Sprich nicht über den Rauftreff!

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Sprich nicht über den Rauftreff!
06
15 Minuten (13):
vor dem Altenheim
“In Würde alt werden” dies sollte nicht nur für
Senioren, sondern auch
für uns junge Menschen
ein elementares Thema
sein. Auch unser Jahr
hat nur 365 Tage, die
Minute lächerliche 60
Sekunden, und die Uhr
macht
unaufhörlich
“Tick-Tack”, “Tick-Tack”,
“Tick-Tack”. Unsere Zukunft ist nicht wirklich
sicher. Was aber sicher
ist, dass einige von uns die “Überdosler”, “Discocrasher” und “Volksfestprügler” mal ausgenommen - im hohen
Alter in eine Sammeleinrichtung wie das Altenheim abgeschoben werden könnten. Aus diesem Grund nehme ich
mir jetzt einfach die Zeit
und platziere meinen
“noch” knackigen Arsch
für exakt 15 Minuten,
sprich 900 Sekunden,
vor einen dieser Rentnerpools. Mal sehen,
was da so abgeht.
Die hellgrünen, saftigen Blätter der stämmigen Eichen rascheln leise im Wind. Unter den
Bäumen sitzen die
menschlichen Oldtimer.
Meist im Rollstuhl, viele
mit Krückstock. Zehn
Minuten vergehen - es
passiert nichts. Absolut
gar nichts. Betrachtet
man ein schlafendes
Faultier, würde man
mehr erleben.
Ich
schärfe meinen Blick.
Sind die Blätter ein wenig dunkler geworden?
Nein. Die Alten reden
nicht, sie bewegen sich
nicht. Zeit ist relativ. Sie
starren ins Nichts, und
ich starre zu ihnen.
“Tick-Tack”, “Tick-Tack”,
“Tick-Tack”.
Dann sind die fünfzehn Minuten vorbei,
und ich bin froh, zurück
in meine Zeitdimension
kehren zu können - inklusive ihren Ereignissen im Sekundentakt.
Nach dem Motto “sitzt
du noch oder erlischt du
schon” stehe ich ganz
schnell auf und verlasse
den müden Schauplatz.
cepes
Juni/2005
Stoff Zum Lesen:
In Soma
Sprich nicht über den Rauftreff !
Sondern lies, warum Frauen und Männer in kultivierte Raufereien verfallen
Die erste Regel des
Rauftreffs: Du sprichst nicht
über den Rauftreff. Gut, eigentlich lautet die erste Regel: Jeder soll Spaß haben.
Gewisse Gemeinsamkeiten
des Rauftreffs Freising und
München mit dem cineastischen Fight Club lassen sich
jedoch nicht abstreiten. Die
Geheimniskrämerei zum
Beispiel: Wann und wo sich
die Raufbolde genau treffen,
wird nur den Mitgliedern
verraten. “Es gibt einige unerfreuliche Elemente, die
sich sonst dort breit machen
würden”, erklärt Gerhard
Schrabal, seines Zeichens
Begründer des Rauftreffs
und damit gewissermaßen
der Brad Pitt Freisings.
Die zweite Regel des
Rauftreffs lautet übrigens:
Niemand soll verletzt werden - also keine Kratzer und
Fausthiebe, keine Stuhlschläge und kein Stacheldraht. Der Rauftreff ist nicht
Schrabals Antwort auf das
Ultimate Fighting - vielmehr
steht die persönliche Entfaltung der Beteiligten im Vordergrund. Vom Raufen fürs
Leben lernen lautet die Devise. Schrabal will, dass seine Kombattanten das Kind
in sich entdecken. Das spie-
lerische Balgen betrachtet er
als bedeutenden Pfeiler der
Persönlichkeitsentwicklung:
“Frauen hatten da schon immer Defizite, bei den Jungs
ist es inzwischen ähnlich.”
Kinder sind nach Schrabals
Angaben stets fasziniert,
wenn sie beim Rauftreff zusehen - Erwachsene hingegen sähen meist bewusst
weg, wenn sie den Rauftreff
in Aktion erleben. Als Schauplatz der Scharmützel dienen Freisings Seen an warmen Sommertagen: Jeder
Rauftreff startet damit, dass
die Mitglieder gepflegte
Konversation betreiben nur, um dann in ebenso kultivierte Raufereien zu verfalllen: “Man muss schon ein
gewisses kulturelles und gesellschaftliches Niveau haben, um sich auf den Rauftreff einzulassen - das gilt
besonders für Männer.” Laut
Schrabal bewerben sich
zehnmal so viele Männer
wie Frauen beim Rauftreff obwohl die Veranstaltung eigentlich vorrangig der weiblichen Selbstfindung dienen
soll. “Über die mögliche
Motivation der Herren sage
ich mal nichts.”
Überhaupt hätten die
Herren der Schöpfung eine
Seite 1:
Rauf doch mal wieder
Seite 2
Dreimal die Tagesthemen
Seite 3
Prima, Ballerina!
Seite 4
Soma postert
Seite 5
Du Wurm, du!
Seite 6
Auf den Grill gepackt
Ein Jahr SOMA in Zahlen
ganz andere Einstellung
zum Raufen: “Männern sehen es als Wettkampf, während es Frauen vor allem
ums Einfühlen geht.” Als
Beweis führt Schrabal ein
Video vor, in der eine passionierte Rauferin bekennt: “Es
ist aufregend eine Frau zu
spüren - am Ende sind wir
am Boden und schauen, wie
weit wir gehen.” maho/mikz
In den vergangenen 365
Tagen haben wir 31.200 Zeilen
getippt und in 13 Soma-Ausgaben verbastelt. Insgesamt
haben wir an die 16.000 Somas und 15.000 Flyer in Freising, Neufahrn, Moosburg
und Eching verteilt. Dabei haben wir auf jeden Fall 780.000
Meter zurückgelegt, zum
Glück nicht mit dem Fahrrad.
Die weitgereisteste Soma
befindet sich auf der anderen
Seite der Erdkugel in Neuseeland und damit 20.000 Kilometer von Freising entfernt.
Um die Soma jeden Monat
erneut leben zu lassen, haben
wir in einem Jahr 60 offizielle
Somatreffen abgehalten und
dabei locker 900 Liter Bier
und Weinschorlen verköstigt.
9-mal wurden noch volle
Gläser umgestoßen und dabei hat sich 2-mal jemand
von uns verletzt.
Trotzdem und deswegen
richten wir nun 1 großes, dickes Dankeschön an unsere
cepes
Leser.
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