Seegestütztes Raketenabwehrsystem“]).590 Sie sind angeblich gegen Raketen jeglicher Reichweite effektiv. Im Jahr 2009 sind 18 US-Schiffe mit diesem Abwehrsystem ausgestattet.591 Die 60. Session der UN General Assembly verabschiedet die Resolution „2005 World Summit Outcome“: Weder der NPT noch bestehende Nuklearwaffenarsenale oder die Proliferationsproblematik werden jedoch im Dokument adressiert. Lediglich unter dem Punkt „Terrorismus“ wird das schnelle In-Kraft-Treten der „Convention for the Suppression of Acts of Nuclear Terrorism“ (siehe ebenfalls Eintrag 2005) gefordert (vgl. Pkt. 91).592 Wenige Monate zuvor hat der Bericht „In Larger Freedom“ des UN-Generalsekretärs Annan, der als inhaltliche Grundlage für den World Summit diente,593 noch deutlich erklärt: Der NPT befinde sich u. a. durch den Austritt Nordkoreas in einer Krise und die Conference on Disarmament drohe in die Bedeutungslosigkeit zu verfallen (vgl. Pkt. 97). Nach SORT müssten weitere nukleare Abrüstungsschritte folgen. Negative Security Assurances müssten neu ausgesprochen werden. Ein Fissile Material Cut-Off Treaty müsse ebenso in Kraft treten wie der CTBT (vgl. Pkt. 98). Annans Bericht spricht ebenso die Problematik der Proliferation von Nuklearwaffen, nuklearem Material (vgl. Pkt. 99-100) und Trägersystemen (vgl. Pkt. 101) an.594 Die „Convention for the Suppression [=“Unterdrückung“] of Acts of Nuclear Terrorism” liegt zur Signatur bereit; 2007 tritt sie in Kraft.595 Nach der Kon- 586 587 588 589 590 591 592 593 594 595 Vgl. GlobalSecurity.org (2009): JL-2 (CSS-NX-4), http://www.globalsecurity.org/wmd/world/china/jl-2.htm, Zugriff: 18.2.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Vgl. Kaplan, Laurence M. (2008): a. a. O., S. 18. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Missile Defense Agency (2009): a. a. O. Vgl. United Nations (2005): General Assembly Resolution 60/1. 2005 World Summit Outcome, New York: United Nations Department of Public Information. Vgl. ebd. (2009): In Larger Freedom: towards development, security and human rights for all. Executive Summary, http://www.un.org/largerfreedom/summary.html, Zugriff: 19.2.2009. Vgl. ebd. (2005): In Larger Freedom: towards development, security and human rights for all. Report of the SecretaryGeneral, New York: Department of Public Information. Vgl. Fidler, David P. (2009): International Convention for the Suppression of Acts of Nuclear Terrorism Enters into Force, Vol. 11, Issue 18, Washington D.C.: The American Society of International Law, http://www.asil.org/insights070705.cfm, Zugriff: 24.2.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis vention begeht jeder eine Straftat, der, absichtlich oder nicht, radioaktives Material besitze und damit Schaden an Personen, Gütern oder der Umwelt anrichten wolle (vgl. Art. 2.1.a). Auch die alleinige Absicht dazu sei strafbar (vgl. Art. 2.2). Die Konvention bezieht sich nicht auf Straftaten, die nur unter eine einzelne nationalstaatliche Jurisdiktion fallen (vgl. Art. 3). Jeder Konventionsstaat solle die in dieser Konvention behandelten Verbrechen in seinen Straftatbestand aufnehmen, unter Berücksichtigung der besonderen Schwere dieser Verbrechen (vgl. Art. 5 f.). Die Konventionsstaaten sollen kooperieren bei Gesetzgebung (vgl. Art. 7.1.a) sowie bei Informationsaustausch untereinander (vgl. Pkt. [b]) und mit dem UN Secretary General, der die Kommunikation koordinieren solle (vgl. Art. 7.4). Art. 9 definiert die Situationen, in denen ein Staat seine Jurisdiktion über die Straftat ausüben könne: U. a., falls die Straftat auf dem eigenen Territorium (vgl. Pkt. [1.a]) und/oder von einem Staatsangehörigen verübt werde (vgl. Pkt. [1.c]) oder falls sie gegen einen eigenen Staatsangehörigen gerichtet ist (vgl. Pkt. [2.a]).596 Art. 14.1 hält die Konventionsstaaten zu größtmöglicher Kooperation bei Untersuchungen, rechtlichen Schritten und Ausweisungen an. Art. 18 verlangt, dass nach einem Diebstahl sichergestelltes nukleares Material von den betroffenen Konventionsstaaten in Sicherheit (vgl. Pkt. [1]) und zum Ursprungsort gebracht werden solle (vgl. Pkt. [2]).597 Der Report des US-Außenministeriums „Adherence to and Compliance With Arms Control, Nonproliferation, and Disarmament Agreements and Commitments” bezweifelt Russlands Einhaltung der START-Verpflichtungen: US-Inspektoren würden z.B. davon abgehalten, russische ICBMs auf Vertragskonformität zu untersuchen.598 Indien und Pakistan unterzeichnen einen „Missile Notification Pact“, in dem sie vereinbaren, mindestens 72 Stunden im Voraus einen ballistischen Raketentest anzukündigen. Auch wird vereinbart, Raketen nicht näher als 40 km an ihre beidseitige Grenze oder die Kaschmir-Waffenstillstandslinie fliegen zu lassen. Das Abkommen gilt jedoch nicht für Cruise Missiles und Boden-Luft-Raketen. Pakistan testete wenige Monate zuvor eine Cruise Missile, Indien führt am Tag der Vertragsschließung zwei Boden-Luft-Raketentests durch.599 Die Middle Powers Initiative (siehe Einträge 1998 und 2002) sponsert das „Article VI Forum“, das von 28 Staaten in New York bei der UN ins Leben gerufen wird: Das Forum setzt sich zusammen aus Diplomaten, Entscheidungsträgern und Experten und solle den toten Punkt überwinden, an den das NPT-Regime 2005 gelangt sei. Darüber hinaus wolle es rechtliche, technische und politische Schritte prüfen, die zu einer nuklearwaffenfreien Welt führen könnten, etwa: Nichtdiskriminierende Obligationen, die Herstellung, Besitz und Gebrauch von Nuklearwaffen verbieten; Phasen der Vernichtung aller Nuklearwaffen und ihrer Trägersysteme; Mechanismen der Verifikation; Erziehung zum Verständnis, dass eine nuklearwaffenfreie Welt wichtig sei und dass jeder dazu beitragen könne (vgl. Appendix, 596 597 598 599 Die Convention for the Suppression of Acts of Nuclear Terrorism adressiert damit mehrere Prinzipien der Jurisdiktion, also der Gerichtshoheit über Territorium, Personen, Schiffe und Flugzeuge. Art. 9.1.a ermöglicht die „Territorial Jurisdiction“, Art. 9.1.c die „Nationality Jurisdiction“ und Art. 9.2.a die sog. „Passive Personality Jurisdiction“: Die Staatsangehörigkeit des Opfers entscheidet bei Letzterer über die Gerichtshoheit. Das Prinzip der „Universal Jurisdiction“, gemäß welcher jeder Staat Gerichtshoheit über die Straftat ausüben kann, gleichwohl, wo, von wem oder gegen wen sie verübt worden ist, wird von der Konvention nicht berücksichtigt. Vgl. Dixon (2007): a. a. O., S. 146 ff. Vgl. United Nations (2008): 2005 International Convention for the Suppression of Acts of Nuclear Terrorism, http://treaties.un.org/doc/Treaties/2005/04/20050413%2004-02%20PM/Ch_XVIII_15p.pdf, Zugriff: 13.12.2009. Vgl. United States Department of State (2005): Adherence to and Compliance With Arms Control, Nonproliferation, and Disarmament Agreements and Commitments, http://www.state.gov/t/vci/rls/rpt/51977.htm, Zugriff: 19.2.2009. Vgl. Creegan, Erin (2005): India, Pakistan Sign Missile Notification Pact, Washington D.C.: Arms Control Association, http://www.armscontrol.org/act/2005_11/NOV-IndiaPak, Zugriff: 19.2.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Pkt. A.5). Der Name des Forums bezieht sich auf das Abrüstungsgebot des Art. VI NPT.600 Die USA planen, 200 Tonnen hoch-angereicherten Urans (die für 10.000 Nuklearwaffen reichen) in schwach-angereichertes Uran umzuwandeln, das als Treibstoff für die Navy genutzt werden solle (vgl. auch Eintrag 1993 [„Megatons to Megawatts“]).601 Die Convention on the Physical Protection of Nuclear Material (siehe Eintrag 1980) wird mit einem Amendment ausgestattet: Sie heißt nun “Convention on the Physical Protection of Nuclear Material and Nuclear Facilities” (vgl. Art. 1). Sie bezieht sich weiterhin nur auf nukleares Material zur zivilen Nutzung (vgl. Art. 2.1/5). Gegenstand der Konvention sind jetzt allerdings auch die „Nuclear Facilities“: Produktions- und Lagerungsstätten von nuklearem Material (vgl. Art. 1.d). Fortan müsse jeder Staat nicht nur für die angemessene Bewachung seines nuklearen Materials, sondern auch seiner Nuklear-Anlagen gegen Diebstahl und Sabotage sorgen (vgl. Art. 2A.1). Im Falle von Diebstahl und Sabotage müssten die Vertragsstaaten im maximalen Ausmaß zusammenarbeiten (vgl. Art. 2A.1.b/Art. 5).602 Das Amendment ist mangels Ratifikationen noch nicht in Kraft getreten.603 2006: 600 601 602 603 604 605 606 607 Das US-Energieministerium gibt an, dass es die Produktion von (kleinstufigen) Nuklearsprengkopf-Kernen nach 14 Jahren wieder aufgenommen habe.604 Das Robust Nuclear Earth Penetrator-Programm ist trotz anders lautender Informationen (siehe Eintrag 2005) immer noch nicht am Ende: Der US-Kongress autorisiert den Test einer Attrappe. Das Projekt wird nicht mehr vom Energieministerium, sondern nun – mit einem neuen Budget von vier Milliarden Dollar – vom Verteidigungsministerium fortgeführt. Der Test findet aber wahrscheinlich doch nicht statt (vgl. auch Einträge 2002-2005).605 Frankreichs Präsident Chirac verkündet, Frankreich sei zu einem Nuklearschlag als Antwort auf jeglichen terroristischen Anschlag auf französischem Boden bereit. Diese Ankündigung wird als neuer Legitimierungsversuch des französischen Nukleararsenals innerhalb des europäischen Sicherheitsszenarios interpretiert. Wenig später folgt eine Erklärung, dass Frankreich sein nukleares Arsenal mit größerer Reichweite und Präzision ausstatten werde.606 Gleichzeitig initiiert Chirac eine Arsenal-Reduktion.607 Vgl. Middle Powers Initiative (2005): 28 States Participate: Inaugural “Article VI Forum”, http://www.middlepowers.org/pubs/ArticleVI_Report.pdf, Zugriff: 19.2.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. International Atomic Energy Agency (2005): GOV/INF/2005/10-GC(49)/INF/6. Nuclear Security – Measures to Protect Against Nuclear Terrorism. Amendment to the Convention on the Physical Protection of Nuclear Material, http://www.iaea.org/About/Policy/GC/GC49/Documents/gc49inf-6.pdf, Zugriff: 13.12.2009. Vgl. ebd. (2011): Amendment to the Convention on the Physical Protection of Nuclear Material, http://www.iaea.org/Publications/Documents/Conventions/cppnm_amend_status.pdf, Zugriff: 13.8.2011. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. ebd. Zur Thematik rund um Robust Nuclear Earth Penetrators ist hinzuzufügen, dass die in Deutschland stationierten US-Nuklearwaffen des Modells „B61 Mod-10“ eine einstellbare Sprengkraft haben, die sich bis auf 300 Tonnen TNT-Äquivalent herunterregeln lässt und damit weit unter der Definitionsschwelle von 5 Kilotonnen für Mini-Nukes liegen würde. Das Nachfolgemodell „Mod-11“ hat darüber hinaus eine bunkerbrechende Fähigkeit. Vgl. Kalinowski, Martin: Kernwaffen in unsicheren Händen – die Proliferation von Kernwaffen und internationale Anstrengungen zu deren Nichtverbreitung, in: Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg et al. (2009): a. a. O., S. 87. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Kristensen, Hans M./Norris, Robert S. (2008): Nuclear Notebook. French nuclear forces 2008, in: Bulletin of the Atomic Scientists, Vol. 64, Nr. 4, S. 52. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Als Reakion auf die US-amerikanischen Pläne, in Polen und Tschechien ein Abwehrsystem gegen ballistische Raketen zu errichten,608 kündigt Russland an, in Nachbar-Staaten ebenfalls Raketen-Interzeptoren aufzustellen.609 Die USA betonen wiederholt, das Abwehrsystem sei nicht gegen Russland gerichtet, sondern als Schutz der europäischen Verbündeten gegen Raketen von Staaten wie dem Iran vorgesehen.610 Die auf Vorschlag von UN Under-Secretary-General Jayantha Dhanapala und Schwedens damaliger Außenministerin Anna Lindh 2003 geschaffene „Weapons of Mass Destruction Commission“611 veröffentlicht unter Vorsitz von Hans Blix den Report „Weapons of Terror. Freeing the World of Nuclear, Biological and Chemical Arms“. Der Report enthält u. a. folgende Empfehlungen zu Nuklearwaffen: Die Beschlüsse der NPT-Überprüfungskonferenzen von 1995 und 2000 sollten umgesetzt werden (vgl. Empfehlung 2) – das sind etwa die Schaffung einer nuklearwaffenfreien Zone im Nahen Osten (siehe Eintrag 1995) und die 13 Rüstungskontroll- und Abrüstungsschritte (siehe Eintrag 2000). Die NPT-Vertragsstaaten sollten ein ständiges Sekretariat einrichten, das administrative Fragen klären, die Überprüfungskonferenzen ausrichten sowie außerordentliche Treffen auf Wunsch der Vertragsstaaten-Mehrheit einberufen solle (vgl. Empf. 4). Nordkorea solle zum NPT zurückkehren und das 1997er Additional Protocol ratifizieren – sowohl Nord- als auch Südkorea sollten die Joint Declaration on the Denuclearization of the Korean Peninsula (siehe Eintrag 1992) revitalisieren (vgl. Empf. 5). Auch der Iran solle das Additional Protocol ratifizieren – daneben sollten Iran und die internationale Gemeinschaft Vertrauen bilden mittels Kooperation bei der zivilen Nuklearkraftnutzung und beim allgemeinen Handel und Investment. Der Iran und alle anderen NahostStaaten sollten für eine längere Zeit auf alle heiklen Aktivitäten verzichten, die mit Nuklearenergie zusammenhingen (vgl. Empf. 6/12). Auch die Nuklearwaffenstaaten außerhalb des NPT-Regimes sollten Negative Security Assurances verbindlich aussprechen (vgl. Empf. 7). Die internationale Gemeinschaft sollte die IAEA wieder als Forum nutzen, um Wege gegen Proliferation zu finden, wie etwa die Schaffung einer „international fuel bank“, die in Art. IX des IAEA-Status bereits angelegt ist (vgl. Empf. 8). Die Abhängigkeit von hoch-angereichertem Uran von Schiffen und Forschungsreaktoren sollte beendet werden, wie überhaupt die gesamte Produktion dieses Materials (vgl. Empf. 9). Indien und Pakistan sollten den CTBT ratifizieren, die Produktion von waffenfähigem spaltbaren Material einstellen, Mitglieder der Nuclear Suppliers Group (siehe Eintrag 1977) und des Missile Technology Control Regimes (siehe Eintrag 1987) werden und das 1997er Additional Protocol der IAEA ratifizieren (vgl. Empf. 13). Die Nuklearwaffenstaaten sollten no-first-use policies verkünden, die auch bei einem feindlichen Angriff mit biologischen, chemischen oder konventionellen Waffen Bestand hätten (vgl. Empf. 15). Diese Staaten sollten außerdem ihre Sicherheitsstrategien entnuklearisieren und die Stationierungen von Nuklearwaffen rückgängig machen (vgl. Empf. 16). USA und Russland sollten eine Joint Commission gründen, mit deren Hilfe sie schrittweise ihre Nuklearwaffen aus dem Alarmzustand entheben würden: Dazu gehöre das Abschaffen der „Launch-onWarning“ (Nuklearschlag bei Warnung)-Option sowie das Verzögern der Einsatzbereitschaft von U-Booten, Bombern und ICBMs (vgl. Empf. 17). USA und Russland sollten außerdem Verhandlungen über einen Nachfolge-Vertrag von SORT beginnen, der die von SORT erlaubte Anzahl an strategischen Nuklearwaffen noch ein- 608 609 610 611 Vgl. Missile Defense Agency (2007): Proposed U.S. Missile Defense Assets in Europe, http://www.mda.mil/mdalink/pdf/euroassets.pdf, Zugriff: 22.2.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Shanker, Thom/Kulish, Nicholas: U.S. And Poland Set Missile Deal, in: The New York Times, 15.8.2008. Vgl. Weapons of Mass Destruction Commission (2009): Mandate of the Commission. Background, http://www.wmdcommission.org/, Zugriff: 14.12.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis mal mindestens halbiert – der neue Vertrag sollte auch die eigentliche Zerstörung der durch SORT zurückgezogenen Nuklearwaffen vorschreiben sowie Verifikationsmaßnahmen enthalten (vgl. Empf. 18). Nicht allein USA und Russland, sondern alle Nuklearwaffenstaaten müssten sich dem Abrüstungsprozess anschließen (vgl. Empf. 20). USA und Russland sollten ihre 1991 unilateral unternommenen Abrüstungen von taktischen Nuklearwaffen (siehe Einträge 1991 [„USA“ und „Sowjetunion“]) verifizierbar fortsetzen (vgl. Empf. 21). Jeder Nuklearwaffenstaat sollte die Erklärung abgeben, keine Nuklearwaffen auf ausländischem Boden zu stationieren (vgl. Empf. 22). Nuklearwaffen mit neuen Fähigkeiten oder für neue Missionen dürften nicht entwickelt werden und Modernisierungen müssten – wenn überhaupt – nur im Lichte von bestehenden Verträgen und der Pflicht zur Abrüstung unternommen werden. Niemals dürfe die Unterscheidung zwischen nuklearen und konventionellen Waffen gelockert werden (vgl. Empf. 23). Jegliches überschüssiges waffenfähiges spaltbares Material sollte unter IAEA-Kontrolle gestellt werden bzw. in zivil nutzbares Material umgewandelt werden (vgl. Empf. 24). Die Conference on Disarmament sollte unmittelbar mit den Verhandlungen zu einem Fissile Material Cut-Off Treaty beginnen (vgl. Empf. 26). Um diese Verhandlungen zu erleichtern, sollten die Nuklearwaffenstaaten die Produktion von waffenfähigem nuklearem Material einstellen und ihre Produktionsstätten für IAEA-Inspektionen öffnen (vgl. Empf. 27). Ein letztendlicher Schritt müsse die Illegalisierung aller Nuklearwaffen sein (vgl. Empf. 30). Der Report spricht auch Empfehlungen zu Trägersystemen aus: Sie beziehen sich auf Verbesserungen des Missile Technology Control Regimes und des Hague Code of Conduct (siehe zu Letzterem Eintrag 2002, vgl. Empf. 43) sowie auf Raketenabwehrsysteme, die nicht errichtet werden sollten, ohne vorher den Versuch unternommen zu haben, über die Abschaffung der Bedrohungen durch Raketen zu verhandeln (vgl. Empf. 44). Im Weltraum dürften gar keine Waffen stationiert werden – zu diesem Zwecke solle der Outer Space Treaty (siehe Eintrag 1967) mit einem Zusatzprotokoll ausgestattet werden, das alle Waffen (inklusive der bisher ausgenommenen konventionellen Waffen) im Weltraum verbiete (vgl. Empf. 45). Weitere Empfehlungen: Schüler und Studierende sollten staatlich geförderte Praktika in multilateralen Abrüstungsinstitutionen absolvieren können (vgl. Empf. 53). Die Conference on Disarmament solle prozeduale Fragen nicht mehr konsensual, sondern mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschließen können (vgl. Empf. 58). Die UN General Assembly sollte einen „World Summit on disarmament, non-proliferation and terrorist use of weapons of mass destruction“ einberufen, der auch über die Effektivität der institutionellen UN-Abrüstungsmaschinerie beraten müsse (vgl. Empf. 59). Der UN Security Council sollte sich jedem drohenden Proliferationsfall widmen und müsse – solange es noch keine Reform des UN-Sicherheitsrats gegeben habe – seinen Entscheidungen Konsultationen vorausgehen lassen, um auf die Unterstützung der übrigen UN-Mitglieder zurückgreifen zu können (vgl. Empf. 60).612 Russlands Premier Putin ruft die USA dazu auf, einen Nachfolgevertrag zu START auszuhandeln.613 USA und Russland initiieren die “Global Initiative To Combat Nuclear Terrorism”: einen Zusammenschluss aus Staaten, um u. a. die Ziele der Convention for the Suppression of Acts of Nuclear Terrorism (siehe Eintrag 2005), der Convention on the Physical Protection of Nuclear Material and Nuclear Facilities (ebenfalls Eintrag 2005) und der UN Security Council Resolution 1540 (Eintrag 2004) zu unterstützen.614 Das „Statement of Principles“ der Initiative fordert von den teilnehmenden Staaten, ihre nuklearen Materialien noch besser zu dokumentieren und zu 612 613 614 Vgl. ebd. (2006): a. a. O. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. United States Department of State (2009): Announcing the Global Initiative To Combat Nuclear Terrorism, http://2001-2009.state.gov/p/eur/rls/or/69021.htm, Zugriff: 6.4.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis schützen, zivile Nuklearanlagen besser zu bewachen, Schmuggel mit nuklearen Materialien aufzudecken und dabei untereinander zu kooperieren, Terroristen die sichere Zuflucht und die finanziellen Ressourcen zu nehmen, Terroristen und deren Unterstützer strafrechtlich haftbar zu machen und im Falle eines nuklearen Anschlags den Schaden zu begrenzen.615 Die Initiative schafft eine „Implementation and Assessment Group“, welche die Arbeit innerhalb der Initiative koordinieren und betreuen soll.616 77 Staaten unterstützen bislang die Initiative; IAEA und EU haben Beobachterstatus.617 Zwei Tage nachdem der US-Kongress positiv über den geplanten USindischen Deal über den Handel mit Nukleartechnologie (vgl. auch Einträge 2005 [„Bush und Singh“] und 2008 [„United States-India Agreement for Cooperation on Peaceful Uses of Nuclear Energy“]) beschieden hat,618 wird bekannt, dass die USA Sanktionen gegen zwei indische Firmen erheben werden, die Raketenteile an den Iran verkauft haben sollen. Demokraten und Rüstungsexperten werfen der BushAdministration vor, diese Informationen zurückgehalten zu haben, bis der Kongress abgestimmt hatte.619 Der UN Security Council fordert den Iran in Resolution 1696 auf, alle Anreicherungs- und Wiederaufbereitungsprozesse abzubrechen und diesen Abbruch von der IAEA verifizieren zu lassen (vgl. § 2). Alle Staaten werden aufgerufen, dem Iran keine Hilfe bei seinen nuklearen Vorhaben zu leisten (vgl. §. 5). Sollte der Iran nicht binnen eines Monats diesen Forderungen nachgekommen sein, sehe sich der UN Security Council gezwungen, Maßnahmen nach Art. 41 der UN Charter620 einzuleiten.621 Der Streit um das iranische Nuklearprogramm ist bereits 2002 entbrannt, als die geheime iranische Urananreicherung aufgedeckt worden ist. Die IAEA behauptet, dass Art. IV NPT zwar das unveräußerliche Recht auf zivile Nuklearenergienutzung beinhalte, nicht aber das Recht auf eigene Anreicherung.622 Besonderen Anlass zur Besorgnis geben die Äußerungen des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad, der Staat Israel solle von der „Landkarte getilgt werden“.623 Da sich der Iran nicht an die Forderungen aus Res. 1696 hält, verhängt UN Security Council Resolution 1737 die angedrohten Sanktionen unter Berufung auf Art. 41 UN Charter: Mit dem Iran dürfen u. a. jene Produkte und Technologien nicht mehr gehandelt werden, die bereits die Nuclear Suppliers Group 2006 aufgelistet hat (siehe Eintrag 1977, vgl. § 3). Bei „Dual-Use Equipment“ (ebenfalls Eintrag 1977) solle jeder Staat selbst entscheiden, ob das Produkt zu nuklearen Zwecken missbraucht werden könnte (vgl. Art 4). Der Iran möge überdies sofort das 1997er Additional Protocol der IAEA ratifizieren. Eine weitere Sanktion ist das Einfrieren von ausländischen Konten von Personen oder Organisationen, die in das iranische Nuk- 615 616 617 618 619 620 621 622 623 Vgl. ebd.: Statement of Principles for the Global Initiative To Combat Nuclear Terrorism, http://www.state.gov/t/isn/rls/other/76358.htm, Zugriff: 6.4.2009. Vgl. ebd.: Terms of Reference for Implementation and Asseessment, http://www.state.gov/t/isn/rls/other/76421.htm, Zugriff: 6.4.2009. Vgl. ebd. (2010): Global Initiative Current Partner Nations, http://www.state.gov/t/isn/rls/fs/125374.htm, Zugriff: 13.8.2011. Vgl. The Henry L. Stimson Center (2009): South Asia Program. Resources on the US-India Nuclear Initiative. Congressional Action on the Cooperation Act, http://www.stimson.org/southasia/?SN=SA20051212930, Zugriff: 24.2.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Möglich sind durch Art. 41 der teilweise oder völlige Abbruch der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem sanktionierten Staat und der internationalen Gemeinschaft; ebenso der Abbruch von Zug-, See-, Luft-, Post-, und Kommunikationswegen, wie auch der Abbruch der diplomatischen Beziehungen, vgl. United Nations (2005): Charter of the United Nations and Statute of the International Court of Justice, a. a. O. Vgl. ebd. (2010): Security Council Resolution 1696. Vgl. Bâli, Aslı Ü.: At the Nuclear Precipice: Iran, in: Falk et al. (2008): a. a. O., S. 99. Vgl. SPIEGEL ONLINE (2005): Irans Präsident will Israel von der Landkarte tilgen, http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,381752,00.html, Zugriff: 25.2.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis lear- oder Raketenprogramm involviert sein könnten (vgl. § 12 f.) - der Annex von Resolution 1737 listet die zu Sanktionierenden auf. Alle Staaten mögen besonders vorsichtig sein bei der Ausbildung von iranischen Staatsangehörigen, falls diese Ausbildung indirekt zum iranischen Nuklearprogramm beitragen könnte (vgl. § 17). § 18 erschafft ein Subkomitee des UN-Sicherheitsrats, das die Umsetzung der Resolution überwachen soll. Sobald der Iran seine Anreicherungs- und Wiederaufbereitungsbestrebungen abbreche, würden auch die Sanktionen ausgesetzt werden (vgl. § 24.a). Sollte der Iran dauerhaft die UN- und IAEA-Forderungen erfüllen, würden die Sanktionen ebenfalls dauerhauft aufgehoben werden (vgl. [b]). Zu bemerken ist, dass die Sanktionen auch Ausnahmen zulassen: So ist sogar der Handel mit kompletten Nuklearreaktoren mit dem Iran nach wie vor erlaubt, solange es sich nicht um mit schwerem und dadurch Plutonium produzierendem Wasser moderierte bzw. gekühlte Reaktoren handele (vgl. § 3.b.i und Dokument S/2006/814, Annex B, Pkt. 1). Auch der Handel mit schwach-angereichertem Uran ist trotz Sanktionen erlaubt, sofern damit ausschließlich Leichtwasserreaktoren beliefert würden (vgl. § 3.b.ii und Dokument S/2006/814, Annex A, Pkt. 1.2).624 Diese Sanktionsausnahmen ermöglichen nach wie vor eine russisch-iranische Kooperation beim Bau des Leichtwasserreaktors in Bushehr (dazu auch Eintrag 2009).625 Auch der Handel mit Cruise Missiles mit weniger als 500 kg Ladegewicht ist erlaubt (vgl. § 3.c und Dokument S/2006/815, Pkt. 19.A.3).626 Der Iran weist die Resolution zurück und verabschiedet im Parlament einen Gesetzentwurf, der die Regierung auffordert, ihre Kooperation mit der IAEA zu überdenken und ihre nuklearen Aktivitäten zu beschleunigen.627 Der „Treaty on a Nuclear-Weapon-Free Zone in Central Asia” liegt zur Signatur bereit: Er soll Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan zur nuklearwaffenfreien Zone erklären (vgl. Art. 1.a/2.a/3.1). Der Vertrag hält die Parteien dazu an, mit der IAEA das 1997er Additional Protocol als Grundlage für Sicherungsmaßnahmen zu vereinbaren, sofern dies noch nicht geschehen sei (vgl. Art. 8.b). Wie im Völkerrecht üblich, enthält der Vertrag die Provision, dass seine Bestimmungen keine Verpflichtungen berührten, die in anderen Verträgen eingegangen worden seien (vgl. Art. 12).628 An dieser Bestimmung stören sich jedoch USA, Großbritannien und Frankreich. Sie sollten – wie Russland und China (vgl. Art. 4 Protokoll) – mit ihrer Ratifizierung des Vertragsprotokolls ihre Negative Security Assurances (vgl. Art. 1) und ihre generelle Vertragsakzeptanz (vgl. Art. 2)629 bekunden. Doch die drei Nuklearwaffenstaaten weigern sich, den Vertrag zu akzeptieren: Die Bekundung aus Art. 12 des Vertrags, keine Bestimmungen anderer Verträge würden berührt werden, sei nicht eindeutig – es gäbe ältere Vereinbarungen, die Russland unter bestimmten Voraussetzungen erlauben würden, im Vertragsgebiet Nuklearwaffen zu stationieren.630 Der Vertrag über die zentralasiatische nuklearwaf- 624 625 626 627 628 629 630 Vgl. United Nations (2006): Security Council. S/2006/814, http://daccessdds.un.org/doc/UNDOC/GEN/N06/573/37/IMG/N0657337.pdf?OpenElement, Zugriff: 6.5.2009. Vgl. Squassoni, Sharon: The Iranian Nuclear Program, in: Busch et al. (2009): a. a. O., S. 289 f. Vgl. United Nations (2006): Security Council. S/2006/815, http://daccessdds.un.org/doc/UNDOC/GEN/N06/574/12/IMG/N0657412.pdf?OpenElement, Zugriff: 6.5.2009. Vgl. United Nations (2010): Security Council Resolution 1737. Vgl. Bâli, Aslı Ü.: At the Nuclear Precipice: Iran, in: Falk et al. (2008): a. a. O., S. 99. Vgl. Center for Nonproliferation Studies (2009): Treaty on a Nuclear-Weapon-Free Zone in Central Asia, http://cns.miis.edu/stories/pdf_support/060905_canwfz.pdf, Zugriff: 25.2.2009. Vgl. ebd. Vgl. Webb, Greg (2008): Central Asian Nuclear Weapon-Free Zone Clears Final Hurdle, Washington D.C.: Nuclear Threat Initiative. Global Security Newswire: http://www.globalsecuritynewswire.org/gsn/nw_20081211_1387.php, Zugriff: 25.2.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis fenfreie Zone tritt Anfang 2009 in Kraft, ohne dass die Unklarheiten ausgeräumt werden.631 Nordkorea behauptet am 9. Oktober, einen erfolgreichen unterirdischen Nuklearwaffentest durchgeführt zu haben. Seismische Messungen bestätigen, dass eine Explosion stattgefunden hat. Unsicherheiten bestehen jedoch darüber, ob tatsächlich eine funktionstüchtige Nuklearwaffe gezündet wurde: Die USA geben an, eine Plutonium-Vorrichtung sei explodiert, vielleicht mit 500 Tonnen Sprengkraft. Nordkorea meldete jedoch vor dem Test an China, es werde einen 4-KilotonnenTest durchführen.632 Nordkorea gibt als Legitimation des Tests „extreme Kriegsdrohungen“ seitens der USA an. Daneben proklamiert es, dass es Nuklearwaffen niemals als Erster einsetzen würde und auch den Transfer nuklearer Waffen oder nuklearen Materials an Andere verhindern würde.633 Der UN Security Council verabschiedet als Konsequenz Resolution 1718, in der er Nordkoreas Vorgehen verurteilt (vgl. § 1) und die bereits gegenüber Nordkorea bestehenden Handelsbarrieren weiter ausbaut: So dürfen u. a. die in diesem Jahr von der Nuclear Suppliers Group definierten Produkte und Technologien (siehe Eintrag 1977, § 3) nicht mehr mit Nordkorea gehandelt werden (vgl. § 8, vgl. auch UN Security Council Resolution 1737, ebenfalls Eintrag 2006).634 Die „3rd Nagasaki Global Citizens’ Assembly for the Elimination of Nuclear Weapons“ veröffentlicht den „Nagasaki Appeal 2006“. Er enthält u. a. folgende Appelle an die Menschheit: Nuklearwaffen seien die barbarischsten, unmenschlichsten und feigsten Waffen überhaupt – alle Regierungen sollten aufhören, Sicherheit durch Nuklearwaffen zu suchen (vgl. Pkt. 1). Insbesondere Japan solle seine Abhängigkeit vom „nuklearen Schirm“ der USA ablegen und eine Nuclear Weapons Convention vorantreiben (vgl. Pkt. 2). Nordost-Asien, inklusive Nordkorea, solle zu einer nuklearwaffenfreien Zone werden (vgl. Pkt. 3). Die NPTÜberprüfungskonferenz im Jahr 2010 solle die 13 Vereinbarungen der Überprüfungskonferenz 2000 wiederaufnehmen und für deren Implementierung eintreten (vgl. Pkt. 6). Der geplante US-indische Deal über Nukleartechnologie solle von allen Mitgliedern der Nuclear Suppliers Group abgelehnt werden (vgl. Pkt. 7). Ebenso abzulehnen seien Raketenabwehr-Systeme, die Aufrüstung des Weltraums (vgl. Pkt. 8) und Bestrebungen wie das Reliable Replacement Warhead-Programm (siehe Eintrag 2005), die auf den unendlichen Besitz von Nuklearwaffen abzielten (vgl. Pkt. 11). Parlamente und lokale Regierungen sollten überall auf der Welt weitreichende Massenbewegungen für nukleare Abrüstung schaffen (vgl. Pkt. 10). Bildung und Medien sollten ebenfalls daraufhin arbeiten, die Menschheit im Angesicht der Gefahr durch Nuklearwaffen aufzuwecken (vgl. Pkt. 13-14). Jeder Mensch solle sich den Rufen der „Hibakusha“ – der überlebenden Opfer der nuklearen Bombardierungen von Hiroshima und Nagasaki (vgl. auch Eintrag 2005 [„Großkundgebung in Manhattan“]) – anschließen und eine komplette Vernichtung aller Nuklearwaffen fordern, ehe diese Waffen unsere Städte zerstören würden, unsere Länder und unsere gesamte Zivilisation (vgl. Pkt. 15).635 631 632 633 634 635 Vgl. Potter, William C. (2009): Central Asia becomes a Nuclear-Weapon-Free-Zone, Monterey: Center for Nonproliferation Studies, http://cns.miis.edu/stories/081201_canwfz.htm, Zugriff: 25.2.2009. Vgl. Bernstein, Jeremy (2008): Nuclear Weapons. What You Need to Know, New York: Cambridge University Press, S. 279 f. Vgl. Pollack, Jonathan D.: North Korea's Nuclear Weapons Program to 2015, in: Busch et al. (2009): a. a. O., S. 269. Vgl. United Nations (2010): Security Council Resolution 1718. Im Übrigen können § 3 und 4 der Resolution so gelesen werden, als ob die NPT-Kündigung Nordkoreas in der Tat nicht rechtskräftig sei (siehe dazu Eintrag 2003) und Nordkorea somit NPT-Bruch begehe. Vgl. Johnstone, Ian: The Use of Force, in: Boulden et al. (2009): a. a. O., S. 139. Vgl. The 3rd Nagasaki Global Citizens’ Assembly for the Elimination of Nuclear Weapons: Nagasaki Appeal 2006, October 23 2006, in: Falk et al. (2008): a. a. O., S. 259 ff. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Die „Rome Declaration of Nobel Peace Laureates“ des siebten Weltgipfels der Friedensnobelpreisträger verkündet Bestürzung über den Mangel an öffentlicher Aufmerksamkeit und politischem Willen, die doch für die Abschaffung der Nuklearwaffen notwendig seien. Diese Waffen bedrohten jeden und darum müsse auch jeder dafür arbeiten, diese Waffen zu vernichten. Nicht nur auf die Proliferationsproblematik, sondern auf die Nuklearwaffen selbst müsse sich die Aufmerksamkeit richten. Die Friedensnobelpreisträger fordern einen Weltgipfel, auf dem führende Persönlichkeiten aus Kultur, Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik für die Befreiung der Welt von Nuklearwaffen kämpften.636 In einem Vortrag in Princeton bezeichnet Kofi Annan die Gefahr durch Nuklearwaffen als die größte Gefahr überhaupt (siehe auch die Einleitung zu dieser Chronologie).637 Die UN General Assembly stimmt mit Resolution 61/83 erneut über den Beginn von Verhandlungen zu einer Nuclear Weapons Convention (siehe auch Einträge 1995-1997) und über deren möglichst baldigen Abschluss ab (vgl. § 2):638 Wie bereits 1996 (Eintrag 1996, [„UN General Assembly Resolution 51/45 M“]) stimmen fast Zweit-Drittel der internationalen Gemeinschaft mit „Ja“ (125 von 192 Staaten), darunter auch die Nuklearwaffenstaaten China, Indien, Pakistan sowie die potentiellen Nuklearwaffenstaaten Iran und Nordkorea. USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und Israel stimmen jedoch mit „Nein“.639 2007: 636 637 638 639 640 Vier Elder Statesmen der US-Politik erheben ihre Stimme für nukleare Abrüstung: Die ehemaligen Außenminister Henry Kissinger und George Shultz, der ehemalige Verteidigungsminister William Perry sowie der ehemalige Senator Sam Nunn warnen im Wall Street Journal, dass sich die Welt am Scheideweg befinde, auf dessen einer Seite eine neue und gefährliche nukleare Ära warte. Ein Konzept wie Mutually Assured Destruction (siehe Eintrag 1962) habe höchstwahrscheinlich keine Abschreckungsgefahr mehr in Zeiten von unübersichtlich vielen nuklear bewaffneten Akteuren. Eine Welt ohne Nuklearwaffen müsse das Ziel eines weltgemeinschaftlichen Unternehmens sein. Dazu seien mehrere unmittelbare Schritte zu gehen: Neben der Verlängerung der Zeit, in der Nuklearwaffen startbereit sind, und neben der Arsenalreduzierung müssten nukleare Kurzstreckenwaffen komplett vernichtet werden, der CTBT in Kraft treten, höchste Sicherheitsstufen für alle nuklearen Waffen und Materialien gelten, Anreicherung und Wiederaufbereitung überwacht und zivil nutzbares Uran kontrolliert durch Nuclear Suppliers Group und IAEA erworben werden können. Die Produktion von spaltbarem waffenfähigem Material sei weltweit vollständig zu stoppen und hoch-angereichertes Uran nicht mehr zivil und zu Forschungszwecken zu nutzen. Letztendlich müssten regionale Konflikte gelöst werden, die neue nukleare Mächte hervorrufen könnten. Jedem nuklearen Vorgehen, das die Sicherheit eines Staates oder Volkes bedrohe, sei entschieden entgegenzutreten. Diese Bemühungen könnten sich sehr positiv auf die Sicherheit kommender Generationen auswirken.640 Vgl. The 7th World Summit of Nobel Laureates, November 19, 2006: The Rome Declaration of Nobel Peace Laureates, a. a. O., S. 255 ff. Vgl. Annan, Kofi: Lecture at Princeton University, November 28, 2006, in: Falk et al. (2008): a. a. O., S. 263. Vgl. United Nations (2009): General Assembly Resolution 61/83, a. a. O. Vgl. United Nations Bibliographic Information System (2009): Voting Record Search. A/RES/61/83. Voting Summary/Detailed Voting, http://unbisnet.un.org:8080/ipac20/ipac.jsp?session=N2P65443320V4.636124&menu=search&aspect=power&npp=5 0&ipp=20&spp=20&profile=voting&ri=1&source=%7E%21horizon&index=.VM&term=A%2FRES%2F61%2F83&a spect=power&x=17&y=12#focus, Zugriff: 2.7.2009. Vgl. Kissinger, Henry A./Nunn, Sam/Perry, William J./Shultz, George P.: A World Free of Nuclear Weapons, in: The Wall Street Journal, 4.1.2007. Online unter: Nuclear Security Project (2007): A World Free of Nuclear Weapons, Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Großbritannien verabschiedet ein 40-Milliarden-Dollar-Programm zur Modernisierung seines U-Boot-Raketensystems.641 Russland kündigt die Stationierung einer modifizierten ICBM der Topol-MKlasse – die ICBM solle MIRV-fähig sein. Da der START-Vertrag zwar nicht generell die Entwicklung neuer ICBMs verbietet (vgl. Art. V.1, Eintrag 1991), das Ausrüsten einer bestimmten ICBM mit mehr MIRVs, als für diese von START vorgesehen ist (vgl. Art. V.12.c), allerdings schon, deklariert Russland die ICBM durch die Bezeichnung „Topol-M-RS-24“ als „neue“ ICBM.642 2009 wird die modifizierte Topol-MRakete stationiert, wahrscheinlich mit vier MIRVs ausgestattet.643 Verlässliche Quellen geben bekannt, dass die USA ihre Nuklearwaffen von ihrer deutschen Basis in Ramstein abgezogen haben. Somit bleibt Büchel der einzige Ort in Deutschland, an dem noch US-amerikanische Nuklearwaffen gelagert sind. In Europa insgesamt befinden sich zu diesem Zeitpunkt noch ungefähr 350 US-amerikanische Nuklearwaffen,644 im Jahr 2011 werden es rund 180 sein.645 Die Sechs-Parteien-Gespräche um das nordkoreanische Nuklearprogramm (bestehend aus Nord- und Südkorea, USA, Russland, China und Japan) erreichen erstmals seit dem nordkoreanischen Test (siehe Eintrag 2006) eine zaghafte Einigung: Nordkorea verspricht, seine Nuklearwaffen und laufenden Nuklearprogramme abzuschaffen und die nuklearen Einrichtungen in Yongbyon unter IAEA-Aufsicht abzuschalten. Dafür soll das Land Energiehilfen und Sanktionslockerungen erhalten. Das erste Mal seit 2002 werden wieder IAEA-Inspektoren nach Nordkorea gelassen.646 Sie bezeugen den Beginn der Abschaltung der PlutoniumWiederaufbereitungseinrichtungen in Yongbyon (siehe auch Eintrag 2008 [ebenfalls „Sechs-Parteien-Gespräche“]).647 Um die Forderungen von Kissinger, Shultz, Perry und Nunn aufzugreifen, veranstaltet der Think Tank „Hoover Institution“, angegliedert an die Standford University, eine Konferenz mit dem Titel „Reykjavik Revisited: Steps toward a World Free of Nuclear Weapons“ (in Anlehnung auf den US-sowjetischen Gipfel in Rejkjavik, siehe Eintrag 1986).648 Die Konferenzteilnehmer äußern u. a. folgende Ideen und Forderungen: Der nächste US-russische Abrüstungsschritt sollte die Arsenale auf 1.000 Sprengköpfe pro Seite reduzieren – davon wären 500 pro Seite stationiert. Ein dann folgender Schritt sei radikaler: Die Reduktion auf 500 Sprengköpfe pro Seite, von denen keiner mehr stationiert, sondern alle eingelagert seien.649 Um eine nuklearwaffenfreie Welt zu verifizieren, sei das Zusammenfließen vieler Ini- 641 642 643 644 645 646 647 648 649 http://www.nuclearsecurityproject.org/atf/cf/%7B1fce2821-c31c-4560-bec1-bb4bb58b54d9%7D/A-WORLD-FREEOF-NUCLEAR-WEAPONS.PDF, Zugriff: 26.2.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): a. a. O. Vgl. Kristensen et al. (2008): Nuclear Notebook. Russian nuclear forces, 2008, in: Bulletin of the Atomic Scientists, Vol. 64, Nr. 2, S. 56. Vgl. ebd. (2010): Nuclear Notebook. Russian nuclear forces, 2010, in: Bulletin of the Atomic Scientists, Januar/Februar 2010, S. 75. Vgl. Kristensen, Hans M.: FAS Strategic Security Blog. United States Removes Nuclear Weapons From German Base, Documents Indicate, 9.7.2007, http://www.fas.org/blog/ssp/2007/07/united_states_removes_nuclear.php, Zugriff: 24.8.2011. Vgl. Schultz, Maren: Deutschlands letzte Atombomben, in: Oberhessische Presse, 30.5.2011. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2009): North Korea Profile. Nuclear Overview, http://www.nti.org/e_research/profiles/NK/Nuclear/index.html, Zugriff: 9.5.2009. Vgl. Hecker, Siegfried S. (2008): Report of Visit to North Korea to Senate Foreign Relations Committee, http://iisdb.stanford.edu/pubs/22146/HeckerDPRKreport.pdf, Zugriff: 12.3.2009. Vgl. Andreasen, Steven P./Drell, Sidney D./Goodby, James E./Shultz, George P. (2008): Reykjavik Revisited: Steps Toward a World Free of Nuclear Weapons – Complete Report of 2007 Hoover Institution Conference. Preface, http://media.hoover.org/documents/Drell_Goodby_Schultz_Reykjavik_Revisited_vii.pdf, Zugriff: 6.6.2010. Vgl. Holloway, David (2008): Further Reductions in Nuclear Forces, http://media.hoover.org/documents/Drell_Goodby_Schultz_Reykjavik_Revisited_23.pdf, Zugriff: 1.3.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis tiativen – wie etwa des Cooperative Threat Reduction-Programms (siehe Eintrag 1991) und eines Fissile Material Cut-Off Treaty-Projekts – zu einer „Fissile Material Control Initiative“ wichtig, die global nuklearwaffenfähiges Material erfassen und sichern solle.650 Generell sei zu überlegen, ob ein nuklearer Abrüstungsprozess entweder von den UN vorangetrieben werden sollte oder eher mittels bilateralen und später multilateralen Abrüstungsschritten. Eine Synthese aus beiden Überlegungen sei auch möglich: Der Abrüstungsprozess könnte mit bilateralen Schritten von USA und Russland beginnen, möglichst früh begleitet von einem Dialog, in dem UN und Ad-hoc-Komitees auch alle anderen Nuklearwaffenstaaten in den Abrüstungsprozess einzubinden versuchen könnten.651 Ein B-52-Bomber startet in North Dakota und fliegt ohne Erlaubnis und unbemerkt nach Louisiana. Er ist mit sechs Cruise Missiles beladen, die alle nukleare Sprengköpfe tragen, jede mit einer Sprengkraft von zehn Hiroshima-Bomben.652 Die israelische Luftwaffe bombardiert eine als „Al Kibar“ bekannte und wohl noch nicht fertig gestellte Anlage in Syrien. Sowohl Israel als auch Syrien enthalten sich jeder offiziellen Stellungnahme. Israels Premier Olmert hat Syrien wohl über den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan mitteilen lassen, dass Israel keine syrische „Nuklearanlage“ dulden werde, jedoch keine weiteren Kriegshandlungen vorhabe und über den Vorfall schweigen werde, sollte Syriens Assad genauso verfahren.653 Bis heute ist nicht geklärt, ob es sich bei Al Kibar um eine konventionelle Militäranlage handelte, wie Syrien behauptet, oder tatsächlich um eine Einrichtung, die nukleares Material produzieren wollte. Für letztere Vermutung spricht, dass IAEAExperten im Juni 2008 den Moderationsstoff Graphit sowie Uran-Partikel in Al Kibar finden. Richtige Inspektionen vor Ort kann die IAEA jedoch nicht durchführen, da Syrien sämtliche Trümmer wegschafft und das Areal zubetoniert.654 2009 fordern die drei prominenten Nonproliferationsexperten Acton, Fitzpatrick und Goldschmidt die IAEA auf, ihr theoretisch stärkstes Instrument, die Special Inspection, in Syrien durchzuführen. Sollte Syrien wie 1993 Nordkorea den Zugang verweigern (siehe Eintrag 1992 [„Special Inspection“]), dann solle die IAEA den Verdacht aussprechen, dass Syrien seine Verpflichtungen vor NPT und IAEA breche, und anschließend den UN Secutiy Council anrufen.655 Auch die IAEA selbst fordert Inspektionen in Syrien – nicht nur in Al Kibar, sondern auch in anderen Anlagen, die mit Al Kibar in Verbindung gestanden haben könnten. Bislang hat Syrien jedoch noch keiner ausführlichen Inspektion zugestimmt.656 Der National Intelligence Council der USA veröffentlicht eine neue Ausgabe des kollektiven Geheimdienstreports „National Intelligence Estimate“: Darin wird verkündet, dass der Iran ein militärisches Nuklearprogramm besessen habe, das er – höchstwahrscheinlich durch den Druck internationaler Sanktionen – wohl im 650 651 652 653 654 655 656 Vgl. Juzaitis, Raymond J./McLaughlin, John E. (2008): Challenges of Verification and Compliance within a State of Universal Latency, http://media.hoover.org/documents/Drell_Goodby_Schultz_Reykjavik_Revisited_38.pdf, Zugriff: 1.3.2009. Vgl. Andreasen, Steven/Kampelmann, Max M. (2008): Turning the Goal of a World without Nuclear Weapons into a Joint Enterprise, http://media.hoover.org/documents/Drell_Goodby_Schultz_Reykjavik_Revisited_61.pdf, Zugriff: 6.6.2010. Vgl. Mazari, Shireen M.: The Threat of Nuclear Non-Proliferation amongst Non-state Actors in Asia, in: Krishnappa et al. (2009): a. a. O., S. 70. Vgl. Neuneck, Götz: Atomares Wettrüsten der Großmächte – kein abgeschlossenes Kapitel, in: Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg et al. (2009): a. a. O., S. 112. Vgl. Thakur, Ramesh: NPT regime change: Has the good become the enemy of the best?, in: Boulden et al. (2009): a. a. O., S. 274. Vgl. Follath, Erich/Stark, Holger: Operation „Obstgarten“, in: DER SPIEGEL, Nr. 45/2009. Vgl. ebd. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2011): Syria Profile. Nuclear Chronology 2004-2011, http://www.nti.org/e_research/profiles/Syria/Nuclear/chronology.html, Zugriff: 14.8.2011. Vgl. Follath et al.: a. a. O. Siehe auch Nuclear Threat Initiative (2011): Syria Profile. Nuclear Chronology 2004-2011, a. a. O. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Herbst 2003 aufgegeben habe (vgl. Pkt. A). Gleichsam treibe der Iran sein ziviles Nuklearprogramm inklusive Anreicherung voran, so dass nicht versichert werden könne, dass der Iran nicht doch auch ein militärisches Programm verfolge (vgl. Pkt. A/C ff.). Dazu würde er wahrscheinlich geheime Anlagen benutzen (vgl. Pkt. F, siehe dazu auch Eintrag 2009 [„Anreicherungsanlage bei Gom“]). Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass der Iran, sollte er entschlossen sein, die Bombe zu bauen, die Fähigkeit dazu mittels ausreichender Urananreicherung wohl in der Zeitspanne zwischen 2010 und 2015 erreichen könne (vgl. Pkt. C).657 2008: 657 658 659 Henry Kissinger, George Shultz, William Perry und Sam Nunn äußern sich erneut im Wall Street Journal zur Notwendigkeit nuklearer Abrüstung: Seit ihrem Appell vor einem Jahr hätten viele ehemalige Politiker ihre Unterstützung signalisiert, u. a. Michael Gorbatschow, Madeleine Albright, Zbigniew Brzezinski, Robert McNamara und Colin Powell. Außerdem habe Großbritanniens Außenministerin Margaret Beckett die Unterstützung ihrer Regierung angedeutet. Auch diesmal veröffentlichen die vier Autoren unmittelbar zu unternehmende Schritte, von denen Folgende in dieser Form noch nicht im 2007er Appell auftauchten: Schlüsselbestimmungen aus START, wie die zu Monitoring und Verifikation, müssten verlängert werden, auch über das Auslaufen von START im Dezember 2009 hinaus. Für SORT müsse ein Nachfolgevertrag gefunden werden, in dessen Abrüstungsbestimmungen auch andere Nuklearwaffenstaaten einsteigen könnten. Operationspläne für massive Attacken aus der Zeit des Kalten Krieges müssten endgültig vernichtet werden. Verhandlungen müssten geführt werden über ein multilaterales Raketenabwehrsystem, das nicht nur USA und Europa, sondern auch Russland integrieren sollte. Zwischen der NATO und Russland sollte ein Dialog gestartet werden über die Sicherheitsverbesserung von zur Stationierung ausgewiesenen Nuklearwaffen – dies sollte der erste Schritt zur generellen Bestandsaufnahme und letztendlichen Vernichtung dieser Waffen sein. Die vier Elder Statesmen schließen ihren Appell mit folgender Bemerkung ab: Das Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt sei wie die Spitze eines sehr hohen Berges; von unten, wo wir momentan stünden, könnten wir die Spitze nicht einmal sehen – von hier aus sei es verlockend und leicht, zu behaupten, dass wir dort überhaupt nicht hinaufsteigen könnten. Doch wir müssten uns auf den Weg nach oben machen – dann würde die Spitze auch Schritt für Schritt sichtbarer werden.658 Die USA übernehmen eine neue Angriffsstrategie, genannt „OPLAN (Operations Plan) 8010“: Wie schon die vorangegangenen Strategien setzt OPLAN 8010 nicht mehr auf einen einzigen alles entscheidenden großen Angriff wie zu Zeiten des Kalten Krieges, sondern auf „eine Familie an Plänen, anwendbar in einem breiteren Spektrum von Szenarien“. Das bedeutet: Die USA haben Angriffspläne gegen Russland, China, Nordkorea, Iran, Libyen und Syrien entwickelt. Die Angriffspläne greifen auf die neue militärische Triade zurück, bestehend u. a. aus nuklearen und konventionellen Waffen sowie Informationstechnologien, die bereits in der Doctrine for Joint Nuclear Operations (siehe Eintrag 2005) beschrieben worden ist.659 Die USA könnten zukünftig auch ICBMs einsetzen, die nicht mehr mit nuklea- Vgl. National Intelligence Estimate 2007 in: Singh, Priyanka: Iranian Nuclear Crisis. NIE and After, in: Krishnappa et al. (2009): a. a. O., S. 93 ff. Vgl. Kissinger, Henry A./Nunn, Sam/Perry, William J./Shultz, George P. (2008): Toward a Nuclear-Free World, in: The Wall Street Journal, 15.1.2008. Online unter: Nuclear Security Project (2008): Toward a Nuclear-Free World, http://www.nuclearsecurityproject.org/atf/cf/%7B1FCE2821-C31C-4560-BEC1BB4BB58B54D9%7D/TOWARD_A_NUCLEAR_FREE_WORLD_OPED_011508.PDF, Zugriff: 27.2.2009. Vgl. Kristensen, Hans M./Norris, Robert S./Oelrich, Ivan (2009): From Counterforce to Minimal Deterrence. A New Nuclear Policy on the Path Toward Eliminating Nuclear Weapons. Occasional Paper No. 7. April 2009, Washington D.C.: Federation of American Scientists/Natural Resources Defense Council, S. 8 ff. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis ren, sondern mit konventionellen Waffen bestückt sind. Kritiker fürchten hier, dass andere Länder, etwa China oder Russland, im Konfliktfall nicht mehr unterscheiden könnten, ob die USA eine abgefeuerte Rakete nuklear oder konventionell bestückt haben. Solche Staaten könnten darauf hin der Versuchung erliegen, einen umfassenden nuklearen Gegenschlag auszuführen.660 Die „7-Nation Initiative“, ein informeller Zusammenschluss von Australien, Chile, Indonesien, Norwegen, Rumänien, Südafrika und Großbritannien, gegründet nach dem Scheitern der 2005er NPT-Überprüfungskonferenz, um alle drei NPTSäulen – Nonproliferation, zivile Nuklearenergie-Nutzung und Abrüstung – wiederzubeleben,661 organisiert in Oslo eine internationale Konferenz mit dem Titel „Achieving the Vision of a World Free of Nuclear Weapons“. Der norwegische Außenminister Jonas Gahr Støre fasst die Konferenz-Ergebnisse zusammen: Sie enthalten jene Forderungen an die Nuklearwaffenstaaten, die bereits z.B. von der 2000er NPT-Überprüfungskonferenz oder von Kissinger, Shultz, Perry und Nunn erhoben worden sind. Die Frage nach der Regulierung des nuklearen Brennstoffkreislaufs stehe auch für Staaten ohne Nuklearwaffen im Fokus: Es sei womöglich gefährlich, ein Zwei-Schichten-System zwischen Produzenten und Empfängern von nuklearem Brennstoff entstehen zu lassen. Stattdessen müssten Dialog und – evtl. besonders für Produzenten nuklearen Brennstoffs – IAEA-Sicherungsmaßnahmen gestärkt werden. Norwegen habe überdies 5 Millionen Dollar für die IAEA fuel bank (siehe Art. IX IAEA-Statut/Empf. 8 der Weapons of Mass Destruction Commission, Eintrag 2006) bereitgestellt und fordere andere Staaten auf, Gleiches zu tun. Der norwegische Außenminister äußert zum Abschluss seiner Zusammenfassung die Überlegung, ein „High-level Intergovernmental Panel on Nuclear Disarmament“ einzuberufen, ähnlich dem Intergovernmental Panel on Climate Change, um die Regierungen über die Schlüsselvoraussetzungen zur Abschaffung von Nuklearwaffen zu beraten.662 Großbritanniens Verteidigungsminister Des Browne hält vor der Conference on Disarmament die Rede „Laying the Foundations for Multilateral Disarmament“: Die Welt brauche einen Plan, der Proliferation und Abrüstung sich gegenseitig unterstützend vorantreibt. Auf der 2010er NPT-Überprüfungskonferenz müsse gegenüber jedem Staat, der den Austritt aus dem NPT erwägt, das Signal gesetzt werden, dass ein solcher Austritt Konsequenzen haben werde. Großbritannien sollte sich selbst zum Versuchsraum für Abrüstung entwickeln: Das Londoner International Institute for Strategic Studies (siehe Eintrag 1977) erkunde gerade die politischen und technischen Erfordernisse für eine nuklearwaffenfreie Welt.663 Wie technisch die Abrüstung eines nuklearen Sprengkopfes verifiziert werde, erforsche momentan das „Atomic Weapons Establishment“ in Aldermaston. Dabei arbeite es mit mehreren norwegischen Verteidigungslaboratorien zusammen (dazu auch Eintrag 2009 [„Technischer Abrüstungsprozess einer Nuklearwaffe“]). Großbritannien sei überdies bereit, eine technische Konferenz über die Verifikation von nuklearer Abrüstung auszurichten: Teilnehmen sollten Nuklearlaboratorien aus den fünf offizi- 660 661 662 663 Vgl. Manzo, Vince (2008): An Examination of the Pentagon's Prompt Global Strike Program: Rationale, Implementation, and Risks, Washington D.C: Center for Defense Information, http://www.cdi.org/pdfs/PGSfactsheet.pdf, Zugriff: 12.7.2009. Vgl. The Seven-Nation Initiative on Nuclear Disarmament and Non-Proliferation, Clearinghouse (2007): Declaration by the Seven Foreign Ministers, July 2005, http://www.7ni.mfa.no/PD/PDe.htm, Zugriff: 1.3.2009. Vgl. Gahr Støre, Jonas (2008): A Global Effort to Achieve a World Free of Nuclear Weapons, http://disarmament.nrpa.no/wp-content/uploads/2008/05/chairs_written_summary.pdf, Zugriff: 1.3.2009. Die Publikation der Ergebnisse: Acton, James M./Perkovich, George (2008): Abolishing Nuclear Weapons, London: The International Institute for Strategic Studies. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis ellen Nuklearwaffenstaaten. Die Konferenz sollte möglichst noch vor der NPTÜberprüfungskonferenz im Jahr 2010 stattfinden.664 Nachdem Nordkorea im Rahmen der Sechs-Parteien-Gespräche versprochen hat, seine Nuklearwaffen und nuklearen Programme abzuschaffen und seine Einrichtungen in Yongbyon abzuschalten (siehe Eintrag 2007 [ebenfalls „SechsParteien-Gespräche“]), gelobt es nun, weitere wichtige nukleare Einrichtungen unschädlich zu machen und bis Ende 2007 eine Deklaration seines gesamten Nuklearprogramms zu veröffentlichen. Unter dem Auge der Weltpresse zerstört Nordkorea den Kühlturm des Yongbyon-Reaktors. Die angekündigte Deklaration liefert Nordkorea jedoch erst ein halbes Jahr später als versprochen ab: Es berichtet darin zwar über seine Plutonium-Produktion und damit zusammenhängende Operationen. Nordkorea gibt allerdings keine Informationen über seine möglichen nuklearen Sprengköpfe preis, auch nicht über eine womögliche Uran-Anreicherung oder Proliferationsaktivitäten. Die USA streichen Nordkorea trotzdem von seiner Liste der Terrorunterstützer. Verhandlungen über eine Verifikation der nordkoreanischen Abrüstung finden statt, erzielen jedoch keinen Erfolg (dazu Einträge 2009 [„Nordkorea“]).665 Der US-Gesetzentwurf „United States-India Nuclear Cooperation Approval and Nonproliferation Enhancement Act“ wird verabschiedet und von Bush unterschrieben: Der US-indische Nukleardeal (siehe Einträge 2005 [„Bush und Singh“] und 2006 [„US-indischer Deal“]) wird als „United States-India Agreement for Cooperation on Peaceful Uses of Nuclear Energy“ zum US-amerikanischen Gesetz666 (vgl. SEC. 101.a).667 Die Zustimmung des indischen Parlaments braucht das Abkommen nicht;668 es tritt durch Unterzeichnung der US- und indischen Außenminister in Kraft.669 Das Abkommen soll volle Kooperation auf dem Gebiet der zivilen Nuklearenergie-Nutzung ermöglichen (vgl. Art. 2.2), insbesondere in der Forschung (vgl. Pkt. [a], auch in der Forschung zu biologischen, medizinischen, landwirtschaftlichen und industriellen Fragen sowie zu Umwelt und Klimawandel, vgl. Pkt. [f]), bei Sicherheitsfragen (vgl. Pkt. [b]), bei Technologie-Transfers (vgl. Pkt. [d]), bei der Vorratshaltung nuklearen Materials (vgl. Pkt. [e]), bei der Kooperation mit Drittstaaten (vgl. Pkt. [g/i]) und bei Projekten zur kontrollierten thermonuklearen Fusion wie dem „International Thermonuclear Experimental Reactor“ (ITER, vgl. Pkt. [j]/Art. 3.1.h). Das Abkommen ermöglicht auch den Transfer nuklearen Materials (vgl. Art. 2.3/Art. 4-5). Art. 2.4 legitimiert das indische Nuklearwaffenprogramm, indem er den Abkommensparteien das Recht zur Nutzung nuklearen Materials für „ihre eigenen Zwecke“ zugesteht. Art. 9 ruft die Parteien auf, unter diesem Abkommen transferiertes nukleares Material und Equipment nicht für militärische Zwecke zu gebrauchen. Das transferierte nukleare Material und Equipment sowie damit produzierte Materia- 664 665 666 667 668 669 Vgl. Reaching Critical Will (2008): Conference on Disarmament. Statements to the CD 2008. Second Session. Speech by the UK Secretary of State for Defence. “Laying the Foundations for Multilateral Disarmament”, http://www.reachingcriticalwill.org/political/cd/speeches08/1session/Feb5UKDefSecDesBrown.pdf, Zugriff: 28.2.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2009): North Korea Profile. Nuclear Overview, a. a. O. Vgl. Govtrack.us (2009): H.R. 7081: United States-India Nuclear Cooperation Approval and Nonproliferation Enhancement Act, http://www.govtrack.us/congress/bill.xpd?bill=h110-7081, Zugriff: 12.3.2009. Vgl. ebd.: Text of H.R. 7081 [110th]: United States-India Nuclear Cooperation Approval and Nonproliferation Enhancement Act, http://www.govtrack.us/congress/billtext.xpd?bill=h110-7081, Zugriff: 12.3.2009. Vgl. Bajoria, Jayshree/Pan, Esther (2008): The U.S.-India Nuclear Deal, New York: Council on Foreign Relations, http://www.cfr.org/publication/9663/#6, Zugriff: 12.3.2009. Vgl. Thaindian News (2009): India, US Sign 123 Agreement on Civil Nuclear Deal, http://www.thaindian.com/newsportal/india-news/india-us-sign-123-agreement-on-civil-nuclear-deal_100105892.html, Zugriff: 12.3.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis lien sollen IAEA-Sicherungsmaßnahmen unterliegen,670 zumindest solange dieses Material unter der Jurisdiktion der Abkommensstaaten bleibe (vgl. Art. 10). Art. 11 verlangt, den Umwelt- und Gesundheitsschaden bei der Abkommensumsetzung zu minimieren. Falls das Abkommen aufgekündigt werden sollte, hätten beide Parteien das Recht, transferiertes nukleares Material und alle damit produzierten Materialien zurückzubekommen (vgl. Art. 14.4). Jedoch solle in diesem Fall eine Kompensation gezahlt (vgl. Pkt. [6]) und bilaterale Konsultationen einberufen werden, da ein solcher Schritt sicherlich ernste Auswirkungen auf die gegenseitigen Beziehungen haben würde (vgl. Pkt. [5]). Das Abkommen solle vorerst 40 Jahre (!) in Kraft bleiben (vgl. Art. 16.2).671 Nicht allein die USA, sondern die gesamte Nuclear Suppliers Group (siehe Eintrag 1977) möchte nuklearen Handel mit Indien betreiben: In einem Statement verkündet die NSG, dass ungeachtet des Pkts. 4 ihrer Guidelines (der nuklearen Handel nur erlaubt, wenn der Empfängerstaat ein Sicherungsabkommen mit der IAEA abgeschlossen hat, Eintrag 1977) Materialien ihrer Trigger List (ebenfalls Eintrag 1977) an Indien geliefert werden dürften (vgl. Statement Pkt. 3.a). 672 Daryl Kimball von der „Arms Control Association“ kritisiert, dass Indien nunmehr nuklearen Brennstoff aus dem Ausland beziehen und seine begrenzten heimischen Uranvorkommen fortan ausschließlich dem Bombenbau zur Verfügung stellen könnte.673 In Paris wird die Kampagne „Global Zero“ gegründet, die ein phasenweises Vorgehen zum Erreichen einer komplett nuklearwaffenfreien Welt vorschlägt: Phase 1 (2010-2013) solle im Zeichen US-amerikanischer und russischer Einigung über eine Abrüstung auf 1.000 nukleare Sprengköpfe stehen – diese sei zu erreichen bis 2018. Phase 2 (2014-2018) solle eine US-russische Reduktion auf 500 Sprengköpfe pro Seite beinhalten (zu erreichen bis 2021), außerdem ein Einfrieren der Arsenale anderer Nuklearwaffenstaaten, deren Reduktion bis 2021 sowie den Aufbau eines Verifikations- und Enforcement-Regimes. Phase 3 (2019-2023) solle gekennzeichnet sein vom Aushandeln einer Nuklearwaffenkonvention, der sich alle Nuklearwaffenstaaten anschließen müssten. Phase 4 (2024-2030) schließlich sieht die phasenweise, proportionale und verifizierte Reduktion aller Arsenale bis Null vor. Das Verifikations- und Enforcement-Regime solle auch nach Abschaffen aller Nuklearwaffen bestehen bleiben. Die Autoren des Global Zero-Plans weisen darauf hin, dass im Zeitraum zwischen 1989 und 2009 ungefähr doppelt so viele nukleare Sprengköpfe abgerüstet worden seien (über 40.000), wie nun die Global ZeroKampagne für kommenden 20 Jahre fordere (20.000 + x).674 Die Global ZeroKampagne wird von zahlreichen ehemaligen und aktiven Politikern, Diplomaten und Wissenschaftlern aus allen Teilen der Welt initiiert und unterstützt, darunter HansDietrich Genscher, George Perkovich, die ehemalige UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, die ehemalige norwegische Premierministerin Gro Harlem Brundtland, bekannt durch ihren Vorsitz der „World Commission on Environment and Development“, außerdem die Friedensnobelpreisträger Michael Gor- 670 671 672 673 674 Indem sich die IAEA darauf einlässt, das im Rahmen dieses Deals gehandelte Material durch ihre Sicherungsmaßnahmen auf eine ausschließlich zivile Nutzung hin zu überprüfen, bricht sie ein bis dato geltendes Tabu, Staaten außerhalb des NPT keinen Zugang zu nuklearer Technologie zu gewähren, vgl. Kristensen, Hans M./Norris, Robert S. (2008): Nuclear Notebook. Indian Nuclear Forces, 2008, in: Bulletin of the Atomic Scientists, Vol. 64, Nr. 5, S. 38. Vgl. The Henry L. Stimson Center (2009): South Asia Program. Resources on the US-India Nuclear Initiative. The U.S.India 123 Agreement, http://www.stimson.org/southasia/pdf/US-India-FinalTextof123Agreement.pdf, Zugriff: 12.3.2009. Vgl. Nuclear Suppliers Group: Statement on Civil Nuclear Cooperation with India, in: Kimball, Daryl G. (2008): Text, Analysis, and Response to NSG „Statement on Civil Nuclear Cooperation with India“, Washington D.C.: Arms Control Association, http://www.armscontrol.org/node/3345, Zugriff: 24.12.2009. Vgl. Kimball (2008): a. a. O. Vgl. Global Zero (2009): Global Zero Action Plan. 29 June 2009, http://www.globalzero.org/files/pdf/gzap_3.0.pdf, Zugriff: 14.7.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis batschow, Desmond Tutu und Mohammed Yunus nebst vielen anderen.675 2009: 675 676 677 Als Antwort auf Kissinger, Shultz, Perry und Nunn veröffentlichen Helmut Schmidt, Richard von Weizsäcker, Egon Bahr und Hans-Dietrich Genscher den Artikel „Toward a nuclear-free world: a German view“. Sie bemerken, dass der Appell von Kissinger und Co. zwar in den USA breite Zustimmung gefunden habe, dass jedoch keine europäische Regierung unterstützende Beschlüsse gefasst habe. Die Conference on Nuclear Disarmament in Oslo (siehe Eintrag 2008 [„Achieving the Vision of a World Free of Nuclear Weapons“]) und die unterstützenden Signale Großbritanniens, die sogar durch Kissinger, Shultz, Perry und Nunn 2008 lobend erwähnt wurden, werden von der deutschen Vierergruppe nicht angesprochen. Nicht Konfrontation und Gewalt, sondern vielmehr Kooperation sei das Schlüsselwort des 21. Jahrhunderts: Das gelte für Umwelt- und Klimaschutz, für die Herstellung der Energiesicherheit einer steigenden Weltbevölkerung, für die Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise – und eben auch für die Vision einer nuklearwaffenfreien Welt. Zu den unmittelbar zu unternehmenden Schritten, welche die Gruppe um Kissinger gefordert habe, fügen die Deutschen u. a. hinzu, dass der ABM-Vertrag revitalisiert werden müsse. Die europäische Stabilität, die u. a. dem CFE-Vertrag (Eintrag 1990) zu verdanken sei, werde gegenwärtig durch den US-amerikanischen Wunsch gefährdet, in Polen und Tschechien Raketen und ein Radarsystem zu stationieren. Ein wiederhergestellter ABM-Vertrag könne ein multilateraler Ausweg sein. USPräsident Barack Obama plädiere für die Überwindung der Denkmuster aus dem Kalten Krieg. Dazu fordere Russlands Präsident Dimitri Medwedjew eine gesamteuropäische Sicherheitsstruktur. Nur eine stabile und verbindliche Zusammenarbeit zwischen USA, Europa, Russland und China könne Sicherheit und Stabilität für die nördliche Hemisphäre bringen und sei eventuell institutionell auszugestalten. Durch stabile Sicherheit im Norden seien auch globale Krisen leichter zu lösen. Ernste Bemühungen von USA und Russland in Richtung einer nuklearwaffenfreien Welt würden auch ein adäquates Verhalten der anderen Nuklearwaffenstaaten – auch solcher ohne Sitz im UN Security Council – erleichtern. Ein Geist der Kooperation könnte sich vom Nahen Osten über Iran bis Ostasien erstrecken. Dem Zwei-plusVier-Vertrag, der die deutsche Einheit völkerrechtlich festschreibt, sei als weitere Ausgestaltung des Prinzips der Kooperation der NATO-Russland-Rat gefolgt. Diese Partnerschaft passe überhaupt nicht zu den immer noch geltenden USamerikanischen und russischen Doktrinen des nuklearen Erstschlags. Ein no-firstuse-Vertrag zwischen den Nuklearwaffenstaaten sei ein dringend zu unternehmender Schritt. Die Autoren sind außerdem der Meinung, dass die verbleibenden USamerikanischen Nuklearsprengköpfe aus Deutschland abgezogen werden sollten.676 US-Präsident Obama kündigt an, mit Russland in Verhandlungen zu einem Abkommen treten zu wollen, das die US-amerikanischen und russischen Nuklearwaffenarsenale um etwa 80 % auf stationierte 1.000 Sprengköpfe pro Seite verkleinern solle. Für diese Gespräche würde in den USA ein „Non-Proliferation Office“ eingerichtet. Vorangetrieben werden sollten die Verhandlungen durch Hillary Clintons Außenministerium.677 Doch aus den USA kommen auch andere Nachrichten: Die Obama-Administration wolle zwar keine neuen Nuklearwaffen produzieren, der Vgl. ebd.: Who is for Zero. Signatories, http://www.globalzero.org/en/who/signed, Zugriff: 14.7.2009. Vgl. Bahr, Egon/Genscher, Hans-Dietrich/Schmidt, Helmut/von Weizsäcker, Richard (2009): Toward a nuclear-free world: a German view, International Herald Tribune, 9. Januar 2009. Vgl. Reid, Tim: President Obama seeks Russia deal to slash nuclear weapons, The Times, 4. Februar 2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis US-Kongress bewilligt jedoch 13 Millionen Dollar zur Entwicklung einer neuen Zündungseinheit für nukleare Sprengköpfe.678 Im Nordatlantik stoßen das britische U-Boot „HMS Vanguard“ und das französisches U-Boot „Le Triomphant“ zusammen. Beide werden mit Nuklearreaktoren betrieben und könnten je bis zu 16 MIRV-fähige SLBMs an Bord gehabt haben. Die Regierungen Englands und Frankreichs verraten keine Details über den Unfall. Kritiker warnen, dass bei einem solchen Unfall leicht eine große Menge Strahlung freigesetzt werden und die Nuklearwaffen verloren gehen könnten.679 Die beiden UBoote haben sich wahrscheinlich nicht wahrgenommen, da sie unter Wasser wegen ihrer schallgedämpften Antriebe und ihres Fahrens mit Schrittgeschwindigkeit selbst mit einem hochempfindlichen Sonar kaum zu orten sind. Während Großbritannien und USA die Routen ihrer U-Boote miteinander absprechen, gibt Frankreich darüber bislang keine Informationen heraus.680 Nach fünf Jahren Hausarrest wird Abdul Qadeer Khan (siehe Einträge 2004 und 2010 [„Pervez Musharraf“]) per Gerichtsentscheid freigelassen. Experten sind besorgt, er könne Teile seines alten Netzwerks reaktivieren oder sein eigenes Wissen in die falschen Hände geben.681 Vorerst muss A. Q. Khan noch die Behörden über seine Schritte informieren; ab September wird ihm jedoch wieder totale Bewegungsfreiheit eingeräumt.682 Der Leichtwasserreaktor im iranischen Bushehr wird nach 14 Jahren Bauzeit fertiggestellt. In Betrieb gehen wird er allerdings vorerst noch nicht (siehe dazu Eintrag 2010 [„Stuxnet“]).683 Die russische Unterstützung beim Bau des Kraftwerks war nicht von den Sanktionen erfasst (hierzu Eintrag 2006 [„UN Security Council Resolution 1737“]). Frankreichs Präsident Sarkozy kündigt an, dass Frankreich in die militärische Komandostruktur der NATO zurückkehren werde. Seit 1966 war Frankreich lediglich in politischen, nicht in den militärischen Gremien der NATO vertreten. 684 Aus der Nuclear Planning Group werde sich Frankreich jedoch auch in Zukunft heraushalten. Eine richtige Begründung dafür gibt die französische Regierung nicht ab, allenfalls, dass das französische Nuklearwaffenarsenal unabhängig bleiben werde.685 Nordkorea startet eine Langstreckenrakete „Taepodong-2“. Nach nordkoreanischen Angaben habe sie einen Satelliten ins All gebracht. Da aber sowohl das Trägermodul, das mit dem Satelliten im All bleiben müsste, als auch die Ladung selbst ins Meer gefallen ist, schlussfolgern Experten, dass die Satellitenmission nicht erfolgreich gewesen sein kann. Die USA und andere werfen Nordkorea vor, 678 679 680 681 682 683 684 685 Vgl. Kristensen et al. (2009): Nuclear Notebook. U.S. nuclear forces, 2009, in: Bulletin of the Atomic Scientists, März/April 2009, S. 66 f. Vgl. SPIEGEL ONLINE (2009): “Knapp an der Katastrophe vorbei”, http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,607971,00.html, Zugriff: 20.3.2009. Vgl. Höges, Clemens: Nuklearer Alptraum, in: DER SPIEGEL, Nr. 9/2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2009): Khan Still Poses Proliferation Threat, Expert Says, http://gsn.nti.org/gsn/nw_20090212_8584.php, Zugriff: 2.3.2009. Vgl. BBC News (2009): Curbs on nuclear scientist lifted, http://news.bbc.co.uk/2/hi/south_asia/8226124.stm, Zugriff: 16.12.2009. Vgl. Neue Zürcher Zeitung Online (2009): Atomkraftwerk Bushehr in Iran betriebsbereit, http://www.nzz.ch/nachrichten/international/iran_buschehr_1.2092632.html, Zugriff: 6.5.2009. Vgl. Le Monde diplomatique: OTAN: le retour de la France, 13. März 2009, http://www.mondediplomatique.fr/carnet/2009-03-13-France-OTAN, Zugriff: 5.4.2009. Vgl. The Associated Press (2009): OTAN: la France n’entrera pas au Group des plans nucléaires, assure Sarkozy, http://fr.news.yahoo.com/2/20090401/tfr-otan-la-france-n-entrera-pas-au-grou-f56f567.html, Zugriff: 5.4.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis unter dem Deckmantel des Satellitenprogramms eine Interkontinentalrakete für Nuklearwaffen testen zu wollen.686 Obama spricht in Prag von einer nuklearwaffenfreien Welt: Nuklearwaffen seien das gefährlichste Vermächtnis des Kalten Krieges. Die Gefahr eines Nuklearkriegs sei kleiner geworden, die Gefahr eines nuklearen Anschlags aber größer – dieses Thema gehe alle an. Wenn wir uns damit abfinden würden, dass die Verbreitung von Nuklearwaffen unvermeidbar sei, dann würden wir irgendwie auch akzeptieren, dass die Benutzung von Nuklearwaffen unvermeidbar sei. So wie die Menschheit im 20. Jahrhundert für Freiheit eingetreten sei, so müssten wir heute im 21. Jahrhundert für das Recht eines jeden Menschen auf ein Leben ohne Furcht zusammen stehen. Die USA hätten eine moralische Verpflichtung zum Handeln, als einziges Land, das jemals Nuklearwaffen eingesetzt habe. Eine Welt ohne Nuklearwaffen könne nicht schnell erreicht werden – vielleicht nicht einmal zu Obamas Lebzeiten. Konkret würden die USA die Rolle von Nuklearwaffen in ihrer Sicherheitsstrategie abschwächen und andere auffordern, Gleiches zu tun. Solange es aber Nuklearwaffen gebe, könnten auch die USA nicht auf ein „sicheres und effektives“ Nuklearwaffenarsenal zur Abschreckung jedes Feindes verzichten. Noch 2009 würden die USA jedoch einen neuen START-Vertrag mit Russland aushandeln. USA und Russland würden versuchen, andere Nuklearwaffenstaaten in diesen Prozess einzubinden. Die USA würden unverzüglich den CTBT ratifizieren und auf einen Fissile Material Cut-Off Treaty hinarbeiten. Die Verifikation des NPT müsse verbessert und unmittelbare Konsequenzen für Regelverletzungen ermöglicht werden. Eine „Fuel Bank“ müsse allen Staaten Zugang zur „friedlichen“ Nutzung der Nuklearenergie zusichern können. Obama adressiert auch den jüngsten Raketentest Nordkoreas und die nuklearen Ambitionen Irans: Er biete solchen Staaten einen Platz in der internationalen Gemeinschaft an. Sollten sie aber Aufrüstung betreiben, würde das nur Unsicherheit für alle bedeuten. Solange der Iran sein ballistisches-RaketenProgramm betreibe, würden die USA auch ein Raketenabwehrsystem in Polen und Tschechien vorantreiben, das „kostengünstig und funktionstüchtig“ sei. Ein Schritt gegen Nuklearterrorismus sei, binnen vier Jahren alles gefährdete nukleare Material sicherzustellen. Initiativen wie die Proliferation Security Initiative (siehe Eintrag 2003) oder die Global Initiative to Combat Nuclear Terrorism (Eintrag 2006) sollten institutionalisiert werden. Die USA würden im nächsten Jahr einen „Global Summit on Nuclear Security“ organisieren (dazu Eintrag 2010).687 Nachdem der jüngste Start einer nordkoreanischen Langstreckenrakete den UN Security Council dazu bewogen hat, Nordkorea Konsequenzen anzukündigen, terminiert Nordkorea die Sechs-Parteien-Gespräche und verkündet, „niemals mehr“ daran teilzunehmen und „niemals mehr“ die bereits getroffenen Vereinbarungen anzuerkennen. Gleichzeitig gibt Nordkorea an, die Wiederaufbereitung von Plutonium wieder aufzunehmen688 und wirft die IAEA-Inspektoren aus dem Land.689 Am 25. Mai schließlich gibt Nordkorea bekannt, seinen zweiten Nuklearwaffentest durchgeführt zu haben.690 Der nordkoreanische Test hat womöglich eine Sprengkraft von 4 Kilotonnen oder weniger gehabt. Da Nordkorea vor allem Plutonium besitzt, das es aus ausgebranntem Reaktormaterial gewinnt, ist es wahrscheinlich, dass Nordkorea eine Nuklearwaffe nach dem Implosionsverfahren bauen will. Dieses Verfahren hät- 686 687 688 689 690 Vgl. Broad, William J./Sang-hun, Choe: North Korean Missile Launch Was a Failure, Experts Say, in: The New York Times, 6.4.2009. Vgl. The Huffington Post (2009): Obama Prague Speech on Nuclear Weapons: FULL TEXT, http://www.huffingtonpost.com/2009/04/05/obama-prague-speech-on-nu_n_183219.html, Zugriff: 21.8.2011. Vgl. SPIEGEL ONLINE (2009): Nordkorea verkündet Ausbau seines Atomprogramms, http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,618814,00.html, Zugriff: 25.5.2009. Vgl. ElBaradei, Mohamed: Versagt haben andere, in: DER SPIEGEL, Nr. 21/2009. Vgl. Sang-Hun, Choe: North Korea Claims to Conduct 2nd Nuclear Test, in: The New York Times, 25.5.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis te jedoch mindestens eine Sprengkraft von 10 bis 20 Kilotonnen erzeugen müssen – darum ist es wahrscheinlich, dass auch Nordkoreas zweiter Nuklearwaffentest nicht wie geplant funktioniert hat.691 Gleichsam provoziert Nordkorea die Welt noch weiter: Den angekündigten südkoreanischen Anschluss an die Proliferation Security Initiative (siehe Eintrag 2003) bezeichnet der Norden als „Kriegserklärung“.692 Zusätzlich zum zweiten Nuklearwaffentest führt der Norden eine ganze Reihe Raketentests durch: Am 25. und 26. Mai testet das Land insgesamt fünf Kurzstreckenraketen.693 Am 12. Juni verabschiedet der UN Security Council Resolution 1874, in der er Nordkorea unmissverständlich auffordert, keinen erneuten Nuklearwaffentest oder Raketenstart durchzuführen (vgl. § 2 f.).694 Trotzdem testet Nordkorea Anfang Juli erneut drei Kurzstreckenraketen, die im Meer vor Japan einschlagen.695 UN Security Council Resolution 1874 versucht die Sanktionen gegen Nordkorea u. a. damit zu verschärfen, dass alle UN-Mitgliedsstaaten aufgefordert werden, Schiffs- und Luftfracht zu inspizieren, sollte der Verdacht bestehen, dass die Fracht zum Nuklearund Raketenprogramm Nordkoreas beiträgt (vgl. § 11 ff.). Die deutschen Oppositionsparteien Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke scheitern mit ihren Anträgen im Bundestag, die Verhandlungen zwischen Deutschland und USA über den sofortigen Abzug der 20 in Büchel verbleibenden Nuklearwaffen erwirken sollten.696 Rose Gottemoeller, die auf US-amerikanischer Seite die kommenden Abrüstungsverhandlungen mit Russland führen soll und gleichzeitig für die USUmsetzung des NPT zuständig ist, fordert öffentlich, dass endlich auch die noch fehlenden Nuklearmächte Indien, Israel, Pakistan und Nordkorea diesem Vertrag beitreten sollten. Es ist das erste Mal, dass eine US-Administration Israel als Nuklearmacht bezeichnet. Bislang hatte das ein Abkommen über das Stillschweigen zur nuklearen Kapazität Israels aus dem Jahre 1969 verhindert.697 Die Conference on Disarmament beschließt, Verhandlungen über einen Fissile Material Cut-Off Treaty (siehe u. a. Einträge 1993 und 1998), die seit den 1990ern auf Eis gelegen haben, wieder aufzunehmen.698 Auch in den NPTÜberprüfungsprozess kommt Bewegung: Die 2009er Sitzung des NPT Preparatory Committee verabschiedet eine vorläufige Agenda für die kommende Überprüfungskonferenz.699 Allein der Streit über diesen prozedualen Schritt hatte den NPTÜberprüfungsprozess 2004 und 2005 gelähmt und die Delegierten von inhaltlicher Arbeit abgehalten (dazu Einträge 2004 und 2005). Das „EastWest Institute“, ein US-amerikanisch-russisches Expertenkonsortium, analysiert den geplanten US-amerikanischen Raketenschild in Polen und Tschechien und kommt zu dem Schluss, dass solch ein System keineswegs gegen mögliche iranische Langstreckenraketen wirksam sei. Es sei geplant, das System mit nur zehn Interzeptoren, also Abfangraketen, auszustatten, wobei bis zu fünf da- 691 692 693 694 695 696 697 698 699 Vgl. Park, Jeffrey (2009): The North Korean Nuclear Test: What the Seismic Data Says, http://www.thebulletin.org/web-edition/features/the-north-korean-nuclear-test-what-the-seismic-data-says, Zugriff: 14.7.2009. Vgl. Nass, Matthias: Die feudale Atommacht, in: DIE ZEIT, Nr. 24/2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2009): North Korea Profile. Missile Chronology 2008-2009, http://www.nti.org/e_research/profiles/NK/Missile/chronology_2008.html, Zugriff: 14.7.2009. Vgl. United Nations (2010): Security Council Resolution 1874. Vgl. Sang-Hun, Choe: Defying U.S., N. Korea Fires Barrage of Missiles, in: The New York Times, 4.7.2009. Vgl. Das Parlament: Streit über Atomwaffen, Nr. 18/19, 27.4.2009. Vgl. Steingart, Gabor: Plötzliches Frösteln, in: DER SPIEGEL, Nr. 20/2009. Vgl. Conference on Disarmament (2009): Decision for the establishment of a Programme of Work for the 2009 session, http://www.unog.ch/80256EDD006B8954/(httpAssets)/E8846993B5213D59C12575DF0029EE11/$file/CD+1864+ English.pdf, Zugriff: 1.7.2009. Vgl. Johnson, Rebecca (2009): NPT Preparatory Committee Meeting, 4 – 15 May 2009, London: The Acronym Institute, http://www.acronym.org.uk/npt/index.htm, Zugriff: 14.7.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis von allein gegen eine einzige feindliche Rakete eingesetzt werden sollen, um sicherzustellen, dass mindestens einer der Interzeptoren trifft. So wären schon bei zwei iranischen Raketen alle zehn Interzeptoren aufgebraucht. Ein iranischer Angriff mit mehr als zwei Raketen wäre also nicht mehr unschädlich zu machen (vgl. Pkt. 4.11 f.). Anstatt dieses System voranzutreiben, sollten USA und Russland lieber alles daran setzen, Iran von einem möglichen Nuklearwaffenprogramm abzubringen (vgl. Pkt. 5.11 ff.).700 Frankreich entwirft ein Gesetz über die Entschädigung der Opfer seiner Nuklearwaffentests der Jahre 1960 bis 1996 in Algerien und Französisch Polynesien.701 Theoretisch könnten bis zu 150.000 Menschen einen Anspruch auf diese Entschädigung erheben. 13,5 Millionen Euro sind dafür vorgesehen.702 Der Anspruch auf Entschädigung solle von Fall zu Fall von einem Komitee geprüft werden. Im Dezember hat das Gesetz Nationalversammlung und Senat passiert.703 Die Einschätzungen des iranischen Nuklearprogramms gehen auseinander: Während der aus dem Amt scheidende IAEA-Generaldirektor ElBaradei ein „instinktives Gefühl“ habe, dass der Iran nach der Bombe strebe, sehe der zukünftige Generaldirektor Yukiya Amano in den offiziellen IAEA-Dokumenten keine Hinweise dazu.704 ElBaradei stützt seine Einschätzung jedoch nicht nur auf offizielle IAEA-Dokumente, sondern auch auf Geheimdienstinformationen der IAEAMitgliedsstaaten: Diese verzeichnen im Iran Sprengstoff-Versuche, die Umwandlung von Urandioxid in Urantetrafluorid, die auf das Herstellen von Uranmetall für den Bombenbau hindeuten kann, ferner Pläne für unterirdische Tests und biographische Daten eines iranischen Wissenschaftlers, der in Radius-Berechnungen einer Nuklearwaffenexplosion eingebunden war.705 Israel scheint sich auf einen potentiellen Militärschlag gegen iranische Nuklearanlagen vorzubereiten: Es soll sich bereits Überflugrechte von SaudiArabien gesichert und US-amerikanische F-35-Tarnkappenbomber gekauft haben.706 Eine Studie des Washingtoner „Center for Strategic and International Studies“ attestiert Israel zwar die grundsätzliche Fähigkeit, Irans Nuklearprogramm zu zerstören oder auf Jahre zu verzögern, doch sei dieses Unterfangen sehr riskant: Um den nuklearen Brennstoffkreislauf im Iran zu stoppen, müsste Israel die Anlagen zur Umwandlung von Uranerz in Uranhexafluorid in Isfahan ebenso vernichten wie die Anreicherungszentrifugen, etwa in Natanz. Da der Iran aber nicht nur Uran anreichert, sondern auch einen mit schwerem Wasser moderierten Reaktor in Arak baut, mit dem ab ca. 2011 jedes Jahr 8 Kilogramm Plutonium für den Bombenbau gewonnen werden könnte, müsste auch diese Arak-Anlage zerstört werden. Hinzu kämen eine Vielzahl von Produktionsstätten für iranische Raketen, wie auch die iranische Flugabwehr (vgl. S. 23/34 ff.). Ferner müsste Israel einen potentiellen Angriff auf den Iran über Saudi-Arabien oder die Türkei fliegen, da Jordanien und Irak/USA ihre Lufträume sicherlich nicht freigäben (vgl. S. 59 ff.). Israels Kampfflugzeuge sind keine Langstreckenbomber, so dass sie auf dem Hin- und Rückweg in der Luft auf700 701 702 703 704 705 706 Vgl. EastWest Institute (2009): Iran's Nuclear and Missile Potential. A Joint Threat Assessment by U.S. and Russian Technical Experts, New York: EastWestInstitute, http://docs.ewi.info/JTA.pdf, Zugriff: 14.7.2009. Vgl. Le Figaro.fr: Essais nucléaires: l'indemnisation votée, http://www.lefigaro.fr/flash-actu/2009/06/30/0101120090630FILWWW00464-essais-nucleaires-l-indemnisation-votee.php, Zugriff: 12.7.2009. Vgl. Cowell, Alan: France to Pay Nuclear Test Victims, in: The New York Times, 25.3.2009. Vgl. FRANCE 24 (2009): Parliament approves compensation bill for nuclear test victims, http://www.france24.com/en/20091222-france-parliament-approves-law-compensation-nuclear-test-victims-algeriafrench-polynesia, Zugriff: 24.12.2009. Vgl. Nuclear Threat Initiative (2009): Iran Profile. Nuclear Chronology 2009, http://www.nti.org/e_research/profiles/Iran/Nuclear/chronology_2009.html, Zugriff: 16.7.2009. Vgl. EastWest Institute (2009): a. a. O., Pkt. 2.4. Vgl. Schuldt, Christoph: Israel forciert Pläne für Militärschlag gegen Iran, in: SPIEGEL ONLINE, http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,634415,00.html, Zugriff: 19.7.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis getankt werden müssten (vgl. S. 71). Neben allen diesen militärischen Risiken bestünde die Gefahr, dass die ganze Region noch mehr destabilisiert werden würde, Iran nun unzweideutig nach der Bombe streben würde und mehrere andere Staaten diesem Beispiel folgen könnten (vgl. S. 99 ff.).707 Die Präsidenten von USA und Russland, Obama und Medwedjew, unterzeichnen ein vorbereitendes Dokument zum geplanten neuen START-Vertrag. Es enthält bereits die geplanten neuen Obergrenzen für stationierte Nuklearwaffen und Trägersysteme, die sieben Jahre nach In-Kraft-Treten dieses neuen STARTVertrags erreicht werden müssten (siehe zu den Obergrenzen Eintrag 2010 [„New START“]).708 Indien lässt sein erstes nuklear-betriebenes und potentiell mit nuklearen Kurzstreckenraketen ausgestattetes U-Boot vom Stapel.709 Es wird jedoch wahrscheinlich nicht vor 2012 vollkommen einsatzbereit sein.710 Obama verkündet, dass die USA von der Errichtung des Raketenschildes in Polen und Tschechien (siehe u. a. Einträge 2006 [„Abwehrsystem gegen ballistische Raketen“] und ebenfalls 2009 [„US-amerikanischer Raketenschild“]) absehen würden. Zwei Faktoren spielten für diese Entscheidung eine Rolle: Zum einen gehe die hauptsächliche Bedrohung aus dem Iran nicht von ICBMs, sondern von Kurz- und Mittelstreckenraketen aus. Zum anderen verfügten die USA bereits über Technologien zur Raketenabwehr, die geprüft und kostengünstig seien, vor allem im Bereich der land- und seegestützten Interzeptoren. Die USA würden somit nicht generell auf Raketenabwehr verzichten, sondern auf Grundlage der beschriebenen Faktoren eine neue Raketenabwehr-Architektur in Europa aufbauen, die gegen den Iran, keinesfalls aber gegen Russland gerichtet sei.711 Aus dem Umfeld der Präsidenten wird bekannt, dass wohl kleinere seegestützte SM-3-Raketen zum Einsatz kommen, wie sie für die US-Navy momentan entwickelt werden.712 Später könnten sie auch an Land in Südeuropa oder der Türkei stationiert werden (dazu auch Eintrag 2010 [„Ballistic Missile Defense Review Report“]).713 Ein weiterer Staat strebt offenbar nach Nuklearwaffen: Burma. Zwei pakistanische Wissenschaftler aus dem Umfeld Abdul Qadeer Khans sollen seit 2001 mit nordkoreanischer Unterstützung am burmesischen Nuklearprogramm arbeiten. Nordkorea hilft Burma eventuell mit dem Hintergedanken, Teile des eigenen Arsenals vor US-Angriffen zu schützen und ins Ausland bringen zu können.714 Der Verdacht gegen Burma erhärtet sich, als im Jahr 2010 ein ehemaliges Mitglied der dortigen Militärjunta Dokumente aus dem Land schmuggelt, die Hinweise darauf geben, 707 708 709 710 711 712 713 714 Vgl. Toukan, Abdullah/Cordesman, Anthony H. (2009): Study on a Possible Israeli Strike on Iran's Nuclear Development Facilities, Washington D.C.: Center for Strategic and International Studies. Online unter: http://csis.org/files/media/csis/pubs/090316_israelistrikeiran.pdf, Zugriff: 4.6.2010. Siehe auch: Joffe, Josef: Mission Possible. Und hochriskant, in: DIE ZEIT, Nr. 31/2009. Vgl. Levy, Clifford J./Baker, Peter: U.S.-Russia Nuclear Agreement Is First Step in Broad Effort, in: The New York Times, 7.7.2009. Vgl. ZEIT ONLINE (2009): Indien lässt eigenes Atom-U-Boot vom Stapel, http://www.zeit.de/online/2009/31/indien-atom-u-boot, Zugriff: 22.10.2009. Vgl. Zajec, Oliver: Indien macht sich stark, in: Le Monde diplomatique, Oktober 2009. Vgl. The White House: Office of the Press Secretaty (2009): September 17, 2009. Remarks by the President on Strengthening Missile Defense in Europe, http://www.whitehouse.gov/the_press_office/Remarks-by-the-President-onStrengthening-Missile-Defense-in-Europe/, Zugriff: 16.12.2009. Vgl. GlobalSecurity.org (2009): RIM-161 SM-3 (AEGIS Ballistic Missile Defense), http://www.globalsecurity.org/space/systems/sm3.htm, Zugriff: 16.12.2009. Vgl. The New York Times (2009): Missile and Missile Defense Systems. A Reversal by the Obama Administration, http://topics.nytimes.com/top/reference/timestopics/subjects/m/missiles_and_missile_defense_systems/index.html?s cp=1-spot&sq=missile%20defense&st=cse, Zugriff: 16.12.2009. Vgl. DER SPIEGEL: Burma. Nukleare Ambitionen, Nr. 33/2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis dass Burma an Uran-Anreicherung und Sprengkopfherstellung arbeitet, wohl aber noch Jahre von einer funktionierenden Waffe entfernt ist.715 Nahe Oslo simulieren norwegische und britische Wissenschaftler den technischen Abrüstungsprozess einer Nuklearwaffe (siehe auch Eintrag 2008 [„Laying the Foundations for Multilateral Disarmament“]). Dabei proben die beiden Parteien das sog. „Information Barrier“-Konzept: Wie können die Inspektoren prüfen, ob eine Waffe unschädlich gemacht und kein nukleares Material entwendet worden ist, ohne dabei kritische Informationen über die Konstruktionsweise der Waffe zu erfahren? Sie benutzen etwa Messgeräte, die anzeigen, dass die Gesamtmenge radioaktiven Materials in der Waffe mit derjenigen übereinstimmt, die nach dem Abrüstungsprozess in einem Container lagert.716 Das „International Network of Engineers and Scientists for Global Responsibility“ (INES) startet die Kampagne „Scientists for a Nuclear Weapons-Free World“.717 Die 49 Erstunterzeichner des Appells, darunter 31 Nobelpreisträger, fordern die Staatsoberhäupter der Welt auf, mittels einer Nuklearwaffenkonvention die Beseitigung aller Nuklearwaffen bis 2020 herbeizuführen. Ferner rufen sie alle Wissenschaftler der Welt auf, sich keinesfalls an Erforschung und Produktion von Nuklearwaffen zu beteiligen.718 Der Neuseeländer Alyn Ware erhält den alternativen Nobelpreis, den „Right Livelihood Award“, für 20 Jahre Pionierarbeit in der Friedenserziehung und Abrüstungsarbeit: Als Lehrer half er u. a. beim Entwickeln der „Peace Studies Guidelines“, die Teil des neuseeländischen Lehrplans wurden. Gleichsam engagierte er sich in der neuseeländischen Anti-Atom-Bewegung (siehe dazu auch Einträge 1984 und 1985 [„Nuclear Weapons are Morally Indefensible“ und „Treaty of Rarotonga“]), gründete NGOs und NGO-Vereinigungen auf Weltniveau (etwa Abolition 2000, Eintrag 1995) und organisierte den Entstehungsprozess der Model Nuclear Weapons Convention (dazu u. a. Einträge 1997). Für Alyn Ware würden im Klassenraum die selben Prinzipien der friedlichen Streitbeilegung gelten wie in den internationalen Beziehungen: Es müsse vorrangig nach einer Win-win-Situation gesucht werden, welche die Bedürfnisse aller Akteure befriedige.719 Der UN Security Council verabschiedet Resolution 1887, in der seine Mitglieder auflisten, welche Rüstungskontroll- und Abrüstungsschritte in naher Zukunft unternommen werden müssen: Die Nichteinhaltung von völkerrechtlichen Nonproliferationsverpflichtungen müsse vor den Security Council gebracht werden (vgl. § 1). Staaten, die noch nicht dem NPT-Regime angehörten, sollten diesem so schnell wie möglich als Nicht-Nuklearwaffenstaaten beitreten (vgl. § 4). Der CTBT müsse von allen ratifiziert werden und in Kraft treten (vgl. § 7) und ein FMCT ausgehandelt werden (vgl. § 8, siehe auch weiteren Eintrag 2009 [„Fissile Material Cut-Off Treaty“]). Die IAEA solle multilaterale Gestaltungsmöglichkeiten des nuklearen Brennstoffkreislaufs ausbauen, etwa durch die garantierte Lieferung von nuklearem Brennstoff, um so neuen nationalen Anreicherungs- und möglichen Proliferationsvorgängen vorzubeugen (vgl. § 14). Alle Staaten sollen mit der IAEA Sicherungs- 715 716 717 718 719 Vgl. Nuclear Threat Initiative (2010): Defector's Evidence Indicate Myanmar Has Nuke Program, http://gsn.nti.org/gsn/nw_20100604_5280.php, Zugriff: 23.8.2011. Vgl. BBC News (2009): How to dismantle a nuclear bomb, http://news.bbc.co.uk/2/hi/8154029.stm, Zugriff: 17.12.2009. Vgl. International Network of Engineers and Scientists for Global Responsibility (2009): Campaigns. Scientists for a Nuclear Weapons-Free World, http://www.inesglobal.com/scientists-for-a-nuclear-weapons-free-world.phtml, Zugriff: 17.12.2009. Vgl. ebd.: Scientists for a Nuclear Weapons-Free World, http://www.inesglobal.com/download.php?f=0b8f6b8b2d283060cef39f46d919f704, Zugriff: 17.12.2009. Vgl. The Right Livelihood Award (2009): Alyn Ware (New Zealand), http://www.rightlivelihood.org/ware.html, Zugriff: 17.12.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis maßnahmen im Sinne des 1997er Modell-Protokolls, abschließen (vgl. § 15). Der Security Council werde auf jede Ankündigung vom Rückzug eines Staates aus dem NPT-Regime reagieren und nehme dabei zur Kenntnis, dass momentan diskutiert werde, wie generell die internationale Gemeinschaft auf solch eine Vertragskündigung kollektiv reagieren könne. Gleichsam betont der Security Council, dass ein Staat für seine Brüche des NPT, die er vor seiner Kündigung begangen habe, völkerrechtlich haftbar bleibe (vgl. § 17). Ferner fordert der Sicherheitsrat, dass die Staaten nukleare Exporte an das Vorhandensein von IAEA-Sicherungsmaßnahmen binden sollen (vgl. § 18-20) und dass sie ihre Strafgesetzgebung sowie ihre Sicherheitskontrollen in Bezug auf Proliferation verschärfen müssten (vgl. § 13/23 f./26 f.). Zugleich sollen die Staaten auch alles daran setzen, möglichst wenig hochangereichertes Uran für ihre zivilen Zwecke zu benötigen (vgl. § 25).720 Die IAEA und ihr scheidender Generaldirektor ElBaradei wiederholen in einem Bericht Ende November, dass sie eine militärische Dimension des iranischen Nuklearprogramms nicht ausschließen könnten (vgl. Pkt. 31 ff., siehe dazu auch anderen Eintrag 2009 [„Iranisches Nuklearprogramm“]).721 Bereits Ende September hat der Iran die Existenz einer bislang völlig unbekannten zukünftigen unterirdischen Anreicherungsanlage nahe Gom bekannt gegeben. Auch wenn die Anlage, die bislang noch keine Zentrifugen enthält und mittlerweile von IAEA-Inspektoren besucht worden ist, wahrscheinlich zu klein ist, um ausreichend Uran für ein militärisches Programm anzureichern, so besteht zumindest der Verdacht, dass diese Anlage nur ein Teil einer bislang geheimen Kette von mehreren unterirdischen Nuklearanlagen ist.722 Nahezu zeitgleich mit Bekanntwerden der Anlage bei Gom finden Verhandlungen zwischen Iran und den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats sowie Deutschland in Genf statt. Auch die USA reden wieder direkt mit dem Iran. Eine Einigung scheint in Sicht: Der Iran könnte ca. 75 % seines schwach-angereicherten Urans im Ausland auf ca. 20 % Uran-235-Anteil anreichern lassen und dieses für medizinische Strahlentherapien nutzen.723 Doch was die iranischen Unterhändler ausgehandelt haben, wird von den iranischen Führern in den folgenden Wochen und Monaten wieder zunichte gemacht: Sie schlagen vor, das Uran nicht ins Ausland, sondern unter internationaler Aufsicht auf die iranische Insel Kisch im persischen Golf zu verfrachten.724 Als die IAEA den Iran in einer Resolution auffordert, die Forderungen der UN Security Council-Resolutionen 1737, 1747, 1803 und 1835 umzusetzen sowie die Konstruktion der Anreicherungsanlage bei Gom sofort zu beenden (vgl. Art. 1),725 lässt der Iran verlautbaren, dass er auch aus dem NPT- 720 721 722 723 724 725 Vgl. United Nations (2010): Security Council Resolution 1887. Vgl. International Atomic Energy Agency (2009): GOV/2009/74. Implementation of NPT Safeguards Agreement and relevant provisions of Security Council resolutions 1737 (2006), 1747 (2007), 1803 (2008) and 1835 (2008) in the Islamic Republic of Iran. Report by the Director General, http://www.iaea.org/Publications/Documents/Board/2009/gov2009-74.pdf, Zugriff: 17.12.2009. Vgl. Oelrich, Ivan/Barzashka, Ivanka (2009): A technical evaluation of the Fordow fuel enrichment plant, in: Bulletin of the Atomic Scientists, 23.11.2009, http://thebulletin.org/web-edition/features/technical-evaluation-of-the-fordow-fuelenrichment-plant, Zugriff: 17.12.2009. Vgl. Erlanger, Steven/Landler, Mark: Iran Agrees to Send Enriched Uranium to Russia, in: The New York Times, 2.10.2009. Vgl. Sanger, David E.: Iran is Said to Ignore Effort to Salvage a Nuclear Deal, in: The New York Times, 9.11.2009. Vgl. The New York Times (2009): Iran Agrees to Nuclear Fuel Swap, http://www.nytimes.com/aponline/2009/12/12/world/AP-Iran-Nuclear.html?_r=1&ref=global-home, Zugriff: 17.11.2009. Vgl. International Atomic Energy Agency (2009): GOV/2009/82. Implementation of NPT Safeguards Agreement and relevant provisions of Security Council resolutions 1737 (2006), 1747 (2007), 1803 (2008) and 1835 (2008) in the Islamic Republic of Iran. Resolution adopted by the Board of Governors on 27 November 2009, http://www.iaea.org/Publications/Documents/Board/2009/gov2009-82.pdf, Zugriff: 17.12.2009. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Regime aussteigen könnte.726 Im November startet der Iran ein groß angelegtes militärisches Manöver, in dem die Armee – vor allem die Luftwaffe – die Verteidigung der Nuklearanlagen probt. Gleichzeitig warnt der Iran Israel, dass er im Falle eines Angriffs auf seine Nuklearanlagen das „Herz Tel Avivs“ unter Feuer nehmen werde.727 Wenige Tage später wird bekannt, dass die Regierung Irans den Bau von zehn neuen Uran-Anreicherungsanlagen genehmigt habe. Fünf davon sollten umgehend errichtet werden. Der Iran wolle nun die Urananreicherung auf 20 % Uran235-Anteil selbst vornehmen.728 Zusätzlich testet der Iran in diesem Jahr wiederholt seine Mittelstreckenraketen, die sog. „Shahab-3“ und „Sejil-2“, die Israel und Teile Europas treffen könnten.729 Der Bericht „Eliminating Nuclear Threats“ der International Commission on Nuclear Non-proliferation and Disarmament, verfasst von einem internationalen Expertengremium unter Leitung des Australiers Gareth Evans und der Japanerin Yoriko Kawaguchi, bezeichnet Nuklearwaffen als die unmenschlichsten Waffen, die je erschaffen worden seien (vgl. Pkt. 1.1). Die ganze nukleare Problematik sei letztendlich nur durch die komplette Abschaffung aller dieser Waffen zu erreichen (vgl. Pkt. 1.8/6.1 ff.). Die Autoren des Berichts fordern nun eine umfassende „Action Agenda“ (vgl. Pkt. 1.18), die von einer „Minimazation Phase“ (Von 2010 bis 2012 und von 2012 bis 2025) zu einer „Elimination Phase“ übergehen solle (2025 und danach, vgl. Pkt. 7.1 ff.). In die Minimazation Phase sollten etwa das Entheben der Nuklearwaffen aus dem Alarmzustand, das In-Kraft-Treten des neuen STARTVertrags sowie von CTBT und Fissile Material Cut-Off-Treaty, außerdem die generelle Abschwächung der Rolle von Nuklearwaffen in den Militärdoktrinen fallen (vgl. Pkt. 17.4 ff.). Im weiteren Verlauf der Minimazation Phase, in den Jahren bis 2025, sollten die Arsenale auf weltweit 2.000 Nuklearwaffen reduziert werden. Auch die potentiellen Konflikte um Trägersysteme, Raketenabwehr und Weltraumbewaffnung müssten neben weiteren mittels neuer Abkommen adressiert werden (vgl. Pkt. 18.2 ff.). Langfristig, nach 2025, solle eine Atmosphäre geschaffen werden, in der konventionelle militärische Ungleichheiten nicht mehr als destabilisierend angesehen würden, so dass die restlichen Nuklearwaffen aufgegeben werden könnten. Gleichzeitig müsse sichergestellt sein, dass nukleares Material nicht mehr für militärische Zwecke missbraucht und Verstöße gegen Abrüstungsbestimmungen effektiv bestraft werden könnten (vgl. Pkt. 19.6 ff.). Die Autoren des Berichts sind jedoch nüchtern genug, um auch scheinbar abseitige Probleme zu thematisieren: Wenn der USSenat schon 40 Jahre gebraucht habe, die Genocide Convention in Kraft treten zu lassen, wie werde es dann erst einer Nuklearwaffenkonvention ergehen (vgl. Pkt. 19.18)?730 2010: 726 727 728 729 730 731 Der Iran wiederholt seine Ankündigung, in Kürze zehn neue UranAnreicherungsanlagen bauen und eine Uran-Anreicherung auf 20 % Uran-235Anteil – angeblich allein für medizinische Zwecke – vornehmen zu wollen.731 Diese Vgl. The Associated Press (2009): Politiker: Iran könnte Kündigung von Atomwaffensperrvertrag erwägen, http://de.news.yahoo.com/1/20091128/tpl-politiker-iran-knnte-kndigung-von-at-e8de175.html, Zugriff: 17.12.2009. Vgl. SPIEGEL ONLINE (2009): Iran startet Mega-Manöver, http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,662661,00.html, Zugriff: 18.12.2009. Vgl. ebd.: Iran brüskiert den Westen mit neuen Uran-Plänen, http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,664126,00.html, Zugriff: 18.12.2009. Vgl. Cowell, Alan/Fathi, Nazila: Iran Test-Fires Missiles That Put Israel in Range, in: The New York Times, 29.9.2009. Vgl. auch Slackman, Michael: Iran Says it Tested Upgraded Missile, in: The New York Times, 17.12.2009. Vgl. International Commission on Nuclear Non-proliferation and Disarmament (2009): a. a. O. Vgl. Deutsche Presse-Agentur (2010): Teheran baut neue Urananlagen – Brief an IAEA, http://de.news.yahoo.com/26/20100208/tpl-teheran-baut-neue-urananlagen-brief-a70ba75.html, Zugriff: 8.2.2010. Vgl. auch Slackman, Michael/Sanger, David E.: Iran raises stakes on nuclear fuel, in: The New York Times, 8.2.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Anreicherung wird im Februar unter massivem internationalen Protest tatsächlich gestartet.732 Dem SPIEGEL liegt darüber hinaus in Teilen ein Geheimdienstdossier vor, das die Existenz einer geheimen Unterorganisation des iranischen Verteidigungsministeriums dokumentiert: Diese geheimen Strukturen dienen anscheinend einzig dem Bau der iranischen Nuklearwaffe.733 Im russischen Angarsk, nahe des Baikalsees, wird eine „Low-Enriched Uranium Fuel Reserve“, eine Bank für schwach-angereichertes Uran, unter IAEAAufsicht eingerichtet. Sie soll letztendlich 120 Tonnen schwach-angereicherten Urans in Form von Uranhexafluorid lagern. Die Wartungskosten für die Anlage werde Russland tragen. An dem Projekt teilnehmende Staaten seien nicht verpflichtet, auf eigene Anreicherungsanlagen zu verzichten oder strengere IAEA-Kontrollen zuzulassen. Nuclear Threat Initiative-Autor Cole J. Harvey merkt zu den Kontrollen jedoch an, dass nahezu alle Staaten, die heute Nuklarreaktoren bauten, mit Ausnahme etwa des Irans, ohnehin dem 1997er Additional Protocol der IAEA unterlägen. Die Brennstoffbank soll aktiv werden, wenn ein teilnehmender Staat vom UranMarkt abgekoppelt werde (und die Gründe dafür nicht im Brechen von Nonproliferationsverpflichtungen lägen). Dieser Staat könne dann zu Marktpreisen das Uran der Bank erwerben. Russland spezifiziert leider nicht, von wem und wo das Uranhexafluorid in das für die Energiegewinnung benötigte Urandioxid umgewandelt werden wird. Ebenso bleibt vorerst ungeklärt, von wem eine mögliche zusätzliche An- oder Abreicherung des Urans vorgenommen wird, da nicht alle Reaktoren, die in Zukunft womöglich Brennstoff aus der Bank beziehen, den gleichen Anreicherungsgrad nutzen.734 Im „Ballistic Missile Defense Review Report“ des USVerteidigungsministeriums wird u. a. angekündigt, dass die USA über Europa einen Raketenabwehrschirm aufbauen möchten: Zuerst (bis 2011) läge der Schwerpunkt auf einer seegestützten Abwehr gegen Kurz- und Mittelstreckenraketen, die vor allem Südeuropa abdecken solle. Bis 2015 sollen landgestützte Abwehrraketen und dazugehörige Radaranlagen in Südeuropa dazukommen. Bis 2018 solle durch eine Raketenabwehrstation in Nordeuropa der ganze Kontinent auch vor weit reichenden Mittelstreckenraketen geschützt werden. Bis 2020 schließlich würden die USA neben den Raketenabwehranlagen in Alaska und Kalifornien gegen ICBMs weitere Stationen zur Abwehr der Interkontinentalraketen errichten (vgl. S. 15/24).735 Russland, eben noch erleichtert über die Aufgabe der US-Pläne in Polen und Tschechien (siehe Eintrag 2009 [„Raketenschild“], zeigt sich indes höchst verärgert über die neuen US-amerikanischen Vorhaben und versucht, in den nahezu fertig ausgehandelten neuen START-Vertrag eine Provision einzubauen, die den weiteren Ausbau einer Raketenabwehr verbieten soll. Russland droht, den neuen START nicht zu ratifizieren, sollten sich die USA weigern, diese Provision zu akzeptieren.736 Nach zehn Jahren veröffentlicht Russland eine neue Version seiner Militärdoktrin (zur Vorgängerversion siehe Eintrag 2000). Wie vor zehn Jahren gliedert Russland potentielle Konflikte in „armed conflicts“ (Bsp. Tschetschenien-Konflikt), in „local wars“ (Bsp. Georgien-Krieg 2008), in „regional wars“, die womöglich mehrere Staaten umfassen würden, und schließlich in „large-scale wars“, vergleichbar mit 732 733 734 735 736 Vgl. Cowell, Alan/Shanker, Thom: Iran is Said to Begin Nuclear Enrichment, in: The New York Times, 10.2.2010. Vgl. Bednarz, Dieter/Follath, Erich/Stark, Holger: Die Maulwürfe von Teheran, in: DER SPIEGEL, Nr. 4/2010. Vgl. Cole, Harvey J. (2010): Low-Enriched Uranium Fuel Reserve at Angarsk, Monterey: Center for Nonproliferation Studies, http://www.nuclearthreatinitiative.org/e_research/e3_low_enriched_uranium_angarsk.html, Zugriff: 30.4.2010. Siehe auch Klingst, Martin/Ladurner, Ulrich: Der große Traum, in: DIE ZEIT, Nr. 15/2010. Vgl. United States Department of State (2010): Ballistic Missile Defense Review Report. February 2010, http://www.defense.gov/bmdr/BMDR%20as%20of%2026JAN10%200630_for%20web.pdf, Zugriff: 15.3.2010. Vgl. Neef, Christian: Hartnäckiges Schweigen, in: DER SPIEGEL, Nr. 10/2010. Vgl. auch Baker, Peter: Twists and Turns on Way to Arms Pact with Russia, in: The New York Times, 27.3.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis den bisherigen Weltkriegen. Nuklearwaffen könnten laut Russland nicht nur in solchen large-scale wars eingesetzt werden, auch regionale Kriege könnten sich über die nukleare Schwelle hinaus entwickeln. Russland gibt aber an, Nuklearwaffen nur einsetzen zu wollen, wenn es ums Überleben ginge. Nach wie vor verkündet Russland, notfalls auch nicht-nukleare Massenvernichtungswaffen und einen konventionellen Angriff nuklear beantworten zu können – die Idee einer No-first-use policy wird also abermals verworfen. Neu in der Doktrin ist, dass Russland – ähnlich wie die USA – plant, in Zukunft verstärkt konventionelle Waffen auf strategischen Trägerraketen anzubringen. Bemerkenswert ist auch, dass taktische Nuklearwaffen keine wirkliche Rolle in Russlands Strategie mehr zu spielen scheinen. Insgesamt, so Nikolai Sokov, sei erkennbar, dass Russland im Zuge seiner militärischen Reformen die Bedeutung von Nuklearwaffen etwas abschwächen werde.737 Auch die USA verabschieden eine neue Version ihrer nuklearen Strategie, den „Nuclear Posture Review Report“, der sich bereits sprachlich deutlich von der aggressiven Nuclear Posture Review 2002 und der Doctrine for Joint Nuclear Operations (siehe Einträge 2002 bzw. 2005) unterscheidet: Die Abrüstungsverpflichtung des Art. VI NPT findet ebenso Erwähnung wie das finale Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt. Gleichsam wird die Notwendigkeit „regionaler Sicherheitsarchitekturen“ durch Raketenabwehr sowie die Modernisierung von nuklearen Einrichtungen und Sprengköpfen betont (vgl. etwa S. 7/27 f./33/38 ff.). Es solle daran gearbeitet werden, dass Staaten, sollten sie den NPT verletzen, Konsequenzen in Kauf nehmen müssten. Wie diese Konsequenzen aussehen sollen, gibt der Nuclear Posture Review Report nicht preis (vgl. S. 10). Die Sicherung von nuklearem Material und Nuklearwaffen müsse in Zukunft noch intensiviert werden, etwa durch die Global Threat Reduction Initiative (Eintrag 2004) oder das Nunn-Lugar Program (Eintrag 1991, vgl. S. 11 f.). Des Weiteren sprechen die USA eine Negative Security Assurance aus: NPT-Mitgliedsstaaten ohne Nuklearwaffen, die ihre Nonproliferationsverpflichtungen einhielten, würden nicht nuklear angegriffen werden (vgl. S. 17). Diese Security Assurance geht über die 1995er Verpflichtung hinaus, die einen US-amerikanischen Nuklearwaffen-Einsatz nicht ausschloss, sollte ein angreifender Staat selbst zwar keine Nuklearwaffen besitzen, aber mit einem Nuklearwaffenstaat verbündet sein (Eintrag 1995 [„UN Security Council Resolution 984“]). Auch in Zukunft würden die USA die nukleare Triade aufrecht erhalten (vgl. S. 21). Dazu würden sie auch weiterhin an einer Nachfolgerin der gegenwärtig verwendeten U-Boot-Staffel der OhioKlasse forschen, die Modernisierung der Minuteman-ICBMs vorantreiben und eine Milliarde Dollar in die Modernisierung des B-2-Tarnkappen-Bombers investieren. Auch über eine Nachfolgerin der gegenwärtigen ALCM („air-launched cruise missile“) solle bis 2012 nachgedacht werden (vgl. S. 23 f.). Gleichsam würden alle stationierten ICBMs fortan nur noch mit einem einzigen Sprengkopf ausgestattet werden, wie es bereits der niemals in Kraft getretene START II-Vertrag vorsah (Eintrag 1993, vgl. S. 23). Die meisten ICBMs würden aber nach wie vor im Alarmzustand bleiben. Die Zielkoordinaten würden aber auf den offenen Ozean und nicht auf bewohnte Städte ausgerichtet sein (vgl. S. 25 f.). Der Nuclear Posture Review Report hebt hervor, dass Russland deutlich mehr taktische Nuklearwaffen in Europa stationiert habe als die USA. Darum ist im Report auch nicht vom in Europa geforderten Abzug738 der taktischen US-Nuklearwaffen die Rede, sondern vielmehr von ihrer Instandhaltung (vgl. S. 27 f.). Im Rahmen der anstehenden Überarbeitung der NATO- 737 738 Vgl. Sokov, Nikolai (2010): The New, 2010 Russian Military Doctrine: The Nuclear Angle, Monterey: Center for Nonproliferation Studies, http://cns.miis.edu/stories/100205_russian_nuclear_doctrine.htm, Zugriff: 8.4.2010. Die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Deutschland und Norwegen haben die NATO aufgerufen, ihre Nukleardoktrin (Eintrag 1999) zu überarbeiten und alle in Europa verbleibenden US-Nuklearwaffen abzuziehen. Vgl. Slater, Alice (2010): NATO Goes Anti-Nuclear?, in: Foreign Policy in Focus, 11.3.2010, http://www.fpif.org/articles/nato_goes_anti-nuclear, Zugriff: 8.4.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Nuklearstrategie solle aber gemeinsam über die Rolle dieser Waffen diskutiert werden (vgl. S. 32). Die USA würden Russland und China zu (weiteren) Gesprächen über ihre jeweiligen Strategien, über Raketenabwehr und mögliche weitere Abrüstungsschritte einladen (vgl. S. 28 ff.). Solche etwa mit Russland zu unternehmenden Abrüstungsschritte sollten nicht mehr nur die stationierten strategischen, sondern alle Nuklearwaffen einbeziehen (vgl. S. 30). Wie in der neuen russischen Militärdoktrin, so ist auch bei den US-Amerikanern die Rede von der zukünftigen Ausstattung von Interkontinentalraketen mit konventioneller Bewaffnung – diese bereits im Operations Plan 8010 (Eintrag 2008) beschriebenen „prompt global strike capabilities“ würden wahrscheinlich binnen kurzer Zeit jeden Punkt der Erde treffen können (vgl. S. 34). Da das US-amerikanische nukleare Arsenal seine ursprünglich vorgesehene Lebenszeit bereits überschritten habe, würden einzelne Waffenkomponenten und nukleare Einrichtungen modernisiert werden – neue Sprengköpfe würden aber nicht entwickelt werden (vgl. S. 37 ff.).739 Die Präsidenten der USA und Russlands unterzeichnen in Prag den „Treaty Between the United States of America and the Russian Federation on Measures for the Further Reduction and Limitation of Strategic Offensive Arms“, der als „New START“ bekannt wird. Nach Ratifikation durch US-Kongress und russische Duma tritt er auf der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar 2011 durch Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.740 Der Vertrag reduziert und limitiert die Anzahl der Trägersysteme, Sprengköpfe und Startvorrichtungen mit Art. II.1 folgendermaßen: 700 Diese Obergrenze gelte für stationierte ICBMs, SLBMs und schwere Bomber. 1550 Diese Obergrenze gelte für nukleare Sprengköpfe auf stationierten ICBMs und SLBMs und für solche Sprengköpfe, die den schweren Bombern zugeschrieben werden. Keinesfalls gelte sie für die Gesamtmenge an US-amerikanischen und russischen Sprengköpfen, die sich noch tausendfach in Lagern befinden.741 800 Diese Obergrenze gelte für einsatzbereite und nicht einsatzbereite Startvorrichtungen für ICBMs, SLBMs (also etwa Raketensilos) sowie für einsatzbereite und nicht einsatzbereite schwere Bomber. Nach Art. II.2 dürfe jede Seite innerhalb dieser Obergrenzen die Komposition ihrer Streitkräfte frei bestimmen. Das 1550er Limit für Sprengköpfe ist insofern bemerkenswert, als dass es nicht die Gesamtmenge an Sprengköpfen eines Bombers miteinbezieht, sondern nur die den Bombern zugeschriebene Menge Sprengköpfe – und das ist ein Sprengkopf pro Bomber (vgl. Art. III.2.b). Der Vertrag verbietet aber nicht, dass ein Bomber auch mehr als einen Sprengkopf tragen kann742 – die übrigen werden schlichtweg nicht mehr von dem 1550er Limit erfasst. Pavel Podvig von den Atomic Scientists kommt auf seinem Webblog zu dem Schluss, dass solch eine neuartige Zählweise bedeuten könne, dass USA und Russland bei Vertragserfüllung 739 740 741 742 Vgl. United States Department of Defense (2010): Nuclear Posture Review Report. April 2010, http://www.defense.gov/npr/docs/2010%20Nuclear%20Posture%20Review%20Report.pdf, Zugriff: 8.4.2010. Vgl. tagesschau.de (2011): USA und Russland sprechen über Raketenabwehr, http://www.tagesschau.de/ausland/usarussland102.html, Zugriff: 25.4.2011. Siehe dazu etwa den Kommentar: Kristensen, Hans M.: FAS Strategic Security Blog. New START: It's in the Bag!, 26.1.2011, http://www.fas.org/blog/ssp/page/2, Zugriff: 25.4.2011. Vgl. United States Department of State (2010): Treaty Between the United States of America and the Russian Federation on Measures for the Further Reduction and Limitation of Strategic Offensive Arms, http://www.state.gov/documents/organization/140035.pdf, Zugriff: 9.4.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis eher über 2.000 Sprengköpfe pro Seite statt über die in New START verkündeten 1.550 verfügen könnten. Die 76 russischen Bomber etwa könnten in Wirklichkeit über 800 Sprengköpfe tragen. Auch die Obergrenze von 700 für Trägersysteme sei kein signifikanter Abrüstungsschritt: Da Russland momentan sogar „nur“ über 571 einsatzbereite Trägersysteme verfüge, befinde es sich schon zum jetzigen Zeitpunkt im Zustand der Vertragserfüllung. Auch die USA müssten lediglich moderat abrüsten.743 Es ist überdies anzumerken, dass auch New START – wie seine Vorgänger – nicht die eigentliche Zerstörung von nuklearen Sprengköpfen vorschreibt.744 Transparenz und Vertragsverifikation sollen etwa durch eine Data Base (vgl. Art. 7 sowie Part 2/4 des Vertragsprotokolls), freiwilligen Informationsaustausch (vgl. etwa Art. IX), eigenständige Aufklärung (vgl. Art. X), gegenseitige Inspektionen (vgl. Art. XI und Part 5 des Protokolls) und Kontakt in einer „Bilateral Consultative Commission“ (vgl. Art. XII und Part 12 des Protokolls) gewährleistet werden. Gemäß Art. XIV.2 solle New START vorerst für zehn Jahre in Kraft bleiben. Am Tage des In-KraftTretens von New START verliert der SORT-Vertrag (siehe Eintrag 2002) seine Gültigkeit (vgl. Art. XIV.4).745 Abrüstungsbefürworter begrüßen New START nahezu einstimmig, doch ist es ein teuer erkaufter Sieg: Damit der heimische militärischindustriellen Komplex den Vertrag billigt, erhöht die Obama-Administration die Ausgaben für Nuklearwaffen und Trägersysteme noch einmal um 180 Milliarden USDollar für die kommenden zehn Jahre.746 In Washington findet der in Obamas Prag-Rede (siehe Eintrag 2009) angekündigte „Nuclear Security Summit“ statt: Im Abschluss-Communiqué wird verkündet, dass binnen vier Jahren alles gefährdete nukleare Material gesichert werden solle, um nicht in die Hände von Terroristen zu fallen. Auf hoch-angereichertes Uran solle so weit wie möglich verzichtet und Reaktoren auf den Betrieb mit schwach-angereichertem Uran umgestellt werden. Letztendlich hänge jeglicher Erfolg bei der Sicherung nuklearen Materials von Maßnahmen auf freiwilliger Basis ab. In zwei Jahren werde ein neuer Nuclear Security Summit abgehalten werden, diesmal in Südkorea.747 Zeitgleich mit dem Washingtoner Summit werden aus allen Teilen der Welt Aktivitäten auf dem Gebiet der Sicherung nuklearen Materials gemeldet: So wurde von US-amerikanischen Wissenschaftlern hoch-angereichertes Uran aus dem von Erdbeben geplagten Chile entfernt.748 Kanada, Ukraine, Mexiko und Malaysia haben angekündigt, ihre Vorräte an nuklearen Materialien zu reduzieren und ihre Energieversorgung von hoch- auf schwach-angereichertes Uran umzurüsten.749 USA und Russland unterzeichnen außerdem ein Update des zehn Jahre alten „US-Russia Plutonium Disposition Agreement“, das jeder Seite vorschrieb, bis 2007 Anlagen errichtet zu haben, die pro Seite mindestens 34 Tonnen Plutonium in nicht für Waffenzwecke zu gebrauchendes Material umwandeln sollten (Eintrag 743 744 745 746 747 748 749 Vgl. Podvig, Pavel (2010): Russian strategic nuclear forces. New START treaty in numbers, http://russianforces.org/blog/2010/03/new_start_treaty_in_numbers.shtml, Zugriff: 9.4.2010. Vgl. Kristensen, Hans M.: FAS Strategic Security Blog. 20th Anniversary of START, 29.7.2011, http://www.fas.org/blog/ssp/, Zugriff: 24.8.2010. Vgl. United States Department of State (2010): Treaty Between the United States of America and the Russian Federation on Measures for the Further Reduction and Limitation of Strategic Offensive Arms, a. a. O. Siehe das Protokoll zu New START unter: ebd. (2010): Protocol to the Treaty Between the United States of America and the Russian Federation on Measures for the Further Reduction and Limitation of Strategic Offensive Arms, http://www.state.gov/documents/organization/140047.pdf, Zugriff: 9.4.2010. Vgl. Lichterman, Andrew: Der neue START-Vertrag und Abrüstung. Ein Dilemma, das nach einer Debatte ruft, in: Wissenschaft und Frieden, Nr. 2/2011, S. 48. Vgl. The White House. Office of the Press Secretary (2010): Communiqué of the Washington Nuclear Security Summit, http://www.whitehouse.gov/the-press-office/communiqu-washington-nuclear-security-summit, Zugriff: 15.4.2010. Vgl. Sanger, David E./Broad, William J.: Obama confronts a flash point before major proliferation meeting, in: The New York Times, 12.4.2010. Vgl. Knowlton, Brian: Obama sets high bar for leaders on nuclear risks, in: The New York Times, 14.4.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis 2000). Da dieses Vorhaben noch immer nicht abgeschlossen ist, werden die Anlagen nun für 2018 angekündigt. Die USA verfügen schätzungsweise noch über 100 und Russland über 150 Tonnen Plutonium. Russland meldet immerhin, seine letzte Produktionsstätte für Plutonium zu schließen.750 Zeitgleich mit dem Nuclear Security Summit veröffentlicht Harvard-Professor Matthew Bunn eine Neufassung seines „Securing the Bomb“-Reports, in dem er etwa Pakistan und Russland etliche Mühen bei der Sicherung von nuklearen Materialien und Waffen(-komponenten) attestiert, gleichzeitig aber warnt, dass z.B. eine pakistanische Nuklearanlage einem konzentriertem Angriff hunderter gut bewaffneter und ausgebildeter Dschihadisten nichts entgegenzusetzen habe (vgl. S. 31). Daneben lässt der Report verlautbaren, dass viele Staaten in den letzten Jahren ihre Vorräte an waffenfähigen Nuklearmaterialien aufgegeben hätten, etwa Libyen und Taiwan im Jahr 2009 und die Türkei im Jahr 2010 (vgl. S. 42).751 Im SPIEGEL warnt der ehemalige Leiter des Planungsstabs im Bundesverteidigungsministerium, Hans Rühle, vor einer möglichen nuklearen Bewaffnung Brasiliens. Das Land beherrsche den kompletten nuklearen Brennstoffkreislauf, verfolge ein nukleares U-Boot-Programm, gebe darüber jedoch keine Informationen preis und sei dazu völkerrechtlich auch gar nicht verpflichtet, weil es sich vehement weigere, das Additional Protocol mit der IAEA zu vereinbaren (siehe dazu auch Eintrag 1997). Da nahezu alle nuklearen U-Boote mit hoch-angereichertem Uran betrieben würden, könne Brasilien auch ohne Weiteres seine Hoch-Anreicherung rechtfertigen. Rühle wagt die Aussage, Brasilien entwickele „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ Nuklearwaffen.752 Die beiden US-Physiker George N. Lewis und Theodore A. Postol kritisieren Obamas Pläne zur Raketenabwehr (siehe dazu ebenfalls Eintrag 2010 [„Ballistic Missile Defense Review Report“]): Bei den allermeisten Raketenabwehr-Tests der letzten Jahre, die vom Pentagon als Erfolg verkauft würden, sei der eigentliche (Test-)Sprengkopf gar nicht zerstört worden, sofern die Testrakete überhaupt einen Sprengkopf getragen habe. Allein die Trägerrakete zu zerstören genüge nämlich nicht – der Sprengkopf würde in solch einem Fall trotzdem auf der Erde detonieren, höchstens an anderer Stelle als vom Angreifer geplant. Lewis und Postol resümieren, dass eine solche Raketenabwehr keine Sicherheit biete, sondern vielmehr – von vielen als Provokation empfunden – erst neue Sicherheitsrisiken hervorrufen würde.753 Die vorläufige Version des britischen Koalitionsvertrags zwischen Konservativen und Liberaldemokraten bekennt sich zur eigenen Nuklearbewaffnung und zur Erneuerung der U-Boot-Flotte. Die Konservativen haben sich hierbei gegen die Liberaldemokraten durchgesetzt, die Nuklearwaffen ablehnen und sich selbst noch im Koalitionsvertrag für Alternativen zur nuklearen Bewaffnung aussprechen.754 750 751 752 753 754 Vgl. Matishak, Martin (2010): U.S., Russia Sign Plutonium Disposal Agreement, Washington D.C.: Nuclear Threat Initiative. Global Security Newswire, http://gsn.nti.org/gsn/nw_20100414_4872.php, Zugriff: 15.4.2010. Vgl. Bunn, Matthew (2010): Securing the Bomb 2010. Securing All Nuclear Materials in Four Years, Cambridge, MA/Washington D.C.: Harvard Kennedy School. Belfer Center for Science and International Affairs/Nuclear Threat Initiative. Vgl. Rühle, Hans: Flirt mit der Bombe, in: DER SPIEGEL, Nr. 18/2010. Vgl. Lewis, George N./Postol, Theodore A. (2010): A Flawed and Dangerous U.S. Missile Defense Plan, Washington D.C.: Arms Control Association, http://www.armscontrol.org/act/2010_05/Lewis-Postol, Zugriff: 20.5.2010. Siehe auch: Broad, William J./Sanger, David E.: Review Cites Flaws in U.S. Antimissile Program, in: The New York Times, 18.5.2010. Vgl. Conservatives (2010): Conservative Liberal Democrat coalition negotiations. Agreement reached. 11 May 2010, http://www.conservatives.com/News/News_stories/2010/05/Coalition_Agreement_published.aspx, Zugriff: 21.5.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Der Iran verspricht in einem von Brasilien und Türkei eingefädeltem Deal, 1.200 Kilogramm schwach-angereichertes Uran in die Türkei zu verfrachten und würde dafür die equivalente Menge, allerdings auf 20 % angereichert, von Frankreich und Russland zurückbekommen. Der Deal ist jedoch eine bloße Willensbekundung und nicht völkerrechtlich verbindlich. Außerdem will der Iran nicht darauf verzichten, nach wie vor auch selbst auf 20 % anzureichern. Westliche Beobachter vermuten, dass der Iran mit diesem Deal eine neue Resolution des UNSicherheitsrats verhindern will, die bereits vorbereitet wird (siehe ebenfalls Eintrag 2010).755 Die Gesamtmenge des momentanen iranischen Vorrats an schwachangereichertem Uran beträgt ca. 2.400 Kilogramm – würde dieser Vorrat weiter angereichert, könnte er bereits für zwei Nuklearwaffen ausreichen.756 Die NPT-Überprüfungskonferenz kann im Gegensatz zu 2005 (vgl. Eintrag 2005) wieder ein Abschlussdokument verabschieden. Es enthält u. a. 64 Empfehlungen für zukünftiges Handeln (=„Actions“): Action 1 ruft alle Vertragsstaaten auf, auf das Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt hinzuarbeiten. Action 3 und 5 (b) verlangen die Reduzierung und letztendliche Abrüstung aller Arten von stationierten und nichtstationierten Nuklearwaffen. Laut Action 6 solle die Conference on Disarmament unmittelbar einen Unterausschuss gründen, der sich explizit mit nuklearer Abrüstung befassen möge. Um die Arbeit der Conference on Disarmament wieder ins Rollen zu bringen, sei der UN-Generalsekretär außerdem eingeladen, im September 2010 eine hochrangig-besetztes Treffen einzuberufen (vgl. Action 7). Weitere Handlungsempfehlungen beziehen sich auf den Comprehensive NuclearTest-Ban Treaty (vgl. Action 10-14), auf einen möglichen Fissile Material Cut-Off Treaty (vgl. etwa Action 15) und auf die UN-Studie zur Abrüstungs- und Nonproliferationsbildung (vgl. Action 22, dazu auch Eintrag 2002 [„United Nations study on disarmament and non-proliferation education“]). Empfehlungen zu Nonproliferation (vgl. Actions 23-46) beinhalten keine nennenswerten Neuerungen. Action 58 benennt die Diskussion über Ansätze zur Multilateralisierung des nuklearen Brennstoffkreislaufs, betont aber gleichsam das Recht auf rein nationale Kreisläufe. Das Abschlussdokument endet mit einem Kapitel über eine gewünschte nuklearwaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten, die bereits auf der 1995er Überprüfungskonferenz gefordert worden ist (Eintrag 1995). 2012 solle eine Konferenz einberufen werden, welche die Staaten der Region zur Erreichung dieses Ziels zusammenführen solle (vgl. Pkt. IV.7.a). Der UN-Generalsekretär und die Antragsteller der 1995er Resolution mögen zur Vorbereitung dieser Konferenz einen Beauftragen (=„Facilitator“) ernennen (vgl. [b]).757 Harald Müller, Mitglied der deutschen Verhandlungsdelegation, schildert, wie schwierig es war, sich auf dieses Abschlussdokument zu einigen: Zwar habe alle Vertragsstaaten der dringende Wunsch verbunden, im Gegensatz zu 2005 wieder ein Abschlussdokument zu produzieren, doch durchziehe die Vertragsgemeinschaft nach wie vor eine Trennlinie zwischen Nuklear- und Nicht-Nuklearwaffenstaaten. Die Nuklearwaffenstaaten, allen voran Frankreich, wollten sich auf keinen Fall auf eine zeitgebundene Abrüstung einlassen, etwa durch eine Nuklearwaffenkonvention. Sie verwiesen auf die strategische Lage, die sich erst 755 756 757 Vgl. Arms Control Association (2010): Iran-Turkey-Brazil Fuel Deal Has Potential if Iran Provides Follow-Up Steps, http://www.armscontrol.org/issuebriefs/IranTurkeyBrazilFuelDeal, Zugriff: 21.5.2010. Siehe auch Marquart, Maria: Volle Härte gegen die Hardliner, in: SPIEGEL ONLINE, http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,695703,00.html, Zugriff: 21.5.2010. Vgl. Sanger, David E./Broad, William J.: Iran has nuclear fuel for 2 weapons, report says, in: The New York Times, 2.6.2010. Vgl. Nuclear Age Peace Foundation (2010): NPT/CONF.2010/L.2. 2010 Review Conference of the Parties to the Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons. Draft Final Document, http://www.wagingpeace.org/menu/programs/nuclear-dangers/2010_npt/draft_final_document.pdf, Zugriff: 10.6.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis ändern müsse, ehe abgerüstet werden könne. Viele Nicht-Nuklearwaffenstaaten hingegen empfinden diesen Verweis auf die strategische Lage als Ausrede. Gleichsam erachteten sie weitere Nonproliferationsregeln als Bevormundung der Nuklearwaffenstaaten und als Eingriff in ihre eigene Souveränität. Die oben dargestellten Actions bilden also nicht mehr als einen Minimalkonsens, der teilweise sprachlich verwässert sei: So fänden die russischen und US-amerikanischen taktischen Nuklearwaffen in Europa auf Drängen Russlands keine explizite Erwähnung, sondern gingen in der Bezeichnung „alle Arten von Nuklearwaffen“ unter. Ebenso wenig tauche Kritik an Nukleardoktrinen und strategischen Allianzen oder ein Modernisierungsverbot für Nuklearwaffen auf. Gleichsam seien auch viele NichtNuklearwaffenstaaten glimpflich davongekommen: Brasilien werde auch weiterhin nicht gezwungen werden, durch ein Additional Protocol mehr Transparenz in sein Nuklearprogramm zu bringen. Die Iran-Problematik wird nur indirekt und nicht namentlich angesprochen. Auch Überlegungen, wie mit Vertragsrücktritt oder Sanktionen bei Vertragsbruch umgegangen werden könnte, finden sich nicht. Ein großer Teil des Abschlussdokuments befasst sich mit der eigentlichen Überprüfung der Vertragseffektivität: Über diesen Teil hätte, anders als über die Actions, kein Konsens geherrscht – er sei lediglich eine individuelle Reflexion des Konferenzpräsidenten. Dafür sind in diesem Teil aber auch die Konfliktlinien der Zukunft aufgezeichnet, etwa, dass sich die Mehrheit der Vertragsstaaten für eine zeitgebundene Abrüstung einsetzt, dies aber – wie oben beschrieben – von Frankreich und anderen abgelehnt werde. Harald Müller, wie auch Delegationskollege Götz Neuneck, bewerten die praktischen Schritte, die eine nuklearwaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten vorbereiten sollen, als die eigentliche Innovation im Abschlussdokument. Diese seien auf das Engagement Ägyptens zurückzuführen, das sich – ganz anders als der mit radikalen Forderungen aufgetretene Iran – zum Sprecher der Region und generell der Nicht-Nuklearwaffenstaaten erkoren habe.758 Der UN Security Council verhängt Anfang Juni in Resolution 1929 neue und erweiterte Sanktionen gegen den Iran, da dieser die bislang mit seiner Sache befassten Resolutionen ignoriert habe (vgl. § 1). So dürfe nun laut Sicherheitsrat kein Staat in das iranische Nuklearprogramm investieren und im eigenen Land auch kein iranisches Investment im Nuklearbereich zulassen (vgl. § 7). Auch der Handel mit konventionellem Kriegsgerät wie Panzern, Artillerie und Helikoptern wird verboten (vgl. § 8). Dem Iran werden jegliche Aktivitäten mit nuklearwaffenfähigen Raketen untersagt (vgl. § 9). Die Liste der Iraner, gegen die ein Einreiseverbot in alle anderen UN-Mitgliedsstaaten verhängt wird, wird ausgedehnt, vor allem auf Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden, die das Nuklearprogramm kontrollieren (vgl. § 10 ff.). Ferner seien alle Staaten angehalten, verdächtige Fracht in und aus dem Iran zu inspizieren und gefährliche Gegenstände ggf. unschädlich zu machen (vgl. § 14 ff.). Iranische Banken sollen davon abgehalten werden, in anderen Staaten Niederlassungen zu gründen. Gleichsam sollen Banken aller UN-Mitgliedsstaaten ihren Geschäftsbereich nicht auf den Iran ausdehnen, wenn dadurch das iranische Nuklear- oder Raketenprogramm gefördert werden könnte (vgl. § 23 f.). Die fünf ständigen Security Council-Mitglieder und Deutschland betonen, dass sie auch weiterhin zu Verhandlungen mit dem Iran bereit seien, ebenso zur Aussetzung der Sanktionen und sogar zu weitreichender politischer, wirtschaftlicher und technologischer Zusammenarbeit, sollte der Iran seine Anreicherungsaktivitäten aussetzen und sich 758 Die Einschätzungen stammen von Müller, Harald (2010): Der nukleare Nichtverbreitungsvertrag nach der Überprüfung, HSFK-Report 3/2010, Frankfurt: Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, bzw. wurden von Harald Müller in einem persönlichen Gespräch mit dem Autor in Frankfurt am 9.6.2010 geäußert. Des Weiteren gehen einige der Beurteilungen zurück auf Neuneck, Götz (2010): Erklärung zum erfolgreichen Abschluss der Überprüfungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrags in New York, http://ifsh.de/IFSH/aktuelles/akt_stellung_gn2.htm, Zugriff: 8.6.2010. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis an die ihn betreffenden Resolutionen halten (vgl. § 32 ff./Annex IV).759 Unmittelbar nach Erscheinen der neuen Resolution verdeutlicht die iranische Führung, dass man sich dem Druck nicht beugen und die Anreicherung nicht aussetzen werde. 760 Auch Israel handelt – auf seine Weise: Es stationiert vor der iranischen Küste die drei U-Boote, deren nuklear-bewaffnete Cruise Missiles jeden Ort im Iran treffen könnten. Die U-Boote wurden in Deutschland konstruiert.761 Die Mitglieder der australischen Gewerkschaft „Australian Electrical Trades Union“ werden in keinem Teil des nuklearen Brennstoffkreislaufs mehr arbeiten: Die Industrie würde sie über die Gefahren belügen, klagt der Vorsitzende. Das ist insofern ein deutliches Signal, als dass Australien über 20 % der weltweit bekannten Uranvorkommen verfügt, die noch dazu weltweit am hochwertigsten sind. Die Gewerkschaft hofft, dass andere ihrem Beispiel folgen werden. Problematisch könnte werden, sollte dem gewerkschaftlichen Schritt kein genereller australischer Ausstieg aus der Nuklearindustrie folgen, dass diese Industrie nun noch verstärkter auf nicht organisierte und potentiell schlecht über die Risiken informierte Arbeitnehmer setzen könnte.762 Das erste Mal seit 1992 führen die USA einen „subkritischen“ Test durch, bei dem das Verhalten von Plutonium untersucht wird, wenn es von einer Explosion chemischer Sprengstoffe getroffen wird. „Subkritisch“ ist der Test, weil bei ihm keine sich selbst erhaltende Kettenreaktion von Kernspaltungen entsteht. Subkritische Tests erlauben dennoch Rückschlüsse auf das Funktionieren von Nuklearwaffentests und sind durch den CTBT, den Comprehensive Nuclear Test-Ban Treaty, nicht verboten. Im Übrigen haben die USA ihn auch noch nicht ratifiziert, entgegen der Ankündigung Obamas in Prag (siehe Eintrag 2009).763 Der Computer-Wurm „Stuxnet“ befällt Systeme auf der ganzen Welt, auch in Russland und Indien, hauptsächlich aber im Iran.764 Dort wird er zu Verzögerungen bei der Inbetriebnahme des Reaktors in Bushehr sorgen.765 Ebenso legt er große Teile der iranischen Anreicherungszentrifugen lahm. Der deutsche Computerspezialist Ralph Langer geht davon aus, dass das iranische Nuklearprogramm um etwa zwei Jahre zurückgeworfen worden sei. Da der Code des Wurms sehr komplex sei und die Entwicklungszeit sich womöglich über mehrere Jahre erstreckte, sei nicht vom Werk privater Hacker auszugehen, sondern vielmehr von staatlichen Urhebern – höchstwahrscheinlich handele es sich hierbei um die USA und Israel.766 Später wird Stuxnet als der am höchsten entwickelte Computer-Wurm bezeichnet, den es je gab. Es ist wahrscheinlich, dass Israel den Wurm zuvor an seinen eigenen Zentrifugen getestet hat, die mit denen im iranischen Natanz nahezu identisch seien.767 Das iranische Nuklearprogramm muss noch weitere Rückschläge hinnehmen: Zwei hochrangige iranische Nuklearwissenschaftler werden Opfer separater An- 759 760 761 762 763 764 765 766 767 Vgl. United Nations (2010): Security Council Resolution 1929. Vgl. SPIEGEL ONLINE (2010): Iran will Rekord-Sanktionen trotzen, http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,699798,00.html, Zugriff: 10.6.2010. Vgl. Mahnaimi, Uzi: Israel Stations Nuclear Missile Subs Off Iran, in: The Times, 30.5.2010. Vgl. Brisbane Times: Uranium Is the New Asbestos: Union Ban on Nuclear Work, 31.5.2010. Vgl. 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Der Iran vermutet Israel hinter den Attentaten.768 36 renommierte britische Wissenschaftler fordern ein Ende der Forschung an Nuklearwaffen, die 25 % des britischen Forschungshaushalts beansprucht. Das Geld werde dringend für andere Zwecke benötigt, etwa für die Forschung zum Klimawandel.769 Auf der Warren Air Force Base in Wyoming verlieren die diensthabenden Kommandeure am 23. Oktober für ca. eine Stunde die Kontrolle über 50 Nuklearwaffen: Weder konnten sie mit den Waffen kommunizieren noch funktionierten verschiedene Alarmsysteme. Warum es zu diesem Zwischenfall kam, ist noch unklar. Die USA halten noch ca. 450 Interkontinentalraketen im höchsten Alarmzustand, binnen Minuten einsetzbar.770 Trotz des Zwischenfalls weigern sich die USA vier Tage später im First Committee der UN General Assembly, das für Abrüstungsfragen zuständig ist, einer Resolution zuzustimmen, die von ihnen und Russland ein Entheben ihrer Nuklearwaffen aus dem Alarmzustand gefordert hätte. Der Resolution stimmen 144 Staaten zu, 22 enthalten sich – neben USA stimmen nur Großbritannien und Frankreich dagegen, obwohl letztere den Alarmzustand ihrer Nuklearwaffen bereits gesenkt haben.771 Drei Wissenschaftler aus Stanford, darunter der bekannte Nuklearwaffenexperte Siegfried S. Hecker, dürfen in Nordkorea als erste ausländische Wissenschaftler eine Uran-Anreicherungsanlage besichtigen. Dass Nordkorea nicht nur Plutonium zum Waffenbau gewinnt, sondern auch Uran, wurde bereits seit Längerem vermutet. Doch Hecker zeigt sich erschüttert über die 2.000 Zentrifugen und den „ultramodernen Kontrollraum“. Zwar können die US-Experten auf Grund der Kürze des Besuchs nicht feststellen, ob die Zentrifugen bereits arbeiten, doch fürchtet Hecker, in Zukunft könne daraus nicht nur reaktortaugliches schwachangereichertes Uran, sondern auch hoch-angereichertes Uran für etwa eine Uranbombe pro Jahr gewonnen werden. Hecker sei auch besorgt über mögliche Sicherheitsmängel eines ebenfalls besichtigten Leichtwasserreaktors, den Nordkorea gerade konstruiert – bislang habe Nordkorea allein Erfahrung mit GasGraphitreaktoren gesammelt.772 Die NATO gibt sich erstmals seit 1999 wieder ein Neues Strategisches Konzept: Das Bündnis bekenne sich zum Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt. Doch so lange es diese Waffen gebe, müsse auch die NATO nuklear bewaffnet bleiben (vgl. Präambel/Pkt. 17 ff./Pkt. 26). Solche Formulierungen gehen zurück auf Obamas Rede in Prag (siehe Eintrag 2009). Proliferation und Nuklearterrorismus gehörten zu den größten Bedrohungen der Zukunft (vgl. Pkt. 9 f.). Was Russland anbelange, so werde man versuchen, das Land dazu zu bringen, seine substategischen773 Nuklearwaffen nicht mehr in der Nähe von NATO-Staaten zu unterhalten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Russland eine größere Menge dieser 768 769 770 771 772 773 Vgl. Cowell, Alan/Yong, William: Bomb Kills Iranian Nuclear Scientist, in: The New York Times, 29.11.2010. Vgl. Baruah, Jamshed: UK Scientists Plead for Axing Nuke Research, in: InDepthNews, 15.10.2010. Vgl. Ambinder, Marc, Failure Shuts Down Squadron of Nuclear Missiles, in: The Atlantic, 26.10.2010. Vgl. Nuclear Age Peace Foundation (2010): US Votes Again to Keep Nuclear Weapons on High-Alert, The Sunflower, Issue 160, November 2010, http://www.wagingpeace.org/sunflower.php?issue=160#A114, Zugriff: 23.4.2011. Vgl. Hecker, Siegfried S.: What I found in Yongbyon and Why It Matters, in: American Physical Society News, March 2011, Vol. 20, No. 3. Online unter: http://www.aps.org/publications/apsnews/201103/backpage.cfm, Zugriff: 25.4.2011. Siehe auch: Sanger, David E.: North Korea Working with Uranium at Vast New Plant, in: The New York Times, 20.11.2010. Während zu Zeiten des Kalten Krieges zwischen „strategischen“ und „taktischen“ Nuklearwaffen unterschieden wurde, hat sich mittlerweile der Begriff „substrategisch“ anstelle von „taktisch“ eingebürgert, da Ersterer deutlicher betone, dass der Unterschied nicht in der Sprengkraft, sondern allein in der Reichweite der Trägersysteme liege. Vgl. Dembinski, Matthias/Müller, Harald (2010): Das Neue Strategische Konzept der NATO und die Zukunft der nuklearen Abrüstung in Europa, HSFK-Report 8/2010, Frankfurt: Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, S. 4. Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis Waffen in Europa lagere als die NATO (vgl. Pkt. 26).774 Matthias Dembinski und Harald Müller von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung merken an, dass diese für Abrüstungsbefürworter ernüchternden Worte einen Kompromiss sehr unterschiedlicher Akteure innerhalb der NATO darstellten: Während nahezu alle NATO-Partner die militärische Bedeutung der verbleibenden substrategischen Nuklearwaffen in Europa als gering einstuften, so schrieben einige – etwa die Türkei oder die Staaten Osteuropas – diesen Waffen jedoch noch eine politische Bedeutung zu. Die Waffen sollten als Verhandlungsmasse gegenüber Russland eingesetzt werden. Die deutsche Position eines unilateralen Abzugs von Seiten der NATO habe sich dagegen nicht im Bündnis durchgesetzt. Des Weiteren sei zu beachten, dass die NATO noch immer keine No-First-Use Policy ausgesprochen habe, also nicht definitiv verspreche, nicht als erster Akteur in einem Krieg Nuklearwaffen einzusetzen.775 US-Präsident Obama und Indiens Präsident Singh unterstreichen – zumindest deklarativ – die Notwendigkeit eines Dialogs zwischen den fünf offiziellen Nuklearwaffenstaaten sowie Indien, Pakistan und Israel über Nonproliferation und nukleare Abrüstung im 21. Jahrhundert.776 Der ehemalige pakistanische Präsident Pervez Musharraf gibt an, nicht der bekannte Nuklearschmuggler Abdul Qadeer Khan (siehe Einträge 2004 und 2009) habe das Proliferationsnetzwerk maßgeblich organisiert, das u. a. Iran, Nordkorea und Libyen mit Anreicherungstechnik versorgte, es stecke vielmehr die pakistanische Regierung und der pakistanische Geheimdienst dahinter.777 Während das kanadische Parlament seine Regierung einstimmig dazu auffordert, Verhandlungen über eine Nuklearwaffenkonvention voranzutreiben,778 verabschieden Senat und Abgeordnetenversammlung des südlichen Nachbarn USA den höchsten Militärhaushalt seit 1945: 725 Milliarden US-Dollar für das Pentagon! Würden auch Militärausgaben im weiteren Sinne dazu gerechnet, etwa Nuklearwaffenaktivitäten im Department of Energy, Rente für Veteranen oder Zinsen auf Schulden für vergangene Kriege, so würden die Militärausgaben im Jahr 2011 eine Billionen US-Dollar übersteigen.779 Gleichzeitig misslingt zum wiederholten Male ein Test des US-Raketenabwehrsystems über dem Pazifik. Die USA haben bereits über 100 Milliarden in die Raketenabwehr gesteckt, ohne das diese Anzeichen des Funktionierens zeigt (siehe dazu etwa die Einträge 1983 [„SDI“] oder 2003 [„Weltraumgestütztes Abwehrsystem“]).780 2011: 774 775 776 777 778 779 780 US-Verteidigungsminister Robert Gates verkündet die Entwicklung eines neuen nuklearwaffenfähigen Bombertyps. Die Republikaner applaudieren, etwa der Senator John Thune (South Dakota): Bomber seien eine „mächtige Abschreckung“ gegen jene, die Nuklearwaffen weiterverbreiten wollten. Dass es gerade die Entwicklung eines neuen Bombertyps sein könnte, die andere Akteure zu eigenen Nuklear- Vgl. North Atlantic Treaty Organization (2011): Strategic Concept For the Defense and Security of The Members of the North Atlantic Treaty Organization, http://www.nato.int/lisbon2010/strategic-concept-2010-eng.pdf, Zugriff: 27.8.2011. Vgl. Dembinski et al. (2010): a. a. O., insb. S. 4 ff./10 ff./19 ff./22. Vgl. 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Matthias van der Minde 2010 Das nukleare Zeitalter: eine Chronologie von 1945 bis waffen treibt, kommt dem Senator nicht in den Sinn. 781 Möglicherweise soll der neue Bomber ohne Piloten auskommen, also wie die jetzt schon von den USA eingesetzten konventionellen Drohnen ferngesteuert sein.782 Auch die Entwicklung eines neuen nuklearwaffenfähigen U-Bootes ist vorgesehen.783 Nordkorea scheint an der Stelle, wo bereits die vergangenen zwei Nuklearwaffentests stattfanden (siehe Einträge 2006 und 2009), neue Tunnelsysteme auszuheben – diese Vorgänge deuten auf einen möglichen dritten Test in baldiger Zukunft hin.784 Die vier Elder Statesmen der US-Außen- und Verteidigungspolitik, Henry Kissinger, William Perry, George Shultz und Sam Nunn, melden sich erneut mit einem Aufruf zur Abrüstung im Wall Street Journal zu Wort (siehe auch Einträge 2007 und 2008): Die Welt habe schon viel zu lange Glück gehabt, die verhängnisvolle Doktrin der nuklearen Abschreckung ohne Nuklearkrieg und versehentliches Auslösen von Nuklearraketen überlebt zu haben. USA und Russland müssten auch nach New START vorangehen bei nuklearer Abrüstung und dabei vor allem die in Europa stationierten taktischen Nuklearwaffen berücksichtigen. In der heutigen Welt gäbe es ferner einige Staaten, die sich ihre Sicherheit nicht mehr ohne Nuklearwaffen vorstellen könnten. Für eine Welt ohne Nuklearwaffen gelte jedoch, gerade die Konflikte rund um solche Staaten – gemeint sind etwa die Region des Nahen Ostens oder Indien und Pakistan – zu lösen. Militärische Sicherheit und Abschreckung müssten im 21. Jahrhundert ohne Nuklearwaffen konstruiert werden.785 Die Nuklearwaffenstaaten Indien und Pakistan wollen wieder Friedensverhandlungen aufnehmen. Diese waren nach den Terroranschlägen in Mumbai vom November 2008 zum Erliegen gekommen. Indien warf Pakistan vor, gegen die Anschlagsvorbereitungen auf pakistanischem Boden wider besseres Wissen nichts unternommen zu haben.786 Gleichzeitig wird bekannt, dass Pakistan eine neue taktische Rakete entwickelt habe, die Nuklearwaffen ca. 60 km weit ins Ziel befördern könnte. Experten befürchten, dass solche „kleinen“ taktischen Nuklearwaffen die Hemmschwelle zur Benutzung im Konfliktfalle erheblich senken könnten.787 Die Gerüchte über die Zukunft der US-amerikanischen taktischen Nuklearwaffen in Europa gehen auseinander: Rose Gottemoeller vom USAußenministerium deutet an, ihre Regierung diskutiere darüber, die Anzahl dieser Waffen zu reduzieren.788 Dazu würde passen, dass der deutsche nuklearwaffenfähige Tornado bis spätestens 2020 gegen den Eurofighter ausgetauscht wird, der keine Nuklearwaffen mehr tragen kann.789 Doch gleichzeitig verfolgen die USA ein auf 30 Jahre angelegtes „Life Extension Program“ für ihre taktischen Nuklearwaffen: Bis 2018 sollen die vier bislang bestehenden B61-Versionen gegen einen neuen Bombentyp der Bezeichnung „B61-12“ ausgetauscht werden. Dieser weise angeblich ei- 781 782 783 784 785 786 787 788 789 Vgl. Oliveri, Frank: Pentagon’s New Bomber Plans Could Fly with Republicans, CQ Online, 10.1.2011. Vgl. 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Ferner sei die Benutzung solcher Waffen laut des 1996er Gutachtens des Internationalen Gerichtshofes wohl kaum mit anderen Völkerrechtsgrundsätzen in Einklang zu bringen (dazu Einträge 1996 [„ICJ“ und „Christopher G. Weeramantry“]).792 Das Verwaltungsgericht in Köln weist Kollers Klage zwar ab, da es keine Diskrepanz zwischen nuklearer Teilhabe und Völkerrecht erkenne und in dieser Frage auch nicht von einer Einzelperson geklagt werden könne. Doch laut Koller sei es auch nicht wahrscheinlich gewesen, dass bereits die unterste Instanz die Bundesregierung verurteile. Koller wolle notfalls durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht gehen.793 Stand: 9. September 2011 Bibliographie A Abolition 2000 (2008): Abolition 2000 Statement, http://www.abolition2000.org/?page_id=153, Zugriff: 8.5.2011. Acton, James M./Perkovich, George (2008): Abolishing Nuclear Weapons, London: The International Institute for Strategic Studies. 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