1 Schwerbehinderung I nhaltsverzeichnis A
Transcrição
1 Schwerbehinderung I nhaltsverzeichnis A
Schwerbehinderung Inhaltsverzeichnis A. Nachteilsausgleiche für mich I. Altersrente für Schwerbehinderte II. Steuerfreier Pauschbetrag III. Arbeitsrechtlicher Sonderkündigungsschutz IV. Sonderurlaub V. Vollständige und teilweise Befreiung von der Kfz-Steuer VI. Kraftfahrzeughilfe VII. Parkausweis VIII. Freie Fahrt mit Nahverkehrsmitteln B. Antragstellung, Ablehnungsbescheid und Kosten I. Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderung/Verschlimmerungsantrag II. Widerspruch gegen Ablehnungsbescheid/Herabsetzungsbescheid III. Klage vor dem Sozialgericht IV. Kosten C. Begriffe – Erklärende Worte I. Schwerbehinderung – was heißt das? II. Grad der Behinderung (GdB) / Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) III. Merkzeichen IV. Gleichstellung V. AHP – Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit VI. Ablauf der Heilungsbewährung A. Nachteilsausgleiche für mich Die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft bringt eine Reihe von Vergünstigungen/Vorteilen mit sich. Welche das sind, erfahren Sie hier: I. Altersrente für Schwerbehinderte Wissenswertes zur Altersrente für Schwerbehinderte finden Sie unter dem Punkt Rentenversicherung → Altersrente → Altersrente für Schwerbehinderte. II. Steuerfreier Pauschbetrag Personen, die anerkannt schwerbehindert sind, erhalten folgende steuerrechtlichen Vorteile: Steuerfreier Pauschbetrag von 310-1.420 € Behinderte Menschen erhalten, je nach Grad der Behinderung einen jährlichen steuerfreien Pauschbetrag: © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 1 1 1 1 2 6 8 8 10 10 11 11 11 12 12 13 14 14 14 15 16 16 Stufe 1 2 3 4 5 6 7 8 GdB 25-30 35-45 45-50 55-60 65-70 75-80 85-90 95-100 Pauschbetrag 310,00 € 430,00 € 570,00 € 720,00 € 890,00 € 1.060,00 € 1.230,00 € 1.420,00 € Steuerfreier Pauschbetrag von 3.700 € Gilt für schwerbehinderte Menschen mit dem Merkzeichen „Bl“ oder „H“. Steuerfreier Pauschbetrag von 924 € Gilt für die Pflegeperson eines schwerbehinderten Menschen mit Merkzeichen „H“. Erhöhte Aufwendungen für PKW zur Arbeitsstelle pro km 0,30 € Gilt für schwerbehinderte Menschen mit Merkzeichen „G“ oder einem GdB ab 70. Aufwendungen für Privatfahrten bis 3.000 km à 0,30 € Gilt für schwerbehinderte Menschen mit einem GdB von 80 oder einem GdB von 70 bei gleichzeitiger Geh- oder Stehbeeinträchtigung (Merkzeichen „G“ oder „aG“). Aufwendungen für Privatfahrten bis 15.000 km à 0,30 € Gilt für schwerbehinderte Menschen mit Merkzeichen „aG“ oder „H“. Absetzung der Kosten einer Haushaltshilfe i.H.v. 924 € Gilt für schwerbehinderte Menschen mit einem GdB von 50 oder höher. Erläuterungen zu den einzelnen Merkzeichen finden Sie unter dem Punkt Begriffe-Erklärende Worte weiter unten. III. Arbeitsrechtlicher Sonderkündigungsschutz Schwerbehinderte Menschen genießen gemäß § 85 SGB IX weitergehenden Kündigungsschutz. Die Vorschrift bestimmt den Grundsatz, dass eine Kündigung durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes bedarf. Es handelt sich hierbei um ergänzenden Kündigungsschutz, d.h. er tritt dem allgemeinen Kündigungsschutz (z.B. nach dem Kündigungsschutzgesetz) hinzu. Keine Rolle spielt hierbei die Betriebsgröße des Arbeitgebers und damit auch nicht die Frage, ob der Arbeitgeber aufgrund der geringen Beschäftigtenzahl überhaupt verpflichtet ist, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Der Sonderkündigungsschutz gilt gemäß § 68 Abs. 3 SGB IX nicht nur für schwerbehinderte, sondern auch für diesen gleichgestellte behinderte Menschen. Mehr hierzu unter Punkt „Gleichstellung“. Begünstigte im Sinne des § 85 SGB IX sind Arbeitnehmer (Angestellte und Arbeiter), die in einem Arbeitsverhältnis stehen. Hierzu zählen auch Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Angestellte. © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 2 Die Zustimmung des Integrationsamtes vor Ausspruch der Kündigung ist Wirksamkeitsvoraussetzung. Ist eine Kündigung ohne die Zustimmung ausgesprochen worden, so ist sie gemäß § 134 BGB unwirksam. Anwendbarkeit des § 85 SGB IX Voraussetzung für das Eingreifen des Sonderkündigungsschutzes ist gemäß § 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX, dass das Arbeitsverhältnis wenigstens sechs Monate bestanden hat. Keine Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft des Mitarbeiters hat. Nachweis der Schwerbehinderung im Zeitpunkt der Kündigung Der Arbeitgeber bedarf zur Kündigung gemäß § 90 Abs. 2a SGB IX nicht der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes, wenn zum Zeitpunkt der beabsichtigten Kündigung die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nicht nachgewiesen, d.h. entweder nicht offenkundig oder der Nachweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nicht durch Vorlage eines Feststellungsbescheides i.S.v. § 69 Abs. 1 SGB IX bzw. Schwerbehindertenausweises geführt worden ist. Etwas anderes gilt nur, wenn das Verfahren zur Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch zwar beim Versorgungsamt anhängig ist, über den Antrag aber ohne Verschulden des Antragstellers im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht entschieden ist. Zweck dieser Vorschrift ist die Vorbeugung vor Missbrauch des Kündigungsschutzes. Es soll verhindert werden, dass ein Arbeitnehmer ein von Anfang an aussichtsloses Feststellungs- oder Gleichstellungsverfahren mit dem Ziel einleitet, für die Dauer des Verfahrens Kündigungsschutz in Anspruch nehmen zu können. Beantragungs- bzw. Erklärungsfrist des Arbeitgebers Hat der Arbeitgeber die Zustimmung zur Kündigung beim Integrationsamt beantragt und ist diese erteilt worden, so kann der Arbeitgeber die Kündigung gemäß § 88 Abs. 3 SGB IX nur binnen eines Monats aussprechen. Die Frist beginnt mit Zustellung der Zustimmungserklärung an den Arbeitgeber. Bei der außerordentlichen (fristlosen Kündigung) unterliegt der Arbeitgeber gemäß § 91 Abs. 5 SGB IX nicht der Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB. Während die Kündigung hiernach eigentlich nur binnen zwei Wochen ab Kenntnis vom Kündigungsgrund zulässig ist, kann der Arbeitgeber in diesem Fall die Kündigung auch noch nach Erteilung der Zustimmung durch das Integrationsamt aussprechen. Dies hat jedoch unverzüglich, d.h. „ohne schuldhaftes Zögern“ zu erfolgen. Allerdings hat der Arbeitgeber auch hierbei das Recht, die Zwei-Wochen-Frist des § 622 Abs. 2 BGB voll auszuschöpfen. Sollte also eine Kündigung nach bekannt gegebener Zustimmung des Integrationsamtes nicht „unverzüglich“ ausgesprochen worden sein, so ist entscheidend, dass sie innerhalb der „Zwei-Wochen-Frist“ des § 622 Abs. 2 BGB erfolgt ist. Bei der außerordentlichen Kündigung hat der Arbeitgeber insbesondere zu beachten, dass die Zustimmung zur Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen beantragt werden kann. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt, so z.B. Kenntnis darüber, dass der Arbeitnehmer Betriebsmittel gestohlen hat. © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 3 Rechtsbehelf gegen Zustimmung Der betroffene Arbeitnehmer kann in den Fällen, in denen das Integrationsamt der Kündigung zugestimmt hat, hiergegen Widerspruch beim Integrationsamt einlegen. Bleibt dieser erfolglos, so muss er eine Anfechtungsklage beim zuständigen Verwaltungsgericht erheben. In dieser Zeit ist die Kündigung jedoch schwebend wirksam. Hebt der Widerspruchsausschuss bzw. das Verwaltungsgericht die Zustimmung auf, so wird die Kündigung nichtig und entfaltet keine Wirkung. Gleichstellung Behinderte Menschen mit einem festgestellten Grad der Behinderung von weniger als 50 (fünfzig), mindestens jedoch 30 (dreißig), können auf Antrag von der zuständigen Agentur für Arbeit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden (§ 68 Abs. 2 SGB IX). Voraussetzung hierfür ist, dass sie ohne die Hilfe des Schwerbehindertenrechts eine Beschäftigung auf einem geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen bzw. behalten können. Diese Voraussetzung ist eng auszulegen. Ist nicht die Behinderung des Arbeitnehmers, sondern z.B. die wirtschaftliche Lage des Betriebes der Grund für die Gefährdung des Arbeitsplatzes, wird die Agentur für Arbeit dem Antrag auf Gleichstellung nicht entsprechen. Die Gleichstellung gilt rückwirkend vom Tag der Antragstellung. Dies ist insbesondere für den Kündigungsschutz der §§ 85 ff SGB IX von Bedeutung, falls die Kündigung nach Antragstellung, jedoch vor der Entscheidung hierüber ausgesprochen wird. Unabdingbarkeit Der Kündigungsschutz des § 85 SGB IX ist als öffentlich-rechtlicher Kündigungsschutz unabdingbar. Es ist daher nicht möglich, ihn durch einzelvertragliche Vereinbarungen, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen einzuschränken oder gar auszuschließen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können jedoch wirksame Aufhebungsverträge oder Prozessvergleiche abschließen. Kriterium der Sozialauswahl Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine Schwerbehinderung seines Arbeitnehmers im Rahmen der Sozialauswahl bei einer betriebsbedingten Kündigung zu berücksichtigen. Auch wenn sich keine spezielle Regelung findet, ist eine Gleichstellung (siehe oben) nach allgemeiner Ansicht im Rahmen der Sozialauswahl ebenso zu berücksichtigen. Es gilt jedoch ein zweistufiges Verfahren, d.h. der Arbeitnehmer hat zunächst nach § 86 SGB IX die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen und erst anschließend die Bewertung der Sozialkriterien unter Einbeziehung des schwerbehinderten Menschen in die Gruppe der vergleichbaren Arbeitnehmer vorzunehmen. Erweiterter Bestandsschutz Grundsätzlich gilt § 85 SGB IX nur für Kündigungen durch den Arbeitgeber. Jedoch ist wird das Erfordernis der Zustimmung durch das Integrationsamt gemäß § 92 SGB IX auch auf andere Fälle ausgeweitet. Hiernach bedarf es ebenfalls einer vorherigen Zustimmung, wenn das Arbeitsverhältnis im Falle des Eintritts einer teilweisen © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 4 Erwerbsminderung, einer Erwerbsminderung auf Zeit oder bei Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit auf Zeit anders als durch Kündigung beendet wird. Diese Vorschrift soll insbesondere vor Auflösungsklauseln (z.B. in Tarifverträgen) schützen. Hat der Arbeitnehmer die Rente beantragt und wird sie daraufhin bewilligt, so hat der Arbeitgeber das Zustimmungsverfahren einzuleiten, sobald er hiervon Kenntnis erlangt. Im Falle der Erwerbsminderungsrente prüft das Integrationsamt, ob nicht eine anderweitige Beschäftigung des schwerbehinderten Arbeitnehmers, d.h. insbesondere die Einrichtung eines Teilzeitarbeitsplatzes (§ 81 Abs. 5 Satz 2 SGB IX) in Betracht kommt. Eine Zustimmung zur Kündigung wird demnach nur erteilt werden, wenn ein solcher Teilzeitarbeitsplatz dem Arbeitgeber nicht möglich oder aber nicht zumutbar ist. Bei einer Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ist die Zustimmung regelmäßig zu erteilen, wenn dem Arbeitgeber nicht zuzumuten ist, den Arbeitsplatz für den schwerbehinderten Arbeitnehmer bis zur Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit offen zu halten. Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit schwerbehinderten Arbeitnehmern oder Gleichgestellten ist grundsätzlich zulässig und eine Zustimmung des Integrationsamtes nicht erforderlich. Jedoch ist in diesen Fällen unbedingt zu beachten, dass das Integrationsamt, im Einvernehmen mit dem Landesarbeitsamt, dem schwerbehinderten Menschen gemäß § 117 Abs. 1 SGB IX für max. sechs Monate die besonderen Hilfen für Schwerbehinderte entziehen kann, wenn er seinen Arbeitsplatz ohne berechtigten Grund aufgibt. Anfechtung des Vertrages Keinen Schutz durch das Integrationsamt erhält der schwerbehinderte Mensch oder Gleichgestellte, wenn der Arbeitgeber das Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrages anficht. Hierzu bedarf es keiner Zustimmung durch das Integrationsamt. Eine Anfechtung hat zur Folge, dass ein Vertrag als von Anfang nichtig anzusehen ist. Jedoch sollen Ansprüche aus dem Vertrag grds. nur für die Zukunft entfallen, empfangene Leistungen wie z.B. Arbeitslohn müssen nicht zurückgewährt werden. Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit den Vertrag wegen Irrtums anzufechten. Bei einer Behinderung handelt es sich um eine „verkehrswesentliche Eigenschaft“ i.S.v. § 119 Abs. 2 BGB, wenn diese die Fähigkeit zur Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung in erheblicher Weise einschränkt. Dies bedeutet, der Arbeitgeber kann u.U. den Arbeitsvertrag durch Anfechtung „zerstören“, wenn die Leistung durch die Behinderung erheblich eingeschränkt ist und er von der Behinderung bei Vertragsschluss nichts wusste. War die Behinderung offenkundig und hätte der Arbeitgeber dies erkennen müssen, so ist die Anfechtung ausgeschlossen. Wirkt sich die Behinderung nicht auf die Erbringung der Arbeitsleistung aus, so führt die Fehlvorstellung nicht zu einer Anfechtungsmöglichkeit. Die Anfechtung hat „ohne schuldhaftes Zögern“ zu erfolgen. Wird diese Frist überschritten, ist die Anfechtung nicht mehr möglich. Eine weitere Möglichkeit der Anfechtung liegt bei der arglistigen Täuschung über Tatsachen vor. Eine Falschauskunft im Rahmen des Vorstellungsgesprächs kann zu © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 5 einer Anfechtung führen, wenn die Frage an sich zulässig war. Andernfalls darf der Bewerber auch die Unwahrheit sagen. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ein uneingeschränktes Fragerecht, egal, ob sich eine mögliche Behinderung auf die ausgeschriebene Tätigkeit nachteilig auswirkt oder nicht. Dies ist spätestens seit der europäischen Antidiskriminierungsrichtlinie nicht unumstritten Arglist liegt demnach bereits vor, wenn der Täuschende die Absicht hatte, den Arbeitgeber zur Einstellung zu veranlassen. War die Behinderung offenkundig, so fehlt es an einer arglistigen Täuschung. Befristung des Arbeitsverhältnisses Der Gesetzgeber hat die Befristung von Arbeitsverhältnissen den besonderen Anforderungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) unterstellt. Danach ist eine Befristung für eine Dauer von max. zwei Jahren möglich. Danach bedarf es für eine weitergehende Befristung eines wichtigen Grundes. In Fällen der Einstellung schwerbehinderter Menschen hat der Arbeitgeber gemäß § 90 Abs. 3 SGB IX eine befristete Einstellung auf Probe dem Integrationsamt innerhalb von vier Tagen anzuzeigen. Beabsichtigt er, das Arbeitsverhältnis nach Auslaufen der Befristung nicht zu verlängern, so hat er hierüber auch das Integrationsamt zu informieren. Es besteht jedoch grundsätzlich nicht die Verpflichtung, die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen. IV. Sonderurlaub Jeder Schwerbehinderte Mensch hat nach § 125 SGB IX einen Anspruch auf einen einwöchigen bezahlten Zusatzurlaub. Dies gilt gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX jedoch nicht für gleichgestellte behinderte Menschen, sie erhalten lediglich den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Tagen gemäß § 3 BurlG. Dauer Gemäß § 125 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen einen Anspruch auf bezahlten Zusatzurlaub. Dieser beträgt grundsätzlich 5 Arbeitstage, was in der Regel einer Arbeitswoche entspricht. Verteilt sich die regelmäßige Arbeitszeit auf mehr oder weniger als 5 Arbeitstage in der Kalenderwoche, so erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend. Keine Rolle spielt dabei die, ob der schwerbehinderte Arbeitnehmer in Voll- oder in Teilzeit beschäftigt ist. Erstes Beispiel: Ein Betroffener, der an sechs Tagen der Woche insgesamt 30 Stunden (6 x 5 Std.) arbeitet, erhält auch an sechs Tagen Zusatzurlaub. Das Arbeitsentgelt ist ihm für die Zeit des Zusatzurlaubs (30 Std.) fortzuzahlen. Zweites Beispiel: Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer hingegen, der an vier Tagen der Woche ebenfalls insgesamt 30 Stunden (4 x 7,5 Std.) arbeitet, erhält an vier Tagen Zusatzurlaub. Auch ihm ist das Arbeitsentgelt für die Zeit des Zusatzurlaubs (30 Std.) fortzuzahlen. © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 6 Teilurlaub Auch wenn § 125 SGB IX nur den sog. „vollen Urlaubsanspruch“ behandelt, ist zu beachten, dass für einen schwerbehinderten Arbeitnehmer im Hinblick auf den Zusatzurlaub nichts anderes gilt, als für den allgemeinen Urlaubsanspruch aller Arbeitnehmer. Damit erwirbt er gemäß § 4 BurlG einen vollen Anspruch auf Zusatzurlaub erst, wenn das Arbeitsverhältnis sechs Monate besteht. Davor kann er keine Befreiung von der Arbeitspflicht verlangen, auch nicht für einen Teil des Jahresurlaubs. Einen Teilurlaubsanspruch, d.h. einen Anspruch auf ein Zwölftel des Zusatzurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der schwerbehinderte Arbeitnehmer hingegen dennoch gemäß § 5 BurlG, wenn • das Arbeitsverhältnis nach dem 30.06. beginnt und er daher nicht mehr die volle Wartezeit bis zum Ablauf des Kalenderjahres zurücklegen kann (§ 5 Abs. 1a) • wenn er zwar vor dem 30.06. eintritt, aber vor Ablauf von sechs Monaten wieder ausscheidet (§ 5 Abs. 1b) • wenn er zwar insgesamt schon länger als sechs Monate beschäftigt wird, aber in der ersten Hälfte des nächsten Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (§ 5 Abs. 1c) Beispiel: Das Arbeitsverhältnis dauerte vom 01.10.06 – 30.04.2007 Der Arbeitnehmer, welcher sein Arbeitsverhältnis im Laufe des 2. Halbjahres beginnt, kann seinen Teilurlaubsanspruch sogleich verlangen. Er kann nicht einwenden, er schulde wegen der kurzen Dauer des Arbeitsverhältnisses keine oder eine geringere Freistellung von der Arbeitsverpflichtung. Sofern die Schwerbehinderteneigenschaft nicht während des gesamten Kalenderjahres besteht, so ist zu beachten, dass dem Betroffenen für jeden vollen Monat der im Arbeitsverhältnis bestehenden Schwerbehinderteneigenschaft nur ein Anspruch auf ein Zwölftel des Zusatzurlaubs zusteht (§ 125 Abs. 4 SGB IX). Hierbei entstehende Bruchteile, von Urlaubstagen, die, sofern sie mindestens einen halben Tag ergeben, gemäß §125 Abs. 2 S. 2 SGB IX auf volle Urlaubstage aufzurunden sind. Übertragbarkeit Für den Fall, dass das Versorgungsamt die Schwerbehinderteneigenschaft gemäß Antragstellung rückwirkend anerkennt, findet sich in § 125 Abs. 3 SGB IX eine Regelung zu der Frage, ob der Zusatzurlaub in das nächste Kalenderjahr übertragen werden kann. Beispiel: Ein Arbeitnehmer beantragt mit Datum vom10.01.2006 die Anerkennung als Schwerbehinderter gemäß § 69 SGB IX. Am 15.12.2006 ergeht ein Bescheid, wonach rückwirkend zum 10.01.2006 ein GdB von 50 festgestellt wird. Hierzu wird auf die für den Grundurlaub geltenden Vorschriften verwiesen. Danach ist eine Übertragung des Zusatzurlaubs auf das folgende Kalenderjahr nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. In diesen Fällen muss der Zusatzurlaub auch in den ersten drei Monaten des Folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden, da er andernfalls verfällt. © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 7 Tip: Der Betroffene sollte während des laufenden Antragsverfahrens seinen Anspruch auf Zusatzurlaub gegenüber dem Arbeitgeber verlangen. Hat er dies getan und lehnt der Arbeitgeber den Zusatzurlaub ab, so hat der Betroffene gegenüber seinem Arbeitgeber einen sog. Ersatzurlaubsanspruch, wenn für den Arbeitgeber der Anspruch noch vor Ablauf des Urlaubsjahres erfüllbar war. Abdingbarkeit Da es sich beim Zusatzurlaub für Schwerbehinderte um einen gesetzlichen Anspruch handelt, kann der Betroffene hierauf nicht verzichten. V. Vollständige bzw. teilweise Befreiung von der Kfz-Steuer Vollständige Befreiung Diese erhalten Schwerbehinderte, die einen Ausweis mit orangefarbenem Flächenaufdruck und Merkzeichen „H“ (hilflos), „Bl“ (blind) oder aG (außergewöhnlich gehbehindert) besitzen. Darüber hinaus gilt die vollständige Befreiung auch für Kriegsbeschädigte und andere Versorgungsberechtigte, bei denen bereits am 01.06.1979 die Steuer erlassen war und bei denen der GdB mindestens 50 betrug. Hälftige Steuerbefreiung Eine 50%ige Ermäßigung erhalten Schwerbehinderte, die einen orangefarbenen Flächenaufdruck im Ausweis (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) oder das Merkzeichen „G“ haben. Der Schwerbehinderte muss jedoch auf das Recht zur unentgeltlichen Beförderung verzichten. Eine Bindung an diese Entscheidung besteht nicht, es kann jederzeit von der Steuerermäßigung zur Freifahrtberechtigung gewechselt werden. Sowohl die Steuerbefreiung- als auch die Ermäßigung gelten jeweils nur für ein Fahrzeug. Dies können sowohl PKW als auch Krafträder oder Wohnmobile sein. Entscheidend ist darüber hinaus, dass das Fahrzeug auf den Behinderten zugelassen ist, auf die Eigentumsverhältnisse kommt es dagegen nicht an. Die Steuervergünstigung entfällt, wenn der Behinderte das Fahrzeug zur Beförderung von Gütern oder zur entgeltlichen Beförderung von Personen einsetzt. Nicht gemeint ist damit die gelegentliche Mitnahme anderer Personen wie z.B. Arbeitskollegen, auch nicht im Rahmen einer Fahrgemeinschaft. Die Benutzung durch Dritte ist stets dann unschädlich, wenn diese zur Fortbewegung oder Haushaltsführung des Behinderten dient. Eine steuerschädliche Benutzung muss dem Finanzamt angezeigt werden. Für die Dauer dieser Nutzung ist dann Kfz-Steuer zu entrichten (mindestens 1 Monat). VI. Kraftfahrzeughilfe Ein schwerbehinderter Mensch hat gemäß § 40 SGB VII i.V.m. der KraftfahrzeughilfeVerordnung (KfzHV) unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf eine Kraftfahrzeughilfe. © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 8 Die Kraftfahrzeughilfe umfasst Leistungen • zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs • für behinderungsbedingte Zusatzausstattung • zur Erlangung der Fahrerlaubnis Die Voraussetzungen hierfür sind erfüllt, wenn • das Kfz infolge der Behinderung zum Erreichen des Arbeits- und Ausbildungsortes erforderlich ist. • das Kfz nach Größe und Ausstattung behinderungsgerecht ist. • eine eventuell erforderliche behinderungsbedingte Zusatzausstattung ohne unverhältnismäßigen Mehraufwand möglich ist. • der Verkehrswert eines Gebrauchtwagens mindestens 50 Prozent des Neuwagenpreises beträgt. Ein Anspruch besteht grundsätzlich nicht, wenn der Verletzte öffentliche Verkehrsmittel zumutbar benutzen kann. Nicht erforderlich ist, dass der Antragsteller ein Kfz selbst führen kann, es reicht aus, wenn jemand anderes dies für ihn tut. Die Beschaffung eines Kfz wird als „Zuschuss“ und zwar bis zu einem Betrag in Höhe des Kaufpreises, höchstens jedoch bis zu einem Betrag von 9.500 € gefördert. Der Zuschuss richtet sich gemäß § 6 KfzHV nach dem Nettoeinkommen des Versicherten. Die Hilfe soll nicht vor Ablauf von 5 Jahren seit der Beschaffung des zuletzt geförderten Fahrzeugs gewährt werden (§ 6 Abs. 4 KfzHV). In besonderen Härtefällen kann ein höherer Zuschuss zur Anschaffung eines Kfz gewährt werden. Die Kraftfahrzeughilfe umfasst Leistungen für die behinderungsbedingte Zusatzausstattung wie z.B. Automatik-Getriebe, Standheizung etc. sowie die technische Überprüfung und Wiederherstellung (§ 7 KfzHV). Diese Kosten hiefür werden in voller Höhe übernommen. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug schon serienmäßig über die Zusatzausstattung verfügt. Zu den Kosten, die für die Erlangung einer Fahrerlaubnis notwendig sind, wird ebenfalls ein Zuschuss geleistet, der wiederum abhängig vom Einkommen des Verletzten ist (§ 8 KfzHV). Achtung: Der Antrag auf Kraftfahrzeughilfe soll vor dem Abschluss des Kaufvertrages und dem behindertengerechten Umbau gestellt werden, d.h. die Hilfe steht dem Antragsteller - außer in Ausnahmefällen - nicht zu, wenn der Kaufvertrag bereits vor der Bewilligung geschlossen wurde. Zuständig für die Gewährung der Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation ist gemäß § 16 SGB VI der Rentenversicherungsträger. Für die Fälle der sozialen Rehabilitation, also solche Fälle, in denen das Kfz nicht zu beruflichen Zwecken benötigt wird, ist der Unfallversicherungsträger zuständig. Hier wird Hilfe gewährt, wenn das Kfz erforderlich ist, um die Auswirkungen der Unfallfolgen zu erleichtern, d.h. insbesondere um die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 9 VII. Parkausweis Im Hinblick auf die unterschiedlichen Interessenlagen und Bedürfnisse werden insbesondere in direkter Nähe zu öffentlichen Einrichtungen, in der Innenstadt und an anderen zentralen Orten Behindertenparkplätze eingerichtet. Außergewöhnlich Gehbehinderte und Blinde (Merkzeichen „aG“ und „Bl“ haben grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Parkerleichterung. Diese berechtigt zum Parken auf allgemeinen Behindertenparkplätzen. Unter bestimmten Voraussetzungen haben o.g. Personen auch einen Anspruch auf einen personenbezogenen Behindertenparkplatz, z.B. an der Privatwohnung oder am Arbeitsplatz. Die Ausnahmegenehmigung ist personenbezogen, so dass es für die Berechtigung zur Benutzung eines Behindertenparkplatzes erforderlich ist, dass der Behinderte entweder selbst Fahrzeugführer ist oder aber mit im Fahrzeug sitzt. VIII. Freie Fahrt mit Nahverkehrsmitteln Gemäß § 145 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Beweglichkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, im öffentlichen Personennahverkehr gegen Vorzeigen eines entsprechenden Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX unentgeltlich befördert. Der Ausweis muss durch einen halbseitigen orangefarbenen Flächenaufdruck gekennzeichnet sein. Zusätzlich muss darin das Merkzeichen „G“, „H“ oder „Gl“ vermerkt sein. In seiner Beweglichkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt (G) ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Diesen Nachweis kann ein schwerbehinderter Mensch mit einem GdB von wenigstens 80 nur mit einem Ausweis mit halbseitigem orangefarbenen Flächenaufdruck und eingetragenem Merkzeichen „G“ führen. Hilflos (H) ist eine Person, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf (§ 33b Abs. 6 EStG). Unter dem Begriff „Gehörlos“ (Gl) sind sowohl Hörbehinderte mit beiderseitiger Taubheit als auch Hörbehinderte mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beidseits und einhergehenden schweren Sprachstörungen zu verstehen. Neben dem Ausweis ist eine Wertmarke erforderlich. Diese erhält der Behinderte vom zuständigen Versorgungsamt auf Antrag. Diese Wertmarke wird grundsätzlich nur gegen Entrichtung eines Betrages in Höhe von 60 € (Gültigkeitsdauer 1 Jahr) oder von 30 € (Gültigkeitsdauer ½ Jahr) ausgegeben. Etwas anderes gilt grds. nur für Personen d die blind oder hilflos sind. Für sie ist die Wertmarke kostenfrei. Dies gilt ebenfalls für © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 10 Begleitpersonen des Behinderten, sofern im Ausweis das Merkzeichen „B“ eingetragen ist, weil der Behinderte einer ständigen Begleitung bedarf. Eine entsprechende Wertmarke wird nach § 145 Abs. 1 Satz 6 SGB IX nicht ausgegeben, solange der Ausweis einen gültigen Vermerk über die Inanspruchnahme einer Kraftfahrzeugsteuerermäßigung enthält. Darüber hinaus wird schwerbehinderten Menschen in vielen (öffentlichen) Einrichtungen ermäßigter oder freier Eintritt gewährt. B. Antragstellung, Ablehnungsbescheid und Kosten Wie beantrage ich die Feststellung der Schwerbehinderung? Was kann ich tun, wenn der Antrag abgelehnt wird. Und welche Kosten entstehen hierfür? Hier die Antworten: I. Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderung/ Verschlimmerungsantrag Sollten Sie bislang noch keinen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung gestellt haben, müssen Sie einen Erstantrag beim für Sie zuständigen (örtlichen) Versorgungsamt stellen. Ein entsprechendes Antragsformular erhalten Sie dort oder auf dieser Seite unter Download (bitte verlinken). Sollte bei Ihnen bereits ein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt sein, so können Sie einen sog. Verschlimmerungsantrag stellen. Hierfür können Sie das gleiche Antragsformular verwenden, wie für den Erstantrag. In beiden Fällen müssen Sie neben Angaben zur Person auch Angaben zu Ihren ärztlichen Behandlungen, Krankenhausbehandlungen und Kuren machen. Das Versorgungsamt wird zur Entscheidung über Ihren Antrag Befundberichte und Auskünfte Ihrer behandelnden Ärzte, Krankenhäuser etc. einholen. Das Verfahren kann erfahrungsgemäß einige Zeit dauern. Abschließend wird das Versorgungsamt über Ihren Antrag entscheiden und einen Bescheid erlassen. Wird Ihnen ein GdB von mindestens 50 (fünfzig) zugebilligt, so erhalten Sie auch einen Schwerbehindertenausweis. II. Widerspruch gegen Ablehnungsbescheid/Herabsetzungsbescheid Wird die Feststellung eines GdB gänzlich abgelehnt, wird der feststehende GdB nicht erhöht oder fällt der GdB aus Ihrer Sicht zu niedrig aus, so haben Sie die Möglichkeit, binnen eines Monats nach Zugang des Bescheids Widerspruch beim Versorgungsamt zu erheben. © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 11 Der Widerspruch ist zu begründen, andernfalls verspricht dieser keinen Erfolg. Sollten Sie den Widerspruch nicht von vornherein begründet haben, so setzt Ihnen die Behörde hierfür eine Frist. Anschließend prüft das Versorgungsamt, ob Ihrem Widerspruch abgeholfen werden kann. Falls nein, so wird der Widerspruch an die nächsthöhere Widerspruchsbehörde abgegeben, die dann abschließend entscheidet. Vertritt auch diese die Auffassung, Ihr Widerspruch sei unbegründet, so erlässt sie einen Widerspruchsbescheid. Der Widerspruch hat eine sog. aufschiebende Wirkung, d.h. sollten Sie bereits anerkannt schwerbehindert sein und setzt das Versorgungsamt den GdB durch Bescheid herab, so bleiben Sie solange anerkannt schwerbehindert, bis der Herabsetzungsbescheid bestandskräftig wird. Dies geschieht nicht, solange Sie den Widerspruch oder die Klage betreiben. III. Klage vor dem Sozialgericht Gegen den Widerspruchsbescheid können Sie wiederum binnen eines Monats ab Zugang Klage beim Sozialgericht erheben. Das Gericht holt in der Regel im Rahmen eines Beweisbeschlusses medizinische Gutachten ein. Hierzu werden Sie aufgefordert, sich bestimmten, vom Gericht benannten Sachverständigen (Ärzten) vorzustellen. Sollten die Gutachten für Sie negativ ausfallen, so haben Sie die Möglichkeit, eigene Ärzte zu benennen (§ 109 SGG). Diese werden dann eigene Gutachten anfertigen. In den meisten Fällen kommt es zu einer mündlichen Verhandlung, in welcher für die Gegenseite ein Vertreter der Behörde erscheint. Hat die Klage Erfolg, wird Ihnen der beantragte GdB zugesprochen, andernfalls wird die Klage abgewiesen. Darüber hinaus besteht häufig die Möglichkeit, einen Vergleich zu schließen. IV. Kosten Widerspruchs- und Klageverfahren Sie möchten wissen, welche Kosten im Schwerbehindertenverfahren auf Sie zukommen? Hierbei ist zu unterscheiden zwischen behördlichen Verfahren (Widerspruch etc.) und sozialgerichtlichen Verfahren (Klage) einerseits sowie den Anwaltskosten andererseits. Es gilt grundsätzlich folgendes: Kosten für das behördliche Verfahren (Widerspruch etc.) fallen gemäß § 64 SGB X grds. nicht an, d.h. Gebühren und Auslagen werden nicht erhoben. Während Gebühren die Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme der Verwaltungsbehörde darstellen, fallen unter den Begriff Auslagen tatsächliche Aufwendungen wie Zustellungskosten, Telefon- und Faxkosten oder Fahrtkosten. © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 12 Diese Kostenfreiheit gilt für sämtliche Amtshandlungen und das gesamte Verwaltungsverfahren, also auch für das Widerspruchsverfahren. Ausnahmen ergeben sich aus §§ 19, 25 SGB X. Kostenfreiheit bedeutet allerdings auch, dass kein Anspruch des Beschwerdeführers auf Erstattung von Auslagen gegenüber der Behörde besteht. Das Verfahren vor den Sozialgerichten ist gemäß § 183 SGG (Sozialgerichtsgesetz) für Versicherte, Leistungsempfänger und Behinderte kostenfrei, soweit sie in dieser Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Diesen Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Es gibt jedoch auch Ausnahmen von der Kostenfreiheit. Die Kosten für Abschriften (§§ 93, 120 SGG), für die Anhörung eines bestimmten Arztes (§ 109 SGG) und Mutwillenskosten (§ 192 SGG) können einem Beteiligten auferlegt werden. Die Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts richten sich grundsätzlich nach dem RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz). Maßgeblich hierfür sind Art und Umfang der Tätigkeit. Je nach Ausgang des Verfahrens oder Billigkeit werden die Kosten des Anwalts auch erstattet. So sind die Gebühren des Anwalts im Widerspruchsverfahren (außergerichtlich) gemäß § 63 Abs. 2 SGB X erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Anwalts notwendig war. Dies ist grds. der Fall, wenn das Verfahren rechtlich oder tatsächlich nicht einfach ist. Im Gerichtsverfahren hingegen ist die Vergütung eines Anwalts gemäß § 193 SGG, falls Sie obsiegen, stets erstattungsfähig. Wenn Sie wissen möchten, welche Kosten Sie ggf. erwarten und ob Sie diese im Falle des Obsiegens erstattet bekommen, rufen Sie mich an oder gehen Sie über Kontakt (bitte verlinken) und schicken mir eine E-Mail. Rechtsschutzversicherung Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben, so trägt diese in der Regel alle Kosten des Klageverfahrens, d.h. die Kosten des Anwalts sowie etwaige Sachverständigenkosten. Hierzu sollten Sie, um sicher zu sein, Rücksprache mit Ihrer Rechtsschutzversicherung halten. Gerne übernehme ich dies auch für Sie. Hinweis: Rechtsanwalt Dirkmann hat sich auf Widersprüche und Klagen im GdB/MdE-Verfahren spezialisiert. Um bestmögliche Erfolge zu erzielen, arbeitet er mit kompetenten Ärzten zusammen. Profitieren Sie hiervon. Gerne übernimmt Herr Dirkmann auch Ihre Vertretung. C. Begriffe – Erklärende Worte Kennen Sie das? Sie erhalten einen Bescheid oder lesen eine Info-Broschüre und verstehen nur die Hälfte? Fachbegriffe machen häufig das Verstehen schwer oder gar unmöglich – hier finden Sie Erläuterungen zu den wichtigsten Begriffen: © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 13 I. Schwerbehinderung – Was heißt das? Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt ist. II. Grad der Behinderung (GdB) / Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) Innerhalb des Verfahrens zur Feststellung als schwerbehinderter Mensch bzw. Gleichgestellter wird der Antragsteller medizinisch begutachtet. Anschließend wird auf Grundlage dieser Untersuchungsergebnisse ein Grad der Behinderung festgestellt. Dieser wird, entsprechend der Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Eine solche Feststellung ist nur zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt. Die MdE wird nach den gleichen Grundsätzen bemessen. Sie unterscheidet sich vom GdB lediglich dadurch, dass die MdE kausal (nur auf die Schädigungsfolgen) und der GdB final (auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache) bezogen sind. Sie sind ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. III. Merkzeichen Neben der Feststellung eines bestimmten Grades der Behinderung wird auch über die Zuerkennung eines Merzzeichens entschieden. Die einzelnen Merkzeichen berechtigen, bestimmte Nachteilsausgleiche und Rechte in Anspruch zu nehmen. Merkzeichen Voraussetzungen aG Außergewöhnlich Gehbehinderte Hierzu zählen Personen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kfz bewegen können. G Gehbehinderte Hierunter fallen Personen, die in ihrer Beweglichkeit im Straßenverkehr infolge einer Einschränkung ihres Gehvermögens beeinträchtigt sind. Gl Gehörlos Schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung Gehörlos und deshalb in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind. H Hilflos Hilflos ist eine Person, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf (§ 33 b Abs. 6 EStG). © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 14 Bl Blind Hierzu zählen Personen, die seit der Geburt blind sind oder das Augenlicht später verloren haben. Solche Menschen, die eine sehr geringe Sehschärfe haben und sich daher in einer vertrauten Umgebung ohne fremde Hilfe nicht zurechtfinden, sind blinden Menschen gleichgestellt. B Begleitung Dieses Merkzeichen erhält, wer ständiger Begleitung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel bedarf, weil er infolge seiner Behinderung zur Vermeidung von Gefahren für sich und andere ständig fremde Hilfe benötigt. 1. Kl. 1. Klasse Dieses Merkeichen erhalten Kriegsbeschädigte mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 70%, so dass die Unterbringung aufgrund ihres körperlichen Zustands die Unterbringung in der 1. Wagenklasse der Eisenbahn erforderlich macht. RF Rundfunkgebührenbefreiung Dieses Merkzeichen erhalten schwerbehinderte Menschen, die blind sind bzw. eine erhebliche Sehminderung (GdB 60 und mehr) haben oder gehörlos sind bzw. einen GdB von 80 aufweisen und aus diesem Grund an öffentlichen Veranstaltungen nicht teilnehmen können. IV. Gleichstellung Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von weniger als 50, mindestens aber 30, können auf Antrag von der Agentur für Arbeit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden. Voraussetzung hierfür ist gemäß § 2 Abs. 3 i.V.m. § 68 Abs. 2 u. 3 SGB IX jedoch, dass sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder behalten können. Wettbewerbsnachteile auf dem Arbeitsmarkt müssen auf die Behinderung als die entscheidende Ursache zurückzuführen sein. Betriebliche oder andere persönliche Ursachen wie z.B. Betriebseinstellungen, Auftragsmangel, fortgeschrittenes Alter etc., von denen auch nicht behinderte Arbeitnehmer betroffen sind, können eine Gleichstellung nicht begründen. Indizien für die behinderungsbedingte Gefährdung des Arbeitsplatzes können u.a. sein: • häufige behinderungsbedingte Fehlzeiten • verminderte Belastbarkeit • häufige oder ständige Hilfestellung durch andere Mitarbeiter Der entsprechende Antrag ist bei der zuständigen Agentur für Arbeit am Wohnort des Betroffenen zu stellen. Hat der Antrag Erfolg, so wirkt die Gleichstellung ab dem Tag der Antragstellung. © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 15 V. AHP – Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit Die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) beschreiben unter anderem die GdB/MdE- Bildung und Bewertung von Gesundheitsstörungen im sozialen Entschädigungsrecht und Schwerbehindertenrecht. Außerdem enthalten Sie Vorgaben zur Kausalitätsbeurteilung (Ursächlichkeit) von Krankheitszuständen. Sie sind weder Rechtnormen noch allgemeine Verwaltungsvorschriften, haben dementsprechend auch keine Rechtsnormqualität. Es handelt sich hierbei nach ständiger Rechtsprechung um ein sog. antizipiertes Sachverständigengutachten, das den aktuellen Wissens- und Erkenntnisstand der Schulmedizin wiedergibt. Auch wenn aufgrund der fehlenden Ermächtigungsnorm und klaren gesetzlichen Vorgaben verfassungsrechtliche Bedenken gegen die AHP bestehen, wird vorerst von einer vorläufigen Beachtlichkeit der AHP und der damit verbundenen normähnlichen Wirkung ausgegangen. Die AHP unterliegen nur einer Evidenzkontrolle, d.h. einer eingeschränkten Kontrolle durch die Gerichte. Sie beschränkt sich auf die Vereinbarkeit der AHP mit höherrangigen Gesetzen und dem Gleichbehandlungsgebot. VI. Ablauf der Heilungsbewährung Nach der Behandlung von Krankheiten, die zu Rezidiven neigen (so z.B. bösartige Geschwulstkrankheiten) oder nach Transplantationen innerer Organe wird der Grad der Behinderung (GdB) aufgrund des ungewissen Verlaufs für die Dauer von 5 Jahren heraufgesetzt. Nach Ablauf dieser Zeit prüft das Versorgungsamt von Amts wegen, ob weiterhin ein entsprechend hoher GdB gerechtfertigt ist. Wenn seit dem Ende der Behandlung keine Rezidive (z.B. neue Tumore) o.ä. aufgetreten sind, spricht man von einem Ablauf der Heilungsbewährung. Dieser stellt eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar. In der Regel setzt das Versorgungsamt den GdB dann wieder herab. © sozialrechtler.de Alle Rechte vorbehalten. 16