Mehr als olle Kamellen
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08.2015 | 12.40 EUR MATERIAL-NR. 04062-5178 www.personalmagazin.de Mehr als olle Kamellen Wie Sie die Ausbildung wirklich attraktiver machen FÜHRUNG Wie es um die Wertschätzung der Mitarbeiter in deutschen Firmen bestellt ist S. 36 Spezial Persona larbeit im Gesu ndheits wesen S. 58 S. 18 ENTSENDUNG Wie Unternehmen eine Global-Mobility-Strategie aufbauen und umsetzen S. 46 ENTSCHEIDUNG Wann Tarifverträge Gewerkschaftsmitglieder bevorzugen dürfen S.73 Top-Forschung für die Personalpraxis – fundiert und verständlich! In PERSONALquarterly lesen Sie vierteljährlich die neuesten Erkenntnisse aus der Personalforschung – wissenschaftlich fundiert und verständlich aufbereitet. Nutzen Sie das Know-how der führenden Wissenschaftler für mehr Qualität in der Personalarbeit! > Wissenschaftsjournal für die Personalpraxis > Herausgegeben von den führenden Köpfen der deutschen HR-Forschung > Entscheidungs- und Gestaltungshilfen für die Personalarbeit Informationen, Beratung und Abo unter Tel. 0800 72 34 253 (kostenlos) oder www.personalquarterly.de EDITORIAL 3 Liebe Leserinnen und Leser, unsere duale Berufsausbildung wird internationl bewundert, doch die Lage ist schlechter als das Image: Die Berufsausbildung hat an Strahlkraft eingebüßt, die Studierneigung der Jugendlichen nimmt weiter zu und immer mehr Ausbildungsleiter können ihre offenen Stellen nicht besetzen. Die Verantwortlichen werden angesichts des Fachkräftemangels nervös: DIHKPräsident Eric Schweitzer polterte neulich gegen die „Überakademisierung“ und forderte eine Begrenzung der Studienplätze. Doch die Berufsplanung der Jugendlichen lässt sich in einer freiheitlichen Gesellschaft „Wir brauchen mutige und experimentier willige Ausbildungsleiter, um die duale Berufsausbildung zu neuer Attraktivität zu führen.“ Reiner Straub, Herausgeber nicht mit dirigistischen Methoden steuern, der DIHK-Präsident kassierte mit seiner Äußerung ein Eigentor (siehe Seite 21). Um der Berufsbildung neue Strahlkraft zu geben, ist ein Umdenken in den Betrieben, Verbänden und der Politik notwendig. Hunderttausende von Jugendlichen stecken derzeit in Übergangssystemen, weil sie keine Stelle finden oder weil ihnen der Schulabschluss fehlt. Besonders schwer haben es Jugendliche mit Migrationshintergrund oder einem Handicap. Die Betriebe wollen stets die Besten einstellen, sie wollen und können nicht Probleme lösen, die in der Schule oder im Elternhaus entstanden sind – so die Argumente, die häufig zu hören sind. Das ist zwar nachvollziehbar, doch nicht zukunftsorientiert. Der Fachkräftemanagel von kleinen und mittleren Betrieben wird sich nur lösen lassen, wenn sich die Ausbildungsleiter auch um diese Jugendlichen kümmern. Wir brauchen darum Ausbildungsleiter, die sich mit Herzblut dieser Aufgabe annehmen und Mut haben, neue Wege einzuschlagen. Ihr 08 / 15 personalmagazin 4 INHALT_AUGUST 2015 Was HR-Vorstände verdienen © VOLKSWAGEN AG VW-Personalvorstand Horst Neumann kassiert das höchste Jahresgehalt. Diese Symbole weisen auf Add-ons in der Personalmagazin-App hin. Video Audio Bildergalerie Umfrage Rechner 12 18 Zusatzinfo SZENE 06News und Events 09Der Tag der Personaler Der Personalmanagementkongress in Berlin stand ganz im Zeichen der Digitalisiserung. Im Fokus stand zudem die neue BPM-Präsidentin 10Schlaflos in Berlin Beim HR Hackathon entwickelten Personaler und Techies neue ITLösungen für alte HR-Probleme 12Transparenz statt Fantasie Was Deutschlands Top-Personaler verdienen 16Serie HR-Start-ups Die App „Gastromatic“ zur Personaleinsatzplanung TITELTHEMA 18Mehr als olle Kamellen Wie Sie die Ausbildung wirklich attraktiver machen 21Politik statt Fakten Der Bachelor kommt in einer DIHK-Studie nicht gut weg. Doch dahinter steckt politische Taktik 22Eine Million Betriebe, eine Marke Eine große Employer-BrandingKampagne soll dem Handwerk mehr und gute Azubis bescheren 26„Mit Persönlichkeit zum Erfolg“ Bei Provadis ergänzt ein Persönlichkeitstest die Azubi-Auswahl. So erhalten die Soft Skills mehr Gewicht MANAGEMENT 34News und Dienstleistungsmarkt 36Da geht noch was ... Eine aktuelle Studie zeigt, dass es in Sachen Wertschätzung in den Unternehmen noch immer hapert 40Pro und Contra Ist die Generation Y wirklich anders als Vorgängergenerationen? Drei Wissenschaftler beziehen Stellung 42Leistung im Kollektiv Dieses Mal in unserer Serie über US-Studien mit HR-Bezug: Die Bedingungen und Wirkungen von kollektivem Engagement 28Drei Abschlüsse in fünf Jahren Das triale Studium hält Einzug: Die Teilnehmer erhalten Gesellen- und Meisterbrief sowie den Bachelor 31Der Konsument wird Produzent Wer Azubis begeistern will, muss auf interaktive Lernformate setzen personalmagazin 08 / 15 5 Nicht ohne meine Familie © WILLIAM87 / FOTOLIA.COM Damit Entsendungen erfolgreich verlaufen, sollten Unternehmen sich auch um die mitreisende Familie kümmern. Gelungene Ausbildung Unternehmen werben um gute Azubis: mit Employer Branding, attraktiven Inhalten und innovativen Ausbildungswegen. ORGANISATION 44News und Softwaremarkt 46Keine Mobilität ohne Strategie Zwei Studien offenbaren häufige Praxisfallen im Global-MobilityManagement 50Nicht ohne meine Familie Viele Entsendungen scheitern an der fehlenden Unterstützung für die mitreisende Familie. Welche Angebote es dafür gibt 53Experten international stärken So zentral wie nötig, so lokal wie möglich: die internationale Weiterbildungsstrategie bei Tüv Süd 56Konzepte für den Nachwuchs Das strategische Konzept der „Personaldienstleistung 2.0“ umfasst auch neue Ansätze für Azubis 50 SPEZIAL 58Suche über Grenzen hinweg Gegen den Fachkräftemangel: Einige Kliniken lassen künftiges Personal im Ausland ausbilden 61Mehr Qualität in HR Das Qualitätsmanagement in kleinen Pflegeeinrichtungen für HR nutzen 64Wenig attraktiv für Bewerber Die Karrierewebseiten im Gesundheitswesen sind noch ausbaufähig RECHT 76News und Weiterbildung 78Mit Empathie und Feingefühl Wie sich Personaler auf Trennungs gespräche vorbereiten sollten 80Buchtipps 82Ganz persönlich Andreas Tenkmann, Vice President HR DACH bei Sodexo, beantwortet unseren Fragenbogen RUBRIKEN 66News 03Editorial 68Aktuelle Urteile 81Impressum, Rückblick 70Die Höhe des Honorars Antworten auf Streitfragen zur Vergütung des Betriebsratsanwalts 82Vorschau 73Geschlossene Gesellschaft Neue Praxis: Tarifverträge enthalten Klauseln, die Leistungen nur für Gewerkschaftsmitglieder vorsehen 08 / 15 personalmagazin PERSÖNLICH 6 SZENE_NEWS Stellenwechsel ELKE ELLER © VW NUTZFAHRZEUGE © L‘ORÉAL Im Juni wurde Elke Eller zur neuen Präsidentin des Bundesverbands der Personalmanager (BPM) gewählt. Sie ist seit 2012 Personalvorstand von Volkswagen Nutzfahrzeuge. Zuvor arbeitete die Diplom-Volkswirtin, die auf 28 Berufsjahre und 15 Jahre Aufsichtsratstätigkeit zurückblickt, an ihrer Promotion. Und von 2007 bis 2009 war sie für das Personalressort im Vorstand der Volkswagen Financial Services AG zuständig. Im BPM-Präsidium folgt sie auf Joachim Sauer, der zum Ehrenvorsitzenden des BPM gewählt wurde. Im Gespräch mit dem Personalmagazin sagte sie zur ihrer Motivation, das Amt zu übernehmen: „Wir Personaler brauchen eine Stimme in der Öffentlichkeit und auch ein Forum zur Vernetzung und Entwicklung neuer Konzepte und Ansätze für die Personalarbeit. Den BPM habe ich immer als frisch, selbstbewusst und ein bisschen anders wahrgenommen.“ MICHAEL KIENLE © PREMIUM AEROTEC Neuer HR Director von L’Oréal Deutschland ist Michael Kienle. Er ist seit 1999 im Unternehmen – zunächst im Marketing und ab 2001 im Recruiting. Von 2006 bis 2009 fungierte er als HR Director für zwei Geschäftsbereiche des Unternehmens in Deutschland, anschließend leitete er die HR-Bereiche in Belgien und den Benelux-Ländern. In seiner jüngsten Funktion war er HR-Director eines Geschäftsbereichs für Westeuropa. Als Deutschland-Personalchef folgt der Absolvent der London School of Economics and Political Science auf Nicolas Pauthier, der in die Konzernzentrale in Paris zurückkehrt, wo er die internationale HR-Leitung für den gesamten digitalen Bereich übernimmt. MARCO WAGNER Neuer Personalchef von Airbus ist seit dem 1. Juli Marco Wagner. In den vergangenen zwei Jahren arbeitete er als Managing Director und Chief Human Resource Officer bei dem Luftfahrtzulieferer Premium Aerotec. Davor war er bereits für Airbus tätig. Der Diplom-Kaufmann mit MBA-Degree war 2002 in die Gruppe (damals EADS) eingestiegen. Seit 2006 verantwortete er den Personalbereich am Standort Ottobrunn und seit 2008 am Standort Manching. 2010 übernahm er die Personalleitung für den Bereich Flugzeugprogramme in der Airbus-Zentrale in Toulouse. In der neuen Position folgte er auf Thomas Ehm, der den Vorsitz der Geschäftsführung bei Premium Aerotec übernimmt. MARTIN BABILAS Zum 1. Januar 2016 wird Martin Babilas den Vorstandsvorsitz bei Altana übernehmen. Er hat damit künftig die Ressortleitung unter anderem für Unternehmensentwicklung/M&A und Personal inne. STEPHAN GRABMEIER Am 1. August übernimmt Stephan Grabmeier, Geschäftsführer der Innovation Evangelists und Vorstandsmitglied der Selbst-GmbH, bei Haufe-Umantis die Position des Chief Innovation Evangelist. Zuvor war er als Head of Culture Initiatives bei der Deutschen Telekom tätig. JOACHIM LUTZ Bei Cropenergies hat Joachim Lutz die Position des Vorstandssprechers übernommen und ist in dieser Funktion auch für das Personalressort zuständig. Joachim Lutz ist seit 2006 im Unternehmen tätig und war zuletzt Finanzvorstand. JOACHIM SCHLEDT Zum neuen ersten Vorsitzenden der Initiative „Wege zur Selbst-GmbH“ wurde im Juni Joachim Schledt gewählt. Der Diplom-Pädagoge ist seit 2008 Personalleiter der Alnatura Produktions- und Handels GmbH und seit 2000 Mitglied des Netzwerks. Er folgte auf Siegfried Baumeister. JOSEF SCHELCHSHORN Der bisherige Personalvorstand von Seat, Josef Schelchshorn, ist seit dem 1. Juli Vorstand für Personal bei MAN und MAN Truck & Bus. Er folgt in dieser Funktion auf Jochen Schumm, der in den Ruhestand geht. Sein Nachfolger bei Seat wird Xavier Ros. + + + A k t u e l l e P e r s o n a l i e n + + + t ä g l i c h u n t e r w w w. h a u f e . d e / p e r s o n a l + + + R u b r i k „ P e r s o n a l s z e n e “ Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] personalmagazin 08 / 15 7 Drei Fragen an ... ... Cornelia Quennet-Thielen zum Thema Deutschlandstipendium Frage eins: Das Deutschlandstipendium steht in der Kritik. Es sei ein Ladenhüter, sagten die Grünen. Wie hoch ist die Förderquote derzeit? Cornelia Quennet-Thielen: Über das Programm werden inzwischen fast so viele Stipendien vergeben wie über die etablierten Begabtenförderungswerke – im vergangenen Jahr über 22.000. Die Anzahl der vergebenen Stipendien ist im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent gestiegen. Die Hochschulen konnten seit 2011 über 60 Millionen Euro private Fördermittel einwerben. Allein im Jahr 2014 haben rund 6.700 private Förderer mit 24 Millionen zur Förderung junger Menschen beigetragen. Frage zwei: Wo liegen die Vorteile des Stipendiums gegenüber anderen staatlichen Förderungen? Quennet-Thielen: Es ist das erste Stipendium, das dezentral von den Hochschulen in ganz Deutschland vergeben wird, und das auf eine Kofinanzierung von Staat und privaten Förderern setzt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Auswahl der Geförderten findet vor Ort statt. Die Geförderten sind dadurch ihrer Hochschule in besonderem Maße verbunden. Durch die Zusammenarbeit mit privaten Förderern vernetzt sich die Hochschule mit ihrem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umfeld. Die Förderer können über die Finanzierung hinaus Verantwortung für leistungsstarke junge Menschen übernehmen und die Geförderten kommen in Kontakt mit interessanten Persönlichkeiten und Unternehmen. Außerdem finden sie sich häufig in Hochschulgruppen zusammen und entwickeln aus eigener Initiative gemeinnützige Projekte. Frage drei: Wie wollen Sie dem Stipendium nun zu mehr Erfolg verhelfen? Quennet-Thielen: Ich werbe gerne und häu- CORNELIA QUENNET-THIELEN ist Staatssekretärin und Amtschefin des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). fig für das Deutschlandstipendium, und das gilt genauso für unsere Ministerin Johanna Wanka und das BMBF insgesamt: Wir gehen auf Hochschulen, Unternehmerinnen und Unternehmer, Stiftungen und Privatpersonen zu. Zugleich gilt: Unsere besten Botschafter sind die Förderer, die Geförderten und die engagierten Hochschulen. Dieses wachsende Netzwerk werden wir weiter stärken. Wir werden die Gesichter und Geschichten des Deutschlandstipendiums noch mehr in den Fokus rücken. Innovationen für Ihre Organisation Laloux, Reinventing Organizations 2015. VIII, 356 Seiten. Gebunden € 39,80 ISBN 978-3-8006-4913-6 Kotter, Accelerate 2015. Rund 170 Seiten. Gebunden ca. € 24,90 ISBN 978-3-8006-5021-7 Neu im September 2015 Portofrei geliefert: vahlen.de/14174799 Portofrei geliefert: vahlen.de/14833885 Frederic Laloux hat mit Reinventing Organizations das Grundlagenbuch für die integrale Organisationsentwicklung verfasst. Die Breite sowie Tiefe seiner Analyse und Beschreibung – ganzheitlich, selbstorganisierend und sinnerfüllend operierender Unternehmen – ist einzigartig. John P. Kotter beschreibt in seinem neuen Buch, wie Unternehmen eine innovative, dual operierende Organisationsform umsetzen können, um etablierte Strukturen mit der Agilität von Netzwerkstrukturen zusammenzuführen. Erhältlich im Buchhandel oder bei: beck-shop.de | Verlag Franz Vahlen GmbH · 80791 München | [email protected] | Preise inkl. MwSt. | 164472 © MESSE STUTTGART 8 SZENE_NEWS SZENE_EVENTS TERMINE 10. und 11. September, Berlin 5. Tagung Talentmanagement Tel. 030 84859350 www.hrm-forum.eu 15. bis 17. September, Köln Zukunft Personal Tel. 0621 70019-0 www.zukunft-personal.de 24. bis 25. September, Berlin DGFP//Lab Tel. 0211 5978-175 www.lab.dgfp.de Wer begeistert seine Bewerber? B ereits am 24. Juli endet die Anmeldefrist für die ersten Candidate Experience Awards, die in der DACH-Region vergeben werden. Der Preis ist 2011 in den USA gestartet und zeichnet diejenigen Firmen aus, die im gesamten Bewerbungsprozess einen konsistenten Bewerberkontakt bieten. Unternehmen können sich an drei Erhebungsrunden beteiligen: In der ersten findet eine mehrdimensionale OnlineBefragung zu den aktuellen Rekrutierungspraktiken statt. Danach erfahren die Unternehmen, wie sie im Vergleich zu anderen abschneiden. In der zweiten Erhebungsrunde erhalten sie einen Link, den sie an ihre Bewerber aus den Jahren 2014 bis 2015 weiterleiten. Diese werden gebeten, ihre Erfahrungen mit dem Unternehmen mitzuteilen. Wer in diesen beiden Runden überdurchschnittlich gut abschneidet, wird mit dem Candidate Experience Award ausgezeichnet. Zusätzlich werden in einer dritten Runde die „Gewinnerunternehmen“ durch eine unabhängige Jury bestimmt und auf einer Veranstaltung Ende 2015 vorgestellt. www.thecandidateexperienceawards.de Fragen aus dem HR-Bereich werden auf der Fachmesse IT & Business diskutiert. Arbeiten rund um Industrie 4.0 A uf der Fachmesse IT & Business zeigen Aussteller, wie Unternehmen durch eine digitale Optimierung ihrer betrieblichen Abläufe effizienter und kostengünstiger arbeiten können. Ein wichtiger Aspekt dabei ist HR, denn Industrie 4.0 kann ohne Mitarbeiter nicht umgesetzt werden. Die Messe findet vom 29. September bis zum 1. Oktober in der Messe Stuttgart statt. Für Personalmanager ist der 30. September besonders interessant: Ab 13.30 Uhr diskutieren Experten auf dem Forum „MES, Zeit und Sicherheit“ Fragen rund um die Arbeit im Kontext von Industrie 4.0. „Flexible Personaleinsatzplanung in Zeiten von Industrie 4.0 muss die Mitarbeiter mitnehmen, um erfolgreich zu sein“, lautet der Titel der ersten Podiumsdiskussion, an der sich Dr. Karsten Sontow (Trovarit), Burkhard Röhrig (GFOS), Guido Zander (Dr. Scherf Schütt und Zander) und Mathias Schwabbauer (MFB Resultants) beteiligen. Im Anschluss geht es um Recruiting und Retention: „Neue Wege der Mitarbeitergewinnung und -bindung sind ein Muss – flexiblere Arbeitszeitgestaltung ist ein möglicher Weg“. Geplant ist auch ein Arbeitgeber-Speed-Check. Unter dem Motto „Wer ist für mich der richtige Arbeitgeber – IT-Häuser stellen sich vor“ können sich Unternehmen als potenzielle Arbeitgeber präsentieren. Um die Messethemen bereits im Vorfeld zu diskutieren, wurde ein Blog zu den Foren eingerichtet. Hier können sich Aussteller und Besucher intensiv beteiligen, Inhalte einstellen und gezielt Fragen einreichen, die dann von den Experten in Stuttgart beantwortet werden. http://derforumblog.com/ HR-Branchenparty in Köln D er 15. September, der erste Tag der Fachmesse Zukunft Personal, wartet abends mit der ersten „HR-Night“ auf. Im Kölner Restaurant „Wartesaal“ stehen in drei verschiedenen Bereichen, unter anderem einem großen Außenbereich, Networking und Feiern auf dem Programm. Die passende „Dancemusic“ liefert ein bekannter Kölner Szene-DJ. Die Branchenparty, die am ersten Messetag um 19 Uhr beginnt, wartet zudem mit einigen Kommunikationsmodulen wie Speed-Networking auf. Eintrittskarten sind online erhältlich: www.hr-night.de personalmagazin 08 / 15 9 Der Tag der Personaler RÜCKBLICK. Der Personalmanagementkongress stand ganz im Zeichen der Digita- lisierung. Zentrales Thema war auch der Führungswechsel im BPM-Präsidium. © BPM LAURIN SCHMID Von Reiner Straub (Red.) D ie Mobilisierungskraft des Bundesverbands der Personalmanager (BPM) ist ungebrochen: 1.500 Personalmanager strömten am 18. und 19. Juni zum Jahresevent, dem Personalmanagementkongress 2015, nach Berlin. Unter dem Motto „Was ist, was kommt“ wurde in Foren und Plenumsveranstaltungen über Employer Branding, Weiterbildung oder HR-Strategie diskutiert. Als Hauptthema kristallisierte sich die Digitalisierung heraus. Die neue BPMPräsidentin Elke Eller sieht darin das entscheidende Zukunftsthema und kündigte an: „HR muss die Digitalisierung der Arbeitswelt gestalten. Den nächsten Kongress werden wir deshalb unter den Titel Personalmanagement 4.0 stellen.“ Am Vorabend hatte die Mitgliederversammlung des BPM Elke Eller, Personalvorstand von Volkswagen Nutzfahrzeuge, als neue Präsidiumsvorsitzende gewählt. Joachim Sauer, der den Verband aufgebaut und maßgeblich geprägt hat, trat erwartungsgemäß ab. Die neue Präsidentin war sich bewusst, wie schwer es wird, aus dem Schatten des Gründungspräsidenten herauszukommen. Ihre ersten Auftritte auf dem Kongress waren daher von Zurückhaltung geprägt. Während Sauer durch seine Zuspitzungen die ganze Aufmerksamkeit auf sich zog, pflegt Eller einen sachlichen und integrativen Führungsstil. „Ich bin keine Anhängerin des Mottos neue Besen kehren gut“, sagte sie. „Ich verstehe mich als Teamplayerin.“ Der Kongress hatte mit einer Enttäuschung begonnen: Bundesfamilienminis 08 / 15 personalmagazin Personalmanagementkongress 2015: Rund 1.500 Personaler nahmen teil. BILDERGALERIE Weitere Eindrücke vom Personal managementkongress 2015 finden Sie in der Personalmagazin-App. terin Manuela Schwesig ließ sich durch ihren Staatssekretär Ralf Kleindiek vertreten. Der trug zwar die Positionen des Ministeriums zu Frauenquote und Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor, konnte aber das Publikum nicht begeis tern. Das gelang erst Sascha Lobo, der mit provokanten Thesen aufrüttelte. Die „Likes“, die jemand in Facebook hinterlasse, hätten eine bessere Prognosekraft für den beruflichen Erfolg als ein Assessment Center. Lobo sieht außerdem den „Plattform-Kapitalismus“ kommen: Eine Armada von Amateuranbietern werde neue Formen der Leiharbeit bringen. Vorboten dafür seien Uber oder Amazon, die Taxifahrer und Paketzusteller über Nebenerwerbs-Selbstständige aushebelten. Noch mehr Beifall erhielt Viktor Mayer-Schönberger (Universität Oxford). In seinem Vortrag über Big Data sagte er, Daten würden den Unternehmen zwar ermöglichen, bessere Entscheidungen zu treffen. Doch er warnte zugleich: „Die Daten sind nur ein Schatten der Wirklichkeit, nicht die Wirklichkeit selbst. Für die Herrschaft über die Daten brauchen wir unsere menschlichen Fähigkeiten.“ In den Diskussionen über Big Data und Digitalisierung wurde klar, dass die Entwicklung erst am Anfang steht. Personaler konnten also die gute Botschaft mitnehmen, dass noch ausreichend Zeit zur Ausgestaltung vorhanden ist. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 10 SZENE_EVENTS BILDERGALERIE © OSCAR MAGER Es wurde noch mehr getüftelt: Weitere Eindrücke vom ersten HR Hackathon in Berlin finden Sie in einer Bildergalerie in der Personalmagazin-App. Mit Bleistift und Laptop bewaffnet macht sich ein Entwicklerteam an die Arbeit. Schlaflos in Berlin: HR hackt mit IT NACHBERICHT. Beim HR Hackathon entwickelten einige Personaler zusammen mit Techis neue IT-Lösungen für alte HR-Probleme – teils bis tief in die Nacht. Von Andrea Sattler (Red.) G enau 330 Tassen Kaffee, acht IT-Lösungen, ein Gewinnerteam: So lautet das Fazit des ersten HR Hackathons in Berlin. Dort kamen 25 HRler und rund 50 ITler zusammen, um gemeinsam HR-IT-Lösungen zu entwickeln. Das innovative Format hatten die beiden Initiatoren, Recruiting-Beraterin Eva Zils von Online-Recruiting.net und Andreas Dittes, Gründer und Geschäftsführer des Recruiting-Start-ups Talentwunder, an IT-Hackathons angelehnt. Gleich zu Beginn der Veranstaltung im Berliner Base Camp Ende Mai konnten die Vertreter beider Zünfte bei einem Pitch IT-Ideen zur Verbesserung der Personalarbeit vorstellen. Insgesamt elf Personaler sowie Entwickler wagten sich und stellten ihre erlebten Herausforderungen und die damit verknüpften Wünsche an eine IT-Lösung vor. Im Anschluss daran fanden sich die Ideengeber mit den Entwicklern in Teams zusammen, um gemeinsam eine IT-Lösung zu entwickeln. Die Techis machten sich sogleich an die Arbeit – teilweise bis tief in die Nacht hinein, wie nächtliche Tweets belegen. Erlaubt ist, was technisch möglich ist Zum Abschluss der Veranstaltung präsentierten die Teams ihre Lösungen, darunter bereits erste Prototypen: Aus elf Pitches waren acht Lösungen entstanden, die eine Experten-Jury bewertete. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] Auf dem ersten Platz landete der sogenannte „Job Agent“: Er soll den Bewerbungsprozess von Anfang bis Ende automatisch durchsteuern. Der Assistent übernimmt vollautomatisiert die Suche nach offenen Stellen, das Verschicken der Bewerbungen und sogar die Terminkoordination zwischen Recruiter und Bewerber. Idealerweise solle der „Job Agent“ sogar die Gehaltsverhandlungen automatisch führen können, so der Wunsch des federführenden Personalers. Das zweitplatzierte Tool, der sogenannte „Skill Aggregator“, soll es Personalern, Führungskräften oder Projektleitern möglich machen, per einfacher Suchabfrage diejenigen Mitarbeiter im Unternehmen zu finden, die über die passenden Fähigkeiten für eine Stelle oder ein Projekt verfügen. Das Tool soll sich die Mitarbeiter-Skills aus allen möglichen Quellen ziehen und diese mittels bunter Ringe, die für die einzelnen Skills stehen, visualisieren. Mit dem dritten Platz zeichnete die Jury die Lösung „Mobile Video Recruiting“ aus, die es ermöglichen soll, die Persönlichkeitspassung des Bewerbers schon zu Anfang des Recruitingprozesses zu bewerten. Die ITler entwickelten ein einfach zu handhabendes Tool, mit dessen Hilfe sich der Bewerber in einem kurzen Video präsentiert und der Recruiter somit einen ersten lebhaften Eindruck von dessen Persönlichkeit bekommt. Auch wenn offen bleibt, ob die Personaler künftig die entwickelten Tools wirklich einsetzen und nutzen können, ist der HR Hackathon seinem Anspruch gerecht geworden: Personaler und Entwickler zusammenzubringen und deutlich zu machen, was in der schönen neuen HR-ITWelt schon jetzt möglich ist – aber bisher viel zu wenig genutzt wird. personalmagazin 08 / 15 6.482.244 € © 2014 HENKEL AG & CO. KGAA © DAIMLER AG © VOLKSWAGEN AG 12 SZENE_HR-VORSTÄNDE 5.533.000 € 4.529.402 € Die Spitzenverdiener unter den HR-Vorständen: Prof. Dr. Horst Neumann (VW), Wilfried Porth (Daimler) und Kathrin Menges (Henkel) Transparenz statt Fantasie EINBLICK. Was Deutschlands Top-Personaler verdienen, wird durch den Corporate Governance Kodex erstmals transparent. Doch nicht jeder der Dax-30 hält sich daran. Von Katharina Schmitt (Red.) D ie ganz große Aufregung um überzogene Vorstandsgehälter und Boni hat sich gelegt – Nachhaltigkeitsregelungen und Kontrollmöglichkeiten durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung zeigen Wirkung. Personalvorstände traf die Kritik dabei seltener – ihr Gehalt scheint bisher die für Stakeholder und Gesellschaft nicht mehr akzeptable Grenze nie überschritten zu haben. Das belegt auch die Auswertung der Geschäftsberichte 2014 der Dax-30-Unternehmen durch die HKP Group: Im Schnitt bekam ein Personalvorstand im Dax-30-Konzern im letzten Jahr 2.795.000 Euro ausbezahlt, konkret bewegen sich die Bezüge zwischen etwas über einer Million Euro (Dr. Jürgen Götz, Arbeitsdirektor bei Fresenius) und knapp sechseinhalb Millionen Euro für Professor Horst Neumann, Vorstand Personal und Organisation bei VW. Ebenfalls unter den Spitzenverdienern: Wilfried Porth, Personalvorstand und Arbeitsdirektor der Daimler AG, und Kathrin Menges, zuständig für den Unternehmensbereich Personal sowie BILDERGALERIE Sehen Sie in unserer Bilderstrecke in der App, was die Personalvorstände der Dax-30-Unternehmen 2014 verdienten. Infrastruktur-Services (die Übersicht über alle Gehälter der ganzjährig beschäftigten Personalvorstände in den Dax-30-Unternehmen finden Sie auf Seite 14). Im Vergleich zu 2013 zeigt sich allerdings gerade bei den Spitzenverdienern eine deutliche Verschiebung nach oben: Das Gehalt von Frau Menges stieg um 500.000 Euro, das von Neumann um 1.100.000 gegenüber dem Vorjahr, Daimler-Personaler Porth bekam statt drei Millionen Euro für 2013 nun fast das Doppelte. Sind das Anzeichen für eine der Begrenzung der Vorstandsgehälter gegenläufige Entwicklung? Tatsächliche Auszahlung im Fokus Mitnichten, erklärt Regine Siepmann, Senior Managerin bei HKP Group und personalmagazin 08 / 15 1.283.000 € © LUFTHANSA BILDARCHIV, FRA CI/C © COMMERZBANK AG © FRESENIUS 13 1.392.000 € 1.428.000 € Am unteren Ende der Gehaltsliste: Dr. Jürgen Götz (Fresenius), Frank Annuscheit (Commerzbank), Dr. Bettina Volkens (Deutsche Lufthansa). Mitautorin der Geschäftsberichtsauswertung 2014. Ausschlaggebend für die veränderten Werte, so Siepmann, sei die 2014 erstmals angewandte neue Zuflusstabelle für die Berechnung der Vorstandsvergütungen nach dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK). Zum einen soll danach die ausgewiesene Direktvergütung neben der Grundvergütung auch die ausgezahlten Langfristvergütungen und Boni enthalten, zum anderen werde erstmals auch die Altersversorgung der Vorstandsmitglieder als Vergütungsbestandteil anerkannt und ausgewiesen. Diese Empfehlung ergänzt freiwillig die Geschäftsberichte, in die nach dem HGB lediglich die Gesamtvergütung der Vorstandsmitglieder und – statt der tatsächlich geflossenen Langfristvergütung – die in Aussicht gestellten Bezüge einberechnet werden müssen. Mit Ausnahme von Merck und BMW kommen alle Dax-Unternehmen der DCGK-Empfehlung nach. Letztere haben eine Entsprechenserklärung abgegeben, nach der sie über ihre Vorstandsvergütung weiterhin alleine nach der HGB-Regelung berichten werden. So könne im Einzelfall wie bei DaimlerPersonaler Porth auch die Direktvergütung nach Anwendung des Corporate 08 / 15 personalmagazin Governance Kodex sehr viel höher ausfallen als nach reiner HGB-Logik, da die nach mehreren erfolgreichen Geschäftsjahren ausgezahlte Langfristvergütung den ursprünglich angesetzten Zielwert übersteigt. Abweichungen nach unten lassen sich genauso erklären, wenn relativ hoch angesetzte langfristige Variablen im Betrachtungszeitraum wegen schlechterer Performance nicht oder geringer ausbezahlt wurden. Mehrwert Altersversorgung deutlich Auch die Einberechnung der individuellen Altersversorgung bringt mehr Transparenz. Aufgrund der unterschiedlichen Ressortzuschnitte der mit HR betrauten Vorstände, erklärt Nina Grochowitzki, Senior Consultant bei HKP Group und ebenfalls Mitautorin der Geschäftsberichtsauswertung, sei ein direkter Vergleich grundsätzlich nur sehr eingeschränkt möglich. Welch deutlich substanziellen Anteil an der Gesamtvergütung die Altersversorgung aber tatsächlich habe, zeige sich daran, dass auch in Konzernen, die allen Vorstandsmitgliedern unabhängig vom Ressort grundsätzlich dasselbe Gehalt zahlen (Deutsche Bank, Deutsche Lufthansa, Eon, Henkel und RWE) nun nach DCGK- Logik doch Unterschiede feststellbar sind. Insbesondere, wenn sehr werthaltige Altersvorsorgemodelle, über die nur noch langjährige Vorstände verfügen, durch neue Systeme abgelöst wurden. Insgesamt, so Siepmann, schaffe der Corporate Governance Kodex Vergütungsrealität. Das HGB habe hier durch seine buchhalterische Prägung Schwächen in der Praxis, demgegenüber betrachte der DCGK die Zuflüsse unter der praktischen Vergütungsbrille: „Für den Leser des Geschäftsberichts, den Aktionär, ist weniger interessant, was eventuell zurückgestellt wird oder als Aufwand gebucht wird. Er möchte wissen: Was ist tatsächlich für das Geschäftsjahr rausgekommen? Was bekommt der Vorstand überwiesen?“ Natürlich hätten die Dax-30-Unternehmen ein sehr erfolgreiches Jahr hinter sich, dementsprechend haben sich auch die Vergütungen ein Stück nach oben bewegt. Doch gerade der oben geäußerten Befürchtung, dass mit immer weiter steigenden Ergebnissen auch die Gehälter immer höher werden, schiebe der DCGK durch eine betragsmäßige Obergrenze einen Riegel vor. Die Übersicht „Vergütung ganzjährig tätiger Vorstände“ finden Sie auf der folgenden Seite. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 14 SZENE_HR-VORSTÄNDE VERGÜTUNG GANZJÄHRIG TÄTIGER VORSTÄNDE Unternehmen Name CHRO Titel und Ressorts Direktver gütung CHRO Abweichung CHRO/VV Abweichung CHRO/Ø OVM Adidas Robin J. Stalker Arbeitsdirektor, Finanzvorstand 3.369.910 € -41,90% +36,23% Allianz Dr. Werner Zedelius Insurance German Speaking Countries, Allianz Banking, Human Resources (Arbeitsdirektor) 3.610.000 € -30,40% +69,89% BASF Margret Suckale Arbeitsdirektorin, Engineering & Maintenance; Environment, Health & Safety; European Site & Verbund Management; Human Resources 2.452.000 € -68,56% -25,03% Bayer Michael König Arbeitsdirektor, Personal 2.039.000 € -69,40% -49,19% BMW Milagros Caiña Carreiro-Andree Arbeitsdirektorin, Personal- und Sozialwesen 4.048.420 €* -46%* -8,00%* Commerzbank Frank Annuscheit Chief Operating Officer, Human Resources 1.392.000 € -32,28% -2,77% Daimler Wilfried Porth Arbeitsdirektor, Personal, Mercedes-Benz Vans 5.533.000 € -61,64% +12,71% Deutsche Bank Dr. Stephan Leithner Chief Executive Officer Europa (ohne Deutschland und Großbritannien), Personal, Compliance, Anti-Financial Crime, Government & Regulatory Affairs 3.315.246 € -40,76% +0,32% Deutsche Börse Gregor Pottmeyer Chief Financial Officer 2.341.800 € -36,00% +10,57% Deutsche Lufthansa Dr. Bettina Volkens Arbeitsdirektorin, Personal und Recht 1.428.000 € n/a -1,89% Eon Mike Winkel Erzeugung, Erneuerbare Energien, Personal, Operational Efficiency (bis 2015) 1.640.451 € -48,13% -0,92% Fresenius Dr. Jürgen Götz Arbeitsdirektor, Recht, Compliance und Personal 1.283.000 € -86,00% -49,40% Heidelberg Cement Dr. Bernd Scheifele VV, Personal Henkel Kathrin Menges Personal und Infrastruktur-Services Infineon Dr. Reinhard Ploss VV, Arbeitsdirektor, Fertigung, Forschung und Entwicklung K+S Dr. Thomas Nöcker Lanxess Linde n/a n/a n/a 4.529.402 € -40,88% -0,32% n/a n/a n/a Arbeitsdirektor und Corporate HR, K+S Transport GmbH, Corporate IT, Business Center 1.854.600 € -15,34% +21,07% Dr. Rainier van Roessel Arbeitsdirektor 2.345.000 € n/a +26,83% Georg Denoke Arbeitsdirektor, Group Accounting & Reporting, Information Services, Insurance, Mergers & Acquisitions, Procurement, Risk Management, Tax, Treasury; Operational Finance, Controlling & Investments, Real Estate sowie für Finance/Controlling 2.575.726 € n/a +4,81% Merck Dr. Kai Beckmann Group Human Resources 4.963.000 €* -44,00%* -24,00%* Münchener Rück Dr. Joachim Wenning Arbeitsdirektor, Life, Zentralbereich Human Resources 2.683.447 € -55,26% -24,23% RWE Uwe Tigges Personalvorstand und Arbeitsdirektor 1.717.000 € -47,52% +1,00% Siemens Klaus Helmrich Arbeitsdirektor, Chief Technology Officer, Corporate Technology, Human Resources (inzwischen Übernahme durch Janina Kugel) 3.009.296 € -54,92% -16,04% Thyssenkrupp Oliver Burkhard Arbeitsdirektor, Human Resources Strategy, People Development & Executive Management, Regional Services Germany, Corporate Services 2.292.000 € -55,76% -2,55% Volkswagen Prof. h.c. Dr. Horst Neumann Personal und Organisation 6.482.244 € -59,13% -10,16% 2.795.000 € -54,84 % -3,72 % Durchschnitt VV = Vorstandsvorsitzende/r CHRO = Personalvorstand OVM = Ordentliches Vorstandsmitglied positive Abweichung > 2% keine Abweichung negative Abweichung > 2% * Berechnung der Gesamtvergütung nach HGB Grundlage aller Werte außer bei BMW und Merck ist die Gesamtvergütung nach dem Corporate Governance Kodex (Grundvergütung, ausbezahlter Jahresbonus, ausbezahlte Langfristvergütung und Dienstzeitaufwand für bAV). BMW und Merck weisen die Vergütung nach HGB aus (Grundvergütung, Nebenleistungen, ausbezahlter Bonus und in Aussicht gestellte langfristige variable Vergütungsbestandteile, separate bAV-Angabe wurde zu Vergleichszwecken hinzuaddiert). Rechts die Abweichungen vom Durchschnittsgehalt der Vorstandskollegen. QUELLE: HKP GROUP 2015 Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] personalmagazin 08 / 15 Budapest Hamburg Istanbul Köln Moskau Stuttgart Wien 15. – 17. September 2015 koelnmesse | Eingang Süd Hallen 2.1, 2.2, 3.1 und 3.2 Europas größte Fachmesse für Personalmanagement HR Services | Professional Training & Learning Recruiting & Consulting | HR Software & Hardware Melden Sie sich an: >> Mehr als 1.000 neue HR-Tools für Ihre berufliche Praxis >> Messemotto 2015: „arbeiten 4.0“ Personalmanagement im digitalen Wandel Hauptsponsoren Hauptmedienpartner 16 SZENE_HR START-UP HR START © FOTOS: VERTICAL CLOUD SOLUTION GMBH UP In unserer Serie stellen wir Ihnen Jungunternehmer aus dem HR-Bereich mit ihrer Idee vor. In dieser Ausgabe die App Gastromatic. Wie war die Entwicklungszeit? Aufgrund der engen Zusammenarbeit mit vielen Pilotpartnern war die Entwicklung zum Teil sehr aufwendig und hat mehr Zeit in Anspruch genommen als angenommen. Im Nachhinein hat sich dies jedoch ausgezahlt. Was soll noch geändert werden? Aktuell entwickeln wir an einer Schnittstelle zur Lohnbuchhaltung von Datev. Diese wird in den nächsten Wochen marktreif sein. Die App „Gastromatic“ des Start-ups Vertical Cloud Solution GmbH ist dazu bestimmt, die Personaleinsatzplanung in gastronomischen Betrieben zu erleichtern. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] Flexible Strukturen und kurze Entscheidungswege haben es uns in unserem Unternehmen ermöglicht, die Kundenbedürfnisse genau zu erfassen, um diese dann mit einer individuellen Lösung zu befriedigen. Auch wenn es aufwendig ist, sollte man immer darauf achten, nah am Zielmarkt zu arbeiten und sich immer wieder Feedback von diesem einzuholen. Das gilt für größere Unternehmen genauso wie für neu gegründete. Zudem haben wir die Erfahrung gemacht, dass flache Hierarchien für ein gutes Betriebsklima sorgen und damit nicht nur zur Steigerung der Produktqualität, sondern auch zu mehr Produktinnovation durch die Mitarbeiter beitragen. personalmagazin 08 / 15 © RAKETE: FRANK PETERS / THINKSTOCKPHOTOS.DE Was können etablierte Unternehmen von Ihnen lernen? 17 Was ist die Idee dahinter? Die Idee zu Gastromatic, einer webbasierten Software zur Personalorganisation, wurde bei Besuchen diverser gastronomischer Betriebe geboren. Uns ist aufgefallen, dass die Personalorganisation und -disposition ein sehr komplexer, teils auch chaotischer Bereich der Betriebsadministration in Gastronomien ist. Nach intensiver Marktrecherche und einer langen Pilotphase mit unterschiedlichsten Betrieben der Branche haben wir die App Gastromatic entwickelt. Mittlerweile ist Gastromatic ein umfassendes Tool, das alle Prozesse rund um Dienstplanung, Zeiterfassung und Lohnauswertung abbildet. Der Nutzen entsteht in erster Linie auf der Seite der Betreiber, durch die Ersparnis von Zeit und Lohnkosten sowie einen Zuwachs an Transparenz. Außerdem unterstützt Gastromatic bei der Erfüllung gesetzlicher Rahmenbedingungen wie dem Arbeitszeitgesetz und den Aufzeichnungspflichten nach dem Mindestlohngesetz. Via Smartphone-App werden die Mitarbeiter der einzelnen Betriebe in den Prozess der Dienstplanung integriert. Dadurch sind diese immer auf dem aktuellen Stand. =HUWL¿NDWVOHKUJDQJ RHQKOUJLQDQHJ / 3HUVRQDOUHIHUHQW,+. 3HUVRQDOUHIHUHQWLQ,+. +5.RPSHWHQ]IUHUIDKUHQH0LWDUEHLWHUXQG 4XHUHLQVWHLJHU 3URIHVVLRQDOLVLHUXQJGHU+5.RPSHWHQ]IU .DXÀHXWH PLW +53UD[LV +RFKVFKXODEVROYHQWHQ )DFKZLUWH )DFKNDXÀHXWH 8PIDVVHQGH+5.RPSHWHQ] $UEHLWVUHFKW 3HUVRQDOIKUXQJ 3HUVRQDOPDUNHWLQJ 3HUVRQDOXQG2UJDQLVDWLRQVHQWZLFNOXQJ +52UJDQLVDWLRQ+5&RQWUROOLQJ 0DQDJHPHQWWHFKQLNHQ )OH[LEOHVUHVVRXUFHQVSDUHQGHV%OHQGHG /HDUQLQJ.RQ]HSWPLW3UlVHQ]ZRUNVKRSVXQG 2QOLQH7UDLQLQJ ELV Wer hat’s gegründet? Die Gründer sind fünf ehemalige Studenten aus Darmstadt und Mannheim. Das Team setzt sich aus Wirtschaftsingenieuren und -informatikern zusammen. Die beiden Geschäftsführer und Initiatoren von Gastromatic sind Florian Klima (im Bild zweiter von rechts) und Patrick Pötzsch (Mitte). Seit August 2013 arbeitet das Team an Gastromatic und seit August 2014 sind auch drei Investoren an der Unternehmung beteiligt. 08 / 15 personalmagazin $QVSUHFKSDUWQHULQ 5DPRQD.QRSS 7HOHIRQ 7HOHID[ NQRSS#NREOHQ]LKNGH ,+.$NDGHPLH.REOHQ]H9 %LOGXQJVVWlWWH.REOHQ] -RVHI*|UUHV3ODW] .REOHQ] ZZZSHUVRQDOUHIHUHQWRQOLQHGH 18 TITEL_AUSBILDUNG Mehr als olle Kamellen ÜBERBLICK. Mehr denn je brauchen Ausbildungsbetriebe ein überzeugendes Gesamt paket, um künftig mehr Schulabgänger als bisher für eine Lehre zu begeistern. Von Andrea Sattler (Red.) A lle Jahre wieder kurz vor Be ginn des Ausbildungsjahrs rüttelt die Bundesregierung mit ihrem Berufsbildungs bericht Deutschlands Ausbilder wach. Darin wird das endende Ausbildungs jahr in Zahlen zusammengefasst. In den vergangenen drei Jahren warteten die Politiker jedes Mal mit Nachrichten auf, die wie ein schlechtes Omen fürs kommende Ausbildungsjahr anmuteten: Jeder vierte Azubi bricht seine Lehre ab, war dort etwa 2013 zu lesen; im vergan Um Azubis zu ködern, setzen viele lieber auf Goodies wie Prämien und Smartphones statt auf sinnvolle Motivato ren wie die Möglichkeit zur Teilzeitausbildung. genen Jahr wurde ein Zuwachs an un besetzten Lehrstellen und zunehmende Schwierigkeiten, Bewerber und Betriebe zusammenzubringen, vermeldet. Dieses Jahr gab es gar ein Rekordhoch an unbe setzten Lehrstellen zu beklagen: Rund 37.100 Stellen blieben ohne passenden Azubi, zehn Prozent mehr als im Vor jahr. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge ging um 1,4 Pro zent auf rund 522.200 zurück. Den Betrieben fehlen Bewerber – gute umso mehr. Denn immer weniger Jugend liche wollen eine Lehre machen. Die meis ten Schulabgänger zieht es mittlerweile in den Uni-Hörsaal: Im Jahr 2009 haben die Studenten die Azubis zahlenmäßig über holt, 2012 kamen auf vier Azubis schon fünf Studenten, wie Zahlen des Statisti schen Bundesamts belegen. Die Folgen dieser Entwicklung könnten Prognosen zufolge dramatisch werden: Laut einer gemeinsamen Projektion des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) könnte die Zahl der Arbeitnehmer mit Berufsausbildung bis zum Jahr 2030 um rund drei Millionen zurückgehen – was vor allem zu Engpäs sen in Gesundheits- und Sozialberufen so wie den be-, verarbeitenden und instand setzenden Berufen führen werde, sagen die Forscher voraus. Neben der zunehmenden Attraktivi tät der akademischen Ausbildung spielt auch ein Imageproblem mancher Ausbil dungsberufe eine Rolle dabei, dass die Ausbildungsbetriebe in einem immer kleiner werdenden Bewerberpool fi schen müssen. Dass diese Imageproble me nicht (nur) auf Vorurteilen beruhen, belegt der Ausbildungsreport 2014 des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB): Dort attestieren die befragten Azubis je nen Berufen, die als unattraktiv gelten, auch eine mangelhafte Ausbildungsqua lität. Schlechte Noten erhalten darin vor allem Berufe aus dem Gastronomiebe reich wie Lebensmittelfachverkäufer, Hotelfachmann und Koch. Daneben kom men auch die Berufe Maler/Lackierer und zahnmedizinischer Fachangestellter in der Azubibewertung schlecht weg. Wohl auch infolgedessen haben Aus bilder in diesen Branchen unterdurch schnittliche Übernahmequoten zu vermelden. Während die Ausbildung über alle Branchen hinweg in zwei von drei Fällen mit einem Happy End aus geht, wird in der Gastronomie noch nicht einmal aus der Hälfte der Azubiverträ ge ein regulärer Arbeitsvertrag. Auch sind in diesen Branchen die unbesetz ten Lehrstellen besonders zahlreich. Zu Beginn des Ausbildungsjahrs 2015 sind Informationen des Deutschen Industrieund Handelskammertags (DIHK) zufolge in Gastronomie und Handel noch 30 Pro zent der Ausbildungsstellen unbesetzt. Als Gründe für die Unzufriedenheit mit ihrem Ausbildungsberuf nennen die vom DGB befragten Azubis vor allem Überstunden, ausbildungsfremde Tätig keiten und schlechte Bezahlung. Aber auch an anderer Stelle ließe sich noch feilen – etwa an Ausbildungsformen und -inhalten. So beklagt etwa Arnold Pi cot, Professor für Betriebswirtschaftsleh re an der Ludwig-Maximilians-Universität München, im Interview mit haufe.de/ personal unzeitgemäße Ausbildungsin halte. Die Ausbildung bereite etwa noch zu wenig auf die Digitalisierung vor, die Curricula seien zudem noch zu stark auf die Anforderungen des 19. und 20. Jahr hunderts ausgerichtet. Daneben scheint es in den Curricula an der richtigen Balance zwischen „zu viel“ und „zu wenig“ zu hapern: In einer personalmagazin 08 / 15 19 Befragung von Ausbildung.de gaben drei Viertel der rund 1.000 teilnehmenden Azubis an, dass sie sich in ihrer Ausbil dung unterfordert fühlen; ein Viertel fühlt sich hingegen überfordert. Betriebe müssen um die Besten buhlen – doch wer sind die Besten? se, Büchergeld, Mitgliedschaftsbeiträge fürs Fitnessstudio und Smartphones setzen als auf sinnvolle Motivatoren, mit denen sie den Bewerberpool um gute Kandidaten erweitern könnten – etwa, indem sie Azubis die Möglichkeit zur Teilzeitausbildung anbieten, um sich auch für Bewerber attraktiv zu machen, die nicht in Vollzeit arbeiten können. Doch dieser Ansatz ist der Studie zufol ge noch wenig verbreitet. © MARÉN WISCHNEWSKI / FOTOLIA .COM Die Gemengelage zwingt Ausbildungs betriebe also aktuell mehr denn je dazu, sich als attraktiver Arbeitgeber zu posi tionieren, wenn sie die besten Azubis für sich als Fachkräfte der Zukunft si chern wollen. Doch obgleich sich diese Entwicklung nicht erst seit gestern an deutet, halten sich Ausbildungsbetriebe häufig noch an wenig vielversprechen de Methoden, um Azubis zu ködern. So zeigte etwa eine DIHK-Befragung aus dem vergangenen Jahr, dass viele Unter nehmen lieber auf monetäre Anreize wie Prämienzahlungen, Wohnungszuschüs Was da wohl drin ist? Um Azubis wirklich zu überzeugen, muss mehr in die Tüte kommen als Goodies. 08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 20 TITEL_AUSBILDUNG Andere Maßnahmen finden dagegen in den Betrieben schon größeren An klang. So ist laut DIHK-Studie für jeden zweiten Betrieb Ausbildungsmarketing ein wichtiges Instrument, um sich für Azubis attraktiver zu machen. Das Hand werk legt zu diesem Zweck regelmäßig neue Employer-Branding-Kampagnen auf. Aktuell locken die Handwerker Ju gendliche etwa mit den Motiven der „Hol Dir meinen Job!“-Kampagne. Cool soll die Ansprache wirken und azubigerecht. Ob die Kampagnen halten können, was sie versprechen, analysiert der Beitrag „Eine Million Betriebe, eine Marke“. Eine Möglichkeit, die Ausbildung in haltlich attraktiver zu machen, besteht darin, sie mit zusätzlichen Inhalten an zureichern. Ein Beispiel dafür ist das tri ale Studium, ein Paket aus Ausbildung, Meisterqualifizierung und Bachelorstu dium. Mehr dazu lesen Sie im Beitrag „Drei Abschlüsse in fünf Jahren“. Wer die besten Bewerber für sich ge winnen will, sollte sich auch die Frage stellen, wer „die Besten“ für ihn sind. Dies kann helfen, neue Bewerberziel gruppen zu erschließen. Einen sorgfäl tig geprüften Ansatz fährt der Ausbilder Provadis aus dem Industriepark Höchst. Die Hessen haben aus der Not, immer weniger Bewerbungen zu erhalten, eine Tugend gemacht: Mittels eines mit der LMU München entwickelten eignungs diagnostischen Testmodells setzen sie inzwischen statt auf die kognitiven INTERVIEW „Wichtiger als der Satz des Pythagoras“ Die frisch gestartete Bildungsinitiative „Making of a Champion“ soll Jugendlichen die Chance bieten, sich außerhalb von Schule, Ausbildung und Studium weiterzuentwickeln. personalmagazin: Die Bildungsinitiative „Making of a Champion“ ist im Januar gestartet. Worum geht‘s dabei? Ernst Holzmann: Die Bildungsinitiative richtet sich an junge Menschen zwi schen 15 und 25 Jahren, die in heteroge nen Gruppen zusammenkommen. Das Programm dauert zehn Monate, jeweils zwei bis vier Stunden die Woche – zu sätzlich zu Schule, Studium oder Beruf. Dabei geht es nicht um Wissensvermitt lung, es geht um eine ganzheitliche Per sönlichkeitsentwicklung, darum, Ver antwortung zu übernehmen, sich Ziele zu stecken – alles, was wichtiger ist, als nur den Satz des Pythagoras zu lernen. personalmagazin: ...also in etwa das vielgeforderte Fach „Lebensführung“? Holzmann: Ja, das kann man so sagen. In meiner Zusammenarbeit mit jungen Menschen habe ich festgestellt, dass sie ein solches Fach brauchen, es aber nir gendwo gelehrt wird. Dies ist zwar auch Aufgabe der Eltern und der Bildungsins titutionen. Oft wird den Jugendlichen aber vor allem Wissen eingetrichtert, nicht Werte oder Soft Skills vermittelt. Vielen von ihnen fehlt ein eigener Plan, auch weil sie zu stark in die akademi sche Laufbahn gedrängt werden. Die klassische Berufsausbildung wird im mer seltener, und auch deswegen geht frühzeitige Praxiserfahrung verloren. personalmagazin: Gibt es im Programm Berufsberatung, um zu zeigen, dass es auch ein Leben jenseits des Studiums gibt? Holzmann: Nein, denn wir möchten das Programm neutral halten und nicht Lob byismus für eine Seite betreiben. Sinn des Programms ist es, dass die Jugend lichen sich über ihre Ziele klar werden und dann selbst entscheiden sollen. Überflieger auf jene Bewerber, die mit ihrer Persönlichkeit punkten können. Wie genau dieses Modell funktioniert, berichten die beiden Partner im Inter view „Mit Persönlichkeit zum Erfolg“. Wie die Ausbildung mittels zeitgemä ßer Lernformate – wie Augmented Rea lity und kollaborativer Lernplattformen – für die technikaffinen Jugendlichen at traktiver werden kann, lesen Sie im Bei trag „Der Konsument wird Produzent“. Und auch außerhalb des Betriebs gibt es attraktive Entwicklungsmöglichkei ten für Azubis, um nicht nur ihre fachli chen Qualifikationen, sondern auch ihre Soft Skills aufzupolieren. Mehr dazu er fahren Sie im Interview „Wichtiger als der Satz des Pythagoras“. ERNST HOLZMANN ist Redner, Hochschuldozent und Schirmherr der Initiative „Making of a Champion“. personalmagazin: Wie ist es aufgebaut? Holzmann: Wir haben das Programm am Modell des „Lebensrads“ orientiert. Die Jugendlichen durchlaufen sechs Modu le: „Ethik und Moral“, „Gesellschaft und Kultur“, „Familie und Heim“, „Beruf und Finanzen“, „Körper und Gesundheit“, „Geist und Bildung“. Darin geht es um ganz praktische Themen wie: „Kann ich mit 1.200 Euro netto leben?“ und „Wie schaffe ich es, nicht zu verblöden?“. personalmagazin: Und wie werden diese Inhalte vermittelt? Per Schulunterricht? Holzmann: Nein, das wäre langweilig und verkehrt. Die Methoden bieten eine Mi schung aus Expertenvorträgen, Frontal unterricht, Exkursionen und Projektar beit – eben so viel Leben wie möglich. Das Interview führte Andrea Sattler. personalmagazin 08 / 15 21 Politik statt Fakten KOMMENTAR. Laut einer DIHK-Studie sind Unternehmen unzufrieden mit dem Bachelor. Doch ein Blick in die Ergebnisse zeigt, dass es vor allem um politische Forderungen geht. Von Bärbel Schwertfeger N ur noch 47 Prozent der Unternehmen sagen, dass Bachelor-Absolventen die Voraussetzungen mitbringen, um gut auf das Berufsleben vorbereitet zu sein“, sagte Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), am 31. Mai in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Dabei bezog er sich auf die Ergebnisse einer DIHKOnline-Befragung, an der sich 2.003 Unternehmen beteiligt hatten. Das Problem: Die Aussage entspricht nicht den Ergebnissen der Studie. Denn die Frage dort lautete: „Wurden Ihre Erwartungen an Bachelor-Absolventen erfüllt?“ Dabei antworteten 47 Prozent mit ja. Doch zwischen Erwartungen und erfüllten Voraussetzungen ist ein Unterschied. Großes Medienecho Schon im April hatte die DIHK-Studie für Wirbel gesorgt. In einem Interview mit „Der Welt“ sagte der DIHK-Präsident: „Wir beobachten, dass viele Unternehmen sich mit Bachelor-Absolventen immer schwerer tun. Waren 2011 noch 63 Prozent zufrieden, sind es heute nur noch 47 Prozent. Ein Unterschied von 16 Prozentpunkten! Das ist eine besorgniserregende Entwicklung.“ Nachdem die Meldung auch über die Nachrichtenagentur DPA lief, griffen alle großen Medien das Thema begierig auf. „Kritik an Uni-Abschlüssen wächst, Wirtschaft klagt über Bachelor-Absolventen“, schrieb das Managermagazin online. Bei der „Zeit“ hieß es: „DIHK-Studie: Viele 08 / 15 personalmagazin Unternehmen mit Bachelor-Absolventen unzufrieden.“ Allerdings hatte die Studie damals noch keiner gesehen. Studie hat methodische Mängel Erst sechs Wochen später lag der 23-seitige Bericht vor. Der zeigt: Gegenüber der Umfrage von 2011 wurde die Einteilung der Unternehmensgrößen verändert – ein erheblicher methodischer Schnitzer. „Die Bereinigung um mögliche Stichprobenverzerrungen ist damit leider nicht vollständig möglich“, kritisiert Heiko Weckmüller, Professor International Management an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management in Bonn. Die Unternehmensgröße hat außerdem einen erheblichen Einfluss auf die Zufriedenheit. „Größere Betriebe sind überwiegend zufriedener mit Bachelor-Absolventen als kleinere“, schreibt der DIHK. Dass ein Großteil der Befragten – nämlich 70 Prozent - weniger als 200 Mitarbeiter haben, verzerrt natürlich das Ergebnis. Ähnliche methodische Unsauberkeiten finden sich auch bei der Branchenaufteilung. Dabei hat auch die Branche einen erheblichen Einfluss auf die Bewertungen. Laut DIHK sind Unternehmen der Tourismuswirtschaft besonders unzufrieden, dabei hat sich gerade in der Hotellerie der Bachelor längst durchgesetzt. „80 Prozent unserer Bachelor-Absolventen gehen in den Job“, beobachtet Professor Peter Thuy. Der Rektor der Internationalen Hochschule Bad Honnef ärgert sich vor allem, dass die Diskussion so ideologisiert ist. „Die Erwartungen an Bachelor sind einfach überhöht“, so der Professor. „Man muss einen Bachelor immer weiter qualifizieren. Alles andere ist eine Illusion.“ Dass die Erwartungen an Bachelor-Absolventen seltener als 2011 erfüllt werden, führt Weckmüller auch auf die höheren Erwartungen zurück. „Die Frage ist unglücklich, da hier ein mentaler Abgleich mit einer Erwartungsbildung notwendig ist, die vor vielen Jahren stattgefunden hat.“ Debatte ist ideologisiert DIHK-Präsident Schweitzer will die Studienplätze verknappen, um der dualen Ausbildung wieder einen höheren Stellenwert zu verschaffen: „Es studieren zu viele, die besser eine Ausbildung machen würden. Ich halte das unbegrenzte politische Angebot für falsch, dass jeder, der studieren will, auch studieren können soll“, sagte er gegenüber der „Welt“. Auf die Frage, ob die Umstellung auf Bachelor- und Master-Abschlüsse dazu beigetragen hat, dass sich zu viele junge Leute für ein Studium entscheiden, antworteten nur 35 Prozent der Studienteilnehmer mit Ja. Das heißt: Nur etwas mehr als ein Drittel bestätigen die Position des DIHK-Präsidenten. Und 33 Prozent stimmten ihm explizit nicht zu. Fazit: Obwohl die Studie durchaus auch Ansatzpunkte für Verbesserungen enthält, fokussiert sich der DIHK auf die zunehmende Unzufriedenheit, um seine politischen Forderungen zu untermauern. Doch das nützt weder den Unternehmen noch den Bachelor-Absolventen. BÄRBEL SCHWERTFEGER arbeitet als freie Journalistin in München. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 22 TITEL_AUSBILDUNG Eine Million Betriebe, eine Marke ANALYSE. Das Handwerk investiert in eine große Employer-Branding-Kampagne. Damit wurden bereits Erfolge erzielt, einige Potenziale sind aber noch ungenutzt. Von Luisa Sabine Heß F rüh übt sich, wer ein Meister werden will.“ So schreibt bereits Friedrich Schiller in Wilhelm Tell. Doch das Interesse der Jugend an einer Ausbildung im Handwerk ist in den vergangenen Jahren sukzessive zurückgegangen. Es ist schlecht um die künftige Meistergeneration bestellt. Während im Jahr 2000 noch über 204.000 Neuverträge für Ausbildungsstellen abgeschlossen wurden, waren es 2010 nur noch gut 156.000 und 2014 nur noch knapp 118.000 Neuverträge. Das Handwerk, einst Ausbilder der Nation, muss nun um diese Stellung bangen. Und das, obwohl das Handwerk mit einem Bruttoumsatz von fast 500 Milliarden Euro im Jahr 2011 zur Wirtschaftsleistung Deutschlands beiträgt und für 70 Prozent des Umsatzes der gewerblichen Wirt- schaft verantwortlich ist. Das Handwerk ist einer der größten Arbeitgeber Deutschlands und beschäftigt rund 12,8 Prozent aller Erwerbstätigen in diesem Land. Düstere Nachwuchsprognosen, steigende Anforderungen Fraglich ist, ob das Handwerk diese Stellung wird aufrechterhalten können. Über 20.000 Ausbildungsstellen blieben im Jahr 2014 im Handwerk unbesetzt. Zum einen fehlt einem Teil der Bewerberinnen und Bewerber die schulische Vorbildung. Zum anderen interessieren sich die besser qualifizierten Jugendlichen in der Mehrheit nicht für eine handwerkliche Ausbildung, sondern streben ein Studium an. Die Prognosen der künftigen Nachwuchssituation sehen tendenziell düster aus, führt Deutschland nun seit Kurzem auch noch die Liste der Länder mit der niedrigsten Geburtenrate weltweit an. Es ist abzusehen, dass der Wettbewerb um Auszubildende sich deutlich verschärfen wird. Erschwerend kommt hinzu, dass die Anforderungen an die Beschäftigten im Handwerk steigen. Einfache und repetitive Tätigkeiten werden durch Maschinen verrichtet, sodass im Handwerk künftig Köpfchen gepaart mit handwerklichem Können gefragt sind. Studie zeigt Imageprobleme des Handwerks auf Neben dem demografischen Trend und den steigenden Anforderungen an die Qualifikation zeigt auch eine vom Handwerk in Auftrag gegebene, groß angelegte Imagestudie die Notwendigkeit zum Handeln. Die Ergebnisse dieser Studie lieferten ein deutliches Bild: Das Image des Handwerks durchlebt einen Wandel. Während die über 60-Jährigen verpersonalmagazin 08 / 15 © DHKT/ANTONINA GERN 23 Oben links: Kristina Tangermann, Bootsbauerin. Darunter: Christian Bönniger, Gerüstbauer. Rechts: Anna Wackernagel, Mechatronikerin. Diese und weitere Azubis standen für die Imagekampagne des Handwerks als Testimonials zur Verfügung. gleichsweise positiv über das Handwerk denken, hat es bei der jüngeren Generation an Ansehen und Aufmerksamkeit eingebüßt. Insbesondere schulisch besser qualifizierte Jugendliche verbinden das Handwerk nicht mit hohem sozialen Ansehen, kommen zu wenig mit ihm in Berührung und sind schlecht über Einstiegs- und Karrierechancen informiert. Handwerk verbinden sie tendenziell eher mit „schmutzig“, „monoton“ und „harter Arbeit“ als mit moderner Technik, Innovation oder „goldenem Boden“. Einzelhandel schlägt Handwerk – trotz schlechterer Karriereperspektiven Der Einzelhandel, zu dem die Jugendlichen wohl vielfach durch eigene Einkaufserlebnisse eine enge Verbindung haben, erscheint ihnen als attraktivster BILDERGALERIE Eine Bildergalerie mit Kampagnen motiven finden Sie in der App. ADD-ON Screenshots und Links zu den Social- Media-Elementen der Imagekampagne des Handwerks finden Sie in der App. 08 / 15 personalmagazin Arbeitgeber, ungeachtet der fehlenden Perspektive auf Selbstständigkeit oder Meisterqualifikation. Und nicht zuletzt gelten Arbeitsplätze im Handwerk bei Jugendlichen und jüngeren Erwachsenen als schlecht bezahlt und unsicher, auch weil das Handwerk als stark konjunkturabhängig gilt. Dieser Umstand könnte weitreichende Folgen für die künftige Stellung des Handwerks nach sich ziehen. Zehrt das Handwerk heute noch von dem positiven Bild, das es bei älteren Generationen hat, lässt sich der Trend bei künftigen Generationen an der Einstellung der heutigen Jugend zum Handwerk ablesen. Denn die Jugendlichen von heute werden in einigen Jahren ihren Kindern das Bild vom Handwerk vermitteln, das sie selbst haben. Daneben hat sich die Wahrnehmung des Handwerks in den vergangenen zehn Jahren stark auf die Berufe im Bau- und Ausbaubereich konzentriert. Berufe wie Bäcker oder Friseur werden nicht mit dem Handwerk, sondern zum Beispiel mit dem Einzelhandel in Verbindung gebracht. Auch das gesellschaftliche Engagement des Handwerks wird oft nicht wahrgenommen, vielleicht weil internationale Sponsoren deutlich präsenter werben. So läuft das Handwerk Gefahr, als eigenständiger Wirtschafts- und Gesellschaftsbereich aus dem öffentlichen Bewusstsein zu schwinden, was mittelfristig den politischen Einflussbereich der Handwerksorganisation gefährden würde. Der Bedeutungsverlust des Handwerks wäre damit programmiert. DHKT investiert 100 Millionen Euro in groß angelegte Imagekampagne Der Dachverband der 53 Handwerkskammern, der Deutsche Handwerkskammertag (DHKT) als Vertreter der circa 975.000 eingetragenen Handwerksbetriebe, entschloss sich daher, eine groß angelegte Imagekampagne ins Leben zu rufen. Dafür investiert das Handwerk seit 2010 zehn Millionen Euro jährlich. Die aktuell geplante Kampagnenlaufzeit beträgt zehn Jahre. Das Handwerk investiert also bis 2019 insgesamt 100 Millionen Euro für die Verbesserung des Handwerksimages. Der Slogan des Handwerks lautet seitdem: „Das Handwerk. Die Wirtschaftsmacht von Nebenan“. In den ersten fünf Jahren war die Agentur Scholz & Friends mit der Entwicklung der Kampagne beauftragt, seit 2015 ist die Berliner Agentur Heimat federführend verantwortlich. Die Kampagne richtet sich an verschiedene Zielgruppen. Bei den Jugendlichen sollen Ausbildungsmöglichkeiten im Handwerk vermittelt werden und auch die Eltern, die die Jugendlichen Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] © YOUTUBE 24 TITEL_AUSBILDUNG häufig bei ihrer Berufswahl beraten, sollen vom Handwerk und dessen beruflichen Perspektiven überzeugt werden. In der breiten Bevölkerung soll die Sichtbarkeit des Handwerks erhöht und seine gesellschaftliche und ökonomische Bedeutung kommuniziert werden. Eine weitere wichtige Adressatengruppe sind die Internen, also die Menschen in den Handwerksunternehmen, die Eigentümer der Betriebe und deren Mitarbeiter. Bei ihnen soll die Kampagne Stolz auf die Zugehörigkeit zum Handwerk wecken, ihr Selbstwertgefühl als Handwerker stärken, sie motivieren und im Handwerk halten. Daher zeigen die Bildmotive der Kampagne auch keine Schauspieler, sondern echte Handwerker. Dies schafft Identifikation. Themen, Maßnahmen und Kommunikationskanäle Für die Kampagne wurde ein Themenfahrplan entwickelt (siehe Kasten). So stand im Jahr 2010 die Verknüpfung des Handwerks mit Größe und Innovationskraft im Vordergrund. Die Ansprache in den Jahren 2011 und 2012 zielten auf die Verknüpfung des Handwerks mit Vielfalt und Lebensnähe. Seit 2013 ist es das Ziel, die Marke Handwerk mit positiven Emotionen zu verknüpfen. Die Kampagne umfasst eine breite Palette an Maßnahmen und nutzt alle verfügbaren Kanäle für die zielgruppengerechte Ansprache der verschiedenen Adressaten: Events, Plakate und Anzeigen, TV-Spots und eine Vielfalt an SocialMedia-Elementen. Die Internen, also die Handwerker selbst, werden beispielsweise über einen sogenannten „Tag des Handwerks“ dazu aufgerufen, gemeinsam Werbung in eigener Sache zu machen, sich geschlossen als Einheit zu präsentieren und aktiv auf Kunden und potenzielle Auszubildende zuzugehen. Für die Ansprache der breiten Masse wurden verschiedene TV-Spots sowie regelmäßig neue Großflächenplakate entwickelt. In größeren Städten wurden S-Bahnen großflächig mit Werbung versehen. Die Jugendlichen werden über eigene Plakate angesprochen. Auch die Schulen wurden als Plattform berücksichtigt. Besonders Social-Media-Elemente (zum Beispiel auf Facebook, Instagram und Youtube) spielen in dieser Zielgruppe eine große Rolle. Beispielsweise wurde ein sogenannter „Berufechecker“ konzipiert, den die Jugendlichen online auf www.handwerk.de nutzen können. Dieser stellt Informationen bereit und ermöglicht eine interaktive Auseinandersetzung mit verschiedenen Handwerksberufen. Darüber hinaus wurden die Apps „Lehrstellenradar“ und „Appzubi 2.0“ entwickelt, die die Jugendlichen auf ihr Smartphone laden können. Die Apps unterstützen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz beziehungsweise begleiten die Ausbildungszeit mit Tipps und Nachrichten, zum Beispiel wichtigen Prüfungsterminen. Der Schauspieler und Comedian Simon Gosejohann, ein in der Zielgruppe der Jugendlichen bekanntes Gesicht, fungierte einige Zeit als Testimonial in der Kampagne und ermöglichte Einblicke in verschiedene Handwerksberufe. In kurzen Videos, die unter anderem auf Youtube zu sehen sind, übernahm Gosejohann die Rolle eines Reporters. Er interviewte Mitarbeiter und Auszubildende in den Betrieben und blickte ihnen bei der Arbeit über die Schulter. Was mit der Kampagne bisher erreicht wurde und was nicht Um Erfolge der Kampagne und weiteren Handlungsbedarf zu identifizieren, wurden während der Laufzeit regelmäßig Imagestudien durchgeführt. Die Messungen aus 2015 zeigen: Während im Jahr 2008 nur elf Prozent der Befragten angab, in der letzten Zeit etwas über das Handwerk gehört oder gelesen zu haben, lag dieser Wert in der Gruppe der 14- bis 24-Jährigen in diesem Jahr bei 48 Prozent. Auch die Verknüpfung von Handwerk mit einer großen Bandbreite verschiedener Berufe ist der jüngsten Forsa-Umfrage zufolge geglückt. VIDEO Videos sind ein zentrales Element der Imagekampagne. In der App sehen Sie einige Beispiele. Allerdings: 2008 hielten 48 Prozent aller befragten Schüler und Studierenden das Handwerk für einen attraktiven Arbeitgeber. Dieser Wert hat sich 2015 nicht verbessert, obwohl sich die Kampagne bereits im sechsten Jahr befindet. Offenbar besteht weiterhin eine Diskrepanz zwischen den Ansprüchen der Jugend an eine Arbeitsstelle und der Vorstellung dessen, was das Handwerk als Arbeitgeber bieten kann. Daher soll der Fokus nun deutlich auf die Jugendlichen gerichtet werden. Die 2015 entwickelten Kampag nenelemente aus der Feder der neuen Agentur zielen auf die Aktivierung der Jugendlichen durch Motive mit dem Zusatz „Pack mit an“ oder „Hol dir meinen Job“. Eine einheitliche Marke für eine Million verschiedene Arbeitgeber? Eine Arbeitgebermarke für das gesamte Handwerk zu positionieren, die für knapp eine Million kleine und größere Handwerksbetriebe, also letztlich fast eine Million verschiedener Arbeitgeber steht, ist ohne Zweifel eine Herausfordepersonalmagazin 08 / 15 25 THEMEN UND WERBEBOTSCHAFTEN 2010: Größe und Innovationskraft 2011: Vielfalt 2012: Lebensnähe 2013: Emotion Am Anfang waren Himmel und Erde. Den ganzen Rest haben wir gemacht. Faustkeil. Dampfmaschine. Nanotechnologie. Fortsetzung folgt. Wir zeigen Ihnen, wo der Hammer hängt. Und der Föhn. Und der Rota tionslaser. Ich backe keine Brötchen. Ich arbeite am perfekten Morgen. Mehr Kunden als Aldi. Trotzdem kennen wir jeden einzelnen davon mit Namen. Wir geben immer 100 % (außer bei Tiernahrung). Liebe Männer, Handwerk liegt nicht in den Genen, sondern im Blut. Ich bin nicht nur Handwerker. Ich bin der Motor, der Deutschland antreibt. Selbst bei einem 0:0 haben wir zwei Tore gemacht. Statistisch gesehen macht ein Drittel Qualität kommt nicht aus Dam Ping. Ihres Kindes bei uns seine Lehre. Ich schneide keine Haare. Ich rette dein nächstes Date. 460.000 Innovationen. Und das Patentamt haben wir auch gebaut. Die Eskimos haben 90 Wörter für Schnee. Die Deutschen über 130 für Handwerk. Wir legen Fundamente für Häuser, Schulen, Fabriken und Volkswirt schaften. Ich repariere keine Motoren. Ich lasse Herzen wieder schlagen. Bei uns zählt nicht, wo man her kommt. Sondern wo man hinwill. Warum Karrierepläne schmieden, wenn man sie schweißen kann. Wir setzen auf nachwachsende Ressourcen. Azubis. Zukunft kommt vom Können. Wie deine Playstation. Nur für Fort geschrittene. Zeig, was in dir steckt! Werde Profi auf Probe. Gelötet wird immer. Die Tabelle gibt eine exemplarische Übersicht über die Werbebotschaften der Imagekampagne des Deutschen Handwerks in den Jahren 2010 bis 2013, die sich an die breite Masse richteten. rung. Fraglich ist, was das verbindende Element der Handwerksbetriebe in ihrer Rolle als Arbeitgeber sein kann. Die Imagestudien zeigen deutlich, dass zwar Wissen über das Handwerk vermittelt wurde und es auch deutlich präsenter in den Köpfen ist, dass das Arbeitgeber image aber nur bedingt besser geworden ist. Der Kern der „Employer Value Proposition“, das Markenversprechen, das das Handwerk als Arbeitgeber gibt, ist bisher nicht klar erkennbar. Hier bleiben große Potenziale ungenutzt. Es böte sich beispielsweise an, den Meister als Markenkern der Arbeitgebermarke zu platzieren. Im Meister sind alle Gewerke geeint, und der Meister hat historisch betrachtet eine Leuchtturmfunktion im Handwerk inne. Er ist positiv besetzt, wie tief im Sprachgebrauch verankerte Redewendungen wie „Meister fallen nicht vom Himmel“ dokumentieren. Auch die „Meisterschaft“ im Sport zeugt vom positiven Image des Meisterbegriffs. Er wird mit Könnerschaft und Kompetenz verknüpft und wurde im europäischen Qua08 / 15 personalmagazin lifikationsrahmen als gleichwertig zum Bachelorabschluss eingestuft. Die Meis terqualifikation fungiert als Hochschulzugangsberechtigung für Studienfächer, die in etwa der bisherigen beruflichen Fachrichtung entsprechen. Künftigen Handwerksmeisterinnen und -meistern steht also der Weg an die Uni offen, womit auch die Karriereperspektiven im Handwerk vermittelt werden könnten. Auch die Tatsache, dass Frauen bisher im Handwerk stark unterrepräsentiert sind, bietet noch nicht voll ausgeschöpfte Potenziale zur Nachwuchsgewinnung. Die aktuelle Kampage spricht zwar gezielt auch Frauen an, um hier einen Wandel zu bewirken, wird jedoch noch stärkerer Werbedruck in dieser Zielgruppe notwendig sein. Beispielhafte Kampagne mit einigen bisher ungenutzten Potenzialen Das Handwerk hat viel zu bieten, gerade für die junge Generation, die nach dem Sinn sucht. Es verspricht Befriedigung aus handwerklichem Können und Stolz auf das sichtbare, greifbare Arbeitsergeb- nis, sei es die neue Frisur des Kunden, das selbst gemachte Brot oder die neu installierte Heizung. Dies alles vermittelt die Imagekampagne. Damit dies allerdings auch bei den Jugendlichen ankommt und das Handwerk als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen wird, werden noch weitere Employer-Branding-Aktivitäten notwendig sein. Die Kampagne ist jedoch ein hevorragendes Beispiel dafür, wie verschiedene Zielgruppen angesprochen und ein sinnvoller Mix an Kommunika tionskanälen und Maßnahmen im Employer Branding eingesetzt werden können. Gerade die Vielfalt an Social-MediaElementen kann auch Unternehmen aus anderen Branchen als Anregung dienen, in der Zielgruppe der Nachwuchskräfte präsent zu sein und sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. DR. LUISA SABINE HESS ist Inhaberin der Professur für Unternehmensführung und Personalmanagement an der Cologne Business School. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 26 TITEL_AUSBILDUNG „Mit Persönlichkeit zum Erfolg“ INTERVIEW. Die Firma Provadis hat mit der LMU München ein diagnostisches Modell personalmagazin: Aus Unternehmen wie auch aus Ausbildungsstatistiken dringen seit Jahren die gleichen Klagen: Es gebe zu wenig gute Azubi-Bewerber, zudem hapere es häufig an der Passung zwischen Azubis und Ausbildungsbetrieb. Können Sie sich dem anschließen? Markus Vogel: Wir hatten in der Tat mit einigen Azubis bei Provadis das ein oder andere Problem mit der Zuverlässigkeit und der Gewissenhaftigkeit: Einige fehlten etwa unentschuldigt in der Berufsschule. Zudem gab es eine Reihe von Azubis, die schlecht abschnitten, etwa in den Ausbilderbewertungen, oder die ihre Ausbildung ganz abbrachen. Mit den Testverfahren, die wir damals verwendeten – kognitive und Leistungstests – konnten wir einige erfolgsrelevante Kriterien wie die Soft Skills der Kandidaten allerdings nicht erfassen. personalmagazin: Wie haben Sie reagiert? Vogel: Wir haben uns entschieden, un- sere Testverfahren mit einem Persönlichkeitstest zu ergänzen, der uns dabei helfen sollte, mehr Aussagen über die Gesamtpersönlichkeit eines potenziellen Azubis zu erhalten und seine Erfolgswahrscheinlichkeit besser als mit Leistungstests vorhersagen zu können. Dafür haben wir uns an die LMU München gewandt und mit ihnen definiert, welche Verhaltenskriterien als „auffällig“ gelten und nicht zum Erfolg führen. personalmagazin: Herr Professor Bühner, hier kommen Sie ins Spiel. Wie genau sind Sie vorgegangen bei der Konzipierung des neuen Auswahlsystems? © PROVADIS entwickelt, das auch Azubis eine Chance bietet, die im IQ-Test unter Schnitt liegen. MARKUS VOGEL ist Leiter Personalcenter, Schwerpunkt Ausbildung, beim Bildungsdienstleister Provadis in Frankfurt-Höchst. Markus Bühner: Wir haben im Jahr 2007 bei Provadis erstmals einen bekannten Persönlichkeitstest eingesetzt, der per Selbsteinschätzung die sogenannten „Big Five“ der Persönlichkeit mit seinen Facetten misst: Extraversion, Offenheit für neue Erfahrungen, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Neurotizismus. Nach jeweils einem Jahr haben wir von Provadis die Daten von rund 230 eingestellten Azubis aus den Selbsteinschätzungstests sowie die bis dato vorhandenen Ausbildungsbeurteilungen erhalten. Wir konnten mit einer großen Stichprobe, insgesamt 700 Bewerbern aus drei Ausbildungsjahren, arbeiten. Diese Daten haben wir dann abgeglichen und konnten so eine Aussage darü- ber treffen, über welche Persönlichkeitseigenschaften Azubis verfügen, die die Ausbildung gut absolvieren, und welche jene haben, die Probleme damit hatten. personalmagazin: Welche erfolgsrelevanten Eigenschaften haben Sie identifiziert? Bühner: Das müsste Herr Vogel beantworten, das ist möglicherweise ein Betriebsgeheimnis... Vogel: Ja, genau, das fällt unters Betriebsgeheimnis – denn die erfolgsrelevanten Eigenschaften sind die Grundlage für unser neues Auswahlmodell und somit unser Kapital. Ich kann aber so viel verraten: Bestimmte Eigenschaften aus dem Bereich Gewissenhaftigkeit, aber auch Offenheit sind besonders wichtig für den Ausbildungserfolg. personalmagazin: Was haben Sie getan, nachdem Sie diese identifiziert hatten? Bühner: Nach Abschluss der Ausbildung dieser 700 Azubis lagen jede Menge Leistungs- und Persönlichkeitsdaten vor, mit denen wir eine Formel entwickelt haben, in die die Werte der Bewerber aus dem Selbsteinschätzungstest und kognitiven Tests eingesetzt werden. Diese errechnet dann die Wahrscheinlichkeit, mit der der Bewerber seine Ausbildung erfolgreich beendet. Dabei können bestimmte Persönlichkeitseigenschaften Schwächen im kognitiven Bereich bis zu einem gewissen Grad kompensieren. Es handelt sich um ein „kompensatorisches Modell“. personalmagazin: Was hat die Erfahrung gezeigt: Funktioniert das Modell? personalmagazin 08 / 15 27 Bühner: Man darf das natürlich nicht mit dem Durchschnitt lagen – aber die passenden Persönlichkeitseigenschaften zur Kompensation und somit zur Passung führten. Auf diese Weise haben wir schon einige Leute eingestellt, die wir früher abgelehnt hätten. klinischen Werten vergleichen – aber wir können mithilfe des Modells rund die Hälfte der Bewerber erkennen, die ihre Ausbildung wahrscheinlich abbrechen, und 80 Prozent der Leute richtig klassifizieren, die ihre Ausbildung tatsächlich beenden. Das ist nicht wenig. personalmagazin: Liefert die Formel denn auch Informationen über die berufs- oder unternehmensspezifische Passung? Vogel: Nein, das Modell zeigt uns allgemein, mit welcher Wahrscheinlichkeit jemand die Ausbildung schafft. Alle anderen Fragen – wie Passung zum Beruf oder Unternehmen – klären wir nach wie vor im Interview. Was unser kompensatorisches Modell allerdings daneben noch leisten kann, ist es, dem Ausbilder gleich zu Anfang zu zeigen, wo ein Azubi Schwächen hat, die er dann im Laufe der Ausbildung noch beheben kann, zum Beispiel Defizite in Mathe. Und: Wir können prüfen, ob ein Kandidat, der prinzipiell passt, aber nicht für den Ausbildungsberuf, auf den er sich beworben hat, für einen anderen Beruf infrage kommt. So gelingt es uns, mehr Kandidaten aus einem immer kleiner werdenden Bewerberpool zu ziehen. personalmagazin: Wie hat es sich denn auf Ihre Herangehensweise ausgewirkt, dass Sie inzwischen weniger Bewerber haben? Vogel: Nach den ersten Validierungen des Persönlichkeitstests haben wir ihn 2011 erstmals für die Auswahl eingesetzt. Damals wurde er eher zur Risikominimierung eingesetzt, um die Prog nose der Ausbildungsbeurteilungen zu verbessern. Dadurch haben wir aber viele Bewerber nicht berücksichtigt, die potenziell die Ausbildung hätten schaffen können. Das kann man sich aber nur leisten, wenn man genügend Bewerber hat – was damals noch so war. Mittlerweile haben wir aufgrund des demografischen Wandels allerdings weniger Bewerber. Wir wären mit dem früheren System nicht weitergekommen. 08 / 15 personalmagazin PROF. DR. MARKUS BÜHNER ist Lehrstuhlinhaber psychologische Methodenlehre und Diagnostik an der LMU München. personalmagazin: Welche Strategien verfolgen Sie beim Versuch, mehr Azubis aus einem kleineren Bewerberpool zu ziehen? Vogel: Mit dem kompensatorischen Modell wird die Eignungsdiagnostik persönlichkeitsorientierter. Das bedeutet, dass künftig zusätzliche Potenzialkandidaten mit Schwächen im Fähigkeitsbereich identifiziert werden, die aufgrund ihrer Persönlichkeitseigenschaften erfolgreich eine Ausbildung absolvieren können. Dadurch erhöht sich die Zahl potenzieller Kandidaten im Vergleich zum bisherigen Verfahren. Bühner: Wir sind gerade dabei, das kompensatorische Modell zu erproben. Zum ersten Mal haben wir es in der Einstellungsrunde im September 2014 für die Einstellung September 2015 eingesetzt. Inwieweit es sich bewährt, wird sich zeigen: Um valide Aussagen treffen zu können, brauchen wir wiederum eine große Stichprobe aus drei Ausbildungsjahren. personalmagazin: Herr Vogel, einige der Bewerber aus der ersten Runde 2014 haben Sie ja schon eingestellt. Was hat sich beim Auswahlverfahren geändert? Vogel: Wir haben mit dem neuen Auswahlmodell erste positive Erfahrungen bei der Auswahl von Pharmakanten und Chemikanten gesammelt und dabei nun auch Bewerber berücksichtigt, deren Werte aus dem kognitiven Test unter personalmagazin: Akzeptieren denn die Azubis dieses Auswahlverfahren? Vogel: Es gab zwar anfangs Bedenken im Unternehmen, gerade bei den Betriebsräten. Aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Bewerber die Tests gut akzeptieren. Wir hatten noch keinen Bewerber, der deswegen nicht zum Testtermin gekommen wäre. Die Reaktionen zeigen eher das Gegenteil: Die meisten finden es interessant, einmal über sich nachzudenken. Wir versuchen aber, den Test kurz zu halten, aktuell bei 35 Minuten. Als wir den Persönlichkeitstest eingeführt haben, haben wir dafür einen Drahtbiegetest herausgenommen, der das handwerkliche Geschick testen sollte. Die Validierungsstudien hatten gezeigt, dass er nicht aussagekräftig ist. personalmagazin: Planen Sie, das Verfahren auf andere Positionen auszuweiten? Vogel: Das gestaltet sich schwieriger. Junge Leute sind solchen Tests gegenüber offener, sie wollen mehr über sich erfahren. Erfahrene Fach- und Führungskräfte haben meist schon oft über sich nachgedacht und daher eher Vorbehalte gegenüber Persönlichkeitstests. Wir nutzen bei ihnen andere Instrumente. personalmagazin: Herr Professor Bühner, wie bewerten Sie das? Bühner: Ich würde mir wünschen, dass Unternehmen nicht nur bei Azubi-, sondern auch bei anderen Positionen mehr eignungsdiagnostische Tests einsetzen. Bei Führungskräften gehen etwa viele davon aus, dass auf diesem Level Intelligenz und Persönlichkeit nicht mehr differenzieren würden. Das ist aus meiner Sicht ein Irrglaube. Das Interview führte Andrea Sattler. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 28 TITEL_AUSBILDUNG Drei Abschlüsse in fünf Jahren TREND. Für Handwerksberufe interessieren sich immer weniger junge Leute. Mit dem „Trialen Studium“ werden nun Abiturienten für spätere Führungsaufgaben geworben. Von Winfried Gertz I n Mönchengladbach geht dem Handwerk der Nachwuchs aus. „Bewarben sich vor fünf Jahren noch 150 junge Leute für einen Ausbildungsplatz“, sagt Kuno Schwamborn, Inhaber eines auf Energie- und Gebäudetechnik spezialisierten Betriebs, „erhielt ich zuletzt lediglich 35 Anfragen.“ Den Schuldigen hat Schwamborn längst gefunden: „Das Handwerk hat eindeutig versäumt, Zukunftschancen aufzuzeigen.“ Offizielle Arbeitsmarktzahlen bestätigen diese Aussage. Im Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) versucht man erst gar nicht, das Problem klein zu reden. „Infolge des demografischen Wandels sinkt die Zahl der Abgänger in allen Schulen“, sagt Dr. Volker Born, Abteilungsleiter Berufliche Bildung. Gleichzeitig steigt die Quote von Abiturienten und diese lassen das Handwerk links liegen: Entweder nehmen sie ein Studium auf oder entscheiden sich für die Ausbildung in einem Industrieberuf. Entsprechend stark buhlen die Betriebe um den Nachwuchs. Doch nicht nur Lehrlinge werden gesucht: 17.800 Stellen richten sich an Fachkräfte mit mehrjähriger Berufserfahrung, 14.600 explizit an Meister. Dem gravierenden Problem des mangelnden Fach- und Führungskräftenachwuchses will man nun mit einer konzertierten Aktion zu Leibe rücken. Laut Born erwarten Jugendliche heute, Bildungswege auch noch in fünf oder zehn Jahren flexibel gestalten zu können. Dieses Ziel hat sich nun auch der ZDH auf die Fahnen geschrieben: „Jugendliche sollen nicht mehr allein an die Erstausbildung denken, sondern auch daran anschließende Bildungsoptionen ins Kalkül ziehen“, bekräftigt Born. Triales Studium als neuer Lösungsweg Dabei bezieht sich der Bildungsexperte nicht allein auf Duale Studiengänge, die laut einer ZDH-Studie immerhin jede zweite Handwerkskammer gemeinsam mit einer Hochschule entwickelt hat. In den Fokus rückt vielmehr ein neues Konzept, das seit fünf Jahren für immer mehr Aufmerksamkeit sorgt: das Triale Studium. Born zufolge zeige es als beispielhaftes Gesamtpaket aus Erstausbildung, Meisterqualifizierung und Bachelorstudium, dass „das Handwerk Jugendlichen mehr anbieten muss und Jugendliche mehr Wahlfreiheit haben“. An den Führungskräftenachwuchs richten sich derzeit zwei solcher Studien angebote. Während „Handwerksmanagement“ an der staatlichen Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach erstmals im kommenden Wintersemester an den Start gehen wird, schrieben sich bereits vor fünf Jahren die ersten Studenten im gleichnamigen Studium an der personalmagazin 08 / 15 29 privaten Fachhochschule des Mittelstands in Köln ein. Ist das Studium am Nieder rhein zunächst auf die Gewerke Tischler und Elektroniker beschränkt, stand der Studiengang bei der Konkurrenz in Köln seit jeher allen Handwerksberufen offen. Ähnlich wie das Duale Studium verbindet auch das Triale Studium Theorie und Praxis sowie das Lernen an Neben dem Gesellen brief erhalten trial Studierende auch den Meistertitel und einen Bachelor abschluss. einer Hochschule und in einem Betrieb. Während jedoch Dual Studierende den Praxisteil in Gestalt eines Praktikums absolvieren können, ist eine Ausbildung beim Trialen Studium Pflicht. Nur so kann man anschließend auch den Meister erwerben. Die beiden Studienangebote in Mönchengladbach und Köln sind zwar namensgleich, unterscheiden sich jedoch im Ablauf. Triale Studenten an der Hochschule Niederrhein verbringen zuerst drei Tage im Betrieb und zwei im Berufskolleg. Sind sie zunächst nur am Samstagvormittag in der Hochschule, müssen sie 08 / 15 personalmagazin ab dem dritten Semester den Freitagabend sowie den ganzen Samstag studieren. Zusätzlich verbringen sie einen Tag im Berufskolleg und drei Tage im Handwerksbetrieb. Nach dem fünften Semester steht die Gesellenprüfung an. Während des achten und neunten Semesters besuchen sie die Meisterschule. Den krönenden Abschluss bilden Meisterprüfung und Bachelorexamen. An der Kölner Fachhochschule ist der Stundenplan darauf ausgerichtet, dass die Studenten wie andere Azubis im Betrieb mitarbeiten können. Seminare finden abends und an den Wochenenden statt. Erst im vierten Jahr sind die Studenten ganztägig an der Hochschule. Hier wie dort müssen Bewerber eine Hochschulzugangsberechtigung nachweisen. Während die jeweilige Handwerkskammer prüft, ob der Interessent für die Ausbildung und Meisterschule geeignet ist, absolvieren Bewerber an der Hochschule Niederrhein ein Online-Assessment. „Dabei handelt es sich um eine Orientierungshilfe und nicht um einen Test, der einen negativen Bescheid nach sich ziehen könnte“, betont Frederike Königs, verantwortlich für die Studiengangentwicklung im Dekanat des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften. Bei der Konkurrenz in Köln ist man strenger. Zusätzlich zu einem schriftlichen Test führen Bewerber ein persönliches Gespräch mit den verantwortlichen Dozenten. Laut Professor Sascha Lord, der den Studiengang leitet, wird darin ermittelt, ob die Bewerber der „relativ hohen psychischen und physischen Belastung“ gewachsen sind. „Wir möchten ausschließen, dass jemand nicht weiß, worauf er sich einlässt.“ Headhunter sind schon aufmerksam Im Mai beendete der erste Jahrgang das Triale Studium in Köln. Lord zufolge hielten alle Teilnehmer, die vor fünf Jahren ihr Studium aufnahmen, bis zuletzt durch. Der überwiegende Teil übernimmt Führungsaufgaben im elterlichen Betrieb. Zwei Absolventen entschieden sich für ein Masterstudium, während eine weitere Gruppe lukrative Aufgaben bei namhaften Automobilherstellern und Markenartiklern dem eigentlich vorgesehenen Einstieg im Familienunternehmen vorzieht. Headhunter, so Lord, hätten die Absolventen gezielt für ihre Auftraggeber angesprochen. Die Verantwortlichen sehen sich in ihrem Konzept bestätigt. Triale Studenten sind Lord zufolge wesentlich praxisorientierter als ihre Kommilitonen aus anderen Studiengängen und zeigten eine höhere Leistungsbereitschaft. Sie müssten auch ein deutlich höheres Pensum absolvieren. „Es handelt sich also um Studenten, wie man sie sich eigentlich wünscht.“ Born vom ZDH schließt sich an: Wer das anspruchsvolle Studium in vier bis fünf Jahren schaffe, „hat wirklich etwas geleistet“. Diesen Eindruck gewinnen auch Experten, die sich wissenschaftlich mit Bildungsthemen befassen. „Ich halte das Triale Studium für sehr ambitioniert“, sagt Dr. Sirikit Krone von der Universität Duisburg-Essen. Die Sozialwissenschaftlerin erforscht am Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ) Duale Studiengänge. „Studierende sind mit einem hohen Workload konfrontiert. Doch mit drei zu erwerbenden Abschlüssen in vier bis fünf Jahren scheint es für Abiturienten durchaus attraktiv zu sein.“ Familienbetriebe springen darauf an Als die Fachhochschule in Köln das Studienkonzept erstmals vorstellte, zeigten sich viele Familienbetriebe, die ihre Kinder als Nachfolger aufbauen wollen, Lord zufolge „sofort angetan“. Aus diesem Kreis rekrutierte sich auch der überwiegende Teil der ersten Studentengruppe. „Sie sind unsere Türöffner“, sagt der Professor. Seit Neuauflage des Studienangebots 2010 haben sich in mehreren Jahrgängen insgesamt rund 100 Teilnehmer immatrikuliert, heißt es. Aufgrund der gestiegenen Nachfrage hat die Fachhochschule des Mittelstands das Triale Studium nun auch für weitere Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] © YOUTUBE 30 TITEL_AUSBILDUNG Standorte vorgesehen. Nachdem es im Wintersemester 2014 am Campus Hannover an den Start ging, soll der Campus Schwerin 2016 nachziehen. Wie interessiert Betriebe auf das Studienangebot reagieren, skizziert Nadine Grün, verantwortlich für Hochschulkontakte bei der Handwerkskammer der niedersächsischen Landeshauptstadt. „Eltern von Studienkandidaten sagen frei heraus, dass sie gern selbst so ein Studium absolviert hätten, um ihre Betriebe zu gründen oder aufzubauen.“ Sie hätten sofort den Vorteil des Trialen Studiums erkannt, dass die Teilnehmer ihren Beruf von der Pike auf erlernen und so den insbesondere im Handwerk geforderten „Stallgeruch“ mitbringen würden. Rückten sie erst in leitende Positionen auf, so Grün, „wird ihnen hohe Wertschätzung zuteil“. Alternative für Studienabbrecher Neben dem in Familienbetrieben für höhere Aufgaben vorgesehenen Nachwuchs will man für das Studienangebot als weitere Zielgruppe auch Studien abbrecher gewinnen, die eine stärkere Praxisorientierung der Theorie vorziehen wollen. Auch in der Dachdeckerfirma von Jost Presuhn absolviert ein Studienabbrecher nun seine Lehre. „Im Unterschied zu anderen Lehrlingen weiß er als 22-Jähriger schon, wie das Leben spielt“, sagt der Handwerksmeister. Der Betrieb in Wunstorf bei Hannover wird heute in der fünften Generation geführt. Doch gegen die Verwerfungen am Arbeitsmarkt kann Tradition wenig ausrichten: Wie Schwamborn klagt auch Presuhn, der zwölf Mitarbeiter beschäftigt, über drastisch sinkende Bewerberzahlen. „Heute will doch niemand mehr auf den Bau“, beklagt sich der Dachdeckermeister über den herben Imageverlust des Handwerks. Dass er durch Vermittlung der Handwerkskammer einen Studenten als Azubi an Bord lotsen konnte, verknüpft er deshalb mit hohen Erwartungen. Nicht nur sein betriebswirtschaftliches Wissen könne dem Betrieb helfen. „Ich verspreche mir während der Ausbildung, dass wir von ihm auch als Mensch profitieren.“ Vom potenziellen Führungsnachwuchs zeigen sich auch andere Firmen im Bauhandwerk angetan. Wie Grün berichtet, habe ein junger Mann, der eine Maurerausbildung mit dem Trialen Studium kombinieren möchte, um später Bauleiter zu werden, bereits drei Zusagen von Bauunternehmen erhalten. Insgesamt hätten sich schon 30 Betriebe als Ausbilder für Triale Studenten ins Gespräch gebracht. „Inserieren sie Ausbildungsangebote in unserer Lehrstellenbörse, teilen sie darin gleich mit, dass auch Interessenten für ein Triales Studium willkommen sind“, so Grün. Diese Dynamik in der Nachfrage erhoffen sich auch die Verantwortlichen, die gemeinsam mit der Hochschule Niederrhein das neue Triale Studium auf den Weg gebracht haben. Frank Mund, Vorstand der KFZ-Innung Mönchengladbach und einer der Drahtzieher des neuen Studienangebots, weist darauf hin, dass in der Region demnächst 9.000 Betriebe altersbedingt übergeben werden müssen. Nicht nur für die Nachfolge böten sich Absolventen des Trialen Studiums perspektivisch an, auch für andere Führungspositionen. Abiturienten, „die nicht intelligenter sind als vor 20 Jahren“, sagt Mund, sollten das Handwerk wieder als spannendes Berufsfeld entdecken und sich darin zu Führungskräften entwickeln, die der Wirtschaftszweig so dringend benötige. Denn: „Es ist unglaublich schwer, qualifizierte Filialleiter, Verkaufsleiter oder Serviceleiter zu finden. Sie müssen ein gutes Zahlenverständnis mitbringen, technisches Verständnis zeigen und sich führungsstark erweisen. Das erwarten Kunden und Mitarbeiter von ihnen.“ In diese Lücke sollen die Absolventen des Trialen Studiums stoßen. Wer sich für das anspruchsvolle Programm entscheidet, sagt Mund, „der brennt und hat Biss“. Wahrscheinlich würden Absolventen den erlernten Handwerksberuf gar VIDEO In der Personalmagazin-App finden Sie ein Video der Handwerkskammer, in der das Triale Studium in Hannover erläutert wird. Außerdem finden Sie dort Videos mit O-Tönen von Trial-Studierenden und Ausbildern. nicht mehr ausüben, sondern als Führungskraft tätig sein, erwartet Mund. „Während des Studiums erhoffe ich mir von den Studenten, dass sie ihre Studienarbeiten betriebsbezogen schreiben und so Ideen in die Betriebe einbringen, die wir sonst auf dem Markt einkaufen müssten.“ Derzeit liefen Gespräche zwischen der Innung und der Hochschule Niederrhein, damit im folgenden Studienjahr 2016 auch Anwärter für KFZBerufe nachziehen können. Antwort auf einen wichtigen Wunsch Halten wir fest: Das Triale Studium als Weiterentwicklung der ausbildungsintegrierten Dualen Studiengänge scheint den Nerv des Handwerks zu treffen. Forscherin Krone begrüßt dies auch, mahnt aber zu Vorsicht. Untersuchungen zu Dualen Studiengängen hätten gezeigt, dass die Verknüpfung von Berufsausbildung und Hochschulausbildung nicht immer gut funktioniere. Zudem müssten Studierende desselben Studiengangs in ihren jeweiligen Betrieben mit sehr unterschiedlichen Bedingungen zurechtkommen. „Deshalb plädieren wir für die Entwicklung von einheitlichen Standards, an die sich alle Beteiligten halten müssen“, sagt Krone. Denkbar wäre, der Gesetzgeber würde sie ins Berufsbildungsgesetz schreiben. WINFRIED GERTZ ist freier Journalist in München. personalmagazin 08 / 15 31 Der Konsument wird Produzent PRAXIS. Frontalbeschallung war gestern: Zeitgemäße Entwicklungsformate in der Ausbildung fördern das eigenständige Lernen. Was in der Praxis ausprobiert wird. Von Andrea Sattler (Red.) A usbilder beklagen sich gerne über Motivation und Können von Azubis: Faul seien sie, undiszipliniert, und richtig rechnen und schreiben könnten sie obendrein nicht, heißt es etwa in einer DIHK-Studie. Dagegen fühlen sich laut Befragung von Ausbildung.de viele Azubis unterfordert. Dass diese sich offenbar langweilen, während die Ausbilder sie als unmotiviert wahrnehmen, hängt sicher nicht nur an der Einstellung der Azubis. Auch die Ausbilder sollten hin und wieder ihre Methoden „aufpimpen“. Ein Ansatzpunkt dafür können attraktive, zeitgemäße Lehr- und Lernformate sein, die im Vergleich mit Angeboten wie Facebook, Youtube und Co. bestehen. Wie können solche Formate aussehen? Wir haben uns in zwei Projekten, in denen neue Lehr- und Lernmethoden für die Ausbildung erprobt werden, und in zwei Betrieben, die ihre Azubis als engagiert und lernwillig erleben, umgehört. Lernen mit Augmented Reality Eine nahe liegende Möglichkeit ist, die Jugendlichen beim Lernen in der Ausbildung damit zu locken, was sie in ihrer Freizeit ganz selbstverständlich nutzen: „Mobile Endgeräte sind das ideale Mittel, um technikaffine Jugendliche zu erreichen“, sagt Thomas Hagenhofer, Projektkoordinator beim Zentral-Fachausschuss Berufsbildung Druck und Medien (ZFA). Im Projekt „Social Augmented Learning“ erproben Hagenhofer und seine Kollegen den Einsatz von 08 / 15 personalmagazin Augmented Reality in der Berufsausbildung in der Druckindustrie. Das Lernen mit der digital erweiterten Realität wird aktuell an acht Berufsschulen und zwei Ausbildungsbetrieben getestet, Heidelberger Druck ist einer der Partner. Dort können Azubis mittels Augmented Reality Abläufe in der Druckmaschine auf ihrem Tablet anhand eines 3-D-Modells verfolgen, während diese also für geführten Unterricht einsetzen, gleichzeitig aber auch das selbstorganisierte Lernen fördern. Mittels eines Autorentools können Ausbilder die Inhalte erweitern. „Im Zeitalter von Social Media ist es erforderlich, dass Lernmaterial nicht tot produziert wird, sondern erweiterbar und interaktiv ist“, so Hagenhofer. Die neue Technologie fordere den Ausbildern aber auch einiges ab. Sie „In Zeiten von Social Media muss Lernen interaktiv und erweiterbar sein.“ Thomas Hagenhofer, Projektkoordinator beim Zentral-Fachausschuss Berufsbildung Druck und Medien (ZFA) läuft (siehe Bilder). Doch es kann mehr: „Das Lernen mit Augmented Reality hat das Potenzial, dem Lerner beim arbeitsplatzorientierten Lernen Zusatzinfos zur Verfügung zu stellen: Er kann bei Bedarf auf tiefergehende Lerninhalte zurückgreifen und daher selbstgesteuert direkt an der Maschine arbeiten“, berichtet Hagenhofer. „Er braucht keine Bücher oder Web-based-Trainings mehr.“ So erhalten die Lerner auf ihrem Gerät etwa Zusatzinformationen zu Abläufen und Bauteilen. Zudem lassen sich die mobilen Geräte verknüpfen. Ein Azubi kann etwa ein Bauteil markieren, Kommentare einfügen und mit den anderen teilen. Per Blog oder Wiki können die Azubis interagieren – auch standortübergreifend. Die Ausbilder können die Technologie könnten die neuen Möglichkeiten nicht mittels alter didaktischer Konzepte aufbereiten. „Es gilt das Gleiche wie beim E-Learning: Es reicht nicht, die Technik zur Verfügung zu stellen. Es braucht adäquate Inhalte und diaktische Konzepte auf hohem Niveau“, so Hagenhofer. Lernplattform mit 28 digitalen Tools Wie digitale Lernformate künftig mit didaktischen Konzepten verknüpft werden können, erproben Jens Hofmann und seine Kollegen gerade im vom BMBF geförderten Projekt „Chemnet“ in der Ausbildung und der beruflichen Aufstiegsqualifizierung im Chemiebereich. Daraus ist die Web-2.0-Lernplattform „Chemnet“ mit 28 verschiedenen Tools – etwa Foren, Blogs, Wikis und Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] Chats – hervorgegangen, die Hofmann, Mitarbeiter für bildungsbezogene Projektarbeit bei der Sächsischen Bildungsgesellschaft für Umweltschutz und Chemieberufe, betreut. Er und seine Kollegen arbeiten mit 130 Unternehmen zusammen, wissenschaftlicher Input kommt von der TU Dresden. Auf dieser Grundlage wird die Plattform in Iterationsschleifen ständig weiterentwickelt. Jeder Ausbilder kann sich dort die passenden Tools für seine Azubis heraussuchen, um sie zu einem RONNY WILLFAHRT © VDMNO E.V. AUFGENOMMEN BEI ERNST-LITFASS-SCHULE, BERLIN RONNY WILLFAHRT © VDMNO E.V. AUFGENOMMEN BEI ERNST-LITFASS-SCHULE, BERLIN KATHARINA BRÖDJE, JULIAN GAAB © BERGISCHE UNIVERSITÄT WUPPERTAL 32 Beim Lernen mit Augmented Reality können Azubis die Abläufe in laufenden Maschinen – hier im Druckbereich – live auf dem Tablet verfolgen, Kommentare einfügen und diese miteinander teilen. „schönen, bunten Mosaik“ zusammenzufügen, so Hofmann. Um digitales und analoges Lernen zu verzahnen, könnten Ausbilder etwa die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts ins Tool verlegen – etwa, indem sie die Azubis dort Fallstudien mit Selbstlernaufgaben erarbeiten lassen. Daneben können damit die Lernorte, also die Berufsschule, der Betrieb und gegebenenfalls die überbetriebliche Bildungseinrichtung, stärker vernetzt werden. Ein Beispiel dafür ist eine „Azubi-Am- „Digitale Lernformate fügen sich zum schönen, bunten Mosaik zusammen.“ Jens Hofmann, Mitarbeiter für bildungsbezogene Projektarbeit, Sächsische Bildungsgesellschaft für Umweltschutz und Chemieberufe pel“, mit deren Hilfe sich die Verantwortlichen aus den drei Lernorten mittels Ampelfarben-Visualisierung über den Kenntnisstand der Azubis informieren. Zudem müsse man Zusatzangebote schaffen, um die Nutzer in die Plattform zu locken und dort zu binden – etwa mittels kollaborativer Worktools, mit denen Azubis etwa Online-Protokolle über Laborexperimente verfassen, einzeln oder im Team, und diese dann an den Ausbilder schicken. „Man muss es mittelfristig schaffen, dass die Azubis den Bogen vom Konsumenten zum Produzenten schlagen“, lautet Hofmanns Fazit. Dabei dürfe man sie jedoch nicht allein lassen. Bei Chemnet werden die Ausbilder daher zur Didaktik digitaler Medien geschult. Arbeitsauftrag mit vielen Freiheiten Die Lerner zum eigenständigen Lernen zu motivieren, aber sie dennoch nicht alpersonalmagazin 08 / 15 TITEL_AUSBILDUNG 33 leine zu lassen: So lautet auch das Konzept beim Ausbildungsunternehmen Laudert. Der Medien- und IT-Dienstleister mit Hauptsitz in Vreden hat schon verschiedene Auszeichnungen für seine Ausbildung erhalten. Was kommt bei der Azubi-Zielgruppe besonders gut an? „In Feedbackrunden loben unsere Azubis besonders, dass sie viele Freiheiten unsere Prüfungsvorbereitung: Sechs Wochen vor der Prüfung können die Azubis die Themen online einsehen. Falls Bedarf besteht, gibt es Nachhilfe, Schulungen, manchmal holen wir Azubis aus Hamburg und Stuttgart zur Nachschulung nach Vreden.“ Viel Mühe geben sich die Vredener auch schon bei der Auswahl der Azubis: Um herauszu- „Azubis sollen nicht einfach ‚Germany‘s Next Topmodel‘ anschauen – sondern selbst bei Fotoshootings mitmachen.“ Hermann Breuers, Leiter Ausbildung bei Laudert genießen“, sagt Hermann Breuers, Ausbilder Mediengestalter bei Laudert. „Wir geben unseren Azubis beispielsweise die Aufgabe, innerhalb von zwei Tagen eigenständig ein neues Werbemittel zu entwerfen“, so Breuers. Neben solchen Ad-hoc-Aufgaben gestalten sie alle zwei Jahre die Laudert-Ausbildungskampagne neu, die die Firma unter www.machwas-mit-medien.de präsentiert – Employer Branding von Azubis für Azubis. Als Input für eigenständige Aufgaben stellen die Ausbilder ihnen verschiedene Lehrmaterialien, unter anderem OnlineTutorials zur Verfügung – damit die Jugendlichen „auch mal was Abgedrehtes ausprobieren können“, so Breuers. Beliebt bei Azubis sind auch praxisnahe Intermezzi wie Fotoshootings im firmen eigenen Fotostudio. Auch hier ist ein Ansatz, den Azubi vom Konsumenten zum Produzenten zu machen: „Die Azubis sollen nicht einfach „Germany‘s Next Topmodel“ im Fernsehen anschauen, sondern selbst bei Fotoshootings mitmachen“, erläutert der Ausbilder. Gleichzeitig können sich die Auszubildenden jederzeit Unterstützung holen. „Wir geben uns Mühe, nehmen uns Zeit und kümmern uns um die Azubis“, so Breuers Credo. „Ein Beispiel dafür ist 08 / 15 personalmagazin finden, ob die Bewerber auch wirklich ins Team passen, würden auch mal pro Ausbildungsstelle 30 Interviews durchgeführt, sagt Breuers. Mitspracherecht für Azubis Ein ähnliches Konzept fährt die Hotelgruppe Lindner bei der Auswahl der Auszubildenden zum Hotelfachmann, Hotelkaufmann und Koch: Hier wird die Messlatte ebenfalls von Anfang an hochgelegt, um zu vermeiden, dass erst im dritten Lehrjahr auffällt, dass Azubi und Fall gewesen, dass die mangelnde Passung erst im dritten Lehrjahr aufgefallen sei, sagt Silke Beyer, Corporate Manager Human Resources bei der Lindner Unternehmensgruppe. Für Azubis und duale Studenten, deren Übernahme bevorsteht, führt Lindner jährlich den sogenannten „Lindner Day to Stay“ durch, um Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten vorzustellen und diese mit Geschäftsführung und Führungskräften zu diskutieren. Mitspracherecht genießen die Azubis bei Lindner auch an anderer Stelle. In der jährlichen Mitarbeiterbefragung haben sich die Azubis etwa eine andere Art der Kommunikation gewünscht – bei ihnen käme alles an, das online und vom Computer aus läuft, so Beyer. Lindner hat daraufhin ein neues Intranet mit Social-Media-Elementen eingeführt. Eine Arbeitsgemeinschaft aus Azubis hat dort sogar eine eigene Site gestaltet. Auch für Beyer gehört es zum Erfolgsgeheimnis, die Jugendlichen geleitet laufen zu lassen. „Manchmal müssen Azubis auf den richtigen Weg geschubst werden – etwa per Kurztrainings oder Vieraugengesprächen“, sagt sie. Offenbar hat sich die Methode bewährt: Sowohl Linder als auch Laudert können überdurchschnittliche Übernahmequoten vorweisen. Lindner hat im vergangenen „Manchmal müssen Azubis auf den richtigen Weg geschubst werden – etwa per Kurztraining oder Vieraugengespräch.“ Silke Beyer, Corporate Manager HR, Lindner Unternehmensgruppe Betrieb nicht zusammenpassen. Sind die Azubis eingestellt, geht es los mit einem speziellen, zweitägigen Onboardingseminar. Bei regelmäßigen Probezeit- und Feedbackgesprächen wird die Passung ständig überprüft. Dank dieser Feedbackmechanismen sei es noch nie der Jahr 69 Prozent der Azubis eingestellt – deutlich mehr als in der Hotelbranche üblich. Laudert hat Ausbilder Breuers zufolge in den vergangenen sechs Jahren sogar fast 90 Prozent übernommen. Und zwei Drittel aller Ex-Azubis sind Laudert noch immer treu. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 34 MANAGEMENT_NEWS NACHGELESEN 70-20-10 auf dem Prüfstand Wenn Narzissten führen G ut drei Viertel der weiblichen Führungskräfte berichten davon, dass sie schon einmal aufgrund ihres Geschlechts am Arbeitsplatz diskriminiert wurden, so eine Umfrage des Verbands „Die Führungskräfte – DFK“ unter 120 Managerinnen. Die Studienautoren fragten auch danach, wo aus Sicht der Frauen die Ursachen für ihre Benachteiligung liegen könnten. 2012 nannten die Teilnehmerinnen dabei noch auf Platz zwei ein schlechtes Selbstmarketing; 2014 liegt dieser Grund nur noch auf Rang 4. Allerdings belegt eine US-Studie, dass Männer die größeren Narzissten seien – was mit einem größeren Durchsetzungsvermögen und Machtstreben einhergehe. Die Autoren, Wissenschaftler der School of Management der University at Buffalo, vermuten, dass Frauen ihren Narzissmus eher unterdrücken – und unter anderem deshalb seltener im Top-Management vertreten sind. Deutsche Unternehmen unterschätzen das informelle Lernen. Zu diesem Schluss kommt der Ökonom Andries de Grip von der Universität Maastricht, der den internationalen Forschungsstand zur Kultur des informellen Lernens zusammengefasst hat. Danach berichten in einer OECD-Studie nur 26 Prozent der deutschen Arbeitnehmer von täglichem Erkenntnisgewinn durch „Learning by Doing“, während es in den USA 44 Prozent sind. Das widerspricht der populären Bildungsformel „70-20-10“, die besagt, dass Lernen zu 70 Prozent aus „Learning on the Job“, zu 20 Prozent aus Lernen von anderen und zu zehn Prozent aus formeller Weiterbildung besteht. Eine Erklärung für diesen Widerspruch liefert Professor Axel Koch, Hochschule für angewandtes Management in Erding, in Ausgabe 5/2015 der „wirtschaft + weiterbildung“: Die Formel setze einen selbstverantwortlichen, lernwilligen, motivierten und transferstarken Mitarbeiter voraus. Genau dieser Typ sei in Deutschlands Unternehmen in der Minderheit. NEWS DES MONATS Dauer Durchschnittlich 28,8 Tage müssen sich Bewerber in Deutschland von der Bewerbung bis zum Jobangebot gedulden. Das ergibt eine Analyse der Nutzerdaten von Glassdoor.com. Die Tendenz ist danach allerdings schon seit 2010 steigend. Vorbereitung Nicht einmal jeder zweite Student fühlt sich von seinem Studium gut auf die Anforderungen der Digitalisierung vorbereitet, so das Ergebnis einer Online-Umfrage des Jobportals Talerio unter 227 Studenten aus zwölf Fachrichtungen. Viele Studenten werden darum offenbar zu Autodidakten: 55 Prozent von ihnen geben an, sich die erforderlichen Fähigkeiten selbst angeeignet zu haben. Täuschung Wenn Unternehmen ihren Mitarbeitern keine ausgewogene Balance zwischen Arbeit und Freizeit gönnen, greifen diese zuweilen zu ungewöhnlichen Mitteln: In einer Studie der Universität Boston offenbaren Mitarbeiter einer Beratungsfirma, ihrem Chef den Workaholic vorzugaukeln – um heimlich mehr Zeit für ihre Familie zu haben. + + + A k t u e l l e N e w s + + + H i n t e r g r ü n d e + + + t ä g l i c h u n t e r w w w. h a u f e . d e / p e r s o n a l + + + personalmagazin 08 / 15 MANAGEMENT_DIENSTLEISTUNGEN 35 TOP TEN Randstad Deutschland Mehr Umsätze in der Zeitarbeit D er Zeitarbeitsmarkt ist 2014 um 7,7 Prozent auf 24 Milliarden Euro angewachsen. Auch die Zahl der Zeitarbeitnehmer ist nach zwei Jahren Rückgang leicht (um knapp drei Prozent) angestiegen. Gleichzeitig sind die Markterwartungen der Anbieter trotz guter Konjunkturdaten für das laufende Jahr 2015 wenig optimistisch. Im Durchschnitt rechnen die 25 größten Anbieter lediglich mit einem Umsatzwachstum im Markt von drei Prozent, so die Ergebnisse der aktuellen Lünendonk-Liste. www.luenendonk.de Umsatz (in Mio. Euro) Zeitarbeitnehmer 1.949,3 55.000 Adecco Germany 1.629,3 37.300 Persona Service 709,5 19.000 Autovision Zeitarbeit 618,0 11.200 Manpower-Group 590,2 19.958 I.K. Hofmann 578,0 17.114 Dekra Arbeit 318,0 8.743 7S Group 294,5 7.261 ZAG ZeitarbeitsGesellschaft 270,0 10.000 Orizon 261,6 7.139 Anhand der Umsatzzahlen 2014 bestimmte Lünendonk die führenden Zeitarbeits- und Personaldienstleistungsunternehmen in Deutschland. QUELLE: LÜNENDONK GMBH, KAUFBEUREN, 2015 Neues von den Stellenmärkten NEUES PORTAL. Fachkraftauktion.de ist eine neue Internetplattform für Fachkräfte in Mangelberufen. Das Innovative daran: Die Arbeitgeber bewerben sich dort bei Arbeitnehmern. Fachkräfte können ihre Wünsche an einen Arbeitsplatz einstellen und sich eingehende Angebote ansehen, bevor sie mit einem Arbeitgeber Kontakt aufnehmen.www.fachkraftauktion.de STELLENANZEIGEN. Personalberatungen nutzen bei der Kandidatenansprache in hohem Maße Stellenanzeigen. Das ergab eine Umfrage der HR Consult Group unter 250 Beratungen. 70 Prozent setzen generell auf eine anzeigengestützte Suche, lediglich sechs Prozent machen keinen Gebrauch von Inseraten. Damit hat die Bedeutung der Stellenanzeige für Personalberatungen im Vergleich zu einer Umfrage von 2013 deutlich zugenommen, trotz des Trends zum Social Recruiting. www.hr-consult-group.de 08 / 15 personalmagazin DIENSTLEISTUNG. Unter dem Namen „Search & Ident“ bietet Experteer eine neue Dienstleistung. Diese soll die zeitaufwendige Suche und Identifikation geeigneter Fach- und Führungskräfte abdecken. Hierfür werden in einem Beratungsgespräch der aktuelle Rekrutierungsbedarf und das ideale Kandidatenprofil festgelegt, dann suchen die Partner im Experteer-Pool nach passenden Kräften, die auch Interesse an der Vakanz bekunden, und liefern dem Unternehmen eine Liste geeigneter Kandidaten. www.experteer.de SPEZIALISTENBÖRSE. Die Plattform „Get in IT“ zielt auf einen Interessenabgleich auf Augenhöhe zwischen Bewerbern und IT-Unternehmen ab. Arbeitnehmer können sich über gut 2.300 Einstiegsprogramme informieren und Arbeitgeber können nach ITNachwuchskräften suchen, die sich dort vorstellen. www.get-in-it.de KURZNACHRICHTEN Fusion am Zeitarbeitsmarkt Die Manpower-Group Deutschland übernimmt die 7-S-Group. Damit wächst das Unternehmen nach eigenen Angaben auf 27.000 Mitarbeiter und einen Umsatz von über 850 Millionen Euro an und rückt auf Platz drei der Personaldienstleister in Deutschland vor. Spätestens im September soll die Übernahme formal abgeschlossen sein, bis dahin müssen die deutschen und europäischen Kartell ämter der Akquisition noch zustimmen. www.manpowergroup.de Mitarbeiterbindung aus Japan Der Incentive-Anbieter Benefit One Inc. Japan bietet seit knapp 20 Jahren japanischen Firmen ein Incentive-Programm an, das die Mitarbeiter langfristig zu mehr Engagement anspornen soll. Ein Teil des Firmenbudgets wird in „Incentive Points“ umgewandelt, die die Mitarbeiter je nach Arbeitsleistung erhalten. Sie können in frei wählbare Belohnungen umgetauscht werden. Vor Kurzem hat das Unternehmen die erste Niederlassung in Deutschland gegründet. Von München aus will es in weitere europäische Länder expandieren. Vielfältig Rekrutieren Kleine und mittlere Unternehmen dabei zu unterstützen, die Vielfalt in der Belegschaft zu erhöhen – mit dieser Zielsetzung entwickelte das Institut für Arbeit und Personal (IAP) der FOM Hochschule eine Toolbox zur diversitätsorientierten Rekrutierung. Die Instrumente sollen dabei helfen, den Prozess zu strukturieren, die Objektivität der Auswahl zu erhöhen, konkrete Anforderungen in den Mittelpunkt zu stellen und den Bewerberpool zu vergrößern. Die kostenfreie Toolbox hat vier Bestandteile: Anforderungsprofil, Stellenanzeige, Bewerbungsmanagement und Einstellungsgespräch. www.fom.de/forschung/insitute/iap.html Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] © JRCASAS / THINKSTOCKPHOTOS.DE 36 MANAGEMENT_MITARBEITERORIENTIERUNG Mitarbeiter erwarten mehr als Blabla von ihren Chefs. Sie wünschen sich Wertschätzung in Aussagen und Taten. Da geht noch was … STUDIE. Eine wertschätzende Führungs- und Unternehmenskultur ist das Ziel vieler Organisationen. Doch laut einer aktuellen Umfrage ist es damit nicht weit her. Von Uwe Döring-Katerkamp I nwiefern erfahren Mitarbeiter Wertschätzung in ihrem Arbeitsalltag? Diese Frage haben das Institut für angewandtes Wissen e. V. (IAWKöln) und die Hochschule der Sparkassen Bonn im Mai dieses Jahres über 1.500 Mitarbeitern branchenübergreifend in ganz Deutschland gestellt. Der Anlass zu dieser Befragung lässt sich in zwei zentralen Aussagen darstellen: Zum einen betrachten wir beim IAW-Köln Wertschätzung als ethische Forderung, wie man Menschen in der Arbeit behandeln sollte. Insofern ist Wertschätzung ein Wert an sich, der eigentlich nicht weiter hinterfragt werden müsste. Zum anderen macht Wertschätzung aber auch aus der Perspektive von Unternehmen Sinn; denn ein wertschätzendes Umfeld bringt im Allgemeinen ein höheres Engagement der Mitarbeiter hervor, das sich letztlich in mehr Effizienz niederschlägt. Ebenso zeigen immer wieder Umfragen, dass ein wertschätzendes Umfeld ein wichtiges Kriterium zur Gewinnung neuer, guter Mitarbeiter ist. Allerdings – so viel sei über die Ergebnisse unserer Umfrage vorweggenommen – steht es bisher nicht allzu gut um die Wertschätzung in den Unternehmen. Dass nur rund fünf Prozent der Befragten keinen Handlungsbedarf in Sachen Wertpersonalmagazin 08 / 15 37 schätzung sehen, zeigt, dass hier noch Luft nach oben besteht. Die genannten Gründe wären eigentlich ausreichend genug um zu erkunden, wie es um die Wertschätzung der Mitarbeiter aussieht. Uns war jedoch ein weiterer Aspekt wichtig. Wir wollten nicht nur zu generellen Aussagen in Bezug auf Wertschätzung kommen, sondern bei Bedarf Handlungsfelder aufzeigen, die im Unternehmen auch konkret bearbeitet werden können und zu einer Verbesserung der Situation führen. Denn nur wenn klar erkennbar ist, wie sich ein Arbeitsalltag gezielt wertschätzender gestalten lässt, und dass sich hieraus für alle Beteiligten auch Vorteile ergeben, hat das Thema Wertschätzung dauerhaft eine Chance. Insofern wollen wir zu Beginn ein Verständnis von Wertschätzung im Arbeitsumfeld anbieten, aus dem sich konkrete, einzelne Handlungsebenen und Handlungsfelder ableiten lassen, die ebenso konkret und pragmatisch im Arbeitsalltag bearbeitet werden können. Zugrunde liegen hierzu die praktischen Erfahrungen, die wir beim IAW-Köln in Zusammenarbeit mit Unternehmen sammeln konnten. Was bedeutet eigentlich Wert schätzung in der Arbeit? Verkürzt und nach Wikipedia wiedergegeben, bezeichnet Wertschätzung die positive Bewertung eines anderen Menschen als Ganzes. Wertschätzung ist verbunden mit Respekt, Wohlwollen und Anerkennung und drückt sich aus in Zugewandtheit, Interesse, Aufmerksamkeit und Freundlichkeit. Diese Vorstellung haben wir auf die besonderen Bedingungen der Arbeitswelt übertragen. Hier hat man es per se mit einem System zu tun, bei dem gegenseitige Leistungserwartungen die Grundlage der Zusammenarbeit bilden. Jegliche Form der Erwartung an den anderen, des Umgangs miteinander sowie der Belohnung und Anerkennung, sind hier letztlich mit einer konkreten Arbeitssituation und dem Erfolg des Handelns und der Arbeit gekoppelt. 08 / 15 personalmagazin Wertschätzung, im hier verwendeten Verständnis, bezieht sich demnach auf eine bestimmte Art und Weise miteinander umzugehen, um den Arbeitsalltag von Menschen zu gestalten und zu leben. Hierbei sind Mitarbeiter traditionell in einer abhängigen Position; sie erfahren, wie mit ihnen umgegangen wird – was bisher nicht immer als wertschätzend bezeichnet werden kann. Waren sie in den frühen Zeiten der Industrialisierung lediglich Ressourcen und Befehlsempfänger, so hat sich im Laufe der Zeit ein Wandel vollzogen, der jetzt mit dem Mitarbeiter als wertgeschätzten Menschen, zum Finale kommen soll. Das heißt, die rein funktionale Betrachtungsweise hat sich weiterentwickelt; die Mitarbeiter wurden immer umfassender mit ihrem Können, ihren Ideen und ihrer Verantwortungsbereitschaft wahrgenommen und behandelt. Die letzte Stufe bildet jetzt die Wertschätzung, sprich, die Erkenntnis, dass Mitarbeiter Menschen sind mit Vorstellungen, Erwartungen Emotionen und Fähigkeiten. Jeder Einzelne möchte als Mensch in seiner Ganzheit gesehen und behandelt werden bei der Ausgestaltung der Arbeitswirklichkeit, in der er jeden Tag seinen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens erbringen soll und in der Regel auch will. Hier zeigt sich ein weiterer wichtiger Punkt zum Thema Wertschätzung in der Arbeit: Welche Vorstellungen, Empfindungen et cetera ein Mitarbeiter hat, kann kein Unternehmen und auch keine Führungskraft im Vorfeld wissen. Diese Punkte gilt es mit den Mitarbeitern in ihrem konkreten Arbeitsumfeld zu klären. Drei Handlungsebenen für Wertschätzung Wie und wo kann nun ein Unternehmen aktiv werden, um Wertschätzung in praktisches Handeln umzusetzen? Hier bieten sich drei Handlungsebenen an. Erstens: Strukturelle Maßnahmen – hierunter werden an dieser Stelle generelle Maßnahmen verstanden werden, die sich pauschal auf alle Mitarbeiter ADD-ON In der Personalmagazin-App finden Sie die einzelnen Ergebnisse der Umfrage dargestellt in Tabellenform. auswirken. Hierzu zählen beispielsweise Formen der gerechten Entlohnung, Mitspracherechte, Maßnahmen für ein gesundes Arbeitsumfeld oder Gleichberechtigung. Zweitens: Führungskräfteentwicklung – hier gilt es, durch entsprechende Maßnahmen Verständnis zu erzeugen sowie eine Einstellungs- und Verhaltensänderung zu bewirken. Führungskräfte sollen auf diese Weise in die Lage versetzt werden, durch verändertes Handeln ein wertschätzendes Umfeld zu ermöglichen, beziehungsweise bei ihren Mitarbeitern Wertschätzung hervorzurufen. Drittens: Veränderung der Arbeitswirklichkeit – das unmittelbare Umfeld eines Mitarbeiters, also sein Bereich, in dem er sieht, was zu tun ist und wo seine Fähigkeiten zum Tragen kommen, wo er gestalten kann und oft auch will. In dieser persönlichen Arbeitswirklichkeit gilt es, den Mitarbeiter ernst zu nehmen und mit ihm zu klären, wie diese Arbeitswirklichkeit beschaffen sein sollte. Auf der Ebene der Arbeitswirklichkeit lassen sich am einfachsten und am schnellsten Maßnahmen ergreifen, durch die für alle Beteiligten der Vorteil eines wertschätzenden Umgangs unmittelbar zu erfahren ist. Vier Handlungsfelder für die Maßnahmen Auf jeder der drei Ebenen lassen sich nun wiederum die vier folgenden, eindeutigen Handlungsfelder abgrenzen, in denen Führungskräfte Maßnahmen angehen können. • Respekt: Mitarbeiter wollen ernst genommen werden, eigene Sichtweisen und Themen einbringen können, Antworten auf Fragen erhalten. Respekt Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 38 MANAGEMENT_MITARBEITERORIENTIERUNG VIER STUFEN DER WERTSCHÄTZUNG bedeutet, den Mitarbeiter in dieser umfassenden Rolle zu sehen, zu akzeptieren und als Grundlage für die (Mit-)Gestaltung von Arbeitswirklichkeit zuzulassen. • Chancen: Mitarbeiter wollen sich in ihrem vertrauten Bereich einbringen können und Gestaltungschancen für die eigenen Vorstellungen erhalten. Mit Blick auf die eigene Arbeitswirklichkeit finden Mitarbeiter beinahe immer Themen, die ihrer Meinung nach angepackt werden sollten und bei denen sie Vorstellungen haben, wie dies gemacht werden sollte. Es gilt, den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, hier aktiv zu sein. • Selbstwirksamkeit: Mitarbeiter wollen sich als kompetent im Handeln erfahren. Sie möchten erleben, dass sie gerade auch eigene Ideen umsetzen können; dass sie fähige Akteure sind. • Erfolg und Anerkennung: Mitarbeiter möchten Wertschöpfung und Erfolg des eigenen Handelns erleben und Bestätigung als erfolgreicher Mensch gerade auch im sozialen Umfeld erfahren. Wie man nun leicht nachvollziehen kann, stellt Wertschätzung für uns keine eindimensionale Belobigung vom Vorgesetzten dar, sondern zeigt sich in der Art und Weise, wie auf drei unterschiedlichen Handlungsebenen vier unterschiedliche Handlungsfelder bearbeitet und ausgestaltet werden. Dabei interessiert uns am allermeisten die unmittelbare Arbeitswirklichkeit, da hier die Mitarbeiter am schnellsten und effektivsten ein wertschätzendes Arbeitsumfeld mitgestalten können. Auf diesen Bereich konzentrierte sich dann auch die Befragung. Was sagen die Mitarbeiter zur Wertschätzung ihrer Chefs? Nach dieser, zugegebenermaßen etwas umfangreicheren Einführung, stellen wir nun die wichtigsten Ergebnisse dar: Alle Aussagen konnten von Teilnehmern auf einer fünfstufigen Skala von „Trifft gar nicht zu“ bis „Trifft völlig zu“ bewertet werden. Die neutrale Position wurde als eher negativ bewertet. Die Fragen be- Respekt Chance Selbstwirksamkeit Erfolg & Anerkennung Ernst genommen werden, eigene Sichtweisen, Fragen und Themen einbringen können GestaltungsChancen – auch für eigene Themen erhalten Sich kompetent im (eigen-initiierten) Handeln erfahren Erfolg und Bestätigung des eigenen Tuns erleben Es lassen sich vier eindeutige Handlungsfelder voneinander abgrenzen, in denen Führungskräfte mit Maßnahmen zur Wertschätzung ansetzen können. trafen einzelne Handlungsfelder sowie zum Abschluss auch generalisierende Aussagen zum Thema Wertschätzung, womit wir auch anfangen möchten. Die Frage, ob die Mitarbeiter die Wertschätzung erhalten, die sie sich in der Arbeit erwarten, wird nur von 28 Prozent positiv beantwortet. Ein Viertel verhält sich neutral dazu, aber fast die Hälfte ist unzufrieden mit der Situation. Daran hat sich auch in den vergangenen Jahren kaum etwas geändert. Nur 14 Prozent sind der Meinung, dass sich an der Situation in den vergangenen beiden Jahren etwas spürbar verbessert hat. Was den Blick in die Zukunft betrifft, so sehen nur fünf Prozent keinen Handlungsbedarf in diesem Bereich. Ergebnisse der Umfrage in den einzelnen Handlungsfeldern Betrachten wir nun zunächst das Handlungsfeld „Respekt“: Inwieweit empfinden sich Mitarbeiter als Menschen wahrgenommen und mit ihren Meinungen, Gefühlen, Fragen et cetera respektiert und akzeptiert? Rund 50 Prozent der Befragten haben nicht das Gefühl, mit ihren täglichen Problemen und Herausforderungen von Kollegen und ihrer Führungskraft wahrgenommen zu werden. Dies spricht nicht für ein ausgeprägtes Team- oder Wir-Gefühl oder für ein menschliches Miteinander. Allerdings empfinden sich rund zwei Drittel von ihrem Vorgesetzten als kompetente Gesprächspartner respektiert. Andererseits hat nur ein Drittel das Gefühl, rechtzei- Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] tig über Dinge informiert zu werden, die sie in ihrer Arbeitswirklichkeit betreffen. Das heißt, das Gefühl in der Arbeit als Mensch mit Fragen, Bedürfnissen et cetera gesehen zu werden, statt nur Kompetenzträger und Ressource zu sein, wird in weiten Teilen nicht empfunden. Im Feld der „Chancen und Selbstwirksamkeit“ stellt sich die Frage, wie sich Mitarbeiter einbringen können und welche Chancen sie erhalten. Fast 60 Prozent der Mitarbeiter können eigene Ideen und Meinungen einbringen. Circa 70 Prozent genießen vonseiten ihrer Führungskraft das Vertrauen, notwendige Entscheidung für ihre Arbeit selbst zu treffen. Allerdings erhält nicht einmal jeder zweite Mitarbeiter den Freiraum, eigene Vorstellungen und Ideen auch umsetzen zu können. Entsprechend glauben auch nur gut 40 Prozent, dass sie ihre Fähigkeiten bestens in ihrer Arbeit zur Geltung bringen können. Wie kann man dies verstehen? Auch wenn man annimmt, dass nur in jedem zweiten Fall durch die Mitarbeiter eine Arbeit verbessert werden kann, bleibt hier immer noch ein großes Potenzial ungenutzt. Entsprechend hat nicht einmal jeder zweite Mitarbeiter das Gefühl ,einen befriedigenden Job zu machen. Im Handlungsfeld von „Erfolg und Anerkennung“ sieht es noch schlechter aus: Nicht einmal ein Drittel der Befragten hat das Gefühl, dass das Unternehmen seine Fähigkeiten und Leistungen anerkennt. Und nur jeder Fünfte hat das Gefühl, dass diese Anerkennung in der personalmagazin 08 / 15 39 Form stattfindet, die er sich für sein Engagement und seine Leistung eigentlich wünscht. In der Umfrage zeigt sich also, dass in allen Handlungsfeldern der Wertschätzung noch deutlicher Bedarf von den Mitarbeitern signalisiert wird. Um die Ergebnisse zu interpretieren, sei noch gesagt, dass rund 70 Prozent der Teilnehmer keine Managementverantwortung haben und nur rund 20 Prozent ein Team mit maximal zehn Mitarbeitern leiten. Frauen und Männer waren fast paritätisch repräsentiert und unterscheiden sich in ihren Beurteilungen nicht sig nifikant. Die Teilnehmer waren eher überdurchschnittlich gut ausgebildet. Unsere Vermutung ist, dass in einfache- Schirmherrschaft: ren Berufen die Werte eher schlechter ausgefallen wären und das Gesamtbild ins Negative verschoben worden wäre. Insgesamt lässt sich festhalten: Es gibt noch viel Luft nach oben Wenn wir nun noch einmal die Ausgangsdefinition von Wertschätzung eines Menschen in der Arbeit betrachten, die beinhaltet, den Mitarbeiter als ganzen Menschen, mit seinen Gefühlen und Ideen ernst zu nehmen, so ist dies für viele Mitarbeiter noch nicht erreicht – insbesondere wenn es um die Anerkennung der eigenen Leistungen geht. Zwar erfahren sich viele Mitarbeiter, gerade durch ihren direkten Vorgesetzten, als Kompetenzträger als durchaus ernst genommen. Doch als ganzer Mensch mit Problemen und Fragen und der Möglichkeit sich einzubringen, fühlt sich noch nicht einmal jeder zweite Mitarbeiter wahrgenommen und behandelt. Dies bedeutet, dass sowohl für das Empfinden der Mitarbeiter, ein wertgeschätzter Teil des Unternehmens zu sein, als auch ihr Engagement und ihren Beitrag zum Erfolg des Unternehmens, noch deutlich Luft nach oben ist und man die dort schlummernden Potenziale heben sollte. UWE DÖRING-K ATERK AMP ist Vorstand des Instituts für angewandtes Wissen e. V. (IAW-Köln). Bis 31. Oktober 2015 für den Deutschen Bildungspreis bewerben! Î Als Unternehmen attraktiv sein für Fachkräfte: Positionieren Sie sich als Vorreiter im Bereich strategischer Weiterbildung. Î Optimierungspotentiale entdecken: Profitieren Sie bei der kostenlosen Teilnahme vom ausführlichen Benchmark. Entwickeln Sie Ihr Bildungsmanagement durch die Teilnahme am Deutschen Bildungspreis! H/HDUQLQJ - 2 8 5 1 $ / 40 MANAGEMENT_GENERATION Y „Es gibt definitiv Unterschiede“ I n der Jugend prägen uns Ereignisse, Personen, Normen und Konventionen. Nach dem Soziologen Karl Mannheimer behalten Menschen diese Prägung ihr Leben lang weitgehend bei. Und das ist es, was zu unterschiedlichen Generationen führt. Bezogen auf die Arbeitswelt sind dies die Baby Boomer sowie die Generationen X, Y und Z. Abgesehen von wenigen Ausnahmen sieht die internationale Forschung diese vier Generationen als eindeutig unterschiedlich an – egal, welche Art von Studien man zugrunde legt: Aus evidenzbasierten Schilderungen der Praxis, wie sie beispielsweise Manuela MüllerGerndt und Patric Traut von IBM präsentieren, wird deutlich, dass die Vertreter der vier Generationen ganz unterschiedliche Problemlösungsstrategien fahren. Danach lassen sich Angehörige der Generation X als unabhängig, Y-Vertreter als kooperativ und Z-Zugehörige als global vernetzt-unabhängig beschreiben. Auch empirisch groß angelegte Studien, wie die von Argo oder Randstad, Pro UNIV.-PROF. DR. CHRISTIAN SCHOLZ, Universität des Saarlandes, hat über die Generation Z ein gleichnamiges Buch verfasst. PERS ONA LMA GAZI N WILL WISS EN JA, NEIN ODER JEIN ? „Anders als oft postuliert“ W ir gehören beide der „Generation X“ an, sind also bescheidene Konsumverweigerer. Gleichzeitig sind wir auch Kinder der „Generation Golf“, somit markenbewusste Hedonisten. Viel lässt sich philosophieren über die Auswirkungen verschiedener gesellschaftlicher Einflüsse auf die Kinder der jeweiligen Zeit. Sicher, die „Generation Youtube“ besitzt andere technische Fertigkeiten als die „Flakhelfergeneration“. Die grundlegenden Werte und Einstellungen aber haben sich nur wenig verändert. Auch heute legen junge Mitarbeiter ähnlich großen Wert auf das Gehalt, interessante Aufgaben und einen sicheren Arbeitsplatz. Warum sind Generationenkonzepte dann so populär? Einen Erklärungsansatz liefert der sogenannte BarnumEffekt. Generationsbeschreibungen sind wie Horoskope, sie sind so allgemein geschrieben, dass immer ein Teil Wahrheit enthalten ist. Sie wirken auf den ersten Blick plausibel, sind aber ziemlicher Quatsch. Die Klassifizierung von Indivi- duen anhand von Typen erscheint intuitiv und ein solches Schubladendenken erleichtert den Umgang mit den leicht zu definierenden Gruppen. Wissenschaftlich haltbar ist es aber nicht und eine darauf aufbauende Personalpolitik verfehlt. Die Frage nach der Andersartigkeit verschiedener Generationen ist letztlich eine empirische, aber auch hier können Interpretationen divergieren. Ein Beispiel: In unserem Artikel „Viel Lärm um fast Nichts“ in der Zeitschrift „Personal Quarterly“ zur Generation Y hatten wir über eine Studie von Jean M. Twenge personalmagazin 08 / 15 41 belegen Differenzen: Generation X will ihre Meinung frei äußern, Generation Y wünscht sich Feedback und Generation Z sucht einen zuhörenden Vorgesetzten. Nach der Untersuchung von Success Factors verlangt die Generation X eher nach höheren Positionen (Baby Boomer: sechs Prozent, X: 49 Prozent, Y: 24 Prozent), aber weniger nach Weiterbildung (Baby Boomer: zwei Prozent, X: 17 Prozent, Y: 40 Prozent). Beeindruckend sind auch Längsschnittanalysen wie die von Laura Wray-Lake et al., die mit Daten von 1976 bis 2005 arbeitet: Sie erkennt klare Unterschiede, beispielsweise für Mate- rialismus (Baby Boomer: 36 Prozent, Y: 51 Prozent). Schließlich kann man dazu auch einen Blick in die Metastudien werfen: Hier analysierten Sean Lyons und Lisa Kuron mehr als hundert Quellen und zogen daraus eindeutige Beweise für die Gültigkeit des Generationenkonzepts. Wenn sich die Generationen also so klar voneinander unterscheiden, warum gibt es Forscher und Berater, die keine Unterschiede erkennen? Das liegt an der prinzipiellen Schwierigkeit, Muster zu lokalisieren. Legt man beispielsweise Babyboomer und Generation X sowie Generation Y und Z zusammen, dann fallen durch die Mittelwertbildung Unterschiede zwischen diesen zwei Gruppen klein aus, auch wenn es klare Unterschiede zwischen den vier Gruppen gibt. Oder aber man betont fälschlicherweise als Beleg für Gleichartigkeit, dass alle Generationen nach Work-LifeBalance streben. Aber dieser Schluss ist trügerisch: Denn die Generation Y versteht unter Work-Life-Balance eher das Konzept des „Work-Life-Blending“, also einen fließenden Übergang zwischen Arbeits- und Privatleben. Dagegen sieht die Generation Z darin „Work-Life Separation“, also eine klare Trennung. DEBATTE. Über die Generationen, die derzeit im REDA KTIO N@P ERSO NALM AGA ZIN. DE et al. berichtet, die Wertunterschiede zwischen Generationen untersucht. Auf einer Skala von 1 bis 5 ergab sich für Altruismus: Babyboomer: 3,30; Gen X: 3,27; Gen Y: 3,23. Wir nennen diese Unterschiede gering. Christian Scholz übersetzt dieselben Werte in seinem Buch zur „Generation Z“ in „relativ hoch“, „mittel“, „relativ niedrig“ und ergänzt – manche mögen’s heiß – ohne entsprechende empirische Basis ein „niedrig“ für die Gen Z. Unser Fazit: Ja, es gibt Unterschiede zwischen Generationen. Diese sind aber klein und oft anders als postuliert. 08 / 15 personalmagazin Berufsleben stehen, wurde schon viel geschrieben – gerade über die Generation Y. Doch genauso häufig kommt die Frage auf, ob ihre Vertreter nun wirklich derart andere Werte aufweisen als ihre Vorgänger. Drei Wissenschaftler geben dazu ihre Antwort. Contra PROF. DR. HEIKO WECKMÜLLER, FOM Hochschule für Oekonomie und Management, PROF. DR. TORSTEN BIEMANN, Uni Mannheim, haben Generationsstudien analysiert. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 42 MANAGEMENT_WISSENSCHAFTSTRANSFER Leistung im Kollektiv SERIE. Wie schaffen es Personaler, dass sich alle Mitarbeiter engagieren? Eine US- Studie zeigt die Bedingungen und Wirkungen von kollektivem Engagement auf. Von Martin Claßen und Christian Gärtner I n der vergangenen Personalmagazin-Ausgabe haben wir an dieser Stelle darüber berichtet, wie Performance-Management-Systeme ausgestaltet sein sollen, damit die Unternehmensleistung steigt. Eine ähnliche Zielsetzung verfolgen die Autoren unseres diesmaligen Top-Journal-Artikels: Was müssen Unternehmen tun, damit es zu kollektivem Engagement in Organisationen kommt – das heißt, dass sich alle Mitarbeiter für die Firma ins Zeug legen, um mehr Wert zu schaffen? Konkret untersucht die Studie anhand von 900 Beschäftigten aus 83 Banken, wie kollektives organisationales Engagement entsteht und sich positiv auf die Unternehmensleistung auswirkt. Was man sich merken sollte Kollektives organisationales Engagement liegt dann vor, wenn sich alle Mitarbeiter physisch, kognitiv und emotional für die Organisation in den Laut den Autoren der US-Studie besteht gerade in KMU die Chance, dass sich Mitarbeiter von Kollegen anstecken lassen, die bereits großes Engagement zeigen. Arbeitsalltag einbringen. Die Voraussetzungen dafür kann das Management schaffen, indem es auf drei Handlungsfeldern tätig wird: Arbeitsplatzgestaltung, Personalstrategie und -praktiken sowie transformationale Führung. Je nachdem wie gut das Management diese Hebel strategiekonform umsetzt, steigt die Unternehmensleistung – via kollektivem Engagement – stärker oder nicht (siehe Grafik). Die durchgeführte Regressionsanalyse bestätigt diesen Zusammenhang. Schon das kleine Statistik-Einmaleins lehrt, dass eine Korrelation keine Kausalität ist. Deshalb muss der Wirkungszusammenhang zwischen kollektivem Engagement und positiver Wertschöpfung noch extra erläutert werden. Die Autoren argumentieren über einen sich selbst verstärkenden Mechanismus: Es besteht insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) eine gute Chance, dass sich Mitarbeiter bei jenen „anstecken“, die bereits großes Engagement zeigen. Förderlich für diese motivierende Ansteckung ist, dass in Organisationen soziale Vergleichsprozesse stattfinden, nach dem Credo: was machen die fleißigen Kollegen und was bekommen sie dafür? Dieser Vergleichsdruck erschwert es Mitarbeitern, beim kollektiven Mitmachen nicht mitzumachen und in die Faulheit auszubüchsen. Für wen oder was das Ganze gilt Die Forscher weisen darauf hin, dass die Ursache-Wirkungsbeziehungen nur zum Teil auf empirischen Daten beruhen und zum anderen auf theoreti- schen Argumenten. Zudem wurde die Unternehmensleistung nur anhand des „Return on Assets“ gemessen. Dieser mag für die untersuchten Firmen zwar relevant sein, für andere Branchen zählen vielleicht andere Finanzkennzahlen oder gar Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheitsmaße. Immerhin basieren die Ergebnisse auf der Erforschung von KMU, was eine Vergleichbarkeit mit den meisten Unternehmen gewährleistet – in den USA sogar mit über 99 Prozent der Firmen, wie die Autoren betonen. Dieser Wert ist hierzulande schätzungsweise ähnlich hoch. Der wichtigste und der nachdenk lichste Satz der Studie Der wichtigste Satz lautet: „Kollektives organisationales Engagement ist eine einzigartige, wertschöpfende organisationale Fähigkeit und viele Gründe sprechen dafür, dass Firmen mit starkem kollektivem organisationalen Engagement erfolgreicher sind als andere“ (Seite 119). Der nachdenklichste Satz lautet: „Künftige Studien sollten die Langzeitwirkungen erforschen, um die kausalen Zusammenhänge besser testen zu können“ (Seite 129). Konsequenzen für HR-Management Die drei Faktoren Arbeitsplatzgestaltung, Personalstrategie und -praktiken sowie transformationale Führung betonen wichtige Handlungsfelder des HRManagements. Insbesondere wirken sich Maßnahmen in diesen Bereichen auf drei Bedingungen aus, die für Engapersonalmagazin 08 / 15 43 SERIE Zu oft hakt es immer noch am Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis. Darum stellen der Berater Martin Claßen und der Wissenschaftler Christian Gärtner in den folgenden Ausgaben des Personalmagazins betriebswirtschaftliche Studien aus den USA mit ihren Kernergebnissen vor und ziehen Schlussfolgerungen für das deutsche Personalmanagement. In diesem Serienteil geht es um die Studie „Collective Organizational Engagement: Linking Motivational Antecedents, Strategic Implementation and Firm Level Performance“ von Murray R. Barrick, Gary R. Thurgood, Troy A. Smith and Stephen H. Courtright. Sie ist 2015 in „Academy of Management Journal, Vol. 58, No. 1“ erschienen. DREI HEBEL FÜR ENGAGEMENT Motivierende Arbeitsplatzgestaltung Personalstrategie und -praktiken Kollektives organisatio nales Engagement Unternehmensleistung Transformationales Führen durch CEO Strategische Umsetzung Arbeitsplatzgestaltung, Personalstrategie und -praktiken sowie transformationale Führung sind die drei wichtigen Hebel für kollektives Engagement. QUELLE: NACH BARRICK, THURGOOD, SMITH, COURTRIGHT gement notwendig sind: Sinnhaftigkeit, psychologische Sicherheit und psychologische Verfügbarkeit. Beispielsweise fühlen sich Mitarbeiter bedeutender, wenn sie sich als Teil eines großen Ganzen sehen, was durch Arbeitsplatzgestaltung und Führungsverhalten beeinflusst werden kann: Mitarbeiter erleben den Sinn ihrer Arbeit vor allem dann, wenn sie Feedback über die Wirkung ihrer Tätigkeit erhalten und eine überzeugende Vision vor Augen haben. Ein weiteres Beispiel: Eine Personalstrategie, die unbefristete Arbeitsverträge forciert und bei den Vergütungs- und Beförderungspraktiken auf Leistung ebenso viel Wert legt wie auf Entwicklung und Fairness, trägt zu gefühlter Sicherheit bei. 08 / 15 personalmagazin Sind die ersten Maßnahmen implementiert, gilt es für das Management vor allem auf die Passung zur Strategie zu achten, denn dieser Faktor wird als entscheidend identifiziert. Ist auf allen Handlungsfeldern ein Anfang gemacht, profitiert das Management von der positiven Ansteckungsdynamik, denn ähnlich wie beim viralen Marketing sind Aufwand und Kosten überschaubar, die Verbreitung hingegen geschieht schnell und weitläufig. Die Studie aus Sicht der HR-Praxis weitergedacht Im Grunde weiß man das: Es gibt fleißige und es gibt faule Organisationen. Wenn kollektives Engagement ein wich- tiger Faktor für die Unternehmensleistung ist, der sich in seiner Ausprägung zwischen Firmen unterscheidet, dann liegt es nahe, den klassischen Management-Dreischritt zu vollziehen: Messen, Analysieren und Verbessern. Messen lässt sich der Grad an kollektivem Engagement zum Beispiel durch die in der Studie verwendeten Fragebögen. Aggregiert könnte das zum Beispiel einen „Organizational Engagement Index“ mit Werten von null bis zehn ergeben. Allerdings weiß man als Manager dann noch nicht, wie aus einer Zwei eine Fünf oder aus einer Sechs eine Acht wird. Also heißt es analysieren, an welchen Stellschrauben es noch hakt und wie sich Änderungen auswirken. Dazu gibt die Studie wertvolle Hinweise, weil sie Faktoren und deren Wirkungsbeziehung offenlegt. Das Modell ist zudem einfach gehalten und mit Maßnahmen illustriert. Auf diese Weise können schnell Ideen für Verbesserungen gefunden werden. Deren Umsetzung wiederum ist allerdings nicht einfach, weil es für Veränderungsprozesse keine einfachen Blaupausen gibt. Und selbst wenn man es geschafft hat, dass sich alle für die Firma ins Zeug legen, gilt es zu vermeiden, was wir den „Jürgen-Klopp-Effekt“ oder auch „BVBEffekt“ nennen: auf Dauer kann keine Organisation hoch engagiert und hoch erregt sein, weil sie sonst überhitzt und die Mitarbeiter physisch, kognitiv oder emotional ausbrennen. Dann wird aus der von den Wissenschaftlern betonten Ansteckungschance die im Volksmund bekannte Ansteckungsgefahr. MARTIN CLASSEN führt seit 2010 sein Beratungsunternehmen People Consulting. DR. CHRISTIAN GÄRTNER ist Assistenz-Professor an der Universität der Bundeswehr in Hamburg. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] © MGEPA NRW / FOTO: RALPH SONDERMANN 44 ORGANISATION_NEWS Barbara Steffens, Gesundheitsministerin von Nordrhein-Westfalen, informiert in Düsseldorf über die aktuelle Gesetzgebung zur betrieblichen Gesundheitsversorgung. Konferenz: Betriebliche Krankenversicherung als Erfolgsfaktor M ehr als 70 Prozent der Arbeitgeber in Deutschland erwarten von einer betrieblichen Krankenversicherung einen positiven Beitrag zur Unternehmenskultur und Mitarbeiterbindung. Ebenfalls weit mehr als die Hälfte sehen in ihr darüber hinaus ein Instrument zur Mitarbeitergewinnung (65 Prozent) und Arbeitnehmermotivation (59 Prozent) – das zeigt eine Umfrage der Strategieberatung Bülow & Consorten. Trotzdem ist der Aufklärungsbedarf hoch: 59 Prozent der Befragten schätzen ihren eigenen Kenntnisstand zur Umsetzung und konkreten Ausgestaltung einer bKV als niedrig ein. Konkrete Unterstützung und Information zu den Möglichkeiten einer privaten Krankenzusatzversicherung durch den Arbeitgeber bietet die SZ-Fachkonferenz „Betriebliche Krankenversicherung – Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Versicherer“ am 29. September in Düsseldorf. Themenschwerpunkte des Kongresses für Führungskräfte und HR-Verantwortliche insbesondere aus Industrie- und Mittelstandsunternehmen sind die aktuelle Gesetzgebung und rechtliche Aspekte der bKV, die Möglichkeiten einer bKV als Instrument der Mitarbeiterbindung und zahlreiche Praxisbeispiele von der Einführung einer bKV bis zum Return of Invest. Weitere Information und Anmeldung unter www.sv-veranstaltungen.de NEWS DES MONATS Besorgt Fast drei Viertel der Führungskräfte machen sich Sorgen, wo sie in Zukunft qualifizierte Mitarbeiter finden können, das zeigt der Global CEO Survey von PWC. Als Strategie gegen den Fachkräftemängel wird vermehrt nach Fachkräften mit einem breiten Themenspektrum gesucht. Gestresst Neben den Klassikern wie der Arbeitsmenge und hohen Leistungsanforderungen kann auch die subjektive Einstellung zum Stressfaktor werden. Ein Drittel der Frauen und ein Viertel der Männer kämpfen mit dem Gefühl, bei der Arbeit nie fertig zu werden, so eine Focus-Online-Umfrage. Skeptisch Gegen die Auslagerung von HR-Anwendungen in die Cloud hegt der Mittelstand noch immer erhebliche Vorbehalte. Nach einer Studie von ROC werden vor allem Probleme im Datenschutz, aber auch zu geringe Praxistauglichkeit, fehlende Individualisierung und Serviceschwächen befürchtet. + + + A k t u e l l e N e w s + + + H i n t e r g r ü n d e + + + t ä g l i c h u n t e r w w w. h a u f e . d e / p e r s o n a l + + + Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] personalmagazin 08 / 15 © UTILITAS ORGANISATION_SOFTWAREMARKT 45 Basis für demografiefeste Personalarbeit Der Urlaubsantrag auf dem Smartphone zeigt auch die Resturlaubstage. Urlaubsverwaltung per App E ine neue App zur Urlaubsverwaltung bietet der Aachener Office-365-Spezialist Utilitas. Die Browser-basierende Anwendung verspricht Unterstützung bei allen Prozessen rund um die Urlaubsplanung, Genehmigung und Benachrichtigung: Die Möglichkeit, Urlaubswünsche digital einzureichen und zu genehmigen, spart Zeit und hilft bei der Dokumentation, daneben schafft insbesondere die Funktion des Planungsboards eine dynamische Übersicht über alle Urlaube und Urlaubsansprüche. Ein kostenfreier Testzugang ist im Internet nach Registrierung möglich. www.utilitas.net D ie Industrie- und Handelskammern bieten einen kostenlosen Demografierechner an, mit dessen Hilfe Unternehmen die Altersstruktur im eigenen Betrieb transparent machen und den Fachkräftebedarf bis in das Jahr 2030 ermitteln können. Für Baden-Württemberg, Hessen, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Berlin können diese Ergebnisse mit regional- und branchenspezifischen Entwicklungen am Arbeitsmarkt verglichen und ausgewertet werden. An der Aufnahme regionaler, makro-ökonomischer Arbeitsmarktdaten der anderen Bundesländer wird gearbeitet. www.demografierechner.de 46 ORGANISATION_AUSLANDSENTSENDUNG Keine Mobilität ohne Strategie LEITFADEN. Zwei Studien zeigen die Bedeutung eines strategischen Global-Mobility- Managements, offenbaren Praxisfallen und geben Tipps zur Umsetzung. Von Ulrike Hasbargen, David J. Rooney und Melanie Feistauer V iele international tätige Unternehmen beschäftigen sich verstärkt mit der Frage, welche Rolle ihre internationale Mobilität für die Unternehmensstrategie spielt und wie die Global-Mobility-Abteilung ausgerichtet sein soll. In der Praxis läuft die Bearbeitung der gesamten Bandbreite strategischer und operativer Themen, die mit internationalen Mitarbeitereinsätzen einhergehen, in der Mobility-Abteilung zusammen. Komplexe und schwer voneinander abgrenzbare Themen wie Einreisebestimmungen, steuer- und sozial versicherungsrechtliche Auswirkungen, interkulturelle Herausforderungen, familiäre Angelegenheiten, Umzugsorganisation, Gehaltsanpassungen, Karriereziele der Mitarbeiter sowie Unternehmens- und Abteilungsziele werden allein im „Mobility-Silo“ bearbeitet. Dieses Silo gilt es zu durchbrechen. Zusammenarbeit statt Silodenken Im Rahmen des jährlichen „Global Mobility Survey“ von Ernst & Young wurden mehrere Hundert Unternehmen aus allen Kontinenten zu ihrem Global-Mobility-Management befragt. Die jüngste Global-Mobility-Studie zeigt dabei eine Zweiteilung zwischen den wenigen Unternehmen (26 Prozent), die strategisch einen proaktiven, vorausschauenden Ansatz in ihrem Global-Mobility-Mana gement verfolgen, und denen, die ihre Mitarbeiter eher bedarfsorientiert und „ad hoc“ ins Ausland entsenden. Dabei bedeutet ein strategischer Ansatz, das gesamte Global-Mobility-Programm unter die Lupe zu nehmen und zu Beginn dieser Reise die übergeordneten Unternehmensziele in den Blick zu nehmen, um sie mit Global Mobility zu verknüpfen. Global Mobility und seine Stakeholder, insbesondere die entsendenden Geschäftsbereiche, müssen eng zusammenarbeiten und sich überlegen, wie Global Mobility als Mittel zur Erreichung von Unternehmens- und Abteilungszielen genutzt werden kann. Wir empfehlen, sich dieser Frage zu stellen, bevor Policies oder wesentliche Prozesse angepasst werden, denn die Strategie bestimmt das „Was“ und das „Wie“. Doch was genau bedeutet strategische Global Mobility? In unseren Augen einen holistischen Ansatz mit Blick auf das gesamte Global-Mobility-Management. Einfacher gesagt: Es ist eine Reise, vor deren Antritt das Unternehmen diese Fragen geklärt haben sollte: Warum? Was? Wie? Warum? Die Frage nach den Zielen Wer sein Global-Mobility-Management überdenken und vorausschauender gestalten möchte, sollte sich zu Beginn dieses Projekts folgende Frage stellen: Warum wollen wir Mitarbeiter international einsetzen und welche Ziele verfolgen wir damit? Im Rahmen dieser Überlegung ergeben sich häufig weitere Fragen, die darauf abzielen, sich als international tätiges Unternehmen eine „Global-Mobility-Identität“ zu geben (siehe Kasten „Selbsttest“). Die Surveys zeigen, dass einige führende Unternehmen das Potenzial von Global Mobility als strategisches Werkzeug für den Aufbau und die Förderung eines Talentpools erkannt haben. Nichtsdestotrotz tun sich Unternehmen schwer damit, Global Mobility und Talent Management strategisch miteinander zu verknüpfen. So berichten lediglich 58 Prozent der Unternehmen, dass sie ein globales Talent Management-Programm aufgestellt haben, das Global Mobility zumindest auf dem Papier miteinbezieht. Im Vergleich zum Vorjahr (51 Prozent) lässt sich damit zwar ein positiver Trend verzeichnen, die Praxis birgt allerdings nach wie vor erhebliches Verbesserungspotenzial. Zunehmend, so zeigt sich, wird die Arbeit in oder die Leitung von internationa len virtuellen Teams ebenso als „internationale Erfahrung“ angesehen wie ein Auslandseinsatz im klassischen Sinne. Ob eine solche Erfahrung wichtig für die Personalentwicklung ist, ist eine Frage der Unternehmenskultur und -ziele, die mit Global Mobility verknüpft sind. Und auch die Frage nach der Diversität sollte gestellt werden: Durchschnittlich mehr als vier Mal so viele Männer wie Frauen gehen, so die Survey-Ergebnisse, für Projekteinsätze (circa drei bis zwölf Monate) ins Ausland. Bei Langzeitentsendungen (drei bis fünf Jahre) liegt die Verteilung sogar bei 85 Prozent Männern zu 15 Prozent Frauen. Diese zentralen Fragen können nicht allein von der Global-Mobility-Abteilung beantwortet werden. Vielmehr ist das Feedback von Global-Mobility-Stakeholdern gefragt, um ein möglichst aussagekräftiges Bild darüber zu erhalten, welche Bedürfnisse es rund um Auspersonalmagazin 08 / 15 47 landseinsätze gibt. Zu den Stakeholdern zählen neben der Mobility-Funktion sowohl die Kollegen aus den Geschäftsbereichen, die Mitarbeiter entsenden (Business-Partner), als auch die eng mit diesen Geschäftsbereichen kooperierenden HR-Business-Partner. Weitere Stakeholder sind Kollegen aus unterschiedlichen HR-Bereichen wie Talent Management, Recruiting, Diversity, Personalplanung und Vergütung und nicht zuletzt Expatriates und Repatriates (vom Auslandseinsatz zurückgekehrte Mitarbeiter). Es ist ebenfalls ratsam, die Vorstands ebene so früh wie möglich in das Projekt „Strategische Global Mobility“ einzubeziehen. Nur so ist das nötige Management-Buy-in für die Entwicklung und Umsetzung einer neuen Strategie für das Entsendemanagement sichergestellt. Laut der diesjährigen EY-Studie diskutieren 47 Prozent der Unternehmen, die oben als „Strategen“ erläutert wurden, quartalsweise oder häufiger (monatlich oder wöchentlich) mit der Vorstandsebene über Global Mobility. Unter den Unternehmen, die Global Mobility eher bedarfsorientiert und reaktiv managen, trifft dies nur auf 27 Prozent zu. Zur Entwicklung der Strategie sollten in einem ersten Schritt gewisse GlobalMobility-Treiber, das heißt vom Stakeholder-Feedback abgeleitete Grundsätze, definiert werden. Diese dienen als Antworten auf die zu Beginn gestellten Fragen und geben dem Unternehmen die „Global-Mobility-Identität“. Was? Die Frage nach dem Angebot Was wollen wir im Rahmen unseres Global-Mobility-Programms für wen anbieten? Nach der Klärung, warum Mitarbeiter global mobil sein sollen, was dies für das Unternehmen bedeutet und in welchen Bereichen Global Mobility verändert werden soll, kann nun definiert werden, welche und wie viele Mitarbeiter zu welchen Konditionen in welche Märkte verschickt werden. Nicht jeder Auslandseinsatz verfolgt dasselbe Ziel. 08 / 15 personalmagazin © MIKE WATSON IMAGES / THINKSTOCKPHOTOS.DE Zur Entwicklung einer echten GlobalMobility-Strategie braucht der MobilityManager auch die Unterstützung von HR und der Geschäftsführung. STRATEGISCHER ANSATZ IN DREI PHASEN WARUM? StakeholderFeedback einholen WIE? WAS? Mobility Population einteilen Strategie entwickeln Policies erstellen/ anpassen Dienst leistungs palette definieren Dienstleistungserbringung organisieren Prozesse definieren & IT-Lösung finden Der strategische Ansatz zum Aufbau einer Global Mobility umfasst sieben Schritte. Jeder dieser Schritte muss die Kernziele der Global-Mobility-Strategie beachten und umsetzen. ENTSENDETYPEN Mitarbeiterziele und Entsendezweck Nicht jeder Mitarbeiter passt für jeden Auslandseinsatz. Anhand von vier Beispielsgruppen sehen Sie, welcher Typ welchen Entsendezweck am besten erfüllen wird. Skills-based: Ein Projekteinsatz von wenigen Monaten dient klassischerweise dazu, einen Experten mit fachlichem Know-how für eine konkrete Aufgabe zu entsenden. Hier steht mehr die Erledigung der Aufgabe im Sinne des Unternehmens als die persönliche Entwicklung des Mitarbeiters im Vordergrund. Junior-Mobility: Junge Mitarbeiter wie zum Beispiel Berufseinsteiger oder Praktikanten verfügen häufig über eine hohe intrinsische Motivation, Auslandserfahrung zu sammeln, ohne dass im Ausland eine konkrete Aufgabe ansteht. Zweck der Entsendung ist hier die Steigerung der Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber. Developmental: Aufstrebende Talente, sogenannte High Potentials sollen anhand einer herausfordernden Aufgabe im Ausland in ihrer Entwicklung gefördert werden. Die persönliche Entwicklung des Mitarbeiters steht hierbei im Vordergrund der Entsendung. Strategic: Schlüsselpositionen wie die Geschäftsführung ausländischer Unternehmenseinheiten sollen strategisch mit Führungskräften oder definierten Nachwuchsführungskräften besetzt werden, die bereits in ihrem Heimatumfeld wichtige Aufgaben übernommen haben. Sowohl der Mehrwert für das Unternehmen als auch der Entwicklungswert für den Mitarbeiter sind Ziele dieses Auslandseinsatzes. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 48 ORGANISATION_AUSLANDSENTSENDUNG Stellt man den Mehrwert einer Entsendung aus Sicht des Unternehmens dem Mehrwert für die persönliche Entwicklung des Mitarbeiters gegenüber, zeigen sich unterschiedliche Entsendetypen, vier beispielhafte Gruppen finden Sie im Kasten „Entsendetypen“. Dies sind keineswegs fest vordefinierte oder allgemeingültige Mobility-Gruppen, vielmehr ist für jedes Unternehmen individuell zu überlegen, welche und wie viele verschiedene Gruppen unterschieden werden können. Wir beobachten beispielsweise einen Trend dahin, mehr Pendler- (sogenannte Commuter) Optio nen anzubieten. Hierbei verbleibt die Familie im Heimatland, dafür wird dem Mitarbeiter mehr Flexibilität bei Heimflügen angeboten. So können typischen Herausforderungen in Verbindung mit der Entsendung ganzer Familien, wie beispielsweise Karriereeinschränkungen des mitreisenden Partners bei „Dual Career“-Familien, entgegengewirkt werden. Die Einteilung der Global-MobilityPopulation in diese Gruppen erlaubt Unternehmen, ihr Global-MobilityManagement in mehrfacher Hinsicht zu differenzieren. Sowohl das Maß der Betreuung für die unterschiedlichen Mobility-Populationen als auch die Höhe der vertraglich zugesicherten Global-Mobility-Leistungen (finanzieller und ideeller Natur) sollten für die jeweilige Gruppe unterschiedlich sein. Junior-Mobility-Kandidaten mit ihrer hohen intrinsischen Motivation benötigen und fordern zum Beispiel ein vergleichsweise kleines Betreuungspaket gegenüber Mitarbeitern in wichtigen Führungspositionen, die im Regelfall für mehrere Jahre mitsamt ihren Familien und den damit verbundenen Herausforderungen ins Ausland gehen. Dahingegen kann bei Developmental-Einsätzen eine teilweise Übernahme von entsendebedingten Belastungen durch den Mitarbeiter selbst durchaus erwartet werden. Skills-based-Einsätze schließlich sollten durch schnellen und reibungslosen Sup- port, jedoch ohne „high-touch“-Ansatz gemanagt werden. Individuelle Dienstleistungspaletten Pro Mobility-Population kann es eine separate Richtlinie (sogenannte Policy) geben, die das Maß der Betreuung sowie die unterschiedlichen Global-MobilityLeistungen regelt. Diese Global-Mobility-Dienstleistungspalette wird demnach ebenso pro Mobility-Population definiert, wobei lediglich die Anzahl der unterschiedlichen Leistungen pro Mitarbeitergruppe, nicht allerdings die Qualität der Erbringung variieren sollte. Bei der Überlegung, welche Dienstleistungen für welche Gruppe erbracht werden, sollte ein gewisses Mindestmaß an Dienstleistungen für alle Mitarbeiter gelten. Dazu zählen einerseits Fürsorgepflichten wie zum Beispiel die Zurverfügungstellung einer Wohnung, Anpassung der Lebenshaltungskosten sowie Rückflüge und medizinische Versorgung in Notfällen und andererseits die Einhaltung gesetzlicher Anforderungen in den Bereichen Immigration, Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht. Darüber hinaus angebotene Leistungen wie Umzugspauschalen, vorbereitende Trainings und Heimflüge können je nach definierter Gruppe und der mit den Auslandseinsätzen verbundenen Ziele variieren. Eine solche Differenzierung der Mobility-Population und des angebotenen Leistungsumfangs ermöglicht eine differenzierte Verteilung und somit Optimierung der Kosten im Sinne des Unternehmens. Auch in dieser „Was“-Phase sollten Unternehmen den Blick in Richtung Talent ONLINE Zu den Global-Mobility-Studien von Ernst & Young gelangen Sie über die Personal magazin-App oder über unser Portal (Suchwort Global Mobility) www.haufe.de/personal Management wagen und sich überlegen, für welche Mobility-Gruppen sie welche Talent-Management-Maßnahmen ergreifen. Insbesondere bei Auslandseinsätzen, die das Ziel verfolgen, Mitarbeiter persönlich zu entwickeln, um sie für zukünftige oder weitere Schlüsselaufgaben im Unternehmen vorzubereiten (Developmental und Strategic), sollte eine bewusste Karriereplanung für die Zeit nach dem Auslandseinsatz vorgenommen werden. Welche Nachfolgeposition bietet sich für diesen strategisch wichtigen Kandidaten an? Wie können wir ihn auch nach dem Auslandseinsatz langfristig an unser Unternehmen binden? Bereits vor der Entsendung und konkret mehrere Monate vor der geplanten Rückkehr des Mitarbeiters sollten geeignete Nachfolgestellen in den entsprechenden Personenkreisen diskutiert werden. Die Reintegration von Expatriates erhält eine besondere Relevanz, wenn man die hohe Kündigungsquote unter Rückkehrern betrachtet: Die in der EYStudie befragten Unternehmen geben an, dass mit durchschnittlich 16 Prozent fast jeder sechste Mitarbeiter das Unternehmen innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Rückkehr vom Auslandseinsatz verlässt. Einer der Hauptgründe ist die Unzufriedenheit mit der Rückkehrposition, die dem im Ausland gewonnenen Wissen, Fähigkeiten und Netzwerk häufig nicht gerecht wird. Durch die Kündigung eines Repatriates geht dem Unternehmen nicht nur der Ertrag aus ihrer Investition in den Mitarbeiter verloren, es entstehen außerdem Schwierigkeiten, zukünftig Mitarbeiter für einen Auslandseinsatz zu motivieren, wenn diese die Kündigungsentscheidung ihres Kollegen als Folge eines schlechten Global-Mobility-Managements wahrnehmen. Darüber hinaus stellen sich einige Unternehmen bereits die Frage, ob internationale Erfahrung als Kriterium für definierte Führungspositionen gelten sollte. Wenn es das Ziel ist, als Unternehmen insgesamt internationaler zu personalmagazin 08 / 15 49 SELBSTTEST Global-Mobility-Identität Folgende Ausgangsfragen sollten Sie sich stellen, um ihr Global-Mobility-Programm strategisch aufzubauen und mit den Unternehmenszielen zu verbinden: • Dienen Auslandseinsätze der Entwicklung von Mitarbeitern oder der Erledigung einer Aufgabe? Oder beides? Was bedeutet Talent Management in diesem Zusammenhang? • Wie möchten wir als Unternehmen kulturell aussehen? Welche Diversitäts-Ziele verfolgen wir allgemein und in Global Mobility? kann diese Prozesse durch Tracking und einfaches Reporting unterstützen. Die Suche nach der richtigen IT-Unterstützung für das Global-Mobility-Programm sollte bereits während der Phase der Prozessdefinition starten, um die in den Prozessen gewünschten Outputs und Schnittstellen zu berücksichtigen. • Passt unser derzeitiges Global-Mobility-Angebot zu den Bedürfnissen unseres Geschäfts? Mit Global Mobility am Strategietisch • Wie wichtig ist uns der Wissenstransfer von der Zentrale in unsere Auslandsstandorte und umgekehrt oder zwischen Auslandsstandorten? Einige Global-Mobility-Verantwortliche haben bereits einen festen Sitz am „Strategietisch“ ihrer Unternehmen erkämpft. Hier ist das Interesse am Erfolg des gesamten Global-Mobility-Programms so groß, dass strategisches Global Mobility gemeinsam mit dem Geschäftsführerbereich und möglichst vielen weiteren Stakeholdern diskutiert wird. Dabei bedeutet ein strategischer Ansatz, das gesamte Global-Mobility-Programm unter die Lupe zu nehmen, und zu Beginn dieser Reise die Frage nach dem „Warum“ zu wagen, das heißt nach den übergeordneten Unternehmenszielen, um diese mit Global Mobility zu verknüpfen. Wir empfehlen, diese Frage zu stellen, bevor Policies oder wesentliche Prozesse angepasst werden, denn die Strategie bestimmt das „Was“ und das „Wie“. Nur auf diese Weise kann die Reise in einem Global-MobilityProgramm enden, das die Ziele und Bedürfnisse von Unternehmen und Mitarbeiter miteinschließt. • Was bedeutet Globale Mobilität beziehungsweise internationale Erfahrung für uns als Unternehmen? Zählen dazu nur Auslandseinsätze oder auch die Mitarbeit beziehungsweise Leitung eines internationalen virtuellen Teams? • Bedeutet Global Mobility „unvermeidbare Kosten“ oder „notwendiges Investment“? • Woran messen wir den Erfolg unseres Global-Mobility-Programms? • Ist unser Global-Mobility-Programm für zukünftige Anforderungen gerüstet? werden und ein „global mindset“ aufzubauen, kann dies eine geeignete Maßnahme sein. Wie? Die Frage nach der Umsetzung In dieser Phase gilt es zunächst, mit einer geeigneten Organisationsstruktur die zuvor definierten Dienstleistungen möglichst einheitlich und effizient „an den Expat“ zu bringen. Dabei gelten folgende Überlegungen: Möchten wir unsere Services selbst, also intern anbieten oder beauftragen wir externe Spezialisten? Sollten unsere Services „on-shore“ oder „off-shore“ geliefert werden, das heißt mit einem direkten Ansprechpartner vor Ort oder mithilfe einer oder mehrerer GlobalMobility-Servicestellen? Letztere sogenannte „Global Mobility Hubs“ werden vermehrt in Unternehmen mit mehreren Hundert oder gar vierstelligen Entsendezahlen und bei vielen Einsatzländern genutzt. Dabei wird meistens pro Region, zum Beispiel Europa, Americas und AsiaPacific, eine Servicestelle gegründet, die dann für die operative Global-Mobility-Betreuung der gesamten Region zuständig ist. In der Regel werden diese Hubs von einem sogenannten Center of Excellence (CoE) angeleitet, das übergreifende strategische Themen wie die Einhaltung der 08 / 15 personalmagazin Grundsätze und Policies sowie das Vendor Management zentral verantwortet. Diesem Team, das häufig entweder in der Zentrale sitzt oder virtuell aufgestellt ist, kommt somit eine Governance-Rolle zu. Zusätzlich kann diese Struktur durch ein Shared Service Center unterstützt werden, das die operative Umsetzung einfacher, übergreifender und standardisierter Prozesse übernimmt. Hier muss jedes Unternehmen anhand der Entsendezahlen, -population und definierten Dienstleistungspalette individuell überlegen, welche Struktur geeignet ist. Als Trend zeigt sich ein wachsender Bedarf an entsendebereiten Mitarbeitern: Fast drei Viertel der Befragten in der jüngsten EY-Studie erwarten, dass der Bedarf an mobilen Mitarbeitern in den nächsten drei Jahren mäßig bis signifikant steigt. Knapp zwei Drittel der Unternehmen haben diesen Trend bereits in den vergangenen drei Jahren beobachtet. Im letzten Schritt werden die standardisierten Prozesse für alle Dienstleistungsbereiche definiert und Verantwortlichkeiten, insbesondere rund um Schnittstellenthemen, klar zugeteilt. Dabei sollten die definierten und dokumentierten Prozesse über alle Mobility-Gruppen hinweg konsistent umgesetzt werden. Eine geeignete IT-Lösung ULRIKE HASBARGEN ist Partner, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Leiterin Human Capital Deutschland, Schweiz, Österreich, Ernst & Young WPG. DAVID J. ROONEY ist Executive Director im Bereich Human Capital – Global Mobility, Ernst & Young WPG, Eschborn. MELANIE FEISTAUER ist Senior Consultant im Bereich Human Capital – Global Mobility, Ernst & Young WPG München. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 50 ORGANISATION_AUSLANDSENTSENDUNG Nicht ohne meine Familie ÜBERBLICK. Der Erfolg einer Entsendung hängt auch von der mitreisenden Familie ab. Externe Unterstützungsangebote können vermeiden, dass diese auf der Strecke bleibt. Von Constance Grunewald-Petschke und Gyöngyi Varga D ie Globalisierung ist in vollem Gange. Nicht nur die Konzernwelt, sondern zunehmend auch der deutsche Mittelstand rechnet mit weiter steigenden Investitionen im Ausland – und sieht sich folglich mit den Herausforderungen weltweiter Mitarbeiterentsendungen konfrontiert. Dabei geht es für Unternehmen nicht nur darum, administrative oder rechtliche Hürden zu überwinden, sondern auch um sehr persönliche Anliegen, allen voran die persönliche Situation ihrer Wunschkandidaten. Studien zufolge ist die Familie nämlich der am häufigsten genannte Grund dafür, dass Mitarbeiter längerfristige Auslandseinsätze von vornherein ablehnen. Kommt es schließlich doch zur Entsendung, sind laut Cartus Mobility Report 2014 in 61 Prozent der Entsendungen die mitreisenden Angehörigen für einen vorzeitigen Abbruch verantwortlich. Und das, obwohl gerade die mitreisende Familie oft aufwendig auf den Auslandsaufenthalt vorbereitet wird. Waagschale mögliche Stressfaktoren, die der den Expat begleitenden Familie meist begegnen werden: ein neuer Arbeitsplatz, ein Umzug oder ein Schulwechsel der Kinder. Die gegen-überliegende Waagschale umfasst die Ressourcen, die der Familie zur Verfügung stehen, um den dadurch entstehenden Stress zu re- duzieren: vertraute Rituale, gemeinsame Freizeitaktivitäten oder die Unterstützung durch das soziale Netzwerk. Im gewohnten Alltag besteht ein Gleichgewicht zwischen Stressfaktoren und Ressourcen – das Familiengefüge gilt als ausbalanciert. Ein Auslandsaufenthalt verändert jedoch praktisch alle Bereiche Anschlussmöglichkeiten für die Familienmitglieder ist eine der Grundbedingungen für erfolgreiche Entsendungen. Wieso bringen Familienentsendungen trotzdem offensichtlich so viel Problempotenzial mit sich, dass sich einige Unternehmen inzwischen sogar strategisch gegen das Entsenden ganzer Familien entscheiden – und damit wertvolle Ressourcen ungenutzt lassen? Vergleichen wir die familiäre Balance mit einer traditionellen Waage, so enthält die eine © WILLIAM87 / FOTOLIA .COM Die Familie: Stabilisator oder Risiko für den Auslandseinsatz personalmagazin 08 / 15 51 des Familienlebens und bedeutet die geballte Ladung Stress für alle Familienmitglieder. Gleichzeitig brechen viele stabilisierende Ressourcen weg. Die sensible Balance gerät in Schieflage und wird zum Risikofaktor für den Erfolg des Auslandseinsatzes. Susan Salzbrenner, Organisationspsychologin und Entsendungsexpertin: „Besonders die mitreisenden Partner leiden häufig unter der Veränderung ihres Alltags, einer ungewohnten Rolle oder dem Verlust ihrer Berufstätigkeit im Heimatland. Daraus entsteht meist Unzufriedenheit, und nicht selten sind familiäre Spannungen, Demotivation des Mitarbeiters oder sogar der Abbruch des Aufenthalts die Konsequenz. Dramatisch nicht nur für die Familie selbst, sondern auch für die entsendenden Unternehmen, denn die Situation kann zur Fluktuation hoch qualifizierter Fach- und Führungskräfte führen. Langfristig können solche Fälle die Mitarbeitermobilität verringern und das Unternehmensimage schädigen.“ Unzufrieden mit Unterstützung Auf den ersten Blick scheinen entsendende Unternehmen das Risiko erkannt zu haben und treffen umfangreiche Vorkehrungen, um die mitreisenden Familien zu unterstützen. Laut Brookfield Global Mobility Trend Survey 2014 nehmen Sprachkurse seit Jahren die absolute Spitzenposition ein, etwas mehr als die Hälfte der Arbeitgeber unterstützt die mitreisenden Partner immerhin mit interkulturellen Trainings, jedes dritte Unternehmen sponsert die Jobsuche im Gastland. Eine Studie, in der die Entsendungsexpertin Yvonne McNulty erstmalig auch qualitative Daten über die Zufriedenheit der mitreisenden Partner im Gastland erhob, zeigt, dass einige der Maßnahmen, die bei Personalverantwortlichen am beliebtesten sind, von den Angehörigen als kaum relevant für eine erfolgreiche Eingewöhnung der Familie im Gastland eingestuft werden. Die Studie gibt entsendenden Unternehmen und Personalverantwortlichen eine völlig neue Perspektive auf ihr Entsendungsmanagement: die der Betroffenen selbst. Und davon beurteilen gerade einmal 29 Prozent die Unterstützung durch das PRAXISTIPPS Leitlinien für die Vorbereitung Um Auslandsentsendungen zum beabsichtigten Erfolg zu führen und um vorzeitigen Abbrüchen vorzubeugen, sollten Personal- und Mobilityverantwortliche die folgenden fünf Tipps für eine erfolgreiche Unterstützung mitreisender Angehöriger berücksichtigen. Wertschätzung. Binden Sie die mitreisenden Familienmitglieder Ihres Mitarbeiters von Anfang an in das Entsendungsprojekt mit ein. Diese haben einen enormen Einfluss auf die Motivation des zu Entsendenden. Zielorientierung. Vermeiden Sie Barauszahlungen. Ein konkretes Leistungspaket können Sie zielgerichteter einsetzen, den Erfolg messen und immer wieder überprüfen. Ganzheitlichkeit. Beachten Sie die Gesamtheit der Veränderungen, die sich durch die Entsendung für die Familie ergeben. Gestalten Sie Ihr Maßnahmenpaket maßgeschneidert. Nachhaltigkeit. Bedenken Sie, dass eine Entsendung bereits vor dem Aufenthalt beginnt und erst dann endet, wenn die Familie wieder zurück in Deutschland ist. Wählen Sie ein Paket, das alle Entsendungsphasen abdeckt. Praxisnähe. Beauftragen Sie Dienstleister mit hoher Praxiserfahrung. Wer selbst in der Situation eines Expats oder eines begleitenden Familienmitglieds gewesen ist, kann gezielt und professionell auf die Bedürfnisse mitreisender Partner eingehen. 08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 52 ORGANISATION_AUSLANDSENTSENDUNG entsendende Unternehmen als gut oder sehr gut. Insbesondere zeigt sich, dass gerade die Maßnahmen, die Unternehmen am häufigsten zur Unterstützung ihrer Expats nutzen, bei Weitem nicht die effektivsten sind oder auch nachlässig gewährt werden. Im Einzelnen: • Interkulturelle Trainings: Vorbereitende Maßnahmen wie interkulturelle Trainings oder Sprachunterricht halten zwar 71 Prozent der Angehörigen für wichtig. Ganze 85 Prozent der Befragten erachten diese jedoch nur dann als sinnvoll, wenn sie nicht nur zur Vorbereitung, sondern auch während des Auslandsaufenthalts stattfinden. Eine kontinuierliche Begleitung ist bis dato jedoch eher die große Ausnahme als eine gängige Praxis. • Finanzielle Hilfe zur Weiterentwicklung oder zur Tätigkeit des Partners: Was ihre berufliche Weiterentwicklung angeht, empfinden 76 Prozent der mitreisenden Partner eine Unterstützung durch das Unternehmen grundsätzlich als wünschenswert. Überraschend ist jedoch, dass davon nur knapp die Hälfte eine finanzielle Hilfe für das Aufnehmen einer bezahlten oder ehrenamtlichen Tätigkeit favorisiert. Dies scheint – obwohl es zu den Standardangeboten vieler Firmen zählt - für die Zufriedenheit der Familien im Gastland nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. • Ganzheitliche Coaching- oder Mentorenprogramme: 90 Prozent der Befragten meinen, ein ganzheitliches Coaching- oder Mentorenprogramm könnte einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die erfolgreiche Eingewöhnung der Familie im Ausland haben. Betrachtet man jedoch die gängigen Unterstützungsmaßnahmen, taucht gerade das in der derzeitigen Unternehmenspraxis kaum auf. Stattdessen werden in vielen Mobility Centern einzelne Leistungen von verschiedenen Anbietern scheinbar wahllos miteinander kombiniert. McNultys Studie beweist, dass ein kontinuierliches, ganzheitliches und nachhaltiges Unterstützungskonzept zur langfristigen Zufriedenheit im Gastland ADD-ON Einen Einblick in das Online-Coaching www.How-To-Create-My-Life-Abroad.com und einen kostenlosen Testzugang für unsere Leser finden Sie in unserer App. beiträgt. Und je zufriedener die Angehörigen, desto fokussierter, engagierter und produktiver die Mitarbeiter. Das bestätigt auch Kai Probst, ehemaliger Sprecher der Geschäftsführung des Tüv Süd: „Die Zufriedenheit der mitreisenden Angehörigen im Ausland ist nicht nur für den entsandten Mitarbeiter, sondern auch für das Unternehmen erfolgsrelevant. Die Firma, die hier nicht Acht gibt, spart an der falschen Stelle - im „worst case“ ist das Projekt gescheitert und der Mitarbeiter wechselt zum Wettbewerb.“ Coaching- und Trainingsprogramme müssen passen Dennoch entscheiden sich noch immer viele entsendende Unternehmen für scheinbar bewährte Maßnahmen wie Sprachkurse und interkulturelle Vorbereitungsseminare. Die helfen den Expats zwar, sich in ihrem Gastland besser verständigen zu können und geben zumindest einen ersten Einblick in die Gastkultur. Sind die Betroffenen dann aber vor Ort, stellen sich gerade vorbereitende Seminare und Workshops häufig als nur begrenzt nützlich heraus. Denn die gelernten Inhalte sind zum Zeitpunkt der Maßnahme für die meisten Auslandsreisenden noch nicht relevant. Kommt es dann später im Gastland zu kulturell bedingten Stresssituationen, sind die Informationen nicht abrufbar – der Praxistransfer fehlt, die Maßnahme verliert ihre Wirkung. Einige Unternehmen tragen mittlerweile zumindest den veränderten Familienmodellen Rechnung. Sie bieten den mitreisenden Partnern auf Wunsch ein gezieltes Karrierecoaching an oder finanzieren eine Weiterbildung während der Auslandszeit, die helfen soll, sich beruflich weiterzuentwickeln oder sich später wieder nahtlos in den Berufsalltag zu integrieren. Ob und wie wirksam diese Maßnahmen jedoch auf die Dauer tatsächlich sind, hängt von vielen Faktoren ab. McNultys Studie lässt zumindest daran zweifeln, dass sie den Betroffenen in ihrer aktuellen Lebenssituation weiterhilft. Kontinuität, Nachhaltigkeit und ein ganzheitlicher Ansatz sind in der heutigen Unternehmenspraxis jedoch immer noch die Ausnahme. Da sich aber gerade durch eine Auslandsentsendung alle Lebensbereiche verändern und der Alltag der Familie manchmal völlig auf den Kopf gestellt wird, sollten gerade das Anforderungen an eine moderne und bedarfsgerechte Betreuung der entsendeten Mitarbeiter und deren Familien sein. Wer als HR-Verantwortlicher die bestmöglichen Voraussetzungen für gelungene Auslandsprojekte schaffen möchte, sollte unbedingt die Bedürfnisse der mitreisenden Angehörigen einbeziehen – und dann einen kritischen Blick auf sein aktuelles Unterstützungsangebot werfen. Stellt sich dabei heraus, dass interkulturelles Tagestraining und privater Sprachunterricht nicht ganz die Erwartungen der entsandten Familien treffen, könnte ein ganzheitliches virtuelles Coachingprogramm für mitreisende Angehörige eine lohnenswerte und nachhaltige Alternative sein. CONSTANCE GRUNEWALDPETSCHKE, Geschäftsführerin der Entsendungsberatung Abroad in Düsseldorf, ist zertifizierte interkulturelle Trainerin und Coach und selbst mitreisende Partnerin in Istanbul. GYÖNGYI VARGA ist transkultureller Coach und arbeitet als Beraterin und Trainerin für interkulturelle Kommunikation und Kompetenz unter anderem bei der Haufe Akademie. personalmagazin 08 / 15 ORGANISATION_WEITERBILDUNGSSTRATEGIE 53 Experten international stärken PRAXIS. Tüv Süd hat eine internationale Weiterbildungsstrategie mit Fokus auf der Expertenentwicklung implementiert – so zentral wie möglich, so lokal wie nötig. I n der heutigen Arbeitswelt bedeutet Wissensverlust sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber stets einen Wettbewerbsnachteil. Hier kann ein durchdachtes Bildungsmanagement helfen, Talente gezielt zu fördern und Mitarbeiter nachhaltig weiterzubilden. So können sich Unternehmen von der Konkurrenz abheben und sich als attraktiver Arbeitgeber positionieren. Für die Tüv Süd AG hat eine kontinuierliche Weiterbildung und -entwicklung der Mitarbeiter nicht zuletzt deshalb eine hohe Priorität, weil die Leistungsfähigkeit des Unternehmens mit deren Know-how steht und fällt. Der ursprünglich deutsche Dienstleister, dessen Leistungsspektrum neben Prüfungen und Gutachten unter anderem auch die Bereiche Ausbildung und Zertifizierung umfasst, hat sich über die Jahre hinweg zu einem globalen Konzern entwickelt. Mittlerweile ist über die Hälfte seiner 22.000 Mitarbeiter im Ausland beschäftigt. Während das Know-how noch vor ein paar Jahrzehnten ausschließlich von Deutschland in andere Länder floss, läuft der Transfer mittlerweile auch in die andere Richtung ab. Dieser Entwicklung wollen der Vorstand und der Konzernbereich Personal bei Tüv Süd Rechnung tragen. Darum sehen sie es bei ihrer globalen Wachstumsstrategie als einen schlüssigen Schritt, auch die Weiterbildung des Unternehmens stärker zu internationalisieren. In einem Initialworkshop diskutierte der Vorstand Anfang 2012 gemeinsam mit den Human-Resources-Verantwortlichen und den CEOs einzelner Tüv-SüdGesellschaften den aktuellen Stand und Optimierungsbedarf. Das Ergebnis zeigte, dass der Konzern in puncto Weiterbildung bereits engagiert war, die diversen Maßnahmen aber bis dato wenig aufeinander abgestimmt und regional unterschiedlich waren. Zudem stellten die Verantwortlichen fest, dass bislang der Fokus auf der Führungskräfteentwicklung lag und noch wenig in die internationale Expertenentwicklung investiert wurde. Eine in- ternationale Weiterbildungsstrategie mit einem entsprechenden Modell sollte dem Ganzen deshalb eine konzerneinheitliche Richtung geben und alle Aktivitäten rund um die Themen „Lernen und Entwicklung“ unter einem Dach bündeln. Vor allem aber sollte die neue Strategie die Entwicklung von Experten stärken, um hoch motivierten und kompetenten Leistungsträgern im Unternehmen neben der Laufbahn als Führungskraft eine weitere Perspektive zu bieten. Fokus auf der Expertenlaufbahn Um dieses Ziel zu erreichen, vereinten HR und die interne Akademie unter dem Namen „Leadership & Expert Develop- © FOTOS: TÜV SÜD AG Von Gabriele Sommer und Erich Hildenbrand Als Teil der Wachstumsstrategie hat Tüv Süd die Weiterbildung internationalisiert. 08 / 15 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 54 ORGANISATION_WEITERBILDUNGSSTRATEGIE ment“ (LED) Angebote für Führungskräfte und Experten und bauten dabei auf bestehenden Angeboten für alle Mitarbeiter wie der Corporate Academy und der Web Academy auf. Die Grundlage für dieses Führungs- und Expertenentwicklungsmodell bildeten die Leitlinien für Führungskräfte und Mitarbeiter, neu entwickelte Kompetenzmodelle und die ausgeschriebene Wachstumsstrategie (siehe Grafik). Für die Implementierung der internationalen Weiterbildungsstrategie begann Tüv Süd 2012 damit, sowohl die Experten- als auch die Führungskräfteentwicklung anhand bereits bestehender Blaupausen, sogenannter „Blueprints“, global auszurollen. Der Blueprint für die Führungskräfte laufbahnen wurde nach dem Baukastenprinzip geregelt: Jeder Mitarbeiter, der bereits eine Führungsposition besetzt oder anstrebt, sollte entsprechende Trainings durchlaufen. Diese würden sich jeweils an Nachwuchsführungskräfte, das mittlere Management, die oberste Führungsebene und sogenannte High Potentials richten, wobei alle Teilnehmer nominiert werden sollten. Die Programme für die obersten Führungskräfte sollten sich aus Mitarbeitern aller Tüv-Süd-Gesellschaften und Regionen zusammensetzen. Die anderen Programme sollten regional auf Basis eines einheitlichen Rahmens durchgeführt werden, um länderspezifischen und kulturellen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Im Gegensatz zur Laufbahn der Führungskräfte war die der Experten nicht so einfach vorzugeben, da es für sie noch keine klaren Hierarchien gab und gibt. Wie auch in vielen anderen Betrieben war die Expertenentwicklung ein recht junges Thema bei Tüv Süd. Innerhalb MODELL FÜR WEITERBILDUNG Tüv Süd Führungskräfte- und Expertenentwicklung Leitlinien für Führungskräfte und Mitarbeiter Corporate und Company Strategien Compliance Kompetenzmodell Führungskräfteentwicklung und Expertenentwicklung Programm für die obersten Führungskräfte Maßnahmen für Technologie führer High-Potential-Programm „Jump“ Programm für das mittlere Management Programm für Nachwuchs führungskräfte Senior-Expertenentwicklung (technisch/nicht-technisch) High-Potential-Programm „Chance“ Expertenentwicklung (technisch/nicht-technisch) Tüv Süd Business and Leadership School Wissenstransfer Tüv Süd Mitarbeiterakademie Tüv Süd Webakademie Das Modell „Leadership & Expert Development“ (LED) mit Fokus auf der Führungskräfteund Expertenentwicklung wurde bei Tüv Süd von Deutschland ins Ausland exportiert. QUELLE: TÜV SÜD AG des Konzerns kam ihr allerdings immer mehr Bedeutung zu. Um das technische Know-how neu eingestellter Experten in Business-Know-how zu wandeln, sah der Konzern deren gezielte Entwicklung und Förderung als essenziell an. Mithilfe von speziellen Programmen sollte die Personalentwicklung sie nun systematisch darauf vorbereiten, ihre Fachkompetenz in übergeordneten und meist internationalen Projekten zu nutzen. Herausforderungen beim Roll-out Diese Weiterbildungsprogramme sollten künftig durchgängig auf allen Ebenen und in allen Regionen stattfinden, um so einen Klammereffekt für das Unternehmen zu haben. Die Implementierung dieser internationalen Weiterbildungsstrategie sollte aber nicht einfach zent ral aus Deutschland gesteuert werden, sondern auch die historisch gewachsenen Strukturen des nunmehr internationalen Unternehmens berücksichtigen. Eine Herausforderung für die Initiatoren war es dabei, dass sie beim Ausrollen der internationalen Weiterbildungsstrategie vor Ort zunächst erst eine gewisse Akzeptanz und ein Verständnis für die Internationalisierung und Vereinheitlichung schaffen mussten. Eine weitere Herausforderung lag auch darin, das gesamte Projekt über größere Distanzen hinweg erfolgreich anzuschieben. Die Verantwortlichen von HR und der internen Akademie stellten schnell fest, dass Telefonate und Videokonferenzen allein für die interkulturelle Kommunikation nicht ausreichten. Auch wenn aufgrund der Höhe der Reisekosten und -zeit nicht alle Termine vor Ort stattfinden konnten, führte das Unternehmen deshalb regelmäßig persönliche Meetings in den jeweiligen Regionen ein. So konnten die Beteiligten mögliche Missverständnisse und Unklarheiten aus dem Weg räumen und gemeinsam mit der Abteilung „Strategie und Innovation“ übergeordnete, teils abstrakte Strategien auf die mittlere oder untere Führungsebene herunterbrechen. Denn gerade kleinere Regionen personalmagazin 08 / 15 55 und Aufgaben definieren sollen. Die Teilnehmer der Seminare sollen aktiv werden und selbst Lösungen erarbeiten. Ziel ist immer, dass am Schluss eines Trainings eine Handlungsmaßnahme steht, die mit dem Vorgesetzten besprochen wird. Durch diese Einbindung haben diese einen besseren Überblick über die Trainings und den Entwicklungsstand ihrer Mitarbeiter. Weitere Maßnahmen sind geplant Von Deutschland (Hauptsitz München) rollte Tüv Süd die Strategie international aus. oder einzelne Niederlassungen taten sich anfangs schwer, sich darin wiederzufinden und die Vorgaben für ihr Umfeld anzupassen. So unterschiedlich die Aufgaben der einzelnen Bereiche sind, so individuell musste die Strategie angepasst werden, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren. besser auf die Teilnehmer eingehen, zum anderen entfallen zusätzliche Kosten. Im Idealfall arbeitet man mit einer internationalen Trainingsagentur zusammen, die zum Beispiel neben Europa auch in Asien sitzt. Der große Vorteil hierbei ist, dass die Verantwortlichen die Agentur nur einmal briefen müssen. Blueprints werden lokal angepasst Mitarbeiter leiten Ziele selbst ab Um diese lokalen Bedürfnisse einerseits und den Anspruch an eine einheitliche Strategie andererseits miteinander zu vereinen, wurden und werden beim globalen Ausrollen der Programme, das 2012 begonnen hat und noch bis dato andauert, die Blueprints regional angepasst. Dabei verfolgt Tüv Süd einen 80-Prozent-Ansatz: Das bedeutet, dass das Unternehmen bei allen Trainingsmaßnahmen weltweit 80 Prozent der übergeordneten Konzernvorgaben und -inhalte umsetzt und 20 Prozent individuell durch die Region gestaltet werden. So kann es zum Beispiel sein, dass eine Region in Asien aus lokalen beziehungsweise kulturellen Gründen andere oder ergänzende Module braucht, damit ein Führungskräfte- oder Expertenseminar für sie sinnvoll ist. Haben die Regionen die Freiheiten, einzelne Features der Programme selbst zu gestalten, sind die Maßnahmen meist erfolgreicher. Zudem ist es wichtig, dass lokale Trainer zum Einsatz kommen. Zum einen kennen sie die Gegebenheiten vor Ort und können Die internationalen Führungskräfteund Expertenentwicklungsprogramme sind schon erfolgreich angelaufen: Aktuell finden Führungskräftetrainings der obersten Ebene statt, die größtenteils voraussichtlich Ende 2015 abgeschlossen sein werden. Die 2013 gestarteten internationalen Trainings für die mittlere Führungsebene und Nachwuchskräfte haben einen großen Zulauf und sind ebenfalls nach wie vor in Gang. Gleichzeitig läuft aktuell ein Expertenentwicklungsprogramm, das aus 19 Teilnehmern aus allen Divisionen besteht. Dabei setzen wir unter anderem auf in allen Trainings wiederkehrende Tools wie einen Parcours, bei dem die Teilnehmer spielerisch Leitlinien reflektieren, und divisionsübergreifende Maßnahmen. Ein wichtiger Baustein dabei: Tüv Süd nimmt beim Expertenprogramm wie auch bei den Führungskräftetrainings die Teilnehmer selbst in die Pflicht, indem diese die eigene Regions- oder Unternehmensstrategie mit der des Konzerns abgleichen und daraus ihre Ziele 08 / 15 personalmagazin Rückblickend betrachtet, wäre es bei der Implementierung zwar leichter gewesen, alle Maßnahmen bereits zu einem früheren Zeitpunkt zentral zu steuern und dabei mehr Mitarbeiter bereichs übergreifend einzusetzen – doch wollten wir dabei auch lokale Gegebenheiten und gewachsene Strukturen berücksichtigen. Und die Mühe hat sich gelohnt: Für Tüv Süd trägt diese ganzheitliche Weiterentwicklung des Weiterbildungssystems schon erste Früchte; Teilnehmer der Führungskräfte- und Expertenprogramme äußern sich sehr positiv und haben das Erlernte bereits in ihren Regionen oder Divisionen umgesetzt oder die ersten Schritte dafür eingeleitet. Viele Rückmeldungen aus verschiedenen Bereichen runden das Konzept Erfolg versprechend ab und zeigen, dass die Strategie Schritt für Schritt im Konzern umgesetzt wird. Bei den bisherigen Maßnahmen rund um die internationale Weiterbildungs strategie soll es nicht bleiben: Der Konzernbereich Personal wird noch in diesem Jahr mit dem Vorstand die Entwicklung weiterer Maßnahmen für das obere Management besprechen. GABRIELE SOMMER ist Konzernbereichsleiterin Personal bei Tüv Süd. ERICH HILDENBRAND ist Direktor der Business and Leadership School von Tüv Süd. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 56 ORGANISATION_PERSONALDIENSTLEISTUNG Konzepte für den Nachwuchs SERIE. Rekrutieren, begleiten, abschließen: Das strategische Konzept der „Personal- dienstleistung 2.0“ schafft neue Lösungsansätze – auch für die Ausbildung. SERIE PERSONALDIENSTLEISTUNG 2.0 In Zusammenarbeit mit • Ausgabe 08/2015: Ausbildung als strategischer Faktor • Ausgabe 09/2015: High Professionals – Vielfalt als Herausforderung • Ausgabe 10/2015: Die Veränderungen in der Branche der Personaldienstleister Von Thomas Voß N och nie wurden seit der Wiedervereinigung so wenige Ausbildungsstellen besetzt wie im Jahr 2014. Nur 522.000 neue Ausbildungsverträge wurden geschlossen, 100.000 weniger als 2007. Die Zahl der Neuverträge könnte 2015 dem aktuellen Berufsbildungsbericht des Bundesbildungsministeriums zufolge gar auf unter 510.000 sinken (mehr zum Thema Ausbildung lesen Sie auch ab Seite 16). Abgesehen vom demografischen Wandel, der in den kommenden Jahren zunehmend Einfluss auf die Ausbildungszahlen haben wird, ist das Thema Bildung aktuell ein kritischer Faktor zwischen Wirtschaft und Politik. Eine der größten Herausforderungen ist die Differenz zwischen dem, was Betriebe suchen, und dem, was viele Jugendliche mitbringen. Seit Jahren fordern Unternehmer eine Gesamtstrategie für eine umfassende Bildung von Persönlichkeit und Berufsfähigkeit. Insbesondere Hauptschulabgänger sind wegen Schwächen in zentralen Bildungsbereichen wie unzureichender Mathematik- und Kom- munikationskenntnisse oft nicht ausbildungsfähig. Sie sind dadurch entweder gar nicht vermittelbar, brechen nach kurzer Zeit ab oder können aufgrund mangelhafter Grundfertigkeiten in den Betrieben kaum eingesetzt werden. Probleme im Bildungssystem Schlechte Noten, Widerworte, Unpünktlichkeit – immer häufiger zweifeln Unternehmen an der Durchführbarkeit ihres Ausbildungsauftrags. Fast ein Viertel der Betriebe bildet heute gar nicht mehr aus, weil sie die erhöhten Anforderungen nicht leisten können oder das zu hohe Abbruchrisiko scheuen. Laut Bundesinstitut für Berufsbildung betrug die Vertragslösungsquote bei Auszubildenden ohne Hauptschulabschluss 2013 rund 38 Prozent – nahezu das Dreifache von Auszubildenden mit Studienberechtigung (2013 knapp 14 Prozent). Was vielen Betrieben fehlt, sind ganzheitliche Ausbildungskonzepte und die Kapazität, um sich auch auf Auszubildende mit schwierigen Grundvoraussetzungen einzulassen. Dabei dürfte feststehen: Auch aus benachteiligten Jugendlichen können gute Auszubilden- de werden und sie bleiben es, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Neue Strukturen für die Ausbildung Lösungsansätze kommen auch aus den Reihen der Personaldienstleister. Als langfristige strategische Partner im Sinne der „Personaldienstleistung 2.0“ gehen diese das Thema Ausbildung vor dem Hintergrund der Bildungsmisere und der schrumpfenden Anzahl guter Bewerber ganzheitlich an. Im engen und auf Dauer angelegten Dialog mit Unternehmen, Verbänden und öffentlichen Institutionen schaffen sie neue Zugänge und unterstützende Strukturen für die Ausbildung: von der Akquise geeigneter Bewerber über das begleitende Coaching sowie die pädagogische Begleitung bei Problemen im Betrieb oder die Beratung bei persönlichen Themen bis hin zur Prüfungsvorbereitung und Hilfestellung für eine erfolgreiche Übernahme. Auch die Ausbildung im Verbund, bei der der jeweilige Arbeitgeber als Ausbildungspate mit Übernahmeberechtigung einige Risiken und Verantwortungsbereiche auslagern kann, ist ein zukunftsweisendes Modell. Während Unternehmen und Wirtschaftsverbände als Multiplikatoren fungieren, übernehmen Personaldienstleister die oben beschriebene Organisation, Begleitung und inhaltliche Vorbereitung. Praxisbeispiel „Reaktiva“ Nachdem die Ausbildungsaktivität in der Region Ostwestfalen-Lippe 2006 trotz hohem Lehrstellenbedarf und langfristiger Förderkarrieren von Jugendlichen personalmagazin 08 / 15 ANZEIGENSONDERVERÖFFENTLICHUNG AUSBILDUNGSPLATTFORM Ausbildungspaten Personaldienstleister Beratung, Betreuung, Koordination, Organisation Projekte mit Europäischem Sozialfonds Ausbildungsabbrüche Ausbildungsfähigkeit Ausbildungsplattform und Talentbörse Matching und Verteilung Rekrutierung, Einstellung Auswahl und Pool Auslandsrekrutierung Unternehmen Bewerber Praktische Ausbildung Jobgarantie nach Ausbildung Ausbildungsentgelt, Sozialversicherung Praktikum in Kooperationsunternehmen Berechtigung zur Übernahme Schnittstelle zwischen Bewerber und Unternehmen: Der Personaldienstleister übernimmt mit der Ausbildungsplattform die Beratung, Betreuung und Koordination. QUELLE: PIENING PERSONAL 2015 ohne Ausbildung stark abgenommen hatte, suchte der Personaldienstleister Piening Personal für die öffentlich geförderte Ausbildungsinitiative zur „ReAktivierung“ von Ausbildungsplätzen gezielt nach Kooperationsbetrieben, die noch nicht oder nicht mehr ausgebildet hatten. Das Ziel, 50 Jugendliche erfolgreich zu vermitteln, konnte übertroffen werden. Insgesamt 70 Bewerber starteten die Verbundausbildung. Die Kooperationsbetriebe, in der die Ausbildungen durchgeführt wurden, wurden vom Personaldienstleister bürokratisch, fachlich und sozialpädagogisch entlastet. Die Brutto-Ausbildungsvergütung übernahmen der Verbundpartner und der Personaldienstleister aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Lediglich eine Beteiligung an den Ausbildungslehrmitteln und Prüfungskosten war durch die Betriebe zu tragen. 69 der Jugendlichen haben ihre Ausbildung erfolgreich beendet und wurden größtenteils von ihren Ausbildungsbetrieben übernommen. kontinuierlich zurück. Schulabsolventen mit guten Leistungen finden seltener den Weg in die klassische Ausbildung. Umgekehrt sollten aber unter den jährlich rund 100.000 Studienabbrechern Kandidaten zu finden sein, die sich für eine Ausbildung begeistern lassen. Das dürfte namhaften Unternehmen leichter fallen als weniger bekannten Mittelständlern und „Hidden Champions“. Diese werden trotz guter Ausbildungsbedingungen und Karrierechancen häufig übersehen. Ein anderes Problem: Viele Schulabsolventen versteifen sich auf wenige, sehr begehrte Ausbildungsberufe wie etwa Industriekauffrau/-mann oder KfzMechatroniker. Unregelmäßige Arbeitszeiten, harte körperliche Arbeit und ein schlechtes Branchenimage schrecken dagegen ab. So konnten zum Beispiel mehr als 60 Prozent der Arbeitgeber im Gastgewerbe und rund ein Drittel der Banken und Versicherungen 2014 nicht alle Ausbildungsplätze besetzen. Der Wettbewerb um Auszubildende Im Bemühen um Auszubildende ist es sinnvoll, dass Unternehmen ihre Kräfte bündeln und auch Personaldienstleister als strategische Partner ihre Kompetenz im Bereich Human Resources einbringen. Ein Beispiel für eine regionale Maßnahme ist die „Bielefelder Ausbildungs- Neben der mangelnden Ausbildungsfähigkeit ist die „Akademisierung der Massen“ ein Thema. Weil immer weniger Schulabgänger nach immer höheren Abschlüssen streben, gehen die Bewerberzahlen in den Ausbildungsberufen 08 / 15 personalmagazin Personaldienstleister als Schnittstelle offensive“, die ein umfangreiches Paket zur Förderung der Ausbildung umfasst. Dazu zählen unter anderem eine verstärkte Kooperation mit Schulen bei Information und Praktikum sowie eine gezielte Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für gute Ausbildungsbeispiele aus der Region. Ergänzende Aktionen wie das „Speed-Dating“ sollen Unternehmen und Schulabsolventen auf unkomplizierte Weise einander näherbringen. Das Modell einer regionalen Ausbildungsplattform für die Beratung, Betreuung und Koordination sieht den Personaldienstleister dabei als Schnittstelle zwischen den beteiligten Unternehmen und Bewerbern (siehe Grafik). Zu den Aufgaben zählen unter anderem Rekrutierung, Auswahl und Einstellung von Bewerbern. Hinzu kommt die Koordination einer Austauschbörse, über die stark frequentierte Firmen ihren Überschuss an guten Bewerbern mit deren Einverständnis unbürokratisch an regionale Wettbewerber weitergeben können. Ein ganz aktuelles Thema: Seit November 2014 dürfen Flüchtlinge nach drei Monaten eine Ausbildung beginnen. Auch hier können Personaldienstleister durch Sprachvorbereitungskurse und Ausbildungsbegleitung einen wichtigen Beitrag zur beruflichen Integration leisten. Laut der Deutschen Presseagentur sieht Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer auch in der Zeitarbeit einen Weg, mit praktischen Fertigkeiten und persönlichen Kompetenzen zu überzeugen. Das Beschäftigungsverbot für Flüchtlinge sieht er als nicht mehr zeitgemäß an. Der zweite Teil der Serie „Personaldienstleistung 2.0“ beleuchtet das Thema „High Professionals“ und diskutiert, was in diesem Segment die Form der Arbeitnehmerüberlassung für Arbeitnehmer und Unternehmen leisten kann. THOMAS VOSS verantwortet als Projektleiter den Bereich der Aus- und Weiterbildung bei Piening Personal. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 57 58 SPEZIAL_GESUNDHEITSWESEN Grenzenlose Qualifikation TREND. Pflegefachkräfte sind rar. Träger von Kliniken und Pflegeeinrichtungen reagie- ren auf den Fachkräftemangel und lassen Mitarbeiter im Ausland qualifizieren. D urchschnittlich 120 Tage dauert es, eine offene Stelle für Gesundheits- und Krankenpfleger zu besetzen. Damit liegt die Vakanzzeit um 48 Prozent über dem Mittelwert aller Berufe. Und auf 100 gemeldete Stellen kommen lediglich 84 Arbeitssuchende, bei Altenpflegekräften sind es nur noch 44. In den examinierten Pflegeberufen ist der Fachkräftemangel Fakt, stellt die Bundesagentur für Arbeit fest. Kein Wunder, dass Klinikchefs und Betreiber von Pflegeeinrichtungen auf der Suche nach neuen Mitarbeitern den Blick seit Längerem auch über die Landesgrenzen hinaus richten. Hierbei müssen sie einige Hürden überwinden: Meist fehlen die erforderlichen Sprachkenntnisse. Die Ausbildungswege und -inhalte unterscheiden sich von Land zu Land und der Anerkennungsprozess kann sich einige Zeit hinziehen. Die Integration der neuen Mitarbeiter hält nicht nur die Personalabteilung auf Trab, sondern frustriert auch die Fachkräfte, die während des Anerkennungsprozesses nur in Helferpositionen arbeiten dürfen. Träger deutscher Kliniken und Pflegeeinrichtungen gehen seit 2012 in Kooperation mit der Dekra Akademie einen neuen Weg: Sie lassen Pflegekräfte direkt in ihrem Heimatland ausbilden. Beim Start in Deutschland ist die Anerkennung ihres Abschlusses garantiert und die neuen Mitarbeiter bringen die erforderlichen Sprachkenntnisse sowie spezielles Wissen mit, das sie bei ihrem deutschen Arbeitgeber benötigen. Ausbildung mit Jobzusage Aktuell absolvieren in Ungarn 15 Klassen mit je 30 Teilnehmern die dreijährige Ausbildung. Auch in Serbien und Albanien befinden sich zwölf beziehungsweise zwei Klassen in Ausbildung. Nach ihrem Examen starten 2016 die ersten ungarischen Pflegefachkräfte in ihrer neuen Heimat. Einer der künftigen Arbeitgeber ist beispielsweise eine Pflegeschüler in Ungarn erlernen parallel Inhalte, die für eine Tätigkeit in Deutschland nötig sind. © DEKRA AKADEMIE GMBH Von Dietmar Metzger und Thomas Bastian personalmagazin 08 / 15 59 KAMPAGNE Bundesregierung wirbt um Fachkräfte Die Bunderegierung hat die Bedeutung der Fachkräftesicherung erkannt und will Unternehmen bei der Personalgewinnung im In- und Ausland unterstützen. Ende 2014 ist die Fachkräfte-Offensive des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und der Bundesagentur für Arbeit in eine neue Runde gegangen. Mit Informationen zur Weiterbildung, zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zur Anwerbung von Fachkräften sollen Unternehmen und Beschäftigte für die Fachkräftesicherung sensibilisiert werden. Fachkräfte aus dem Ausland erhalten auf dem mehrsprachigen Willkommensportal www.make-it-in-germany.com www.fachkraefte-offensive.de Informationen über Leben und Arbeiten in Deutschland. Klinikgruppe mit rund 9.000 Mitarbeitern, die deutschlandweit Standorte betreibt. Sie lässt in Ungarn gleich eine ganze Klasse qualifizieren. Alle Pflegeschüler haben eines gemeinsam: Sie hätten den Beruf trotz einer hohen Affinität zur Pflegetätigkeit aufgrund der Arbeitsbedingungen in ihrem Heimatland nicht gewählt. Von der Ausbildung erwarten sie, unter modernen Verhältnissen arbeiten und pflegen zu können. Für die angehenden Pflegefachkräfte hat die Entscheidung weitreichende Konsequenzen, deshalb wird jeder einzelne Fall im Vorfeld ausführlich besprochen und geprüft. Formale Zugangsvoraussetzung ist das Abitur. Darüber hinaus bringen die Teilnehmer bereits unterschiedliche Berufe und Vorerfahrungen mit. Mitarbeiter der Dekra Niederlassungen vor Ort übernehmen die Vorauswahl auf Basis der definierten Anforderungsprofile der Auftraggeber. Sie legen Wert auf Kandidaten mit einer glaubhaften Neigung zum Pflegeberuf sowie einer starken Persönlichkeit und einem stabilen Umfeld. Die Pflegeschüler erwartet ein anspruchsvolles Programm, das sie neben ihrem Beruf abends, an den Wochenenden und im Urlaub absolvieren. Lokale Inhalte mit Blick auf Deutschland Die Inhalte sind klar geregelt: Die Teilnehmer erwerben den Abschluss in ihrem Heimatland, er muss später dem deutschen Berufsbild der Examinierten Pflegefachkraft entsprechen. Zusätzlich benötigen sie für die Anerkennung in 08 / 15 personalmagazin Deutschland Sprachkenntnisse auf Niveau B2. Das Curriculum ist an dem des jeweiligen Landes ausgerichtet. Wo es Ermessensspielräume gibt, wird es den deutschen Anforderungen angepasst. Bei denjenigen, die sich für die Altenpflege entschieden haben, wurden entsprechende Schwerpunkte integriert. In der berufspraktischen Ausbildung kooperiert die Dekra Akademie mit Kliniken vor Ort. Daneben besuchen alle Pflegeschüler einen Sprachkurs, den sie vor Ausbildungsende mit dem Zertifikat Telc B2 plus medizinische Fachsprache Pflege abschließen. Im letzten Schuljahr ergänzen Spezialmodule für den jeweiligen Arbeitgeber die regulären Ausbildungsinhalte. Dies können vertiefende Inhalte zu den medizinischen und pflegefachlichen Schwerpunkten der Träger sein oder organisatorische Aspekte wie der Umgang mit dem Krankenhausinformationssystem und der Dokumentation. Hierfür stehen 200 Unterrichtsstunden zur Verfügung. Die spezifischen Vorkenntnisse erleichtern den Kandidaten den Start und verkürzen die Einarbeitungszeit. Bindung während der Ausbildung Alle Teilnehmer haben eine feste Jobzusage von einem deutschen Träger, wenn sie die Ausbildung beginnen. Außerdem besuchen alle Mitarbeiter eines künftigen Arbeitgebers dieselbe Klasse, dadurch entwickeln sich in der Gruppe schon früh Freundschaften und ein Teamgefühl. Es ist den Arbeitgebern auch wichtig, schon in der Ausbildung eine persönliche Bindung zu den neuen Mitarbeitern aufzubauen. Die meisten ermöglichen bei Ausbildungsbeginn ein persönliches Kennenlernen und eine Einführung in die Häuser. Manche Träger bieten ihren Pflegeschülern während der Qualifizierung einen Besuch in Deutschland an, um künftige Kollegen, die unterschiedlichen Einrichtungen und ihre neue Heimatregionen kennenzulernen. Darüber hinaus stellen einige Praktikumsaufenthalte bereit. Teilnehmer, die diese Möglichkeit bereits hatten, waren begeistert, da sie einen realistischen Eindruck bekommen haben, was sie erwartet und sie der Besuch in ihrer Entscheidung bestärkt hat. Für die Personalverantwortlichen ist es ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung, da er die Mitarbeiter motiviert, Vertrauen aufbaut und mögliche Ängste schon im Vorfeld beseitigt. Anerkennung und Integration Im letzten Halbjahr legen die Arbeitgeber final fest, an welchem Standort die neuen Mitarbeiter arbeiten werden. Dann organisiert die Dekra Akademie das Anerkennungsverfahren, das in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt ist. Für Personalverantwortliche entfällt damit ein manchmal langwieriger Prozess, der für neue Fachkräfte aus dem Ausland sehr frustrierend sein kann. Auch wenn die Fachkräfte optimal vorbereitet nach Deutschland kommen und die Sprach- und Anerkennungshürde wegfällt, ist die Anfangsphase kritisch. Sie sind mit vielen neuen Erfahrungen konfrontiert, angefangen bei Behördengängen bis hin zur Wohnungssuche. Ebenso ist es für Arbeitgeber eine Herausforderung, eine größere Anzahl neuer Mitarbeiter gleichzeitig in ihre Teams zu integrieren. Deshalb beinhaltet das Qualifizierungsprogramm auf Wunsch ein individuelles Integrationskonzept, das die Personalabteilung und die Teams unterstützt. Es enthält unter anderem Weiterbildungen für Integrationsbeauftragte und bei Bedarf stehen externe Ressourcen als „Integrationslotsen“ Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 60 SPEZIAL_GESUNDHEITSWESEN INTERVIEW Von Architektur zur Altenpflege Die 25-jährige Karolin Nagy hat in Ungarn Architektur studiert. Da sie in ihrem Beruf keine Stelle fand, begann sie eine Ausbildung im Bereich Altenpflege. personalmagazin: Von der Architektur zur Altenpflege, das ist kein naheliegender Schritt. Warum haben Sie sich für die Ausbildung im Bereich Altenpflege entschieden? Karolin Nagy: Die Entscheidung war natürlich nicht leicht für mich. Aber als Architektin habe ich in Ungarn keine Stelle gefunden, also habe ich mich nach Alternativen umgesehen. Bei der Stellensuche im Internet bin ich auf diese Ausbildung gestoßen. Die Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen und gleichzeitig eine Jobgarantie zu haben, hat mich neugierig gemacht und dann überzeugt. Und ja, Altenpflege ist etwas völlig anderes als Architektur. Aber meine Mutter ist auch Pflegerin und so hatte ich schon eine Vorstellung von dem Beruf und den Anforderungen. Außerdem arbeite ich zur Verfügung. Diese kümmern sich um Details wie die Wohnungssuche, Behördengänge oder unterstützen auch Angehörige bei der Stellensuche. Alternative Qualifizierung Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in manchen Ländern Überkapazitäten an arbeitssuchenden Pflegefachkräften. Hier bietet die Dekra Akademie ein zweites Qualifizierungsmodell für Träger, die den Rekrutierungs- und Integrationsaufwand bereits examinierter Pflegefachkräfte selbst nicht leisten können. In Serbien starteten im vergangenen November 100 Krankenschwestern und -pfleger in ein Programm, das zwischen einem und eineinhalb Jahre dauert. Hierbei besuchen sie einen Sprachkurs, der sie auf Niveau Telc B2 bringt, und erwerben Fachwissen, das für die Anerkennung noch fehlt. Ein zweiwöchiger Intensivkurs an einer neben der Ausbildung in einer Einrichtung für Kinder mit körperlichen und geistigen Behinderungen. personalmagazin: Würden Sie die Ausbil- dung noch einmal beginnen? Nagy: Ja. Aber ich freue mich auch, wenn ich in zwei Jahren fertig bin. Vor allem die ersten Monate waren anstrengend, denn ich bin im Februar in einen Kurs eingestiegen, der schon im Herbst 2013 begonnen hat. Ich bin froh, dass ich diese Möglichkeit hatte, doch mit Intensiv-Nachholstunden die ersten Monate aufzuarbeiten, war dann eben auch besonders belastend. Zum Glück habe ich schon in der Schule Deutsch gelernt, sodass die bisherigen Teile des Sprachkurses eher eine Auffrischung waren. Meine Lehrer sind sehr motivierend und Krankenpflegeschule in Deutschland bereitet die Fachkräfte auf die praktische und mündliche Prüfung zur Berufsanerkennung vor. Dieses Programm ist in weiteren europanahen Drittstaaten und ausgewählten Ländern Asiens im Aufbau. Alle Beteiligten gewinnen Wie viele neue Mitarbeiter die Arbeitgeber im Ausland qualifizieren lassen, unterscheidet sich von Fall zu Fall. Die meisten von ihnen haben das Ausbildungs- und Qualifizierungsprogramm jedoch fest in ihrer langfristigen Personalstrategie verankert, da es ihnen Planungssicherheit bietet. Im Gegensatz zur klassischen Rekrutierung im Ausland wissen sie nun genau, dass sie zu einem festen Zeitpunkt mit einer konkreten Anzahl neuer Pflegefachkräfte rechnen können, die anerkannt und individuell auf die Arbeit in ihrem Haus K AROLIN NAGY ist seit Februar 2014 eine der Teilnehmerinnen der Altenpflege-Ausbildung in Ungarn. mir gefällt, dass sie uns sehr unterstützen und auch offen für Probleme sind. personalmagazin: Was erwarten Sie von der Arbeit in Deutschland? Nagy: Mit der Ausbildung kann ich voll in das Berufsleben und vor allem in einen erlernten Beruf einsteigen. Die Alternative in Ungarn wäre eine fachfremde Tätigkeit gewesen. Ich war schon mehrmals als Touristin in Deutschland. Natürlich ist es etwas anderes, wenn man in einem anderen Land lebt und arbeitet. Aber es hilft mir, zumindest eine Vorstellung zu haben, wohin ich gehe. Außerdem werde ich nicht alleine sein, denn meine 29 Klassenkameraden gehen dann mit mir zum gleichen Arbeitgeber. Das Interview führte Ulla Laux. vorbereitet sind. Dies bedeutet Sicherheit, auch für die Bewerber. Bei der Entwicklung der zwei unterschiedlichen Qualifizierungsansätze stand der sogenannte Triple-Win-Ansatz im Vordergrund: Nicht nur die Fachkraft und der Arbeitgeber beziehungsweise der deutsche Arbeitsmarkt sollen profitieren, sondern auch das Herkunftsland. Durch die Ausbildung und den Abschluss in der Heimat können Teilnehmer später ohne Probleme an den dortigen Arbeitsmarkt zurückkehren und arbeiten. Gleichzeitig fördert es den Transfer von Know-how und vermeidet Braindrain in den betroffenen Ländern. DIETMAR METZGER ist Leiter Geschäftsentwicklung International, Dekra Akademie. THOMAS BASTIAN ist Leiter Gesundheitsund Sozialwesen, Dekra Akademie. personalmagazin 08 / 15 61 Mehr Qualität in HR ANSATZ. Gerade kleine Pflegeunternehmen brauchen strategische Personalkonzepte. Dafür bietet es sich an, das etablierte Qualitätsmanagement auf HR zu übertragen. Verantwortung des Personal managements Verantwortung des QM Act Ressourcenmanagement: • Führung • Kompetenzen • Arbeitsfähigkeit Plan Maßnahmen/ Produkt Wirkungskette/Wertschöpfung Check Messung/Analyse (QPM-Kennzahlen) Do Information Interner Kunde/Mitarbeiter Systematischer Dialog Kontinuierlicher Verbesserungsprozess im Personalmanagement (angelehnt an DIN EN ISO 9001:2008) Zufriedenheit und Bindung 08 / 15 personalmagazin gesundheitlichen Beschwerden einher. Dies belegen zahlreiche Untersuchungen und ein transformationaler Führungsstil wirkt gesundheitsförderlich, wie Andreas Zimber und Sabine Gregersen anhand eines Projekts dazu belegt haben. Die Arbeitsbewältigungsfähigkeit bezeichnet das Passungsverhältnis zwischen den Arbeitsaufgaben und der Summe der Faktoren, die einen Mitarbeiter in die Lage versetzen, diese Arbeitsaufgabe erfolgreich zu bewältigen, erklären Juhani Ilmarinen und Jürgen PROZESS Anforderungen an die Arbeitsbedingungen P flegeunternehmen haben bereits jetzt in verschiedenen Regionen Deutschlands Schwierigkeiten, ausreichend qualifiziertes Pflegepersonal zu finden. Zugleich sind sie nicht darauf vorbereitet, Pflegekräfte länger an ihr Unternehmen zu binden beziehungsweise deren Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten. Die Pflegetätigkeit mit über 50 oder gar 60 Jahren auszuüben, so eine häufige Aussage von Geschäftsführern, sei aufgrund der hohen physischen als auch psychischen Belastungen weitgehend unmöglich. In der Tat sind die Arbeitsbelastungen in der Pflege hoch und auch der häufigste Grund, ganz aus dem Beruf auszuscheiden, wie unter anderem aus den Ergebnissen der europäischen „Nurses‘ early exit study“ (Next) von 2011 hervorgeht. Zu den ungünstigen Bedingungen gehört zudem die schlechte Bezahlung, die maßgeblich von den Kostenträgern auf Länderebene bestimmt wird. Somit haben gerade kleine Betriebe geringe materielle Spielräume, um günstigere Arbeitsbedingungen oder Gehaltsaufstockungen zum Beispiel durch Leistungsprämien für ihre Pflegekräfte zu schaffen. Umso mehr sind sie gefordert, möglichst nachhaltige Personalmanagementkonzepte aufzulegen sowie schonend mit ihren wertvollen Personalressourcen umzugehen und ihren Pflegekräften Entwicklungsperspektiven bis ins höhere Erwerbsalter anzubieten, wie Manfred Haubrock in seinem Aufsatz „Sozialökonomische Herausforderungen für die Pflege“ belegt. Betrachtet man genauer, welche Einflussfaktoren für die Bindung der Pflegekräfte an das Unternehmen von besonderer Bedeutung sind, rücken drei Handlungsfelder ins Blickfeld: Führung, Arbeitsbewältigung und Kompetenzentwicklung. Die Führung ist nach Ergebnissen der Next-Studie einer der relevantesten Gründe dafür, dass Pflegekräfte das Unternehmen verlassen. Mitarbeiterorientierte Führungsstile gehen mit einer besseren Gesundheit der Mitarbeiter, weniger Stresserleben und Interner Kunde/Mitarbeiter Von Sabine Nitsche und Veit Hannemann Ergebnis Pflegequalität Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess besteht in vielen Unternehmen bereits zum Beispiel für die Produktion. Er sollte auch für das HR-Management die Regel werden. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 62 SPEZIAL_GESUNDHEITSWESEN Tempel in ihrem Buch „Arbeitsfähigkeit 2010“. Aktuelle Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Arbeitsfähigkeit in der Pflegebranche insbesondere bei älteren Beschäftigten verhältnismäßig niedrig ist. Das Passungsverhältnis zwischen Anforderungen und Leistungsfähigkeit sollte angesichts steigender Belastungen für die Pflegekräfte im Fokus des Managements liegen. Wie oben beschrieben, ist das dritte wichtige Handlungsfeld für die Mitarbeiterbindung die Kompetenzentwicklung. Auf lange Sicht kommt es dabei auch auf Kompetenzen der Pflegekräfte in nichtfachlichen Bereichen an. Es gilt, diese besser zu erfassen und gezielter zu fördern. Damit steigt ihre Zufriedenheit, wenn sie das Gefühl haben, dass sie ihre verschiedenen Kompetenzen erfolgreich zum Einsatz bringen können. Umso mehr kommt es in der Pflege in Zukunft auf eine gezielte Laufbahnentwicklung an. HR-Management neu ausrichten Wie lassen sich diese Handlungsfelder also in das Personalmanagement von (kleinen) Pflegeunternehmen aufnehmen? Die Übertragung des Grundgedankens des Total-Quality-Managements (TQM), den Mitarbeiter als Kunden des Personalmanagements anzusehen, bietet sich auch dafür an (siehe Grafik). Selbst kleine Betriebe haben entsprechend den gesetzlichen Vorschriften bereits ein Qualitätsmanagement etab liert oder sind zumindest mit dessen Regularien in der Organisation vertraut. Entscheidend für das Gelingen ist allerdings das Qualitätsverständnis in der Organisation: Steht die Qualitätssicherung im Vordergrund, dann liegt es nahe, dass sich eine Kultur der Kontrolle und Fehlervermeidung herausgebildet hat, in der die Verantwortlichen dazu neigen, Gestaltungsspielräume von Mitarbeitern entweder von vorneherein zu begrenzen oder zu ignorieren. Besteht dagegen bereits ein gelebter, auf allen Organisationsebenen aktiv unterstützter Kreislauf des „Plan, Do, Check, Act“ im Sinne einer Qualitätsentwicklung (siehe Grafik), dann bietet sich damit eine gute Ausgangslage, diesen um mitarbeiterbezogene Kriterien zu erweitern und auf die Personalentwicklung zu übertragen. Das bestätigt unter ande rem Beatrice Piechotta in ihrem Buch „Qualitätsmanagement für psychotherapeutische Praxen“. Den systematischen Dialog fördern Wichtig ist also, einen systematischen Dialog zwischen Mitarbeitern und Führungskräften zu fördern. Die Themen Arbeitsbewältigung und Kompetenzen sollten Bestandteil dieses Dialogs sein und in verschiedenen Gesprächssituationen wie zum Beispiel in Mitarbeitergesprächen aufgegriffen werden. Damit auch Führungskräfte der unteren Organisationsebene Verantwortung für einen solchen systematischen Dialog übernehmen können, müssen sie auf diese Aufgabe vorbereitet werden: durch informative und sensibilisierende Trainings auch zu arbeitspsychologischen Themen und in enger Abstimmung mit den Pflegedienstleitungen. Zudem muss auch Führungskräften in der Pflegebranche der Zugang zu Supervision und Coaching geöffnet werden, damit sie ihre Führungsrolle ausfüllen und eine Vorbildfunktion einnehmen können. Investitionen in diesem Bereich zahlen sich aus, denn sie tragen langfristig dazu bei, dass Pflegekräfte länger leistungsfähig bleiben und wenn sie zufriedener mit den Führungskräften sind, auch länger im Unternehmen bleiben. Kosten durch Fluktuation und hoher Krankenstand lassen sich so deutlich reduzieren. Veränderungen – Schritt für Schritt Angesichts der Vielzahl der in eine solche Dialogstruktur eingebundenen Instrumente dürfte in Pflegeunternehmen schnell das Gefühl der Überforderung eintreten. Mit einer gut überlegten, schrittweise eingeführten Strategie kann dieses jedoch klein gehalten werden. Mit Sicherheit sind im Unternehmen bereits Instrumente in Benutzung beziehungsweise Erfahrungen dazu gesammelt worden. Hier kann angeknüpft werden. Konkrete Maßnahmen getestet In dem Forschungsprojekt „Integriertes Qualitäts- und Personalmanagement in der Pflege (QPM-Pflege)“ wurden von Oktober 2012 bis Dezember 2014 in Kooperation mit zwei Berliner Pflegeunternehmen Bedingungen für die Integ ration des Qualitäts- und Personalmanagements analysiert und Ansätze für eine nachhaltige und demografietaugliche Steuerung entwickelt. Dazu wurden zunächst die Funktionsbeschreibungen der Führungskräfte betrachtet, wobei die Analyse der an sie gestellten Anforderungen im Mittelpunkt stand. Diese wurde dann durch eine Selbsteinschätzung der Führungskräfte ergänzt. Angesichts eines bisher zu unklaren Führungsauftrags erfolgte eine Neuabgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der zentralen Pflegedienstleitung und der mittleren Führungsebene, die in den entsprechenden Funktionsbeschreibungen festgehalten wurde. Überprüft wurde in den am Projekt beteiligten Unternehmen auch, wie regelmäßig Mitarbeitergespräche geführt und wie sie ausgewertet wurden. Es erfolgte eine Überarbeitung des Gesprächsleitfadens. Im ambulanten Pflegebetrieb soll die mittlere Führungsebene (Bereichsleitungen, die mehrere Pflegeteams unter sich haben) gestärkt und zunächst intensiver auf die erweiterte Führungsverantwortung vorbereitet werden. Dazu gehören die Nutzung aktualisierter Gesprächsleitfäden und die Berücksichtigung eines wertschätzenden Umgangs. Ziel ist zudem die stärkere Einbindung der Mitarbeiter in die Lösung im Pflegealltag auftretender Probleme. Im ambulanten Pflegeunternehmen wurde die Kommunikation und Informationsvermittlung zwischen der Einsatzzentrale und den Pflegeteams auf den Prüfstand gestellt. Dazu wurden in personalmagazin 08 / 15 63 KONKRETE MASSNAHMEN Instrumente der QPM-Pflege Zielrichtung Empfohlene Analyse ... Mitarbeitergespräch • ergänzende Auswertung für eine bessere Arbeitsgestaltung • erweiterte Verantwortlichkeit der unteren Führungsebene • z ur bisherigen Fre• den Gesprächsleitfaden quenz und Qualität der ergänzen, zum Beispiel Mitarbeitergespräche durch Fragen zur Ar• z ur bisherigen Nutzung beitsbewältigung des Gesprächsleitfa• die Zuständigkeit für dens und -protokolls die Mitarbeitergespräche verlagern zum Beispiel auf Wohnbereichsleitung (WBL) Mitarbeiter begleitung • ergänzende Auswertung für eine bessere Arbeitsgestaltung • erweiterte Verantwortlichkeit der unteren Führungsebene • zur bisherigen Frequenz und Qualität der Begleitsituationen • zur Nutzung des Gesprächsleitfadens und -protokolls mit dem Ziel der Informationsverwertung Vorschlags wesen/Ideenmanagement • Steigerung der Kunden • bisheriger Umgang/ • Hinweise von Mitarbei(Patienten-) und MitarVerfahren mit Vorschlätern zur Prozessoptimiebeiterzufriedenheit gen von Mitarbeitern rung nutzen • kontinuierlichen Verbes- • Bewertung des • ein Flussdiagramm serungsprozess stärken bisherigen Nutzens erstellen, das Informa beziehungsweise des tionsfluss und ZustänGewinns digkeiten klar regelt Qualitätszirkel/ Gesundheitszirkel • Anregung von Beteili• zur bisherigen Betei• ein Training für lösungsgung der Pflegekräfte ligung, Moderation, orientiertes Handeln im durch Betroffenheit Verantwortlichkeit Pflegeteam • gesteigerte Lösungs • Bewertung des bisheri- • ein Training für Zirkel orientierung gen Outputs moderatoren • kontinuierlichen Verbesserungsprozess stärken Austritts- und Rückkehr gespräche • frühzeitige Gewinnung von Anhaltspunkten für eine bessere Mitarbeiterbindung, zum Beispiel Berücksichtigung der Work-Life-Balance nach Elternzeit • zu bisherigen Erfahrungen mit der Gesprächsführung und den Wiedereinstiegs situationen Mögliche erste Maßnahmen • den Gesprächsleitfaden ergänzen, zum Beispiel durch Fragen zur Arbeitsbewältigung • die Zuständigkeit für die Mitarbeiterbegleitung verlagern, zum Beispiel auf WBL • die Erarbeitung eines Konzepts, das Zeitpunkte, Gesprächsleitfaden, Protokollauswertung und Zuständigkeiten berücksichtigt Auch kleine Pflegeunternehmen können schrittweise einen Wandlungsprozess hin zu einem integrierten Qualitäts- und Personalmanagement gehen. Die Tabelle stellt dafür einige Maßnahmen vor. Der Mitarbeiter wird dabei als Kunde betrachtet. haltigen Management der Personalressourcen, in dem Mitarbeiter ebenfalls als Kunden verstanden werden. Jeder Zyklus ständiger Verbesserung schließt mit einer Überprüfung der Zielerreichung ab. Dafür bedarf es von vorneherein festgelegter Messgrößen. Im Gegensatz zu den üblichen Indikatoren wie den Krankentagen oder der Fluktuationsrate erfüllen Indikatoren wie zum Beispiel der Index der Arbeitsbewältigungsfähigkeit eher den Anspruch, Frühwarnindikatoren für die Gesundheit oder die Belastungssituation der Pflegekräfte zu sein. Das gilt auch für Beteiligungsquoten an Mitarbeitergesprächen oder für die Umsetzung von Mitarbeiterideen zur belastungsärmeren Arbeitsgestaltung. Solche Kennzahlen sind durchaus mit begrenztem Aufwand zu erheben. Sie können dazu beitragen, erfolgreiches Führungskräfteverhalten und gute Mitarbeiterbeteiligung im Unternehmen zu etablieren. Das wiederum verbessert die Arbeitsfähigkeit und stärkt die Mitarbeiterbindung – auch und gerade in kleineren Pflegeunternehmen. ONLINE Ergebnisse des Forschungsprojekts QPM-Pflege der Alice Salomon Hochschule und der Hochschule für Wirtschaft und Technik Berlin finden Sie zusammen mit einem Leitfaden online: www.qpm-pflege.de einem Workshop Mitarbeiter aus den Pflegeteams und der Einsatzzentrale, die täglich zahlreiche Kontakte zu Angehörigen und Vertretern anderer Berufsgruppen (Ärzte, Apotheker) haben, zusammengesetzt. Sie analysierten die in der Kommunikation auftretenden Probleme und entwickelten dafür gemeinsam Lösungsvorschläge. Dies führte zunächst zu höherem Verständnis für die Handlungskontexte, im zweiten Schritt dann zu einigen Verbesserungsmaßnahmen im Ablauf. Für Situationen, in denen es um mangelnde Wertschät08 / 15 personalmagazin zung ging, wurden positivere Umgangsformen vorgeschlagen. In der Tabelle wird beispielhaft zusammengefasst, wie Pflegeunternehmen solch einen Wandlungsprozess hin zu einem integrierten Qualitäts- und Personalmanagement gehen können. Frühwarnindikatoren nutzen Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (siehe Grafik) sollte auch für das Personalmanagement die Regel werden. Die Qualitätsentwicklung in der Pflege wird dann verknüpft mit einem nach- PROF. DR. SABINE NITSCHE ist Professorin für den Studien gang Wirtschaftsingenieurwesen mit dem Schwerpunkt Personal und Organisation an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. VEIT HANNEMANN war wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt QPM-Pflege und ist derzeit im BMBF-Forschungsprojekt Compcare tätig. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 64 SPEZIAL_GESUNDHEITSWESEN Wenig attraktiv für Bewerber STUDIE. Die Online-Präsenz als Arbeitgeber ist wichtig, um Bewerbungen zu generieren. Eine Untersuchung macht deutlich: Im Gesundheitswesen ist noch viel Luft nach oben. Von Ruth Böck und Karl-Heinrich Bruckschen W ie sind Krankenhäuser und Kliniken online aufgestellt? Wie ist es um die Arbeitgeberauftritte in einer Branche bestellt, die stark mit der Herausforderung Fachkräftemangel zu kämpfen hat? Diese Fragen standen im Mittelpunkt einer Studie, die die OnlineRecruiting-Praxis von 63 Krankenhäusern und Kliniken unterschiedlicher Größen untersuchte. Im Fokus standen Karriereseiten, Online-Stellenanzeigen sowie weitere Online-Aktivitäten in Arbeitgeber-Bewertungsplattformen und SocialMedia-Netzwerken. Durchgeführt wurde die Studie von der Recruiting-Beratung Upo – Bausteine für Rekrutierungserfolg. Bewertet wurden schwerpunktmäßig Häuser, die nicht zu Klinikketten gehören. Insgesamt 170 Bewertungskriterien wurden hierbei zugrunde gelegt. Wenig Infos auf Karriereseiten Wie die Untersuchung der Karriereseiten zeigt, besteht dort noch erhebliches Optimierungspotenzial: Nur 18 Prozent der Häuser informieren auf ihren Karriereseiten ausführlich über Eckdaten, die für Bewerber relevant sind. Lediglich drei Prozent der Kliniken geben umfassend Einblick in die Arbeitsbedingungen. Auskünfte zum Bewerbungsprozess erteilen sechs Prozent der Häuser. Welche Bewerbungsunterlagen sie erwarten, teilt rund ein Drittel mit. Nur zwei Prozent der Karrierewebseiten differenzieren nach verschiedenen Bewerbergruppen. Eine Ausnahme gibt es bei den Azubis: Immerhin drei Viertel der Seiten halten gesonderte Informationen für künftige Azubis bereit. Eine Anpassung an mobile Endgeräte ist selten gegeben: Erst 19 Prozent der untersuchten Karriereseiten sind mobil optimiert. leistungen. Gut zwei Drittel der Stellenanzeigen haben keine Bilder. 20 Prozent der Stellenanzeigen sind reine Fließtexte. Lediglich bei etwas mehr als der Hälfte der Häuser sind die Stellenanzeigen einheitlich gestaltet. Mobiltauglich sind 13 Prozent der Stellenanzeigen. Positiv fällt die sehr hohe Zahl der namentlichen Ansprechpartner in den Stellenanzeigen auf (86 Prozent). Allerdings fehlen bei 75 Prozent der Anzeigen Verlinkungen zur Webseite oder Social-Media-Auftritten. Textlastige Online-Anzeigen Auch die Analyse der Online-Stellenanzeigen offenbart Verbesserungsbedarf: Überraschend viele Häuser verzichten auf zentrale Bestandteile von Stellenanzeigen. Bei 44 Prozent fehlt ein Stellenprofil, 35 Prozent informieren nicht oder nur sehr knapp über die Anforderungen und 44 Prozent schreiben nichts oder nur Allgemeines über die Arbeitgeber- Weitere Online-Aktivitäten Auf der Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu und in Social Media sind die Kliniken wenig präsent: 54 Prozent VERGLEICH Inhalte der Karriereseite – keine Kriterien erfüllt Information zu Eckdaten Arbeitgeber Information zu Arbeitsbedingungen Information zu Bewerbungsprozess Differenzierung nach Bewerbergruppen Emotionale Einblicke 0 10 Kliniken 20 30 40 Mittelstand 50 60 70 80 90 100 Angaben in Prozent Im Online-Recruiting sind Krankenhäuser und Kliniken im Vergleich mit mittelständischen Unternehmen weniger gut aufgestellt. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] QUELLE: #OREP15, UPO personalmagazin 08 / 15 65 wurden bisher nicht auf Kununu bewertet, nur acht Prozent haben mehr als zehn Bewertungen. Keines der Häuser hat auf Bewertungen reagiert. Ein Social-MediaProfil haben 48 Prozent der untersuchten Einrichtungen. Die meisten Profile existieren auf Facebook, an zweiter Stelle liegt Xing. In den Profilen sind in den meisten Fällen wenige bis gar keine Arbeitgeberinformationen zu finden, auch der Aktivitätsgrad fällt eher gering aus. Der Mittelstand ist aktiver Eine identische Untersuchung zum Online-Recruiting im Mittelstand aus dem März 2015 macht deutlich, dass die Gesundheitsbranche auch im direkten Vergleich weniger gut aufgestellt ist. Das betrifft insbesondere die Inhalte der Karriereseiten (siehe Grafik). Bei den Stellenanzeigen liegen die Kliniken bei den Kriterien „Firmenprofil“, „Beschreibung Arbeitgeberleistungen“ und „persönlicher Ansprechpartner“ sogar leicht vor den Mittelständlern. Daraus lassen sich konkrete Handlungsempfehlungen ableiten. Kliniken müssen auf ihren Karriereseiten konkrete Informationen bereitstellen: Unternehmensinfos, Angaben zu Arbeitsbedingungen sowie Eckpunkte des Bewerbungsprozesses. Sie sollten emotionale Einblicke geben und unterschiedliche Bewerbergruppen – Ärzte, Pflegekräfte, medizinisch-technisches Personal, Azubis – zielgruppengerecht informieren. Auch die Nutzerfreundlichkeit muss gesteigert werden, durch besser lesbare Schriften, besser strukturierte Texte und passende Bilder, Grafiken und Videos. Wichtig ist eine mobil optimierte Darstellung – das gilt auch für die Stellenanzeigen. Diese sollten zudem konkrete und beispielorientierte Angaben zu Aufgaben und Anforderungen enthalten und in einem zuvor definierten Corporate Design erscheinen. DR. RUTH BÖCK ist Gesellschafterin von Upo – Bausteine für Rekrutierungserfolg. DR. K ARL-HEINRICH BRUCKSCHEN ist Geschäftsführer von Upo – Bausteine für Rekrutierungserfolg. Taugt IT wirklich dazu, Prozesse zu verbessern? Miteinander verknüpfte Prozesse abzubilden, um sie zu unterstützen und sie zu steuern – kurz: sie einfacher, sicherer, effizienter und kostengünstiger zu machen – ist eine der vornehmsten Aufgaben der IT. Um das in aller Vollständigkeit zu tun, sind meist mehrere Lösungen notwendig, die dann zusammenspielen müssen. Häufig verstecken sie sich hinter drei Buchstaben: ERP, MES, CRM, ECM, BPM, PLM, … Doch wie wird aus diesen Einzellösungen ein Team? Die Antwort finden Sie auf der IT & Business 2015. Part of IT & Business Fachlicher Träger Ideeller Träger Partner www.itandbusiness.de 66 RECHT_NEWS Weniger Papierkram beim Mindestlohn? Die Ministerin kündigt Lockerungen an. NACHGEBESSERT Kopftuchstreit beendet? Nur das Nötigste hatte der Landtag in Nordrhein-Westfalen am Schulgesetz geändert. Im Zusammenhang mit dem Kopftuchstreit hatte das Bundesverfassungsgericht einen Absatz des Schulgesetzes für nichtig erklärt, den die Parlamentarier nun angepasst haben. Die Karlsruher Richter monierten jedoch auch das pauschale Kopftuchverbot. Der Schulfrieden oder die staatliche Neutralität müsse für ein Verbot nicht abstrakt, sondern hinreichend konkret gefährdet sein. Das Schulgesetz war in diesem Punkt nicht zwingend zu ändern, jedoch verfassungsgemäß auszulegen. Daher passten die Parlamentarier – trotz Kritik – die Vorschriften nicht an, zum Beispiel um Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr. Das lässt Spielraum für Interpretationen, wobei unabhängig davon der Streit ums Kopftuch bleiben dürfte. Das zeigt nicht zuletzt ein Fall der Berliner Verwaltung, die einer Referendarin erst nach eingehender Prüfung erlaubte, die Ausbildungsstation dort abzuleisten. Weniger Mindestlohn-Bürokratie E in halbes Jahr nach Einführung des Mindestlohns lockert Arbeitsministerin Andrea Nahles die umstrittenen Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten. Bislang müssen Arbeitgeber – soweit sie zu einer der neun im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten Branchen zählen – für Arbeitnehmer mit einem Gehalt bis zu 2.958 Euro den Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzeichnen. Diese Gehaltsschwelle soll nun gesenkt werden. Künftig sollen Arbeitgeber bei Arbeitsverhältnissen mit längerem Bestand die Arbeitszeit nicht mehr aufzeichnen, wenn der Beschäftigte regelmäßig 2.000 Euro RECHNER brutto pro Monat verdient und diesen Lohn die vergangenen zwölf Monate Der Mindestlohnrechner in unserer auch tatsächlich empfangen hat. Mit App berechnet den Stundenlohn unter dieser Änderung geht Nahles auf eine Berücksichtigung aller anrechenbaren wesentliche Forderung der Union ein, Bestandteile Ihrer Mitarbeiter. die Aufzeichnungspflicht zu mildern. NEWS DES MONATS Bestandsprüfung Krankenkassen sollen künftig Meldungen der Arbeitgeber mit ihrem Datenbestand abgleichen und Bestandsprüfungen vornehmen. Nach dem Willen des Gesetzgebers werden ab 2016 Beitragsnachweise, AAG-Anträge und Meldungen abgewiesen, sofern Abweichungen vorliegen. Statt Aufklärung in der Sachbearbeitung weisen die Kassen die fehlerhaften Meldungen also maschinell zurück. UV-Jahresmeldung Ab dem Jahr 2016 wird das Meldeverfahren bezüglich der Unfallversicherung modernisiert. Vorbei die Zeit, in der Arbeitgeber die Daten zur Unfallversicherung in jeder Meldung angeben müssen. Stattdessen wird es eine neue UV-Jahresmeldung geben. Arbeitgeberdarlehen Die Verwaltung hat ihren Erlass zur steuerlichen Behandlung von Arbeitgeberdarlehen aktualisiert. Berücksichtigt werden dabei insbesondere die neuen Entwicklungen der Rechtsprechung zur Bestimmung des maßgebenden Preises bei Sachbezügen. Syndikusanwälte Das Bundessozialgericht hatte zuletzt die Praxis zur Rentenbefreiung der in Unternehmen beschäftigten Freiberufler gerügt. Nun hat das Kabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, der insbesondere für angestellte Rechtsanwälte Klarheit bringen soll. + + + A k t u e l l e N e w s + + + H i n t e r g r ü n d e + + + t ä g l i c h u n t e r w w w. h a u f e . d e / p e r s o n a l + + + Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] personalmagazin 08 / 15 67 Freigrenze erhöht Neue AU-Bescheinigung ab 2016 ntsprechend der Entwicklung des steuerlichen Grundfreibetrags gelten seit 1. Juli 2015 auch neue Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen. Der monatlich unpfändbare Grundbetrag beträgt künftig 1.073,88 Euro anstatt bislang 1.045,04 Euro. Sind gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen, erhöht er sich um monatlich 404,16 Euro für die erste und für die zweite bis fünfte Person um jeweils weitere 225,17 Euro. Die Pfändungsfreigrenzen werden alle zwei Jahre jeweils zum 1. Juli angepasst. Seit dem letzten Stichtag hat sich der steuerliche Grundfreibetrag um 2,76 Prozent erhöht. as gelbe Formular, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, hatte vermutlich jeder Berufstätige und Personaler schon in der Hand. Zum Januar 2016 wird dieses Papier nun mit dem sogenannten Auszahlschein in einem Muster zusammengefasst. Bei Arbeitgebern sorgt ein Durchschlag der neuen einheitlichen Bescheinigung für mehr Klarheit: Geschwärzte Kopien des Auszahlscheins oder zusätzlich ausgestellte AU-Bescheinigungen während des Krankengeldbezugs sind so für den Nachweis der Arbeitsunfä- E D higkeit nicht mehr nötig. Bislang versenden Krankenkassen an den Versicherten einen Auszahlschein, den der Arzt ausfüllen muss, wenn Krankengeld bezogen werden soll. Diese Zusatzabfrage kann den Übergang von Entgeltfortzahlung – mit AU-Bescheinigung – zu Krankengeld – mit Auszahlschein – verzögern. Künftig wird durchgehend die neue AU-Bescheinigung genutzt. Durch die neuen Standards können Ärzte das Formular auch während des Krankengeldbezugs leichter und IT-gestützt ausfüllen und dadurch Fehler vermeiden. Te ex xtiilW lWiirr tssc chaft SE EA ASON – die die Fachzeitschrif Fachzeitschr ifftt ffür ür Mitta arrb be eit ite err auf der Fllä äc che he TW season berichtet viermal im Jahr zur neuen Saison über aktuelle Modetrends, Kollektionen und Labels. Den Mitarbeitern in den Stores liefert TW season dadurch Unterstützung und Anregungen für professionelle Verkaufsgespräche. Für Arbeitgeber auf der Suche nach Talenten im Retail bietet TW season das ideale Umfeld. Die Zielgruppe: Store Manager/Filialleiter Visual Merchandiser Verkaufs-/Modeberater Ihre Vorteile in Print: Auflage 24.000 Exemplare mit einem Abo-Anteil von 92% Intensive Leserfrequenz durch mehr-monatige Auslage Neu: Extra großer Karriere-Teil Schaltung von ½ Seite ab € 1.750 ,Kombinieren Sie Ihren Employer Branding Auftritt mit einer Online Schaltung auf TWJobs.de (Laufzeit 4 Wochen) 1 Online-Anzeige € 425,- (Store Manager) bzw. € 165,- (Verkäufer) 5er Kontingent € 1.800,- (Store Manager) bzw. € 745,- (Verkäufer) Kontakt: Ulrike Poley, Tel: +49 69 7595-3091, E-Mail: [email protected] %97+%&);-28)6 %2>)-+)27',0977 )67',)-292+78)61-2 www.TextilWirtschaft.de/TWseason-Info NEWS FASHION BUSINESS 68 RECHT_URTEILSDIENST URTEIL DES MONATS BVerfG: Blutspendedienst muss Mitbestimmung zulassen nützig registriert und genießt steuerrechtliche Vorzüge, arbeitsrechtlich könne sich die Gesellschaft jedoch nicht auf eine Sonderstellung als Tendenzbetrieb berufen, entschied das Bundesarbeits- In der BAG-Entscheidung ging es darum, einen Wirtschaftsausschuss im Unternehmen zu bilden. Für Tendenzbetriebe finden die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) zum Wirtschaftsausschuss jedoch keine Anwendung. Auf den Tendenzschutz können sich nur die Arbeitgeber berufen, die die Voraussetzungen des § 118 BetrVG erfüllen. Das BAG hatte in seiner Entscheidung den in der Vorschrift enthaltenen Begriff „karitativ“ eng ausgelegt. Ein Unternehmen diene nur dann unmittelbar karitativen Bestimmungen, wenn der Tendenzzweck in dem Unternehmen selbst verwirklicht wird. Der Dienst der Organisation müsse danach den leidenden Menschen direkt zugutekommen. Diese enge Auslegung verstoße nicht gegen die Verfassung, entschied nun das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). So könne sich der Blutspendedienst nicht auf Artikel 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG berufen. Zwar werde das Unternehmen von einer übergreifend karitativ-humanitären Bestimmung geleitet. Eine religiöse oder weltanschauliche Dimension sei jedoch kein bestimmendes Element der Tätigkeit, begründeten die Verfassungsrichter ihre Entscheidung. Das BAG-Urteil beruhe auch nicht auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen. Vielmehr folge das BAG anerkannten Grundsätzen. Nicht zuletzt schränke das BAG-Urteil auch nicht die BAG FRAGT EUGH gericht (BAG) bereits 2012. Das Bundesverfassungsgericht hat nun die Verfassungsbeschwerde gegen das BAG-Urteil bereits im Vorfeld abgelehnt und nicht zur Entscheidung angenommen. © ANDY_Q / THINKSTOCKPHOTOS.DE Es verstößt nicht gegen die Verfassung, wenn das oberste deutsche Arbeitsgericht einen Blutspendedienst nicht als karitativen Tendenzbetrieb anerkennt. Zwar sei die Organisation als gemein- Blut abnehmen: Ein entsprechender Dienst ist kein Tendenzbetrieb. Berufsfreiheit (Art. 12 GG) in unzumutbarer Weise ein. Dem Verfassungsgericht fehlten letztlich auch Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit des Blutspendediensts durch die Bildung eines Wirtschaftsausschusses in unzumutbarer Weise beeinträchtigt würde.. Quelle BVerfG, Beschluss vom 30.4.2015, Az. 1 BvR 2274/1 BVERFG ZUM MINDESTLOHN ZUSAMMENFASSUNG Mit den Auswirkungen einer sogenannten dynamischen Bezugnahmeklausel beim Betriebsübergang hatte sich das BAG zu beschäftigen. Ob dessen Auslegung – die Richter sehen den Erwerber eines Betriebsteils an eine solche Klausel gebunden, als habe er diese selbst mit dem Arbeitnehmer getroffen – mit EURecht vereinbar ist, muss nun vorab der EuGH klären. ZUSAMMENFASSUNG Mit zwei anderen Verfassungsbeschwerden gegen das Mindestlohngesetz wies das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) auch jene von 14 ausländischen Transportunternehmen als unzulässig ab. Die Betriebe wehrten sich gegen die Pflicht, den – auch nur kurzfristig – im Inland beschäftigten Arbeitnehmern den Mindestlohn zu zahlen und Meldungen nachzukommen. RELEVANZ Spannend ist die Wirkung der dynamischen Bezugnahmeklausel – grob gesagt, des arbeitsvertraglichen Verweises auf einen Tarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung – bei einem Betriebsübergang, wenn für den Erwerber andere Tarifwerke gelten. Die BAG-Rechtsprechung geriet in Konflikt mit der „Alemo-Herron“-Entscheidung des EuGH. Dieser kann nun seine Auslegung präzisieren. RELEVANZ Die Aufmerksamkeit war der Transportbranche sicher, als die Mindestlohnpflicht im Transitverkehr sogar auf europäischer Ebene diskutiert wurde. Das BVerfG äußerte sich nun nicht inhaltlich zu der Beschwerde, da die Fachgerichte vorrangig zuständig sind. Das BVerfG gab aber schon wichtige Fragen vor, die sich die Fachgerichte stellen müssen – bevor zuletzt doch wieder das BVerfG entscheidet. Quelle Quelle BAG, Besschluss vom 17.5.2015, Az. 4 AZR 61/14 (A) Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] BVerfG, Beschluss vom 25.6.2015, Az. 1 BvR 555/15 personalmagazin 08 / 15 NEU Wichtige Änderungen bei Elterngeld und Elternzeit Der neue Praxiskommentar MuSchG und BEEG von Haufe beantwortet Ihnen alle Fragen zu Mutterschutz, Elterngeld und Elternzeit schnell und rechtssicher. Profitieren Sie von der topaktuellen, praxisorientierten Kommentierung mit allen ab 01.01. bzw. 01.07.2015 geltenden Neuregelungen bei Elternzeit und Elterngeld. > Alle wichtigen Rechtsgrundlagen aus einer Quelle: MuSchG, BEEG, AAG, SGB V, Mutterschutzarbeitsverordnung > Renommiertes Herausgeber- und Autorenteam aus Praxis und Wissenschaft > Für die Praxis konzipiert: mit vielen Hinweisen, Beispielen und Handlungsempfehlungen Jetzt bestellen unter: www.haufe.de/mutterschutz Tel.: 0800 72 34 247 (kostenlos) 70 RECHT_BETRIEBSRAT Die Höhe des Anwaltshonorars PRAXIS. Die Vergütung des Betriebsratsanwalts sorgt häufig für Unmut bei Arbeit gebern. Insbesondere beim Gegenstandswert oder Stundensatz bleiben Fragen offen. Von Bernd Weller A llein die Tatsache, dass der Ar beitgeber die gegen ihn gerich tete Beratung des Betriebsrats zu zahlen hat, sorgt für nega tive Emotionen und ist häufig Anlass für einen Streit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Auch die fehlende Rechtssi cherheit, insbesondere zur Höhe des An waltshonorars, fördert einen Konflikt. Soll die Vergütung des Betriebsratsanwalts jedoch richtig bewertet werden, müssen Arbeitgeber zwischen der grundsätz lichen Erstattungsfähigkeit der Kosten des Betriebsratsanwalts („ob“) und der konkreten Höhe („wie viel“) differenzie ren. Ferner ist nach der konkreten Rolle des Anwalts zu unterscheiden. Beisitzer in Einigungsstelle Die Vergütung als Beisitzer einer Ei nigungsstelle ist eindeutig geregelt und damit selten Anlass für Streit zwi schen Arbeitgeber und Betriebsrat. Der Betriebsrat benennt nach § 76 Abs. 2 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (Be trVG) „seine“ Beisitzer in der Einigungs stelle selbst. Der Betriebsrat entscheidet allein und ohne Mitentscheidungsbe fugnis des Arbeitgebers, ob betriebsan gehörige oder externe Beisitzer benannt werden. Begrenzt wird dieses Auswahl recht nach der Rechtsprechung des BAG nur, wenn der benannte Beisitzer offen kundig nicht für dieses Amt qualifiziert ist. Da Juristen aber grundsätzlich hier für infrage kommen, kann mit diesem Argument ein Betriebsratsanwalt nur höchst selten ausgeschlossen werden. Mit der Auswahl des Beisitzers ist zugleich die Entscheidung über die Ver Am Ende bezahlt der Arbeitgeber: Häufig ist die Vergütung des Betriebsratsanwalts Anlass für Streit. personalmagazin 08 / 15 71 ARBEITSHILFE Fachbeitrag Die notwendigen Kosten des Betriebsrats (HI3547060) Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe gütungspflicht des Arbeitgebers gefällt. Der Arbeitgeber hat gemäß § 76a Abs. 1 BetrVG die Kosten der Einigungsstelle zu tragen. Dazu gehört nach § 76a Abs. 3 BetrVG auch die Vergütung der externen Beisitzer. In der Praxis erhalten externe Beisitzer 70 Prozent der Vergütung des Einigungsstellenvorsitzenden. Bevollmächtigter in Einigungsstelle Immer wieder lassen sich Betriebsräte durch einen Prozessbevollmächtigten in der Einigungsstelle begleiten, insbe sondere wenn die Zahl der Beisitzer so niedrig bemessen ist, dass nicht genug Plätze für alle Betriebsratsfraktionen und den Betriebsratsanwalt existieren. Allerdings: Die Aufgabe der Einigungs stelle ist es, Sachverhalte zu regeln und nicht Rechtsfragen zu entscheiden. Da her ist fraglich, ob die Einbindung eines Rechtsanwalts zusätzlich zu den Beisit zern in der Einigungsstelle erforderlich ist. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG muss der Arbeitgeber nur die erforderlichen Kos ten der Betriebsratsarbeit übernehmen. Da die Regelung von Sachverhalten (Be triebsvereinbarung zur Arbeitszeit, zum Rauchverbot et cetera) die Kernaufgabe des Betriebsrats ist, kann – gerade in einem Einigungsstellenverfahren, in dem ein neutraler und juristisch vorge bildeter Vorsitzender das Procedere leitet – über diese Erforderlichkeit gestritten werden. Sie wird wohl nur in komplexen Regelungsmaterien anzunehmen sein. Angenommen, die Begleitung der Einigungsstelle durch einen Prozess bevollmächtigten ist erforderlich, so bleibt die Frage nach der erforderlichen Vergütungshöhe. Hier lauert immen ses Streitpotenzial. Die Vergütung von Rechtsanwälten ist im Rechtsanwaltsver gütungsgesetz (RVG) geregelt. Danach bestimmt sich das Honorar anhand des Gegenstands- oder Streitwerts einer An gelegenheit sowie nach der Höhe des jeweils zulässigen Hebesatzes einer Gebühr (Geschäftsgebühr, Verfahrens gebühr, Terminsgebühr et cetera). Bei betriebsverfassungsrechtlichen Strei 08 / 15 personalmagazin tigkeiten geht es um das (Nicht-)Beste hen eines Mitbestimmungsrechts. Als solches ist dies nicht zu beziffern. Es handelt sich um eine nichtvermögens rechtliche Streitigkeit, für die das RVG einen Hilfswert von 5.000 Euro vorsieht. Da dies keine hohe Vergütung für die Anwälte begründet, werden Wege gesucht, das Honorar zu erhöhen. So gehen verschiedene Arbeitsgerichte davon aus, dass der Wert des Mitbe stimmungsrechts steigt, wenn mehr Mitarbeiter (potenziell) davon betrof fen sind, das Betriebsratsgremium also größer ist. Der Hilfswert von 5.000 Euro wird dann mit der Anzahl der Betriebs ratsmitglieder oder der Zahl der betrof fenen Mitarbeiter multipliziert. Das BAG hingegen vertritt die Auffassung, dass ein Mitbestimmungsrecht nicht dadurch wertvoller wird, dass es mehr oder weni ger Mitarbeiter betrifft. Zuweilen wurde auch versucht, zum Beispiel den Streit über das Sozialplanvolumen, der durch utopisch hohe Forderungen riesige Di mensionen annehmen kann, als Maßstab für die Anwaltsvergütung zu nehmen. Das hat sich zu Recht nicht durchgesetzt. Die Vereinbarung von Stundensät zen ist in der Praxis zwar üblich, steht aber rechtlich auf tönernen Füßen (sie he Kasten auf Seite 72). Da das Konzept der Erforderlichkeit nach § 40 BetrVG auch größtmögliche Kostenschonung des Arbeitgebers vorsieht, ist eine Stundenhonorarvereinbarung nur in Ausnahmefällen ohne Zustimmung des Arbeitgebers wirksam. Vertreter bei Rechtsstreitigkeiten Natürlich hat der Betriebsratsanwalt in seiner forensischen Tätigkeit einen Anspruch auf Vergütung. Die Arbeits gerichte sind bei der Frage, ob die Einschaltung eines Rechtsanwalts im Zusammenhang mit einem Gerichtsver fahren erforderlich ist, großzügig. Nur in krassen Ausnahmenfällen wird dies verneint, etwa wenn das vom Betriebs rat angestrengte Verfahren offenkundig keinen Erfolg verspricht. Personal Office (HPO). Internetzugriff: www.haufe.de/hi3547060 Bezüglich der Vergütungshöhe hin gegen kann umfänglich auf die Ausfüh rungen zum Prozessbevollmächtigten in der Einigungsstelle verwiesen werden. Auch hier findet der Streit über die Hö he der Vergütung – und den jeweiligen Gegenstandswert nach RVG – oft statt. Erstaunlicherweise werden bei Gerichts verfahren selten Stundensatzvereinba rungen getroffen. Hier ist also nach der Praxiseinschätzung der Arbeitsgerichte der Betriebsratsanwalt unabhängig von der Komplexität der Materie und dem je weiligen Gegenstandswert dazu bereit, auf RVG-Basis tätig zu werden. Warum dies bei außergerichtlichen Angelegen heiten ausgeschlossen sein soll, bleibt das Geheimnis der Arbeitsgerichte. Außergerichtliche Beratung Für den Betriebsrat gibt es – auch nicht aus dem Gedanken der Waffengleichheit heraus – kein Recht auf arbeitsrechtliche Dauerberatung. Das BAG weist darauf hin, dass Betriebsratsmitglieder nach § 36 Abs. 6 und Abs. 7 BetrVG umfang reich zur Teilnahme an Schulungen auf Kosten des Arbeitgebers berechtigt sind. Diese sind kein Selbstzweck, sondern sol len das nötige Wissen vermitteln. Für die außergerichtliche Tätigkeit eines Anwaltes gilt § 80 Abs. 3 BetrVG. Danach kann der Betriebsrat externe kostenpflichtige Sachverständige (auch Rechtsanwälte) nur beauftragen, wenn • das Betriebsratsgremium zuvor durch Beschluss • die Zustimmung des Arbeitgebers • zur Beauftragung eines konkret be nannten Rechtsanwalts • mit der Beantwortung einer konkret benannten Frage • und zu einem konkret vorgesehenen Honorarvolumen erbeten hat und • der Arbeitgeber seine Zustimmung erteilt hat. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 72 RECHT_BETRIEBSRAT Das bedeutet: Ohne Zustimmung des Arbeitgebers darf der Betriebsrat sei nen Anwalt außergerichtlich nicht man datieren. Er muss nach der Konzeption des Gesetzes hingegen ein Verfahren vor den Arbeitsgerichten führen, in dem die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zustimmung zu der Mandatierung des externen Anwalts erreicht werden soll. Nach dem Gesetz sollen die Kosten von Sachverständigen gering gehalten und dem Arbeitgeber die Möglichkeit ein geräumt werden, eigene Erkenntnis quellen (Mitarbeiter oder vorliegende Memoranda eines Anwalts) zu nutzen. Der Betriebsrat kann dem nicht das Ar gument der „Befangenheit“ entgegnen. Ausschließlich in Fällen der Betriebs änderung in Betrieben mit mehr als 300 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat auch ohne Zustimmung des Arbeitgebers exter ne Berater hinzuziehen. Auch dann ist er jedoch an die Grenzen der Erforderlich keit im Sinne des § 40 BetrVG gebunden. Konsequenz: Haftet der Betriebsrat? Werden die geschilderten Grenzen bei der Mandatierung vom Betriebsrat nicht eingehalten, ist es wie sonst im Leben auch: Wer Grenzen überschreitet, haftet dafür. Tatsächlich haftet das handeln de Betriebsratsmitglied dem externen Sachverständigen gegenüber für das Ho norar, ohne dass damit ein Freistellungs anspruch gegen den Arbeitgeber ver bunden wäre. Nach Auffassung von BAG und BGH ist dies der Preis einer freien Gesellschaft – wer handelt, muss auch die Konsequenzen tragen. Dies ist kein Verstoß gegen den Grundsatz, wonach das Betriebsratsamt nicht mit finanziel len Nachteilen oder Vorteilen verbunden sein darf. Denn dies gewährt keine Nar renfreiheit oder Generalfreistellung. BETRIEBSRATSANWALT Ist das Stundenhonorar erforderlich? Die Vereinbarung von Stundensätzen ist in der Praxis zwar üblich, steht aber rechtlich auf tönernen Füßen. Zumal die vorgebrachten Argumente nicht überzeugen. In der Praxis werden Stundensätze für Betriebsratsanwälte bisweilen von Arbeitsgerichten mit den folgenden Argumenten gutgeheißen: • Ein Stundensatz in der konkreten Höhe (200 bis 300 Euro) sei üblich, • auch der Arbeitgeber zahle seinem anwaltlichen Berater ein Stundenhonorar und • auf dem Markt sei kein Betriebsratsanwalt bereit, ein Mandat anzunehmen, das nicht auf Stundenbasis vergütet werde. Das erste Argument ist bei näherer Betrachtung kein Argument, sondern ein Tatsachenbefund. Er hat allerdings keinerlei Aussagekraft. Dass eine bestimmte Honorarabrede mit Zustimmung des Arbeitgebers in der Praxis häufig getroffen wird, sagt nichts darüber aus, welche Vergütung das Betriebsratsgremium gegen den Willen des Arbeitgebers auf dessen Kosten beschließen darf. Das Argument der Waffengleichheit ist sozialromantisch, aber dem BetrVG nicht zu entnehmen. Die Behauptung, es sei doch kein (guter) Anwalt ohne Stundenhonorar zu finden, wird mantraartig wiederholt; eine Beweisaufnahme dazu findet jedoch nie statt. Die Praxis belegt sehr wohl, dass zahlreiche Betriebsratsanwälte auch auf Basis des RVG tätig werden. Da die Erforderlichkeit nach § 40 BetrVG auch größtmögliche Kostenschonung des Arbeitgebers vorsieht, ist eine Stundenhonorarvereinbarung nur in Ausnahmen ohne dessen Zustimmung wirksam. Allerdings kommt die Haftung fast nie zum Tragen. Zum einen wird der Anwalt denjenigen, der regelmäßig Mandate bringt, nicht in Haftung nehmen. Zum anderen kann sich der Betriebsrat ge genüber dem externen Anwalt darauf berufen, dass für diesen die Unzulässig keit der Mandatierung erkennbar war. Weiche Faktoren sind Teil des Streits Abschließend sei darauf hingewiesen, dass häufig auch weiche Faktoren den Streit über das Honorar des Betriebs ratsanwalts bestimmen. So ist der Ar beitgeber meist strengen Vorgaben für die Auftragsvergabe unterworfen. Die eigenen Anwälte müssen sich also in „Beauty Contests“ und Vergabeverfah ren bewähren. Betriebsratsgremien entscheiden hingegen freihändig. Die Unternehmensrichtlinien sind freilich nicht anwendbar. Die Mandatsentschei dung des Betriebsrats ist oft schon des halb für den Arbeitgeber ein rotes Tuch. Hinzu kommt die Geheimniskrämerei, die manche Betriebsratsanwälte um ihre Tätigkeit machen. Oft weigern sie sich, die Honoraransprüche so zu belegen, wie dies nach der BGH-Rechtsprechung erforderlich ist. Unter Hinweis auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht werden Angaben zu zeitlichem Umfang und Inhalt der Beratung selbst bei Stun densatzvereinbarungen verweigert. Dies führt jedoch nur dazu, dass Arbeitgeber die Rechnung mangels unzureichender Substanziierung nicht zu zahlen haben. Letztlich dürfte ein Stundenhonorar der Betriebsratsanwälte in der Regel nicht erforderlich sein. Nach RVG gibt es wiederum viel Raum für Streit. Insofern wäre eine einheitliche Linie der Gerichte oder die Aufgabe der gesetzgeberischen Zurückhaltung angebracht. Ein leidiges Streitthema würde so beseitigt. BERND WELLER ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek. personalmagazin 08 / 15 © MARKUS DEHLZEIT / FOTOLIA.DE RECHT_TARIFVERTRÄGE 73 Nur für Mitglieder: Tarifverträge differenzieren Leistungen nach Gewerkschaftszugehörigkeit. Geschlossene Gesellschaft URTEIL. Eine neue Praxis kommt auf Unternehmen zu: Tarifverträge enthalten häufig Klauseln, die bestimmte Leistungen nur für Gewerkschaftsmitglieder vorsehen. Von Thomas Muschiol M uss sich unser Unterneh men eigentlich zwingend an einen Tarifvertrag halten? Diese Frage wird in der Pra xis im Ergebnis häufig allein dann schon bejaht, wenn das Unternehmen einem Arbeitgeberverband angehört oder am Abschluss eines Haustarifvertrags mit gewirkt hat. Entsprechend wird diese Er kenntnis dann meist dadurch umgesetzt, dass in den Arbeitsverträgen aller Mitar beiter auf diese Tarifbindung hingewiesen 08 / 15 personalmagazin wird, indem etwa folgende Formulierung auftaucht: „Im Übrigen gilt für das Ar beitsverhältnis der Tarifvertrag xy“. Die arbeitsrechtlich gespaltene Belegschaft ist Realität Arbeitsrechtlich gesehen reicht es für eine exakte Beschreibung der Rechtsla ge nicht aus, auf die Tarifbindung des Unternehmens hinzuweisen. Vielmehr müsste die Antwort auf die Ausgangs frage wie folgt lauten: Da das Unterneh men tarifgebunden ist, muss der Tarif vertrag zwingend auf alle Mitarbeiter angewandt werden, die ihrerseits tarif gebunden sind, also der Gewerkschaft angehören, die den Tarifvertrag mit dem Verband, dem das Unternehmen angehört, abgeschlossen hat. Für diese Mitarbeiter entfaltet der Tarifvertrag in soweit sogenannte normative Wirkung. Das bedeutet, dass das Unternehmen sich an einen solchen wie an ein Gesetz halten muss, auch ohne dass im Arbeits vertrag ein Wort über die Anwendung des Tarifvertrags verloren wird. Geht man davon aus, dass in kaum einem Un ternehmen der Organisationsgrad bei Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 74 RECHT_TARIFVERTRÄGE 100 Prozent liegen dürfte, heißt das zu nächst: Entschließt sich ein Unterneh men, einem tarifschließenden Arbeit geberverband beizutreten oder Partner eines Haustarifvertrags zu werden, be steht die normative Pflicht, sich an ei nen Tarifvertrag zu halten, nur für den Teil der Belegschaft, die Gewerkschafts mitglieder sind. Und nicht nur das: Das Beispiel der Auseinandersetzung zwi schen der Gewerkschaft der Lokführer und der Deutschen Bahn zeigt, dass die Beantwortung der Frage, wann eine nor mative Tarifbindung besteht, auch noch davon abhängen kann, in welcher Ge werkschaft der jeweilige Mitarbeiter ist. Die arbeitsrechtlich gespaltene Belegschaft ist Realität Daraus folgt, dass Unternehmen hinsicht lich ihres arbeitsrechtlichen Vertrags gestaltungsspielraums zwei Gruppen von Arbeitnehmern gegenüberstehen: denen, die in der (richtigen) Gewerk schaft sind und bei denen auch ohne Hin weis im Arbeitsvertrag der Tarifvertrag normative Wirkung entfaltet, und denen, die nicht in der (richtigen) Gewerkschaft sind und bei denen die Arbeitsbedin gungen im Rahmen der allgemeinen arbeitsrechtlichen Vertragsfreiheit ohne Rücksichtnahme auf die Bestimmungen des Tarifvertrags frei gestaltet werden können. So wäre es insoweit durchaus denkbar, mit Mitarbeitern der letzteren Gruppe einen über die tarifliche Arbeits zeit hinausgehenden Arbeitsvertrag über eine 40-Stunden-Woche abzuschließen und dies mit einem erheblichen Lohnzu schlag zu kompensieren. Angenommen, jedem Personalver antwortlichen ist bewusst, dass diese Möglichkeiten der Differenzierung exis tieren: Es werden sich wohl – wenn überhaupt – nur in wenigen Unterneh men solche Arbeitsverträge finden, bei denen von dieser legalen Möglichkeit Gebrauch gemacht wird. Der Grund liegt auf der Hand: Jeder nicht tarifgebundene Mitarbeiter hat es in der Hand, durch schlichten Beitritt in die Gewerkschaft HINWEIS Der Irrtum mit AT-Verträgen Gerade in höherrangigen Positionen vereinbaren Arbeitgeber und Beschäftigter ein außertarifliches Arbeitspapier. Dabei ist der Blick auf den Geltungsbereich des Tarifvertrags zu richten. „Die Parteien schließen folgenden außertariflichen Arbeitsvertrag.“ Wenn tarifgebundene Unternehmen mit einer solchen Formulierung arbeiten, wollen sie erreichen, dass für diesen Mitarbeiter ein Tarifvertrag gerade nicht gelten soll. Ist dieser Mitarbeiter in der Gewerkschaft, so ist ein solcher Vertrag nur sinnvoll, wenn es sich um eine Tätigkeit beziehungsweise Position handelt, die vom Tarifvertrag selbst ausdrücklich aus dem tariflichen Geltungsbereich ausgeklammert wird. Ist dieser Mitarbeiter nicht in der Gewerkschaft, so kann mangels normativer Tarifbindung auch bei „normalen“ Tätigkeiten vom Tarifvertrag abgewichen werden. Dieser Mitarbeiter kann aber durch schlichten Gewerkschaftsbeitritt die vom Tarifvertrag abweichenden Vertragsbestandteile unwirksam werden lassen. DISKRIMINIERUNG Ist die Gewerkschafts-Frage erlaubt? Das Interesse an der Gewerkschaftszugehörigkeit hat im Bewerbungsverfahren im Grundsatz nichts zu suchen. Während des Arbeitsverhältnisses kann die Frage jedoch durchaus notwendig sein. „Sind Sie Gewerkschaftsmitglied?“ Wenn diese Frage im Rahmen von Einstellungsgesprächen oder in einem Bewerbungsfragebogen gestellt wird, handelt es sich um eine unzulässige Frage, bei der dem Bewerber ein sogenanntes Recht zur Lüge zugestanden wird. Anders sieht es jedoch im laufenden Beschäftigungsverhältnis aus. Hier ist die Frage immer dann erlaubt, wenn dies für die Berechnung des Lohns oder zur Einhaltung sonstiger Tarifvorschriften notwendig ist. Erst recht dann, wenn in einem Tarifvertrag eine zulässige Differenzierungsklausel besteht. Völlig neue Bedeutung hat die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit durch die Aufgabe der Rechtsprechung zur Tarifeinheit erlangt. Da es insoweit möglich ist, dass in einem Unternehmen mehrere Tarifverträge gelten, sind unter Umständen auch Angaben zur Frage, welche Gewerkschaftszugehörigkeit besteht, notwendig. Allerdings wird insoweit ein aktuelles BAG-Urteil zu berücksichtigen sein (Urteil vom 18.11.2014, Az. 1 AZR 257/13). Darin wurde einem Arbeitgeberverband untersagt, sein Fragerecht im Vorfeld von Tarifergebnissen schon im Rahmen von Tarifverhandlungen auszuüben. Es muss also ein konkreter objektiver Anlass bestehen. die normative Wirkung eines Tarifver trags herbeizuführen. Nimmt er diese Möglichkeit wahr, so würde die vormals legale Abweichung von einem Tarifver trag vom Beitritt in die Gewerkschaft an unwirksam, da eine einzelvertragliche Abweichung von einem normativ gel tenden Tarifvertrag nicht möglich ist. Die traditionelle Folge dieser Situa tion ist: Die meisten Unternehmen, die sich für eine Tarifbindung entschieden haben, verhalten sich faktisch gegen über allen Mitarbeitern so, als wenn ihr Tarifvertrag unterschiedslos normative Wirkung hätte und stellen dies durch einen entsprechenden Hinweis „auf die personalmagazin 08 / 15 75 Geltung des Tarifvertrags“ gegenüber den Arbeitnehmern in den Arbeitsver trägen klar. Exklusive Besserstellung im Interesse der G ewerkschaft Dass Unternehmen von der Möglichkeit, zwischen Mitarbeitern mit und ohne Gewerkschaftsausweis zu differenzie ren, bisher so gut wie keinen Gebrauch machen wollen, hat aber auch eine un ternehmerpolitische Bedeutung. Man stelle sich vor, ein Unternehmen käme auf die Idee, eine bestimmte tarifver tragliche Leistung nur dann zu gewäh ren, wenn es „sein muss“, sprich wenn der Mitarbeiter in der (richtigen) Ge werkschaft ist. Er dürfte sich in einem solchen Fall über das anschließende An steigen des gewerkschaftlichen Organi sationsgrads nicht wundern. Im Gegenzug dürfte nachvollziehbar sein, dass die Gewerkschaften gerade ein hohes Interesse daran haben, dass Unternehmen für ihre Mitglieder eine exklusive Besserstellung durchführen. Das wirft jedoch folgende Frage auf: Können die Gewerkschaften im Wege von Tarifverhandlungen oder gegebe nenfalls durch Streiks durchsetzen, dass Leistungen eines Tarifvertrags nur Gewerkschaftsmitgliedern zugutekom men? Die Antwort mag zunächst verblüf fend klingen: Selbstverständlich dürfen sie dies, denn es liegt in der Natur von Tarifverhandlungen, dass die daran be teiligten Gewerkschaften nur Ansprü che ihrer Mitglieder begründen können. Nicht aus der Natur von Tarifverhand lungen ergibt sich dagegen ein Verbot, Tarifverträge auch freiwillig auf nicht ge werkschaftlich organisierte Mitarbeiter, sogenannte Außenseiter, anzuwenden. Was aber wäre, wenn es einer Gewerk schaft gelänge, in einen Tarifvertrag ei ne solche Differenzierungsklausel für Gewerkschaftsmitglieder ausdrücklich hinein zu verhandeln oder zu erstreiten? Müssten sich dann die tarifgebundenen Unternehmen daran halten? 08 / 15 personalmagazin Die Antwort lautet zunächst: nein. Eine solche Vereinbarung wäre verfassungs widrig, weil es gegen die sogenannte „negative Koalitionsfreiheit“ verstößt. Sie würde nämlich die Außenseiter fak tisch dazu zwingen, der Gewerkschaft beizutreten. So musste sich das Bundes arbeitsgericht (BAG) im Jahr 2011 (Ur teil vom 23.3.2011, Az. 4 AZR 366/09) mit der Wirksamkeit einer sogenannten „Spannenklausel“ beschäftigen. Dies waren Verhandlungsergebnisse, die in Tarifverträgen absichern sollten, dass Gewerkschaftsmitglieder immer einen definierten prozentualen Gehaltsvor sprung vor ihren nicht organisierten Kollegen haben. „Wegen Überschreitung der Tarifmacht“, so das BAG, seien derar tige Klauseln unwirksam. Konkrete Sonderzahlung für Gewerkschafter wirksam Was aber ist, wenn nicht der Tarifvertrag als Ganzes oder bestimmte Abschnitte in Tarifverhandlungen als „Exklusiv leistung“ bezeichnet werden, sondern es den Gewerkschaften gelingt, einzelne Zuwendungen, etwa eine Sonderzah lung oder eine „Erholungsbeihilfe“, aus schließlich für Gewerkschaftsmitglie der in den Tarifvertrag zu bekommen? An dieser Stelle ist Schluss mit einem pauschalen Verweis auf die „negative Koalitionsfreiheit“. Vielmehr ist jede dieser Leistungen auf ihre Zulässigkeit abzuklopfen. Im Jahr 2013 hat das BAG den Weg für einzelne Fallgestaltungen geöffnet, bei denen tarifliche Regelungen (im entschiedenen Fall ging es um eine Son derzahlung), die an die Gewerkschafts zugehörigkeit anknüpfen, tatsächlich zulässig sind (Urteil vom 21.8.2013, Az. 4 AZR 861/11). Seitdem vergeht kaum ei ne Tarifverhandlung, in der nicht an der einen oder anderen Stelle eine Leistung auftaucht, die mit einer Differenzierungs klausel ausgestattet ist. Dementspre chend sind die Arbeitsgerichte reichlich mit der Überprüfung im Auftrag der Unternehmen, die die Unterscheidungen ARBEITSHILFE Urteil Das BAG-Urteil vom 23.3.2011, Az. 4 AZR 366/09, im Volltext (HI2727695) Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe Personal Office (HPO). Internetzugriff: www.haufe.de/hi2727695 nach der Gewerkschaftszugehörigkeit scheuen, beschäftigt. Nicht wenige Ar beitgeber haben sich inzwischen jedoch mit dieser ungewohnten Rechtslage ab gefunden, was dann allerdings mit einer Frage nach der Gewerkschaftszugehörig keit (siehe Kasten) einhergehen muss. Ist in diesen Unternehmen damit der Rechtsfrieden für die Arbeitgeber durch Nachgeben und Verzicht auf eine Klage gerettet? Keineswegs, denn in diesen Fällen müssen die Arbeitgeber damit rechnen, dass sie mit Klagen derjenigen Mitarbeiter überzogen werden, die nicht in der Gewerkschaft sind und auch nicht gezwungen werden wollen, wegen des Vorteils einer einzelnen tariflichen Leis tung einzutreten. LAG: Zulässige Differenzierung im Sozialtarifvertrag Auch hier gibt es mittlerweile ein rich tungsweisendes LAG-Urteil. In dem konkreten Fall war in einer Differenzie rungsklausel festgelegt, dass Gewerk schaftsmitglieder aus einem Sozialtarif vertrag eine höhere Abfindung als ihren nichtorganisierten Kollegen zusteht (LAG München, Urteil vom 10.2.2015, Az. 9 Sa 662714). Eine zulässige Unter scheidung, entschieden die bayrischen LAG-Richter. Allerdings muss noch das BAG über die eingelegte Revision ent scheiden. THOMAS MUSCHIOL ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht in Freiburg. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 76 PERSÖNLICH_NEWS Vergütung im Vergleich: Welche Branchen zahlen wie gut? Die Karriere planen N ur 43 Prozent der Arbeitnehmer planen ihr Weiterkommen im Job. Ihnen gegenüber stehen „planlose“ 56 Prozent. Dies zeigt eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Deutschen Universität für Weiterbildung. Diese macht zudem deutlich, dass sich der Karrierebegriff gewandelt hat: Den Arbeitnehmern geht es weniger um Aufstieg, Status und Macht, sondern darum, dass die Stelle zum Leben passt. Als Maßnahmen für eine bessere Karriereplanung nennen die Initiatoren der Studie die aktive Teilnahme in Business-Plattformen, Weiterbildung und das Setzen von Etappenzielen. Von den Befragten, die ihre Karriere planen, setzen sich bislang nur 24 Prozent konkrete Etappenziele. www.duw-berlin.de I n welchen Branchen werden HR-Experten am besten bezahlt? Dieser Frage geht der Vergütungs-Check von Compensation-Online und Personalmagazin in diesem Monat nach. Die Tabelle zeigt den jeweiligen Branchen-Durchschnittswerts im prozentualen Verhältnis zum Gesamtdurchschnitt. Ab der Septemberausgabe beginnt der Vergütungs-Check wieder mit den Durchschnittsgehältern zentraler Tätigkeitsfelder im Personalwesen (siehe Übersicht). WO PERSONALER WIE VIEL VERDIENEN Durchschnittswerte über 120 Prozent Halbleiter Verbände Sonstige Investitionsgüter Bau Luftfahrt Immobilien Banken, Finanzdienstleistung Großhandel, Technik Sonstige Informationstechnologie Möbel, Holz Pharma, Chemie, Verfahrenstechnik Bildungsinstitutionen Unternehmensberatung Großhandel, Sonstiges Autoindustrie Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung Computer (Herstellung Hardware) Internet- und Versandhandel Großhandel Anlagenbau Telekommunikation Kultur Konsum- und Gebrauchsgüter Sonstige Dienstleistungen Medizintechnik Großhandel, Bau und Einrichtung Maschinenbau Energie, Wasser, Umwelt, Entsorg. Software SEMINARE Durchschnittswerte 80 bis 90 Prozent Logistik, Transport, Verkehr Rechtsberatung Werbung und PR Großhandel: Lebensmittel, Bekleidung, Textil Durchschnittswerte 100 bis 120 Prozent Gesundheitswesen 3. bis 4. September, Frankfurt a.M./Oberursel Optimale Personalprozesse Tel. 0761 898-4422 www-haufe-akademie.de Elektrotechnik Zeitarbeit Versicherungen Autohäuser 22. bis 25. September, Hamburg Führen – Delegieren – Motivieren Tel. 07551 9368-185 www.die-akademie.de Biotechnologie Verändern – aber wie? Tel. 0228 265004 www.zfm-bonn.de Schifffahrt 28. bis 29. September, Bonn ONLINE-SEMINARE IT-Systemhäuser Fahrzeugbau, Metall Feinmechanik, Optik Kosmetik Sonstige Industrie Messebetreiber Forschungsinstitute Kunststoff, Gummi, Glas, Keramik 8. September Mutterschutz und Elternzeit Teil 1 21. September Grundlagenwissen der betrieblichen Altersversorgung 22. September Mutterschutz und Elternzeit Teil 2 Weitere Informationen zu den Online-Seminaren erhalten Sie unter Tel. 0180 5050-440 und www.haufe-online-training.de. HPO Für Abonnenten des Haufe Personal Office Premium sind diese Online-Seminare inklusive. Medien, Presse Bekleidung, Textil Krankenhäuser Druck und Papier, Verpackung Durchschnittswerte bis 80 Prozent Handwerk Touristik, Freizeit Einzelhandel: Technik, Bau und Einrichtung Einzelhandel: Bekleidung, Textil Soziale Einrichtungen Einzelhandel: Lebensmittel, Sonstiges Hotel und Gaststätten Call Center ÜBERSICHT Sept.: Personalentwickler Okt.: Fachlicher Trainer Nov.: Persönlichkeitstrainer Dez.: Syndikus Jan.: Lohn und Gehalt Durchschnittswerte 90 bis 100 Prozent Lebensmittel, Nahrung, Genuss Feb.: Personalmarketing März: Personalleiter April: Personalreferent Öffentliche Verwaltung, Behörden Mai: Personalsachbearbeiter Personalberatung Juni: Personalberater Ingenieurbüro Juli: Personaldisponent Aug.: Branchenvergleich QUELLE: WWW.COMPENSATION-ONLINE.DE, 2015 Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] personalmagazin 08 / 15 77 Ausbildung zum Change-Manager „presenting the new colleague“ I n vielen Unternehmen ist der Change- und Lernbedarf so groß, dass er mit externen Beratern allein nicht mehr gedeckt werden kann. Für Unternehmen, die selbst die erforderliche Change-Management-Kompetenz aufbauen wollen, hat das Institut für integrale Lebens- und Arbeitspraxis in Esslingen, zusammen mit dem Steinbeis Transferzentrum in Reutlingen, eine Change-Management-Kompaktausbildung entwickelt. Diese Inhouse-Ausbildung enthält zwei Module zu je zwei Tagen und integriert Fallstudien aus dem Betriebsalltag der Teilnehmer. Ab Januar 2016 wird auch eine offene Change-Management-Ausbildung angeboten, an denen Mitarbeiter verschiedener Unternehmen teilnehmen können. www.ilea-institut.de Neue Mitarbeiter stellen Sie so dem internationalen Team vor: „Here is our new colleague in this department, Mrs XY“ (Hier ist unsere neue Kollegin in dieser Abteilung, Frau XY). Geben Sie einige Informationen zur Person: „Mrs XY has a long history of innovative work in the field of…“ (Frau XY verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich innovativer Tätigkeiten von…), „She has experience in the areas of…“ (Sie hat Erfahrung in den Bereichen…), „Our new colleague comes to us after several years of experience as…“ (Unsere neue Kollegin ist zu uns gekommen, nachdem sie einige Jahre als… Erfahrung gesammelt hat). An dieser Stelle stellt Ihnen das Personalmagazin hilfreiche Redewendungen aus dem Englischen vor. Diese sind dem Haufe Praxisratgeber „Business English für Personaler“ entnommen. !$#!%#" #%$%% A##% NZEI GE HR-NETZWERKE Unterhalten Sie einen nicht kommerziellen Personaler- Treff und sind offen für neue Mitglieder? Dann schreiben Sie unter dem Stichwort „HR-Netze“ eine Nachricht an: redaktion@personal magazin.de. Zukunft Wirtschaft: Faktor Mensch! Ansprechpartner: Tim-O. Goldmann &%$& E-Mail: [email protected] Mit den Themen HR, Führung und Gesundheit befasst sich das Netzwerk „Zukunft Wirtschaft: Faktor Mensch!“, das im Juli 2013 startete und heute rund 50 Mitglieder aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zählt. Die Teilnahme ist kostenfrei. Fünfmal jährlich finden Treffen an verschiedenen Orten in Hamburg statt. Diese bieten Impulsvorträge und die Möglichkeit zum Netzwerken. Im Vordergrund stehen neue Impulse und der Austausch im Kollegenkreis, aber auch das Besprechen erfolgreicher Praxisbeispiele und das Hinterfragen wissenschaftlicher Ansätze. Der nächste Termin im Oktober befasst sich mit „Stress in Organisationen“. 08 / 15 personalmagazin % $ $& & !&% &"" &&!% %!!&%""& "&!%$$$ $%%!%%&"& Akademie Koblenz 78 PERSÖNLICH_TRENNUNGSGESPRÄCHE Mit Empathie und Feingefühl PRAXIS. Sich von einem Mitarbeiter zu trennen, ist für alle Seiten schwierig und belastend. Eine gute Vorbereitung hilft beim entscheidenden Gespräch. Von Anja von Kanitz D as Trennungsgespräch gehört zu den schwierigsten Disziplinen im HR-Management, denn hier sind nicht nur Fachwissen und Kenntnisse in Gesprächsführung gefragt, sondern die Empathie und das Feingefühl der Personalmanager. Da der Verlust eines Arbeitsplatzes immer ein einschneidendes Erlebnis ist und die betroffene Person durchaus in eine persönliche Krise stürzen kann, ist äußerste Sorgfalt bei der Vorbereitung und Durchführung wichtig, um eine Gefährdung rechtzeitig zu erkennen und gezielte Hilfe anbieten zu können. Organisatorische Vorbereitung Voraussetzung für eine Trennung ist die juristische Prüfung der Rechtmäßigkeit und der Konditionen der Trennung. Ist dieser Punkt geklärt, ist viel Organisatorisches zu regeln, zum Beispiel die zeitliche Planung. Zwischen der Unternehmensentscheidung, sich von einer Person zu trennen, und dem Gespräch sollte nicht zu viel Zeit vergehen. Der Gesprächstermin sollte nicht an besonderen Tagen – wie dem Geburtstag des Mitarbeiters oder seinem Firmenjubiläum – stattfinden. Das Gespräch sollte in geschützter Atmosphäre stattfinden – einem ruhigen Raum, der nicht einsehbar und akustisch gedämmt ist. Vorab ist zu klären, wer an dem Gespräch teilnimmt. Hier gilt: Das Gespräch führt die Person, die auch für die Mitarbeitergespräche zuständig war – also in den meisten Fällen der Vorgesetzte. Diese Person wird, insbesondere bei betriebsbedingten Kündigungen, als „Tandem“ von einem Vertreter der Personalabteilung unterstützt. Ein Betriebsratsmitglied ist dann einzubinden, wenn der Betroffene diese Begleitung wünscht. Individuelle Vorbereitung Bei einem Trennungsgespräch geht es auch darum, der betroffenen Person den gehörigen Respekt für die in der Vergangenheit geleistete Arbeit entgegenzubringen. Die Gesprächsführenden sollten wissen, wie lange die Person im Betrieb ist und was sie dort getan hat. Zur guten Vorbereitung gehört folglich, dass alle Informationen zur betroffenen Person vorliegen. Weiterhin gehört dazu, sich im Vorfeld zu überlegen, was außer der Trennungsnachricht übermit- telt werden soll. Die Vorbereitung hilft auch, realistisch einzuschätzen, welche Folgen die Trennung für den Betroffenen hat, wie er reagieren wird und welche Hilfen das Unternehmen anbieten kann, um den Übergang möglichst gut zu gestalten. Zielführend hierbei sind Fragen wie: Was wissen Sie über seine persönliche Situation? Wie würden Sie die Person als Typ beschreiben? Es ist hilfreich, diese Einschätzung zusammen mit dem Tandem-Partner aus der Fachabteilung vorzunehmen. Genauso wichtig ist eine vorherige Absprache der Tandem-Partner zu den jeweiligen Gesprächsrollen. Eine bewährte Arbeitsteilung ist, dass der Vorgesetzte das Gespräch führt und der Personaler sich immer dann einschaltet, wenn es um rechtliche oder organisatopersonalmagazin 08 / 15 79 rische Aspekte oder konkrete Unterstützungsangebote des Unternehmens geht. Emotionale Vorbereitung Die emotionale Vorbereitung betrifft die eigenen Gefühle und Gedanken rund um das Trennungsgespräch und mögliche Strategien, um das Gespräch zu meistern. Auch für die Gesprächsführenden dazu, die Teilnehmer auf das Gespräch einzustimmen, eine inhaltliche und zeitliche Orientierung zu geben und für eine respektvolle Atmosphäre zu sorgen. In der Kernphase werden alle wesentlichen Inhalte angesprochen. Wichtig hierbei ist, dass Sie die Trennungsbotschaft klar und verständlich aussprechen und dass Sie dem Gegenüber Zeit BUCHTIPP Professionell und konstruktiv Ein Trennungsgespräch verläuft besser, wenn es gut vorbereitet ist. So können die Gesprächsführenden meist auch schwierige Situationen souverän meistern. Im Buch erläutert die Kommunikationsexpertin Anja von Kanitz, wie ein konstruktives Kündigungsgespräch aufgebaut ist. Sie beschreibt die einzelnen Gesprächsphasen und erläutert, wie Sprache, Stimme und Körperhaltung dazu beitragen, die Gesprächsinhalte verständlich zu vermitteln. Auch der Umgang mit Wut, Trauer und persönlichen Vorwürfen ist Inhalt des Buchs. Darüber hinaus stellt die Autorin Checklisten und Übungen für alle Gesprächsphasen bereit. Anja von Kanitz: Trennungsgespräche im Unternehmen. 224 Seiten, Haufe Verlag, Freiburg, 2015. 39,95 Euro. www.haufe.de/personal ist es häufig belastend, sich von Mitarbeitern zu trennen, gerade dann, wenn diese sich nichts haben zu Schulden kommen lassen und betriebsbedingte Gründe zu dieser Trennung führen. Die gründliche Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen im Vorfeld hilft, im Gespräch zugewandt und hilfreich zu agieren, ohne von eigenen Gefühlen mitgerissen zu werden. Die emotionale Vorbereitung schützt auch davor, sich im Gespräch durch Vorwürfe des Betroffenen provozieren zu lassen. Strukturierte Durchführung Das Gespräch selbst sollte gut strukturiert sein. Die drei Phasen – Einstieg, Kernphase und Abschlussphase – geben dem Gespräch Halt. Der Einstieg dient 08 / 15 personalmagazin geben, die Nachricht zu verarbeiten und darauf zu reagieren. In der Kernphase erläutern Sie die Gründe für die Trennung, das weitere Vorgehen und stellen die Angebote des Unternehmens zur Unterstützung dar. Idealerweise vermitteln Sie dem Betroffenen trotz allem die Botschaft: „Wir wissen, was Sie für das Unternehmen geleistet haben.“ Da nicht sicher ist, wie aufnahmefähig der Betroffene nach der Mitteilung des Trennungswunschs ist, müssen Sie fallweise entscheiden, welche Informationen auf jeden Fall in diesem Gespräch übermittelt und verstanden werden sollen und was in einem Folgegespräch geregelt werden kann. Die Abschlussphase sollten Sie deutlich einleiten: „Alle Punkte, die wir in diesem ersten Gespräch mit Ihnen behandeln wollten, haben wir jetzt besprochen. Ich denke, Sie benötigen nun Zeit, um das alles zu verarbeiten. Gibt es von Ihrer Seite Punkte, die wir unbedingt noch klären sollten?“ In jedem Fall müssen Sie sich am Ende des Gesprächs den Empfang der schriftlichen Kündigung mit Ort, Datum und Unterschrift quittieren lassen. Fassen Sie abschließend das im Gespräch Vereinbarte zusammen. Bevor Sie auseinander gehen, sollten Sie sicher sein, dass die betroffene Person in der Verfassung ist, allein nach Hause zu gehen. Haben Sie Zweifel, sorgen Sie für Unterstützung und Begleitung. Das Gespräch nachbereiten Mit dem Trennungsgespräch ist der Trennungsprozess noch nicht beendet. Eine sorgfältige Nachbereitung ist Voraussetzung dafür, dass alle Beteiligten den Prozess fachlich und persönlich abschließen – und positiv in die Zukunft schauen können. Deshalb sollten Sie nach dem Gespräch eine kurze Reflexion vornehmen, in der Sie für sich Ihren Eindruck vom Gesprächsverlauf klären. Dies wird Ihnen helfen, die Situation klarer zu sehen und – gerade auch im Austausch mit dem Fachvorgesetzten – ein realistisches Bild von Ihrem eigenen Auftreten zu bekommen. Zur organisatorischen Nachbereitung gehört das Erstellen eines Ergebnisprotokolls, in dem Sie Absprachen und Vereinbarungen sowie weitere geplante Termine festhalten. Notieren Sie, was zu klären ist, wer sich darum kümmert und bis wann das geschehen soll. Mit verbindlicher Kommunikation zwischen den unternehmensinternen Stellen verhindern Sie ein Informations- und Planungschaos in der Trennungsphase. ANJA VON K ANITZ ist selbstständige Trainerin, Beraterin und Coach mit den Schwerpunkten Rhetorik, Kommunikation und Moderation. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 80 PERSÖNLICH_BUCHTIPPS Die Büroarbeit neu organisieren ORGANISATION. Die Schlagworte „Ar- beiten 4.0“ und „New Work“ prägten schon weit vor dem Start der Offensive zur Arbeit 4.0 von Arbeitsministerin Andrea Nahles die öffentliche Diskussion. Erstaunlich bei der Debatte um die Arbeit der Zukunft ist aber, dass der Wandel in der Arbeitswelt mit Rezepten der Vergangenheit gemeistert werden soll, schreiben die MicrosoftManager Elke Frank und Thorsten Hübschen im Vorwort. Ihr Credo: Wir brauchen ein grundlegend neues Bild von Arbeit. Voraussetzung für ein Gelingen des neuen Arbeitens ist das konsequente Führen nach Zielen. Ohne konkrete, individuell ausgehandelte und messbare Ziele wird das flexible Arbeiten scheitern. Darin steckt die eigent- Mehr Professionalität für das Recruiting und die Recruiter AUS UNSEREM VERLAG. Was müssen liche Herausforderung beim Wandel der Arbeitswelt. Weitere Voraussetzungen sind Vertrauen und Wertschätzung. Mit ihrem Buch wollen die Autoren einen Reiseführer in die (Büro-) Arbeitswelt von Morgen bereitstellen. Nach einer Einführung in die Thematik und Herausforderungen beschreiben Frank und Hübschen die neue Arbeitswelt anhand von drei Aspekten, die auch bei Microsoft im Fokus stehen: Menschen, Orte und Technologien. Nur wem es gelinge, diese drei Faktoren sinnvoll und mitarbeitergerecht zu verbinden, könne die nächste Station auf dem Weg in die neue Arbeitswelt in Angriff nehmen. BEWERTUNG: Das Buch beschreibt vornehmlich die Arbeitswelt der Wissensarbeiter – aus einem einfachen Grund: In Büros kennen sich die Buchautoren aus. Sie liefern zahlreiche Beispiele aus dem eigenen, aber auch aus anderen Unternehmen. (dfu) Elke Frank, Thorsten Hübschen: Out of Office. 269 Seiten, Redline Verlag, München, 2015. 19,99 Euro. www.m-vg.de Die Art und Weise der Zusammenarbeit neu erfinden Recruiter heute können, um auf enger werdenden Arbeitsmärkten qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen? Diese Frage steht im Mittelpunkt der Ausführungen von Robindro Ullah und Michael Witte, die langjährige Erfahrung im operativen Recruiting, Employer Branding und HR-Marketing mitbringen. Sie plädieren für eine systemische Professionalisierung des Recruitings, das auf top ausgebildete Recruiting-Mitarbeiter setzt: Recruiting besteht aus grundsoliden Fähigkeiten, die aufgebaut und regelmäßig nachjustiert und verfeinert werden müssen. Im Buch beschreiben sie alle Aspekte der Personalgewinnung ausführlich und prozessorientiert – angefangen bei der Bedarfsplanung über die Stellenausschreibung bis zur Bewerberauswahl und zum Onboarding. Sie gehen auf einzelne Recruiting-Tools ein und räumen dem Social Media Recruiting umfangreichen Raum ein. Und sie erläutern, welche Kennzahlen wichtig sind, um die Wirksamkeit der eingesetzten Maßnahmen zu messen. Im Anhang liefern sie ein Glossar sowie eine Übersicht über HR-Blogs in Deutschland. (dfu) ORGANISATION. Die meisten Organisationen haben zahlreiche ChangeProgramme, Zentralisierungen und Dezentralisierungen, neue IT- und Prämiensysteme, neue Leitbilder und strategische Managementsysteme erfahren. Was bleibt, ist die Sehnsucht nach einer radikal anderen Weise der Zusammenarbeit. Wie können Organisationen aussehen, die ein Mehr des menschlichen Potenzials zugänglich machen? Wie können solche evolutionären Organisationen verwirklicht werden? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der Überlegungen von Frederic Laloux – nicht auf rein akademischer Ebene, sondern stark praxisorientiert. Er präsentiert seine Erkenntnisse aus einer Untersuchung von zwölf Unternehmen und erarbeitet einen Leitfaden für den Weg zu einer ganzheitlich orientierten und sinnstiftenden Organisation. BEWERTUNG: Mit seinen Forschungsergebnissen liefert der Unternehmensberater Frederic Laloux zukunftsweisende Erkenntnisse für die Organisationsentwicklung. Zahlreiche Praxistipps helfen bei der Entwicklung einer evolutionären Firma, in der sich die Mitarbeiter selbst organisieren. (dfu) Robindro Ullah, Michael Witt: Praxishandbuch Recruiting. 282 Seiten, Frederic Laloux: Reinventing Organizations. 356 Seiten, Verlag Franz Schäffer-Poeschel, Stuttgart, 2015. 49,95 Euro. www.schaeffer-poeschel.de Vahlen, München, 2015. 39,80 Euro. www.vahlen.de personalmagazin 08 / 15 PERSÖNLICH_RÜCKBLICK 81 Auswahl im Team selten IMPRESSUM Personalmagazin, Ausgabe 06/2015, Seite 30 Unter dem Titel „Mehr als Mitmachtheater“ hatten Ruth Lemmer und Pia Weber über den Ansatz berichtet, Neueinstellungen im Team entscheiden zu lassen. Über die App-Version konnten unsere Leser ihre eigenen Überlegungen dazu mitteilen. Hier das Ergebnis der Umfrage. Wissenschaftler, Personalexperten und Praktiker sehen den Sinn einer Personalauswahl durch einige der späteren Teammitglieder oder auch durch das komplette Team sehr differenziert. Teilweise wird bezweifelt, dass die künftigen Teammitglieder genügend Fachkompetenz und Weitsicht für die Anforderungen des Unternehmens auch im Hinblick auf die Personalentwicklung haben, andere schwören auf weitere Synergieeffekte durch eine demokratische Mitarbeiterauswahl und eine erhöhte Verantwortungsbereitschaft. Zwar ist es, so das Ergebnis unserer Umfrage, bereits in 16 Prozent der befragten Unternehmen üblich, das Team bei der Auswahl gelegentlich dazuzuholen, doch gab es keinen einzigen Praktiker, der das Team bereits standardmäßig bei der Personalrekrutierung und Mitarbeiterauswahl einbezieht. 50 Prozent der Befragten lehnen dieses Vorgehen generell ab. Personalverantwortliche, die die Expertise der zukünftigen Kollegen einholen, machen dies in erster Linie bei der Erstellung des Jobprofils (66 Prozent) oder bei der Probearbeit (ebenfalls 66 Prozent). Zur Erstellung der Stellenanzeige werden nur in 33 Prozent der befragten Unternehmen potenzielle Kollegen mit einbezogen. Jeder zweite nimmt dagegen ein oder mehrere Teammitglieder vereinzelt zum Auswahlgespräch dazu. Bei anderen Auswahlverfahren wie Assessmentcenter oder Tests sind die künftigen Kollegen jedoch nur ausnahmsweise dabei – lediglich 16 Prozent haben das schon ein- oder mehrmals praktiziert. Wenig genutzt scheint das Netzwerk des Teams bei der Suche nach Kandidaten: Nur die Hälfte der Befragten setzt hier auf die Mithilfe der Mitarbeiter. ERGEBNIS DER UMFRAGE Beim Erstellen des Jobprofils 66 Beim Probearbeiten 66 Bei der Ansprache potenzieller Kandidaten 50 Beim Auswahlgespräch 50 Beim Erstellen der Stellenanzeige 33 Bei der Bewertung der Bewerbungsunterlagen 33 Bei der finalen Entscheidung 33 Im Zuge eines bisher nicht genannten Auswahlverfahrens (Assessment Center, Test usw.) 16 ABONNENTEN-SERVICE UND VERTRIEB Tel.: 0800 / 7234 253 (kostenlos) Fax: 0800 / 5050 446 (kostenlos) E-Mail: [email protected] VERLAGSLEITUNG / HERAUSGEBER Reiner Straub, Randolf Jessl ERSCHEINUNGSWEISE Monatlich, in der Regel am letzten Freitag eines Monats, 16. Jahrgang REDAKTION Reiner Straub (str) (v.i.S.d.P.) E-Mail: [email protected] Daniela Furkel (dfu) (Chefreporterin) E-Mail: [email protected] Katharina Schmitt (ks) E-Mail: [email protected] Melanie Rößler (mer) E-Mail: [email protected] Kristina Enderle da Silva (end) E-Mail: [email protected] Michael Miller (mim) E-Mail: [email protected] Andrea Sattler (ak) E-Mail: [email protected] REDAKTIONSASSISTENZ Brigitte Pelka, Tel.: 07 61/8 98-3921, Telefax 07 61/8 98-99-3921, E-Mail: [email protected] AUTOREN UND MITARBEITER DIESER AUSGABE Thomas Bastian, Dr. Ruth Böck, Dr. Karl-Heinrich Bruckschen, Martin Claßen, Melanie Feistauer, Dr. Christian Gärtner, Winfried Gertz, Constanze Grune wald-Petschke, Veit Hannemann, Ulrike Hasbargen, Dr. Luisa Sabine Heß, Erich Hildenbrand, Uwe Döring-Katerkamp, Anja von Kunitz, Ulla Laux, Dietmar Metzger, Thomas Muschiol, Prof. Dr. Sabine Nitsche, David J. Rooney, Bärbel Schwertfeger, Gabriele Sommer, Gyöngyi Varga, Thomas Voß, Bernd Weller GRAFIK / LAYOUT Ruth Großer ANZEIGEN Gültige Anzeigenpreisliste vom 1.1.2015 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Niederlassung Würzburg, Unternehmensbereich Media Sales, Im Kreuz 9, D-97076 Würzburg ANZEIGENLEITUNG (verantwortlich für Anzeigen) Bernd Junker, Tel. 09 31 / 27 91-556 E-Mail: [email protected] KEY ACCOUNT MANAGEMENT Dominik Castillo, Tel.: 09 31/27 91-751, Fax -477 E-Mail: [email protected] Annette Förster, Tel.: 09 31/27 91-544, Fax -477 E-Mail: [email protected] Michaela Freund (Stellenmarkt), Tel.: 0931/27 91-777, Fax -477 E-Mail: [email protected] Thomas Horejsi, Tel.: 09 31/27 91-451, Fax -477 E-Mail: [email protected] ANZEIGENDISPOSITION Yvonne Goebel, Tel.: 09 31/27 91-470, Fax -477 E-Mail: [email protected] ABONNEMENT-PREISE Jahresabonnement (12 Ausgaben) 134 Euro inkl. MwSt., Porto- und Versandkosten; Bestell-Nummer: 04062-0001, ISSN: 1438-4558. Bezieher des Loseblattwerks „Das Personalbüro in Recht und Praxis“ und der CD-ROM „Haufe Personal Office“ sowie „Haufe Steuer Office Premium“ erhalten das Personalmagazin im Rahmen ihres Abonnements. DRUCK Konradin Druck GmbH, Kohlhammerstraße 1-15, 70771 LeinfeldenEchterdingen URHEBER- UND VERLAGSRECHTE Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für Entscheidungen und deren Leitsätze, wenn und soweit sie redaktionell bearbeitet oder redigiert worden sind. Soweit die Rechte an Bildern bei Dritten liegen, ist dies gekennzeichnet. Ansonsten liegen die Nutzungsrechte beim Verlag. Angaben in Prozent; Mehrfachantworten möglich Frage: Wenn Sie oder ein Mitarbeiter Ihres Unternehmens das eigene Team bei der Personalauswahl einbezieht: Inwiefern geschieht dies? 08 / 15 personalmagazin VERLAG Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Munzinger Straße 9, D-79111 Freiburg Kommanditgesellschaft, Sitz Freiburg Registergericht Freiburg, HRA 4408 Komplementäre: Haufe-Lexware Verwaltungs GmbH, Sitz Freiburg, Registergericht Freiburg, HRB 5557, Martin Laqua Geschäftsführung: Isabel Blank, Markus Dränert, Jörg Frey, Birte Hackenjos, Randolf Jessl, Markus Reithwiesner, Joachim Rotzinger, Dr. Carsten Thies Beiratsvorsitzende: Andrea Haufe Steuernummer: 06392/11008 Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: DE 812398835 NACHDRUCK Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags vervielfältigt oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot fällt insbesondere die gewerbliche Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf CD-ROM. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bildmaterialien übernimmt der Verlag keine Haftung. LESERBRIEFE Wir behalten uns vor, Leserbriefe zu kürzen. Aktuelle Informationen zu den Zeitschriften- und Online-Angeboten der Haufe-Gruppe finden Sie unter: www.haufe.de/mediacenter. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 82 PERSÖNLICH_FRAGEBOGEN Ganz persönlich Was sind Ihre aktuellen Herausforderungen in HR? Die existierenden HR-Organisationen von drei Ländern unter einem Dach zu vereinen und gleichzeitig so aufzustellen, dass wir den steigenden Ansprüchen unserer nationalen und internationalen Kunden weiterhin gerecht werden und zudem die Kollegen im operativen Geschäft täglich in ihrer Arbeit unterstützen. Welches Projekt würden Sie gern umsetzen, wenn Ihnen ein verdoppeltes HR-Budget zur Verfügung stünde? Wir führen bereits seit Jahren erfolgreich Engagement Surveys durch. Ich würde die Aktivitäten rund um dieses Thema gern noch weiter steigern. Eine wichtige Tugend für einen Personalmanager ist…? Authentizität, Verlässlichkeit und „vor Ort sein“. Was war Ihr bislang schönstes Projekt? Ich habe ein deutsches mittelständisches Unternehmen erfolgreich in einen globalen Konzern integriert. Dabei erkannte der Betriebsrat die Chancen für die Mitarbeiter. Er akzeptierte die Neuerungen wie den „Code of Business Conduct“ oder die Jahreszielgespräche nicht nur, sondern unterstützte sie bewusst. Wie halten Sie es selbst mit der Work-Life-Balance? Für mich ist es besonders wichtig, die manchmal limitierte Zeit bewusst qualitativ mit meinen Kindern zu verbringen. Mit dem Kleinsten im Sandkasten zu sitzen oder mit den anderen eine Radtour zu machen, beansprucht mich, macht aber gleichzeitig den Kopf frei. Wann haben Sie im Job zum letzten Mal geschwänzt? Ich weiß nicht, ob man es wirklich schwänzen nennen kann: Vor einigen Wochen startete mein Flieger aus Krakau mit deutlicher Verspätung, weshalb ich ein Meeting mit unserer Kanzlei nicht mehr wahrnehmen konnte. Da ich an der Situation nichts ändern konnte, entschied ich mich fürs „Chillen“. Ich habe die gewonnene Zeit ein wenig genossen, Kaffee getrunken, die Menschen beobachtet und in Ruhe ein Automagazin gelesen. Von diesem habe ich allerdings nur die Bilder verstanden – der Text war in Polnisch verfasst… ANDREAS TENKMANN ist seit 1. April 2015 Vice President HR DACH bei Sodexo. Der Diplom-Kaufmann blickt auf langjährige Erfahrungen in verschiedenen HR-Führungspositionen zurück. Seit 2012 war er als HR-Director bei Foot Locker tätig. Erfahrungen aus dem Facility-Management und Catering-Markt sammelte er von 2007 bis 2012 als HR-Director bei Aramark. Davor arbeitete er in verschiedenen HR-Positionen für KPMG Consulting/BearingPoint. Wie kamen Sie zur HR-Laufbahn? Ich habe keine klassische HR-Laufbahn eingeschlagen, sondern mir die Aufgaben über viele Schritte vom Consultant und Prozessberater erschlossen. Die Übernahme einer HRLeitung war dabei eine logische Konsequenz. Wer inspiriert Sie? Beruflich inspirieren mich meine Mitarbeiter und natürlich das operative Geschäft. Privat meine Kinder, da sie mir helfen, die Themen des Tages aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten. Wofür hätten Sie gern mehr Zeit? Wir haben ein kleines altes Bauernhaus in der Ortenau. Hier würde ich gern mehr Zeit mit der Familie verbringen. VORSCHAU AUSGABE 09/15 TITEL MANAGEMENT ORGANISATION RECHT PERSÖNLICH Die 40 führenden Köpfe im Personalwesen Persönlichkeitstests richtig interpretieren Digitales Gesundheitsmanagement Neues zur Verdachtskündigung Erfolgreich netzwerken Das nächste Personalmagazin erscheint am 25. August 2015 Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] personalmagazin 08 / 15 Leadership Revolution! tio on! Führung im Umbruch gestalten SIND SIE DABEI?! DGFP // lab 24. – 25. September 2015 Berlin Die Zukunftsplattform für onalss HR-Professionals & Young Professionals www.lab.dgfp.de Selbstorganisierende Netzwerke, partizipative Unternehmensstrukturen, agile Projektführung, ergebnisoffene Prozesse, der Mut zum lösungsorientierten Ausprobieren und ein flexibles Arbeitsplatz- und Zeitverständnis: Sieht so das Unternehmen der Zukunft aus? Und wenn ja, was bedeutet dies für die Unternehmens- und Mitarbeiterführung? Schon heute ist klar: Führungsprinzipien von gestern funktionieren in der globalen, digitalisierten Wissenswelt mit jungen, selbstbewussten Mitarbeitern von heute nicht mehr. Auf dem DGFP // lab diskutieren wir mit renommierten Experten, Querdenkern und Visionären. Mit dabei sind u.a. // Prof. Dr. Heike Bruch, Universität St. Gallen // Heiko Fischer, Resourceful Humans // Prof. Dr. Stephan Jansen, Zeppelin Universität // Uwe Lübbermann, Premium-Getränkekollektiv // Prof. Dr. Jan Mayer, Deutscher Olympischer Sportbund // Anna Ott, hub:raum Start-up Inkubator der Deutschen Telekom Informationen unter www.lab.dgfp.de Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. // Niederkasseler Lohweg 16 // 40547 Düsseldorf // Fon 0211 5978-175 // [email protected] // www.lab.dgfp.de Sie wollen den besten Krankenschutz für Ihre Mitarbeiter im Ausland? Internationale Krankenversicherung von AXA. Die Lösung für einen erstklassigen Versicherungsschutz mit ausgezeichneten Services. Gerade Mitarbeiter, die Sie in entfernte Länder entsenden, wollen Sie in guten Händen wissen. AXA garantiert mit FlexMed Global optimale medizinische Versorgung auf der ganzen Welt und ermöglicht Zugang zu einem Netzwerk ausgewählter Leistungserbringer. 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