kurzen Zusammenfassung des Referats
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kurzen Zusammenfassung des Referats
Zusammenfassung des Referates von Dr. Schädler Emanuel, Forschungsbeauftragter Recht beim Liechtenstein-Institut: Das Referat wurde am SA, 28. November 2015 im Rahmen des Projekttages für die Fächer Wirtschaft und Recht und Rechtslehre gehalten. Das Referat stand unter dem Titel „Grundlagen des liechtensteinischen Verfassungsrechts“. Einleitend erklärte der Referent, inwiefern eine Verfassung die rechtliche Grundordnung eines Staatswesens festlegt, indem sie den obersten Staatsorganen ihre Zuständigkeiten und Kompetenzen zuweist. Gerade in Liechtenstein mit seinen Besonderheiten als monarchischer Kleinstaat, so führte der Referent aus, gelte mehr noch als anderswo, dass das Verfassungsrecht historisch gewachsenes sowie grundsatzpolitisches Recht sei. In einem ersten Teil befasste sich das Referat dementsprechend mit der liechtensteinischen Verfassungsgeschichte. Ausgehend von der sogenannten Landamannverfassung, die sich im späten Mittelalter hierzulande gewissermassen als gelebte Verfassung mit Untertanenrechten festigte, spannte der Referent den Bogen über die Landständische Verfassung von 1818, nach welcher der regierende Monarch absolut herrschte, bis hin zur wegweisenden Konstitutionellen Verfassung von 1862. Durch sie erhielt der Landtag erstmals wirkliche Mitwirkungsrechte bei der Gesetzgebung und sie bedeutete damit die entscheidende Weichenstellung für alle nachfolgenden Verfassungsentwicklungen bis heute. Die herausragende Neuerung der Verfassung von 1921 bestand sodann, nebst etlichen anderen Fortschritten, in der Festlegung der liechtensteinischen Staatsform als „konstitutionelle Erbmonarchie auf demokratischer und parlamentarischer Grundlage“ mit einer dualistischen Verankerung der Staatsgewalt im Fürsten und im Volke. Schliesslich erläuterte der Referent die Verfassungsentwicklungen nach der Staatskrise 1992 bis hin zur Verfassungsänderung 2003 sowie deren Neuerungen. Im zweiten Teil des Referates widmete sich der Referent eben dieser geltenden Verfassung. Nach einem groben Überblick über die heutigen Verfassungsbestimmungen ging es um die anlässlich der Verfassungsänderung 2003 umstrittenen Themen. Exemplarisch legte der Referent drei Beispiele dar, nämlich das fürstliche Notverordnungsrecht, die Nichtunterworfenheit des Fürsten unter die Gerichtsbarkeit sowie die fürstlichen Hausgesetze, wobei er jeweils die historischen Wurzeln in der liechtensteinischen Verfassungsgeschichte anhand der früheren Verfassungstexte nachwies. Der Referent liess dabei – ohne Schwarzweissmalerei als richtig oder falsch – die Argumente der Befürworter wie auch der Gegner zu Wort kommen. Er betonte wiederholt, dass eine Verfassung immer die gesellschaftlichen Verhältnisse ihrer Zeit und ihres Raumes abbilde und deshalb stets aus diesem Kontext heraus, das heisst insbesondere ohne anachronistische Vorurteile, gedeutet werden müsse. Als vielfältig erwies sich die abschliessende Zusammenstellung der verschiedenen Einschätzungen der Verfassung, die ein Spektrum von einigen kritischen bis hin zu zahlreichen lobenden Stimmen umfasste. Die Ausführungen belegten eindrücklich die anfangs vom Referenten aufgestellte Behauptung, dass es sich beim Verfassungsrecht um grundsatzpolitisches Recht handelt: Das Verfassungsrecht bietet einen grossen Spielraum für die Ausgestaltung eines Staatswesens und löst dadurch im Laufe der Zeit mit Veränderung der Verhältnisse naturgemäss immer wieder politische Debatten mit ganz unterschiedlichen Positionen aus. Gerade diese (mitunter hitzigen) politischen Debatten sind dabei aber der unentbehrliche Motor für die Verfassungsentwicklung, denn sie gewährleisten, dass eine Verfassung nicht durch Stillstand veraltet und dadurch ihre Tragfähigkeit für das Staatswesen einbüsst.