Schwindel im Kindesalter

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Schwindel im Kindesalter
Schwindel im Kindesalter
– Diagnostik und Therapie –
Klaus Jahn
Neurologische Klinik und IFBLMU, Klinikum der Universität, 81377 München
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Schwindelsyndrome im Kindesalter gelten als diagnostische Herausforderung. Die
richtige Diagnose ermöglicht eine erfolgreiche Therapie und verhindert überflüssige
Diagnostik und Sorgen der Eltern. Bei Kindern sind Migräne-assozierte
Schwindelformen (benigner paroxysmaler Schwindel des Kindesalters, vestibuläre
Migräne) sehr häufig und machen etwa 40% der Diagnosen aus. In der zweiten
Lebensdekade sind somatoforme
Schwindelsyndrome die häufigste
Ursache für chronischen Schwindel.
Häufiger als im Erwachsenenalter
sind bei Kindern akute einseitige
Funktionsstörungen im Rahmen von
infektiösen
oder
parainfektiösen
Labyrinthiden.
Die
Bewegungskrankheit stellt zwischen dem 4. und
10.
Lebensjahr ein
relevantes
Problem dar. Die Innenohrbeteiligung
mit
bilateralen
vestibulären
Funktionsstörungen kommt bei einer Reihe seltener kongenitaler Syndrome vor.
Subakut einsetzende zentral-vestibuläre Zeichen sollten wegen der relativen
Häufigkeit von Hirnstamm- und Kleinhirntumoren im Kindesalter eine MRTUntersuchung nach sich ziehen. Prinzipiell kommen bei Kindern alle aus der
Erwachsenenmedizin bekannten Schwindeldiagnosen vor, die aber erst allmählich in
das Diagnosespektrum der primär behandelnden Ärzte aufgenommen werden (z.B.
Vestibularisparoxysmie durch Gefäß-Nerv-Kontakt).
Die Diagnose beruht auf den anamnestischen
Angaben (Drehschwindel wie im Karussell vs.
Schwankschwindel wie im Boot, Attacken- vs.
Dauerschwindel, Auslösesituation, Begleitsymptome) und der körperlichen Untersuchung (Kopfimpulstest für die periphervestibuläre Funktion, Okulomotorik für zentralvestibuläre
Funktion).
Die
kalorische
Funktionstestung liefert schon im ersten
Lebensjahr zuverlässige Ergebnisse.
Die Therapie erfolgt krankengymnastisch (z.B. Befreiungsmanöver bei gutartigem
Lagerungsschwindel, Gleichgewichtstraining bei bilateraler Vestibulopathie),
verhaltenstherapeutisch (z.B. Desensibilisierung bei phobischem Schwindel) und/
oder medikamentös (z.B. Migräneprophylaxe).
Jahn K (2009) Vertigo in children: Clinical presentation, course and treatment. Nervenarzt 80: 900-908.