Wilhelm Kusserow aus Bochum

Transcrição

Wilhelm Kusserow aus Bochum
Zum Gedenken an
Wilhelm Kusserow
Geboren am 4. September 1914 in Bochum
Gestorben am 27.April 1940 in MŸnster
Benjamin Stemmler
Hans-Bšckler-Schule
in MŸnster
Wilhelm
Kusserow
(1940)
Familie Kusserow im Juni 1937
Von links nach rechts: Annemarie, Wilhelm, Siegfried, Karl-Heinz, Waltraud,
Hildegard, Wolfgang, Magdalena, Elisabeth, Hans-Werner, Paul-Gerhard
und die Eltern Hilda und Franz
ãAus GlaubensgrŸnden war der Vater im Zuchthaus, die Mutter, eine Tochter und ein Sohn im
Konzentrationslager, zwei Tšchter im JugendgefŠngnis bzw. Strafgefangenenlager, zwei Sšhne,
Wilhelm Kusserow (am 27. April 1940) und Wolfgang Kusserow (am 27. MŠrz 1942 in
Brandenburg) wurden hingerichtet, und die drei JŸngsten wurden den Eltern entzogen und
buchstŠblich ohne ihr Wissen in Erziehungsheime verschleppt und dort Mi§handlungen
ausgesetzt.Ò (zit. aus dem Referat von Thomas Malessa / Johannes Wrobel; Arbeitskreis «Lila
Winkel« NRW vor dem Beirat der Stiftung fŸr die ermordeten Juden Europas, Berlin 19.7.2001)
Wilhelm Kusserow
zum Gedenken
Wilhelm Kusserow, geboren am 4. September 1914 in Bochum, hatte eine kurze
und dennoch so bedeutungsvolle Lebenszeit.
Auch wenn es nur wenige ErinnerungsstŸcke an Wilhelm Kusserow gibt, will ich
versuchen, einige wiederzugeben.
Sein Bruder Hans Werner erinnert sich gerne an die gemeinsamen Basteleien an
Modellautos wŠhrend Wilhelm zu der Zeit schon in der Ausbildung oder auf der
Arbeit war.
Er war von Beruf Graveur und in der Firma Gerhardy in LŸdenscheidt angestellt.
Dieser Beruf entsprach wohl seinem Talent, wie man es den EntwŸrfen aus seiner
Berufschulzeit entnehmen kann.
Im Herbst 1939 kam der Anfang vom Ende fŸr Wilhelm, da er den
Einberufungsbefehl der Wehrmacht erhielt. Wilhelm trat seinen Dienst an, wenn
auch mit starken Gewissenskonflikten. Er war von seiner Kindheit an in biblischen
GrundsŠtzen und in der biblischen Moral geschult worden. Seine Gedanken galten
oft der Frage, warum der Staat so brutal war und christlich eingestellte Menschen,
Juden und Andere verfolgte und sogar zu vernichten suchte.
Wilhelm war sich bewusst, dass das Gesetz die Todesstrafe fŸr
Wehrdienstverweigerer forderte. Nach mehrmonatigen und reifen †berlegungen
kam er zu einem Entschluss, von dem ihn spŠter keiner mehr abbringen konnte. Er
wŠhlte die Verweigerung des Dienstes aufgrund seines christlichen Gewissens.
Aufgrund dieser Entscheidung wurde er kurze Zeit spŠter vom Kriegsgericht
MŸnster zum Tode verurteilt.
Sein Pflichtanwalt Dr. Rohr bat Wilhelms Mutter Hilda ihrerseits um Einwirkung
auf ihren Sohn, um ihm das Leben zu retten. Doch sie wollte ihrem Sohn nicht ins
Gewissen reden und versuchte Dr. Rohr in einem Brief seine GrŸnde darzulegen:
ãVšllige Treue wird von jedem Geschšpf gefordert, (...). Gott ist gerecht. Steht
mein Sohn im Dienste des Kšnigreiches Gottes, so muss er seinen Gehorsam
beweisen, selbst bis in den Tod. Jesus sprach: ãWer sein Leben verliert um
meinetwillen, der wird es erhalten.ÒÒ
Aus tiefen Glauben an das Kšnigreich Gottes, lie§ Wilhelm Kusserow am
27. April 1940 sein Leben.
Zu diesem Zeitpunkt trafen zwei Welten aufeinander. Wilhelm Kusserow in dem
tiefen Glauben an Gerechtigkeit und Menschlichkeit. Und auf der anderen Seite ein
Diktaturstaat, der hier im Falle des Nationalsozialismus nicht umsonst als die
grausamste und Menschen verachtendste aller Staatsformen bezeichnet werden
kann, die je existierte.
Dieser Staat konnte nicht gewinnen. Durch seinen Tod hat Wilhelm eben diesen
Staat besiegt.
Wilhelm Kusserow gab uns durch seine strikte Weigerung, anderen Menschen
Leid zuzufŸgen, ein nachahmenswertes Beispiel. Dieses hat hier, heute und in der
Zukunft Bestand, was auf das totalitŠre System unter dem Wilhelm sterben musste,
nicht zutrifft.
Dieser Mensch und sein Lebensweg haben mich tief beeindruckt und ich mšchte
dafŸr danken, dass ich meine Empfindungen hier zu Papier bringen durfte.
MŸnster, den 26. April 2002
Diesen Plan zeichnete Wilhelm Kusserow wŠhrend seiner Haftzeit in MŸnster.
(Faksimile, im Original im DinA4 - Format)
Faksimile des Abschiedsbriefs von Wilhelm Kusserow an seine Familie vom 26. April 1940