SZ vom 29.Januar 2011 Seite 26 München

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SZ vom 29.Januar 2011 Seite 26 München
Seite 26 / Süddeutsche Zeitung Nr. 23
HF3
Samstag/Sonntag, 29./30. Januar 2011
WIRTSCHAFT
Die Frau von Freds Bruder
Befleckt
Als Studentin startete Constanze Alef ein eigenes Label. Heute, fünf Jahre später, findet man ihre Taschen in aller Welt
Österreichs Ex-Finanzminister Grasser hat Steuern hinterzogen
D
ie weiße Weste schmückt keinen so
wie Karl-Heinz Grasser. Nicht nur,
dass der Schönling unter Europas einstigen Finanzpolitikern gerne im Frack, im
Smoking oder ähnlich gravitätischer
Staffage Festlichkeiten beglückt. Österreichs
ehemaliger
Finanzminister
spricht auch gerne von diesem textilen
Attribut, um damit die Reinheit seiner
Seele zu dokumentieren. Doch nun ist da
dieser Fleck: Ausgerechnet während seiner Zeit als Minister hat Grasser Erlöse
aus Veranlagungen in Kanada nicht versteuert. Nun hat er eine Selbstanzeige
bei der Staatsanwaltschaft eingereicht,
die Steuerschuld von knapp 18 000 Euro
nachgezahlt und so Straffreiheit erlangt.
Seine Weste habe jetzt vielleicht einen
winzigen Fleck, ließ er wissen. Das tue
ihm auch sehr leid, aber jetzt, so glaubt
er, „dass meine steuerliche Situation perfekt ist“.
Von Simone Lankhorst
C
onstanze Alef wirkt angeschlagen
an diesem klaren Wintermorgen.
Ihre Wangen leuchten fiebrig. Sie
trägt einen dicken Schal und eine Strickjacke, die Haare hat sie zu einem Zopf zusammengebunden. „Es geht mir gut“, versichert sie. Muss es auch, denn sie und ihre drei Mitarbeiterinnen stecken in den
Vorbereitungen für den Lagerverkauf
am nächsten Tag. Alle vier stehen in einer Halle auf dem stillgelegten Zechengelände Lohberg in Dinslaken, nördlich
von Duisburg. Ohne Mühe hätten hier
zwei Reisebusse nebeneinander Platz, an
meterlangen Stangen hängen Taschen in
allen Farben, Größen und Designs, darunter stapeln sich Kisten. Modelle mit
kleinen Mängeln kosten zehn oder 20 Euro – bei einem regulären Ladenpreis von
bis zu 230 Euro ein Schnäppchen. „Das
machen wir zweimal im Jahr für Stammkunden“, erklärt Alef, und eine Mitarbeiterin ergänzt: „Manchmal ist das wie
Krieg, wenn die hier reinstürmen.“
Dabei ist „Fredsbruder“ noch gar
nicht so bekannt in Deutschland. Liebhaber der Taschen aber nennen die Marke
schon in einem Atemzug mit dem erfolgreichen Label „Liebeskind Berlin“, das
Kultstatus hat und dessen Taschen, Gürtel und Accessoires bei Ebay manchmal
Summen erzielen, die über dem Ladenpreis liegen. Für Alef ist das noch ein fernes Ziel. Doch Parallelen gibt es. „Fredsbruder“ und „Liebeskind Berlin“ haben
beide einen deutschen, einprägsamen Namen und dieselbe Zielgruppe: junge, modebewusste Frauen, die ins Berufsleben
einsteigen. Und was macht den Erfolg
Er sieht sich von der Justiz zu
Unrecht verfolgt. Seine Frau
vergleicht ihn mit Marilyn Monroe.
Die Idee, ein eigenes Unternehmen
zu gründen, war
das Ergebnis einer
Asienreise. Freunde sprachen Constanze Alef immer
wieder auf die
Taschen an, die sie
in China gekauft
hatte. So suchte
sie sich Produzenten in China und
begann zu handeln. Das Konzept
ging auf, die Firma
auf dem Zechengelände in Dinslaken brummt. Alefs
Taschen gibt es
heute in zahlreichen Läden, von
Berlin und Zürich
bis ins ferne
Los Angeles.
„Was konnte mir schon
passieren? Ein Dach hätte ich bei
meiner Familie immer gehabt.“
aus? „Es sind Lieblingstaschen für jeden
Tag, die man im Job tragen kann, die
aber auch noch zu der inneren Turnschuhträgerin passen“, erklärt Constanze Alef ihr Konzept. Und verrät auch,
was der ungewöhnliche Name bedeutet.
„Ich hatte ein Kuscheltier, ein grünes Nilpferd, das hieß Fred. Fred ging verloren.
So bekam ich ein neues grünes Nilpferd –
eben Freds Bruder“, erzählt die 30-Jährige.
Die Idee, sich mit dem Verkauf von Taschen selbständig zu machen, entstand
noch während ihres Wirtschaftsstudiums – als sie ein Thema für ihre Diplomarbeit suchte. Da war sie 25 und kam gerade von einer Asienreise zurück. „Dort
habe ich Taschen gekauft, weil ich die
viel schöner fand als in Deutschland“ –
und deutlich günstiger. Als Freunde und
Bekannte sie immer wieder auf ihre Taschen ansprachen, reifte ihr Entschluss.
Sie begann, den Markt zu sondieren, stellte fest, dass es zwischen der Massenware
und den teuren Luxuslabels eine große
Lücke gab. „Für Mädels wie mich, die
keine 1000 Euro übrig haben, gab es einfach nichts.“ Kurzerhand löste sie im
Jahr 2006 den Bausparvertrag auf, den ihre Mutter für sie angelegt hatte, zog über
die Märkte und Messen in China, Hongkong und Indonesien und kaufte für mehrere tausend Euro Taschen. „Die habe
ich dann an meine Freundinnen verkauft, um zu schauen, was gut ankommt.“
Der Test lief gut, die Taschen waren
schnell verkauft. Alef flog nach Hongkong, verhandelte mit Produzenten –
und stand schon einige Monate später
mit ihrer ersten eigenen Kollektion auf
der Internationalen Lederwarenmesse
Offenbach (ILM). „Mein Messestand war
total provisorisch, die Traversen zusammengeliehen aus einem Theaterfundus“,
erinnert sie sich. „Die Messebauer haben
den Kopf geschüttelt, als wir da anka-
Foto: R. Vennenbernd
men.“ Trotzdem kamen erste Kunden.
Nur vier Jahre später hat „Fredsbruder“
für eine Linie gebatikter Ledertaschen
den Deutschen Lederwarenpreis erhalten, der so etwas ist wie der „Oscar“ der
Branche – verliehen von der Messe in
Offenbach.
Mittlerweile werden die Taschen, Gürtel, Schuhe und Accessoires von „Fredsbruder“ in 550 Geschäften weltweit vertrieben – von der Lederwarenboutique in
Zürich bis hin zum KaDeWe in Berlin.
Sogar in einem Laden in Los Angeles stehen die Taschen aus Dinslaken. In Düsseldorf, nicht weit von der Kö entfernt, der
teuersten Einkaufsstraße NordrheinWestfalens, hat die Unternehmerin vor
zwei Jahren den ersten eigenen „Fredsbruder“-Laden eröffnet. „Als Bench-
Gründer und Pleiten
Im Jahr 2009 haben sich 872 000 Personen in Deutschland haupt- oder nebenberuflich selbstständig gemacht.
Erstmals seit sechs Jahren sind damit die Gründerzahlen wieder gestiegen – als Folge der Wirtschaftskrise;
jeder fünfte Gründer war vorher arbeitslos. Jeder vierte Gründer gibt innerhalb der ersten drei Jahre wieder
auf, heißt es im Gründungsmonitor
2010 der KfW-Bankengruppe. Die repräsentative
Bevölkerungsbefragung wird seit 2000 erhoben.
mark“, sagt sie. „Der Großhandel ist am
wichtigsten, aber der Einzelhandel ist
sehr spannend, um zu lernen.“ Fünf feste
Mitarbeiter, eine Auszubildende und bis
zu zehn Aushilfen beschäftigt Constanze
Alef. „Es geht uns ganz gut“, sagt sie, lächelt und schweigt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Unternehmensgründung missglückt, ist
groß (Stichwort), doch Angst vor dem
Scheitern hatte Constanze Alef nie.
„Was konnte mir schon passieren? Auch
wenn es schiefgegangen wäre, hätte ich
bei meiner Familie immer ein Dach über
dem Kopf gehabt.“
Constanze Alef stammt aus bürgerlichen Verhältnissen. Ihr Vater, der früh
starb, war Ingenieur, die Mutter Sachbearbeiterin. Die Tochter konnte auf Kapital zurückgreifen und, im Gegensatz zu
vielen anderen Existenzgründern, auf
Kredite und Förderzuschüsse verzichten. „Ich bin zu keiner Bank gegangen.
Das ist einfach nicht meine Mentalität.
Es ging alles so schnell, da hatte ich weder Zeit noch Lust, mich mit Gründerkrediten auseinanderzusetzen.“
Erst als das Unternehmen wächst und
sie die Lagerräume auf dem Zechengelände in Dinslaken anmietet, nimmt sie
Fremdkapital auf. Ihre Mutter hat ihren
Job aufgegeben und hilft inzwischen bei
„Fredsbruder“ mit, sie kümmert sich um
den Verkauf im Düsseldorfer Laden.
„Das birgt natürlich Konflikte, aber ich
weiß auch, ich kann mich hundertprozen-
tig auf sie verlassen, weil sie will, dass alles zu meinem Besten ist“, sagt Constanze Alef.
Die Gründerin hat bislang nicht bereut, in China zu produzieren, im Gegenteil. „Zum einen sind Chinesen sehr modebegeistert. Sie haben ein Gespür für
Trends. Und ich mag die chinesische Mentalität, dieses Wuselige und Strebsame.“
An die chinesischen Abläufe musste sie
sich allerdings erst gewöhnen und lernen, dass Problemlösungen Zeit brauchen. „Die Meetings laufen ganz anders
als in Deutschland. Es wird viel gegessen
und gequatscht – über alles Mögliche,
nur nicht über die Mängel an dem Modell, um die es eigentlich geht“, sagt sie.
Wie wichtig aber die Pflege von Kontakten für die Chinesen ist, hat sie erst kürzlich wieder erfahren. Zu ihrem 30. Geburtstag kamen ihre zwei chinesischen
Produzenten spontan angereist – und
blieben eine ganze Woche.
Es klopft an der Tür. Eine etwas gestresst wirkende Mitarbeiterin bittet die
Chefin um Hilfe, das Telefon klingelt unentwegt. Zeit für eine letzte Frage: Was
wünscht sie sich für die Zukunft? „Dass
man Frauen auf der Straße nach ,Fredsbruder‘ fragen kann, und sie wissen, was
das ist.“
Ihr Studium hat Constanze Alef nie abgeschlossen. Auf ihrem Rechner findet
sich immer noch ein Dokument mit dem
Titel „Diplomarbeit“. Darin ein einziger
Satz: Inhaltsangabe mit Inhalt füllen.
Der oberste Steuerhüter der Republik
als oberster Steuerhinterzieher? Der Finanzminister habe wohl in den eigenen
Finanzen den Überblick verloren – oder
verlieren wollen, zeigt sich der frühere
Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler
konsterniert. Das mit der weißen Weste
ist so eine Sache: Denn Grasser, Ehemann der gern als „Kristallerbin“ titulierten Fiona Swarovski, ist nicht nur eine schillernde Figur der Wiener Gesellschaft. Ihm wird auch erhebliche sinistre
Energie unterstellt, was die Bedienung
von Freunden mit Provisionen und sonstigen Zuwendungen anbetrifft.
Ermittlungsverfahren sind schon
reichlich angestrengt und wieder eingestellt worden. Derzeit läuft eine Reihe
von Ermittlungen wegen verschachtelter
Stiftungskonstruktionen in Liechtenstein, der Schweiz und der Karibik. Grasser fühlt sich verfolgt, und schrieb an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner einen beleidigten Offenen Brief: Die Justiz
verfolge ihn intensiver als andere, ständige Anschuldigungen schadeten seiner Reputation. Die Ministerin konterte, es sei
wohl an der Zeit, Grasser „von seinem hohen Ross herunterzuholen“.
Die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit ist unterschiedlich. Denn Grüne,
Freiheitliche und Sozialdemokraten meinen, die Justiz habe Grasser immer geschont. Etwa bei den Geschäften mit
dem Großspekulanten Julius Meinl, der
derzeit für 100 Millionen Euro Kaution
auf freiem Fuß ist, und dem Betrügereien
in aberwitzigem Ausmaß vorgeworfen
werden. Als Finanzminister hat Grasser
auch seine Kumpane aus der berüchtigten „Buberlpartie“ um den einstigen Gu-
Martin Nebeling an UIA-Spitze
Fischler will FAO-Chef werden
Ex-EU-Agrarkommissar Franz Fischler,
64, kandidiert für die Leitung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen. Österreich habe den konservativen Politiker
für diesen Posten nominiert, teilte das
Landwirtschaftsministerium in Wien am
Freitag mit. Bislang gibt es vier Kandidaten für den FAO-Chefposten, darunter
ist der frühere spanische Außenminister
Miguel Angel Moratinos. Die Bewerbungsfrist endet am 31. Januar, die Wahlen finden Ende Juni bis Anfang Juli am
Sitz der Organisation in Rom statt. Amtsinhaber Jacques Diouf aus Senegal scheidet zum Jahreswechsel 2012 aus.
Fischler war seit 1989 Landwirtschaftsminister in Österreich und von 1995 bis
2004 Kommissar in Brüssel. Dort war er
unter anderem für die Reform der EUAgrarpolitik verantwortlich.
AFP
Karl Jungbeck ist mit seiner Altenburger Firma reich geworden. Seine Ware gilt inzwischen als Luxusprodukt
Altenburg – Der Mann genießt den Aufstieg sichtbar und macht aus seinem Vermögen keinen Hehl. Der Spiegel im Foyer stammt aus dem Nachlass der österreichischen Kaiserin Sissi, das Getränk auf
dem Tisch aus dem Weinberg von Günther Jauch an der Saar. Karl Jungbeck,
65, redet gern über seine Karriere und
zeigt, was sie ihm inzwischen ermög-
TMENSCHEN
TMARKENTMÄRKTE
licht. Der Mann ist mit Senf reich geworden, und das innerhalb von zwei Jahrzehnten. Jungbeck kam 1991 ins ostthüringische Altenburg und gründete dort
die Firma „Altenburger Senf“, ein Unternehmen, von dem selbst viele Thüringer
annehmen, dass es hundertjährige Geschichte hat. In diesem Glauben sollen
sie auch bleiben. Das Datum der Firmengründung steht auf keinem Glas.
Jungbeck hat aus dem Allerweltsgewürz Senf eine Marke gemacht, das Sortiment um Konfitüren und Gewürze erweitert und prominente Werbeträger gewonnen. Zum Beispiel für Feigensenf. Für
diese und andere Delikatessen darf der
Thüringer seit 2008 mit Namen und Konterfei von Fernsehkoch Johann Lafer
werben. Zwischen fünf und zehn Millionen Euro setzt der Unternehmer mit seinen 35 Mitarbeitern im Jahr um. „Und
ich habe vom ersten Tag an damit Geld
verdient“, beteuert Jungbeck. Allein 300
Senfsorten gibt es inzwischen, und es
werden immer mehr.
1129 Gramm Senf konsumierte jeder
Deutsche 2009 im Durchschnitt, heißt es
beim Verband der Hersteller Kulinarischer Lebensmittel (VKL). Das entspricht einem Produktionswert von
mehr als 160 Millionen Euro. Dominiert
wird der Markt von Develey, Thommy
und Kühne. „Für Altenburger Senf
bleibt da nur eine kleine Nische“, sagt
VKL-Geschäftsführer Gerhard Weber,
er schätzt den Marktanteil auf höchstens
acht Prozent.
Eine Nische, in der Jungbeck sich inzwischen ganz gut eingerichtet hat. Seit
seinem 18. Lebensjahr arbeitet der Großhandelskaufmann in der Lebensmittelbranche. Er hat bei einer Firma aus Neutraubling bei Regensburg angefangen.
Dort brachte er es bis zum bundesweiten
Verkaufsleiter, „mein absoluter Traumjob“. Da er schon vor 1990 viele Kontakte in der DDR hatte, ging er nach der
Wende in den Osten. Neben dem Verkauf
von Gewürzen sollte er für seinen oberpfälzischen Arbeitgeber auch örtliche
Senfhersteller an Handelsketten vermitteln. Eine besonders schwere Aufgabe.
„Die Ostdeutschen verlangten weiter
nach ihrem Senf“, erinnert er sich. So
stieg Jungbeck selbst in das Geschäft ein.
Er hat dafür einen Kredit in Höhe von
600 000 DM aufgenommen, was ihm nie
schlaflose Nächte bereitet hat.
Jungbeck führt durch seine Halle. Sie
steht in einem Gewerbegebiet auf einer
Altenburger Anhöhe. Bis zur Firmengründung war hier ein Chicorée-Feld,
ein Feld auch dort, wo im Oktober das Altenburger-Senf-Kochstudio und der
Werksverkauf eröffnet wurden. Um zu
zeigen, was sein Produkt von anderen unterscheidet, geht Jungbeck zu einem
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Sack mit Senfkörnern und fordert dazu
auf, den Inhalt so lange zwischen den Fingern zu reiben, bis ein öliger Film spürbar wird. „Das ist der Unterschied“, sagt
er und lächelt dabei, als verriete er, wie
man aus Stroh Gold spinnt. Andere Hersteller entölen die Körner, um die Flüssigkeit für viel Geld an Kosmetikhersteller
zu verkaufen. Der Senf schmeckt dann allerdings fader. Beim Altenburger Senf
bleibt das Öl drin. Neben den Körnern bestimmt das Wasser die Qualität des Endproduktes. Das gewinnen die Altenburger auf dem Firmengelände aus einem eigenen Tiefbrunnen, der seit 2007
als natürlicher Mineralwasserbrunnen
anerkannt und zertifiziert ist.
Das billigste Produkt aus dem Sortiment der Thüringer, Altenburger Senf
im Plastikglas, kostet 40 Cent und damit
erheblich mehr als Konkurrenzprodukte
im Discounter. Am Umsatz der Firma
hat dieser Tafelsenf aber einen geringen
Anteil; nur jeder zehnte Topf ist noch aus
Kunststoff. Bis 2004 machte Jungbeck
mit dieser Ware 90 Prozent des Umsatzes, den Rest mit Sauerkraut und Rotkohl in Tüten.
Jungbeck musste einsehen, dass es für
ihn als kleinen Produzenten aus dem Osten immer schwieriger wurde, von den
Mit „Sansibar“, dem
Promi-Restaurant von Herbert
Seckler, schloss Karl Jungbeck
vor zwei Jahren einen
prestigeträchtigen Vertrag.
Seitdem geben auch dort Kunden Altenburger Senf dazu.
Ein Finanzexperte, der den Überblick
verloren hat? Karl-Heinz Grasser hat
Steuern hinterzogen. „Ein Versehen“,
wie er sagt.
Foto: AFP
Noch ist Martin Nebeling nicht gewählt,
doch er fährt gelassen nach Antwerpen.
Dort soll die Internationale Anwalts-Union (UIA) an diesem Samstag den Düsseldorfer Juristen zum neuen Präsidenten
für Deutschland küren; die nationalen
Gremien haben sich bereits für ihn ausgesprochen. Drei Jahre lang will der promovierte Arbeitsrechtler aus der Kanzlei
Bird & Bird die internationalen Kontakte deutscher Rechtsanwälte ausbauen
und in zwei Jahren den Weltkongress der
Organisation in Dresden ausrichten. Die
UIA zählt zu den großen Dachverbänden
der Branche, mit mehr als 200 Mitgliedsorganisationen und tausenden Einzelmitgliedern. „UIA ist nicht politisch“, sagt
Nebeling, doch die Anwälte mischen sich
durchaus ein, wenn es um das Wohl ihrer
Kollegen im Ausland geht – etwa derzeit
in Tunesien.
rpr
Senf mit Promi-Note
Von Thomas Trappe
ru der österreichischen Rechten, Jörg
Haider, bedient. Der Verkauf von 60 000
Wohnungen aus Staatsbesitz soll manipuliert worden sein. Sicher ist, dass Kumpan Walter Meischberger Millionen an
Provisionen kassierte. Jüngst wurden Telefonabhörprotokolle der Polizei veröffentlicht, in denen Meischberger den ExMinister um einen Tipp anfleht, was er,
Meischberger, denn für eine Zahlung von
rund 300 000 Euro geleistet haben könnte. Die authentischen Protokolle werden
gelegentlich von Kabarettisten vorgetragen: Ein großer Publikumserfolg.
Grasser, einst Zögling Jörg Haiders,
überwarf sich mit ihm, worauf ihn jener
einen „moralischen Flachwurzler“ nannte. Sein zweiter politischer Ziehvater,
der christsoziale Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, war von seinem finanziellen und politischen Genie so überzeugt,
dass er ihn sogar zum Partei-Chef und
Kanzlerkandidaten machen wollte. Nur
Interventionen gewichtiger politischer
Freunde verhinderten das. Als Grassers
größte Leistung pries Schüssel immer ein
ausgeglichenes Staatsbudget Anfang des
vorigen Jahrzehnts – das aber mit rechnerischen Tricks geschönt war. Die Nation
traut Grasser längst einiges zu, aber bislang ist nichts bewiesen, außer der rechtlich erledigten Steuersache. Seine Frau
Fiona sieht in Grasser jedenfalls eine ikonenhafte, verfolgte Unschuld – und vergleicht ihn mit Marilyn Monroe: Die sei
auch von der Medienhatz zur Strecke gebracht worden.
Michael Frank
Handelsketten gelistet zu werden. Und
in den neuen Ländern machten Bautzner- und Born-Senf meist das Rennen.
„Ich dachte mir, wenn ich nicht mehr in
die Listung komme, dann muss ich den
Senf eben selbst vermarkten.“ 2004 eröffnete er in der Altenburger Innenstadt
den ersten eigenen Laden. Inzwischen
gibt es sieben in der gesamten Bundesrepublik, der achte soll 2011 in Berlin eröffnet werden. Es gebe viele Kunden, so
Jungbeck, die mit einem Dutzend Gläser
aus dem Laden gehen – bei einem Stückpreis zwischen 1,50 und drei Euro.
Zwischen drei und vier Millionen Gläser jährlich werden in den Geschäften
von Dresden bis Unna verkauft. Mit der
„Sansibar“, dem Promirestaurant Herbert Secklers auf Sylt, schloss Jungbeck
vor zwei Jahren einen prestigeträchtigen
Vertrag. Für Secklers Saucen und Gewürze kommen aus Altenburg nun zwei Tonnen Senf im Jahr.
Anfang Oktober eröffnete Jungbeck
gleich neben der Fabrikhalle sein eigenes
Kochstudio. 4000 Besucher seien zum
Tag der offenen Tür gekommen, sagt er.
Geführt wird das Kochstudio von Jungbecks Frau Helga, 54. Am Tag der Deutschen Einheit kochte die gebürtige Altenburgerin für Gäste Spaghetti mit den Gewürzmischungen, die die Senffabrik im
Sortiment hat. Fast noch glühender als
ihr Ehemann preist Helga Jungbeck den
Altenburger Senf. Nur mit einem Produkt mag sie sich nicht so recht anfreunden, erzählt ihr Mann. Den Mittelscharfen im Plastikbecher, damit solle er doch
aufhören, habe sie ihn gebeten. Für Karl
Jungbeck ist das aber ausgeschlossen:
„Das können wir unseren Stammkunden
nicht antun.“
Karl
Jungbeck, 65
Altenburger Senf
& Feinkost e.K.,
35 Mitarbeiter
Welche Charaktereigenschaft
schätzen Sie am
meisten?
Ehrlichkeit
Welches Talent hätten Sie gerne?
Das eines Dirigenten der Wiener
Philharmoniker
Wen fragen Sie um Rat, wenn es in
der Firma Ärger gibt?
Meine Frau
Jemand schenkt Ihnen 1000 Euro.
Was tun Sie damit?
Sofort weiterleiten an das nächste
Tierheim
Sie bekommen eine Woche frei, die
Firma ist in guten Händen. Wohin
fahren Sie?
Nach Madagaskar
In welcher anderen Firma wären Sie
gerne mal einen Monat Chef?
Im Bundeskanzleramt, um tüchtig
mit allem und allen aufzuräumen
Welches Buch lesen Sie gerade?
Das große Sansibarbuch
Was darf man Ihnen auf keinen Fall
zum Geburtstag schenken?
Unterwäsche
Fotos: oh
dima001
SZ20110129S1360598

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