1. Katholische Kirche und deutsche Freimaurerei

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1. Katholische Kirche und deutsche Freimaurerei
© Giovanni Grippo - E mailadresse: giovanni@ grippo-verlag.de
1. Katholische Kirche und deutsche Freimaurerei
1.1. Zugehörigkeit zur Freimaurerei und zur Katholischen Kirche
Fragen über die zeitgleiche Zugehörigkeit zur Freimaurerei und zur Katholischen Kirche
treten meistens bei Gäste- oder Interessiertenabenden auf.1 Fragen zu diesem Thema sind
aber seltener geworden, weil die Katholische Kirche nicht mehr jene Vormachtstellung in
Glaubensfragen hat, wie sie sie einst in Europa innehatte. Das gilt besonders in
skandinavischen Ländern, England sowie Wales. Dabei muss man bedenken, dass in diesen
Ländern zum einen die Freimaurerei seit jeher sehr stark und zum anderen die Katholische
Kirche geschichtlich bedingt dort eher schwächer vertreten ist. Man kann heutzutage USA
dazuzählen. Die Freimaurerei war dort seit ihrer Gründung stark vertreten; auch wenn seit
Jahrzehnten die Mietgliedszahlen rückläufig sind.
1.2. Statistiken zu Mitgliederzahlen der Katholischen Kirche
In Dänemark, Norwegen, Island und Schweden sind zwischen 71-80% der Einwohner
Protestanten und die Anhänger der Katholischen Kirche sind in der Minderheit (zwischen 15%).2
- 2008 gehörten ca. 56,83% der englisch-walisischen Bevölkerung der anglikanischen
Kirche und 13,1% der römisch-katholischen Kirche an.
Sei nebenbei erwähnt, dass der Heilige Stuhl im Jahr 2009 – während des Pontifikats von
Benedikt XVI.3 –mit dem Papst-Erlass »Anglicanorum coetibus« eigene Kirchenstrukturen für
übertrittswillige Anglikaner ermöglicht hat. Sie erlauben Konvertiten in England einen
gemeinschaftlichen Übertritt – etwa als Pfarrgemeinde oder als religiöser Orden – sowie die
Beibehaltung einer Reihe von anglikanisch-liturgischen, spirituellen und musikalischen
Traditionen.4 Man kann gewiss mitunter den geschichtlichen, schweren Stand der
Katholischen Kirche in England und Wales darin erblicken.
- 2007 gehörten ca. 57,1% der us-amerikanischen Bevölkerung den evangelikalen
(26,3%) und den Mainline-Protestanten (16,1%) sowie den schwarzen protestantischen
Kirchen (6,9%) und 23,9% der Katholischen Kirche an.
1
Anmerkung: Menschen die nach der Freimaurerei suchen, werden üblicherweise »Suchende« genannt. Im
Freimaurer-Orden (GLL FvD) handelt es sich um eine rituelle Bezeichnung; deshalb wird im Allgemeinen
und in diesem Vortrag von Gästen oder Interessierten (oder Profanen) gesprochen.
2
Anmerkung: Dänemark (2013): 79,1% evangelisch-lutherische Volkskirche und 0,6% römisch-katholische
Kirche. Norwegen (2011): 79% evangelisch-lutherische Volkskirche und 2% römisch-katholische Kirche.
Island (2010): 79,18% evangelisch-lutherische Staatskirche und 5% römisch-katholische Kirche. Schweden
(2009): evangelisch-lutherische Kirche und 1,6% römisch-katholische Kirche.
3
Anmerkung: gebürtig Joseph Ratzinger (*1927), war von 2005-2013 Papst in Rom.
4
vgl. http:/ / diepresse.com/ home/ panorama/ religion/ 645470
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In Schweden, Norwegen und Dänemark verstanden sich die Monarchen als
Verteidiger des protestantisch-christlichen Glaubens. Der Einfluss der
Katholischen Kirche, wie man noch immer an den heutigen Anhängerzahlen (1-5%) sehen
kann, war sehr gering.
- 2013 gehörten ca. 30% der deutschen Bevölkerung einer evangelischen Kirche und
29,9% der Katholischen Kirche an. 37,2% der deutschen Bevölkerung sind
konfessionslos.5
1.2.1. Fazit: Diese Angaben sollen anzeigen, dass mit der Katholischen Kirche verhandelt
werden kann, wenn sie sich ihrer schwächeren Position bewusst ist. Statistisch gesehen, bildet
Deutschland eine Ausnahme, weil die beiden christlichen Konfessionen (evangelische und
katholische) etwa gleichstark sind; über ein Drittel der deutschen Bevölkerung ist
konfessionslos.
1.3. Historische »Feindschaft« zur Freimaurerei
Die erste Bannbulle gegen die Freimaurerei wurde von Papst Clemens XII.6 am 28. April
1738 in Kraft gesetzt. Nicht die Gründung in London von vier Logen, die sich als die »Grand
Lodge of England« mutmaßlich am 24. Juni 1717 zusammengeschlossen haben sollen, war
anscheinend der Auslöser für diese Bannbulle.7 Man kann eher davon ausgehen, dass
Reverend James Andersons8 zweite Fassung der sogenannten »Constitutions« (zu Deutsch
»Verordnungen« der Freimaurer) der Auslöser gewesen sein könnte.
Wie in der ersten Auflage vom 28. Februar 1723 enthielt die zweite Fassung die fiktive
Geschichte der Freimaurerei. Darin wird sie auf Adam, dem ersten Stammvater der
Menschen, zurückgeführt. Die Geschichte ist wunderbar ausgearbeitet. Sie wird anhand von
Baudenkmälern erzählt. Die Fakten sind hauptsächlich aus der Bibel entliehen. Die sieben
Weltwunder der Antike spielen eine wesentliche Rolle. Die Geschichte endet im 18.
Jahrhundert. In den »Constitutions« sind die »Alten Pflichten« enthalten: der Verhaltenskodex
der Freimaurer. In der ersten Fassung der »Alten Pflichten« wird der Begriff »christlich«
vermieden. Die zweite Fassung der »Constitutions« vom 26. Januar 1738 (rund drei Monate
vor der ersten Bannbulle) kommt aufgrund einer ganzen Reihe von Zweideutigkeiten eher in
Frage und sie ist betont christlicher als die erste Fassung. Von diesem Jahr an werden in
England religiöse Werte allmählich wieder höher geschätzt. Schon 1730 hatte die Großloge
von Irland dem Text der »Constitutions« von Anderson ein explizit christliches Gebet
vorangestellt und den Rest unverändert gelassen.
5
Anmerkung: Die statistischen Angaben stammen aus Wikipedia und sind als Tendenz zu verstehen, nicht als
wissenschaftlich ermittelte Daten.
6
Anmerkung: gebürtig Lorenzo Corsini (1652-1740), war von 1730 bis 1740 Papst in Rom.
7
Anmerkung: Der 24. Juni 1717 wird zumeist als historisches Gründungsdatum der modernen Freimaurerei
angesehen.
8
Anmerkung: James Anderson (1678-1739), Reverend der schottisch-presbyterianischen Kirche in London,
England.
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Als eine Folge der zweiten Auflage und der wiederentdeckten Frömmigkeit in
England wird die Gründung der zweiten Großloge namens »Antient Grand Lodge
of England« angesehen. Diese entsteht im Frühjahr des Jahres 1751 durch Zusammenschluss
von sechs Logen und könnte chronologisch gesehen, mit der Auslöser für die zweite
Bannbulle gewesen sein. Papst Benedikt XIV.9 erlässt diese am 18. Mai 1751. Der Heilige
Stuhl in Rom könnte die Gründung einer zweiten Großloge als zunehmende Gefahr erachtet
haben. Die »Constitutions« der zweiten Großloge werden »Ahiman10 Rezon« (zu Deutsch
»Ahimans Vermächtnis«) genannt, 1756 veröffentlicht, enthalten ebenfalls eine (geänderte)
Version der »Alten Pflichten« und sind betont christlich. Sie enthalten jüdische, urchristliche
und christliche Gebete, die für die Logenarbeit bestimmt sind.
Die Passage aus den »Contistutions« aus dem Jahre 1723 lautet: »Der Maurer ist durch
seinen Beruf verbunden, dem Sittengesetz zu gehorchen, und wenn er seine Kunst
recht versteht, wird er weder ein dummer Gottesleugner noch ein Wüstling ohne
Religion sein. Aber obgleich in alten Zeiten die Maurer verpflichtet waren, in jedem
Lande von der jedesmaligen Religion des Landes oder der Nation zu sein, so hält man
es doch jetzt für ratsam, sie bloß zu der Religion zu verpflichten, in welcher alle
Menschen übereinstimmen und jedem seine besondere Meinung zu belassen, das heißt,
sie sollen gute und wahrhafte Männer sein, Männer von Ehre und Rechtschaffenheit,
durch was für Sekten und Glaubensmeinungen sie auch sonst sich unterscheiden
mögen.«
Die entscheidende Passage aus den »Contistutions« aus dem Jahre 1738 lautet: »Ein
Frei-Maurer beachtet das Moralgesetz, wie ein wahrer Noachite, und wenn er die
(königliche) Kunst recht versteht, so wird er niemals ein thörichter Atheist, noch ein
ruchloser Frei-Geist sein, noch wider sein Gewissen handeln. In alten Zeiten waren die
christlichen Maurer verpflichtet, sich an die christlichen Gebräuche eines jeden Landes,
wo sie zu wandern oder zu schaffen hatten, zu halten. Da aber die Maurerei unter allen
Völkern, auch von anderen Religionen angetroffen wird, wird ihnen jetzt nur noch
auferlegt, sich derjenigen Religion zu verpflichten, in welcher alle Menschen
übereinstimmen und jedem Bruder seine eigene besondere Meinung zu belassen, das
heißt, man fordert nur, dass sie tugendhaft und getreue Menschen seien, und sich an
die Ehre und Rechtschaffenheit halten. Sie mögen sich außerdem durch diese oder jene
Namen, Religionen oder Meinungen unterscheiden, stimmen sie aber in den drei
großen Artikeln des Noahs11 überein, so reicht dies aus, die Bindung der Loge zu
bewahren.«
9
Anmerkung: gebürtig Prospero Lorenzo Lambertini (1675-1758), war von 1740 bis 1758 Papst.
Anmerkung: Laut dem »Ahiman Rezon« aus dem Jahre 1756, war Ahiman einer von vier Brüdern aus
Jerusalem. Die Namen der anderen drei sind Sallum, Akkub und Talmon (vgl. 1. Chronik 9,17). Sallum war
ihr Anführer. Sie sollen von König Salomon als Torwächter am Tempel, in seinem zweiunddreißigsten
Lebensjahr, das zwölfte Jahr seiner Regierung und das Jahr der Welt 2942, einbestellt worden sein.
11
Anmerkung: Nach der Sintflut erließ Gott sieben Gebote an die Nachkommen Noahs, die für die gesamte
Menschheit galten, denn Noah wird im Judentum als Vater der Menschheit angesehen. Sie lauteten:
Einführung einer Gerichtsbarkeit, keine Gotteslästerung, kein Götzendienst, keine Unzucht, kein
Blutvergießen, kein Raub und kein Stück von einem lebenden Tier (Babylonischer Talmud: Sanhedrin 56
a/56 b). Hier wird wahrscheinlich auf die ersten drei Gebote Bezug genommen.
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Die erste Bannbulle richtet sich gegen die Entwicklung der Freimaurerei
besonders in Frankreich als Geheimgesellschaft.
»Die französische Freimaurerei wurde und blieb immer eine politisch interessierte und
sozial gefärbte Freimaurerei. So entstand eine französische Tradition der Freimaurerei,
die sich vollständig von der alten Tradition unterschied und unterscheidet. Diese
beiden Abweichungen […] sind u. a. die Hauptunterschiede zur angelsächsischen
Freimaurerei.«12
Es wurden vor allem fünf Punkte aufgezählt, die das Verbot begründeten. Die Katholische
Kirche nahm hautpsächlich Anstoß an der religiösen Toleranz der Freimaurerei, die die
Aufnahme von Menschen aller Religionen und Sekten erlaubte. Die zweite Bannbulle
unterstreicht nochmals die Androhungen der ersten.
Auf die Passage: Freimaurer zu »derjenigen Religion zu verpflichten, in welcher alle Menschen
übereinstimmen und jedem Bruder seine besondere Meinung zu belassen« - wurde in der
ersten Bannbulle direkt Bezug genommen. Dabei war dies auf dem europäischen Kontinent
nichts anderes als das Prinzip des im Jahre 1555 erwirkten Augsburger Religionsfriedens.
Dabei konnte der jeweilige Landesfürst die Religion der Einwohner seines
Herrschaftsgebietes vorgeben.
In Deutschland des 18. Jahrhundert war es Friedrich II.13, der zudem Freimaurer war, der die
Religionsfreiheit in Preußen mit folgendem Satz freigegeben haben soll:
»In meinem Staat soll jeder nach seiner Façon selig sein.«
Die Liste der päpstlichen Rechtsakte und Erlasse (Bullen) sowie Verlautbarungen und
Rundschreiben (Enzyklikas) gegen die Freimaurerei belaufen sich auf insgesamt 20 Stück.
1738 hatte Papst Clemens XII. die erste Bannbulle verfügt und am 26. November 1983 wurde
das letzte Postulat der »Kongregation für die Glaubenslehre« veröffentlicht.14 Diese Erlasse
und Rundschreiben haben keinerlei Wirkung auf die englische Freimaurerei. Sie blieb ihrer
Tradition von 1717 treu und schwieg eisern zu jedem einzelnen Erlass und Rundschreiben
des Heiligen Stuhls. Sie war fest in der englischen Gesellschaft verankert. Freimaurer
dominierten das »Home of Lords« sowie das Unterhaus und den anglikanischen Episkopat.
Ȇbrigens wollte diese fortschreitende geistliche Richtung der englischen Maurerei
niemals gewisse Grenzen überschreiten, nämlich die im Beginn festgelegten Grenzen.
Entgegengesetzt der schwedischen Maurerei, die sich als lutherisch bekannte, optiert
die englische Maurerei für keine religiöse Form. Da sie aus Menschen besteht, die in
12
vgl. Giovanni Grippo »Freimaurerei – Von der Veredelung der Seele«, G. Grippo Verlag, Oberursel
(Taunus) 2012, S. 66-67.
13
auch Friedrich der Große genannt (1712-1786), war ab 1772 König von Preußen sowie Kurfürst von
Brandenburg.
14
Anmerkung: Auf die Erklärung vom 23. Februar 1985 zum Postulat vom 26. November 1983 wird später
näher eingegangen werden.
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ihrer Mehrheit religiös sind, aber verschiedenen Konfessionen angehören, so
konnte sie nicht anders handeln, ohne ihre Einheit in Gefahr zu bringen.«15
Die zweite Fassung der »Constitutions« vom 26. Januar 1738 wirft mehr Staub auf als die
erste. In Frankreich erscheint zwischen den Jahren 1735 und 1736, noch bevor die zweite
Fassung der »Constitutions« von Anderson in England veröffentlicht wurde, ein Dokument
namens »Les devoirs enjoints aux maçons libres« (zu deutsch »Die für die freien Maurer
verbindlichen Pflichten«). Der erwähnte Satz an dem die Katholische Kirche Anstoß
genommen haben kann, findet sich ebenso in jenem Dokument wieder: »Die Religion, der
jeder Christ zustimmt«.16 Zwar ist der Begriff »christlich« damals wie heute nicht rechtlich
geschützt aber die Katholische Kirche sah sich als Verteidiger des Glaubens und mit
Sicherheit als definitionsbestimmend für diesen Begriff an.
Der freimaurerische Gedanke, der dem Freimaurer-Orden (auch »Große Landesloge der
Freimaurer von Deutschland« genannt) zugrunde liegt, stammt wahrscheinlich aus Nord
England, um genau zu sein aus der Stadt York, d. h. aus den Harodim-Logen und den
Wechselbeziehungen zu Frankreich (Schotten, Iren und Franzosen waren hauptsächlich
katholischen Glaubens). Die alte und größte Grafschafts Englands mit York als Hauptstadt
hieß Yorkshire und grenzt im Norden an Schottland.
Wie schon erwähnt, wurden die »Constitutions« der zweiten Großloge »Ahiman Rezon«
genannt, enthalten ebenfalls eine (geänderte) Version der »Alten Pflichten« und sind betont
christlich.17 Zur Gründerzeit der modernen Freimaurerei gab es nebeneinander und offenbar
unabhängig voneinander fünf freimaurerische Traditionen im Vereinigten Königreich von
Großbritannien und Irland. Es gab sowohl in Schottland als auch in Irland jeweils
freimaurerische Traditionen.18
Die Großloge, die sich angeblich 1717 gründete, wurde später »Moderns« genannt, weil die
Schotten und Iren berechtigterweise den Anspruch stellten, älter zu sein als die in London
neugegründete Großloge. Obwohl sich die schottische Großloge in England erst um 1751
gründete, bezeichneten sie sich als »Antients« (zu Deutsch »Antik«). Sie behaupteten, dass sie
ihre Rituale nie geändert hätten, was nachweislich falsch ist.19 Sie übernahmen u. a. die
Legende um den Salomonischen Tempelbau. Wahrscheinlich stammt diese Legende aus den
Harodim-Logen. Die Harodim-Logen sind eine der voneinander unabhängigen fünf
freimaurerischen Traditionen im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Irland. Das
es Harodim-Logen vor 1749 bereits in Frankreich gab, wird durch William Mitchells20
15
vgl. Alec Mellor: »Die unbekannte Grundurkunde der christlichen Freimaurerei«, Verlag Hermann Dettmer,
Uetersen 1980, S. 41.
16
vgl. Alec Mellor »Die unbekannte Grundurkunde der christlichen Freimaurerei«, Verlag Hermann Dettmer,
Uetersen 1980. S. 43.
17
Anmerkung: Das Dokument mit dem Namen »Les devoirs enjoints aux maçons libres« könnte starken
Einfluss auf James Andersons Neufassung der »Constitutions« von 1738 genommen haben; vielleicht durch
Druck der schottischen und irischen Freimaurer in England und Wales.
18
vgl. http://freimaurer-wiki.de/index.php/Frederik:_Die_Harodim
19
vgl. http://freimaurer-wiki.de/index.php/Frederik:_Die_Harodim
20
William Mitchell war ein schottischer Hochgrad-Freimaurer des 18. Jahrhunderts.
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Aufnahme im selben Jahr in den Orden des »Rose Croix« (im heutigen
Freimaurer-Orden vergleichbar mit der Andreas-Loge) bestätigt.21 Das hebräische
Wort »harodim« bezieht sich auf die obersten Beamten von König Salomon und setzt somit
einen klaren Bezug auf die Zeit des Salomonischen Tempelbaus (um das 10. Jahrhundert v.
Chr. herum). Im III. bis VI. Grad des Freimaurer-Ordens wird genau auf diese obersten
Beamten Bezug genommen. Bis heute gibt es verschiedene Theorien, wie die Legende um den
Salomonischen Tempelbau Eingang in die Freimaurerei fand; hierin könnte ein möglicher
Lösungsansatz liegen.22
1.3.1. Fazit: 1738 hatte Papst Clemens XII. die erste Bannbulle verfügt und am 26.
November 1983 wurde die letzte Verlautbarung (Postulat) der »Kongregation für die
Glaubenslehre« auf der offiziellen Homepage veröffentlicht. Die Katholische Kirche nahm
Anstoß an der religiösen Toleranz der Freimaurer. Die 20 Erlasse und Rundschreiben haben
aber keinerlei Wirkung auf die englische Freimaurerei. Sie blieb ihrer Tradition von 1717 treu
und schwieg eisern zu jedem einzelnen Erlass und Rundschreiben bis heute.
2. Aufnahme von Gesprächen mit der Katholischen Kirche
1918 trat die von der Katholischen Kirche in einem Buch, dem »codex iuris canonici« (CIC),
zusammen-gefassten »codices«, das sind Rechtsakte und Erlasse aber auch
Handschriftensammlungen, in Kraft. Darin wurden katholische Freimaurer vom Ordens- und
Patronatsrecht, von der Begräbnismesse, von den Jahresgedächtnismessen ausgeschlossen
und mit der schwersten Kirchenstrafe, der Exkommunikation, belegt. Dem canon 2335 ist zu
entnehmen:
»Wer einer Freimaurergesellschaft oder anderen Vereinigung dieser Art angehört, die
gegen die Kirche oder die rechtmäßigen staatlichen Gewalten agitiert, zieht sich ohne
weiteres den Kirchenbann zu, dessen Lossprechung dem Heiligen Stuhl in einfacher
Weise vorbehalten ist.«
Papst Johannes XXIII.23 war es, der ab 1963 im II. Vatikanischen Konzil die Öffnung der
Katholischen Kirche gegenüber den »anderen Christen« und den anderen Religionen
einleitete. Dies eröffnete einen Weg, Gespräche mit der Katholischen Kirche einzuleiten. Das
kanonische Kirchenrecht bestimmte seit 1918, dass ein Katholik allein schon durch den
Beitritt in eine freimaurerische Vereinigung automatisch exkommuniziert sei. Während des II.
Vatikanischen Konzils wollte eine Gruppe von Bischöfen erneut eine Verurteilung der
21
vgl. http://freimaurer-wiki.de/index.php/Frederik:_Die_Harodim: »Wenn dies stimmt, ist es durchaus
möglich, dass John Mitchell 1749 in Frankreich im »Orden des Rose Croix« aufgenommen wurde. Aber wenn
am 15.4.1747 in Frankreich ein Kapitel des zweiten Ordens gegründet wurde, muss es dort vorher schon eine
Provinzial-Großloge des ersten Ordens (der Harodim) gegeben haben, da diese die Vorstufe zum »Rose
Croix« bildet.«
22
vgl. G. Grippo »Der Salomonische Tempel (im Wandel von 3000 Jahren)«, 2. Auflage - G. Grippo Verlag,
Oberursel (Taunus) 2011, S. 18.
23
Anmerkung: gebürtig Angelo Giuseppe Roncalli (1881-1963), war von 1958-1963 Papst in Rom.
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Freimaurer erwirken - wozu es aber nicht kam.24 Ein Beschluss für einen formalen
Dialogbeginn mit Freimaurern, ist den Abschlussdokumenten des Konzils nicht
zu entnehmen.
In der Folgezeit gingen in einigen Ländern die katholischen Bischöfe bereits dazu über, den
Kirchenbann in Bezug auf die Freimaurerei als gegenstandslos zu erachten. Die
skandinavischen Länder, England und Wales waren Vorreiter. Dabei muss man bedenken,
wie bereits zuvor anhand der Anhängerzahlen verdeutlicht, dass die Katholische Kirche
geschichtlich bedingt dort schwächer vertreten ist.
2.1. Die ersten historischen Gespräche
In den Jahren 1968 bis 1972 fanden Gespräche mit Vertretern der deutschsprachigen
Freimaurer statt »mit dem Ziel einer umfassenden Information und einer Verbesserung der
gegenseitigen Beziehungen.« Das Ergebnis dieser Gespräche war (5. Juni) 1970 die
sogenannte »Lichtenauer Erklärung«; in ihr heißt es:
»In Ehrfurcht vor dem Großen Baumeister des Universums erklären wir: Die
Freimaurer haben keine gemeinsame Gottesvorstellung, denn die Freimaurerei ist keine
Religion und lehrt keine Religion. Freimaurerei verlangt dogmenlos eine ethische
Lebenshaltung und erzieht dazu durch Symbole und Rituale. Die Freimaurer arbeiten
brüderlich gebunden in ihren selbständigen Bauhütten (Logen) unter souveränen
Großlogen, im Glauben an die Bruderkette, die die Erde umspannt. Die Freimaurer
huldigen dem Grundsatz der Gewissens-, Glaubens- und Geistesfreiheit und verwerfen
jeden Zwang, der diese Freiheit bedroht. Sie achten jedes aufrichtige Bekenntnis und
jede ehrliche Überzeugung. Sie verwerfen jegliche Diskriminierung Andersdenkender.
Die Gesetze der Großlogen der Welt unter-sagen den Logen die Einmischung in
politische und konfessionelle Streitfragen.«
Im Artikel 9 der »Lichtenauer Erklärung« steht insbesondere für katholische Freimaurer:
»Wir sind der Auffassung, dass die päpstlichen Bullen, die sich mit der Freimaurerei
befassen, nur noch eine geschichtliche Bedeutung haben und nicht in unserer Zeit
stehen. Wir meinen, dies auch von den Verurteilungen des Kirchenrechts, weil sie sich
gegenüber der Freimaurerei einfach nicht rechtfertigen lassen, von einer Kirche, die
nach Gottes Gebot lehrt, den Bruder zu lieben.«
Am 29. Oktober 1973 erhielt die deutsche Dialogkommission von einer »offiziellen
Mitteilung« Kenntnis, in der es hieß,
»dass die römische Glaubenskongregation bereits veranlasst habe, dass in der nächsten
Ausgabe des codex iuris canonici der Passus über die Freimaurerei in dem Sinne
24
vgl. Harald Schrefler »Die katholische Kirche und die Freimaurerei. Ein dokumentarischer Rückblick und
die Dialoge in Österreich im 20. und 21. Jahrhundert« Dissertation an der Universität Wien,
Universitätsbibliothek Band D 35.854, 2009, S. 89.
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geändert werde, dass nur noch jene von der Katholischen Kirche ausgeschlossen
seien, die einer Gemeinschaft angehören, die zum erklärten Ziel haben, die
katholische Kirche zu bekämpfen.«
2.2. Die zweiten historischen Gespräche
1974 bis 1980 fanden erneut Gespräche mit einer Arbeitsgruppe der »Deutschen
Katholischen Bischofskonferenz« und einer Delegation der deutschen Freimaurer statt. Es
war Kardinal König der dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal Döpfner, die
Aufnahme des weiteren Dialoges mit den deutschen Freimaurern empfohlen hatte. Diese
endeten am 12. Mai 1980. Die Dialogteilnehmer an diesen Gesprächen waren führende
Freimaurer aus Österreich, aus der Schweiz und aus Deutschland, unter dem Vorsitz von
Altgroßmeister Vogel. Auf Seiten der katholisch-theologischen Kommission waren es
Johannes B. de Toth, Apostolischer Pronotar, Domherr vom Lateran, Rom, Engelbert
Schwarzbauer, Päpstlicher Hausprälat, Theologieprofessor aus Linz/Donau. An diesen
Gesprächen nahmen prominente Personen der Freimaurerei sowie der Katholischen Kirche
teil. Nach dem Dialog erließ der Präfekt der katholischen Glaubenskongregation Kardinal
Franjo Šeper am 18. März 1974 ein Schreiben an alle Bischöfe; darin heißt es u. a.:
»Im Verlauf einer längeren Prüfung dieser Sachfrage über die Freimaurerei hat der
Heilige Stuhl bei den Bischofskonferenzen, die mit diesem Problem besonders
konfrontiert sind, mehrfach Erkundigungen eingezogen, um den Charakter und die
heutige Tätigkeit dieser Vereinigungen sowie die Auffassung der Bischöfe besser
kennenzulernen. Bei der Beurteilung der einzelnen Fälle ist jedoch zu bedenken, dass
Strafgesetze strikt auszulegen sind. Darum kann die Ansicht der Autoren, die daran
festhalten, dass der genannte canon 2335 nur diejenigen Katholiken betrifft, die
Vereinigungen beitreten, welche wirklich gegen die Kirche arbeiten, als sicher gelehrt
und angewandt werden.«25
Von katholischer Seite wurden unter Vorsitz von Bischof Stimpfle noch fünf theologische
Professoren berufen: Dollinger, Vorgrimler, Scheuermann, Bieser, Liebel. Von
freimaurerischer Seite unter Vorsitz von Altgroßmeister Vogel fünf Brüder. Später wurde
auch Bruder Otto Wolfskehl26 hinzugezogen. Von 1974 bis 1979 fanden fünf Sitzungen der
Dialogkommission statt.
Bei den ersten drei Sitzungen zeigte sich, dass sich die katholischen Dialogpartner auf
theologische Fragen konzentrierten. Dem waren die freimaurerischen Mitglieder der
Dialogkommission nicht gewachsen; deshalb bat man um Unterstützung durch einen
theologischen Konsultor, der in Fragen der Freimaurerei bewandert war. Dem wurde
zunächst zugestimmt und man einigte sich auf den Prälaten de Toth aus Rom, der bereits in
den Gesprächen von 1968 bis 1972 als Dialogteilnehmer der katholischen Kommission
teilgenommen hatte. Die übrigen katholischen Dialogteilnehmer waren indessen nicht mehr
25
vgl. Joachim Müller »Freimaurerei und katholische Kirche. Ängste - Auseinandersetzungen Dialogversuche« Informationen zur neuen religiösen Szene, Bd. 6, Kanisiusverlag, 1995.
26
Anmerk.: Mitglied des Freimaurer-Ordens (1920-1987) und Ritter-Kommandeur mit dem »Roten Kreuz«.
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damit einverstanden. Auch unter Kardinal Höffner, der die Nachfolge des
inzwischen verstorbenen Kardinal Döpfner angetreten hatte, kam es zu keinem
weiteren Dialog mehr.
In der letzten Sitzung der Kommission am 30. Juni 1979 wurde zwischen den Partnern
vereinbart, dass »von beiden Seiten ein Schlussbericht erarbeitet werden solle«, der in der
dann folgenden Zusammenkunft protokolliert werden sollte. Man legte einen Termin für die
abschließende gemeinsame Sitzung fest. Am 24. Februar 1980 hatte die katholische
Dialogkommission ihren Bericht fertiggestellt und ohne Kenntnis sowie ohne vorherige
Information der Teilnehmer an die »Deutsche Katholische Bischofskonferenz«
weitergegeben. Am 12. Mai 1980 wurde schließlich mit dem Bericht feststellt: »Eine
Zugehörigkeit [zur Freimaurerei] stellt die Grundlagen christlicher Existenz in Frage« und
endet mit dem Satz: »Die gleichzeitige Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche und zur
Freimaurerei ist ausgeschlossen.«27 In der Stellungnahme von Jürgen Holtorf, damaliger
Großmeister der Vereinigten Großlogen von Deutschland, wird bedauert, dass der
begonnene Dialog so endete. Der Stellungnahme ist seine Rechtfertigungserklärung angefügt,
»dass die Gesetze der Freimaurer jedem Katholiken gestatten, Freimaurer zu werden und
zwar ohne Beeinträchtigung oder Beeinflussung in der Ausübung seines Glaubens!«.28 Am 17.
Februar 1981 erschien desweiteren eine Erklärung der »Kongregation für die Glaubenslehre«.
2.2.1. Fazit: Das kanonische Kirchenrecht bestimmte seit 1918, dass ein Katholik allein
schon durch den Eintritt in eine freimaurerische Vereinigung automatisch exkommuniziert
sei. In den Jahren 1968 bis 1972 fanden Gespräche mit den Vertretern der deutschsprachigen
Freimaurer statt. Das Ergebnis dieser Gespräche war (5. Juni) 1970 die sogenannte
»Lichtenauer Erklärung«. 1974 bis 1980 fanden erneut Gespräche statt. Diese endeten am 12.
Mai 1980 mit einer einseitigen Erklärung der Bischofskonferenz.
3. Das neue Kirchliche Rechtsbuch (CIC) und die letzten beiden Päpste
Im neuen Kirchlichen Rechtsbuch (codex iuris canonici), das am 27. November 1983 in Kraft
trat, ist der alte canon 2335 gestrichen worden. Die Freimaurer werden darin nicht mehr
erwähnt. Man könnte nun daraus ableiten, dass die Unvereinbarkeitserklärung der »Deutschen
Katholischen Bischofskonferenz« keine rechtliche Wirkung mehr hätte. Anstelle des canon
2335 ist wieder der canon 1374 getreten, indem es heißt:
»Wer einer Vereinigung beitritt, die gegen die Kirche agitiert, soll mit der gerechten
Strafe bedacht werden. Wer aber eine solche Vereinigung gründet oder leitet, soll mit
einer Gottesdienstsperre belegt werden.«
Der Tatbestand, den der canon 1374 fassen möchte, ist gegen eine Vereinigung gerichtet, die
27
vgl. Schrefler »Die katholische Kirche und die Freimaurerei«, Wien 2009, Seite 118, Seiten 226-234: Schreflers Dissertation
enthält die gesamte Erklärung der Bischofskonferenz als Anhang.
28 vgl. Joachim Müller »Freimaurerei und katholische Kirche. Ängste - Auseinandersetzungen - Dialogversuche«, Informationen zur
neuen religiösen Szene, Bd. 6, Kanisiusverlag, 1995.
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gegen »die Kirche agitiert«. Doch am 26. November 1983, einem Tag vor dem
Inkrafttreten des neuen Kirchlichen Rechtsbuchs (CIC), veröffentlichte Kardinal
Joseph Ratzinger29 folgendes Postulat auf der offiziellen Homepage des Heiligen Stuhls:
3.1. »Urteil der Kirche unverändert«
»Es wurde die Frage gestellt, ob sich das Urteil der Kirche über die Freimaurerei durch
die Tatsache geändert hat, daß der neue CIC sie nicht ausdrücklich erwähnt wie der
frühere.
Diese Kongregation ist in der Lage zu antworten, daß diesem Umstand das gleiche
Kriterium der Redaktion zugrunde liegt wie für andere Vereinigungen, die gleichfalls
nicht erwähnt wurden, weil sie in breitere Kategorien eingegliedert sind.
Das negative Urteil der Kirche über die freimaurerischen Vereinigungen bleibt also
unverändert, weil ihre Prinzipien immer als unvereinbar mit der Lehre der Kirche
betrachtet wurden und deshalb der Beitritt zu ihnen verboten bleibt. Die Gläubigen,
die freimaurerischen Vereinigungen angehören, befinden sich also im Stand der
schweren Sünde und können nicht die heilige Kommunion empfangen.
Autoritäten der Ortskirche steht es nicht zu, sich über das Wesen freimaurerischer
Vereinigungen in einem Urteil zu äußern, das das oben Bestimmte außer Kraft setzt,
und zwar in Übereinstimmung mit der Erklärung dieser Kongregation vom 17. Februar
1981 (vgl. AAS 73/1981; S. 240-241).
Papst Johannes Paul II, hat diese Erklärung, die in der ordentlichen Sitzung dieser
Kongregation beschlossen wurde, bei der dem unterzeichneten Kardinalpräfekten
gewährten Audienz bestätigt und ihre Veröffentlichung angeordnet.
Rom, am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre, 26. November 1983.
Joseph Kardinal RATZINGER, Präfekt
+ Erzbischof Jérôme Hamer, O.P., Sekretär« 30
Das Postulat unterstreicht, und es wird ausdrücklich auf die Zustimmung des Papstes darin
hingewiesen, dass sich ein katholischer Freimaurer nach wie vor im Zustand der schweren
Sünde befindet. Als Joseph Ratzinger zum Papst gewählt wurde, bemühte er sich dieses
Postulat erneut zu gültigem Recht innerhalb der Katholischen Kirche werden zu lassen; aber
mit minderem Erfolg und wie wir am Beispiel des Papst-Erlasses »Anglicanorum coetibus«
gesehen haben, geht die Katholische Kirche Kompromisse ein.
3.2. Rechtsposition durch das neue Kirchliche Rechtsbuch (CIC)
Aus rein formal-juristischer Sicht ist eine mögliche Rechtsposition zum neuen CIC, dass der
Heilige Stuhl als oberste Instanz der Katholischen Kirche Freimaurer als Christen akzeptiert.
Desweiteren sündigt ein Katholik nicht mehr, wenn er Mitglied einer freimaurerischen
Vereinigung wird, solange diese nicht gegen die Kirche agitiert (canon 1374). Die
automatische Exkommunikation, die im alten CIC verankert war, ist mit dem in Kraft
getretenen neuen CIC abgeschafft. Es gibt aber Beispiele, die bezeugen, dass das leider nicht
29
Anmerkung: Von 1981 bis 2005 Vorsitzender der »Kongregation für die Glaubenslehre«.
30
vgl. http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_19831126_declarationmasonic_ge.html
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angewandte Praxis ist. Das Postulat vom 26. November 1983 betont weiterhin,
dass es den Autoritäten der Ortskirche nicht erlaubt ist, sich über das Wesen
freimaurerischer Vereinigungen in einem Urteil zu äußern. Das bleibt nach wie vor in der
Hand der Glaubenskongregation oder des amtierenden Papstes.
Am 23. Februar 1985 sah sich anscheinend der Heilige Stuhl genötigt, eine Kommentierung
des Postulats vom 26. November 1983 auf dessen offizielle Homepage (anbei ein paar
Auszüge daraus) zu veröffentlichen:
3.3. »Unvereinbarkeit von christlichem Glauben und Freimaurerei«
»Während sie [die Glaubenskongregation] also von der Betrachtung der praktischen
Haltung einer mehr oder weniger großen Feindseligkeit gegen die Kirche von seiten der
verschiedenen Logen absah, wollte die Glaubenskongregation mit ihrer Erklärung vom
26.11.1983 sich auf die tiefstgründende und zugleich wesentliche Ebene des Problems
stellen: das heißt auf die Ebene der Unvereinbarkeit der Prinzipien, was bedeutet: auf
die Ebene des Glaubens und seiner sittlichen Forderungen. […]
In Erwägung all dieser Elemente bestätigt die Glaubenskongregation, daß die
Zugehörigkeit zu den freimaurerischen Vereinigungen »von der Kirche weiterhin
verboten bleibt« und die Gläubigen, die ihnen beitreten, »sich im Zustand der schweren
Sünde befinden und nicht die heilige Kommunion empfangen dürfen«. […]
Die Glaubenskongregation erklärt schließlich, daß »es den örtlichen kirchlichen
Autoritäten nicht zusteht, sich um die Art der freimaurerischen Vereinigungen mit
einem Urteil zu äußern, das eine Abweichung von dem oben Festgelegten implizieren
würde«. In diesem Zusammenhang bezieht sich der Text auch auf die Erklärung vom
17. Februar 1981, die bereits dem Apostolischen Stuhl jede Äußerung über das Wesen
dieser Vereinigungen vorbehielt, die Abweichungen von dem damals geltenden
Kirchenrecht (can. 2335) impliziert hätte. […]
Mit dieser Erklärung beabsichtigte die Glaubenskongregation nicht, die
unternommenen Anstrengungen derer zu verkennen, die mit der gebührenden Billigung dieses Dikasteriums einen Dialog mit Vertretern der Freimaurer herzustellen
versuchten. Aber in dem Augenblick, da die Möglichkeit bestand, daß sich unter den
Gläubigen die irrige Meinung verbreitete, die Zugehörigkeit zu einer Freimaurerloge sei
erlaubt, hat sie es für ihre Pflicht gehalten, sie mit dem tatsächlichen, wahren Denken
der Kirche in dieser Frage bekanntzumachen und sie vor einer mit dem katholischen
Glauben unvereinbaren Zugehörigkeit zu warnen.«31
Man könnte nun anbringen, dass es sich um eine fast 30jährige Erklärung handle, und dass ein
neuer Papst auf dem Heiligen Stuhl sitzt. Doch am Sonntag, dem 28. Juli 2013, eröffnete
Papst Franziskus auf seinem Rückflug vom »Weltjugendtag 2013« eine Pressekonferenz. Das
komplette Interview kann man auf der offiziellen Homepage des Heiligen Stuhls nachlesen.
Die Reporterin des brasilianischen Senders »Rede Globo« - Ilze Scamparini - fragte Papst
Franziskus: »… wie gedenkt Seine Heiligkeit, die ganze Frage der Gay-Lobby anzugehen?«
Papst Franziskus antwortete darauf:
31
vgl. http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_19850223_declarationmasonic_articolo_ge.html
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»Das Problem liegt nicht darin, diese Tendenz [gay zu sein /schwul zu sein] zu
haben, nein, wir müssen Brüder und Schwestern sein, denn das ist nur ein Problem von
vielen. Das eigentliche Problem ist, wenn man aus dieser Tendenz eine Lobby macht:
Lobby der Geizhälse, Lobby der Politiker, Lobby der Freimaurer – so viele Lobbies.
Das ist für mich das schwerwiegendere Problem.«32
Papst Franziskus erwähnt explizit eine »Lobby der Freimaurer« und impliziert eine antifreimaurerische Haltung. Es war wahrscheinlich der damalige Kardinal Joseph Ratzinger, der
die Erklärung der »Kongregation für die Glaubenslehre« vom 17. Februar 1981 eigenhändig
verfasst hat. Der Tenor der letzten beiden Päpste scheint soweit man dem Interview
entnehmen kann, der gleiche zu sein.
3.3.1. Fazit: Das Postulat vom 26. November 1983 betont, dass das negative Urteil der
Katholischen Kirche über die Freimaurer unverändert bleibt. Die Gläubigen, die
freimaurerischen Vereinigungen angehören, befinden sich im Stand der schweren Sünde und
können nicht die heilige Kommunion empfangen. Durch das neue Kirchliche Rechtsbuch
(CIC), welches am 27. November 1983 in Kraft trat, entsteht eine mögliche Rechtsposition in
der die Katholische Kirche Freimaurer als Christen akzeptiert und ein Katholik nicht mehr
sündigt. Dann nicht, wenn er Mitglied einer freimaurerischen Vereinigung ist, die nicht gegen
die Kirche agitiert (canon 1374). Am 23. Februar 1985 kommentiert die »Kongregation für die
Glaubenslehre« das Postulats vom 26. November 1983 und bekräftigt ihr negatives Urteil. Am
28. Juli 2013 bestätigte (indirekt) Papst Franziskus erneut das negative Urteil gegen
freimaurerische Vereinigungen bzw. Lobbys in einem Interview.
4. Kommentar zum Schluss
Die Bemühungen beider Dialogperioden seitens der Freimaurer unterlagen u. a. dem Versuch
den abnehmenden Mitgliederzahlen, insbesondere auf Seiten der katholischen Mitglieder der
Freimaurer-Logen, entgegenzuwirken. Die Beweggründe waren gewiss aufrichtig und von
einer guten Gesinnung beflügelt, ob sie aber zweckdienlich waren, ist in Frage zu stellen.
Sich als freimaurerische Delegation in ein Gespräch zu begeben, scheint dem
freimaurerischen Grundsatz, sich aus konfessionellen Fragen in den Gemeinschaften der
Logen rauszuhalten, zu widersprechen. Nicht die Großlogen oder Logen sind Mitglieder der
Katholischen Kirche, sondern einzelne Freimaurer sind es. Ein Freimaurer soll jede
aufrichtige und ehrliche Überzeugung seiner Mitmenschen, auch wenn sie mit der seinigen
nicht übereinstimmt, insbesondere jede religiöse Überzeugung achten. Die Frage bleibt, soll er
das tun, auch wenn die religiöse Überzeugung seiner Mitmenschen durch seine Religion
konterkariert wird. Deshalb überlässt die Freimaurerei jedem Mitglied seine subjektiven
religiösen Anschauungen. Trotz aller Anstrengungen beider Dialogperioden bleibt es dem
einzelnen Freimaurer überlassen, wie er mit seinem Glauben, seiner Religion und seiner
Konfession umgeht.
32
vgl. http://w2.vatican.va/content/francesco/de/speeches/2013/july/documents/papafrancesco_20130728_gmg-conferenza-stampa.html
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