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Reife- und Diplomarbeit, Nicole Helm
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Nicole Helm
"Die artgerechte Haltung, Fütterung und Züchtung von Lamas und Alpakas
im Vergleich zu Schafen am Beispiel des Gutshof Borckenstein"
Reife- und Diplomarbeit anlässlich der Reifeprüfung an der HBLA Sitzenberg, Niederösterreich, Mai 2001
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1 Einleitung
2 Allgemeines
2.1 Lamas und Alpakas
2.1.1 Zoologischer Begriff
2.1.2 Abstammung
2.1.3 Herkunft
2.1.4 Domestikation
2.1.5 Natürliche Lebensverhältnisse und heutige Nutzungsformen
2.1.6 Lamas und Alpakas außerhalb ihrer Ursprungsländer
2.1.7 Kriterien zur Klassifizierung von Lamas und Alpakas und ihre Rassen
2.1.7.1 Alpaka
2.1.7.2 Lama
2.1.7.3 Lama-Alpaka-Kreuzung
2.1.8 Rasseneinteilung
2.1.8.1 Lama
2.1.8.2 Alpaka
2.1.9 Körpermerkmale von Neuweltkameliden
2.1.9.1 Körperbau
2.1.9.2 Anatomie
2.1.9.2.1 Skelett
2.1.9.2.1.1 Die Wirbelsäule
2.1.9.2.1.2 Die Gliedmaßen
2.1.9.2.1.3 Die Füße
2.1.9.2.1.4 Der Kopf
2.2 Schaf
2.2.1 Zoologischer Begriff
2.2.2 Abstammung
2.2.3 Herkunft
2.2.4 Domestikation
2.2.5 Natürliche Lebensverhältnisse und Nutzungsformen
2.2.6 Rasseneinteilung
2.2.7 Beschreibung der in Österreich bedeutenden Schafrassen
2.2.8 Körpermerkmale von Schafen
3 Charakteristika des Gutshof Borckenstein
4 Haltung
4.1 Umwelt
4.1.1 Natürliches Verhalten
4.1.1.1 Sozialverhalten und Herdenverhalten
4.1.1.2 Spucken
4.1.1.3 Kotplatz
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4.1.1.4 Wälzen und Rollen
4.1.1.5 Geräusche
4.1.1.5.1 Brummen (Summen)
4.1.1.5.2 Glucksen
4.1.1.5.3 Gurgeln (Grunzen)
4.1.1.5.4 Alarmschrei
4.1.1.6 Stellung der Ohren und des Schwanzes
4.1.2 Verhaltensstörungen
4.1.2.1 Berserk - Male - Syndrom
4.1.2.2 Hengstverhalten der Stute
4.2 Haltungsformen
4.2.1 Familienverband
4.2.2 Geschlechtergetrennte Haltung
4.2.3 Vergesellschaftungen
4.3 Stallhaltung
4.3.1 Anforderungen an den Stall
4.3.1.1 Raum und Platzbedarf
4.3.1.2 Ansprüche an Temperatur, Luft und Licht
4.3.1.3 Bodenansprüche
4.3.1.4 Fütterungseinrichtungen
4.3.1.5 Sonstige Einrichtungen
4.3.1.5.1 Lämmerschlupf und Schlupfweiden (Creep grazing)
4.3.1.5.2 Türen und Eingänge
4.3.2 Paddock
4.3.3 Weidehaltung
4.3.3.1 Fressgewohnheiten und Verhalten auf der Weide
4.3.3.2 Einflüsse auf den Erfolg der Weidenutzung
4.3.3.3 Weideeinzäunung und Weideeinrichtungen
4.3.3.4 Unterstand
4.3.3.5 Grünlandpflege
4.3.3.6 Weidedüngung
4.4 Pflege und Hygienemaßnahmen
4.4.1 Kastration
4.4.2 Schur
4.4.3 Baden
4.4.4 Hufpflege
4.4.5 Kennzeichnung und Buchführung
4.4.5.1 Tätowieren
4.4.5.2 Ohrmarken
4.4.5.3 Microchips (Transponder)
4.4.5.4 Kerben der Ohren
4.4.5.5 Farbstempel, Farbstift und Farbspray
5 Fütterung
5.1 Verdauungsapparat
5.2 Nähr- und Wirkstoffe
5.2.1 Mineralstoffe
5.2.1.1 Kalzium (CA)
5.2.1.2 Phosphor (P)
5.2.1.3 Magnesium (Mg)
5.2.1.4 Kalium (K)
5.2.1.5 Schwefel (S)
5.2.1.6 Eisen (Fe)
5.2.1.7 Zink (Zn)
5.2.1.8 Mangan (Mn)
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5.2.1.9 Kupfer (Cu)
5.2.1.10 Molybdän (Mo)
5.2.1.11 Kobalt (Co)
5.2.1.12 Jod (J)
5.2.1.13 Selen (Se)
5.2.2 Vitamine
5.2.2.1 Vitamin A
5.2.2.2 Vitamin D
5.2.2.3 Vitamin E
5.2.2.4 Thiamin
5.3 Bedarfsdeckung
5.4 Fütterung der Lämmer und Fohlen
5.5 Fütterung der Alttiere
5.6 Fütterungsmanagement
5.7 Ernährungszustand
5.8 Weidepflanzen und Giftpflanzen
6 Zucht
6.1 Anatomie der Geschlechtsorgane
6.1.1 Männliche Geschlechtsorgane
6.1.2 Weibliche Geschlechtsorgane
6.1.3 Geschlechtsreife und Zuchtreife
6.1.4 Paarung und Paarungsverhalten
6.1.5 Künstliche Besamung
6.1.6 Trächtigkeit
6.1.7 Geburt
6.2 Zuchtmanagement
6.3 Exterieurbeurteilung
7 Krankheiten
7.1 Viren
7.2 Bakterien
7.3 Parasiten
7.4 Seuchen
7.5 Impfungen
8 Schlussfolgerung
9 Resumee
10 Literaturverzeichnis / Quellenverzeichnis / Links
Vorwort
Die Themenstellung dieser Arbeit geht auf eine intensive Auseinandersetzung mit
Innovation und Zukunft in der Landwirtschaft zurück. Im Rahmen des Unterrichts, aber
auch durch besondere Veranstaltungen an der Höheren Bundeslehranstalt für Land- und
Ernährungswirtschaft Sitzenberg geleistete Arbeit förderte mein Interesse zu dieser
Thematik.
Dass die Neuweltkamelidenhaltung solch eine Innovation in der Landwirtschaft darstellen
können, zeigte man mir auf dem Gutsbetrieb Borckenstein während meiner Praxis im
Sommer 1999. Diese Erfahrungen veranlassten mich dazu, meine Arbeite über Lamas und
Alpakas zu verfassen.
Ob eine Innovation im Bereich der Tierhaltung mit mehr Aufwand in der Haltung, Fütterung
und Zucht verbunden sein muss, versuche ich in meiner Arbeit herauszufinden.
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Meiner Lehrerin, Frau Professor Dipl. Ing. Ilse Strasser, die die Entstehung der Arbeit mit
wissenschaftlichem Rat, steigendem Ansporn und kritischen Anmerkungen unterstützte, gilt
mein besonderer Dank. Mein Dank gilt natürlich auch der Familie Borckenstein, die mich
nicht nur mit Informationsmaterial und mit praktischen Erfahrungen unterstützte, sondern
der ich es überhaupt zu verdanken habe, dass es zu dieser Arbeit kam. Weiters möchte ich
dem Lama- Register Austria und dem Österreichischem Schafzuchtverband für die
gewährte Hilfestellung danken. Ebenso verdienen meinen Klassenkameraden und
Freunde, im besonderen meine Diplomarbeitspartnerin Maria Leitner, ein herzliches
Dankeschön.
Gewidmet sei diese Schrift aber meiner Familie, einschließlich Joachim Krammer, die viel
Mühe und Kraft aufwenden mussten, um mich bis zur Fertigstellung dieser Arbeit zu
begleiten.
Aus programmiertechnischen Gründen wurden die Quellenangaben nicht unmittelbar an
die Zitate angefügt. Die verwendete Literatur und die Quellen für die Bilder in der
Gesamtheit finden Sie am Ende der Arbeit.
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1 Einleitung
Die der Arbeit zugrunde liegende Idee ist die Frage nach möglichen Innovationen in der
Landwirtschaft, im besonderen in der österreichischen Landwirtschaft. Denn diese hat
einen großen Vorteil gegenüber vielen anderen Wirtschaftszweigen, da sie Innovation und
Tradition verbinden und sich damit eine neue Zukunft schaffen kann.
Innovationen können vielfältig Formen annehmen. Bereits mit Geräten, neuen
Betriebsformen, Produkten, Pflanzen- oder Tierarten und dergleichen kann sich ein
konventioneller Betrieb zu einem innovativen wandeln.
Doch oft schreckt man vor dem Wort "Innovation" zurück. Schließlich sind Neuerungen mit
Investitionen, Umstellungen und eventuell auch mit Mehraufwänden verbunden. Skepsis ist
daher angebracht. Aber durch genaue Information lässt sich das Risiko, welches meist mit
Innovationen einhergeht, minimieren.
Diese Arbeit mit dem Titel "Anforderungen an die Haltung, Züchtung und Fütterung von
Lamas und Alpakas im Vergleich zur Schafhaltung anhand einer Gegenüberstellung am
Gutshof Borckenstein" soll eine Informationsquelle zur Möglichkeit der Innovation durch die
Neuweltkamelidenhaltung und -nutzung sein und zugleich neue Erkenntnis darüber
gewinnen, ob diese Erneuerungen im Bereich der Tierhaltung mit mehr Aufwand in der
Haltung, Fütterung und Zucht verbunden sind.
Die Arbeit stützt sich deshalb auf die Haltung und Zucht von Neuweltkameliden, weil diese
nicht nur am amerikanischen Kontinent eine bedeutende Rolle spielen, sondern sich bereits
in Europa und somit auch in Österreich ausbildet.
Doch bevor man den Nutzen von Neuweltkameliden bewerten kann, muss man sich mit
ihrer Haltung beschäftigen. Die Bereiche von Haltung, Fütterung und Zucht sind
selbstverständlich weit verzweigt. Dazu kommt, dass man auch die natürliche Herkunft der
Tiere sowie ihr Verhalten berücksichtigen muss. Um daher den Bogen nicht zu weit
zuspannen, beschränkt sich diese Arbeit auf wesentliche Punkte, welche die Unterschiede
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und die daraus resultierenden Vor- und Nachteile, aber auch Übereinstimmungen in der
Haltung, Fütterung und Zucht zwischen der Lama- und Alpakahaltung und jener von
Schafen klar herausarbeitet.
Dadurch soll nicht nur ein Bezug geschaffen werden, sondern auch deutlich vergleichbar
sein, welche Tierart, ob Neuweltkameliden oder Schafe, in ihrer Haltung, Futterung und
Zucht einfacher ist.
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2 Allgemeines
2.1 Lamas und Alpakas
2.1.1 Zoologischer Begriff
Die Säugetiere Lama und Alpaka gehören zur Familie der Kameliden (Camelidea) , welche
sich in
- · Altweltkameliden ( Gattung Camelus ) und
- · Neuweltkameliden ( Gattung Lama)
unterteilen.
Beide Kamelidenarten zählen damit zur Ordnung der Paarhufer ( Artiodactyla) und bilden
gemeinsam die heute einzige lebende Familie der Unterordnung Schwielensohler
(Tylopoda).
"Die Gattung Lama umfasst lediglich zwei Arten, das Guanako( Lama guanacoe) und das
Vikunja (Lama vicugna), die [...] als wildlebende Vorfahren der domestizierten Formen
Lama (Lama glama) und Alpaka ( Lama pacos) in Betracht kommen."
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2.1.2 Abstammung
Die heutigen Arten der Kameliden sind die Überlebenden einer weitverbreiteten und
vielfältigen Gruppe. Die frühesten fossilen Kamelidenfunde stammen aus dem letzten Teil
des Eozän (ungefähr vor 40 Jahrmillionen) aus Nordamerika. Die Tiere waren hasengroß,
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hatten vierzehige Füße und ein noch wenig differenziertes Gebiss. Der Höhepunkt der
Entwicklung der Kameliden fand am Ende des Miozän vor ungefähr 10 Millionen Jahren
statt.
Während der Eiszeit, genauer im Pleistozän (ca. vor 2 Millionen Jahren), begannen Kamele
(Dromedare, Trampeltiere) über die Landbrücke im Bereich der heutigen Beringsee von
Mittel- und Nordamerika nach Asien abzuwandern. Über Mittelamerika verbreiteten sich die
Neuweltkameliden über den ganzen südamerikanischen Kontinent.
Funde aus Nordamerika ergaben, dass die Kamelidenarten gegen Ende des Pleistozän,
nach der Einwanderung der ersten Menschen, vor ungefähr 12000 Jahren im nördlichen
Amerika gänzlich ausstarben. Die Gründe dafür sind nicht bekannt, wobei eine Ausrottung
durch den Mensch aber nicht auszuschließen ist.
Durch die Entdeckung Amerikas vor 500 Jahren benannten fortan die Europäer den
amerikanischen Kontinent als die Neue Welt. Die Gattung der Kameliden, die auf diesen
Gebiet heimisch war und ist, wurde somit als "Neuweltkameliden" bezeichnet.
Die Wildformen, das Guanako und das Vikunja, sind heute noch die letzten Vertreter einer
einst artenreichen Gruppe in Südamerika und zugleich die größten wildlebenden
Pflanzenfresser dieses Kontinents.
"Die größte Anpassungsfähigkeit und somit das weiteste Verbreitungsgebiet innerhalb der
Neuweltkameliden weist das Guanako auf, das von Regionen auf dem Niveau des
Meeresspieles bis zu Höhen von 4000 Metern in den Anden reicht. Der Lebensraum des
Guanakos umspannt neben kalten und warmen Graslandschaften auch Buschgebiete,
Baumsavannen und Trockenregionen.
Die früheren Bestände des Guanakos in Millionenhöhe sind auf Grund von Bejagung und
Verdrängung auf nur noch etwa 100000 - 150000 geschrumpft. Der größte Teil dieser Tiere
lebt in Argentinien. In Peru, Bolivien und Chile existieren nur noch Restbestände in Form
von verstreuten Herden.
Das Guanako wird in vier Unterarten bzw. Subpopulationen unterteilt. Der größte Vertreter
ist das Flachland-Guanako ( Lama guanacoe guanacoe), welches eine kräftige Färbung
besitzt und im südlichen Patagonien, in Feuerland und Südargentinien beheimatet ist. Ein
Guanako, das eine Graufärbung des Kopfes und entlang des Halses aufweist, ist das in
Chile lebende Lama guanacoe buanacus.
Von deutlich kleinerem Wuchs sind die nordargentinischen Guanakos (Lama guanacoe
voglii). Das Hochland-Guanako (Lama guanacoe cascilensis) schließlich stellt das
nördlichste Vorkommen dieser Tiere dar.
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Auch beim Vikunja, dem kleineren der beiden wildlebenden Formen, existieren Unterarten.
Diese unterscheiden sich vornehmlich durch ihre unterschiedliche Körpergröße. Das Lama
vicugna mensalis weist eine Schulterhöhe von weniger als 70 cm auf, außerdem fehlt die
weiße Brustfahne und es besitzt eine kräftigere Vliesfarbe als das seidigweiße Großvikunja
( Lama vicugna elfridae), das eine Größe von etwa 70 cm besitzt und vermutlich auf das
Vorkommen von Lama-Vikunja-Kreuzungen zurückzuführen ist.
Dem Vikunja fällt ein wesentlich kleineres Verbreitungsgebiet als dem Guanako zu. Sein
Vorkommen ist auf Höhenlagen zwischen 3700 und 5500 Meter beschränkt. Dabei handelt
es sich weitgehend um hochgelegenes Steppengebiet , welches oberhalb der Baumgrenze,
aber unterhalb der Schneegrenze in trockenkaltem Klima liegt. Dort ist es auf der ständigen
Suche, um "harte" Pflanzen zu finden. Denn das Vikunja ist das einzige lebende Huftier,
dass wie ein Nagetier ständig nachwachsende untere Schneidezähne besitzt und deshalb
eine entsprechende Ernährung benötigt, damit sich die Zähne abnützen.
Die Bestände der Vikunjas sind ebenfalls wie jene der Guanakos wegen Bejagung
zurückgegangen, wobei sich heute aber wieder etwa 125000 Tiere dieser Art im südlichen
Peru, in Bolivien und im nördlichen Chile aufhalten sollen.
Die Frage nach der oder den Stammformen von Lamas und Alpakas ist bis heute
umstritten, da die Körpergröße von Lama, Guanako, Alpaka und Vikunja sowie ihr
Knochenbau keine Auskunft über die Abstammung zulassen.
Eine eventuelle Zuordnung ist durch die Schneidezähne möglich, da diese sich in 3
Gruppen einteilen lassen. Während die Schneidezähne von Guanakos und Lamas nicht
abgegrenzt werden können, sind jene von Vikunjas eindeutig identifizierbar. Die Zähne des
heutigen Alpakas weisen in ihrem Aufbau eine Ähnlichkeit mit den Milchschneidezähnen
der Vikunjas auf. Daraus lässt sich schließen, dass das Alpaka mit großer
Wahrscheinlichkeit sowohl Guanakos als auch Vikunjas als Vorfahren hat.
Es existieren aber Abstammungstheorien, die davon ausgehen , dass das Alpaka vom
Guanako abstammt und nicht vom Vikunja. Einigkeit besteht aber darin, dass das Guanako
die Stammform für das Lama bildet."
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2.1.3 Herkunft
Wie bereits erwähnt, wurden mit der Entdeckung Amerikas auch die dort beheimateten
Kameliden als die "Kameliden der Neuen Welt", respektive Neuweltkameliden, bezeichnet.
Ihr Name gibt also schon einen deutlichen Hinweis auf ihre Heimat.
Die Lamas und Alpakas der südamerikanischen Anden haben durch ihre extreme
Anpassungsfähigkeit die heimatlichen Grenzen überschritten und leben deshalb heute
bereits in der "Alten Welt".
"Nach Angaben aus dem Jahr 1989 bis 1991 von Maximo Gamarra war die Anzahl der
Lamas in Südamerika auf Grund von Viehzählungen, die von den jeweiligen
Landwirtschaftsministerien durchgeführt wurden, 3,7 Millionen. Demnach konzentrierte sich
die Haltung hauptsächlich auf die Kordilleren zwischen 10° und 21° südlicher Breite."
Zum Ende des zweiten Jahrtausends (die Angaben stützen sich auf das Jahr 1999) schätzt
man die Zahl der Lamas und Alpakas in Latein Amerika auf insgesamt 5,4 Millionen Stück.
Davon entfallen auf Bolivien 1,9 und auf Peru 3,5 Millionen.
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Das kleinere Alpaka wird heute noch in Höhenregionen der Anden bis in 4 800 m gehalten.
Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich über das Hochland von Peru und Bolivien bis zum
Norden Chiles und Argentiniens, wobei die Gesamtpopulation der Alpakas von Maximo
Gamarra auf etwa 3,3 Millionen geschätzt wurde.
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2.1.4 Domestikation
"Mit der beginnenden Domestikation von Guanakos vor 7 000 bis 6 000 Jahren gehören die
daraus resultierenden Haustierformen Lama und Alpaka jedenfalls mit zu den ältesten
Haustierrassen. In den kargen Gebieten der Anden Südamerikas hatten die damaligen
Bewohner erst durch die Nutzbarmachung dieser Tiere die Möglichkeit einer sicheren
Existenzgrundlage […]." Durch sie konnten sie sich mit Nahrungsmitteln, Leder, Fellen,
Wolle etc. versorgen.
"Erste Hinweise auf eine beginnende Domestikation der Neuweltkameliden finden sich ab
5500 - 3500 v. Chr.[...] Zu dieser Zeit trat auch der für das Alpaka typische Zahntyp
erstmals auf. Die Anfänge der Domestikationsprozesse, die zur Herausbildung von Lamas
und Alpakas führten, reichen damit mehr als 7.000 Jahre zurück"
Vorwiegend diente die Kamelidenhaltung der Fleischproduktion. In den folgenden
Jahrhunderten wurden Lamas durch den Menschen in den Tälern der Anden und in deren
höhergelegenen Regionen verbreitet. Das Alpaka fand dagegen erst etwa 1800 v. Chr. in
den Andentälern Verbreitung.
Ein Wandel des Nutzungsschwerpunktes von der Fleischproduktion zur Wollnutzung fand
erst um 500 n. Chr. im Titicaca-Becken statt, wo sich schon früh Tendenzen zur Haltung
von älteren Tieren, vermutlich als Wolllieferant und Transportmittel , belegen lassen.
Durch die Verwendung von Lamas als Transportmittel konnte ein Warenaustausch und ein
reger Handel erfolgen, der später mitunter eine Basis für das rasche Wachstum des
Inkareiches darstellte.
Das Reich der Inka erstreckte sich vom Meeresniveau bis in Höhen von über 5000 Meter.
Durch die große Anpassungsfähigkeit der Lamas an alle Höhenlagen und durch die ihre
hohe Leistungsfähigkeit in hochalpinen Gebieten war es den Inkas möglich, verschiedenste
ökologische Zonen über große Distanzen im Handel zu verbinden. Eis wurde von den
Gletschern ins Tal gebracht, Salz vom Meer in die Berge, Erz aus den Mienen zu den
Verarbeitungsstätten. Dabei wurden die Last jeweils auf einen Teil großer Lamaherden
gebunden. Nach einem halben oder ganzen Tag Gehzeit wurde der anderen Teil dieser
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Herden belastet.
"Immer noch befördern Lamas die Lasten der Indianer in denjenigen Gegenden, die von
Autos, Flugzeugen und Eisenbahnen nicht erreicht werden. Obwohl man Wolle auf
wirtschaftlichere Weise von Schafen gewinnt, ist die Alpakawolle [...] feiner und weit
begehrter als die der meisten Schafrassen. In der nordchilenischen Provinz Nahrun Arica
werden neuerdings von Regierungsseite größere Versuche unternommen, die dortigen
Bewohner wieder mit der Alpakazucht und der Alpakawollverarbeitung vertraut zu machen;
man hofft so eine Verarmung und Abwanderung der Indianer in den Elendsvierteln der
Städte zu verhindern."
Die wertvolle Wolle der kleineren Alpakas war immer schon eine begehrte Handelsware
und ermöglichte es den Indios, in den entlegenen Gebieten eine solide Grundlage für einen
florierenden Warenaustausch zu schaffen.
Doch die Kameliden der Neuen Welt dienten nicht nur als Transporttiere oder
Wolllieferanten. Ebenso machte man sich das Fleisch, die Haut, das Fett und die Knochen
von Schlachttieren zu nutze. Weiters verwendete man den Dung der Tiere als
Brennmaterial und die Wolle zur Herstellung von Textilien , Seilen und Säcken.
Auch in der Religion der Inkas spielten Lamas und Alpakas eine bedeutende Rolle.
Einfärbige schwarze Lamas wurden geopfert, um Regen zu erbitten, während weiße Lamas
als Stammesahnen verehrt wurden. Ein rotes Lama diente den Herrschern als
Gesangspartner bei Hofe.
Lamas und Alpakas hatten aber auch während der Inkazeit eine wesentliche Bedeutung für
militärische Zwecke. Die Inkas entwickelten ein detailliertes Zuchtprogramm. Das
Zuchtmanagement lag in den Händen von erfahrenen Hirten und es fanden regelmäßig
Rennen und Wettkämpfe zur Prüfung der Leistungsfähigkeit statt.
Die Inkas ermutigten viele Familien dazu, in die von ihnen neu eroberten Gebiete zu
siedeln, indem sie ihnen eine gewisse Anzahl von Lamas oder Alpakas bewilligten und sie
von Frondiensten und Steuern befreiten. Dadurch fanden Lamas und Alpakas ihre
maximale Verbreitung.
Mit dem Eintreffen der Spanier in der Neuen Welt setzte der Rückgang der Alpaka- und
Lamabestände ein. Im folgenden Jahrhundert wurde der Bestand um rund 90% reduziert.
Es kam dadurch zu einem völligen Zusammenbruch der Kamelidenzucht und mit ihr zum
Untergang des Wissen über Zuchtstrategien und -management.
Als Ursachen für die fortschreitende Ausrottung sind einerseits die von den Spaniern
importierten Schafe, welche die Kameliden zunächst in den Küstenregionen und später
auch im Hochland verdrängten, aber auch die miteingeschleppten Krankheiten, die die
Kameliden dezimierten, verantwortlich. Als Folge des Niederganges der Tiere kam es zu
massiven Hybridisierungen zwischen Lamas und Alpakas, was sich heute noch an der
groben und unausgeglichen Faserqualität der Vliese erkennen lässt.
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2.1.5 Natürliche Lebensverhältnisse und heutige Nutzungsformen
Lamas und Alpakas kommen als Haus- und Nutztiere in verschiedensten Gebieten vor, es
ist daher fast unmöglich, ihnen einen optimalen Lebensraum zuzuordnen. Nicht
domestizierte Lamas halten sich meist in Höhen zwischen 2300 und 4200 Metern auf,
während Alpakas Höhen bis 4800 Meter bevorzugen. Diese Kamelidenarten sind an das
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Leben in solchen Höhen angepasst; da ihr Hämoglobin die Fähigkeit besitzt, mehr
Sauerstoff aufzunehmen als andere Säugetiere.
"Das Lama ist in seiner Heimat das ideale Lasttier - fähig sogar in einer Höhe von 5.000
Metern bei dünner Atemluft 50 kg Gewicht über 30 Kilometer am Tag zu tragen. Seine
Wolle ist nicht so wertvoll wie die des Alpakas oder gar des Vikunjas, das Fleisch nicht so
beliebt wie das des Vikunjas oder Guanakos, und mit zunehmender Motorisierung verliert
das Lama auch an Bedeutung als Tragtier. Aber seinem Menschen gegenüber freundlichen
Gemüt bleibt das Lama in den entlegenen Tälern der Anden ein geachtetes Allzweck Nutztier. Während das Lama noch größer als das Guanako wird, ist das Alpaka zwar etwas
kleiner als dieses, aber das stämmigste Tier der Gattung."
Ein weiteres wichtiges Merkmal, welches Neuweltkameliden besitzen und ein Überleben in
hochalpinen Gebieten möglich macht, ist die "Hasenscharte": Die gespaltene Oberlippe
bildet ein Greiforgan, das diese Wiederkäuern befähigt, auch kleinere Pflanzen einzeln vom
Boden zu pflücken. Da in ihrer natürlichen Heimat große Temperaturunterschiede zwischen
Tag und Nacht herrschen, sind diese Tiere auch bei uns sehr temperaturunempfindlich.
"Während die Großkamele der Alten Welt Tiere der Ebene sind, angepasst an die endlos
weiten Wüsten- und Steppengürtel Nordafrikas und Vorderasiens wie der innerasiatischen
Hochfläche, leben die Lamas oder Kleinkameliden der Neuen Welt sowohl in ebenem
Gelände als auch vor allem im Gebirge. Die Sohlenballen ihrer Zehen sind deshalb nicht so
breit wie bei den Großkamelen, sonder schmal und beweglich; sie geben den Tieren auch
noch auf felsigen Saumpfaden und unwegsamen Geröllhalden sicheren Halt."
Wie bereits erwähnt werden Alpakas, aber auch Lamas und Schafe, zur Wollgewinnung
genutzt; dies führte zu einer fälschlichen Benennung der Kleinkamele als sogenannte
"Schafkamele", wobei ausdrücklich erwähnt werden muss, dass Kameliden zoologisch mit
Schafen nicht in Verbindung stehen.
Natürlich nutzt man Lamas und Alpakas nicht nur als Lasttiere und Wolllieferanten, sondern
diese Tiere haben auch heute noch Bedeutung bei den südamerikanischen Einwohnern als
Opfertiere sowie als Fleischlieferanten.
Zum Lamafleisch ist zu bemerken, dass es einen sehr geringen Cholesteringehalt (der
Gehalt ist zehnmal geringer als der von Schaffleisch) aufweist und vorwiegend nur von der
armen Bevölkerungsschicht gegessen wird. Oft findet man Lamafleisch auch als Fleisch
anderer Tierarten deklariert, um dadurch einen höheren Preis zu erzielen, denn der
Frischfleischpreis liegt deutlich niedriger als das für Schaf- und Rindfleisch. Getrocknetes
Lamafleisch (Charqui) findet eine höhere Akzeptanz. Die Produktion von Schinken ,
Wurstwaren und Konserven befindet sich erst im Entwicklungsstadium. Dennoch werden
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ca. 9 -10 % der Lamapopulation jährlich zur Fleischgewinnung geschlachtet. Die
Schlachtausbeute liegt bei Alpakas bei 50 - 60%, bei Lamas gibt es diesbezüglich keine
Angaben. Schafe haben eine Schlachtausbeute von rund 50 %.
Weiters werden Felle für Teppiche, Wandbehänge und Decken genutzt. Das Leder findet
wegen seiner ungleichmäßigen Struktur nur geringen Einsatz in der Lederverarbeitung. Die
Andenbevölkerung macht sich auch den Dung, der in Form von kleinen Pellets anfällt, als
Heizmaterial zunutze. Ebenso stellt sie aus dem Fett von Lamas und Alpakas Kerzen her.
"Die Faser gilt als Basis für hochwertige Luxustextilien und wird überwiegend nach Italien
(50 %), Deutschland (10 %), Großbritannien (19 %) und Japan (15 %) exportiert, 15 %
gehen in andere Länder."
Trotzdem ist die Fasernutzung der Neuweltkameliden in Südarmerika sehr stark von der
Schafzucht verdrängt worden, wobei man jedoch heute wieder erkennt, dass Kleinkamele
ökologisch bestens an die extremen Standorte angepasst sind. Eine gemischte Beweidung
mit verschiedenen Tierarten könnte eine bedeutend bessere Nutzung der Futterpflanzen
ergeben.
Mit diesen vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten und ihrem freundlichen, scheuen, aber auch
neugierigen und aufmerksamen Wesen sind Lamas und Alpakas für die
lateinamerikanische Bevölkerung und deren Landwirtschaft und Wirtschaft nicht
wegzudenkende hochsozialisierte Herden- und Nutztiere geworden, die sich auch in
anderen Kontinenten immer mehr Beliebtheit erfreuen.
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2.1.6 Lamas und Alpakas außerhalb ihrer Ursprungsländer
"Schon vor dem Jahr 1900 v. Chr. fanden südamerikanische Kameliden ihren Weg auf die
übrigen Kontinente und werden dort seither vorwiegend in Zoos oder vereinzelt auch in
privaten Tierparks gehalten und weitergezüchtet.
Zwei bedeutende Herden waren vor der wegen Maul- und Klauenseuche verhängten
Importsperre in den frühen dreißiger Jahren in die USA gekommen. Eine Gruppe hatte
William R. Hearst in Kalifornien, eine weitere Herde befand sich auf der "Catskill Game
Farm" im Norden des Bundesstaates New York. Aus diesen zwei Beständen sowie aus
zwei kleineren Beständen in privater Hand stammte der Großteil der nordamerikanischen
Population bis zur erneuten Importbewilligung im Jahre 1984. In diesem Jahr kamen einige
hundert Alpakas und Lamas aus Chile und Nordamerika, und es gab dort auch die erste
Lama-Auktion.
Im Jahr 1987 kamen erstmals Tiere aus Bolivien in die USA, und beim Verkauf durch den
Importeur standen Interessenten Schlange, um Lamas in Preiskategorien von 25.000,-- bis
100.000,-- USD zu erwerben.
Seit diesem Zeitpunkt sind im Durchschnitt jährlich etwa 300 Tiere vor allem aus dem maulund klauenseuchefreien Chile, aber auch aus Bolivien und Peru über Neuseeland und
Australien und zuletzt auch aus Argentinien nach Nordamerika gekommen. Durch diese
Importe von neuem genetischen Material hat man völlig andere Typen auf den in den
achtziger Jahren von großer Nachfrage bestimmten Markt gebracht, wodurch sich das
Erscheinungsbild der nordamerikanischen Lamas stark gewandelt hat.
Waren die Lamas in den Vereinigten Staaten vor diesen Importen durchwegs sehr
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großrahmig, kräftig und leicht bis mittel bewollt, vergleichbar mit den Tieren, die auch in
Europa zum Ende des 20. Jahrhunderts vorherrschend sind, sieht man heute vermehrt
kleinere, dafür aber wesentlich wolligere Typen.
Ein Großteil der US-amerikanischen Lama-Industrie ( die private Neuweltkamelidenhaltung
hat dort bereits eine Bedeutung, die diese Bezeichnung durchaus zulässt) ist auf Shows
und Wettbewerbe aufgebaut, bei denen ein kompakteres Tier mit üppigen Wollkleid eher
ankommt als ein athletisches Arbeitstier.
Heute sind in den USA weit mehr als 100000 Lamas registriert, was die Vereinigten
Staaten an die dritte Stelle der Länder mit der größten Lamapopulation reiht, noch vor Chile
und Argentinien. Die Lama-Industrie ist dort zwar nicht mehr von einem rasanten Boom wie
in den letzten beiden Jahrzehnten geprägt, durch die reduzierten Preise werden die Tiere
jedoch für eine wesentlich größeren Personenkreis zugänglich, was die Nachfrage sehr
stabil hält. Nach wie vor gibt es Auktionen, wo erstklassige Tiere für 100.000,-- Dollar und
mehr den Besitzer wechseln. Die durchschnittliche Preise sind allerdings wesentlich
niedriger als vor etwa zehn Jahren.
Bei sehr vielen nordamerikanischen Lamazüchtern kann man einen Hengst für weniger als
1.000,-- USD und eine Stute ab 1.500,-- USD kaufen. Die Qualitätsunterschiede sind dabei
selbstverständlich oft beachtlich
Richard Patterson, einer der Pioniere der privaten Lamahaltung in den USA, sagte schon
1996, dass er mit Lamas immer noch Gewinn mache, wenn er sie für durchschnittlich 250,- USD das Stück verkaufe.
Dieser Preis wirft natürlich die Frage einer Verwertung von Lamas als Schlachttiere auf.
Bislang ist dies, abgesehen von ihren Ursprungsländern, nirgends auf der Welt ein Thema.
Außerhalb von Südamerika wurden und werden Lamas und Alpakas als Freizeit- und
Hobbytiere betrachtet und gehalten, und in fast allen Kulturen werden diese nicht
geschlachtet.
Der überwiegende Teil der nordamerikanischen sowie auch der europäischen Lamas
werden als Hobby- und Liebhabertiere gehalten, ein geringerer Teil findet als Lasttiere bei
bis zu einwöchigen Trekking-Touren Verwendung. Es werden einerseits kräftige, bis zu
225kg schwere und an den Schultern zu 225 kg schwere und an den Schultern 125cm
messende Tiere als Packlamas gezüchtet und andererseits Showtiere, die oft eine
Schulterhöhe von nur einem Meter aufweisen.
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Wenig ist von privater Lama-Haltung in Europa vor 1985 bekannt. Wohl gibt es einige
Züchter, deren Aufzeichnungen bis zur Jahrhundertwende zurückreichen, die meisten Tiere
wurden allerdings in Zoos und Tierparks gezüchtet, bis sie Ende der achtziger Jahre
vermehrt ihre Wege auch in private Hände fanden.[...] Der Trend, Lamas als Haustiere zu
halten ist ganz eindeutig mit einer gewissen Verzögerung von den Vereinigten Staaten
nach Europa gekommen.
Die Abhaltung von Schönheitskonkurrenzen und Hindernis- oder
Geschicklichkeitsbewerben zieht immer mehr Besucher an und ist oft eine zusätzliche
Attraktion bei den verschiedensten Veranstaltungen.
Stammten die ersten privat gehaltenen Lamas vor allem aus Zoos und Tiergärten, wurden
mit zunehmender Popularität und durch gestiegene Nachfrage auch für die europäischen
Lamazüchter Importe aus den Ursprungsländern interessant. Fast schon regelmäßig
kamen und kommen einige hundert Stück pro Jahr per Flugzeug nach langwierigen
Vorbereitungen und erst nach Passieren entsprechend strenger Quarantänebestimmungen
von Südamerika nach Europa.
Mit diesen Importen kommt neues genetisches Zuchtmaterial in den relativ kleinen
Genpool, was die genetische Vielfalt der europäischen Lama- und Alpakazucht positiv
beeinflusst. Einher mit diesem Genmaterial geht allerdings auch die in den meisten Fällen
völlig unbekannte Abstammung und damit die Gefahr von genetischen Mängeln. Bei den
Importtieren aus Südamerika, die seit 1984 in die USA gingen, traten oft erst Generationen
später genetisch bedingte Probleme auf, die diese Tiere dann zuchtuntauglich machten. Im
Gegensatz dazu kennt man von den meisten in Zoos gezogenen Tieren wenigstens eine
oder zwei Generationen von Vorfahren.
Importe von Neuweltkameliden aus den USA nach Europa sind wegen der restriktiven
Einfuhrbestimmungen der Europäischen Union äußerst selten. Bewilligungen dazu gibt es
lediglich in Nicht-EU-Staaten. Nach einer gewissen Frist dürfen in den USA geborene Tiere
dann in den EU-Raum kommen. Bei diesen Tieren ist die Abstammung durch die bereits
langjährige Herdbuchzucht in den USA über viele Generationen nachweisbar."
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2.1.7 Kriterien zur Klassifizierung von Lamas und Alpakas und ihre Rassen
Da die gemischte Haltung von Lamas und Alpakas in den Ursprungsländern meist die
Regel ist und auch in unseren Breitengraden häufig Tiere untereinander gekreuzt werden,
sind intermediäre Typen oft anzutreffen. Es ist nicht verwunderlich, dass bis heute keine
klaren übereinstimmenden Kriterien festgelegt wurden. Generell werden Lamas und
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Alpakas in der Literatur als eigene Arten oder Unterarten systematisiert. Genau genommen
müsste man jedoch von Rassen sprechen, da die Bastardbildung zweier Arten
definitionsgemäß zu nicht fruchtbaren Nachkommen führen würde, was bei der Kreuzung
von Lamas und Alpakas (Huarizo) offensichtlich nicht der Fall ist.
Jede verantwortungsvolle Zucht strebt klare Zielsetzungen an. In erster Linie beinhaltetet
diese Verantwortung gegenüber der genetischen Information im Zusammenhang mit ihrer
Entwicklungsgeschichte.
"Für den, der sich in erster Linie einer guten züchterischen Arbeit annehmen will, sind
Richtlinien in dieser Hinsicht notwendig. Da hierbei in gewisser Hinsicht Neuland betreten
wird und noch so manche Erfahrungswerte hinzukommen werden, soll bei der Typisierung
eine vernünftige Bandbreite vorgegeben werden."
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2.1.7.1 Alpaka
Das Alpaka ist durch seine wesentlich kleinere Bauweise gegenüber dem Lama klar
abgegrenzt. Zudem weist sein voluminöser Wollbehang ein markantes Erscheinungsbild
auf.
Folgende Merkmale sind maßgebend:
Die Risthöhe liegt deutlich unter einem Meter. Züchterisch sind Tiere mit einer Risthöhe
zwischen 80 cm und 100 cm, aber nicht darüber, anzustreben. Als Orientierungshilfe kann
auch das Gewicht mit einbezogen werden. Stuten weisen in der Regel rund 60 kg, Hengste
rund 70 kg auf. Interessant ist, dass die in den letzten Jahren aus Chile importierten Tiere
allesamt deutlich kleiner und leichter waren als Tiere in unseren hiesigen Beständen.
Alpakas haben eine Lebenserwartung von 15 bis 25 Jahren.
Alpakas haben im Verhältnis zu ihrem zierlichen Körperbau einen harmonisch geformten
kurzen Kopf und Stehohren, die an den Spitzen etwas abgerundet sind. Ihr dichter
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Wollbehang umfasst den gesamten Körper. An den Beinen wird der Behang etwas kürzer,
beim Kopf kann er unterschiedlich weite Teile bedecken.
Der Körperbau zeigt sich harmonisch im Verhältnis zur Größe des Tieres. Klare weitere
Kriterien sind geradlinige Extremitäten und Rückenführung, sowie markanter Brustumfang
und schwerer Bau der Hengste.
Die ursprüngliche Farbe der Tiere ist ihrer Abstammung entsprechend braun. Durch einen
mit der Domestikation stark ansteigende albinotischen Anteil spalten sich die Farben. Weiß,
Schwarz und Braun dürfen als Grundfarben angesehen werden. Markant ist, dass die
Farbe Braun in den verschiedensten Schattierungen von beinahe Schwarz bis Hellbeige
vorkommt, wobei der dunkelbraune Typ vorherrscht. Seltener treten Schecken auf, ebenso
die Schwarzvariante Grau, welche als "Silber" bezeichnet wird. Die Wildfarben des
Guanakos wie auch des Vikunjas fehlen dem Alpaka gänzlich.
Es werden zwei verschiedene Faserstrukturen beim Alpaka unterschieden, welche zwei
Typisierungen darstellen. Die beiden Rassen sind das Huacaya- und das Suri-Alpaka,
welche sich nicht in Größe und Gestalt, sondern in der Beschaffenheit des Vlies'
unterscheiden.
Das Huacaya besitzt kürzeres, flauschigeres und gekräuseltes Haar, während das SuriAlpaka ein langes, weitaus feineres, glänzenderes und lockiges Haarkleid aufweist, das
sich über dem Rücken scheitelt und am Körper herunterhängt.
Die deutlich robustere Erscheinungsform stellt das Huacaya dar, wobei vermutet wird, dass
das Suri durch seine Wollcharakteristika weniger vor Klimaeinflüssen geschützt ist.
Die Wolleigenschaften des Suri scheinen gegenüber dem Huacaya rezessiv zu sein, da
man bei der Kreuzung der Rassen stets Fohlen erhält, die phänotypisch dem Huacaya
entsprechen. Der Anteil der Suri-Rassen am Alpakabestand beträgt nur 10%.
In der Regel sind die Augen der Kameliden einheitlich dunkel, wie dies alle Wildformen
zeigen. Beim Alpaka stehen sie leicht vor und vermitteln damit einen kugeligen Ausdruck
Domestizierte Tiere mit besonders hohem albinotischen Anteil weisen oft sogenannte
Birken- oder Fischaugen auf. Sie können beide oder auch nur ein Auge umfassen.
Dies wurde bis jetzt bei den Kleinkamelen nicht als Fehler gewertet. Neuere
Untersuchungen haben gezeigt, dass solche Tiere auch noch ein reduziertes bis völlig
fehlendes akustisches Wahrnehmungsvermögen besitzen.
Alpakas besitzen eine z-förmige Winkelung der Hüft- und Oberschenkelknochen , welches
ihnen am Hinterteil eine abgerundete Wirkung verleiht. Der Eindruck von Rundlichkeit wird
noch durch einen tief angesetzten Schwanz verstärkt. Durch diese rundliche Erscheinung
passen sie hervorragend in unser "Kindchen-Schema" ( Große kugelige Augen und
rundliche Gestalt), was sicherlich dazu beiträgt, dass sich Kinder aber auch Erwachsene zu
diesem Tier hingezogen fühlen und sich deshalb Alpakas, aber auch Lamas als
Therapietiere bestens eignen.
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2.1.7.2 Lama
In erster Linie zeichnen sich Lamas gegenüber den Alpakas als deutlich größere Tiere aus.
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Das Wollkleid von Lamas ist je nach Typ unterschiedlich und der Kopf bleibt, anders als
beim Alpaka, frei. Ihre Ohren sind leicht bis markant geschwungen und besitzen eine
Länge von 15 cm, mit der sie jene von Alpakas bei weitem übertreffen. Ganz typisch für
Lamaohren sind die Spitzen, die nach innen zeigen.
Die Risthöhe liegt bei Lamas deutlich über einem Meter, wobei man aber sagen kann, dass
ihr Stockmaß von 100 -130 cm reicht. Es ist aber abhängig von der Rasse. Die Rückenlinie,
der Hals und die Beine sollten in einem Verhältnis von 1: 1: 1 stehen.
Das Gewicht als Orientierungshilfe ist bei Lamas äußerst schwer einzuschätzen, da Stuten
ein Gewicht von 80 bis 120 kg auf die Waage bringen und Hengste von 90 bis über 200 kg
wiegen können. Als Durchschnittsgewicht könnte man also durchaus 110 - 130 kg
angeben.
Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 15 bis 29 Jahren. Weiblich Tiere können
bis zum 18 Lebensjahr fruchtbar sein.
Die Bewollung der Lamas geht von leicht über mittel bis zum üppig bewollten Tier aufgrund dessen unterscheidet man folgende Haarkleider:
z
z
z
wooly
medium
classic
Ihre Farbvariationen gibt es in allen erdenklichen Schattierungen von einfärbig bis bunt.
Während in der Inkaperiode vier verschiedene Lamarassen existierten, werden heute nur
noch drei Typen unterschieden, wobei alle drei untereinander kreuzbar sind.
Der Lama Typ " Ccara Sullo" ("Q'ara") wird vorwiegend als Packtier und Fleischlieferant
gezüchtet und ist von großrahmiger Gestalt. Ihr Stockmaß liegt bei 110 -125 cm und weist
einen langgezogenen Rücken auf. Ccara-Sullo-Lamas haben einen hochbeinigen,
schlanken Bau mit einem beinahe pferdeähnlichen Kopf und leicht bis markant
geschwungene Ohren. Das Vlies ist weniger dicht und gröber als jenes der beiden anderen
Rassen, die zur Wollgewinnung dienen. Beine, Bauchunterseite und Kopf sind kurz behaart
und der Hals erscheint kurz bewollt. In Fachkreisen werden sie auch als "short-wooled
llama" bezeichnet.
Wie bei allen Kleinkameliden gelten auch bei "Ccara" der proportional harmonische
Körperbau sowie einwandfreie Bein- und Rückenstellungen als primäre Kriterien. Als
bemerkenswert gilt bei diesen Lamatyp, dass es die in Europa am weitesten verbreitete
(fast ausschließlich) Lama-Rasse ist.
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Zur Wollproduktion dienen das Lanuda- und das Tapada-Lama (auch als "wooly-llama"
oder auch als "Ch'aku" bezeichnet), wobei sich bis heute Experten über ihre Existenz nicht
ganz einig sind, da einerseits die Ansicht vertreten wird, dass es sich bei diese Tieren um
Hybriden handelt, andererseits gibt es die Sichtweise, dass nur der Typ Lanuda existiert.
Weiters gibt es die Meinungen, die klare Merkmale für Lanuda und Tapada aufzeigen.
"In seinen Details ist der Streit nicht relevant. Lamas wie Alpakas stellen domestizierte
Formen dar, die über multiple Generationen hinweg mit klaren Zuchtzielen selektiert
worden sind. Sprechen wir von ihrem Ursprung, so steht uns als Orientierung die Wildform
Guanako und allenfalls Vikunja zur Verfügung. Die Diskussion um die Reinheit oder
Ursprünglichkeit eines über Jahrtausende hinweg manipulierten Erbgutes ist
kontraproduktiv. Es geht darum, bestehende Züchtungen ihren artspezifischen
Eigenschaften entsprechend zuzuordnen. Aus den Merkmalen muss klar hervorgehen was
Alpaka, was Lama zugehörig ist. Diese Kriterien wiederum müssen deutlich die
hybridisierte Form Lama ? Alpaka (= Huarizo) erkennen lassen. Die Woll-Lamas haben in
den Ursprungsländern seit Generationen eine derart weite Verbreitung, dass sie auf keinen
Fall negiert werden können. Demzufolge sind sie, wie dies auch bei allen anderen
Haustieren die Regel ist, als unterschiedliche Typen einheitlich zu definieren."
Der "Lanuda"-Typ ist ebenfalls ein großrahmiges Tier mit einer Risthöhe von bis zu 120 cm.
Die Proportionen dieses Typs ähneln stark dem des Ccara Sullo, doch ist der proportionale
Körperbau entscheidend darüber, ob das Lanuda von dem Hybriden Huarizo klar
abgegrenzt werden kann. Ebenfalls maßgebend zur Typisierung dieser Lamarasse ist die
Gestalt ihres Behangs.
Ihr langgezogener Schädel sowie die Bauchunterseite und die Innenschenkel sind kurz
behaart, während der Hals und die körpernahen Extremitäten dicht bewollt sind. Auch ist
das Vlies deutlich feiner, dichter und langfloriger. Die Ohren sind groß, leicht geschwungen
und sehr wenig behaart bis völlig ohne Behaarung. Die Beinlänge ist harmonisch zur
Körperlänge.
"Tapada"-Lamas sind sehr kompakt gebaute Tiere mit einer Risthöhe bis zu 110 cm. Ihr
Rücken ist deutlich kürzer als beim Ccara Sullo. Sonst tragen sie aber alle bisher
erwähnten Merkmale. Die Gliedmaßen sollten im Verhältnis zum Körperrahmen nicht zu
kurz sein. Der Behang fällt beim Tapada -Typ noch üppiger und dichter aus als beim
Lanuda -Lama. Das Tapada weist ein durchgehendes, flockiges Wollkleid auf, welches an
den Extremitäten tiefer ausläuft. Ebenso können Teile der Stirn, nicht aber der Kopf, bewollt
sein. Häufig treten auch lang behaarte Ohren auf.
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2.1.7.3 Lama-Alpaka-Kreuzung
Das bereits erwähnte Huarizo ist eine Kreuzung zwischen Alpaka und Lama und dient der
Wollproduktion. Ein wichtiges Merkmal dieser Kreuzung ist die Risthöhe. Da bei Alpakas
die Wiederristhöhe deutlich unter einem Meter liegen sollte und jene von Lamas deutlich
darüber, befindet sich das Huarizo direkt in der Mitte, mit einem Stockmaß um 100 cm.
Huarizos vermitteln oft den Eindruck der Kurzbeinigkeit, da die Rückenlänge unproportional
zur Beinhöhe ist. Der meist breite Schädelansatz (rechteckig) endet kurz und häufig tritt
Ramsköpfigkeit auf. Teile des Kopfes und der Stirn sind meist deutlich behaart. Der dichte
Behang zieht sich teilweise bis zu den Fesseln.
Vom Verhalten her büßt der Huarizo in keiner Weise seine typischen Eigenschaften als
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Vertreter der Kleinkamele ein.
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2.1.8 Rasseneinteilung
2.1.8.1 Lama
z
z
z
z
z
Wolllamas (Ch'aku oder wooly-llama)
Lanuda-Lama
Tapada -Lama
Ccara -Sullo-Lama (Q'ara): Lasttier und Fleischlieferant
Huarizo: Lama-Alpaka-Kreuzung: Wollproduzent
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2.1.8.2 Alpaka
z
z
Huacaya-Alpaka
Suri-Alpaka (10% aller Alpakas)
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2.1.9 Körpermerkmale von Neuweltkameliden
Risthöhe Hengste
Risthöhe Stuten
Gewicht Hengste
Gewicht Stuten
Lebenserwartung
Lama
Alpaka
bis 130 cm
bis 120 cm
90 - 200 kg
80 - 120 kg
15 - 29 Jahre
bis 95 cm
bis 90 cm
bis 70 kg
bis 60 kg
15 - 25 Jahre
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2.1.9.1 Körperbau
Beim Lama und Alpaka steht die harmonische Bauweise im Vordergrund. Die Länge der
Beine steht in deutlicher Relation zur Länge des Rückens, ebenso die Proportionen von
Hals und Kopf in Bezug auf die Größe des Tieres.
Primäre Unterscheidungsmerkmale sind:
Kopf
Ohren
Lama
Alpaka
Rechteckige Form
Deutlich
geschwungen
Dreieckige Form
Speerförmig - gerade
Sekundäre Unterscheidungsmerkmale sind:
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Lama
Hals
Augen
Zähne
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Alpaka
Ansatz steilwinkelig
Ansatz steilwinkelig in
bis leichter Bogen
rechtem Winkel zum
rechtwinkelig zum
Kopf endend
Kopf endend
Ovalansatz kugelig
Leicht vorstehend
Schneidezähne mit
Schneidezähne mit
einseitigem
beidseitigem
Zahnschmelz
Zahnschmelz
Der Behang der Tiere gibt Aufschluss für ihre weiter Zuordnung:
Alpaka: Dichtes Wollkleid, welches den größten Teil des Körpers bedeckt bis hin zu weiten
Teilen des Kopfes.
Huacaya-Alpaka: Gekräuselte Wollfaser, 25-30 Mikron
Suri -Alpaka: Gelockte Wollfaser, deutlicher Mittelscheitel, 17- 25 Mikron
Lama Ccara Sullo: Mittelfeines nicht sehr dichtes, auslaufendes Vlies. Charakteristischer
Behang in form einer Satteldecke. Kopf, bauch und Beine unbehaart.
Lanuda: Durchgehend feine, ausgeglichne Faser, dicht über den gesamten Körper mit
Ausnahme von Kopf und Bauchunterseite. Beine weitgehend frei
Tapada: Durchgehend kompaktes, flockiges Vlies, Faserstärke zwischen Ccara Sullo und
Lanuda. Behang bis eng an den Kopf schließend, kann teilweise auch die Stirn umfassen.
Dichte Wolle an den Beinen bis über die Kniegelenke. Bauchunterseite weitgehend frei.
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2.1.9.2 Anatomie
Lamas und Alpakas gehören zu den Säugetieren, dementsprechend verfügen sie über den
allen Säugetieren zugrundeliegenden Körperbau.
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2.1.9.2.1 Skelett
2.1.9.2.1.1 Die Wirbelsäule
Unter den Säugetieren weisen Lamas einen relativ langen Hals auf, der nur bei der Giraffe
noch eindrucksvoller ausgeprägt ist. Dies resultiert daraus, dass die einzelnen Halswirbel
von Lamas und Alpakas verhältnismäßig lang sind.
Die Form des Rückens von Neuweltkameliden ist gerade. Dennoch kann bei den Alpakas
eine leichte Rückenspannung auftreten, welche im Alter zu einem leichten Senkrücken
führen kann.
Typisch für das Alpaka ist ein etwas schräg abfallender Rupf und der tief ansetzende und
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am Körper anliegende Schwanz. Im Gegensatz dazu liegen die Rückenregion und der
Schwanz des Lamas auf einer Ebene. Außerdem zeigt der Rücken des Lamas nicht die
beim Alpaka beobachtete charakteristische Rundung. Der Schwanz des Lamas wird ein
wenig von der Körperbasis angehoben in einem leichten Bogen getragen. Gelegentlich
treten Missbildungen der Schwanzwirbel auf, deshalb sollte man auf eine korrekte
Entwicklung des Schwanzes bei der Selektion von Zuchttieren achten.
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2.1.9.2.1.2 Die Gliedmaßen
Die Vorderbeine der Kameliden stehen etwas enger als bei den meisten vergleichbaren
Säugetieren. Daraus resultiert eine sogenannte "bodenenge" Erscheinung, die zum
Beispiel beim Gang noch unterstrichen wird und ihre Ursache im relativ schmalen und
mäßig tiefen Brustkorb (Thorax) findet.
Während beim Lama die Beine gerade sind, Schulter, Korpus und Fesseln in einer Linie
stehen und die Zehen gerade nach vorne zeigen, kann man eine optimale
Vordergliedmaßenstellung für ein Alpaka nicht klar definieren, da diese zu X-Beinen
neigen.
Damit Lasttiere ihr Gepäck ohne Ermüdung befördern und Zuchttiere ihre Frucht austragen
können, ist eine uneingeschränkte, schmerzfreie Funktion aller Gliedmaßen wichtig, dabei
ist besonders auf den korrekten Bau der Kniegelenke zu achten.
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2.1.9.2.1.3 Die Füße
Die Füße von Kameliden stellen eines der einzigartigen Charakteristika dar, welche sie von
den anderen Säugetierklassen unterscheiden. Sie besitzen nicht, wie Pferde, Kühe, Schafe
oder Ziegen Hufe, sondern einen, eher dem des Menschen ähnlichen Fuß. Durch diese
Besonderheit, sind Kameliden die einzig heute lebende Familie der Unterordnung
Schwielensohler (Tylopoda). Im Laufe ihrer Evolution hat sich der erste, zweite und der
fünfte Zeh zurückgebildet und so bewegen sich Neuweltkameliden, aber auch
Altweltkameliden nur noch auf ihrer dritten und vierten Zehe fort.
"Während fast alle anderen heute lebenden Paarhufer nur mit den hufumkleideten Spitzen
der letzten (dritten) Finger- und Zehenglieder den Boden berühren, treten die
Schwielensohler (Unterordnung Tylopoda) mit den Sohlenflächen des letzten und vorderen
Glieds ihrer mittleren Finger und Zehen auf. Die nagelartigen Hufe sind klein und schützen
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die Endglieder nur von vorn; die Sohlenflächen der auftretenden Finger und Zehen aber
sind mit dicken federnden Schwielen gepolstert.
Bei den heutigen Schwielensohler, die alle zur Familie der Kamele ( Camelidae) gehören,
sind nur die beiden Mittelstrahlen der Vorder- und Hinterfüße vorhanden, die seitlichen
Strahlen sind restlos geschwunden."
Dies ermöglicht ihnen einen äußerst sicheren Tritt und schont dabei auch gleichzeitig die
Grasnarbe. Ihr Fuß, der auch manchmal mit den Füßen von Hunden verglichen wird,
bewirkt, dass Lamas und Alpakas mehr Gefühl und einen besseren Kontakt zum Boden
haben als jene Tiere, die den herkömmlichen Typ der Hufe besitzen. Außerdem sind ihr
Füße weicher als Hufe und richten deshalb weniger Schaden an der Grasnarbe an als
beispielsweise Pferde, Kühe und Schafe.
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2.1.9.2.1.4 Der Kopf
2.1.9.2.1.4.1 Die Augen
Die Augen von Kameliden sind im wesentlichen gebaut wie jedes andere, dennoch weisen
sie ein für sie typisches Charakteristikum auf. Lamas und Alpakas besitzen 3 Augenlieder.
Der sichtbare Anteil des Augapfels wird durch das mit langen Wimpern versehene Oberund Unterlid und das unbewimperte, dritte Lid, das vom Nasenwinkel über das Auge
geschoben wird, vor schädlichen Einflüssen geschützt. Befindet sich das Lama oder auch
Alpaka in Stresssituationen, kann sich eine Hautfalte unter dem Auge bilden, die das
Unterlid vorübergehend leicht herabhängen lässt. Die bräunliche, gelegentlich auch
bläuliche Iris ist an der obern und unteren Begrenzung der Pupille mit fransenähnlichen
Gebilden versehen; sie besteht aus gefalteten Anteilen der Iris. Fällt Licht ein, so verengt
sich die Pupille und die fransenähnlichen Gebilde berühren sich.
Eventuell dient dies dazu, dass die Pupille vor zu hellem Licht abgedeckt wird und so das
Auge vor zu grellen Strahlen schützt, denn als tagaktives Tier besitzen Neuweltkameliden
keine lichtreflektierende Schicht am Augenhintergrund.
Die großen und hervorstehenden Lama- und Alpakaaugen sind wohl das erste, das uns
Menschen auffällt und für uns diese Tiere so liebenswert macht. Doch eigentlich sind
Lamaaugen nur seitlich schmaler als die von Kühen oder Pferden. Was sie so groß
erscheinen lässt ist, dass diese einfach nur in einem kleineren Kopf platziert sind. Das
Hervorstehen des Auges kann jedoch Schäden an der Cornea verursachen und bildet
damit eine der Ursachen der am weitesten verbreiteten Augenkrankheiten bei Lamas und
Alpakas.
Zeichen für solch eine Erkrankung sind exzessives Tränen und Zwinkern der Augen,
teilweise geschlossen gehaltene Augen, weißliche oder graue Stellen an den Augen,
Bindehautentzündungen, Schmerzen und Beschwerden sowie eitriger Ausfluss an den
Augen. Bei Auftreten solcher Symptome ist es notwendig, sofort den Tierarzt zu
verständigen.
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2.1.9.2.1.4.2 Die Ohren
Die Funktionen der Ohren von Neuweltkameliden gehen über das Weiterleiten von
Geräuschen hinaus. Sie dienen auch noch als hochsensible Stimmungsbarometer
vergleichbar mit denen von Pferden. Die Ohrmuscheln sind verschieden geformt und bei
Lamas länger als bei Alpakas.
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2.1.9.2.1.4.3 Die Nase
Anders als bei ihren Verwandten, den Altweltkameliden sind Neuweltkameliden nicht in der
Lage, ihre Nasenlöcher so zu verschließen, dass kein Staub mehr hineingelangen kann.
Sie sind jedoch obligate "Nasenatmer".
Das bedeutet, dass durch eine starke Behinderungen des Luftstromes in der Nase große
Probleme entstehen können, die bis zum Ersticken führen können - so auch zum Beispiel
durch ein nicht richtig sitzendes Halfter. Da der knöcherne Nasenrücken relativ kurz ist und
der übrige Bereich des Nasenrückens - ca. ein Drittel bis die Hälfte - lediglich aus
knorpeligem Gewebe besteht, kann es beim Zusammendrücken des letztgenannten Teils
des Nasenrückens zu akuter Atemnot kommen. Aus diesem Grunde sollte man darauf
achten, dass der Nasenriemen des Halfters immer relativ nahe beim Auge liegt.
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2.1.9.2.1.4.4 Die Lippen
Neuweltkameliden besitzen eine gespaltene Oberlippe, durch die es möglich ist, dass sich
jede Hälfte unabhängig von der anderen bewegen kann, dadurch kommt es zu einem
besonders schonenden Abgrasen von Weideflächen.
Die Oberlippe stellt außerdem noch ein sehr taktiles Sinnesorgan dar und dient den Tieren
zum Abtasten von Gegenständen auf ihre Essbarkeit hin. Die Unterlippe ist dagegen
weniger beweglich.
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2.1.9.2.1.4.5 Die Mundhöhle
Das Kiefer von Lamas und Alpakas kann nicht sehr weit geöffnet werden, was ein
Untersuchen der Mundhöhle schwierig gestaltet. Auch die Zunge ist relativ unbeweglich
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und kann nur wenig über die Lippen vorgestreckt werden. Dies ist eine Tatsache, die
erklärt, warum neugeborene Fohlen nicht abgeschleckt werden.
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2.1.9.2.1.4.6 Die Zähne
Lamas und Alpakas besitzen anfänglich Milchzähne und später dauerhafte Zähne. Sie
haben 3 Paar Milchschneidezähne im Unterkiefer und ein Paar im Oberkiefer. Die
Schneidezähne, die sich im Oberkiefer befinden, stehen weiter zurück als die vom
Unterkiefer und ähneln eher Eckzähnen als Schneidezähnen.
Zum Zeitpunkt der Geburt sollten die beiden zentral gelegenen Schneidezähne
normalerweise so weit entwickelt sein, dass sie durch die Haut durchstoßen und zu sehen
sind. Die Kontrolle der ersten 2 Schneidezahnpaare gibt Auskunft darüber, ob das Fohlen
(auch Cria genannt) frühreif oder reif geboren ist, denn bei frühreifen Fohlen sind ein oder
zwei Schneidezahnpaare zum Zeitpunkt der Geburt normalerweise noch nicht
durchgestoßen.
Mit einem bestimmten Alter fallen die Milchschneidezähne aus und werden durch
dauerhafte Schneidezähne ersetzt, welche eine Bestimmung des Alter durch die Zähne von
Lamas und Alpakas zulassen, jedoch nur bis zum 4 - 6 Lebensjahr.
Im Alter von 2 - 2 ½ Jahren werden die mittleren Milchschneidezähne (I1) durch die
permanenten Schneidezähne ersetzt. Das zweit Paar (I2) fällt zwischen 2 ½ und dem 3 ½
Lebensjahren aus. Ist das Kleinkamelid zwischen 3 und 6 Jahre alt, wird auch das dritte
Milchschneidezähnepaar (I3) im Unterkiefer ersetzt.
Lamas uns Alpakas haben ein Paar Eckzähne im Unterkiefer und ein Paar im Oberkiefer.
Nur etwa 5% der Tiere besitzen auch Milcheckzähne, hierbei kommen die dauerhaften
Eckzähne zwischen 2 und 3 ½ Jahren. Alle vier Eckzähne sind beim männlichen Tier
vorhanden, bei weiblichen Tieren aber nicht unbedingt. Diese Eckzähne bilden mit dem
letzten ersetzten Milchschneidezahnpaar die Kampfzähne. Diese Kampfzähne sind äußerst
scharf und sind bei gesunden männlichen Tieren hoch gewachsen, sie sollten zur
Vorbeugung von Verletzungen abgeschnitten werden.
Wildlebende Tiere nutzen die Kampfzähne, um ihre Gegner damit tödlich zu verwunden,
indem sie die Halsschlagader mit ihren scharfen Zähnen aufreißen. Deshalb sollte man sie
bei gesunden männlichen Tieren im Alter zwischen 3 ½ und 4 Jahren entfernen (in diesem
Alter sind die Zähne genügend hoch gewachsen), um Verletzungen beim Spielen oder im
Kampf zu vermeiden. Natürlich dient es auch dem Schutz der weiblich Tiere beim
Geschlechtsakt, da einige Männchen mit ihren Mund nach den Ohren der weiblichen Tiere
greifen. Männliche Tiere, die vor dem ersten Zahndurchbruch kastriert wurden, entwickeln
häufig keine Kampfzähne.
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Vordere Backenzähne finden sich bei Lamas und Alpakas in zwei oder drei Paaren am
Oberkiefer und zu einem oder auch zwei Paaren am Unterkiefer. Diese entwickeln sich zu
dauerhaften Zähnen im Alter zwischen 3 ½ und 5 Jahren.
Die hinteren Backenzähne sind dauerhafte Zähne, die sich in drei Stadien entwickeln. Das
erste Stadium beginnt mit einem Alter des Tieres von 6 bis 9 Monaten. Das zweite Paar der
hinteren Backenzähne kommt nach 1 ½ bis 2 Jahren und das dritte entwickelt sich
zwischen 2 ¾ und 3 ¾ Jahren.
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2.2 Schaf
2.2.1 Zoologischer Begriff
Schafe sind ebenso wie Lamas und Alpakas Säugetiere (Mammalia), jedoch zählen sie zur
Familie der Paarhufern und zur Unterordnung der Wiederkäuer (Ruminantia).
Übersicht:
Ordnung: Paarhufer (Artiodactyla)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Böcke (Caprinea)
Gattung: Schafe (Ovis ammon)
Wildarten: Mufflon, Arkal, Argali
Domestizierte Tiere: Hausschaf
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2.2.2 Abstammung
Es existieren 3 Wildschafarten, die als Vorfahren der heutigen Hausschafe gelten, dazu
zählen das Mufflon (ovis ammon musimom), das osteuropäische und asiatische
Steppenschaf Arkal (ovis ammon arkal) und das größte der Wildschafe, das Argali (ovis
ammon ammon). Keine Vorfahren unserer Hausschafe sind die amerikanischen
Wildformen, auch Dickhornschafe (ovis ammon canadensis) genannt.
Man nimmt an, dass das Heidschnuckschaf und die ihr verwandten Rassen Abkömmlinge
des Mufflons sind, wobei als Verwandte der Merinorassen das Arkal gilt.
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2.2.3 Herkunft
Schafe gibt es fast überall auf der Welt unter unterschiedlichen klimatischen und
wirtschaftlichen Verhältnissen. Da sie ebenso sehr anpassungsfähig an die
unterschiedlichsten Temperaturen und Landschaften sind, findet man sie wie Lamas und
Alpakas sowohl in weiten Ebenen, in Tälern und auch auf Hochalmen. Ihr
Verbreitungsgebiet erstreckt sich über den ganzen Erball, jedoch mit wesentlich höheren
Beständen als bei Lamas und Alpakas.
Zu den Regionen mit einer umfangreichen Schafhaltung gehören Vorder- und Mittelasien,
China, Australien und Neuseeland, Nordafrika, die britischen Inseln und Teile Südamerikas.
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In vielen Entwicklungsländern liefern Schafe unter oft schlechten Vegetationsbedingungen
für die Bevölkerung lebensnotwendige Produkte.
Der Weltschafbestand aus dem Jahr 1989 beträgt insgesamt 1.175.524 Millionen Schafe.
Europa besitz einen Anteil von 12,8% Schafen am gesamten weltweiten Schafbestand und
hat demnach 1.51.264 Mil. Tiere. Die drei Spitzenführer sind Asien ohne die ehemalige
UdSSR) mit 325.643 Millionen (27,7%) Schafen, gefolgt von Ozeanien ( davon Australien
mit 165.000 Mil. und Neuseeland mit 60.569 Mil. Schafen) mit einer Schafanzahl 225.577
Millionen. Mit 17,1% und 200.711 Mil. Tieren ist Afrika der letzte, der drei
Spitzenführenden. Die ehemaligen Staaten der UdSSR führen mit 139.500 Mil. Schafen
(11,9%) noch vor Nordamerika, dessen Bestand sich auf 19.182 Mil. Tieren (1.6%)
beschränkt. Lateinamerika besitzt 9,7 % des Weltschafbestandes und hat damit mit
113.647 Schafen den Bestand an heimischen Lamas und Alpakas bei weiten übertroffen.
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2.2.4 Domestikation
Die Wandlung vom Wildschaf zum Haustier vollzog sich bereits vor 10000 bis 9000 Jahren,
also etwas früher als bei Lamas und Alpakas. Es kam zu einer tiefgreifenden Veränderung
des Tiermaterials, welche verursachte, dass das Hausschaf ca. 30 % des Gehirngewichtes
gegenüber dem Wildschafes einbüßte. Weiters kam es zu einer Reihe von
Proportionsveränderungen. Die Hausschafe der ersten Jahrtausende hatten noch eine
größere Ähnlichkeit mit Wildschafen als die heutigen Rassen.
Die Mutationen zur Entstehung der Merinowolle erfolgten im vorderasiatischen Raum. Im
Mittelalter war es jedoch dann Spanien, das als das berühmteste Schafzuchtland galt.
Bereits zur Zeiten der Römer waren feinwollige Schafe aus Vorderasien , später aber wohl
auch mit den Arabern, nach Spanien gekommen. Mit Hilfe dieser Tiere entwickelte sich
eine Zucht feiner und feinster Wolle , die sich mit der Wolle von Alpakas, Lamas,
Angoraziegen und Kaschmirziegen sowie von Vikunjas und vom Guanakos durchaus
vergleichen lässt. Um dieses Monopol feinster Wolle zu erhalten, war die Ausfuhr von
Merinos über zwei. Jahrhunderte lang bei Todesstrafe verboten.
Durch die Spanier gelangte das Schaf auch nach Südamerika, wo die Lama- und
Alpakabestände weitgehend verdrängt wurden ( siehe auch Punkt "Domestikation von
Lamas und Alpakas"). Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das spanische feinwollige Merino
nach Frankreich, Sachsen, Preußen und Österreich geliefert. Ohne diese Tiere aus
Spanien wäre die Bildung unserer heutigen Feinwollrassen undenkbar.
In Frankreich entstanden dann weitere berühmte Merinoschafrassen, wie zum Beispiel das
"Berrichon du Cher" (Fleisch-Woll-Rasse) oder das "Merinoschaf von Rambouillet".
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07.04.2004
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Seite 26 von 76
Haben Spanien, Frankreich und Deutschland bei der Entstehung der Feinwollrassen
wesentliche Verdienste, so hat Großbritannien besondere Leistungen bei der Entwicklung
der Fleischrassen vollbracht.
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2.2.5 Natürliche Lebensverhältnisse und Nutzungsformen
Gleich wie Neuweltkameliden sind Schafe ausgesprochene Herdentiere. Diese
Gemeinsamkeit von Schafen und Kleinkameliden bildet die Grundlage für eine
ausgesprochen gute gemeinsame Haltung. Dies wird aber im Kapitel Vergesellschaftungen
noch näher behandelt.
Schafe besitzen eine ähnlich große Palette an Nutzungsmöglichkeiten wie Lamas und
Alpakas. Man verwendet sie zur Gewinnung von Fleisch und Milch, stellt aus ihrer Milch
Käse her, verarbeitet ihre Wolle für Kleider, Decken usw. und nutzt ihre Felle, ihr Leder,
ihre Därme und ihren Dung. In einigen Gebieten werden Schafe auch als Transport- und
Zugtiere gehalten.
In Mitteleuropa haben Schafe auch eine gewisse ökologische und landschaftspflegende
Bedeutung, doch aus Qualitätssicht wird diese durch die schonende Beweidung durch
Schwielensohler übertroffen.
Demnach stehen Schafe den Lamas und Alpakas nur in der Leistung als Lasttier nach,
aber auch eine Kutschenfahrt mit Schafen ist undenkbar, worin aber Lamas bereits
Verwendung finden.
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2.2.6 Rasseneinteilung
Undenklich viele Rassen mit zahlreichen Übergängen zwischen Typ, Form, Wollcharakter
und Nutzungseinrichtungen haben eine einfache Gruppierung sehr problematisch gemacht.
Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel die Einteilung nach Wolltypen die folgende
Gruppierungen vornimmt:
· Merinoschaf und Schafe im Merinotyp
· Langwollrassen und Langwollkreuzungen
· Kurzwollrassen und Kurzwollkreuzungen
· Grobwollrassen
· Haarschafe
Die zweckmäßigste und an der Nutzung orientierte Einteilung wäre jene, die Schafrassen in
· Merinorassen
· Fleischrassen
· Milchrassen
· Landschafrassen
untergliedert.
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2.2.7 Beschreibung der in Österreich bedeutenden Schafrassen
Das Bergschaf ist anteilsmäßig (80%) die bedeutendste Schafrasse in Österreichs. Es
zeichnet sich bei mittlerer Mastleistung durch gute Fruchtbarkeit aus und ist deshalb
hervorragend zur Lämmerproduktion geeignet. Typisch für das lebhafte und genügsame
Bergschaf ist seine gute Widerstandsfähigkeit , seine langen herabhängenden Ohren und
vor allem beim Widder die ausgeprägte Ramsnase. Es existiert auch ein etwas
dunkelfarbiges Bergschaf (Braunes Bergschaf), das eine etwas geringere Fruchtbarkeit
aufweist.
An der Heranzüchtung des Bergschafes war neben dem Bergamasker Schaf das
Steinschaf maßgeblich beteiligt, von dem es die gut Fruchtbarkeit geerbt hat. Das
Steinschaf ist die eigentliche bodenständige Schafrasse der österreichischen Alpen.
Typisch für das Steinschaf ist sein knochiger Körperbau.
Das Merinolandschaf hat in Österreich nur geringe Bedeutung (ca. 3% des Bestandes). Es
ist ein großrahmiges Schaf mit keilförmigem, langem Kopf und zeichnet sich vor allem
durch seine sehr feine Wolle aus. Dieses Schaf hat breite leicht hängende Ohren und eine
etwas bessere Fleischleistung als das Bergschaf; es stellt jedoch auch höhere Ansprüche.
Ein typisches Fleischschaf ist das aus Holland stammende Texelschaf mit einer beinahe
rechteckigen Gesamterscheinung. Das Texelschaf hat einen weißen, mittelbreiten und
unbewollten Kopf mit flacher, aber nicht zu breiter Stirn.
Eine ebenso gute Fleischleistung weist das schwarzköpfige Fleischschaf auf, dessen
ausgeprägte Fleischformen sich durch eine tiefe, breite vorgeschobene Brust und durch
einen tiefen, breiten Rumpf mit langem Rücken äußern. Der mittelbreite schwarze und nicht
zu stark bewollte Kopf hat seitwärts abstehende kräftige Ohren.
Das aus England stammende Suffolkschaf sieht äußerlich dem Schwarzkopf sehr ähnlich,
hat aber einen längeren Rücken und kürzere Füße. Während beim Schwarzkopf der Kopf
mehr oder weniger stark mit Wolle bewachsen ist, hat das Suffolk einen unbewollten
schwarzen Kopf. Das Suffolk weist eine gute Schlachtkörperqualität auf und ist ein ideales
Vatertier von Mastlämmern.
Besondere Leistungen in punkto Milchgewinnung weist das ostfriesische Milchschaf auf. Es
ist ein frohwüchsiges, langwolliges Schaf von weißer Farbe, mit dünnen, langen,
unbewollten Schwanz. Ebenso ist der hornlose, längliche , leicht ramsnasige Kopf frei von
Wolle. Typisch sind seine langen , nach vor gerichteten fleischfarbenen und dünnen Ohren.
2.2.8 Körpermerkmale von Schafen
Risthöhe
Gewicht
Weibliches Schaf
Männliches Schaf
bis 75 cm
bis 85 kg
bis 80 cm
bis 110 kg
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3 Charakteristika des Gutshof Borckenstein
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07.04.2004
Reife- und Diplomarbeit, Nicole Helm
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"Wenn der Besucher das Gelände des Bauernhofes von Werner und Tryn Borckenstein
betritt, wird ihm eine idyllische Welt eröffnet, die man in der heutigen Zeit nicht mehr
möglich halten würde. Der Biobauernhof in Burgau ist ein Dorado für Tiere - ihn bevölkern
nicht nur Schafe, schottische Hochland-Rinder, Esel sowie jede Menge Hunde und Katzen,
sondern auch Lamas. Die erste Begegnung mit den Lamas ist sehr eindrucksvoll. Neugierig
kommen sie an den Begrenzungszaun und mit ihrem liebenswerten Gemüt gewinnen sie
den Besucher sofort."
Der Gutshof der Familie Borckenstein befindet sich in der Marktgemeinde Burgau in der
oststeirischen Thermenregion im Bezirk Fürstenfeld. Die Familie bewirtschaftet den Betrieb
seit über 10 Jahren nach biologischen Gesichtspunkten und ist berechtigt, auf den am Hof
produzierten Produkten das Bio-Ernte-Gütesiegel zu führen.
Im Jahre 1977 begann die Familie ihre ca. 40 ha (inkl. Bauland) durch den Anbau von
Getreide und Kürbissen und durch die Zucht und Haltung von Schafen zu bewirtschaften.
Neben dem Kürbiskernöl, dem Gallowayfleisch (Überschüsse aus der Zucht) und dem
Futter für Tiere erzeugt der Betrieb seit der Haltung ostfriesischer Milchschafe aus der
gewonnen Milch Schaffrischkäse. Die Schafe werden zweimal am Tag gemolken und ihre
Milch wird in der Hofkäserei mehrmals in der Woche zu Käse und Joghurt verarbeitet.
Zusätzlich werden Schaffelle und -wolldecken hergestellt und es wird Schaffleisch
produziert. Den rund 100 Schafen stehen zusätzlich zur Weidefläche weitere 240 m²
Stallfläche zur Verfügung.
Die Galloway-Rinder werden das ganze Jahr über auf Weiden gehalten (Mutterkuhhaltung).
Seit dem Jahre 1990 gibt es im Hause Borckenstein drei Appartements zwischen 41 und
51m² mit Bad, WC, Schlafzimmer, Wohnraum und Kochnische für jeweils 4 Personen.
Zusätzlich steht noch ein Doppel-Zimmer mit Bad zur Verfügung. Der Preis pro
Appartement / Tag beträgt mit Stichtag 1. Mai 2001 ATS 800,-- (Euro 58,13) inklusive aller
Nebenkosten. Die Wohnungen sind geschmackvoll und ländlich mit stilvollen Bauernmöbel
und TV ausgestattet. Alle Appartements sind ebenerdig und daher auch ideal für
Behinderte und Rollstuhlfahrer, sowie für Familien mit Kindern und / oder Haustieren.
Um ein zusätzliches Angebot für die Feriengäste zu bieten, entschloss sich die Familie
Borckenstein im Jahr 1990, Lamas und Alpakas zu halten. Die Nutzung als Trekkingtiere
(Wanderbegleiter) für die Gäste war jedoch nicht das vordergründige Motiv für ihre Haltung.
An erster Stelle stand und steht bis heute die Liebe und Faszination zu diesen Tieren. Im
Laufe der Zeit erkannte die Familie, dass sich die Tiere aufgrund ihres Charakters
besonders für Kinder und behinderte Menschen eignen.
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07.04.2004
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Auf Grund von persönlichen Interessen entwickelte sich der Anfangsbestand von 2 Lamas
mit der Zeit auf den heutigen Bestand von 25 Lama und 6 Alpakas. Die Weiden der Tiere
befinden sich vorwiegend rund um das Familienhaus. Dabei sind jeweils ein
wetterbeständiger Unterstand sowie ein Freilaufstall vorhanden. Die grasreichen Weiden
werden mehrmals im Jahr gewechselt. Dabei eignen sich Lamas und Alpakas besonders
zum Nachweiden der Koppeln der anderen Nutztiere (Rinder und Schafe).
Die Schafe werden zweimal im Jahr geschoren, dies geht mit der Schur der Lamas und
Alpakas einher.
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4 Haltung
4.1 Umwelt
Neuweltkameliden und Schafe sind Steppentiere mit starkem Sozialverhalten und
Herdentrieb. Beide Tierarten haben ihre Heimat in extremen Gebieten und können deshalb
Temperaturunterschiede, nicht nur wegen ihres dicken Felles, ausgezeichnet vertragen.
Schon durch die unterschiedliche Domestikation von Schafen, Alpakas und Lamas und
durch ihre differente Verbreitung und Nutzung ist ersichtlich, dass sich hier gröbsten
Unterschiede zwischen Neuweltkameliden und Schafen finden lassen. Dadurch, dass in
Österreich (anders als bereits in Amerika und zum Beispiel auch in Deutschland, wo sie als
Nutztiere anerkannt worden sind) Lamas und Alpakas als Hobbytiere gelten, ist ihre
Haltung im Vergleich zum Nutztier Schaf, dessen Haltung intensiv durchgeführt wird,
wesentlich extensiver bzw. auch als uneinheitlicher zu beschreiben.
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4.1.1 Natürliches Verhalten
Die Basis einer artgerechten Haltung aber auch der Fütterung ist die Kenntnis von
arttypischen Verhaltensweisen. Durch das Verhalten und Benehmen eines Tieres lässt sich
herauslesen, ob es dem Tier gut geht und es sich wohlfühlt oder nicht.
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4.1.1.1 Sozialverhalten und Herdenverhalten
Bereits zwischen Lamas und Alpakas existieren grundlegende Unterschiede im Verhalten.
Diese Tatsachen finden ihren Ursprung in der unterschiedlichen Nutzung. Da Lamas seit
jeher vor allem als Packtiere gezüchtet wurden, ist ihr Umgang mit Menschen
dementsprechend leichter als der von den etwas scheuen und schreckhaften Alpakas,
deren Nutzungsschwerpunkt in der Wollproduktion liegt.
Innerhalb der Herden weisen Lamas und Alpakas jedoch wieder Gemeinsamkeit auf. Durch
den Aufbau eines stabilen Sozialgefüges kommt es nur zu sehr wenigen Rangkämpfen
zwischen den Tieren. Lamas und Alpakas sind Distanztiere, die direkten Kontakt zu
anderen Tieren der Herde vermeiden. Ein zuchtreifer Hengst duldet keine anderen
geschlechtsreifen Hengste und verdrängt sie durch Kampf. Da dieser mitunter tödlich
enden könnte, haben sich sogenannte "Junggesellenherde" bewährt. Neuankömmlinge
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07.04.2004
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werden schnell in diesen Verband aufgenommen und gewöhnen sich rasch an ihre neue
Umgebung und Personen.
Ebenfalls haben einige Züchter die Beobachtung gemacht, dass männliche Jungtiere
untereinander typische "Bubenspiele", wie zum Beispiel Kämpfe, simulieren, dagegen
praktizieren weibliche Jungtiere "Mädchenspiele" (im Kreis miteinander laufen usw.).
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4.1.1.2 Spucken
Lamas und Alpakas haben die üble Nachrede des Spuckens, wobei diese eigentlich
unfairer Weise zustande gekommen ist. Es entspricht zwar der Wahrheit, dass
Neuweltkameliden spucken, aber nicht so, wie viele glauben.
In erster Linie spucken Lamas auf ihre Artgenossen, jedoch kaum auf Menschen. Einige
von ihnen, jedoch handelt es sich dabei besonders um Lamas aus Tiergärten, spucken
auch auf Menschen. Dies hat die Ursache, dass jene Tiere Menschen gewöhnt sind und so
als Artgenossen betrachten. Bei gut erzogenen und sozial gefügigen Lamas kann man
sagen, dass sie auch während tierärztlicher Behandlungen nicht auf Menschen spucken.
Jene Lamazüchter und -halter, die schon einmal bespuckt wurden, sind meistens nur in das
"Kreuzfeuer" zwischen spuckenden Lamas gekommen.
Spucken ist eine Ausdrucksform, den Lamas gebrauchen, um Prioritäten zu setzten, ihre
Dominanz zu zeigen, das Rangverhältnis zu klären oder Angst und Unbehagen
auszudrücken. Weiters kann es eine Äußerung von Aggressivität sein. Außerdem spucken
weibliche gedeckte Tiere Hengste an, um sie daran zu hindern, sie neuerlich zu decken.
Letzteres machen sich Züchter zur Feststellung der Trächtigkeit zunutze, indem sie die
Stute, bei denen sie sich nicht sicher sind ob sie gedeckt ist, absichtlich mit einen Hengst
zusammen bringen.
Fest steht, dass Lamas nicht spucken, bevor sie eine Vorwarnung abgegeben haben.
Solch ein Anzeichen sind zurückgelegte Ohren und ein hochgehaltener Kopf, sodass die
Nase weit in die Höhe ragt. Oft spucken Lamas in die Höhe, was einem Warnschuss gleich
kommt. Lässt der "Angreifer" nicht ab, spuckt das Lama direkt auf denjenigen, von dem die
Bedrohung ausgeht.
Die Konsistenz der Spucke weist unterschiedliche Formen auf. Es gibt körnige Spucke,
eine mit einer etwas schleimigen Konsistenz und eine grünliche Spucke aus dem Bauch
heraus. Ein essendes Lama, welches sein Futter verteidigt, wird mit all dem spucken, was
sich gerade im Mund befindet.
Lamas können aber auch einfach spucken, indem sie den im Mund vorhandenen Speichel
versprühen. Diese Art des Spuckens dient als "Warnschuss", welcher der grünlicheren
Spucke vorausgeht.
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07.04.2004
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Die schlimmste Art zu spucken ist das Ausspeien des grünlich erbrochenen Mageninhaltes.
Diese Spucke kann leicht 3 Meter weit geschleudert werden und riecht sehr unangenehm.
Lamas, die von dieser Spucke getroffen wurden, öffnen den Mund, um ihren Unmut über
diesen Geruch zu äußern.
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4.1.1.3 Kotplatz
Lamas und Alpakas legen öffentliche Kotplätze an, d. h. dass die gesamte Herde sich an
diese Plätze hält, um dort ihren Kot und ihr Urin zu entleeren. Bei diesen Plätzen handelt es
sich um ganz bestimmte Stellen im Stall oder auf der Weide. Diese konzentrierten
Kotplätze ermöglichen den Lamas und Alpakas genügend saubere und trockene Flächen
um zu weiden, sich hinzulegen, sich fortzupflanzen und sich zu wälzen.
Da von Kotplätzen kein Futter aufgenommen wird, ergeben sich hinsichtlich des
Parasitenbefalls Vorteile. Das soll aber nicht bedeuten, dass Lamas und Alpakas nicht von
Parasiten befallen werden; es mindert lediglich im Gegensatz zu Schafen und anderen
Tieren, die keine bestimmten Kotplätze besitzen, das Risiko.
Lamas und Alpakas sind saubere und wählerische Tiere und bevorzugen Flächen zum
Entspannen, Weiden und Ruhen, die frei von Urin und Kot sind und können deshalb
jederzeit mit Menschen Kontakt haben, ohne davor unbedingt gereinigt werden zu müssen.
Das bringt Vorteile, zum Beispiel bei der Verwendung als Therapietier.
Durch die Kotflächen wird das Ausmisten des Stalles wesentlich erleichtert, da nur ganz
bestimmte Stellen des Stalles und der Weide betroffen sind und der Kot schon konzentriert
vorliegt. Dies bringt erhebliche Erleichterungen bei der Stall- und Weidepflege gegenüber
den Schafen. Das Säubern der Kotplätze von Zeit zu Zeit ist aber unbedingt nötigt, da die
gesamte Herde diese Stellen benutzt und diese sich dadurch mehr und mehr ausdehnen.
Dadurch dass diese Plätze ständig an der gleichen Fläche bleiben ergibt sich der Vorteil,
dass man die Ansiedelung eines Kotplatzes steuern kann, d. h. dass man einige Kotpellets
an jene Stelle legt, an der man den zukünftigen Kotplatz haben will. Dieser Vorteil macht
sich besonders beim Transport der Tiere bezahlt. Jedoch erweist es sich als äußerst
schwierig einen etablierten Kotplatz wieder zu eliminieren.
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4.1.1.4 Wälzen und Rollen
Lamas wälzen sich für gewöhnlich relativ regelmäßig, dies dient vorwiegend der Reinigung
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ihres Vlieses. Es ist kein Anlass zur Beunruhigung gegeben, wenn das Lama manchmal
auch nur für einige Minuten flach auf einer Seite am Boden liegt, dies gehört zum normalen
Verhalten und dient der Entspannung. Lamas bevorzugen für das Wälzen kahle Flächen
und Sandplätze.
Das Wälzen ist somit ein durchaus normales Komfortverhalten und sollte bei der
Bemessung der Stallplatzfläche Rücksicht finden. Es kann jedoch vorkommen, dass sich
Tiere wälzen, wenn eine Entbindung bevorsteht oder Beschwerden im Bauch auftreten.
Deshalb sollte man ein Auge auf jene Tiere haben, die sich öfters als normal wälzen.
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4.1.1.5 Geräusche
Im Vergleich zu vielen anderen Tieren sind Lamas und Alpakas sehr ruhige Tiere. Das
"Brummen", dass auch als "Summen" bezeichnet werden kann, ist für Lamas und Alpakas
eine lautstarke Ausdrucksform. Es klingt ähnlich dem Brummen von Menschen. Es hängt
von der Situation ab, in der sie sich befinden, ob sie brummen, glucksen, grunzen oder
einen Alarmschrei abgeben. Alle ihre Geräusche sind unverkennbar und leicht zu
unterscheiden. Man braucht schließlich nur auf das Geräusch und die Situation, in der sich
ein Lama oder Alpaka befindet, zu achten, um zu verstehen, was es ausdrücken möchte.
Lamas sind Herdentiere und können ausgesprochen gut untereinander kommunizieren.
Ihre feine Sprache kann leicht von einem unerfahrenen Ohr überhört werden, deshalb ist es
nötig, sich am Anfang genügend Zeit für das Beobachten und Zuhören zu nehmen, um ihre
Sprache zu verstehen und zu lernen.
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4.1.1.5.1 Brummen (Summen)
Das Brummen ist ihre vorherrschende Sprache und drückt Freude und Zufriedenheit aus,
aber genauso wird es verwendet, wenn ihr angenehmes Gefühl gestört wird, wenn sie
traurig und müde sind, besorgt, neugierig oder ihnen heiß ist und sie sich unwohl fühlen,
aber auch wenn Stuten ihr Neugeborenes begrüßen. Zu diesen unterschiedlichen Gefühlen
gibt es natürlich auch verschiedene Varianten des Brummens.
Wenn es Lamas und Alpakas heiß ist, sie müde sind oder sich unwohl fühlen, dann klingt
das Brummen mehr wie ein Stöhnen. Das Geräusch ist weicher und kraftlos. Die Tonlage
ist zum Ende hin etwas tiefer.
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07.04.2004
Reife- und Diplomarbeit, Nicole Helm
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Sind Lamas und Alpakas neugierig, bemerken sie etwas Neues oder sehen sie ein fremdes
Lama / Alpaka oder eine Person, brummen sie etwas kürzer und in einer höheren Tonlage.
Zum Ende hin wird es höher und ist so als würden sie eine Frage stellen.
Besorgte, traurige oder alleingelassene Lamas / Alpakas brummen in einer höheren
kraftvollen Tonlage und etwas länger. Es gehört zu den lautesten und kraftvollsten
Brummen von Lamas und Alpakas und hat etwas panisches oder trauriges im Ton, welches
sich dadurch von den anderen Arten unterscheidet.
Der letzte Typ des Brummens wird von der Mutter ( auch als Dam bezeichnet) erzeugt,
wenn sie mit ihrem Jungen (Cria) kommuniziert. Dieses Brummen ist von weichem bis
mittleren Ton und angemessener Dauer. Das Brummen kann weich und angenehm sein,
aber auch aufgeregt; dies ist abhängig vom Temperament der Stute. Diese Art zu brummen
dient dafür, um das Neugeborene zu begrüßen oder es zu beruhigen.
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4.1.1.5.2 Glucksen
Dieses Glucksen klingt ähnlich, wie wenn eine Person ihre Zunge vom Gaumen schnalzen
lässt. Das Geräusch ist weniger scharf, etwas volltoniger und etwas mehr durch die Nase
als das Glucksen vom Menschen. Lamas und Alpakas gebrauchen dieses Geräusch nur
selten. Wenn sie es verwenden halten sie ihre Ohren dabei zurück. Lamas/ Alpakas
glucksen wenn sie beispielsweise ein fremdes Lama sehen oder auch wenn sie mit dem
anderen Geschlecht flirten. Junge Stuten, welche noch keine Jungen auf die Welt gebracht
haben, benutzen das Glucksen, um mit anderen Crais (Lama- und Alpakafohlen) in Kontakt
zu treten.
Hier können Sie die entsprechende Sounddatei downloaden.
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4.1.1.5.3 Gurgeln (Grunzen)
Jedem Lama- oder Alpakazüchter wird dieses Geräusch gut bekannt sein, denn die
erregten Hengste (oder Hengste, die eine Stute decken) gurgeln. Dieses Geräusch hat
Ähnlichkeit mit dem Gurgeln von Menschen, ist aber ein etwas kraftvollerer und surrender
Ton. Männliche Lamas und Alpakas gurgeln während des gesamten Geschlechtsaktes, der
sich von 20 Minuten bis zu einer Stunde hinziehen kann.
Hier können Sie die entsprechende Sounddatei downloaden.
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4.1.1.5.4 Alarmschrei
Lamas und Alpakas, die sich bedroht fühlen oder erschreckt wurden, äußern dieses
Unbehagen durch ein lautes, hohes, rhythmisches Geräusch. Dieser Ton ist aufrüttelnd und
unverkennbar.
In der Wildnis ziehen Lamas und Alpakas in Herden. Erspäht ein Tier ein Raubtier, warnt
es mit diesen Schrei alle anderen Tiere. Dieses Verhalten ist auch bei domestizierten
Lamas und Alpakas noch immer erhalten.
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07.04.2004
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4.1.1.6 Stellung der Ohren und des Schwanzes
Die Stellung der Ohren und des Schwanzes lassen die Grundstimmung von Lamas und
Alpakas erkennen. Legt ein Tier die Ohren an, bildet dies das Anzeichen für steigende
Verteidigungs- oder Angriffsbereitschaft. Alarmbereitschaft wird durch nach vorne
gerichtete Ohren gekennzeichnet, der Schwanz wird dabei etwas angehoben. Ein steil
nach oben oder nach vorne gerichteter Schwanz bedeutet Aggressivität.
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4.1.2 Verhaltensstörungen
4.1.2.1 Berserk - Male - Syndrom
Dieses Syndrom bedeutet eine Fehlprägung des männlichen Tieres, das beim Eintritt in die
Geschlechtsreife Menschen gegenüber besonders aggressiv werden kann. Hervorgerufen
wird diese Fehlprägung durch einen zu intensiven Kontakt mit Menschen in jungen Jahren.
Denn dadurch betrachtet der Hengst den Menschen als Artgenossen und somit als Rivale
bei der "Damenwahl".
Dazu ist zu bemerken, dass Jungtiere bis zu einem Alter von etwa 9 Monaten eine sehr
wichtige Prägungsphase durchmachen. In dieser Phase sollte der Kontakt zum Menschen
nur auf das Nötigste beschränkt sein. Erst ab einem Alter von 1 Jahr ist die Prägephase
wieder vorbei und ein intensiverer Umgang mit Menschen wird möglich.
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4.1.2.2 Hengstverhalten der Stute
Wehren Stuten den Hengst ab und lassen sich nicht decken, bezeichnet man dies als
sogenanntes Hengstverhalten. Die Fehlprägung basiert entweder auf hormonellen
Störungen, kann aber auch den Ausdruck der Rangstellung in der Herde bedeuten, in der
sich Stuten von einem jüngeren, rangniedrigeren Hengst nicht decken lassen.
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4.2 Haltungsformen
Was Lamas und Alpakas mit dem Schaf unverwechselbar miteinander verbindet, sind der
ausgeprägte Herdentrieb und die sozialen Strukturen. Eine Einzelhaltung ist deshalb weder
beim Lama und Alpaka noch beim Schaf artgerecht.
Die Haltungsformen können nach Standort, Herdenzusammensetzung und natürlich nach
Verwendungszweck (Milchgewinnung, Fleischerzeugung, Wolle usw.) gegliedert werden.
Bei Schafen richtet sich die Haltung nach dem Standort und so werden in Österreich die
Koppelschafhaltung, die alpine Schafhaltung und die ganzjährige Stallhaltung
unterschieden. Gutsherden, Wanderschäferei oder die Hütehaltung werden bei uns kaum
mehr durchgeführt. Bei Lamas und Alpakas dagegen richtet man sich bei der Haltung
vorwiegend nach der Herdenzusammensetzung. Die Unterteilung der Haltungsformen nach
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07.04.2004
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Standort spielt hier nur eine untergeordnete Rolle, da die ganzjährige Stallhaltung bei
Lamas und Alpakas abgelehnt wird und daher nur eine Koppelhaltung möglich ist. Dabei
können sie sowohl in Ebenen als auch in alpinen Lagen gehalten werden. Bei der Lamaund Alpakahaltung unterteilt man in Familienverband, geschlechtergetrennte Haltung und
Vergesellschaftungen.
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4.2.1 Familienverband
Die artgerechte Haltung in Form eines Familienverbands ist beim Lama und Alpaka relativ
locker, d.h. dass sowohl weibliche Tiere als auch der Hengst austauschbar sind. Tiere, die
neu dazu kommen, gewöhnen sich sehr rasch in die Herde ein.
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4.2.2 Geschlechtergetrennte Haltung
Geschlechtsreife Hengste sind in Anwesenheit von Stuten untereinander unverträglich,
denn in der Herde wird vom Leithengst kein weiterer Hengst geduldet (auch kein Kastrat).
Junghengste werden deshalb spätestens als Jährlinge aus der Herde bzw. aus dem
Familienverband vertrieben. Es werden dann meist sogenannte Junggesellenherden
gegründet.
Daraus ist ersichtlich, dass eine Haltung in einer reinen Hengstherde möglich und auch
artgerecht ist. Jedoch sollten aus Sicherheitsgründen die Hengstzähne entfernt werden.
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4.2.3 Vergesellschaftungen
Lamas und Alpakas (auch Hengste) sind freundliche, soziale und verträgliche Tiere,
deshalb ist eine gemeinsame Haltung mit artfremden Tieren durchaus möglich. Sehr oft
werden sie mit Schafen, Rindern und Pferden sowie mit Rotwild gemeinsam gehalten,
jedoch ist Vorsicht bei Vergesellschaftungen mit aggressiven Tieren geboten.
Einer gemeinsamen Schaf- und Lamahaltung kommt eine besondere Bedeutung zu. In der
Heimat der Neuweltkameliden gelten vor allem der Puma und der Kojote als natürliche
Hauptgefahren, denen gegenüber das Lama besonders wachsam ist. Dieses instinktive
Verhalten haben sich die Menschen zu Nutze gemacht und so haben sie das Lama als
"Hirte" für ihre Schafe eingesetzt. Für viele Schafbauern in Amerika ist das Lama als
Wachtier gegen die natürlichen Feinde für ihre Herden sinnvoller als der Einsatz von
Fallen, Gift und dergleichen.
Schafe und Lamas bilden aber besonders durch ihre ähnlichen Eigenschaften eine gute
Vergesellschaftung, da Lamas ebenso starke Bindungen eingehen wie Schafe, ebenfalls
Grasfutter und das gleiche Getreide fressen, sie benötigen sogar großteils die gleichen
Impfungen, sind ebenso sparsam und gewöhnen sich schnell an neue Verhältnisse.
Ein einziges Lama in einer Schafherde ergibt eine sinnvolle Alternative, wobei ein Lama
eine Herde von bis zu 2000 Schafen bewachen kann. Sobald mehre Lamas anwesend
sind, entsteht eine Gruppenbildung, die sich von den Schafen etwas absondert; darunter
leidet selbstverständlich dann das Wacheverhalten. Wird ein Lama aber nicht
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vordergründig als "Schafwächter" gehalten, sind mehre Lamas in einer Schafherde kein
Problem.
Meistens werden Hengste oder noch nicht fortpflanzungsfähige männliche und weibliche
Tiere als Wachtiere verwendet. Ein Unterschied zwischen weiblichen und männlichen
Wacheverhalten wurde aber noch nicht festgestellt.
Beim Einsatz von "Hirtenlamas" ist es üblich, dass sich das Lama innerhalb der Herde
befindet, es ist aber ebenso möglich, dass sich das Lama außerhalb der Herde aufhält.
Dabei versucht das Lama einen Platz zu finden , von dem aus es die gesamte Herde
überblicken kann. Dieses Verhalten zeigt sich auch bei Guanakos in der Wildnis, auch hier
stehen männliche Guanakos auf Felsen, von denen aus sich das ganze Gebiet der Herde
überschauen lässt.
Wandert die zu bewachende Herde, so übernimmt das Lama die Führung, wandert
zwischen den Tieren oder bildet das "Schlusslicht". Naht eine Gefahr, wird das Lama sofort
wachsam und aufmerksam seiner gesamten Umgebung gegenüber, stößt einen
Alarmschrei aus, um die Herde zu warnen und läuft direkt auf den Angreifer zu und
versucht ihn durch spucken und treten in die Flucht zu schlagen. Es wurde auch schon
beobachtet, dass Kojoten, die die Herde bedrohten, von Lamas getötet wurden. Ebenfalls
wurde beobachtet, dass Lamas bei drohender Gefahr die Schafherde zusammendrängen
und in den Stall zu bringen versuchen; gelingt es ihnen nicht, stellen sie sich zwischen
Angreifer und Herde. Nur selten flüchtet ein Hirtenlama.
Bemerkenswert ist ihr Verhalten gegenüber artfremden Jungtieren. Sie zeigen sich sehr
interessiert an Lämmern oder Kälbern und gehen oft mit ihnen eine enge Bindung ein.
Nicht selten zu beobachten ist daher, dass Lamas mit den Jungtieren spielen oder
nebeneinander schlafen.
Es existieren auch Behauptungen, die besagen, dass Lämmer durch die Anwesenheit von
Lamas, die eine Führungsfunktion übernehmen, weniger gestresst sind und sich dadurch
besser entwickeln und weniger krankheitsanfällig sind. Weiters ist es eine Tatsache, dass
Lamas solange bei verletzten oder kranken Tieren bleiben, bis der Bauer die Situation
überprüft hat.
Während der Fortpflanzungszeit entsteht jedoch ein Problem beim Schafehüten und
deshalb auch bei Vergesellschaftungen; während dieser Zeit versuchen Lamahengste,
Mutterschafe zu decken, was auf Grund der Unterschiede im Körperbau und Körpergewicht
oft für das wesentlich kleinere Schaf tödlich ausgehen kann.
Neben dem Nutzen als Wachtier bringt eine gemeinsame Haltung mit anderen Tierarten
noch eine gewisse Arbeitserleichterung und eine bessere Nutzung des Weidebesatzes. Da
jede Tierart bevorzugte Pflanzen frisst, entstehen oft Unterschiede in der
Weidebeschaffenheit, die durch das Abweiden von anderen Tierarten ausgeglichen werden
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kann. Durch diese gleichmäßige Nutzung der Weide kommt es zu einer Steigerung der
Rentabilität und der Leistungsfähigkeit der Weide.
In diesem Punkt ist das Rind das ideale Gegenstück zum Lama oder Alpaka, denn Rinder
grasen weniger selektiv als Neuweltkameliden oder Schafe. Ein Überbesatz ist jedoch zu
vermeiden und so ist das ideale Verhältnis von Neuweltkameliden zu Rindern bei 1 : 5 bis
1 : 10. Bei einer Vergesellschaftung von Rind und Schaf gilt ein ähnliches Verhältnis.
Auch mit Pferden lässt sich eine Vergesellschaftung eingehen, wobei auch hier kein
Überbesatz der Weide stattfinden soll, da beide Tierarten, also sowohl Pferde als auch
Lamas, die Grasnarbe extrem tief verbeißen und der Tritt der Pferde noch zusätzlich der
Weide schadet. Vorsicht ist bei neugeborenen Lamafohlen geboten; sie sollten vor dem
Kontakt mit Pferden geschützt werden. Das gleiche Problem tritt bei gemeinsamer Haltung
von Schafen und Pferden auf, auch hier ist Vorsicht nach der Ablammung geboten.
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4.3 Stallhaltung
Fast in allen Weltgegenden trifft man auf Schafe, nur in zu feuchten Klimazonen haben sie
sich nicht durchgesetzt. Ähnlich ist es bei Lamas und Alpakas. Sie sind ebenso gegen
Feuchtigkeit und Luftzug empfindlich wie Schafe, deshalb ist es für Ihre Haltung wichtig, sie
vor Wind und Regen zu schützen. Was hilft dagegen besser als ein Stall?
Wobei man dazu sagen muss, das sich für beide ein Neubau selten rentiert. Besteht jedoch
die Möglichkeit, ein vorhandenes Gebäude zu nutzen, sollte dies geschehen. Dabei liegen
die Vorteile nicht nur bei den Tieren, sondern auch beim Halter, da dieser dadurch bei
seinen Arbeiten von der Witterung unabhängig ist.
Eine reine Stallhaltung wird jedoch bei Lamas und Alpakas als nicht artgerecht angesehen,
weil sie Fluchttiere und klassische Weidetiere sind und diese Haltungsform auch hier nicht
als artgerecht bezeichnet werden kann. Bei Schafen dagegen wird manchmal eine reine
Stallhaltung durchgeführt, obwohl auch sie sowohl Fluchttiere als auch klassische
Weidetiere sind.
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4.3.1 Anforderungen an den Stall
4.3.1.1 Raum und Platzbedarf
Damit sich ein Lama oder Alpaka im Stall auch wohlfühlt, benötigt es genügend Platz und
Raum, um im Stall auch fressen, liegen und aufrecht stehen zu können.
Um letzteres zu gewährleisten, benötigt der Stall für Lamas und Alpakas eine Mindesthöhe
von 2 Metern, dieses Maß sollte an keiner Stelle unterschritten werden, im Gegenteil, um
auch für größere Tiere genügend Kopffreiheit sicherzustellen, rechnet man oft mit einem
Maß von 2,5 Metern. Bei Schafen dagegen könnte aufgrund der geringeren Körperhöhe
auch eine wesentlich niedrigere Raumhöhe gewählt werden. Jedoch würde sich bei einem
Maß unter 2 Metern das Arbeiten für den Menschen relativ unbequem gestalten, deshalb
gilt auch bei Schafen, wie bei Lama und Alpakaställen, eine Mindesthöhe von 2 Metern,
wobei hier das Motto gilt: Je größer um so besser, da die Stallgröße auch das Stallklima
positiv beeinflusst. Bei zu großen Ställen besteht die Gefahr, dass die Tiere im Winter den
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Stall nicht mehr durch ihre Körperwärme erwärmen können.
Die Mindestgröße bei Neuweltkameliden liegt bei 2 m² / Tier, während sich ein genaues
Maß bei Schafen nicht festlegen lässt, da hier genauer zwischen Mutterschaf, Lamm und
Hammel usw. unterschieden wird. So bewegen sich hier die Richtwerte zwischen 1 - 4 m² /
Tier.
Boxen, die auch bei der Lama- und Alpakahaltung Verwendung finden, da es auch hier
notwendig werden kann, ein einzelnes Tier von der Gruppe abzutrennen (z.B.: bei
Krankheiten), sollten eine Wandhöhe aufweisen, die nicht überwunden werden kann. Bei
Lamas entspricht das einer Wandhöhe von 1,6 Metern, bei den kleineren Alpakas reicht
eine Höhe von 1,4 Metern aus.
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4.3.1.2 Ansprüche an Temperatur, Luft und Licht
Natürlicher Regulator für die Temperatur ist das dichte Vlies, das sowohl Lamas und
Alpakas als auch Schafe aufweisen, mit dem sie die Kälte und großen
Temperaturschwankungen ohne weiteres ausgezeichnet vertragen können. Denn das
Wollvlies vermindert mit zunehmender Länge die Wärmeabgabe und dementsprechend
auch die erforderliche Energie zur Erhaltung der Körpertemperatur bei niedrigen
Umgebungstemperaturen. Feinwolligere Vliese haben eine doppelt so gute
Wärmeisolierung wie grobwolligere, da die Luftzirkulation um so geringer ist, je feiner die
Wolle ist. Wenn die Luftfeuchtigkeit gering ist, schützt das Vlies auch gegen hohe
Außentemperaturen, wobei aber zu sagen ist, dass Schafe und Neuweltkameliden Kälte
wesentlich besser als Hitze vertragen., denn extrem hohe Temperaturen verstärkt durch
hohe Luftfeuchtigkeit können zu lebensbedrohlichem Hitzestress führen.
Feuchtigkeit und Luftzug verringern dagegen die wärmeisolierende Wirkung. Bereits eine
Windgeschwindigkeit von 20 km/h erhöht die Wärmeabgabe um 30 - 40%. Deswegen sollte
ein Stall und auch ein Unterstand auf der Weide die Tiere vor Wind und Regen schützen.
Die optimale Temperatur für Schafställe liegt zwischen 10 und 15 °C. Da diese Temperatur
in der Praxis aber nur schwer einzuhalten ist, behilft man sich mit Einstreu, die eine
ausgeglichene Wirkung auf das Stallklima besitzt. 0°C sollen im Stall möglichst vermieden
werden, schon damit Tränkeinrichtungen nicht einfrieren.
In diesem Temperaturbereich fühlen sich auch Lamas und Alpakas wohl, wobei sich ihnen
ein optimaler Temperaturbereich nicht zuordnen lässt, da Neuweltkameliden in ihrer
natürlichen Heimat sehr großen Temperaturunterschieden bei Tag und Nacht ausgesetzt
sind. Festgestellt hat man jedoch, dass Lamas und Alpakas auch bei - 10 °C gerne in den
Stall gehen.
Ähnlich wie bei Schafen ist auch die Zahl der Erkrankungen der Lunge und Luftwege bei
Neuweltkameliden relativ hoch, deshalb ist die Qualität der Stallluft besonders wichtig. Im
Allgemeinen gilt, dass das Stallklima umso günstiger ist, je tiefer die relative Luftfeuchtigkeit
ist. In nicht wärmegedämmten Ställen muss daher durch reichliche Lüftung und gleiche
Temperatur innerhalb und außerhalb des Stalles die Bildung von Kondenswasser
verhindert werden. Entscheidend für die Vermeidung von Schwitzwasser ist auch die Wahl
von atmungsaktiven Baumaterialien (zum Beispiel Holz, Ziegel und Naturstein) sowie
Fenster, die zweckmäßigerweise nach oben und innen zu öffnen sein sollten, damit kein
Zug entstehen kann und Frischluft zur Vorerwärmung erst nach oben geleitet wird.
Dunkle Ställe sind sowohl für Schafe als auch für Lamas und Alpakas ungeeignet. Die
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Gesamtfensterfläche beträgt bei Schafställen etwa 1/15 - 1/20 der Stallgrundfläche, bei
Lamas und Alpakas gilt das gleiche Maß. Die Fenster müssen in beiden Fällen, also für
Neuweltkameliden und für Schafe, so hoch sein, dass Licht weit in den Stall einfallen kann
und die Scheiben nicht eingedrückt werden können. Um das letztere zu vermeiden, sollten
die Fenster mit Gittern abgesichert werden (bei Lamas und Alpakas, wenn die Fenster
unter 1,8 -2 Metern liegen).
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4.3.1.3 Bodenansprüche
Der Boden ist der meist genutzte Teil des Stalles, dementsprechend wird er leicht
verschmutzt und stellt eine große Verletzungsgefahr dar. Wie bei den meisten anderen
Tieren gelten also auch bei Lamas, Alpakas und Schafen hohe Anforderungen an den
Boden. Er sollte leicht zu reinigen und zu desinfizieren sein und im nassen Zustand
rutschfest bleiben, sodass die Verletzungsgefahr weitgehend vermieden wird.
Nach diesen Gesichtspunkten sollte der Boden ausgewählt und eventuell nach Kot- und
Liegeplatz unterschieden werden.
Naturböden sind zwar als Liegeplätze geeignet, als Kotplätze jedoch werden sie viel zu
schnell nass und lassen sich nur schlecht desinfizieren und reinigen.
Kahle Betonböden werden in der Lama- und Alpakahaltung eher abgelehnt. Sie sind zwar
leicht zu reinigen und zu desinfizieren , sind aber besonders für Liegeplätze zu kalt.
Einstreu oder Gummimatten schaffen hier Abhilfe.
Holzböden werden durchaus gerne verwendet, sind aber auch nur schwer zu reinigen und
zu desinfizieren und im nassen Zustand sind sie oft nicht rutschfest. Auch hier helfen
Gummimatten oder Einstreu.
Auf jeden Fall ist beim Boden darauf zu achten, dass der Urin abfließen und der Kot leicht
entfernt werden kann, denn gerade Kot und Urin stellen Rückinfektionsquellen für Parasiten
dar. In der Schafhaltung werden aus diesen und vor allem aus arbeitstechnischen Gründen
von manchen Haltern zumindest teilweise Spaltböden eingesetzt. Diese werden bei der
Lama- und Alpakahaltung jedoch nicht verwendet.
Obwohl bei Beton- und Holzböden Einstreu meist empfohlen werden, lehnen einige Lamaund Alpakahalter Einstreu völlig ab, weil sowohl Stroh als auch Sägespäne das Wollvlies
stark verunreinigen. Obgleich dasselbe Problem auch beim Schaffell besteht, wird in der
Schafhaltung Einstreu verwendet. Einige Neuweltkamelidenhalter schwören auf
Altpapierfetzen, da diese relativ einfach aus dem Vlies zu entfernen sind.
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4.3.1.4 Fütterungseinrichtungen
Die meisten Krankheitserreger, besonders Parasiten, gelangen durch die Futteraufnahme
(oral) in den Körper. Um Kontaminationen des Futters mit Kot und Urin weitgehend zu
vermeiden, ist eine Fütterung vom Boden aus abzulehnen und macht deswegen
Fütterungseinrichtungen notwendig, bei denen möglichst wenig Futter auf den Boden fallen
kann.
Futtertröge, -barren, - grippen und Heuraufen entsprechen deshalb den Bedürfnissen von
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Neuweltkameliden und auch jenen von Schafen.
Bei Futterraufen werden viele verschiedene Arten unterschieden (skandinavische Raufe,
Rundraufe usw.) Die am häufigsten verwendete Raufe ist in der Neuweltkamelidenhaltung
die Sprossenraufe, die auch in der Schafhaltung Verwendung findet. Grundsätzlich gilt,
dass die Futterraufe so platziert sein muss, dass sie nicht umkippen kann, dabei ist egal ob
es sich nun um eine Doppelraufe ( zweiseitige Umläufe) oder um eine Wandraufe handelt.
Die Höhe der Krippe beträgt für ausgewachsene Alpakas 0,60 - 0,65 Meter, für Fohlen
empfiehlt sich eine um 10 cm niedrigere Höhe. Die größeren Lamas benötigen dagegen
eine um 10 - 20 cm höhere Futterkrippe (0,70 - 0,85 Meter).
Bei Schafen ist die Krippenhöhe ebenso wie bei Alpakas zwischen 0,6 - 0,65 Meter. Für
Lämmer sollte diese Höhe auch etwas niedriger sein.
Lamas und Alpakas, aber auch Schafe, brauchen für die Futteraufnahme eine Platzbreite
von mindestens 0,5 Meter. Die Unterkante der Raufe sollte sich ca. 1,00 - 1,20 Meter über
dem Boden befinden.
Dieses Maß entspräche bei Schafen bereits der Gesamthöhe der Futterraufe ( 1,00 -1,10
Meter), deshalb beträgt die Entfernung der Futterkrippenunterkante zum Boden bei
Schafen ca. nur 0,30 - 0,40 Meter. Die Gesamthöhe der Futterraufe entspricht bei Alpakas
einer Höhe von 1,60 - 1,85 Meter, bei Lamas von 1,70 - 2,05 Meter. Der Abstand der
einzelnen Sprossen bei der Sprossenraufe betragen bei Schafen nur 5 -6 cm, dagegen bei
Lamas und Alpakas 8 - 10 cm. Die Stellung der Raufenleitern muss zur Vermeidung der
Verschmutzung der Wolle von Neuweltkameliden und Schafen am Kopf und Nacken
möglichst steil sein.
Vorwiegend sind solche Futterraufen aus Holz hergestellt und können auch selbst
konstruiert werden. Es ist aber darauf zu achten, dass Nägel, Schrauben oder sonstige
scharfe Gegenstände nicht hervorstehen, damit sich die Tiere nicht verletzen.
Futtertröge richten sich bei Lamas und Alpakas nach deren Risthöhe und stehen zu ihr in
einem Verhältnis von 1 : 2. Der Abstand vom Boden zur Trogoberkante variiert zwischen 60
und 80 cm.
Um den täglichen Bedarf der Neuweltkameliden an frischem Wasser (im Gegensatz zu
ihren Verwandten, den Altweltkameliden) und auch jenen der Schafe abdecken zu können,
sind dementsprechende Installationen im Stall vorzusehen.
Bewährt haben sich Selbsttränken nach dem Schwimmer - Prinzip. Diese werden sowohl in
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der Schaf- als auch in der Neuweltkamelidenhaltung eingesetzt, da sich bei beiden Tränken
mit Druckventilen, wie sie überwiegend in Rinder und Pferdeställen verwendet werden,
nicht durchgesetzt haben, denn diese werden erst dann bedient, wenn der Wasserspiegel
sichtbar ist und das Ventil von dem zum Wasser drängenden Schaf, Lama oder Alpaka
betätigt werden kann (durchbrochene Bedienungszunge).
Außerdem kann es bei hohem Wasserdruck zu erheblichem Spritzwasserverlust kommen,
weil die Tiere langsamer trinken, als das Wasser zufließt.
Schwimmgesteuerte Konstruktionen müssen täglich überprüft werden. Vor allem sollte man
sie von Schmutz und Heu befreien, das beim Trinken hineinfallen könnte. Um einer
Verschmutzung durch Futter vorzubeugen, sollte man einen Abstand von 1 Meter zur
Fütterungseinrichtung einhalten.
Bei Schafen werden auch Nippel- und Zapftränken, wie sie im Schweinestall verwendet
werden, eingesetzt. An diese gewöhnen sich Lamas und Alpakas nicht.
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4.3.1.5 Sonstige Einrichtungen
4.3.1.5.1 Lämmerschlupf und Schlupfweiden (Creep grazing)
Der Lämmerschlupf wird in der Schafhaltung eingesetzt, damit die Lämmer ab etwa 2
Wochen nach der Geburt die Möglichkeit haben, in einem Bereich, in dem die Mutterschafe
nicht dazukommen, Kraftfutter bzw. gutes Heu aufzunehmen. Bereits vorher fangen sie an,
spielerisch am Futter herumzuknabbern. Die Aufnahme festen Futters und somit die
Ausbildung des Pansen fördert nicht nur die Entwicklung der Lämmer, sondern entlastet
das Mutterschaf beim Säugen. Der Lämmerschlupf sollte etwa eine Größe von 25 x 50 cm
aufweisen und durch eine Einrichtung auch versperrbar sein.
Aus diesem Verfahren, den Lämmern während der Stallhaltung über Schlupföffnungen in
den Hürden zusätzlich Futter zu verabreichen, hat sich das 1954 in Großbritannien
entwickelte System der Schlupfweide entwickelt. Ihr Ziel ist die Vermeidung der Nachteile
intensiver Weidenutzungssysteme für die Entwicklung der Lämmer. Durch Ausschaltung
der Konkurrenz zwischen Mutterschaf und Lamm soll der Weideaufwuchs entsprechend
den Bedürfnissen beider Altersklassen verteilt werden.
Bei der Alpaka- und Lamahaltung ist ein solches System noch nicht bekannt.
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4.3.1.5.2 Türen und Eingänge
Auch bei der Tür gilt, dass sie Luftzug vermeiden und deswegen entsprechend abgedichtet
werden muss. Weiters ist zu beachten, dass infolge der Rangordnung Tiere in Türnähe
nächtigen, deshalb ist es von Vorteil, wenn sich die Tür nach außen öffnen lässt oder eine
Schiebetür eingebaut wird.
Vorteilhaft ist es, wenn die Türen, vor allem die Koppeleingänge, traktor- und
maschinentauglich sind. Daher sollten diese eine Breite von mindestens 4 Metern
aufweisen.
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4.3.2 Paddock
Ein Paddock ist ein fest abgetrennter Vorplatz in unmittelbarer Verbindung mit dem Stall,
der es den Tieren zum Beispiel bei Schlechtwetter ermöglicht, sich dort aufzuhalten. Bei
diesen Vorplätzen ist bei Neuweltkameliden eine Mindestgröße von etwa 3 m² pro Tier
vorzusehen, und auch hier ist es wichtig, einen festen Boden zu wählen. Die Einzäunung
des Paddocks sollte stabil sein, um den Druck einer auf die Weide drängenden Herde
stand zu halten. Die Zaunhöhe beträgt für Alpakas 1,40 Meter und 1,60 Meter für Lamas.
Auch Schafe nehmen einen südseitig liegenden und befestigten Auslauf gerne an. Bei
Schafen beträgt die Zaunhöhe zwischen 0,80 und,10 Meter.
4.3.3 Weidehaltung
Die Haltung von Neuweltkameliden auf der Weide entspricht den Forderungen nach einer
artgerechten Haltung am besten.
Ob die Weide dabei der engeren Definition entspricht, eine mit Futterpflanzen bewachsene
und durch Abweiden genutzte landwirtschaftliche Fläche zu sein, oder lediglich dem
Bewegungsbedürfnis der Tiere dient, hängt im wesentlichen von der Größe und der
Besatzdichte ab.
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4.3.3.1 Fressgewohnheiten und Verhalten auf der Weide
Lamas und Alpakas gelten als stoische Tiere, das heißt, sie sind fast allem gegenüber
gleichgültig. Bei der Nahrung jedoch sind sie aber sehr wählerisch. Diese Eigenschaft teilen
sie mit den Schafen, die sich ebenfalls immer die jüngsten und schmackhaftesten
Pflanzenteile aussuchen. Deshalb sind Neuweltkameliden und Schafe auch fähig, auf
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mageren, schlechten Standorten durchzukommen - nicht, weil sie alles fressen, sondern
weil sie durch gezielte Selektion auch hier noch einige wertvolle Pflanzen finden. Für
Steppentiere ist das durchaus eine nützliche Eigenschaft, die das Überleben in den kargen
Gebieten sichert.
Bei der Weidehaltung kann sich diese Selektion jedoch negativ auswirken, da es zu einer
einseitigen Weideausnützung kommt. Um dem vorzubeugen, kann man
Vergesellschaftungen mit anderen Tieren eingehen, damit diese die unterschiedliche
Beanspruchung des Pflanzenbestandes wieder ausgleichen, oder man unterteilt die Weide
in Portionsweiden. Dadurch kommt es zu einer geringeren Selektionsmöglichkeit und die
Weide wird beinahe vollständig abgefressen (bis auf die Flächen um die Kotplätze). Ein
weiterer Vorteil ergibt sich noch dadurch, dass Lamas, Alpakas und auch Schafe
ausreichend Rohfaser aufnehmen und nicht nur die feinen und leichter verdaulichen
Pflanzen fressen.
Wie alle Wiederkäuer verbringen Lamas und Alpakas nicht die ganze Zeit mit direkter
Nahrungsaufnahme, sondern legen Pausen ein. Bei diesen Tieren macht die
Nahrungsaufnahme ca. ein Drittel des Tages aus. Der Rest des Tages ist für Ruhe und
Wiederkäuen reserviert. Grob gesagt benötigen Lamas und Alpakas also eine Zeit für die
Nahrungsaufnahme von 8 Stunden, 8 Stunden für Wiederkäuen und weitere 8 Stunden als
Ruhezeit. Da Neuweltkameliden tagaktive Tiere sind, liegt sie ihre Ruhezeit in der Nacht.
Diese Angaben sind jedoch nur ungefähr, da sie stark von der Jahreszeit und der
Futterqualität abhängen.
Bei Schafen existieren genauere Angaben. Diese benötigen für das Weiden 8 - 10
Stunden, für das Wiederkauen 5 - 7 Stunden und als Ruhezeit 6 - 8 Stunden. So lassen
sich diese Angaben mit den groben Angaben von Lamas und Alpakas aber durchaus
vergleichen und weisen eine gewisse Übereinstimmung auf.
Lamas und Alpakas haben ein ausgeprägtes Bewegungsbedürfnis, sodass mindestens
eine Weidegröße von 1000 m² für 2 Tiere mit einem Alter von über 6 Monaten zusätzlich
100 m² für jedes weitere Tier zur Verfügung stehen muss. Bei Schafen rechnet man mit
einem Weidebedarf von 1000 m² pro Mutterschaf und Nachwuchs.
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4.3.3.2 Einflüsse auf den Erfolg der Weidenutzung
Während Rinder mit Hilfe ihrer Zunge das Gras in relativ großer Höhe abweiden, verbeißen
Schafe und Neuweltkameliden die Grasnarbe sehr tief. Bei Schafen führt dies jedoch dazu,
dass die Pflanzen samt Wurzel aus der Erde gerissen werden. Neuweltkameliden dagegen
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besitzen eine bewegliche Lippe, welche dabei hilft, die Pflanzenwurzeln zu schonen. Auch
dadurch, dass Lamas und Alpakas der Unterordnung der Schwielensohler angehören, wird
durch ihren weichen federnden Tritt, die Grasnarbe besonders geschont (siehe auch
Kapitel "Füße").
Obwohl Lamas und Alpakas grundsätzlich einen positiven Einfluss auf Weide ausüben,
hängt der Erfolg dennoch wesentlich von der Besatzdichte ab, wobei das Futter der
limitierende Faktor ist. Während bei Schafen die durchschnittliche Besatzdichte zwischen 6
- 12 Tieren je Hektar liegt, schwankt sie bei Neuweltkameliden zwischen 6 und 15 Tiere pro
Hektar.
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4.3.3.3 Weideeinzäunung und Weideeinrichtungen
Der Sinn einer Weideeinzäunung ist es, das Ausbrechen der Tiere zu verhindern. Deshalb
gelten auch hier Mindesthöhen und Anforderungen, die sowohl Schafen als auch Lamas
und Alpakas gerecht werden sollen.
Die Zaunanlagen sollten auf jeden Fall erhöhtem Druck standhalten und eine Mindesthöhe
bei Alpakas von 1,40 Metern und 1,60 Metern bei Lamas (Guanakos 1,80 Meter)
aufweisen.
Schafe benötigen eine Zaunhöhe von 1,10 Metern, Böcke sogar bis zu 1,30 Meter. Oft
sieht man, dass bei Gefahr zum Beispiel von streunenden Hunden der Zaun höher gesetzt
wird oder manchmal sogar bei Schafen zusätzlich ein Stacheldrahtzaun gespannt wird.
Letzteres wird jedoch bei der Haltung von Neuweltkameliden aufgrund der erhöhten
Verletzungsgefahr strikt abgelehnt und sollte daher auch bei der Schafhaltung keine
Verwendung finden. Besser geeignet und für Lamas, Alpakas und für Schafe
gleichermaßen verwendbar, sind Elektrozäune oder Drahtknotengitter.
Besonders Drahtknotengitter verhindern das Durchschlüpfen von Fohlen oder Lämmer und
gleichzeitig das Eindringen von fremden Tieren. Dabei werden besondere Gitterzäune am
Markt angeboten, die ab einer Höhe von 60 cm eine Maschenweite von 10- 15 cm haben,
während unterhalb der 60 cm dichtere Maschen ein Ausbrechen verhindern. Bei
weitmaschigen Geflechten fressen insbesondere Schafe mit unbewolltem Kopf auf der
anderen Seite des Zaunes. Der Zaun wird schlaff oder kann umgedrückt werden und im
schlimmsten Fall kann es zu Verlusten durch Erdrosseln kommen.
Weiters ist bei der Einzäunung von Weiden zu beachten, dass spitze Winkel vermieden
werden, da sonst bei Streitigkeiten dem schwächeren Tier eine Fluchtmöglichkeit
genommen wird.
Da auf der Weide auch Heu zugegeben wird, sollte eine Möglichkeit bestehen, das Futter in
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eine Raufe zu geben, die eventuell noch überdacht ist, um das Futter bei plötzlichem
Wetterumschwüngen vor Regen zu schützen. Neben der Fütterungseinrichtung benötigen
Lamas, Alpakas und Schafe Zugang zu frischem Wasser. Geeignet sind saubere natürliche
Gewässer, da Neuweltkameliden dazu neigen, an heißen Tagen gerne ein Fußbad
nehmen,. Kleine stauende Gewässer sind auf Grund des Krankheitsrisikos nicht zu
empfehlen. Tröge stellen ebenfalls eine Lösung dar, um die Tiere mit frischem Wasser zu
versorgen. Jedoch sollte darauf geachtet werden, dass diese fest am Boden stehen, da
Lamas und Alpakas auch hier nicht davor zurückschrecken, ihrem Badebedürfnis
nachzukommen. Dadurch wird eine täglich Reinigung notwendig, um den Schmutz und
besonders die im Sommer wachsenden Algen zu entfernen.
Um den im Kapitel 4.1.1.4 erwähnten Verhaltensweisen des Wälzens und Rollens von
Lamas und Alpakas zu entsprechen, ist für Sandbadeplätze zu sorgen. Auch sollte
ausreichend Schatten angeboten werden, um Hitzestress vorzubeugen. Geschieht das
durch schattenspendende Bäume, ist zu bedenken, dass Lamas und Alpakas Bäume
schälen und daher Schutzmaßnahmen getroffen werden sollte. Den besten Schutz bieten
großzügige Einzäunungen.
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4.3.3.4 Unterstand
Auch Unterstände spenden bei starker Hitze Schatten. Bei Regenwetter und Wind dagegen
haben sie die gleiche Funktion wie der Stall und werden deshalb besonders auf Weiden
errichtet, von denen aus die Tiere keinen direkten Zugang zum Stall haben. Obwohl ein
Unterstand meistens empfohlen wird, existiert auch die Ansicht, dass in einem Gelände mit
vielen Bodenwellen und natürlichem Bewuchs mit Buschwerk auf einen Unterstand
verzichtet werden kann, da diese Gegebenheiten ausreichend Schatten und Schutz vor
Wind und Regen bieten.
Unterstände haben aber nicht nur die Aufgabe die Tiere vor Feuchtigkeit, Luftzug und Hitze
zu schützen, sondern auch das zugefütterte Heu vor Schäden durch schlechte
Witterungsverhältnisse zu bewahren. Der Unterstand sollte deshalb dreiseitig geschlossen
sein, wobei die offene Seite nach Süden, also von der Wetterseite abgewandt, ausgerichtet
werden soll. Die Größe richtet sich nach der Anzahl der Tiere. Dabei ist darauf zu achten,
dass auch wirklich genügend Platz für alle vorhanden ist, um zu verhindern, dass
rangniedere Tiere abgedrängt werden. Es ist daher mit einer Mindestgröße von 4,0 m² für 2
Lamas und Alpakas zu rechnen , wobei für jedes weitere Tier 1,0 m² zusätzlich dazu
kommt. Die meisten solcher Unterstände sind aus Holz. Wird Kunststoff verwendet, muss
man bedenken, dass sich dieses Material im Sommer relativ leicht erhitzt und es dadurch
zu unerträglichen Innentemperaturen kommen kann. Außerdem bewirkt die fehlende
Atmungsaktivität von Kunststoff eine Bildung von Schwitzwasser, wodurch wiederum eine
Entlüftung notwendig wird.
Die Ansprüche an das Bodenmaterial entsprechen denen des Stalles, d.h. der Untergrund
sollte trocken und rutschfest sein. Oft wird auch der Naturboden belassen, wobei es hier
wichtig ist,. vor allem Feuchtigkeit zu vermeiden, da sie das Auftreten von Fußkrankheiten
fördert.
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4.3.3.5 Grünlandpflege
Pflegemaßnahmen auf Grünland verfolgen vor allem das Ziel, einen qualitativ hochwertigen
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Futteraufwuchs zu fördern und langfristig zu erhalten. Denn mit der Futteraufnahme führen
sich die Tiere Nährstoffe, Vitamine und Mineralstoffe zu, die ihnen zur Erhaltung ihrer
Gesundheit verhelfen. In der extensiven Neuweltkamelidenhaltung spielt - anders als in der
intensiven Tierhaltung - die Quantität eine unwesentliche Rolle.
Da man natürliche Standortfaktoren nur in geringem Umfang beeinflussen kann, beziehen
sich die Pflegemaßnahmen im allgemeinen auf die Regelung der Wasserverhältnisse. Bei
feuchten Standorten sollte eine Entwässerung durchgeführt werden. Denn da nasse Böden
keinen Luftgehalt aufweisen, können Pflanzenwurzeln nicht mehr atmen.
Und so haben Sumpfpflanzen, die durch oberirdische Pflanzenteile ihre Wurzeln mit
Sauerstoff versorgen, gegenüber wertvollen Futterpflanzen einen entscheidenden
Wachstumsvorteil. Außerdem kommen auf nassen Standorten vermehrt Parasiten ( z.B.
Leberregeln) vor, was natürlich die Gesundheit der Tiere sehr beeinträchtigen kann. Um
dies zu vermeiden, sollte man feuchte Stellen am besten sorgfältig auszäunen, da sie nicht
für die Beweidung geeignet sind.
Es gibt aber auch mechanische Maßnahmen, die der Grünlandpflege dienen. Das Walzen
ist besonders auf humosen Böden wichtig, weil diese bei Frost leicht auffrieren, sich
dadurch die Narbe anhebt und die Pflanzenwurzeln abreißen, sodass sie dem Boden kein
Wasser mehr entziehen können und vertrocknen. Dadurch entstehen Lücken im Bestand,
in denen Unkrautsamen optimale Bedingungen zur Entwicklung vorfinden, ohne dass sie
mit den Kulturpflanzen um die benötigten Nährstoffe und um das zur Keimung benötigte
Licht konkurrieren müssen. Weiters entstehen auf humosen Böden leicht Trittschäden,
welche ebenfalls durch das Walzen vermieden werden können. Der angestrebte Effekt der
Bodenverfestigung wird aber nur dann erreicht, wenn der Boden nicht zu nass und aber
auch nicht zu trocken ist.
Trittschäden oder sonstige Bodenunebenheiten können auch durch das Schleppen
beseitigt werden. Auch hier kommt es auf den richtigen Bodenbearbeitungszeitpunkt an,
außerdem dürfen verwendeten Eggen nicht zu schwer sein, damit die Grasnarbe nicht
nachhaltig verletzt wird.
Das Nachmähen der Weide, vor allem an den Kotplätzen, wo die Tiere nicht gerne fressen,
vermindert die Verunkrautung des Bestandes. Gerade wenn nur wenig Weidefläche zur
Verfügung steht, sollte man darauf achten, dass diese knappen Flächen nicht von
Unkräutern übersäht werden. Denn auf den weiten Hochlandflächen der Herkunftsländer
der Neuweltkameliden ist es für die Tiere nicht schwer, die richtigen und schmackhaftesten
Pflanzen zu finden. Auf den begrenzten Flächen dagegen sind die beliebtesten Pflanzen
schnell abgefressen, die weniger schmackhaften können sich im Gegensatz bestens
ausbreiten. Eine richtige Bewirtschaftung ist daher um so wichtiger.
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4.3.3.6 Weidedüngung
Da die Weide die wichtigste Futtergrundlage für Neuweltkameliden und Schafe darstellt,
sollte ihre Zusammensetzung möglichst vielfältig sein. Diese Artenvielfalt wiederum
garantiert ein ausgewogenes Angebot an Mineralstoffen. Eine intensivere Nutzung
verursacht aber eher eine vermehrte Auslaugung des Bodens als eine extensivere
Nutzung. Wenn jedoch die entzogenen Stoffe nicht wieder in den Boden eingebracht
würden, käme es zu einem Rückgang der Artenvielfalt, es würden sich weniger
schmackhafte Arten festsetzen und auch der Ertrag und die Futterqualität würden
zurückgehen. Diese Tendenz ist auf Lamaweiden zu beobachten, wobei die Reaktionen
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darauf in den bestimmt platzierten Kotplätze zu finden sind. Dadurch findet nämlich nur an
den Kotplätzen ein vermehrter Nährstoffrückfluss statt, während die restlichen Flächen
ohne Versorgung durch Harn und Kot auskommen müssen, sodass eine mineralisch oder
organische Düngung notwendig wird.
Der jährliche Entzug von Nährstoffen je Hektar ist abhängig von der Nutzungsintensität des
Grünlands, setzt sich wie folgt zusammen:
Stickstoff 80 -120 kg
Kalium 150 - 200 kg
Phosphor 30 - 50 kg
Kalk 75 kg
Magnesium 20 - 25 kg
Diese entzogenen Stoffe können durch 15000 kg Rinder- oder Pferdemistgaben je Hektar
dem Boden wieder zugeführt werden. Lamamist ist zwar ein idealer Gartendünger, ist aber
aufgrund des geringeren Strohanteils etwas höher konzentriert. Deswegen würde eine
geringere Dosierung ausreichen, aber das Ausbringen von Lamamist wird durch den
ausgeprägten Geruchsinn der Tiere überschattet. Die Tiere würden dann die gesamte, mit
ihren Mist gedüngte Fläche als Kotplatz ansehen, was sich ja auf die Nährstoffrückführung
positiv auswirken würde, aber nicht mehr als Weidefläche genutzt würde. Bei Schafen ist
die Düngung der Weide durch ihren eigenen Mist möglich. Dabei ist aber darauf zu achten,
dass er gut abgelagert, und mehrmals mit einem Kompostwender umgesetzt worden ist.
Der erste Aufwuchs nach der Ausbringung von Mist ist für die Erzeugung von Winterfutter
zu verwenden. Erst der zweite Aufwuchs kann wieder zur Beweidung genutzt werden.
Um die obengenannten Nährstoffe gut verfügbar zu machen, wird ein neutraler pH. - Wert
benötigt. Dabei spielt Kalk eine wichtige Rolle, da dieser den Bodensäuregehalt positiv
beeinflusst. Außerdem verbessert Kalk die Bodenstruktur, was wiederum maßgebend für
ein gutes Pflanzenwachstum ist. Wenn also eine Verschlechterung des Pflanzenbestandes
auf der Weide zu bemerken ist, kann das auf einen Kalkmangel hindeuten.
Letztendlich gibt aber eine Bodenprobe am besten Aufschluss über eventuelle Mängel oder
Überschüsse von Nährstoffen im Boden.
Da Neuweltkameliden extensiv gehalten werden, steht nicht, wie bei der intensiven
Schafhaltung, der Futterertrag, der durch erhöhte Düngung beeinflusst wird, im
Vordergrund. Somit muss bei der Haltung von Lamas und Alpakas weitaus weniger
gedüngt werden als bei Schafen. Gänzlich auf Düngung verzichten kann man nicht, da
ansonsten der Pflanzenbestand auf der Weide völlig verarmen würde.
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4.4 Pflege und Hygienemaßnahmen
4.4.1 Kastration
Will man Stuten gemeinsam mit einem männlichen Lamahengst halten, wird eine
Kastration unumgänglich, da nur mit Wallachen eine gemeinsame und vor allem eine
friedliche Haltung möglich wird. Dazu ist aber wichtig anzumerken, dass die Kastration
bereits einige Monate bis zu einem halben Jahr zurückliegen sollte. Durch eine Kastration
können aber auch Fehlprägungen wie das Berserk- Male - Syndrom vermieden werden. So
wird das Handling einfacher, da Wallache wesentlich ruhiger sind. Man kann so auch
Problemen bei Veranstaltungen, bei denen man auch auf andere Stuten und Hengste trifft,
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aus dem Weg gehen.
Letzteres spielt bei Schafen eine geringere Rolle. Doch auch in der Schafhaltung werden
Böcke kastriert (Hammel), damit eine gemeinsame Haltung mit den weiblichen Tieren in
der Herde möglich wird.
Das Tier sollte beim Eingriff nüchtern sein. Um es jedoch nicht schon in der
Vorbereitungsphase zu beunruhigen, sollte es auf keinen Fall unnötig von der Herde
entfernt werden. Während der Einschlaf- und Aufwachphase ist das Tier allein zu halten
und erst nach Wiedererlangen aller Reflexe zur Herde zurückführen.
Die Lagerung des Tieres in der Einschlafphase ist nicht zu beeinflussen, jedoch sollte nach
der Kastration das Tier in Brustlage gebracht werden, um Atmung und Pansentätigkeit nicht
zu beeinträchtigen. Die medizinisch korrekte Lagerung von Wiederkäuern während eines
Eingriffes ist die rechte Seitenlage. Aufgrund der Kürze des Eingriffs ist aber auch die
Lagerung auf der linken Seite möglich, was aus arbeitstechnischen Gründen sehr hilfreich
sein kann (z.B.: Rechtshänder).
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4.4.2 Schur
Die Lama-, Alpaka- und Schafschur wird aus mehreren Gründen durchgeführt. In erster
Linie natürlich, um das Vlies zur Nutzung zu gewinnen, aber auch um das Wohlbefinden
der Tiere bei warmen Wetter zu gewährleisten. Weiters werden die Tiere geschoren, um
die Wollqualität zu erhalten. Es erfordert einige Zeit, sich die Fachkenntnis anzueignen, um
die Handhabung des Vlieses zu beherrschen, das Vlies beurteilen zu können und die
Qualität einzuschätzen.. Aufzeichnungen können dabei sehr hilfreich sein. Diese sollten die
Identifikation (Name oder Nummer) des Tieres, das Geburtsdatum, den Schurzeitpunkt und
das Gewicht der gewonnenen Wolle sowie eine jährliche Vliesprobe, immer von der
gleichen Stelle des Tieres, umfassen. Das Wollmuster sollte mit dem Namen oder der
Nummer des Tieres, dem Alter und dem Schurdatum gekennzeichnet werden. Diese
Informationen sollen dann bei jeder Schur gewonnen werden.
Sehr entscheidend für die Wollqualität ist die Stelle am Körper des Tieres, an der die Wolle
entnommen wird., denn es besteht ein Unterschied zwischen dem Vlies am Bauch, am
Rücken und an den Beinen. Der Bereich in Schulterhöhe bis zur Taille und hinunter zu
beiden Seiten des Körpers bis zu den Ellbogen und der Leiste liefert die erstklassige Wolle.
Der Bereich entlang der Wirbelsäule vom Nacken bis zur Taille ist hingegen meist durch
Wettereinflüsse qualitativ beeinträchtigt und sollte daher mit dem höherwertigem Vlies nicht
vermischt werden, da dies zu Qualitätseinbußen führen würde. Die Wolle am Hals von
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Neuweltkameliden wird nicht geschoren, da sie sehr viele Grannenhaare aufweist.
Wie bei jeder landwirtschaftlichen Ernte spielt das Wetter auch bei der Schur von Lamas,
Alpakas und Schafen eine entscheidende Rolle. Deshalb sollte das Scheren an trockenen
Tagen stattfinden, denn ein feuchtes Vlies muss vor der Lagerung getrocknet werden.
Außerdem ist es wenig ratsam, nasse Tiere mit einer elektrischen Schneidemaschinen zu
scheren. Ein hoher Feuchtigkeitsgehalt erfordert aber nicht nur besondere Sorgfalt bei der
Aufbewahrung oder beim Verpacken der Wolle, durch Feuchte kann es auch zu einem
Pilzbefall kommen, was selbstverständlich zu Qualitätseinbußen führt.
Für das Scheren eignen sich besonders abgegrenzte Plätze, wie beispielsweise das
Paddock oder sonstige Pferchställe. Auf jeden Fall sollte der Bereich leicht zu reinigen, gut
ausgeleuchtet und es sollte ein elektrischer Anschluss in Reichweite sein. Die Zahl der zu
scherenden Tiere, der Zeitplan und die Belastbarkeit des Scherers sowie die Trainings- und
Umgangsphilosophie des Halters und das Temperament des Tieres bestimmen die
Bewegungsfreiheit beim Schervorgang. Letzteres ist besonders für die Sicherheit beim
Scheren für das Tier und den Scherer wichtig. Man schätzt eine Scherzeit von 20 bis 40
Minuten pro Tier bei Lamas und Alpakas, bei Schafen etwas weniger. Meistens werden
Lamas und Alpakas zweimal im Jahr geschoren, vor allem in der warmen Jahreszeit
zwischen April und Juni. Ebenso werden Bergschafe zweimal geschoren, wobei aber die
meisten anderen Schafrassen nur einmal geschoren werden, meist im Frühsommer.
Vor dem eigentlichen Schervorgang sollte man das Vlies von Heu, Kletten und sonstigen
Verunreinigungen säubern. Auch ein Bürsten oder sogar Waschen kann hilfreich sein, das
Vlies von Staub zu reinigen.
Bei der Lama- und Alpakawollgewinnung wird nicht nur nach Qualität sortiert, sondern auch
nach Farbe. Durch diese Farbsortierung kann man sehr oft einen noch höheren Preis
erzielen.
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Wie schon aus dem Kapitel Domestikation hervorgeht, sind Alpakas eher jene Tiere, die für
die Fasernutzung gezüchtet wurden und werden, Lamas dagegen wurden und werden
vorwiegend als Tragtiere eingesetzt. Jedoch können die feinen Unterhaare bei Lamas die
Feinheit von Alpakahaaren erreichen, für eine Fasernutzung muss aber das gröbere
Deckhaar entfernt werden. Lama- und Alpakafasern filzen erheblich weniger als die Wolle
von Schafen und besitzen eine geringere Reißfestigkeit. Deswegen werden sie oft mit
anderen Tierhaaren vermischt.
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4.4.3 Baden
Das Baden bei Schafen wird hauptsächlich zur Reinigung von Außenparasiten
durchgeführt. Dazu gehören Schafläuse, Zecken und andere beißende oder saugende
Insekten. Das Baden von Lamas und Alpakas wird aber hauptsächlich wegen der
Vliespflege durchgeführt, besonders dann, wenn das Tier zu Ausstellungen usw. gebraucht
wird. Am besten und einfachsten gestaltet sich das Baden, wenn die Tiere geschoren sind,
denn dann kann die Flüssigkeit gut bis zur Haut eindringen und fließt nicht sofort ein. Bei
nicht geschorenen Lamas, Alpakas und Schafen hilft einmassieren.
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4.4.4 Hufpflege
Die Domestikation von Neuweltkameliden und auch jene von Schafen hat die natürliche
Beweglichkeit stark eingeschränkt, sodass sie ihre Zehennägel nicht mehr von selbst
abgenutzt werden. Deshalb ist das Zurückschneiden der Nägel unbedingt notwendig
geworden. Einige Halter behelfen sich damit, dass sie Betonböden oder Kies um den Stall
oder den Unterstand verwenden. Durch das Aus- und Eingehen nützen sich die Nägel von
selbst ab und das Zurückschneiden ist weniger oft erforderlich. Auch bei Schafen lässt sich
dadurch Klauenpflege vermindern.
Lamas und Alpakas sind sehr heikel auf ihre Füße, da diese ihr einziges
Verteidigungsmittel darstellen, mit welchem sie bei Gefahr flüchten. Auf Grund dessen
kann sich die Hufpflege oftmals sehr schwierig gestalten und man muss erst zum Tier
vertrauen aufbauen. Deshalb ist es nützlich schon den Jungen (Crias) die Pflege ihrer Füße
beizubringen.
Optimal ist es, wenn das Lama oder Alpaka bei der Klauenpflege völlig ruhig steht, damit
man den Fuß leicht in die Hand nehmen kann. Es kann vorkommen, dass das Tier mit dem
Fuß leicht ausschlägt, wenn man den Griff aber fest beibehält, hört es nach wenigen
Versuchen wieder auf. Falls sich aber ein Tier wirklich so wehrt, dass ein Beschneiden
unmöglich wird, sollte man noch einige Zeit darauf verwenden, gegenseitiges Vertrauen
aufzubauen.
Bei der Pflege ist es wichtig, darauf zu achten, dass man den Fuß nicht zu sehr zur Seite
zieht, denn das übt Druck auf das Gelenk aus und das Tier fühlt sich unwohl. Auch die
Annäherung ist wichtig. Dabei ist zu achten, dass man ruhig ist und keines Falls aggressiv
oder gestresst auf das Tier wirkt. Auch der Atem spielt eine wichtige Rolle, da Lamas und
Alpakas sehr gut die menschliche Körpersprache verstehen. Wenn man den Atem anhält,
fühlt das Tier die Angespanntheit und versteift sich ebenfalls. Am besten spricht man
während der Hufpflege in einem ruhigen Ton zu dem Tier.
Die Zehennägel werden soweit zurück geschnitten, dass sie mit den Fußschwielen auf
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einer Ebene sind. Das Abzwicken der vorderen Spitze verhindert das Einreißen beim
Gehen. Das Schneiden der Zehen führt man am besten mit einer Gartenschere durch. Ist
es bereits zu einer sehr starken Verformung des Nagels gekommen, benötigt man auch
noch eine Feile. Das Schneiden sollte man sich aber auf jeden Fall von einem Fachmann
zeigen lassen. Bei Schafen kann man beim Klauenschneiden das Tier zwischen die Beine
nehmen oder man verwendet sogenannte Schafwiegen. Bei Schafen werden auch
Fußbäder gegen Moderhinke durchgeführt.
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4.4.5 Kennzeichnung und Buchführung
Die Kennzeichnung der Tiere einer Herde und die Buchführung darüber sind die
Grundsteine des Herden- und Zuchtmanagements. Durch die Kennzeichnung wird nicht nur
eine schnelle und sicher Identifikation möglich, es ist auch in Stammzuchten eine
unerlässliche Voraussetzung für die Zuchtarbeit und erleichtert in Herden die laufende
Kontrolle. Sowohl bei Schafen als auch bei Lamas und Alpakas gibt es unterschiedliche
Methoden die Tiere zu kennzeichnen.
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4.4.5.1 Tätowieren
Das Tätowieren von Ohren oder unpigmentierten, unbehaarten Körperpartien der
Innenschenkel wird sowohl in der Schaf- als auch in der Lama- und Alpakahaltung
durchgeführt. Die Tätowierung ist zwar relativ dauerhaft, doch erfordert die Anbringung
dieser einen hohen Zeitaufwand beim Kennzeichnen und Ablesen. Zudem kann sie mit der
Zeit oft unleserlich werden.
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4.4.5.2 Ohrmarken
Auch das ist eine Kennzeichnungsmethode, die bei Schafen und Neuweltkameliden
durchgeführt wird. Sie gewährt eine schnelle und sicher Ablesbarkeit, jedoch besteht vor
allem bei der Koppelhaltung die Gefahr des Ausreißens am Zaun. Aus diesen aber auch
aus optischen Gründen wird die Kennzeichnung durch Marken bei Lamas und Alpakas nur
noch selten bis überhaupt nicht mehr verwendet.
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4.4.5.3 Microchips (Transponder)
Microchips sind kleine reiskorngroße Transponder aus biologisch verträglichem Glas, die
unter der Haut in der linken Halsseite eingesetzt werden. Sie enthalten eine Zahlen- oder
Buchstabenkombination. Ein Lesegerät aktiviert mit Hilfe von elektromagnetischen Wellen
eine im Transponder enthaltene Spule und kann so die für die Identifizierung benötigte
Kombination bis zu einem Abstand von ca. 25 - 30 cm lesen. Dieses System der
Markierung ist sowohl bei Schafen als auch bei Lamas und Alpakas möglich.
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4.4.5.4 Kerben der Ohren
Diese Methode der Schafkennzeichnung hat den Nachteil, dass die Dauerhaftigkeit der
Kerben und die Identifizierungsmöglichkeit durch Verletzungen und Verwachsen
beeinträchtigt wird.
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4.4.5.5 Farbstempel, Farbstift und Farbspray
Dadurch wird eine deutliche und sehr gut ablesbare Kennzeichnung für den Zeitraum von
acht bis zwölf Monaten(abhängig von Witterung und der Haltung) ermöglicht. Es sollten nur
abwaschbare Farben verwendet werden. Einsatz finden diese Kennzeichnungsformen vor
allem bei Mutterschafen und deren Lämmer oder bei der Bockzuteilung. In der
Neuweltkamelidenhaltung werden sie kaum verwendet.
Die Vielzahl von Gesichtspunkten, welche den züchterischen, aber auch den
wirtschaftlichen Wert der Tiere beeinflussen, erfordert die Verfügbarkeit von wichtigen
Daten und Informationen. Mitschriften sind somit eine Voraussetzung für eine gesunde,
wirtschaftliche und optimale Haltung und Zucht.
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5 Fütterung
5.1 Verdauungsapparat
Da Neuweltkameliden Fluchttiere sind, lassen sie sich auch bei der Nahrungsaufnahme
nicht viel Zeit - dadurch werden in kürzester Zeit große Mengen an Futter aufgenommen.
Nach dem Fressen beginnt das Wiederkauen, indem sie das bereits leicht durch
Magensäfte vergorene Futter wieder hochstoßen und 30 bis 45 Mal kauen.
Obwohl Lamas und Alpakas - wie auch ihre Verwandten, das Dromedar und das
Trampeltier - die von ihnen aufgenommene Nahrung wiederkäuen, zählen sie nicht zu den
"echten" Wiederkäuern, wie beispielsweise das Schaf.
Beim Schaf besteht, wie bei allen anderen "echten" Wiederkäuern, der Magen aus 4 Teilen,
den drei Vormägen und dem Drüsen- und Labmagen. Die drei Vormägen unterteilen sich in
Pansen, welcher die größte Abteilung bildet und innen mit kleinen Zotten besetzt ist, den
Netzmagen und den Psalter (Blättermagen). Im Gegensatz dazu kann man bei den
Kamelartigen nur 3 Magenbereiche differenzieren. Eine eindeutige Trennung in Vormägen
und Drüsenmagen kann man hier nicht treffen, da alle drei Abteilungen des Magens
drüsenartige Abschnitte besitzen.
Bei erwachsenen Lamas und Alpakas macht der erste Magen den größten Teil aus, bei
Fohlen dagegen ist der erste Magen nur wenig entwickelt; die aufgenommene Milch fließt
über eine Art Rinne direkt durch den ersten (M-1) und zweiten Magen (M-2) hindurch in den
dritten (M-3), um dort verdaut zu werden. Ähnlich wie bei echten Wiederkäuern der
Labmagen besitzt bei den säugenden Jungtieren der dritte Magen deshalb die größte
Ausdehnung.
Dies hängt mit der Funktion der Einzelmägen zusammen. Der erste und zweite Teil des
Magens bei Lamas und Alpakas haben die gleich Funktion wie die Vormägen bei Schafen.
Diese Abschnitte des Kamelidenmagens sind also ebenfalls mit nützlichen
Kleinstlebewesen und Bakterien besiedeln, die unter anaeroben Bedingungen die
Nährstoffe in kurzkettige Fettsäuren spalten und damit die Verdaulichkeit der pflanzlichen
Nahrung erhöhen.
Dadurch, dass aber der erste Magen bereits drüsenhaltig ist, können die produzierten
Abbauprodukte 2 - 3 Mal besser resorbiert werden. Das bewirkt, dass z. B. die Fettsäuren
schneller und vollständiger in den Blutkreislauf gelangen.
Diese Magenflora und -fauna produziert teilweise Vitamine und Spurenelemente, sodass
ihre Existenz für die Gesundheit der Tiere sehr bedeutsam ist. Allerdings entwickelt sich
diese lebenswichtige Flora und Fauna erst allmählich mit zunehmender Aufnahme
pflanzlicher Nahrung .Bei plötzlicher Nahrungsumstellung, Fütterungsfehlern oder
Medikamentengabe können diese Organismen absterben; dies hat schwere
Verdauungsstörungen zur Folge, die sich durch Appetitlosigkeit, fehlendes Wiederkäuen,
ruhende Magentätigkeit und geringen Kotabsatz diagnostizieren lassen. Bei Schafen, aber
auch bei Lamas und Alpakas können Fütterungsfehler, bei denen die Pansenmikroben
nicht in der Lage sind, sich an die neuen Bedingungen zu gewöhnen, zu Azidose führen..
Der zweite Magenabschnitt von Neuweltkameliden ist ähnlich aufgebaut, enthält ebenfalls
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Drüsen und erfüllt die gleichen Aufgaben wie der erste, jedoch ist er von deutlich geringerer
Größe. Sowohl M - 1 und M - 2 haben eine sackartige Gestalt , indem ein pH - Wert
zwischen 6,4 und 7,0 herrscht. Der Inhalt der beiden ersten Mägen besteht aus einer
homogenen, relativ festen Futtermasse, während die echten Wiederkäuer eine Schichtung
ihres Mageninhalts in feste, flüssige und gasförmige Schicht aufweisen. Deshalb treten bei
Lamas und Alpakas Aufblähungen der Mägen, wie man sie beim Schaf beobachten kann,
fast nie auf. Allerdings ist deshalb auch die Entnahme von Mageninhalt bei Kameliden viel
schwieriger.
Beim gesunden Lama finden ständig Kontraktionen der Mägen statt, um den Mageninhalt
durch diese Bewegungen besser zu verdauen. Zuerst kontrahiert sich dabei der M - 2,
gefolgt von sechs bis acht Kontraktionen des M - 1. Jeder Zyklus dauert etwa zwei Minuten.
Während des Fütterns bzw. unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme laufen diese Zyklen
mit etwas höherer Geschwindigkeit ab. Charakteristisch bei den Neuweltkameliden ist,
dass sich der M - 1 bei diesen Vorgängen von hinten nach vorne zusammenzieht, im
Gegensatz zu Schafen (Wiederkäuern), deren Pansenkontraktionen in entgegengesetzter
Richtung verlaufen ( von vorne nach hinten).
Der dritte Magen ähnelt einem Schlauch. In den ersten 4/5 des M - 3 weist die Schleimhaut
ähnliche Drüsen wie in den ersten Mägen auf. Auch hier werden , ähnlich wie in M - 1 und
M - 2, Fettsäuren, Wasser und gelöste Stoffe über die Schleimhaut aufgenommen. Hier
herrscht ein pH - Wert von 6,5.
Im letzten Abschnitt hingegen finden sich "echte" Magendrüsen, die unter anderem
Salzsäure und Verdauungsenzyme produzieren. Dementsprechend ist der pH- Wert dort
mit 2 bis 3 deutlich saurer.
Durch eine weitere Besonderheit haben sich Kameliden an eiweißarme Ernährung
angepasst: Sie können den Harnstoff, der als "Abfallprodukt" bei der Eiweißverdauung
anfällt, in ihren Mägen recyceln. In ihren Mägen leben unter anderem auch Bakterien, die
diesen Harnstoff verwerten und wieder zu Eiweiß aufbauen. Diese Bakterien werden dann
zum Teil wieder von den Kameliden verdaut, und das so gewonnene Eiweiß wird resorbiert.
Dies bedeutet, dass Lamas und Alpakas keine großen Anforderungen an die
Eiweißversorgung stellen. Allerdings sollte bei einer proteinarmen Fütterung immer die
Kohlenhydratversorgung gewährleistet sein. Deshalb sollte man die Tiere niemals länger
als ein bis zwei Tage hungern lassen.
Der Aufbau der Därme ist ähnlich dem der Wiederkäuer, wobei der Dünndarm etwa 11 - 12
m und der gesamte Dickdarm ca. 7 - 8 m lang ist. Allerdings ist der Blinddarm mit nur 10
cm deutlich kleiner. Der Blinddarm und der Dickdarm funktionieren bei Lamas und Alpakas
nicht als Gärkammern wie bei Schafen, und sie besitzen auch keine Gallenblase.
Der Kot wird in Form von 7 x 12 bis 20 x 30 mm großen grün-braunen bis schwarzfarbenen
Pellets abgesetzt. Bei Wassermangel wird dem Kot im Darm Feuchtigkeit entzogen, so
dass die Pellets vollkommen trocken sind. Auch dies beweist die extreme
Anpassungsfähigkeit der Kameliden an ihre jeweilige Umgebung.
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5.2 Nähr- und Wirkstoffe
Für die richtigen Ernährung der Tiere ist die Kenntnis des Futter(Energie-)-Bedarfes der
Tiere und des Energiegehalts der Futtermittel notwendig. Der Energie- und Nährstoffbedarf
von Lamas und Alpakas ist noch nicht in der Art und Weise wie bei den meisten anderen
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Nutztierarten festgelegt worden. Generell unterscheiden sich die Bedürfnisse der
Neuweltkameliden nicht wesentlich von den Ansprüchen der Schafe und so werden in der
Literatur bei Angaben über Nährstoff- oder Energiebedarf die Daten von Schafen
verwendet.
All die Werte in diesem Kapitel beziehen sich auf die Trockensubstanz. Das bedeutet, dass
die prozentuellen Werte auf dem Futter, dessen gesamtes Wasser entzogen wurde
(Trockensubstanz), basieren. Somit sind die Angaben zwischen den Futtermitteln
einheitlich und ihr unterschiedlicher Feuchtigkeitsgehalt wird außer acht gelassen.
Die tägliche Nährstoffaufnahme jedes einzelnen Tieres (Trockensubstanzaufnahme) ist
also ein Maßstab im Bezug auf der Erhaltung der Körperbeschaffenheit durch die
Trockensubstanz. Lamas und Alpakas nehmen täglich ca. 1,8 - 2,0 % Trockensubstanz
ihres Körpergewichts auf. Frisst ein 150 kg schweres Lama 2 % seines Körpergewichts in
Form von Trockensubstanz, ist die Trockensubstanzaufnahme:
150 kg x 2% = 3 kg Trockensubstanzaufnahme.
Durch das Trocknen und Pressen von Futtermitteln zum Beispiel zu Pellets werden 10 %
Wasser entzogen und es wird dabei 90 % trockene Substanz erhalten. Nimmt nun ein 150
kg schweres Lama 3 kg Pellets auf, so entspricht das einer tatsächlichen Futteraufnahme
von 3,35 kg.
3 kg trockene Substanz / 90 % = 3,35 kg tatsächliche Futteraufnahme
Dieser Wert resultiert daher, dass Pellets zwar durch Wasserentzug zu Trockenfuttermittel
zählen, aber dennoch ein gewisser Feuchtigkeitsgehalt vorhanden ist. Trockenfuttermittel
sind daher nicht gleich Trockensubstanz.
Je Kilogramm verzehrter Trockensubstanz benötigen Lamas und Alpakas 4 Liter Wasser,
während im Winter bei reiner Fütterung mit Heu bis zu 6 Liter Wasser aufgenommen
werden können. Schafe benötigen 1,5 - 3 Liter Wasser pro Tier und Tag. Der Wasserbedarf
nimmt bei Schafen und auch bei Lamas und Alpakas während der Laktationszeit und
heißer Temperaturen zu, während er bei kaltem Wetter etwas zurückgeht.
Die vollständig verdaubaren Nährstoffe geben den ungefähren Energiegehalt von
Futtermitteln an und setzen sich aus Rohprotein, Rohkohlenhydrate und Rohfett
zusammen. Der Gehalt an den für die Ernährung der Tiere wichtigen Bestandteile des
Futtermittels kann mit Hilfe der Weender- Analyse durchgeführt werden. Bei dieser
Methode werden all diejenigen Nährstoffe erfasst, die in ihrer chemischen
Zusammensetzung Gemeinsamkeiten aufweisen. Bei der Bestimmung von beispielsweise
Rohprotein wird also nicht nur Eiweiß erfasst, sondern auch alle stickstoffhaltigen
Bestandteile wie beispielsweise Harnstoff. Somit ist diese Analyse zwar zweckmäßig, aber
dennoch nur eine grobe Ermittlung der Rohnährstoffe.
Da die Zusammensetzung der verschieden Futtermittel unterschiedlich ist, benötigt man für
die Beurteilung des Futterwertes der einzelnen Futtermittel einen Vergleichsmaßstab. Dies
ermöglicht die Vereinheitlichung der Bewertung und damit die Zusammenstellung von
Futterrationen. Der Stärkewert entspricht dem in der menschlichen Ernährung üblichen
Vergleich des Energiegehaltes auf Grundlage des Kalorien- bzw. Joulegehaltes.
Stickstoff (N), freie Extraktstoffe (Stärke, Zucker, Zellulose), Rohfett und Rohfasern dienen
der Energieversorgung , sprich der Erhaltung der Körpertemperatur, dem Stoffwechsel und
der Muskelbewegung sowie der Fettbildung.
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Das Rohprotein ermöglicht die Deckung des Eiweißbedarfs für die Muskelbildung. Es ist
zuständig für das Wachstum der Organe, der Haare und der Klauen und dient als Ersatz für
verbrauchbare Körpersubstanzen.
Die Rohasche setzt sich aus Mineralstoffen und Spurenelementen zusammen und ist für
den Aufbau von Skelett und Zellen zuständig.
Nicht gesondert erfasst werden die Wirkstoffe (Vitamine usw.), welche entsprechend ihrer
chemischen Zusammensetzung in den einzelnen Rohnährstoffen enthalten sind. Obwohl
ihr Anteil sehr gering ist, ist ihr Vorhandensein für die Stoffwechselvorgänge, das
Vorbeugen von Mangelerscheinungen und für die Erhaltung der Abwährkräfte gegen
Krankheiten für die Tiere lebensnotwendig.
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5.2.1 Mineralstoffe
Da Mineralstoffe oft nur in kleinen Mengen enthalten sind, gibt es mehrere Wege, ihren
Gehalt auszudrücken. Sie können in Prozent der Trockensubstanz, in mg / kg, in ppm (part
per million), oder auch in Gesamt-Milligramm angegeben werden.
ppm = mg / kg
ppm = % / 10 000
Gesamt-mg = mg /kg x Körpergewicht des Tieres
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5.2.1.1 Kalzium (CA)
Kalzium wird für den Aufbau von Zähnen und Knochen, für das Nerven- und Immunsystem,
für Muskelkontraktionen, für die Laktation, für die Blutgerinnung sowie für den Aufbau der
Wolle benötigt. Kalzium muss mit Phosphor in einem Verhältnis (Ca : P) von 1,5 : 1 bis 2,0 :
1 stehen.
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5.2.1.2 Phosphor (P)
Auch Phosphor ist am Aufbau der Zähne und Knochen beteiligt. Seine weitere Aufgabe
besteht darin, den Fetttransport und den Stoffwechsel zu unterstützen, Zellmembranen
aufzubauen und Protein zu synthetisieren. Außerdem spielt Phosphor eine wichtige Rolle in
der Energieübertragung (ATP = Adinosin-Tri-Phosphat).
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5.2.1.3 Magnesium (Mg)
Dieses chemische Element unterstützt den korrekten Ablauf im Nervensystem, weiters ist
notwendig für das Enzymsystem und den Energiestoffwechsel sowie für den Aufbau von
Knochen.
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5.2.1.4 Kalium (K)
Kalium regelt den Wasserhaushalt, den Säure - Basenausgleich und wird im Enzymsystem,
im Kohlenhydratstoffwechsel sowie für die Energiebereitstellung benötigt. Außerdem hilft
es, Protein zu synthetisieren.
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5.2.1.5 Schwefel (S)
Schwefel ist wichtig für die verdauungsfördernden Enzyme im Stoffwechsel, es wirkt bei der
Blutgewinnung und beim Säure - Basenausgleich in den Zellen mit. Es fördert die Mikroben
bei der Vitamin B- Synthese und letztlich hat Schwefel Einfluss auf die Proteinstruktur, das
Wollwachstum und die Körperausscheidung.
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5.2.1.6 Eisen (Fe)
Die Hämoglobinproduktion, der Energiestoffwechsel, der Kupfer- und Molybdänhaushalt
sowie das Immunsystem sind auf Eisen angewiesen.
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5.2.1.7 Zink (Zn)
Zink wird von vielen enzymatisch gesteuerten Abläufen im Körper benötigt. Zusätzlich
beeinflusst Zink die Haut, das Wachstum, die Fortpflanzung, die Proteinsynthese und das
Wollwachstum. Außerdem regt es den Appetit an.
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5.2.1.8 Mangan (Mn)
Dieser Mineralstoff ist für das Wachstum, für den korrekten Knochenbau, für den
Kohlenhydrat- und Lipidstoffwechsel und für den Gewebeaufbau förderlich.
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5.2.1.9 Kupfer (Cu)
Für Haar, Körperpigmente, Hämoglobinproduktion und normale Knochenentwicklung sowie
für die Gewebe- und Kollagenbildung und das Nervensystem ist Kupfer ein essentieller
Mineralstoff. Zusätzlich beeinflusst Kupfer die Kräuselung der Wolle. Lamas, Alpakas und
Schafe können bisweilen auf Kupfer sehr empfindlich reagieren, denn Kupfer kann bei
einem Gehalt von über 20 ppm im Futter toxisch wirken. Kupfer steht mit Molybdän in
einem Verhältnis von 6 : 1 (Mo : Cu).
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5.2.1.10 Molybdän (Mo)
Molybdän beeinflusst einige Enzymsysteme und steht mit Kupfer in Wechselwirkung. Zu
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viel Molybdän verhindert die Kupferaufnahme und kann infolgedessen einen Kupfermangel
bewirken.
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5.2.1.11 Kobalt (Co)
Kobalt ist eine Komponente von Vitamin B12 und bewirkt deshalb eine Synthese des
Vitamins; für Mikroben und Enzyme ist es überdies erforderlich.
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5.2.1.12 Jod (J)
Jod ist ein wichtiger Mineralstoff in der Synthese von Hormonen der Schilddrüse, welche
vielfältige Funktionen im Körper regeln.
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5.2.1.13 Selen (Se)
Selen ist Teil eines antioxidierbaren Enzyms und wird für die Fortpflanzung, das
Wachstum, für die Verdauung und das Immunsystem benötigt. Selen muss nicht zusätzlich
ergänzt werden, wenn sich im Boden genug Selen im Boden befindet.
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5.2.2 Vitamine
5.2.2.1 Vitamin A
Dieses Vitamin ist für die Augen und die Sehkraft sehr von Bedeutung, auch beeinflusst es
die Haut, den Ausscheidungstrakt, das Knochenwachstum und das Immunsystem. Vitamin
A ist in frischen Futtermitteln immer ausreichen vorhanden, kann aber in konservierten
Futtermitteln abgebaut sein, was einen Vitaminmangel verursachen kann.
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5.2.2.2 Vitamin D
Vitamin D unterstützt hauptsächlich die Zahn- und Knochenbildung, außerdem ist es
wichtig bei der Adsorption von Kalzium und Phosphor.
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5.2.2.3 Vitamin E
Dieses Antioxidant wird in den Muskeln, im Fett und für das Immunsystem benötigt.
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5.2.2.4 Thiamin
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Thiamin beeinflusst das Nervensystem und den Energiestoffwechsel positiv. Zusätzlich hilft
es bei Stress (Hitzestress).
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5.3 Bedarfsdeckung
Wie bereits im Kapitel Verdauung behandelt, funktioniert die Nahrungsverwertung von
Wiederkäuern, also von Schafen und im weiteren Sinn auch von Neuweltkameliden, mit
Hilfe der Pansenflora. Zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichtes der Pansenflora muss
ein Teil der Nahrung aus Rohfaser bestehen. Nach gängiger Meinung liegt dieser bei 30 %,
dabei soll ein Absinken des Rohfasergehalts unter 20 % vermieden werden, da dies zu
Verdauungsstörungen führen kann. Außerdem setzt die Funktion des Wiederkauens eine
gewisse Struktur des Futters voraus. Dabei ist aber zu bemerken, dass Rohfaser nicht
gleich Struktur bedeutet.
Ein Anteil von mindestens 25 % des Futters ist in Form von strukturreichem Futter zur
Aufrechterhaltung der Pansenfunktion notwendig. Dies ist unter anderem bei
Trekkingtouren zu berücksichtigen, indem den Tieren neben dem notwendigen Kraftfutter
genügend Zeit zur Aufnahme von Gras und damit zur Aufnahme von strukturreichem Futter
gegeben wird.
Die ebenfalls im Kapitel 5.1 erwähnte verdauungsphysiologische Besonderheit der
Neuweltkameliden , durch die sie den Bedarf an Protein reduzieren, macht es möglich,
dass der in den üblichen Futterpflanzen enthaltene Proteinanteil den Bedarf der Tiere
vollkommen deckt und eine Zufütterung von stark proteinhaltigen Futtermitteln nicht mehr
notwendig ist. Ein Rohproteinanteil von 10 - 15 % je nach Situation- Trächtigkeit, Laktation
oder lediglich Erhaltung - ist ausreichend. Inwieweit die Wollqualität durch höhere
Proteingaben verbessert werden kann, welches amerikanisch Züchter zwar behaupten, ist
noch nicht bewiesen.
Die Energie, welche die Tiere für die Erhaltung ihrer Körperfunktionen und Leistungen
benötigen, gewinnen sie aus den Futtermitteln.
Die Berechnung des Erhaltungsbedarfs setzt die Ermittlung des metabolischen
Körpergewichts, dies ist das Gewicht das für den Stoffwechsel bedeutend ist, voraus. Das
metabolische Körpergewicht (W") ist die ¾ Potenz des tatsächlichen Körpergewichts.
Der Energiebedarf liegt bei 0,31 MJ ME. / kg W. Da dieser die Grundversorgung der Tiere
sichert, ist er den äußeren Gegebenheiten anzupassen, d.h. bei Weidehaltung ist ein 20%
iger Zuschlag erforderlich, der sich im Winter und bei ungünstigen Witterungen bis auf 50%
erhöhen kann. Ein zusätzlicher energetischer Mehrbedarf ergibt sich aus den Leistungen
die das Tier erbringt ( Milch-, Fleisch-, Zuchtleistung, Trekking usw.).
Je nach dieser Leistung und dem Energiebedarf ergeben unterschiedliche Futterrationen.
Bei der Rationszusammenstellung wird von den Grundfuttermitteln ausgegangen - im
Sommer Gras und im Winter Heu - die dann je nach Bedarf durch Energieträger und
Mineralstoffe aufgewertet werden. Die maximale Futteraufnahme von Lamas und Alpakas
liegt bei 1,8% - 2,0 % des Körpergewichts.
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5.4 Fütterung der Lämmer und Fohlen
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In den ersten Monaten bildet die Milch die Hauptnahrung der Fohlen und Lämmer. Bei der
intensiven Lämmerproduktion (Mastlämmer) wird die Dauer der Säugezeit einmal von den
Erfordernissen der Nährstoffversorgung des Lammes und zum anderen von betriebs- und
arbeitswirtschaftlichen Voraussetzungen bestimmt.
Bis zu einem Alter von 28 Tagen können die Schafmilch oder die Milchaustauschtränken
nicht durch andere Futtermittel ersetzt werden. Es sind weder der Pansen noch die
anderen Verdauungsorgane genügend entwickelt, um Bestandteile fester Futtermittel
verdauen zu können. Erst nach diesen 28 Tagen ist das Lamm in der Lage, ohne
Beeinträchtigung der Zunahme bis Mastende auf flüssige Nahrung zu verzichten.
Bei Lama- und Alpakafohlen, aber auch Lämmern ist bereits nach wenigen Tagen parallel
zur Milchaufnahme, die Aufnahme von Rauhfutter zu beobachten. Dieses Herumknabbern
an Heu oder Getreide stimuliert die Entwicklung des Magens und der Mikroben, die für die
Verdauung von pflanzlichen Stoffen benötigt werden.
Lama- und Alpakageburten im Frühjahr bzw. zeitigen Sommer schaffen für eine
komplikationsfreie Aufzucht die besten Voraussetzungen, da der starke Aufwuchs der
Vegetation, eben den erhöhten Bedürfnissen der Stuten auch die Bedürfnisse der Fohlen
an zarten, noch relativ proteinreichen Grün mit wenig Rohfaseranteil, deckt. Die Ausbildung
der Magenabteilungen und der nötigen Magenflora ist bis zum Herbst soweit
fortgeschritten, dass die Verwertung von Heu und Kraftfutter optimal möglich ist.
Die Schmackhaftigkeit des Weidefutters ist um so besser, je geringer die Verschmutzung
mit Kot und Harn ist. Eine geringe Besatzdichte ermöglicht darüber hinaus die Selektion
von hochverdaulichen Pflanzen und Pflanzenteile. Deren Nährstoffkonzentration kann
derjenigen von Kraftfutter entsprechen. Eine zusätzliche Gabe von ca. 250g Kraftfutter
reduziert jedoch die Milchaufnahme, was letztlich auch den Stuten und Mutterschafen gut
tut.
Ähnlich dem Lämmerschlupf dient die Fütterung in sogenannten Fohlenboxen, in der eine
ad libitum Fütterung der Jungtiere möglich ist, weil der Zugang der ausgewachsenen Tiere
durch niedrige Durchgänge verwehrt bleibt.
Wenn aber Heu den Tieren immer zu Verfügung steht, wird somit auch den Jungtieren
ausreichend Zeit und Platz zum Fressen gegeben, sodass eine separate Fütterung der
Fohlen nicht unbedingt notwendig wird.
Ist eine künstliche Aufzucht von Fohlen oder Lämmern notwendig, hängt der Erfolg
wesentlich von der Aufnahme der Biest- oder Kolostralmilch ab, die innerhalb der ersten 12
Stunden nach der Geburt aufgenommen werden soll. Da die Zusammensetzung der
Lamamilch im wesentlichen der von anderen Nutztieren gleich ist, kann entweder
tiefgefrorene Lama- oder Alpakamilch oder so wie bei der Lämmeraufzucht Schaf- oder
Rindermilch verwendet werden. Die Temperatur der Milch sollte 39 - 40°C aufweisen.
Während der Fütterung mit Ersatzmilch , welche bis zum 6 Monat andauern sollte, soll
gutes Rauhfutter angeboten werden, damit der Magen angeregt wird.
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5.5 Fütterung der Alttiere
"Die Grundlage der Fütterung bildet das Rauhfutter (Heu und Gras), welches in der Regel
in unbeschränkter Menge (ad libitum) angeboten wird. Um Verdauungsstörungen und eine
übermäßige Verschwendung zu vermeiden, muss eine Selektion der leichter verdaulichen
Pflanzenteile von den stärker strukturierten (rohfaserhaltigen) Anteilen verhindert werden.
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Der gegenüber Gras hohe Trockensubstanzanteil im Heu (Gras 20% - Heu 80%) kann im
Winter durch Saftfuttermittel ausgeglichen werden. In einzelnen Fällen ist die Tagesration
der Lamas oder Alpakas mit einem Kraftfutter aufzuwerten. In Frage kommt hier vor allem
gequetschtes Getreide, aber auch Fertigfuttermittel für Rinder und Schafe. Den
(betriebseigenen) Einzelfuttermitteln ist dabei der Vorzug zu geben. Kommen Pellets zum
Einsatz, so ist deren Menge auf maximal 30% der Trockensubstanz zu beschränken
(Struktur!).
Mineralstoffmischungen werden entsprechend den Erfordernissen der Tiere entweder ad
libitum (Salzlecksteine und Mineralstoffschalen für Schafe) angeboten oder kontrolliert Saftund Kraftfutter beigemischt."
Am liebsten fressen Lamas und Alpakas Kräuter, Gräser und Heu. Diese sollten daher als
Grundlagen der Fütterung dienen. Ebenso knabbern sie gerne an Bäumen und Sträuchern.
Gibt man ihnen hin und wieder daher Baumäste auf die Weide, kann diese Vorliebe
befriedigt werden.
Eine Zusatzfütterung ist für laktierende Tiere, nieder- und hochtragende Tiere und eventuell
für ältere Tiere, sowohl bei Lamas und Alpakas, als auch bei Schafen notwendig da der
veränderte Energiebedarf durch das Futtermittel gedeckt werden muss. In der Praxis
jedoch erhalten tragende Stuten oft keine extra Zufütterung, denn zuviel Kraftfutter fördert
Scheidenvorfälle und viel zu große Fohlen. Einen erhöhten Energiebedarf haben vor allem
Trekkingtieren. Der enorme Energiebedarf muss durch die Fütterung von bis zu 2 kg
Kraftfutter täglich gedeckt werden. Über einen kürzen Zeitraum wird eine unausgewogene
Ernährung in Bezug auf den fehlenden Rohfasergehalt, von den Tieren jedoch problemlos
angenommen. Allerdings sollte man dafür sorgen, dass die Tiere in ihren Pausen und am
Abend ausreichend Weiden können.
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5.6 Fütterungsmanagement
Die individuelle Fütterung einzelner Tiere im Herdeverband ist praktisch unmöglich. Um
diese aber einigermaßen gewährleisten zu können, kann man bei kleineren Herden
einzelne Tiere während der Fütterung abtrennen oder, bei größeren Herden, Tiere mit
gleichen Fütterungsniveau zusammenfassen. Eine weitere Möglichkeit ist eine möglichst
kurze Deckzeit.
Da einheitliche Geburtstermine nicht nur futtertechnisch von Vorteil sind, sondern auch auf
das Sozialgefüge einer Herde wirken. Die Aufzucht in der Gruppe hat u. a. einen positiven
Einfluss auf die Entwicklung der Jungtiere.
Fohlen die Tiere beispielsweise im April, Mai und Juni ab, kann über die Wintermonate
hinweg zusätzlich Kraftfutter gegeben werden. Nach dem abfohlen wird das Muttertier mit
ihrem Fohlen abgetrennt und in einen separates Gehege (oder Aufzuchtsstall) gebracht.
Dort erhalten sie ebenfalls neben Heu täglich etwas Kraftfutter. Die Absonderung erfolgt
jedoch nicht vordergründig wegen der speziellen Zufütterung, sondern weil bei einer
solchen Einzelhaltung die Mutter - Kind-Bindung kontrollierbar ist. Hinzu kommt, dass durch
diese Abtrennung der Mutter von der Herde eine gewisse Steuerung des künftigen
Abfohltermins möglich ist. In der Regel wird die Stute sofort vom Hengst gedeckt, nachdem
sie wieder zur Herde zurückgebracht worden ist. Einmal in der Herde integriert, erhalten die
Mütter keine weiter Zufütterung mehr.
Ein wichtiger Aspekt einer zusätzlichen Fütterung mit Kraftfutter, der nicht vernachlässigt
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werden soll, ist die Bindung an den Menschen. Regelmäßige Fütterungen fördern den
Kontakt zu den Tieren und das Vertrauen der Tiere zum Menschen. Zusätzlich können
dadurch Krankheiten und Veränderungen an den Tieren schneller erkannt werden.
"Neben der ad libitum Fütterung von Rauhfutter ist daher eine bedarfsunabhängige
Fütterung in Form von energiearmen Saftfutter (z.B. Karotten) oder wenig Kraftfutter (z.B.
gequetschter Hafer) bis zu einer Menge von ca. 100 - 200g pro Tier nicht nur
ernährungsphysiologisch unbedenklich sondern aus Gründen der besseren
Tierbeobachtung sogar empfehlenswert."
Zwangsläufig verbunden mit einem eigenen Futterkonzept ist das Management des
Weidebetriebes und der Futtergewinnung.
Ein Ertrag, der selbstverständlich von den klimatischen Bedingungen abhängt, von 3000
kSte/ha (2000 - 4500 kSte) ist anzustreben. Berücksichtigt man die Heugewinnung für den
Winter ergibt sich eine theoretische Besatzdichte von 10 erwachsenen Lamas (150kg) pro
Hektar Weidefläche. In der Praxis jedoch findet man 8 erwachsene Tiere in der Herde. Bei
Zuchtherden findet man sogar nur 6 Stuten mit dem dazugehörigen Nachwuchs bis zum 1
Lebensjahr. Dies entspricht auch in etwa der Besatzdichte von Schafen (6-12 Tiere/ha).
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5.7 Ernährungszustand
Durch die meist sehr starke Bewollung ist der Ernährungszustand von Neuweltkameliden
und Schafen oft sehr schwierig festzustellen. Das Wissen über den Köperzustand der Tiere
zeichnet aber einen guten Halter und Züchter aus. Dafür, aber auch die Tatsache, dass es
sehr rasch zu Abmagerungen auf Grund von Erkrankungen des Magen -Darmtraktes
kommen kann, sind regelmäßige Kontrollen sehr wichtig.
Die körperliche Konditionsbestimmung von Lamas und Alpakas erfolgt durch eine
zahlenmäßige Zuordnung des Körperzustands. Dadurch wird eine sehr objektive
Zuordnung und Einteilung möglich, ob nun das Tier sehr fett oder sehr dünn ist. Mit Hilfe
dieses Punktesystems kann der Halter Mängel in der Ernährung seiner Tiere sehr leicht
feststellen und durch eine dem Tier angepasste Futterration ausgleichen.
Das Gewicht alleine schafft oft nur ein ungenaues Bild des Ernährungszustandes, da
Lamas und Alpakas sehr verschiedene Formen und Größen aufweisen können und daher
eine große Breite von möglichen Gewichten besteht.
Die Tiere werden nach Punkten von 1 bis 9 bewertet. Ein Punkt bedeutet, dass der
Körperzustand sehr mangelhaft ist, die Nummer 9 dagegen kennzeichnet ein sehr
fettleibiges Tier. Daher bedeutet eine Bewertung mit 5 Punkten einen optimalen
Ernährungszustand und die angrenzenden Nummern, also 4 und 6 sind akzeptable Werte.
"Zur Kontrolle des Ernährungszustandes greift man beim Lama oder Alpaka am Rücken, im
Bereich der Lendenwirbelsäule und fühlt, ob das Rückgrat spürbar ist. Von vertikalen
Wirbelfortsatz zu den horizontalen Wirbelfortsätzen sollte keine Wölbung nach außen
fühlbar sein, aber auch keine Senke. Greift man weiter nach hinten zu den Beckenknochen
im Bereich des Rückgrates, sollten diese nicht sehr herausragen, aber dennoch spürbar
sein.
Bei einem normalgewichtigen Lama / Alpaka sollte man auch die Rippen im Bereich hinter
dem Ellbogen spüren können. Von hinten betrachtet sollten die Oberschenkel nicht
aneinander reiben, aber dennoch fest sein. Von vorne betrachtet sollten der Beinabschluss
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ebenfalls nicht zu fett wirken, aber gut bemuskelt sein."
Ein mangelhafter Ernährungszustand kann zu Haltungsfehlern führen. Dünne Lamas und
Alpakas, deren Beine eng aneinander stehen, haben einen etwas schwankenden Gang. Zu
dicke Lamas und Alpakas haben dagegen keinen geschmeidigen Gang.
Bei unterernährten Lamas und Alpakas ist oft ein Rückgang der Fruchtbarkeit, der
Resistenz gegen Krankheiten und kalten Temperaturen zu bemerken. Auch bei zu dicke
Tiere geht die Fruchtbarkeit zurück, sowie die Toleranz gegen gewisse Krankheiten und
gegen Hitze vermindert sich.
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5.8 Weidepflanzen und Giftpflanzen
"Eine gute Weide sollte die drei Pflanzengruppen des Grünlandes: Gräser, Leguminosen
und Kräuter, etwa in einem Verhältnis von 60:20:20 enthalten. Während die Gräser vor
allem die Masse bringen, sind die Leguminosen wegen ihres hohen Eiweißgehaltes und die
Kräuter wegen des hohen Anteils an Mineralstoffen wertvoll."
Zu den Kräutern zählen mitunter auch Heilpflanzen, die die Gesundheit der Weidetiere
positiv beeinflussen, indem sie zum Beispiel die Verdauung anregen oder auch eine
günstige Wirkung auf die Magen-Darmflora ausüben. Lamas, Alpakas und Schafe suchen
diese Pflanzen bei Bedarf instinktiv aus.
Jedoch können auch Giftpflanzen auf der Weide wachsen, deren Aufnahme tödliche oder
zumindest eine gefährliche Wirkung haben können. In den Ursprungsländern von
Neuweltkameliden haben Lamas und Alpakas gelernt mit dem dort vorhandenen
Nahrungsangebot umzugehen und haben Resistenzen gegen gewisse, für andere Tiere
vielleicht gefährliche Pflanzen aufgebaut und meiden Giftpflanzen, die dort heimisch sind.
In ihren neuen Verbreitungsgebieten, liegt aber auch ein neues Angebot vor und es besteht
die Gefahr, dass Pflanzen die für heimische Nutztiere keine Probleme darstellen, für Lamas
und Alpakas giftig sind. Lamas und Alpakas können aber auch, durch ihren dreiteiligen
Magen, leicht giftige Substanzen in ihrer Wirkung mildern.
Da sowohl Schafe als auch Lamas und Alpakas sehr wählerische Tiere sind, ist die
Aufnahme von Giftpflanzen (bitterer Geschmack) durch die von ihnen betriebene Selektion
der schmackhaften von den weniger bekömmlichen Pflanzen, relativ gering.
Dazu benötigen sie jedoch eine große Auswahlmöglichkeit, herrscht jedoch ein
Futtermangel, kann es vorkommen, dass die Tiere schädliche Pflanzen in größeren
Mengen aufnehmen und dadurch zum Beispiel Leber und Niere schädigen. Auch
Stresssituationen und die bekannte Neugierde der Schafe, Lamas und Alpakas kann zur
Aufnahme von toxischen Pflanzen führen.
Auch Gartenpflanzen haben oft eine giftige Wirkung. Besonders Gefährlich sind Oleander,
Rhododendren, Eiben und Thujen, Fingerhut und Maiglöckchen. Dabei ist zu achten das
Samen oder trockene Blätter nicht ins Heu gelangen, denn schon geringe Mengen von
Oleander können tödlich sein.
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6 Zucht
6.1 Anatomie der Geschlechtsorgane
"Die Anatomie und Physiologie der Fortpflanzung von Neuweltkameliden weisen einige
Ähnlichkeiten mit denen des Pferdes auf. Besonders hinsichtlich der Trächtigkeitsdauer
(335 -350 Tage), des Plazentatyps, der Fähigkeit beider Tierarten, kurze Zeit nach der
Geburt wieder aufzunehmen, und der niedrigen Zwillingsrate."
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6.1.1 Männliche Geschlechtsorgane
Die männlichen Geschlechtsorgane umfassen den Hoden, Nebenhoden, Samenleiter
akzessorische Geschlechtsdrüsen, Harnröhre und den Penis.
Im Hoden werden die Geschlechthormone und die Spermien gebildet. Die Hoden befinden
sich zunächst in der Bauchhöhle und treten in den letzten Wochen vor der Geburt in den
Hodensack. Wenn dies bei einem oder beiden Hoden nicht der Fall ist, dann spricht man
von "Kryptorchismus". Dabei handelt es sich um einen Erbfehler, der sowohl bei Lamas
und Alpakas, als auch bei Schafen ("Spitzböcke") auftreten kann. Bei einigen Schafrassen
(Merinofleischschaf) ist Kryptorchismus mit Hornlosigkeit gekoppelt.
Die im Hoden gebildete Spermien werden im Nebenhoden gespeichert. Hoden und
Nebenhoden befinden sich als paarige Organe im Hodensack, der außerhalb der
Bauchhöhe gelegen ist und dem Körper eng anliegt. Die Haut des Hodensackes ist bei
Neuweltkameliden sehr dick und bietet deshalb und durch seine Lage einen mechanischen
Schutz vor dem Biss der männlichen Artgenossen beim Kampf.
Da er sehr köpernahe liegt, ist ein deutlicher Temperaturunterschied zwischen Körper und
Hoden, wie er bei heimischen Nutztierarten feststellbar ist, bei Neuweltkameliden nicht zu
bemerken.
"Die Hoden von Lamas sind 5 -7 cm lang und 2,5 bis 3,5 cm breit. Das durchschnittliche
Hodengewicht liegt bei 24 g. Die Hoden der Alpakas sind in etwa gleich groß." Im Vergleich
zu anderen Haustieren haben Schafe ebenfalls einen relativ großen Hoden.
Damit die Spermien vom Nebenhoden in die Harnröhre gelangen, werden sie über die
Samenleiter transportiert. Im Endabschnitt der Samenleiter befinden sich die
Geschlechtsanhangsdrüsen, wie die Harnröhrenzwiebeldrüsen und die kleine
Vorsteherdrüse (Prostata), die die Spermien mit einem Sekret versorgen, um ihre
Beweglichkeit zu fördern und als Puffer gegen das saure Scheidenmilieu dienen. Die
Geschlechtsdrüsen von Neuweltkameliden tragen jedoch nur wenig an der Ejakulatmenge
bei und so hat diese neben einer zähflüssigen Konsistenz nur ein Gesamtvolumen von
etwa 2,5 - 3 ml. Böcke haben ebenfalls nicht viel mehr Ejakulat, ihre Menge schwankt
zwischen 1 und 3 ml. Die Dichte des Spermas beträgt bei Lamas rund 50 Millionen
Spermien und bei Schafböcken zwischen 20 - 50 Millionen.
Der Penis von Neuweltkameliden und Schafen ist, wie bei allen anderen Wiederkäuern und
Schweinen, von fibroelastischen Typ, d.h. der Penis hat nur schwach ausgebildete
Schwellkörper, sodass er zwar gefestigt aber nicht wesentlich vergrößert wird. Ein
vollständig erigierter Lamapenis misst 40 cm mit einem Durchmesser von 0,8 - 1,0 cm.
Lamas und Alpakas fehlt eine Eichel, wenngleich der vordere Abschnitt häufig als solche
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bezeichnet wird.
Schafböcke dagegen besitzen eine Eichel und haben dazu gegenüber anderen Tierarten
noch eine Besonderheit vorzuweisen, da ihre Harnröhre als 3 - 4 cm langer Faden die
Eichel überragt.
Durch eine Verklebung (Adhäsion des Präputiums mit dem Penis) des
Neuweltkamelidenpenis` wird eine vollständige Erektion und das Ausschachten des Penis
beim Jungtier verhindert. Diese löst sich erst nach mehrfacher sexueller Stimulation mit der
Geschlechtsreife der Tiere. Männliche Tiere gelten ab dem 3 Lebensjahr als
geschlechtsreif. Bei Schafböcken beginnt die Geschlechtreife, wenn die Spermabildung
einsetzt (im Alter von 80 bis 100 Tagen).
Mit der ersten Ejakulation befruchtungsfähigen Spermas ist jedoch erst ab einem Alter von
etwa 150 Tagen zu rechnen. Das Alter bei Erreichung der Geschlechtsreife ist von
Schafrasse zu Schafrasse verschieden.
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6.1.2 Weibliche Geschlechtsorgane
Die weiblichen Geschlechtsorgane der Schafe, Lamas und Alpakas lassen sich in
keimbildende (Eierstöcke) und keimleitende bzw. keimaufbewahrenden (Eileiter,
Gebärmutter) Organe unterteilen. Zu den Begattungsorganen zählen die Scheide (Vagina,
bei Lamas ca. 20 bis 25 cm lang mit einem Durchmesser von ca. 3 cm), der
Scheidenvorhof (Vestibulum vaginae, bei Lamas ca. 6 - 8,5 cm lang) und die Scham
(Vulva).
Die Scheide wird von der Gebärmutter durch den Gebärmutterhals getrennt, welcher aus
einem inneren und äußeren Muttermund besteht und das Eindringen von Erregern
verhindert. Der Uterus besitzt Hörner, an deren Ende sie in die Eileiter übergehen und in
die Eierstöcke münden.
Die Eizellen der Schafe lagern und reifen in den Eierstöcken. Den Abschluss der Reifung
von einem oder mehreren befruchtungsfähigen Eiern in den als Follikel bezeichneten
Bläschen , löst die Brunst aus. Hierzu unterscheiden sich Lamas und Alpakas ganz
wesentlich von den Schafen, denn sie haben eine induzierte Ovulation, d.h., dass die Stute
kein Ei abstoßt, bevor sie nicht vom Hengst gedeckt wurde. Der Deckakt stimuliert
hormonelle Vorgänge in der Stute, welche einen Eisprung zur Folge haben.
Der Eizyklus beinhaltet eine Periode der Empfänglichkeit und eine Periode, in der keine
Empfänglichkeit stattfindet. Das Follikel produziert Östrogen , welches das vorherrschende
Hormon zur Empfänglichkeit ist. Nach dem Eisprung bilden sich Gelbkörper, die wiederum
Schwangerschaftshormone (Progesteron) bilden. Werden geschlechtsreife weibliche Tiere
alleine in der Herde gehalten, so kommt es zu keiner Bildung von Gelbkörpern.
Solange die Gelbkörper und die gebildeten Hormone wirken, kommt es zu keinem
neuerlichen Eisprung und damit auch nicht zu einer weiteren Brunst bei Schafen. Kommt
es nicht zur Befruchtung und Trächtigkeit, wird der Gelbkörper rückgebildet. Unter dem
Einfluss von Hormonen geschieht dann wieder eine Follikelreifung und Eiabstoßung. Das
reife Ei gelangt in die Eileiter, wo die Befruchtung stattfindet, nachdem die Spermien durch
Kontraktionen der Gebärmutter dorthin gebracht wurden. Damit die Samenzelle in die
Eizelle eindringen kann, ist ein ganz bestimmtes Enzym (Hyaluronidase) von Nöten. Da
aber jede Samenzelle nur eine kleine Menge dieses Wirkstoffes enthält, müssen viele
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Spermien vorhanden sein, damit eine Befruchtung möglich wird.
Im Gegensatz dazu haben Lamas und Alpakas keinen solchen Eizyklus und somit auch
keine Brunst, in der eine Empfängnis- und eine Nicht- Empfängnisphase stattfindet,
sondern einen Zyklus, der erst durch den Deckakt ausgelöst wird.
Vom Eileiter gelangt das nun befruchtete Ei in die Gebärmutter, wo es gelagert wird und
durch Zellteilung heranwächst. Erfolgt bei der ersten Zellteilung eine starke Einschnürung
zwischen beiden Hälften, können zwei getrennte aber eineiige Lebewesen entstehen.
Zwillingsraten und besonders Geburten von eineiigen Zwillingen sind sowohl bei Lamas
und Alpakas als auch bei Schafen relativ selten und gering.
Fast alle der anfallenden Zwillingspaare beim Schaf stammen jedoch aus zwei verschieden
Eiern. Aber auch diese Wahrscheinlichkeit ist bei Lamas und Alpakas relativ gering.
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6.1.3 Geschlechtsreife und Zuchtreife
Während Anfang des letzten Jahrhunderts noch Schafrassen vorkamen, die ihr erstes
Lamm im Alter von drei Jahren brachten, gibt es heute mit der Frühreife kaum noch
Probleme: Bei guter Fütterung können fast alle unserer Rassen bereits im Alter von einem
Jahr oder nur wenige Monate später ablammen. Die Geschlechtsreife setzt oft bereits vor
der Zeit (z.T. bereits mit vier bis fünf Monaten) ein, die als brauchbar für die erste
Zulassung (Zuchtreife) erscheint. Je kürzer man die Zuchtreife zeitlich der Geschlechtsreife
folgen lassen will, desto besser muss gefüttert werden.
Auch bei Lamastuten wurde von bereits sehr frühen Trächtigkeiten (mit fünf Monaten)
berichtet. Wichtiger als das Alter ist das Körpergewicht von Neuweltkameliden.
Die erste Deckung sollte daher geschehen, wenn die Tiere mindestens 2/3 des
Körperendgewichts erreicht haben. Um eine frühe Deckung durch den Hengst zu
vermeiden, werden die Jungstuten vom Hengst getrennt.
Die erste Zuchtbenutzung von weiblichen Schafen ist meistens im 7 - 8 Monat . Das erste
Lamm fällt dann, wenn das Muttertier 12 - 13 Monate alt ist.
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6.1.4 Paarung und Paarungsverhalten
Bereits im Alter von wenigen Wochen kann es bei Lamas und Alpakas vorkommen, dass
Hengstfohlen liegende Stuten besteigen und typisches Deckverhalten zeigen. Durch diese
Stimulationen des Penis wird die Verklebung gelöst.
Bei Lamas, Alpakas und Schafen ist vor dem eigentlichen Deckakt ein mehr oder weniger
langes Vorspiel zu bemerken, in welchem der Hengst bzw. Bock auf die Stute bzw. das
Mutterschaf aufspringt. Dies erhöht nicht nur die sexuelle Erregung, sondern auch die
Spermamenge und -qualität. Lama- und Alpakahengste zwingen die Stuten in die
Brustlage.
Nach dem Einführen des Penis in die Scheide dauert der Deckakt bei Schafen nur wenige
Sekunden, beim Lama und Alpaka zwischen 5 und 55 Minuten. Der Lama- bzw.
Alpakapenis führt dabei rotierende Bewegungen aus und gibt das Sperma tropfenweise ab.
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Der Hengst stößt typische grunzende oder gurgelnde Laute aus. Es kommt auch vor, das
erfahrene Hengste am Schwanz der Stute riechen, um herauszufinden, ob die Stute auch
aufnahmebereit ist.
Ist die Stute in der geeignete Lage, positioniert sich der Hengst so, sodass sein Penis die
geeignete Position hat, um ihn einzuführen. Dies in Verbindung mit der Stellung während
des Deckaktes und das Gurgeln verursachen die Stimulation jener Hormone, die für den
Eisprung, der einige Stunden nach dem Deckakt erfolgt, verantwortlich sind.
Böcken sollten nicht mehr als 50 Mutterschafe decken, Lama- oder Alpakahengsten
können aber bis zu 60 Stuten zugeteilt werden.
Es kann vorkommen, dass Lama- bzw. Alpakahengste gewisse Stuten nicht decken und
ihnen gegenüber aggressiv sogar werden. Diese Stuten müssen dann anderen Hengsten
zugeführt werden. Es kann aber auch durchaus sein, dass sich die Stute einem Hengst
verwehrt.
In der Regel decken Hengste nur ungedeckte Stuten, denn tragende Stuten wehren sich oft
durch Spucken und Wegrennen. Dieses Verhalten kann nützlich sein, wenn man feststellen
will, ob eine Stute bereits gedeckt ist oder nicht.
Weiters kann es vorkommen, dass Hengste nur auf bereits liegenden Stuten aufreiten. Das
kann dazu führen, dass dominante Stuten nicht gedeckt werden. Eine mögliche
Begründung für dieses Verhalten könnte darin zu finden sein, wenn diese Hengste in einer
Stutenherde aufgewachsen sind.
Ein langes und dichtes Wollvlies kann durch die erschwerte Regulierung der
Körpertemperatur sowohl die Lust als auch die Spermaqualität beeinträchtigen. Bei
weiblichen Tieren von Schafen, Lamas oder Alpakas kann die Wolle das Eindringen des
Penis so erschweren, dass wenn man gelegentlich nicht nachhilft, der Deckakt ganz
unterbleibt.
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6.1.5 Künstliche Besamung
Die künstliche Besamung hat in Österreich sowohl bei Lamas und Alpakas als auch bei
Schafen nur geringe Bedeutung.
Das Sperma für die Besamung wird mit Hilfe einer künstlichen Scheide gewonnen. Die
Besamung erfolgt in der Regel mit Frischsperma, da jede Lagerung die Befruchtungsziffer
vermindert.
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6.1.6 Trächtigkeit
Die Trächtigkeit unterliegt sowohl bei Lamas und Alpakas als auch bei Schafen
Schwankungen. Während die Trächtigkeit von Schafen im Mittel 147 Tage +/- 4 Tage
dauert, nimmt man in der Regel bei Lamas und Alpakas eine Dauer von 360 +/- 14 Tage
an. Die tatsächlich Trächtigkeit dauert bei Lamas zwischen 331 und 359 Tagen und bei
Alpakas 320 bis 340 Tage. Dazu kommt, dass der Decktermin manchmal nicht genau
bekannt ist, wenn der Hengst oder auch der Bock immer bei der Stute / beim Schaf ist. Bei
Lamas und Alpakas kann es vorkommen, dass die Trächtigkeit bis zur Geburt nicht sichtbar
ist. Auch die Euterbildung setzt erst sehr spät oder erst nach der Geburt ein.
Die Implantation des Schaf-, Lama- und Alpakaembryos findet in der Regel im linken
Uterushorn statt. Mit zunehmender Trächtigkeitsdauer verlagert sich die Frucht mehr und
mehr auf die rechte Körperseite.
Tragende Lama- und Alpakastuten dulden das Aufspringen eines Hengstes nicht und
spucken den Hengst dabei an. Einige Züchter nutzen dieses Verhalten, um die Trächtigkeit
festzustellen, indem sie die Stute, bei der eine Trächtigkeit vermutet wird, mit einem Hengst
zusammenführen. Fängt die Stute an, den Hengst zu bespucken, kann vermutet werden,
dass die Stute erfolgreich gedeckt wurde. Als 100%ig sicher gilt diese Methode jedoch
nicht.
Weitere Möglichkeiten der Feststellung der Trächtigkeit sind bei Lamas, Alpakas und bei
Schafen die Untersuchung durch Röntgenstrahlen, Ultraschall, rektale Untersuchungen und
die Bestimmung des Plasmaprogesterons.
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6.1.7 Geburt
Die Geburt lässt sich bei Neuweltkameliden und Schafen in drei Phasen einteilen, und zwar
in die Vorbereitungsphase, die Eröffnungsphase und in die Austreibungsphase.
Bei Schafen ist diese Vorbereitungsphase durch häufiges Liegen, Entwicklung des Euters,
Einfallen der Flanken und das Anschwellen der Schamlippen gekennzeichnet. Kurz vor
dem Ablammen (Bezeichnung der Geburt beim Schaf) sondert sich das Mutterschaf von
der Herde ab.
Dem Verhalten der Schafe steht bei Lamas und Alpakas eine steigende Unruhe
gegenüber. Sie stoßen Laute aus und setzten häufiger Kot und Harn ab.
Im Eröffnungsstadium lockert sich der Muttermund und die Gebärmutter beginnt sich zu
kontrahieren, um den gesamte Geburtsweg zu erweitern und um das Fohlen bzw. Lamm in
das mütterliche Becken zu bringen. Bei Lamas und Alpakas kann nun Unwohlsein und
häufiges Abliegen und Aufstehen sowie Umdrehen auftreten.
Die Austreibungsphase wird durch das Platzen der Fruchtblase eingeleitet. Dadurch ergießt
sich das Fruchtwasser in den Geburtskanal und tritt nach außen, sodass der Geburtsweg
feucht wird und das Fohlen bzw. Lamm leichter austreten kann. Bei Lamas und Alpakas
wird das Fohlen normalerweise in Vorderendlage im stehenden Zustand geboren. Daher
werden die Vorderbeine und der Kopf als erstes sichtbar.
Dies ist auch in 90% der Lämmergeburten der Fall. Die Austreibungsphase dauert bei
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Schafen meist zwischen 5 und 30 Minuten, bei Lamas und Alpakas bis zu 60 Minuten. Die
Nabelschnur wird bei Neuweltkameliden und bei Schafen durch den Austritt des Jungen
zerrissen. Sie sollte aber baldigst desinfiziert werden (z. B. Blauspray).
Während das Mutterschaf das Lamm in der Regel instinktiv abschleckt, kümmern sich
Lamas und Alpakas kaum um ihre neugeborenen Fohlen. Ein weiterer Unterschied besteht
darin, dass die Lämmer meistens bereits noch 7 - 8 Minuten aufzustehen versuchen, was
ihnen aber erst meist nach 12 bis 15 Minuten tatsächlich gelingt. Die Fohlen von Lamas
und Alpakas sollten spätestens ein bis zwei Stunden nach der Geburt aufstehen und nach
dem Euter suchen. Steht das Fohlen nach 2 Stunden noch immer nicht, benötigt es
Unterstützung. Trinkt es innerhalb von 4 Stunden nicht, muss das Euter kontrolliert, das
Fohlen zum Euter hingeführt oder Kolostralmilch durch die Flasche gegeben werden.
Etwa nach zwei Stunden, bei Lamas und Alpakas nach bis zu drei Stunden, nach der
Geburt lösen sich normalerweise die Fruchthäute endgültig von der Gebärmutter des
Muttertieres ab und gehen als sogenannte Nachgeburt ab. Schafe fressen zumeist die
Nachgeburt auf, bei Lamas und Alpakas ist dies nicht der Fall.
Interessant ist, dass die meisten Geburten von Lama- oder Alpakafohlen meistens
zwischen 6 und 14 Uhr erfolgen. Dies begründet sich in der Anpassungsfähigkeit der Tiere
an die kalten Nächte in den Hochanden.
Das Geburtsgewicht ist abhängig vom Geburtstyp (Einling - Mehrling), dem Gewicht der
Mutter und bei Schafen vor allem von der Rasse. Das durchschnittliche Geburtsgewicht
von Lämmern liegt zwischen 4 bis 6 kg, bei Lamas und Alpakas wiegt das Fohlen oft mehr
als 8 kg.
Ein gesundes Fohlen weist nach der Geburt eine Temperatur von 35,5 bis 37,5 °C, ein
Lamm 38,5 bis 40,5 °C auf. Sind die Neugeborenen unterkühlt, hilft man am besten durch
das Abtrocknen und durch Wärmelampen nach.
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6.2 Zuchtmanagement
Entscheidend für die Zucht ist die Kenntnis des Deckaktes. Um dies zu gewährleisten,
sollte der Hengst bzw. der Bock von den weiblichen Tieren getrennt gehalten werden und
nur dann der Stute /dem Schaf zugeführt werden, wenn das Decken gewünscht wird.
Dadurch ergeben sich weitere Vorteile: Einerseits kann man Inzucht verhindern,
andererseits kann vermieden werden, dass Jungstuten zu früh gedeckt werden.
Ist der Deckzeitpunkt bekannt, kann ein ungefährer Geburtstermin vorausberechnet
werden. Nun liegt es am Züchter, ob er die trächtige Stute von der Herde trennt oder nicht.
Eine Trennung kann einen Vorteil darstellen, da der Züchter die Geburt besser überwachen
kann und bei Komplikationen besser eingreifen kann.
Auch beim Zuchtmanagement hat sich eine Buchführung bewährt, in der die wichtigsten
Daten und Termine eingetragen werden.
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6.3 Exterieurbeurteilung
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Die Tierbeurteilung legt Grundsätze fest, durch die der Körperbau der Tiere beurteilt wird.
Dies umfasst die ideale Stellung der Hufe, der Gliedmaßen und der Körperproportionen
sowie den Bau des Skelettes. Weiters fließen mit ein: die Identität des Tieres, die
Feststellung der Gesundheit, das Erkennen der physiologischen Leistungsfähigkeit und
anatomische Fehler. Eine Beurteilung hat besonders in der Züchtung Bedeutung.
Bei Lamas, Alpakas und Schafen erfolgt die Körperbeurteilung nach Noten. Die Rangierung
erfolgt entsprechend der natürlichen Varianten und bedeutet keine Ab- oder Aufwertung.
Die Bewertung der Kriterien mittels einer numerischen Skala beschreibt ein Merkmal
demnach von einem Extrem zum anderen, also in seiner ganzen Ausprägung.
Die Exterieurbeurteilung von Lamas und Alpakas stützt sich auf das im Jahr 1977 in den
USA eingeführte System der Rinderbeurteilung. Die Noten reichen dabei von 1 - 9. Dabei
stellt 5 den Rassendurchschnitt dar. Bei der Wollbeurteilung vergibt man ebenfalls Noten
von 1 - 9, jedoch bedeutet eine Wollfeinheit von 1, dass das Lama oder Alpaka eine sehr
grobe Wolle aufweist. Vor allem für Käufer erleichtert diese Beurteilung die Auswahl der
Tiere. Auf jeden Fall muss dabei auf die Nutzung Bedacht genommen werden. Ein
Trekkingtier beispielsweise sollte etwas größer sein als etwa ein Tier, das für eine
unternehmerisch sinnvolle Wollproduktion vorgesehen ist.
Die Beurteilung der Schafe kann ebenfalls nach Noten erfolgen (Süddeutsches
Boniethurschema für die Körperbeurteilung). Bei dieser Methode beschränken sich die
Noten nicht auf nur 9 Ziffern, sondern es sind 20 Punkte zu vergeben. Hierbei bezieht sich
die Beurteilung auf Bemuskelung, Wolle, Typ, Rahmen und Konstitution, bei Milchschafen
zusätzlich auf die Milchleistung und Euterform.
Aber auch bei Lamas und Alpakas bezieht sich die Beurteilung nicht nur auf die
Körperlänge oder Körpergröße, sondern wie bei Schafen auf die Gesamterscheinung.
Berücksichtigt werden Beckenlänge, Brustbreite bzw. Körperbreite (Rahmen), Brust bzw.
Körpertiefe, die Rückenlinie, Stellung der Vorder- und Hinterbeine und die
Hinterbeinwinkelung. Beurteilt werden außerdem die Beckenstellung, da diese den
Geburtsverlauf und die Trächtigkeit beeinflussen.
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7 Krankheiten
In Herden besteht besonders Gefahr dass mehrere Tiere an Krankheiten, insbesondere an
übertragbaren Krankheiten, gleichzeitig erkranken. Deshalb gilt es Herdetiere, zu welchen
Neuweltkameliden und Schafe zählen, vor viralen, bakteriellen und parasitären
Erkrankungen zu schützen.
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7.1 Viren
Sie sind die kleinsten Krankheitserreger, die zu ihrer Vermehrung auf lebende Zellen
angewiesen sind. Viruserkrankungen lassen sich nicht mit Medikamenten, insbesondere
Antibiotika, bekämpfen. Das wesentliche Bekämpfungsmittel ist die Impfung.
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7.2 Bakterien
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Bakterien sind kleine Lebewesen, jedoch benötigen sie keine lebenden Zellen, um sich zu
vermehren. Entscheidend für die Beeinflussbarkeit bakterieller Infektionen ist ihre
Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Medikamenten. Außerdem ist in vielen Fällen eine
Schutzimpfung möglich.
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7.3 Parasiten
Diese Innen- und Außenschmarotzer machen vielfach außerhalb und innerhalb des Wirtes
einen komplizierten Entwicklungskreislauf durch. Sie sind jedoch mit geeigneten
Medikamenten wirkungsvoll zu bekämpfen.
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7.4 Seuchen
Die Bekämpfung von Tierseuchen ist ein öffentlicher Auftrag notwendig, Maßnahmen zum
Schutz der Gesundheit der Tiere aber auch des Menschen treffen zu müssen. Diese
Maßnahmen sind im Tierseuchengesetzt festgelegt. Wichtige Voraussetzungen für deren
Einteilung ist die frühzeitige amtliche Kenntnis von Seuchenfällen, deshalb wurde die
Meldepflicht eingeführt.
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7.5 Impfungen
Impfungen dienen dem Zweck, Immunität zur individuellen und kollektiven Vorbeugung
gegen Infektionskrankheiten zu erzeugen. Immunität heißt, dass der Körper gegen eine
Infektion mit krankmachenden Keimen geschützt wird bzw. Schutz vor der Wirkung
mikrobieller Stoffwechselprodukte sowie verschiedener Gifte erhält oder aufbaut. Bei der
Immunisierung unterscheidet man zwei Arten:
Aktive Immunisierung: Dabei werden beispielsweise abgeschwächte Krankheitserreger
oder Stoffwechselprodukte von Keimen verabreicht. Tritt dann tatsächlich eine Infektion ein,
kann der Organismus schnell reagieren, um die Keime zu bekämpfen, da sein
Immunsystem den Erreger erkennt (Booster- Effekt).
Passive Immunisierung: Bei dieser Art werden direkt Antikörper verabreicht. Diese haben
jedoch nur eine begrenzte Halbwertszeit, deshalb dient diese Immunisierungsart vor allem
der Vorbeugung oder Behandlung von Infektionskrankheiten.
Impfungen hängen wesentlich von den Gegebenheiten ab, d.h. eine Selenimpfung ist nur
dann sinnvoll, wenn der Boden zu wenig Selen enthält und die Tiere deshalb einen Mangel
aufweisen, ebenso wird dies bei Tollwutimpfungen in tollwutgefährdeten Gebieten
angewandt.
In Österreich werden Neuweltkameliden, wenn überhaupt, gegen Tetanus und alle anderen
Clostridien und eventuell auch gegen Tollwut geimpft.
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8 Schlussfolgerung
Wie meinen Ausführungen in Arbeit zu entnehmen ist, stützen sich einige Angaben über
Neuweltkameliden, vor allem jene aus dem Kapitel "Fütterung", auf Daten und Angaben
von Schafen, da insbesondere der Energie- und Nährstoffbedarf von Lamas und Alpakas
noch nicht in der Art und Weise wie bei den meisten anderen Nutztieren festgelegt worden
ist. Auch bestehen in gewissen Punkten Gemeinsamkeiten in den Ansprüchen der Lamas,
Alpakas und Schafe. Dennoch existieren Unterschiede in gewissen Bereichen, die in jetzt
noch einmal zusammengefasst werden sollen.
Diese Differenzen ergeben sich vor allem aus den unterschiedlichen natürlichen
Lebensverhältnissen und Verhaltensweisen, den Lebens- und Körperfunktionen sowie der
Anatomie. Diese Verschiedenheiten können Nach- oder auch Vorteile für den Halter und
Züchter darstellen.
Gemeinsamkeiten besitzen Neuweltkameliden und Schafe bereits in bezug auf ihr
Verbreitungsgebiet. Auch wenn ihre Ursprungsländer verschieden sind, sind beide
Tierarten Steppentiere und daher gewöhnt, mit kargem Pflanzenbesatz auszukommen. Sie
sind anpassungsfähige, tagaktive, relativ temperaturenempfindliche Herdentiere mit
starkem Sozialgefüge und können in fast allen Teilen der Erde, sowohl in Ebenen als auch
in gebirgigen Regionen, gehalten werden. Dennoch haben Lamas und Alpakas hierbei
Vorteile gegenüber Schafen:
Lamas und Alpakas können in Regionen bis in Höhen von 4800m leben, denn ihr
Hämoglobin besitzt die Fähigkeit, mehr Sauerstoff aufzunehmen als jenes von Schafen.
Dazu kommt, dass ihnen ihre gespaltene Oberlippe die Aufnahme kleinerer und einzelner
Pflanzen ermöglicht. Außerdem arrangiert ihnen ihre Schwielensohle einen weichen und
sicheren Tritt und schonen dabei die Grasnarbe besser als Tiere mit Hufen ohne
Schwielensohle, wie das Schaf.
Trotz dieser Vorteile, die Neuweltkameliden im Punkt der Höhenanpassung gegenüber den
Schafen aufweisen, hat sich das Schaf deutlich gegenüber Lama oder Alpaka
durchgesetzt.
Der Weltbestand der Schafe liegt weit über jenem von Neuweltkameliden. Das Schaf wurde
bereits 3000 Jahre früher domestiziert als das Lama oder Alpaka und noch dazu gibt es
viele verschiedene Rassen von Schafen, die bestimmte Vorteile für bestimmte Regionen
und Nutzungsmöglichkeiten aufweisen. Dementsprechend sind die Zuchtziele klarer
abgegrenzt als bei Neuweltkameliden und jeder Rasse ist eine Nutzungsmöglichkeit
zugeteilt.
Letzteres ist bzw. war zwar auch bei Neuweltkameliden der Fall ( das Alpaka wurde
vorrangig für Wollproduktion, das Lama als Lasttier domestiziert), dennoch werden, weil
hier nicht so viele Rassen abgegrenzt sind, die Aufgabenbereiche vermischt. So werden
z.B. auch Lamas zur Wollgewinnung herangezogen. Daraus ergibt sich für die
Nutzungseinrichtungen:
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Lama- und Alpakawolle ist feiner und gilt als Luxusartikel, während die
Wollgewinnung bei Schafen als wirtschaftlicher gilt. Das Lamafleisch , das zwar einen
geringeren Cholesteringehalt als das Schaffleisch hat, erzielt einen niedrigeren Preis.
Das Lama kann bis zu 50 kg über 30 km transportieren und hat damit einen Vorteil
gegenüber dem Schaf, dass sich nicht zum Lasttier eignet.
Weitere Vor- und Nachteile entstehen auch durch den Körperbau. Mit einer höheren
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Risthöhe und einem längerem Hals sind Neuweltkameliden weitaus größere Tiere als das
Schaf.
Haltung
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Die Zaunhöhe liegt daher bei Lamas bei 1,6 Metern, bei Alpakas bei 1,4 Metern .
Beim Schaf beträgt die benötigte Mindesthöhe dagegen 0,8 - 1,10 Meter.
Außerdem ist bei Neuweltkameliden ein Gitter vor den Fenstern erforderlich, da
Lamas und Alpakas sich auf Grund ihrer Größe an Fenstern leicht verletzen können.
Die Krippenhöhe liegt bei Alpakas sowie beim Schaf bei 0,6 bis 0,65 Metern, bei
Lamas bei 0,7 bis 0,85 Metern. Dagegen benötigen Lamas und Alpakas einen
weiteren Sprossenabstand (8 - 10 cm) als Schafe ( 5 - 6 cm).Die
Futtergrippenunterkante ist bei Alpakas und Lamas 1,0 - 1,2 Meter über dem Boden,
beim Schaf 0,3 - 0,4 Meter. Die Gesamthöhe der Futterkrippe liegt bei Lamas und
Alpakas zwischen 1,6 und 2,05 Metern, beim Schaf nur bei 1,00 - 1,10 Metern.
Dadurch wird bei der Haltung von Neuweltkameliden mehr Material benötigt als bei der
Haltung von Schafen. Auch wenn die Ansprüche der Lamas, Alpakas und Schafe an
Stallgröße, Weide- und Stallplatzbedarf, Fressplatzgröße, Stallfensterfläche,
Bodenansprüche, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Tränkeinrichtungen und Luftqualität
weitgehend übereinstimmen, bestehen doch auch hier Unterschiede:
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Bei der Lama- und Alpakahaltung wird ein Unterstand empfohlen, der bei der
Schafhaltung nicht unbedingt erforderlich ist.
Außerdem werden Schafe manchmal auch ganzjährig im Stall gehalten, was jedoch
bei Lamas und Alpakas als für nicht artgerecht empfunden wird.
Ebenfalls werden Spaltböden in den Schafställen eingesetzt, die bei der
Neuweltkamelidenhaltung nicht verwendet werden.
Weiters ist für Bäume auf einer Lama- bzw. Alpakaweide eine Einzäunung
vorzusehen, da diese Tiere die Baumrinde abschälen.
Dem erhöhten Materialaufwand, den die Haltung von Lamas und Alpakas im Vergleich zur
Haltung von Schafen mit sich bringt, stehen arbeitstechnische Erleichterungen, die sich aus
den Verhaltensweisen von Neuweltkameliden ergeben, gegenüber:
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Dadurch, dass Lamas und Alpakas Kotplätze anlegen, wird das Ausmisten, das
Sauberhalten der Weide und der Stallfläche sowie der Tiere selbst, aber auch der
Transport erleichtert und die Gefahr des Parasitenbefalls vermindert. Eine
Weidedüngung mit Lama- /Alpakamist ist aber auf Grund ihres ausgeprägten
Geruchsinnes nicht mehr möglich. Schafmist dagegen eignet sich als Weidedünger.
Wenn in den Lama- oder Alpakaställen keine Einstreu verwendet wird, erleichtert dies
die Pflege des Vlieses, allerdings muss bei einstreulosen Ställen darauf geachtet
werden, dass der Boden aus einem warmen Material besteht.
Das Spucken mag zwar augenfällig kein Vorteil von Lamas und Alpakas sein, in
Anbetracht der Trächtigkeitsdiagnose kann man dabei aber auch nicht von einem
Nachteil ausgehen.
Die bemerkenswerte Aufmerksamkeit von Neuweltkameliden in bezug auf Gefahren
kann sich bei Vergesellschaftungen positiv auswirken. Weiters führen
Vergesellschaftungen von Lamas und Alpakas mit anderen Tierarten zu einer
besseren Weideausnutzung und zum Ausgleich des Pflanzenbestandes. Natürlich
muss auf Gefahren, die sich aus einer gemeinsamen Haltung ergeben, geachtet
werden.
Gemeinsamkeiten weisen Lamas und Alpakas mit Schafen wiederum auf, wenn man
die Pflegearbeiten bedenkt. Neuweltkameliden müssen ebenso wie Schafe
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geschoren werden, zugleich wird eine Klauenpflege bei beiden Tierarten notwenig:
Neuweltkameliden werden jedoch, im Gegensatz zu Schafen (1xige Schur), zweimal im
Jahr geschoren. Fußbäder werden nur bei Schafen empfohlen, da dies gegen Moderhinke
wirkt.
Kastrationen der männlichen Tiere werden sowohl bei Schafen als auch bei
Neuweltkameliden durchgeführt, da dies eine gemeinsame Haltung mit weiblichen Tieren
möglich macht. Zusätzlich bewirkt eine Kastration von Lama- oder Alpakahengsten, dass
das Auftreten des Bersek - Male - Syndroms vermieden wird.
Fütterung
Bei der Fütterung ergeben sich bereits innerhalb der Rassen Unterschiede, da der
Futterbedarf vom Verwendungszweck abhängt. So benötigen Milchschafe eine andere
Futterration als Fleischschafe. Ebenso verhält es sich bei Lamas und Alpakas. Hier besteht
ebenfalls ein Unterschied darin, ob das Tier für Trekkingtouren oder zur Wollgewinnung
herangezogen wird.
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Ein deutlicher Unterschied zwischen Schafen und Neuweltkameliden findet sich
jedoch bei der täglichen Wasseraufnahme. Der Wasserbedarf liegt bei
Neuweltkameliden zwischen 4 und 6 Litern Wasser pro Tag und Tier, ein Schaf
dagegen benötigt pro Tag 1,5 - 3 Liter Wasser. Wasser sollte jedoch bei beiden
Tierarten ad libitum vorhanden sein. Bei Tränkeinrichtungen eignen sich Tröge, aber
auch schwimmgesteuerte Selbsttränken. Nippel- und Zapftränken eignen sich nur für
Schafe.
Fütterungsfehler wirken sich selbstverständlich sowohl bei Neuweltkameliden als
auch bei Schafen negativ aus. In beiden Fällen können Fehler in der Fütterung zu
Azidose führen.
Kameliden, sowie Schafe zählen zu den Wiederkäuern. Trotzdem weisen
Neuweltkameliden nicht den für Wiederkäuer typischen 4-teiligen Magen auf. Denn
Lamas und Alpakas besitzen einen 3-teiligen Magen. Dieser ermöglicht ihnen jedoch,
dass Nährstoffe schneller und vollständiger in den Blutkreislauf gelangen und sie
besitzen deswegen eine besser Ausnützung der Futtermittelbestandteile.
Züchtung
Werden die Tiere zur Zucht herangezogen, ist augenfällig, dass Lamas und Alpakas nicht
wie Schafe eine Brunst haben, sondern einen Eizyklus, der erst durch den Deckakt
ausgelöst wird. Dies ergibt den Vorteil, dass Lamas und Alpakas auch nach der Geburt
nach kurzer Zeit wieder aufnehmen können.
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Dem gegenüber steht jedoch eine lange Trächtigkeitsdauer. Lamas tragen ihre Frucht
bis zu 359 Tage, Alpakas bis zu 340 Tage, Schafe jedoch nur rund 147 Tage.
Auch die Zuchtreife der weiblichen Lamas und Alpakas beginnt später. Schafe gelten
nach 7 -8 Monaten als zuchtreif. Lama- und Alpakastuten müssen jedoch mind. 2/3
ihres Körpergewichts erreichen bevor sie zur Zucht verwendet werden können.
Die Geschlechtsreife der männlichen Tiere setzt bei Böcken bereits zwischen 80 und
100 Tagen ein. Lama und Alpakahengste gelten jedoch erst ab dem 3. Lebensjahr als
geschlechtsreif. Daher können Böcke früher zur Zucht herangezogen werden als
Lama- und Alpakahengste.
Demgegenüber steht jedoch, dass Lama- und Alpakahengste bis zu 60 Stuten
zugeteilt werden können, einem Böck aber nur maximal 40 Mutterschafe.
Der Natursprung wird bei der Zucht sowohl bei Neuweltkameliden als auch bei
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Schafen am häufigsten durchgeführt, da der künstlichen Befruchtung in Österreich
sowohl bei Schafen als auch bei Lamas und Alpakas nur eine geringe Bedeutung
zukommt.
Der Deckakt dauert bei Lamas und Alpakas zwischen 5 und 55 Minuten, bei Schafen
jedoch nur wenige Minuten. Sowohl bei Schafen als auch bei Lamas und Alpakas
kann eine zu starke Bewollung beim Deckakt hinderlich sein.
Die Geburt von Lama- und Alpakafohlen sowie Lämmern unterteilt sich in 3 Phasen. Diese
jedoch sind von den unterschiedlichen Verhaltensweisen der beiden Tierarten
gekennzeichnet.
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Die Geburtsdauer kann bei Lama - oder Alpakafohlen bis zu 60 Minuten dauern, bei
Lämmern zwischen 5 und 30 Minuten. Lama- und Alpakageburten finden meist
zwischen 6 bis 14 Uhr Ortszeit statt.
Nach der Geburt werden die Lämmer von den Muttertieren abgeschleckt. Die Fohlen
von Lamas oder Alpakas werden jedoch nicht abgeschleckt, da dies ihre relativ
unbewegliche Zunge verhindert
Die Euterbildung setzt bei Lamas und Alpakas oft erst nach der Geburt ein, während
die Euter bei den Mutterschafen bereits vor der Geburt entwickelt sind.
Zwillingsgeburten sind bei Lamas und Alpakas eher selten. Auch bei Schafen ist die
Zwillingsrate niedrig, jedoch treten Zwillingsgeburten häufiger auf als bei
Neuweltkameliden.
Die neugeborenen Fohlen von Lamas und Alpakas können ein Geburtsgewicht bis zu
8 kg erreichen, während das Geburtsgewicht bei Lämmern zwischen 4 - 6 kg liegt.
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9 Resumee
Der vorhergehenden Schlussfolgerung ist bereits zu entnehmen, dass es sich nicht klar
feststellen lässt, ob nun die Lama- und Alpakahaltung bzw. -zucht einfacher ist als die von
Schafen. Die Hypothese lässt sich weder eindeutig verifizieren noch widerlegen.
Beide Tierarten, ob nun Neuweltkameliden oder Schafe, besitzen eindeutige Vor- aber
auch Nachteile, die sich zum Teil gegenseitig aufheben und eine allgemeine Aussage
daher nicht zulassen.
Der Fragebogen, der zu einem Ergebnis hätte beitragen sollen, konnte leider nicht in die
Arbeit miteinbezogen werden, da die Rücklaufquote zu gering war, um eine empirische
Auswertung der Ergebnisse sinnvoll vornehmen zu können.
Die Arbeit mit meinem Partnerbetrieb erwies sich jedoch als äußerst sachdienlich und
zielführend. Zusätzlich zu meinen Erfahrungen während der Praxis konnten noch einige
Fachgespräche meinen Einblick in die Lama- und Alpakahaltung abrunden.
Gestützt auf meinen Erhebungen kann ich sagen:
Lamas und Alpakas eignen sich durchaus für eine Haltung in Österreich. Es hängt jedoch
vom Betrieb, dessen Wirtschaftsweise und dessen ökologischer Einstellung ab, ob eine
Neuweltkamelidenhaltung sinnvoll und eventuell auch einfacher ist als die Haltung von
Schafen.
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Die bezüglich ihrer Umwelteinwirkungen weniger problematischeren Lamas und Alpakas
haben auch im Hinblick auf ihre vielseitige Verwendbarkeit einen deutlichen Vorteil
gegenüber den Schafen.
Dennoch habe ich festgestellt, dass die Lama- und Alpakahaltung in Österreich zur Zeit
noch den Status der Hobbyhaltung einnimmt. Während die Schafhaltung als typische
Nutztierhaltung vorwiegend nach wirtschaftlichen Kriterien ausgerichtet und in erster Linie
der Erzeugung von Qualitätslammfleisch dient, ist die Haltung von Lamas und Alpakas als
"Liebhabertier" weniger streng orientiert und richtet sich oft eher nach der Optimierung des
Wohlbefindens der Tiere.
Ob sich diese spezielle Behandlung von Lamas und Alpakas auch rechnet, wird im 2. Teil
der Arbeit durch Maria Leitner untersucht.
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10 Literaturverzeichnis / Quellenverzeichnis / Links
Dieser Punkt wird in den nächsten Wochen nachgereicht. Sollten Sie bis dahin Fragen
bezüglich der Quellen haben, so wenden Sie sich bitte per Mail an Nicole Helm.
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