Statistische Modellierung von Hagelschäden an Gebäuden

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Statistische Modellierung von Hagelschäden an Gebäuden
STATISTISCHE MODELLIERUNG
VON HAGELSCHÄDEN AN GEBÄUDEN ANHAND RADARDATEN
Um Hagelschäden an Gebäuden anhand Radardaten zeitnahe nach einem Ereignis zu schätzen, wurde ein statistisches Hagelmodell entwickelt. Die Informationen für den erwarteten Schaden im Modell stammen
ausschliesslich aus den Radardaten der MeteoSchweiz. Bodenbeobachtungen sind für die Modellierung nicht nötig. Für die Modellentwicklung
wurden zwei grössere Hagelereignisse (12.08.2004 und 01.07.2012) verwendet, welche jeweils Gebäudeschäden im Kanton Zürich über 15 Mio.
CHF verursachten. Das Modell wurde anhand drei weiteren Hagelzügen
verifiziert und ist in der Lage die tatsächlichen Schadensummen abzubilden.
Vom Radarbild zu den Gebäudeschäden
Hagelschäden an Gebäuden nehmen seit 1990 deutlich zu. Dieser Anstieg lässt sich
durch verschiedene Faktoren erklären: So kann ein Trend zu häufigeren, hagelbegünstigenden Wetterlagen beobachtet werden und es gibt tendenziell mehr Ereignisse mit
grosser Intensität (KGV, 2007). Diese klimatischen oder meteorologischen Veränderungen der letzten Jahrzehnte können aber, wenn überhaupt, nur einen kleinen Teil
des steigenden Schadentrends erklären. Viel bestimmender für den Schadentrend ist
der steigende Anteil an hagelgefährdeten Gebäuden. Werden mehr Gebäude gebaut,
entstehen auch mehr Schäden. Der Hauptgrund des Schadenanstieges liegt nun aber
daran, dass Gebäude mit Baujahr nach 1960 bis zu vier Mal so schadenanfällig sind
wie Gebäude mit Baujahr vor 1960 (Haas C., Aller D., 2012). Gründe für diese höhere
Schadenanfälligkeit sind die zunehmend verletzlichere Gebäudehülle und Bauteile. Ein
zunehmendes Schadenempfinden der Hauseigentümerschaft gegenüber ästhetischen
Schäden wie Beulen oder Dellen tragen ebenfalls zu einem Schadenanstieg bei.
Um die empirische Beziehung zwischen den Radardaten und den Gebäudeschäden
vergangener Hagelereignisse im Kanton Zürich zu nutzen, wurde eine statistische Methode entwickelt, welche zeitnah nach einem Hagelereignis eine Schadenschätzung erlaubt. Eine statistische Modellierung der Hagelschäden bietet neben der Schadenschätzung zudem noch weitere Möglichkeiten. So können beispielsweise künftig
15.01 Publikation vom 27. Oktober 2015
Gebäudeversicherung Kanton Zürich · Thurgauerstrasse 56 · Postfach · 8050 Zürich
T 044 308 21 11 · F 044 303 11 20 · [email protected] · www.gvz.ch
mögliche Hagelschadenszenarien modelliert werden und der maximal zu erwartende
Hagelschaden der GVZ kann abgeschätzt werden.
Die Intensität eines Hagelereignisses wird schweizweit aus den Radarbildern der drei
Wetterradarstationen in la Dôle, auf dem Albis nahe bei Zürich und auf dem Monte
Lema zusammengesetzt. Die Information zu allfälligem Hagelschlag und zur Hagelintensität wird von der MeteoSchweiz mit zwei verschiedenen Produkten berechnet: Die
geschätzte Hagelwahrscheinlichkeit am Boden (Probability of Hail, POH) für Hagelkörner jeglicher Grösse mit Werten zwischen 0 und 1, sowie die Schätzung der maximalen
Hagelkorngrösse am Boden (Maximum Expected Severe Hail Size, MESHS) für Korngrössen ab 2 cm bis zu 6 cm (Betschard M., Hering A., 2012).
Abbildung 1: Hagelereignis vom 1. Juli 2012. Oben: Hagelwahrscheinlichkeit (POH) und maximale Korngrösse am Boden (MESHS) vom
Radar der MeteoSchweiz. Die Kreise markieren Radargitterzellen in welchen mindestens ein Gebäudeschaden gemeldet wurde, ohne
dass eine Hagelwahrscheinlichkeit oder Korngrösse angegeben wird.
Unten: Schadenanzahl und Schadensumme pro Radargitterzelle mit einer Auflösung von 1km 2.
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In Abbildung 1 sind die Radarinformation (Hagelwahrscheinlichkeit und Korngrösse)
und die dazugehörige, gegitterte Schadeninformation (Schadenanzahl und Schadensumme) der Gebäude des Hagelereignisses vom 01.07.2012 abgebildet. Das Bild lässt
bereits einen Zusammenhang von Radarinformation und Gebäudeschäden erkennen.
Für die meisten Gitterzellen, welche Schäden aufweisen, zeigt der Radar auch eine
Hagelwahrscheinlichkeit sowie eine Hagelkorngrösse an. Es gibt aber auch Gitterzellen
in welchen mindestens ein Gebäudeschaden gemeldet wurde, ohne dass eine Hagelwahrscheinlichkeit oder Korngrösse angegeben wird. Diese Zellen sind in der Abbildung 1 mit Kreisen markiert. Bei der Hagelwahrscheinlichkeit betrifft dies vor allem die
Randregion des Radarbildes und die Schadensummen sind dort nicht mehr hoch. Die
vielen Kreise in der Korngrössenkarte können damit erklärt werden, dass die tiefste Kategorie der MeteoSchweiz bei 2 cm Hagelkorndurchmesser beginnt, vereinzelt aber
Hagelkorndurchmesser kleiner als 2 cm bereits zu Schäden führen.
Fazit und Ausblick
Wie gut das Modell nun wirklich die Schadensumme aufgrund der Radardaten schätzen kann, ist mit den nur drei vorliegenden Hagelereignissen schwierig zu beurteilen.
Dafür sind noch weitere Hagelereignisse nötig. Die entwickelte Methodik scheint aber
zu funktionieren und weiterführende Analysen sind daher sinnvoll und erstrebenswert.
Mit Hilfe des Modelles, ist eine Schätzung der Schadensumme innerhalb eines halben
bis eines Tages nach dem Ereignis möglich. Eine zeitnahe Schadenschätzung ist als
Kommunikationsmittel, beispielsweise für Medienanfragen, von Bedeutung.
Zusätzlich zur Schadensumme sollte künftig auch die Schadenanzahl modelliert werden. In einem ersten Ansatz ist dies mit dem vorgestellten Modell möglich. Die Motivation für die Modellierung der Schadenanzahl liegt in der Schadenabwicklung. Um Hagelschäden nach einem Ereignis möglichst rasch und effizient aufzunehmen, sollen
unsere Schätzerinnen und Schätzer baldmöglichst mit der betroffenen Hauseigentümerschaft in Kontakt treten. Um die Schätzerinnen und Schätzer speditiv den betroffenen Gebieten zuweisen zu können, ist es notwendig zu wissen, wo und wie viele Schäden verzeichnet werden, möglichst bevor sie von der Eigentümerschaft gemeldet
werden.
Mirco Heidemann
MSc ETH Environ.Sc / DAS ETH in Applied Statistics
Wissenschaftlicher Mitarbeiter Naturgefahren
Email: [email protected]
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