Prognose: schrumPfende städte im 21. Jahrhundert
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Prognose: schrumPfende städte im 21. Jahrhundert
-------------------------------------------------------------------Prognose: Schrumpfende Städte im 21. Jahrhundert Hypothesen - Indikatoren - Weltkarten Berlin, Oktober 2008 -------------------------------------------------------------------- Weltbevölkerung und Urbanisierung Veränderung Bevölkerungszahl Personen (Milliarden) % pro Jahr 6 10 9 5 8 gesamt 7 4 Stadt 6 Welt Afrika Asien Europa Lateinamerika Nordamerika Ozeanien 3 5 2 4 3 1 Land 2 0 1 0 1300 1400 1500 1600 1700 1800 1900 2000 2100 2200 2300 -1 1400 1500 1600 1700 1800 1900 2000 2100 2200 2300 Quelle: McEvedy, Jones, 1978 · US.Census · Livi-Bacci, 2007 · UN population division, 2003, 2004, 2007 Quelle: McEvedy, Jones, 1978 · US.Census · Livi-Bacci, 2007 · UN population division, 2003, 2004, 2007 Lebenserwartung global Veränderung Lebenserwartung Jahre % pro Jahr 1,2 100 90 1,0 80 0,8 70 60 Welt Afrika Asien Europa Lateinamerika Nordamerika Ozeanien 0,6 50 0,4 40 30 0,2 20 0 10 0 1300 1400 1500 1600 1700 1800 1900 2000 2100 2200 2300 -0,2 1400 1500 1600 1700 1800 1900 2000 2100 2200 2300 Quelle: Wiegandt, 2007 · UN Habitat, 1996 · UN population Division, 2004 Quelle: Wiegandt, 2007 · UN Habitat, 1996 · UN population Division, 2004 Energieverbrauch pro Kopf Veränderung Energieverbrauch pro Kopf GJ je Person und Jahr % pro Jahr 180 3 160 140 Szenario A1 Szenario A2 Szenario B1 Szenario B2 120 Szenario A1 Szenario A2 Szenario B1 Szenario B2 2 100 80 60 1 40 20 0 1300 1400 1500 Quelle: Haberl, 2005 · IPPC, 2000 1600 1700 1800 1900 2000 2100 0 1300 1400 1500 Quelle: Haberl, 2005 · IPPC, 2000 --- 2 --- 1600 1700 1800 1900 2000 2100 Hypothesen zum städtischen Schrumpfen im 21. Jahrhundert Philipp Oswalt, Projekt Schrumpfende Städte 1. Im 21. Jahrhundert wird die historisch einmalige Wachstumsepoche, die mit der Industrialisierung vor 200 Jahren begann, zu Ende gehen. Am Ende des 21. Jahrhunderts werden sich städtische Schrumpfungs- und Wachstumsprozesse die Waage halten – wie auch vor der industriellen Epoche. Seit 1800 hat sich die Anzahl der Menschen auf der Erde, die in Städten leben, um das 175fache vermehrt – ein unvergleichlicher Wachstumsprozess. In den nächsten 50 Jahren wird sich die Anzahl der Stadtbewohner nochmals verdoppeln, doch damit werden zugleich die Wachstums prozesse zu einem Ende kommen. Nach Vorhersagen der UN wird sich die Weltbevölkerung um 2070 bei ca. 9 Milliarden Menschen stabilisieren und nicht weiter anwachsen. Zugleich werden gerade in den bevölkerungsreichen Ländern wie China und Indien die Verstädterungsprozesse weitgehend abgeschlossen sein, mehr als Dreiviertel der Weltbevölkerung wird in Städten leben. Damit kommt eine 300-jährige Periode eines historisch einzigartigen Wachstums zum Ende. Ihr folgt nicht eine Phase der Stagnation, sondern ein dynamischer Transformationsprozess bei zunehmender Polarisierung. Wachstumsund Schrumpfungsentwicklungen werden sich die Waage halten und gegenseitig bedingen. Während städtische Schrumpfungsprozesse im 20. Jahrhundert vor allem aufgrund von räumlichen Polarisierungs- und damit Verlagerungsprozessen oder lokalen Krisen erfolgten, wird im 21. Jahrhundert in vielen entwickelten Industrieländern die städtische Bevölkerung insgesamt zurückgehen. Wesentliche Ursachen der Schrumpfung waren in den entwickelten Industrieländern bislang Suburbanisierung (regionale Verlagerung von Aktivitäten und Menschen ins Umland der Städte), Metropolitanisierung (landesweite Verlagerung von Aktivitäten und Menschen zu den großen städtischen Ballungsräumen) und Deindustrialisierung (Krise monoindustriell ausgerichteter Standorte). Im 21. Jahrhundert wird in vielen Industrieländern die Gesamtbevölkerung und mit ihr auch die Anzahl der Stadtbewohner landesweit zurückgehen. In diesen Ländern werden sich die Schrumpfungsprozesse im Vergleich zum 20. Jahrhundert zuspitzen. Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung geht man in Ländern wie Japan etwa davon aus, dass trotz steigender Produktivität auch die Gesamtwirtschaftsleistung rückläufig sein wird. 2. Während bislang das Denken der modernen Gesellschaften wesentlich von Wachstums vorstellungen geprägt war und Schrumpfen als Unfall und Ausnahme betrachtet wurde, wird sich in Zukunft eine Kultur des Schrumpfens entwickeln. Schrumpfen wird in Zukunft ein ebenso selbstverständlicher Entwicklungsprozess sein wie Wachsen. Dabei wird es zunehmend seine bisherige Stigmatisierung verlieren und als ein Szenario gesehen werden, dass neben Nachteilen auch Vorteile birgt und zu eigenen Formen der Erneuerung und Veränderung führt. In den Stadtdiskursen in den USA ist mit der Begriffsverschiebung von ‚Urban decay’ und ‚Urban decline’ zu ‚Shrinking Cities’ bereits ein solcher Wertewandel ansatzweise erkennbar. Zugleich bleibt die Schrumpfungstransformation auch langfristig mit gesellschaftlichen und ökonomischen Konflikten verbunden, wie etwa Verteilung gesellschaftlichen Wohlstands, Konflikte über tradierte Besitzstände und ihre Kosten etc. 3. Während im 20. Jahrhundert besonders Industrieareale und verdichteter Wohnungsbau von Leerstand und Aufgabe betroffen waren, werden Deurbanisierungsprozesse im 21. Jahrhundert vermehrt Vorstädte und Büroquartiere betreffen. Bereits heute leidet ein Drittel der Vorstädte in den USA unter Einwohnerverlust, dies bislang meist aufgrund fortschreitender Suburbanisierung in immer entfernter gelegene Vorstädte. In Zukunft werden die Vorstädte an Bevölkerungsrückgängen vor allem wegen dem Rückgang der Gesamtbevölkerung sowie partiellem Rückzug in die Stadtzentren leiden. Die Erhöhung der Mobilitätskosten sowie die Alterung der Bevölkerung, die damit andere Mobilitätserfordernisse hat, tragen zu den Rekonzentrationsprozessen wesentlich bei. Während in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Deindustrialisierungsprozesse an vielen Standorten Schrumpfung verursacht hat, werden im Verlauf des 21. Jahrhunderts Bürostandorte der Dienstleistungsökonomien von Umstrukturierungsprozessen und damit mangelnder Nachfrage betroffen sein. Büroviertel werden damit zu den Brachen des 21. Jahrhunderts. --- 3 --- gam05_lay_04.qxd 10.10.2008 17:17 Uhr Seite 57 BEVÖLKERUNG / POPULATION 1950–2150 Bei Fortsetzung heutiger Trends wird sich die Weltbevölkerung laut Aussagen der UN um 2070 bei ca. neun Milliarden Menschen stabilisieren und nicht weiter anwachsen. Auch die Verstädterungsprozesse werden gerade in den bevölkerungsreichen Ländern wie China und Indien weitgehend abgeschlossen sein. Mehr als drei Viertel aller Menschen werden in Städten leben. Nicht nur in Ländern Ost- und Westeuropas sowie Japan würde in Zukunft die Bevölkerung vorübergehend zurückgehen, sondern in 50 bis 100 Jahren auch in heute stark wachsenden Ländern wie China, Indien, Nigeria oder Mexiko. Gesamtbevölkerung Total Population Stadtbevölkerung 1950–2050 Urban Population 1950–2050 Bevölkerung in Mio Population in mio -33% According to the United Nations, should current trends continue, the world’s population will stabilize at about nine billion by ca. 2070, when growth will come to a halt. Urbanization processes, in particular in the most populous countries such as China and India, will also be largely completed; more than three quarters of all human beings will live in cities. In the future, the population will not only temporarily decline in countries in Eastern and Western Europe as well as Japan, in fifty to a hundred years, it will also decline in countries such as China, India, Nigeria, and Mexico, where populations are currently growing. Schrumpfung in % Shrinkage in % 100 50 1950 2000 2050 2100 2150 -18% -21% Prognose Prognosis Wachstum Growth Schrumpfung Shrinkage Quelle / Source: UN Dept of Economic and Social Affairs, Population Division (2003, 2008) Weitere Erläuterungen unter / further explanation see www.shrinkingcities.com/prognose.0.html -46% -11% Denmark -11% -14% -6% Finland -33% -43% Belarus Poland Germany UK -7% Slovakia Switzerland Netherlands -41% -33% Italy -9% Bulgaria -10% Spain -28% Greece -10% -36% -25% -37% Serbia Ukraine -39% Hungary Belgium -51% -27% -27% Austria -10% Russian Federation -35% Czech Republic -43% Romania Azerbaijan -50% -5% -8% -29% -11% Kazakhstan 500 Mio Democratic People’s Republic Of Korea -15% -20% -31% -10% Portugal Republic Of Korea Iran -20% -10% China -4% -27% Mexico Afghanistan -2% Cuba Egypt Somalia -27% Mexico 500 Mio Bangladesh Thailand Thailand -10% -26% Cuba Cambodia Cambodia Rwanda Nigeria Brazil India -7% Sri Lanka Chile --- 4 --- -3% Japan gam05_lay_04.qxd 10.10.2008 17:17 Uhr Seite 54 DEURBANISIERUNG / DEURBANIZATION Stockholm Newcastle upon Tyne Helsinki Copenhagen Moscow Birmingham Dublin Amsterdam Liverpool Manchester London Brussels Paris Hamburg Dusseldorf Berlin Recklinghausen*** Frankfurt München Seattle Vienna Portland Milan Minneapolis Detroit Milwaukee Chicago Sacramento Buffalo Pittsburgh Indianapolis Denver Cleveland San Francisco Silicon Valley Kansas City St. Louis Cincinnati Sapporo** Boston Rome New York Philadelphia Baltimore Madrid Beijing Washington D.C. Tokyo* Nashville Las Vegas Los Angeles Memphis Hiroshima** Atlanta Phoenix Nagoya** Kitakyushu-Fukuoka** San Diego Dallas Kyoto-Kobe-Osaka** Orlando Houston Delhi* Kairo* Tampa Miami Dubai* Abu Dhabi* Hong Kong* Bombay* San Juan* Mexiko City* Makati City* Bangkok* Bangalore* San Jose* Panama City* Caracas* Bogota* Kuala Lumpur* Singapur* Jakarta* Lima* Länder mit hohem Anteil an Dienstleistungen am Bruttonationaleinkommen (BIP) Countries whose gross domestic product (GDP) comprises a high share of services Rio de Janeiro* > 80% Sao Paolo* Brisbane* 75–80% 70–75% 65–70% Perth* Santiago* Sydney* Adelaide* Buenos Aires* Bürobauten Office buildings 1.000.000 qm Bürofläche 1,000,000 sqm of office space 1.000.000 qm leerstehende Bürofläche 1,000,000 sqm of vacant office space Anteil Büroleerstand Share of office vacancies Im 20. Jahrhundert waren insbesondere alte Industriestandorte von Schrumpfung betroffen, im 21. Jahrhundert könnten es die Bürostandorte und Distributionszentren (Einkaufszentren) sein. Rationalisierungsund Verlagerungsprozesse im Dienstleistungssektor sowie sich wandelnde bauliche Anforderungen können an vielen Standorten zu einer sinkenden Nachfrage und Leerstand führen. Regionaler Bevölkerungsrückgang, eine alternde Bevölkerung und zukünftig steigende Mobilitätskosten können zudem zur Schrumpfung von Vorstädten führen, wie sie bereits heute etwa in Japan und mancherorts in Nordengland und Deutschland zu beobachten ist. Der Einwohnerrückgang in etwa einem Drittel aller Vorstädte in den USA beruht hingegen bislang vorwiegend auf einer fortschreitenden Suburbanisierung in immer entfernter gelegene Vorstädte. 0–6% 6–12% > 12% * Angabe nur zum Stadtzentrum / data only for Central District Area Vorstädte 1990–2000 Suburbs 1990–2000 Bevölkerungsverlust von 10.000 Personen 10.000 people decrease Bevölkerungsrückgang der Gesamtheit aller Vororte Population loss in suburbs as a whole 0–6% 6–12% > 12% Bevölkerungsgewinn wachsender Vororte Population gain in growing suburbs Bevölkerungsrückgang schrumpfender Vororte Population loss in shrinking suburbs 0–20% 20–40% 40–60% 60–80% 80–100% ** Japan, Daten für 1995–2000 / Japan, data for 1995–2000 *** Deutschland, Daten für 1995–2005 / Germany, data for 1995–2005 Quellen/Sources: Büro/Office: Cushman & Wakefield, 2008 • CB Richard Ellis, 2008 • Jones Lang LaSalle, 2008. Vororte/Suburbs: http://www.arch.virginia.edu/~dlp/TCTSMain/TCTSsup.html • Ministry of Internal Affairs and Communication, Statistics Bureau (www.stat.go.jp); Population of Japan 2005 • United Nations Population Division (http://esa.un.org/wup/source/country.aspx) • www.wikipedia.org Weitere Erläuterungen unter / further explanation see www.shrinkingcities.com/prognose.0.html While in the twentieth century, old industrial bases were primarily affected by shrinkage, in the twenty-first century, these could be office districts and distribution centers (shopping malls). Processes of rationalization and relocation in the service sector as well as changing standards could lead to decreasing demand and vacancy at many locations. Regional population decline, an aging population, and the increasing cost of mobility in the future can also lead to the shrinkage of suburbs, which is currently occurring in Japan, Northern England, and Germany. The population decline in about one third of all suburbs in the United States, however, is so far primarily caused by progressing suburbanization into suburbs that are further and further away from the central city. 1 --- 5 --- Canberra* gam05_lay_04.qxd 10.10.2008 17:17 Uhr Seite 59 FOSSILE ENERGIEN / FOSSIL FUELS 1850–2500 Inta Novy Urengoy Nadym Tarko-Sale Vuktyl Kogalym Lyantor Surgut Nefteyugansk Bergen Raduzhny Megion Stavanger Kristiansand Aberdeen Red Deer Calgary Novomoskovsk Edmonton Konin Belchatów Bytom Senftenberg Chorzów Katowice Ensdorf Billings Orenburg Grozny Casper Gusinoozyorsk Aktobe Karaganda Karamay Aktau Shymkent Baku Bukhara Henderson Kirkuk Khanaqin Sidi Bel Abbas Ghardaïa Basra Kuwait San Antonio Ra’s Lanuf Lanzhou Huainan Abadan Liuzhou Jubail Dammam Manama Dubai Qatar Abu Dhabi Al Burayqah Tamanrasset Shenyang Tangshan Tianjin Yumen Balkanabat Mary Beckley Erdölvorkommen Oil field Ölsandvorkommen Oil Sands Erdgasvorkommen Gas field Braun-/Steinkohlenlager Lignit/coal deposit Angarsk Ekibastuz Scranton Pittsburgh Tulun Kemerovo Kumertau Donetsk Gukovo Novoshakhtinsk Rostov-on-Don Halifax Omsk Ishimbay Spremberg Hamm Bottrop Medicine Hat Tomsk Neftekamsk Fort McMurray Grand Prairie Poza Rica Dhanbad Jamnagar Guwahati Chittagong Salalah Ciudad del Carmen Point Fortin Bruzual San Fernando De Apure Stadt, deren Wirtschaftsaktivität in großem Maße auf der Gewinnung fossiler Energieträger beruht City with large portion of economy based on fossil energy production Accra Warri Port Harcourt Brunei Paka Miri Soyo yo 1950 2000 2050 agoya Kobe Lobito 2100 2120 Santa Cruz ushu Musina Vergangenheit Past Zukunft Future Jahr des Erschöpfens der Vorräte bei konstanter Abbaurate Date of exhaustion of resources at constant extraction rate Förderung einer Million Tonnen Öläquivalent während des dargestellten Jahrzehnts Production of one million tons of oil equivalent during decade indicated Brisbane Newcastle Mendoza Gas Gas Öl Oil Ölsand Oil Sands Kohle Coal Die fossilen Energieträger Erdöl, Erdgas und Kohle erreichen innerhalb der nächsten 20 Jahre ihr Fördermaximum. Dieses wird danach rückläufig sein, bei global ansteigendem Energiebedarf. Mobilität und Energieversorgung werden sich deutlich verteuern, was zu einer Veränderung der Siedlungsstrukturen führen wird. Die Förderstandorte werden jedoch bis zum Versiegen ihrer Quellen von stetig steigenden Einnahmen profitieren. Aufgrund der absehbaren Erschöpfung der jeweiligen lokalen Bodenschätze ist hier wie sonst nirgends eine vorbeugende Antischrumpfungspolitik möglich, wie heute z.B. in Dubai oder Aberdeen. Comodoro Rivadavia Quellen / Sources: Historische Abbaudaten / Historical production data: Brian R. Mitchell, International Historical Statistics, 1750–2000 (New York: Palgrave Macmillan, 2003); BP Statistical Review of World Energy, 1959–2008 • Zukunftsprognosen bei Abbauraten von 2007, auf bekannten Vorkommen basierend / Future prognoses at 2007 production rates, based on known reserves: BP Statistical Review of World Energy 2008 • Vorkommen / Reserves: World Energy Atlas, Petroleum Economist 2003; Der große Weltatlas, RV Verlag, 1989 • Stadt mit großem Öl-, Gas- oder Kohlensektor / City with large portion of economy based on oil, gas, or coal production: Profilrecherche über www.en.wikipedia.org und www.de.wikipedia.org (August 2008) Weitere Erläuterungen unter / further explanation see www.shrinkingcities.com/prognose.0.html Kanada Within the next twenty years, the fossil fuels crude oil, natural gas, and coal will reach their maximum production levels, after which they will begin to decline, while global energy demands rise. Mobility and energy supply will become considerably more expensive, which will lead to a change in settlement structures. Production sites, however, will profit by steadily increasing revenue until their resources have run dry. Due to the foreseeable depletion of the respective local natural resources, nowhere else is a preventive antishrinkage policy more opportune than here, as implemented today for instance in Dubai or Aberdeen. Iran 2000 2050 2016 2100 2150 2189 Norwegen 2000 2016 2040 1950 2000 2050 2018 2019 2100 Mexiko 2150 2200 2241 Lybien 1950 2000 Niederlande 2000 2000 2040 Brasilien 2000 2050 2098 Ukraine 2000 2026 2150 2200 2248 2150 2200 2099 2050 2070 2100 2000 2050 2100 2115 2000 2050 2100 2300 2350 2000 2154 SaudiArabien 2000 2050 2150 2200 Indonesien 2100 2150 2185 2032 2052 China Indien 2000 2021 2058 2050 2100 2029 2081 2400 2435 Irak 2049 Südafrika 2000 2250 Kuwait Angola Polen 1950 2000 2100 2093 2000 Nigeria 1950 2000 Venezuela 2050 Katar 2050 2069 2026 Deutschland 2000 2017 2050 Russland 1950 2000 2000 2050 2024 2061 1950 2000 2013 2013 USA 2000 Vereinigte Arabische 2000 Emirate Algerien GB 1900 Gladstone Lephalale Sasolburg 2000 2050 2000 2048 2050 2077 2101 --- 6 --- 1950 2000 2018 2034 2052 Australien Malaysia 2000 2100 2125 2000 2050 2100 2150 2201 2250 2300 2350 2400 2450 2507 Während in den Industrieländern die industriellen Produktionsprozesse weitgehend rationalisiert und automatisiert sind und mit nur noch wenig Personal erfolgen, werden zunehmend auch Büro- und Dienstleistungstätigkeiten von Rationalisierungs- und Verlagerungsprozessen betroffen sein. Automatisierung von Bürotätigkeiten, die Verlagerung ins Home office, offshoring und die Ablösung der Büroarbeit vom Büroraum durch das mobile, drahtlose Equipment wird den Raumbedarf an klassischen Bürokomplexen massiv reduzieren. 4. Das Versiegen der Ölquellen und anderer fossiler Energien sowie der Klimawandel werden die globale Siedlungsentwicklung im 21. Jahrhundert maßgeblich beeinflussen. Der Klimawandel mit seinen heterogenen Auswirkungen wird ein neuer Parameter der Siedlungsentwicklung sein. Während ein Teil bestehender Sieldungsstrukturen nur unwesentlich und zum Teil sogar positiv vom Klimawandel betroffen sein wird, wird eine Vielzahl von Standorten durch heterogene Klimafolgen massiv beeinträchtigt und zum Teil in ihrer Existenz bedroht: Zu den Ursachen gehören unter anderem das Fehlen von Trinkwasser (insbesondere in den ariden Regionen des Südens), Überschwemmungsgefahren (in Küstenregionen), das Auftauen von Permafrost böden (in den nördlichen Zonen), der Verlust von Schnee und Eis in alpinen Tourismusstandorten (Hochgebirge) etc. Das Ende der Epoche fossilen Energieverbrauchs wird voraussichtlich zur massiven Verteuerung von Mobilität führen. Da jedoch Siedlungsstruktur, Ansiedlungsentscheidungen und Nutzungsmuster wesentlich vom Faktor der Erreichbarkeit beeinflusst sind, wird die Verteuerung und damit Verknappung von Mobilität zu Siedlungsformen mit geringerem Mobilitätsbedarf führen. Dies kann z.B. zur Aufgabe von äußeren Zersiedlungszonen im nicht hochwertigen Wohnsegment oder auch zum Niedergang von Tourismusstandorten führen, die von Billigfluglinien abhängig sind. Während im 20. Jahrhundert die Verfügbarkeit billiger Mobilität Suburbanisierungsprozesse ermöglicht hat, würde deren wesentliche Verteuerung zu Rekonzentrationsprozessen führen, die jedoch keineswegs eine einfache Umkehrung der vorherigen Zersiedlung bedeuten müssen. Das Ende des fossilen Zeitalters wirkt sich zudem auf Förderstandorte von fossilen Energieträgern in besonderer Form aus: In der Endphase der Förderung profitieren die Standorte von einem stets ansteigenden Einnahmen. Nach Versiegen der örtlichen Vorkommen müssen sich die Städte jedoch wirtschaftlich völlig neu orientieren. Da die Entwicklung vorhersehbar ist, sind diese Standorte – wie z.B. Dubai oder Schottland - Beispiele für vorbeugende Anti-Schrumpfungspolitiken. Die noch generierten Reichtümer werden in einen gewaltigen Strukturwandel investiert. 5. Schrumpfungsprozesse führen zu dualen Gesellschaften: Stadtentwicklung, Wirtschaftsentwicklung, Lebensstile und vieles mehr unterscheiden sich zwischen den Zonen des Wachstums und der Schrumpfung grundsätzlich. Während in den wachsenden Stadtregionen das Prinzip der unternehmerischen Stadt bemerkenswerte Entwicklungsdynamiken entfalten kann, sind die Schrumpfungsregionen zunehmend von Deinvestition gekennzeichnet – von einem Kapitalismus ohne Kapital. In den USA symbolisiert das Prinzip des Redlining prototypisch die Exklusion von den etablierten Formen des globalisierten Großkapitalismus. Anstelle der klassischen Wirtschaftseliten von Großunternehmen und Banken treten in den Schrumpfungsregionen lokale, oft gemeinschaftlich organisierte Micro-Unternehmer. In kleinmaßstäblichen Projekten nutzen sie die spezifische örtliche Situation und ihre intensive soziale Vernetzung, und realisieren in dem Prinzip eines „weak urbanism“ mit wenig Kapital nachhaltige Projekte. Die – staatlichen wie privatwirtschaftlichen – Gouvermentalitätsformen und Entwicklungsprozesse unterscheiden sich damit grundlegend zwischen Wachstums- und Schrumpfungszonen. Zugespitzt lässt sich daher von zwei Gesellschaften innerhalb eines Staates sprechen. 6. Städtebau und Architektur in schrumpfenden Städten stehen grundsätzlich vor neuen Aufgaben. Während das Gebaute bislang als Ziel architektonisch-städtebaulichen Handelns angesehen wird, ist es hier der Ausgangspunkt. Städtebau hat sich in den letzten 200 Jahren nahezu ausschließlich mit Wachstumsprozessen befasst. Die Epoche der Moderne war von umgreifenden Wachstumsprozessen geprägt, und diese liegen ihren Vorstellungen und Handlungskonzepten, Theorien, Gesetzen und Praktiken zugrunde. So waren Kolonisierung, Stadtgründung, Baulandausweisungen, Neubaugebiete, Erschließung, Bauboom, Stadterweiterung und Dichte Schlüsselbegriffe der Stadtentwicklung der Moderne. --- 7 --- gam05_lay_04.qxd 10.10.2008 17:17 Uhr Seite 65 HEIZEN UND KÜHLEN / HEATING AND COOLING 900 100 0 2005–2070 800 0 70 0 60 0 50 10 00 90 1000 0 80 900 0 St. Petersburg 800 Moscow London 700 600 Paris 600 900 700 800 700 500 700 600 500 600 500 500 Xi’an New Dehli 500 600 0 90 00 10 Karachi 700 900 800 Mumbai Dhaka Calcutta Manila Bangkok Caracas Addis Abeba Bogotà Abnahme der Heizgradtage 2000–2050 Decrease of heating degree days 2000–2050 Lagos 90 0 500 – 600 Singapore 10 00 Jakarta 600 – 700 700 – 800 800 – 900 Lima 900 – 1000 > 1000 Zunahme der Kühlgradtage 2000–2050 Increase of cooling degree days 2000–2050 80 0 70 0 60 0 50 0 900 800 Rio de Janeiro São Paulo 700 600 500 500 – 600 600 – 700 800 700 600 500 700 – 800 800 – 900 900 – 1000 > 1000 Städte Cities >4 000 000 Einwohner Inhabitants Die räumlich ungleich verteilte globale Erwärmung führt zu einem veränderten Energiebedarf für die Temperierung von Gebäuden durch eine Verringerung des Heizbedarfs (Heizgradtage) bzw. einen Anstieg des Kühlbedarfs (Kühlgradtage). Die lokale Bevölkerungsentwicklung verstärkt zumeist die klimatisch verursachten Veränderungen: Viele Regionen im kühleren Norden werden voraussichtlich Bevölkerung verlieren, während sie in den heißeren südlichen Zonen stark anwächst. Quelle/Source: Isaac & van Vuuren (2008), Netherlands Environmental Assessment Agency (MNP) Weitere Erläuterungen unter / further explanation see www.shrinkingcities.com/prognose.0.html --- 8 --- Unequally distributed global warming is leading to a changing energy demand for buildings through a reduction of heating demand (heating degree days) as well as an increase of cooling demand (cooling degree days). Local population development aggravates climate-induced changes, as many regions in the cooler north will presumably lose population, while zones in the warmer south will record strong population growth. gam05_lay_04.qxd 10.10.2008 17:17 Uhr Seite 60 EIS, SCHNEE UND DAUERFROST/ ICE, SNOW, AND PERMAFROST 2000–2070 Obruchev -57,5 % Norilsk Stor -31,3 % Levi Pyhä Luosto Labytnangi Salechard Kuusamo Godthab Fairbanks No. 31 -49,8 % Are Yellowknife Anchorage Narjan-Mar Trysil Sälen Lillehammer Hemsedal Whitehorse Jakutsk Pälkäne M Juneau Thompson Kazan Sun Peaks Banff/Lake Louise/Sunshine Whistler Blackcomb Big White S. Cascade -79,9 % Lone Peak Jackson Hole Lake Tahoe Mammoth Mountain Gries -60,6% Arolla -77,6% Camden White Mountains Park City Vail/Beever Creek Snowmass Summit County Aspen Formigal Borovets Candanchù Baqueira-Berret Cerler Grandvalira Gran Sasso Bansko Sierra Nevada Tschita Petro Kamsomols’k Kjachta Blagowjetstschensk Tschoibalsan Dombai Mt Elbrus Kashka Suu Chimgan Gudauri Sarikamis Bakuriani Tshakadzor Palanödken Dizin Sun Mountain Changchun Almaty No. 1 -64,5 % Karakol Malam Jabba Kufri Gulmarg Munsyari Gletscher Glaciers Beidahu Nanshan Ashgabat Shemshak Faraya-Mzaar Neve Ativ Oukaimeden Irkutsk Ulan-Bator Kartalkaya Erciyes Azrou Aktru -60,3% Muren Sochi Uludag Shumsky -52,6 % Magnitogorsk Harz Oberwiesenthal/Erzgebirge Sauerland Riesengebirge Bayrischer Wald Böhmerwald Lipno Schwarzwald Bukovel Niedere Tatra Anzahl der bereits zurückgegangenen Gletscher Amount of already retreating glaciers Pyoengchang Sa A R Fu Nis Kiro Ajiga Shiz Yam Gala Taniga Madara Maiko K Myoko Su Naeba Akakura On Shiga Kogen Hakuba Goryu Happo-one Takasu Snow Pa < 80% > 80% Prognostizierter Gletscherrückgang 2000–2050 Projected glacial retreat 2000–2050 Stor -31,3 % Mérida Gletschername, Volumenrückgang in % Name of Glacier, Volume reduction in % Asahidake Sapporo Teine Lewis -100% Schneesichere Gebiete (2002) Snow-reliable areas (2002) Schweiz Skigebiete skiing areas 50.000 Gästebetten 50,000 tourist accommodations (beds) Städte Cities 250.000 –1.000.000 Rusutsu Resort Furano Niseko Maoke Mountains Deutschland Allgäu-Tirol-Vitales Land Österreich Oberstdorf/Kleinwalsertal Wilder Kaiser/Brixental Adelboden/Frutigen/Lenk Crans-Montana Les Diablerets/Villars Portes du Soleil Cortina d’Ampezzo Le Grand Massif Megève/St. Gervais Val di Fassa Massif des Aravis Madonna di Campiglio Davos Valmorel/St. Francois Flims/Laax/Falera Folgaria/Lavarone/Luserna Les Sybelles Aletschgebiet Alpe d’Huez Zermatt Verbiers/Vier Täler Les Trois Vallées Chamonix Les Deux Alpes Serre Chevalier Val d’Isère/Tignes La Plagne/Les Arcs Sestrière Italien Ajigasawa Frankreich Chakaltaya Mururata Permafrostböden 2003, die bis 2090 vermutlich auftauen Permafrost areas 2003, which are projected to thaw until 2090 Permafrostböden Prognose 2070–2090 Permafrost areas projection 2070–2090 Vom Permafrostrückgang betroffene Städte Cities affected by permafrost retreat Kiroro Snow World Las Lenas Portillo La Parva El Colorado Valle Nevado Caviahue Cerro Baya Shizukuishi Yamagata Zao Onsen Oxbow Tfindell Gala Yuzawa Madarao Kogen Myoko Suginohara Tanigawadake TenjindairaSnow Park Happo-one Maiko KorakuenTenjindairaSnow Park Takasu Snow Park Naeba Akakura Onsen Hakuba Goryu Shiga Kogen Chapelco Cero Catedral 50.000–250.000 < 50.000 Nordpol 2002 North Pole 2002 Nordpol Prognose 2080–2100 North Pole projection 2080–2100 Quelle / Source: Gletscher: Weltatlas des Klimawandels, 2007 • http://map.ngdc .noaa.gov/website/nsidc/glacier/viewer.htm Schneeberger/ Blatter/ Abe-Ouchi/ Wild in Journal of Hydrology 282/ 2003. Schnee: NOAA Satellite and Information Service www.nesdis.noaa.gov. Ski: DSV Ski Atlas, 2007 • www.skiresort.de • www.snowjapan.com. Permafrost: UNEP/GRID-Arendal Maps and Graphics Library 2008, ACIA, Impacts of a Warming Arctic: Arctic Climate Assessment 2004 Weitere Erläuterungen unter / further explanation see www.shrinkingcities.com/prognose.0.html La Hoya Durch den erwarteten Rückgang der Schneemenge um 60–80% bis 2080/2100 in den mittleren Breiten würden zahlreiche Wintersportorte ihre Existenzgrundlage verlieren. Für die bisher untersuchten Gletscher erwartet man bis 2050 einen Volumenverlust von durchschnittlich 60%. In Regionen mit auftauenden Permafrostböden verursachen Landsenkungen und abnehmende Bodenstabilität Schäden an Gebäuden, Straßen, Pipelines und anderen Infrastruktureinrichtungen. --- 9 --- The expected decline in snowfall in temperate zones by 60–80% by 2080 / 2010 will mean that numerous winter sports resorts will lose their means of existence. It is expected that the glaciers that have been investigated so far will lose an average of 60% of their volume by 2050. In regions with thawing permafrost soil, land subsidence and decreasing soil stability is causing damage to buildings, roads, pipelines, etc. Perisher Bl Mt Hotham Mt Buller F gam05_lay_04.qxd 10.10.2008 17:17 Uhr Seite 58 ÜBERSCHWEMMUNGEN / FLOODING 2005–2070 St Petersburg Hamburg Amsterdam London Rotterdam Vancouver Boston Providence New York Philadelphia Baltimore San Francisco-Oakland Istanbul Dalian Namp’o Virginia Beach Tianjiin Los Angeles-Long Beach Bengasi Houston New Orleans Tampa-St Petersburg Alexandria Miami Dubai Karachi Surat Mumbai San Juan Kochi Conakry Hai Phòng Taipei Manila Ho Chi Minh City Lagos Abidjan Guayaquil Dhaka Khulna Visakhapatnam Rangoon Chittagong Chennai Bangkok Dakar Küstennahe Gebiete unterhalb 1 Meter über Meeresspiegel (üNN) Coastal areas under 3 feet above sea level Küstennahe Gebiete 1–2 m über Meeresspiegel (üNN) Coastal areas 3–6 feet above sea level Xiamen Shenzen Hongkong Guangzhou Zhanjiang Kolkata Inchon Lomé Douala Mogadishu Dar Es Salaam Belém Städte (Einwohner 2070) Cities (inhabitants 2070) Kuala Lumpur Palembang Jakarta Surabaya > 10.000.000 5.000.000 – 10.000.000 1.000.000 –5.000.000 Grande Vitoria Rio de Janeiro Betroffene Einwohner in Großstädten 2005/2070 Affected inhabitants in cities 2005/2070 Maputo Städte mit über 100.000 betroffenen Einwohnern und über 1.000.000 Einwohnern 2070 Major cities with more than 100,000 affected inhabitants and more than 1,000,000 inhabitants 2070 < 33% 33–66% Anteil der betroffenen Einwohner Percentage of affected inhabitants Buenos Aires > 66% 200.000 betroffene Einwohner 2005 200,000 affected inhabitants 2005 200.000 betroffene Einwohner (Zunahme 2005–2070) 200,000 affected inhabitants (increase 2005–2070) Quellen / Sources: Nicholls, R. J. et al. (2008) „Ranking Port Cities with High Exposure and Vulnerability to Climate Extremes: Exposure Estimates“, OECD Environment Working Papers, No. 1, OECD Paris • United States Geological Survey (USGS), Center for Earth Resources Observation and Science (EROS) Weitere Erläuterungen unter / further explanation see www.shrinkingcities.com/prognose.0.html Heute sind 40 Mio. Bewohner von Küstenstädten durch Überschwemmungen potentiell gefährdet und werden oft aufwendig vor den Meeresfluten geschützt. Aufgrund des klimatisch verursachten Ansteigens des Meereswasserspiegels um bis zu einem Meter, zunehmender Stürme sowie Bevölkerungswachstum und Absinken von Städten wird die Zahl der Betroffenen bis zum Jahr 2070 auf voraussichtlich etwa 150 Mio. Menschen ansteigen. --- 10 --- Tokyo Nagoya Qingdao Osaka Kobe Pusan Hiroshima Shanghai Fukuoka-Kitakyushu Ningbo Fuzhou Fujian Wenzhou Today, forty million coastal city dwellers are potentially endangered by flooding and are frequently shielded from it with extensive protection measures. Because of the climate-induced rising of the sea level by up to one meter, an increasing number of storms, as well as population growth and the subsidence of cities, the number of those affected by flooding is anticipated to rise to approximately 150 million by the year 2070. Bauen wird bislang vorwiegend verstanden als Akt der Kolonisierung: der Erschließung und Überbauung neuer Gebiete. Doch nachdem die Industrieländer quasi vollständig urbanisiert sind und ihre Bewohnerschaft stagniert oder schrumpft, hat die Idee der Kolonisation ihre Legitimation verloren. Im „postkolonialen Zeitalter“ geht es eher darum, sich dem über einen langen Zeitraum akkumulierten Gebauten zuzuwenden. Es ist eine Umkehrung des Blicks: das Gebaute ist nicht Ziel, sondern Ausgangspunkt. Postarchitektur umfasst die Aufgaben, die sich stellen, wenn die Architektur - das Gebaute schon vorhanden ist. Was das Ergebnis einer herkömmlichen architektonischen Praxis ist, ist hier der Ausgangspunkt. Es geht etwa darum, wie das Gegebene wahrgenommen, genutzt, verändert oder entfernt werden kann. Zugleich müssen im Kontext der Schrumpfung müssen neue Antworten gefunden werden, wie Architektur entstehen kann. Dafür muss das engere Feld der Architektur verlassen werden, die Debatte repolitisiert werden. Es stellt sich die Frage: Wer baut mit welchen Mitteln wofür? Präarchitektur befasst sich hingegen mit jenen Dingen, die einer architektonischen Praxis vorausgehen, diese überhaupt erst ermöglichen. Dazu gehört zunächst die Wunschproduktion, die Vorstellung von möglichen neuen Baulichkeiten und dem Erwecken des Interesses, diese zu realisieren. Pragmatisch gesprochen gehört zur Präarchitektur die Formierung von Nutzungen, Bauherren und Finanzierung. Die Notwendigkeit zur Entwicklung neuer „Werkzeuge“ des Planen und Bauens ist vergleichbar zur Situation der klassischen Moderne. Das „Neue Bauen“ der 1920er Jahre wäre undenkbar gewesen ohne die Entwicklung eines ganzen Arsenals an neuen Werkzeugen zur Realisierung von Städtebau und Architektur: Die Formierung der Kommunen und Genossenschaften als neue Bauherren, der Erfindung neuer Nutzungen und die Entwicklung innovativer Besteuerungs- und Finanzierungsmodelle war für das Entstehen der Architektur der Moderne ebenso essentiell wie die Erfindung neuer Baustoffe und Konstruktionsmethoden. In analoger Weise sind für die Gestaltung von Schrumpfungsprozesse neue Werkzeuge zu entwickeln, die überhaupt ein wirkungs volles Intervenieren ermöglichen. --- 11 --- gam05_lay_04.qxd 10.10.2008 17:17 Uhr Seite 63 WASSERMANGEL / WATER SCARCITY 2000–2050 Saint Petersburg moscow Moscow London Paris Toronto Detroit Chicago Boston New York New Jersey Madrid Barcelona Istanbul Beijing Tianjin Philadelphia Washington D.C. Dallas Los Angeles Seoul Tehran Tokyo Baghdad Atlanta Lahore Houston Cairo Chengdu Chongqing New Dehli Miami Dhaka Riyadh Mexico City Khartoum Chittagong Calcutta Osaka-Kobe Ha Noi Hong Kong Hyderabad Chennai Shanghai Guangzhou Karachi Ahmadabad Mumbai Bombay Guadalajara Wuhan Manila Yangon Bangkok Bangalore Ho Chi Minh City Caracas Lagos Bogotá Singapore Jakarta Lima Belo Horizonte Rio de Janeiro Sao Paolo Sydney Santiago Verfügbares Süßwasser je Einwohner und Jahr (2000) Available fresh water per capita and year (2000) Buenos Aires < 500 m3 Wassernotstand Very High Stress chronischer Wassermangel High Stress 1000–1666 m periodische Wasserknappheit Mid Stress 1666–10.000 m3 potentielle oder gelegentliche Wasserknappheit Low Stress 500–1000 m3 3 Wasserknappheit in 2050 Water Shortage in 2050 keine Daten verfügbar No data available Veränderung Süßwasserangebot je Einwohner 2000–2050 Change in fresh water supply per capita 2000–2050 -100% – -60% -60% – -20% 20% – 80% > 80% stark zunehmender Wassermangel strongly increasing water shortage zunehmender Wassermangel increasing water shortage abnehmender Wassermangel decreasing water shortage stark abnehmender Wassermangel strongly decreasing water shortage Eine gesicherte Wasserversorgung ist seit jeher eine notwendige Voraussetzung für das Entstehen und Wachsen von Städten. Doch bereits heute leiden mehr als eine Milliarde Menschen unter Trinkwassermangel. In den nächsten Jahrzehnten wird dieser global deutlich zunehmen und zu einem bedeutsameren Problem als das Schwinden der Ölvorräte. Ursachen sind neben Bevölkerungswachstum und steigendem Pro-Kopf-Verbrauch u.a. der lokale Rückgang der Niederschlagsmengen im Zuge des Klimawandels, das Erschöpfen von nicht erneuerbaren Wasserquellen und zunehmende Wasserverschmutzung. Städte (Einwohner) Cities (inhabitants ) > 4.000.000 1.000.000 – 4.000.000 A secure water supply has always been a necessary condition for the emergence and growth of cities. Yet more than a billion people are currently suffering from a lack of drinking water. In upcoming decades, the water shortage will get considerably worse worldwide and become a more significant problem than the decline in oil supplies. Besides population growth and increasing per capita consumption, causes for this are, among others, the local reduction of rainfall volumes within the scope of climate change, the depletion of sustainable water resources, and increasing water pollution. Quelle/Source: WaterGAP2.1 model, Center for Environmental Systems Research (CESR), Universität Kassel, Netherlands Environmental Assessment Agency (MNP) and Organisation for Economic Co-operation and Development (2008). --- 12 --- gam05_lay_04.qxd 10.10.2008 17:17 Uhr Seite 62 WÜSTENAUSDEHNUNG / DESERTIFICATION Yekaterinburg Omsk Cel’abinsk Volgograd Qiqihar Rostov Odessa Harbin Ürümqi Baotou Hohhot Yerevan Tunis Mashhad Lanzhou Dar-el-Baida Los Angeles San Diego Tripoli Damascus Amman Cairo Teheran Aleppo Beirut Jerusalem Kabul Islamabad Basra Kuwait Monterrey Kanpur Benares Riyadh Karachi Jeddah Mumbai Dakar Maracaibo Caracas Addis Ababa Fortaleza Dar es Salaam Soyo Lima Maputo Perth Santiago de Chile Wüsten 1997 Deserts 1997 Melbourne Semiaride Gebiete Semi arid areas Aride Gebiete Arid areas Vollaride Gebiete Hyper arid areas Sehr stark von Desertifikation gefährdete Gebiete Areas with very high risk of desertification Stark von Desertifikation gefährdete Gebiete Areas with high risk of desertification Städte (Einwohner 2007) Cities (Inhabitants 2007) > 5.000.000 1.000.000 – 5.000.000 500.000 –1.000.000 Über eine halbe Milliarde Menschen leben heute in Wüsten. Aufgrund steigender Temperaturen und geringeren Niederschlägen sowie Übernutzung, Überweidung, Entwaldung und falscher Bewässerung dehnen sich die heutigen Wüstengebiete aus. Mit dem Niedergang der Landwirtschaft flieht die Bevölkerung in die Städte. Doch Wüstenstädte beuten die lokalen Wasserquellen aus, ihre Wasserversorgung ist in Zukunft gefährdet. Die unwirtlichen Umweltbedingungen bieten den Slumbewohnern hier zudem nur geringe Möglichkeiten der Selbstversorgung, Armut und Unterversorgung sind die Folge. 250.000–500.000 100.000–50.000 < 50.000 More than half a billion people currently live in deserts. Due to rising temperatures and a lack of rainfall, as well as overexploitation, overgrazing, deforestation, and incorrect irrigation, existing desert regions are expanding. The decline of agriculture is causing the rural population to flee into cities. However, desert cities exploit local water resources, jeopardizing their future water supply. In addition, the subsistence economy provides slum dwellers with only few opportunities, resulting in poverty and undersupply. Quellen / Source: US Department of Agriculture, Natural Resources Conservation Service, Soil Survey Division, Washington D.C. 1998, http://soils.usda.gov/use/worldsoils/mapindex/desert.html • UNEP, World Atlas of Desertification, Great Britain 1997 • Weitere Erläuterungen unter/ further explanation see www.shrinkingcities.com/prognose.0.html --- 13 --- gam05_lay_04.qxd 10.10.2008 17:17 Uhr Seite 66 POLARISIERUNG / POLARIZATION 2005–2015 Einwohnerentwicklung 2005–2015 Population development 2005–2015 Einwohnergewinne Population gains >5% Stabile Einwohnerzahl Stable population -5%–5% Einwohnerverluste Population losses >5% Bevölkerungsdichte (Einwohner/km2) Population density (inhabitants / km2) 0–2 2–10 10–100 > 100 Die Entwicklung der Städte polarisiert immer mehr zwischen Gewinnern und Verlierern. In den alten Industrieländern konzentrieren sich Bevölkerung und wirtschaftliche Aktivitäten zunehmend in den großen städtischen Ballungsräumen, während sich die ländlichen Peripherien entvölkern. The development of cities is becoming more and more polarized into winners and losers. In the old industrial countries, population and economic activity are becoming increasingly concentrated in the large urban high-density areas, while the rural peripheries are depopulating. Quelle/Source: Center for International Earth Science Information Network (CIESIN), Columbia University, 2008 Weitere Erläuterungen unter / further explanation see www.shrinkingcities.com/prognose.0.html --- 14 --- 9 Weltkarten zur Zukunft der Schrumpfung Projektbüro Philipp Oswalt Konzeption: Philipp Oswalt Projektleitung: Anne Schmidt Wissenschaftliche Beratung Diana Reckien, Luis Costa (Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, Klimawirkung und Vulnerabilität (PIK)) Recherche und Kartierung: Anne Schmidt, Markus Seitz, Lisa Buttenberg, Johanna Fink, Christian Piek, James Schrader Grafik: 1kilo Besonderen Dank an: Joe Alcamo (CESR/Universität Kassel), Dieter Gerten (PIK), Morna Isaac (MNP), Paul Lucas (MNP), Matthias Lüdeke (PIK), Lucas Menzel (CESR/ Universität Kassel), Stefanie Rost (PIK) und Carsten Walther (PIK). Insbesondere folgende Prognosen liegen den Karten zu Grunde: Bevölkerung: United Nations, Department of Economic and Social Affairs, Population Division: World Population to 2300 Medium Projection (2004), World Urbanization Prospects. The 2007 Revision (2007); Energieressourcen: BP Statistical Review of World Energy: Future Prognoses at 2007 production rates, based on known reserves (2008); Klima: Intergovermental Panel on Climate Change (IPCC): Fourth Assessment Report: Climate Change 2007 (zumeist Szenarien A1FI oder A2). Weitere Informationen: www.shrinkingcities.com/prognose.0.html © Philipp Oswalt, Berlin 2008 --- 15 --- Schrumpfende Städte - Shrinking Cities Projektbüro Philipp Oswalt Eisenacher Straße 74 D 10823 Berlin Tel: 49-30-818219-1 www.shrinkingcities.com