Ein Rastertunnelmikroskop im Eigenbau

Transcrição

Ein Rastertunnelmikroskop im Eigenbau
DEUTSCHE
GESELLSCHAFT FÜR
ZERSTÖRUNGSFREIE
PRÜFUNG E.V.
ZfP-Sonderpreis der DGZfP beim Landeswettbewerb Jugend forscht
RHEINLAND-PFALZ
Ein Rastertunnelmikroskop
im Eigenbau
Christian Behrens
Philipp Schuster
Schule:
TU Kaiserslautern
Postfach 3049
67653 Kaiserslautern
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Grabengasse 1
69117 Heidelberg
Jugend forscht 2010
Ein Rastertunnelmikroskop
im Eigenbau
Christian Behrens & Philipp Schuster
März 2010
Vorgelegt im Rahmen des Wettbewerbs
Jugend Forscht
Kontakt
Christian Behrens
Im Neuenheimer Feld 681
69121 Heidelberg
Mail: [email protected]
Philipp Schuster
Weinheimer Landstraße 55
55232 Alzey
Mail: [email protected]
Kurzzusammenfassung
Mit vielen wissenschaftlichen Instrumenten kommen Schüler nie in Kontakt. Ihre
Anschaffung nur zu Lehrzwecken ist den Schulträgern in der Regel zu teuer. Dabei sind es
nicht zuletzt faszinierende Geräte wie Rastertunnelmikroskope, die Schüler immer wieder für
die Naturwissenschaften begeistern. Als wir in der 12. Klasse mit unserem Projekt begannen
war es deswegen unser Ehrgeiz, selbst ein kostengünstiges und genau arbeitendes
Rastertunnelmikroskop herzustellen.
Da unsere Elektronik-Kenntnisse damals allenfalls grundlegend waren, nahmen wir als
Grundlage das „Schüler-STM“-Modell der Universität Münster, wie es bereits eine JugendForscht-Gruppe vor uns getan hatte.
Leider mussten wir aber feststellen, dass die entsprechende Arbeitsgruppe der Universität
Münster bereits aufgelöst worden war. Mehr als den Metallrumpf sowie die benötigten PiezoKristalle konnten wir von dort nicht mehr erhalten. Die übrigen Bestandteile mussten wir
selbst nachbauen.
Die Hauptplatinenelektronik konnten wir anhand der Schaltpläne des ehemaligen Teams
nachbilden. Die Tunnelstromvorverstärkerschaltung beinhaltete jedoch Bauteile, die heute
nicht mehr verfügbar sind; hier mussten wir auf neue Schaltungselemente zurückgreifen. Im
Nachhinein sollte sich dies aber als Vorteil herausstellen: Mit modernerem Chipdesign und
neueren Bauteilen konnten wir dank SMD-Bauweise die Störanfälligkeit und damit auch die
Genauigkeit und Rauschtoleranz verbessern.
Auch die Software haben wir von Grund auf neu konzipiert und entwickelt. Mit ihr kann man
die Aufnahmeparameter über eine übersichtliche Bedienoberfläche einstellen. Entsprechend
steuert die Software dann die genaue Spannungsänderung der Mikroskopelektronik. So wird
die Scaneinheit via Piezo-Stacks über die zu untersuchende Probe bewegt. Auf diese Weise
wird eine Wertetabelle „gerastert“, welche die Höhenwerte der Probe wiederspiegelt. Die
Software erzeugt daraus ein 2-dimensionales Bild der Probe, das ähnlich einer
geographischen Höhenprofilkarte ebenfalls die Höhenwerte der Probe enthält. Schließlich
wird aus dem 2-dimensionalen Bild ein 3-dimensionales Modell erzeugt, dass sich in
beliebigem Neigungswinkel und von allen Seiten betrachten lässt.
Die Schnittstellentechnik war beim „Schüler-STM“ noch mittels ISA-Karte mit DA- und ADWandlern realisiert worden. Heutige Computersysteme verfügen jedoch nur noch selten
über ISA-Slots. Aus diesem Grund entschieden wir uns, die Steuerungs- und Interfacetechnik
komplett neu zu entwerfen. Wir haben uns dabei auf den heute üblichen, standardisierten
Anschluss festgelegt: Das Interface arbeitet auf USB-Basis und ist plug&play-fähig. Zudem
benötigt es keinerlei Treiber. Das Mikroskop lässt sich somit selbst an Notebooks ohne
jeglichen Installationsaufwand einsetzen.
Mit unserem Mikroskop ist es möglich, eine Probenfläche von bis zu 722x722 nm mit einer
maximalen Auflösung von 0,1 nm zu untersuchen
Inhaltsverzeichnis
1| Einleitung ........................................................................................................ 4
2| Hauptteil ......................................................................................................... 4
2.1| Die Mess- und Steuerungselektronik des Rastertunnelmikroskops ........................... 5
2.1.1|
Stromversorgung .................................................................................................. 5
2.1.2|
Spannungsversorgung für die Piezokristalle zum Scannen in x- und y-Richtung 6
2.1.3|
Sample Bias .......................................................................................................... 6
2.1.4|
Vorverstärker für den Tunnelstrom ..................................................................... 6
2.1.5|
Z-Control ............................................................................................................... 8
2.2| USB-Interface ............................................................................................................... 9
2.2.1|
Aufbau und Aufgabenbereich der USB-Platine .................................................... 9
2.2.2|
Umsetzung des Auslesens und der Ansteuerung der Mikroskopelektronik durch
ADCs und DACs ................................................................................................................. 10
2.3| Software..................................................................................................................... 11
2.3.1|
Bedienung der Software..................................................................................... 11
2.3.2|
Der Scanvorgang ................................................................................................ 13
2.3.3|
Visualisierungsprozess der Messergebnisse ...................................................... 13
2.4| Voraussetzungen für den Betrieb des Mikroskop ..................................................... 14
3| Verbesserungsmöglichkeiten ........................................................................ 16
4| Quellenverzeichnis ........................................................................................ 17
4.1| Literatur ..................................................................................................................... 17
4.2| Internetquellen .......................................................................................................... 17
Ein Rastertunnelmikroskop im Eigenbau
4
1| Einleitung
Die Rastertunnelmikroskopie wurde in den achtziger Jahren entwickelt. Sie beruht auf dem
so genannten Tunneleffekt: Nähert man zwei elektrische Leiter (in diesem Fall die mit Gold
bedampfte Probe und die Mikroskopspitze) auf atomarer Größenordnung einander an,
können einzelne Elektronen zwischen den beiden ausgetauscht werden, die Elektronen
„tunneln“. Wird eine kleine Spannung angelegt fließt ein messbarer Tunnelstrom, der
exponentiell von der Entfernung von Spitze und Probe abhängt. Über viele punktweise
Einzelmessungen an einer Probe lässt sich dadurch ein Höhenprofil „rastern“.
Um
die
extrem
feinen
Messspitzen
herzustellen verwendet man Platin-Iridiumoder Wolfram-Draht. Die Spitze wird mit
Piezoelementen gesteuert, da sie sich beim
Anlegen
verformen.
einer
elektrischen
Damit
kann
Spannung
die
Spitze
Abb. 1 Beim punktweisen Abrastern entsteht ein
Tunnelstrom zwischen Messspitze und Probe
nanometergenau gesteuert werden. Unser
Mikroskop verwendet drei Piezostapel, zwei zur seitlichen Steuerung und einen zur
Steuerung der Höhe der Spitze. Bei der Durchführung der Messung unterscheidet man zwei
verschiedene Messmodi:
Im „constant height mode“ bleibt die Spitze stets in der gleichen Höhe, die jeweiligen
Entfernungen zur Probe werden aus den unterschiedlichen Tunnelströmen berechnet. Bei
sehr unregelmäßiger Oberfläche der Probe besteht allerdings die Gefahr, dass Probe und
Spitze kollidieren.
Im „constant current mode“ gibt es dieses Risiko nicht. Hier wird der Tunnelstrom konstant
gehalten; der Piezo, der die Höhe der Spitze steuert, verkürzt oder dehnt sich so, dass die
Entfernung zur Probe stets gleich bleibt. Das Höhenprofil wird hier aus den Anpassungen der
Entfernung berechnet.
2| Hauptteil
Unser Rastertunnelmikroskop wollten wir mit Hilfe eines Bausatzes der Interface Physics
Group der Universität Münster bauen. Zu dem Bausatz gehörten der Metallrumpf für das
Mikroskop, Piezokristalle zur Steuerung der Messspitze, die Steuerungselektronik sowie eine
ISA-Karte als Schnittstelle zum Computer mit dazugehöriger Software. Allerdings war das
Ein Rastertunnelmikroskop im Eigenbau
5
Projekt „Schüler-STM“ bereits eingestellt, sodass wir
nur noch den Metallrumpf und die Piezokristalle
bekommen konnten. Alle übrigen Teile mussten wir
einzeln kaufen, teilweise auch selbst herstellen.
Besonders großen Aufwand bereitete und hierbei die
Steuerungselektronik der Messspitze. Wir orientierten
uns beim Nachbau zunächst an den Plänen der
Universität Münster, nahmen dann aber aufgrund nicht
Abb. 2 Das Rastertunnelmikroskop
mehr verfügbarer Bauteile einige Änderungen vor.
Ursprünglich war vorgesehen das Mikroskop mittels ISA-Karte an einen Computer
anzuschließen. Da aber heute kaum noch ein Computer über den benötigten ISA-Slot
verfügt, haben wir anstelle der ISA-Karte ein USB-Interface entwickelt. Zudem haben wir
dafür eine eigene Software programmiert. Im Folgenden werden die einzelnen Elemente
unseres Mikroskops genauer vorgestellt, wobei aus Platzgründen auf viele Details verzichtet
werden muss.
2.1| Die Mess- und Steuerungselektronik des Rastertunnelmikroskops
Die Mess- und Steuerelektronik ist gewissermaßen das Herzstück unserer Arbeit. Sie steuert
die x- und y-Piezos zum Abrastern der Probe, den z-Piezo, der die Höhe der Messspitze
reguliert, verarbeitet den gemessenen Tunnelstrom und leitet die Messwerte weiter an das
USB-Interface.
Die Elektronik des Rastertunnelmikroskops lässt sich
anhand ihrer jeweiligen Funktion unterteilen. Im
Folgenden werden die einzelnen Teile der Steuerung
beschrieben, die sich auf der Hautplatine bzw. der
Vorverstärkerplatine befinden.
2.1.1| Stromversorgung
Abb. 3 Die Platinen der Steuerungselektronik
Von der USB-Platine wird die gesamte Steuerungselektronik mit einer Gleichspannung von
+15 V und –15 V versorgt. Auf der Hauptplatine wird dies mittels Spannungsregulatoren zu
±12 V geregelt. Zudem sind Kondensatoren zur Abpufferung von Spannungsschwankungen
verbaut.
Ein Rastertunnelmikroskop im Eigenbau
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2.1.2| Spannungsversorgung für die Piezokristalle zum Scannen in x- und y-Richtung
Die x- und y-Piezos, die zum Abrastern der Probe dienen, werden von der Software gesteuert.
Das entsprechende Signal kommt über die USB-Platine zur Hauptplatine. Diese Signale
können nur minimale Leistung liefern. Daher findet zunächst eine Lastentkopplung durch
Operationsverstärker (OPA) statt. An deren Eingängen befinden sich Feldeffekttransistoren,
sodass dort praktisch kein Strom fließen muss.
2.1.3| Sample Bias
Um die für den Tunneleffekt notwendige Potentialdifferenz zwischen der Messspitze und der
Probe zu erreichen, wird an die Probe eine Spannung angelegt, während die Spitze am
Vorverstärker für den Tunnelstrom angeschlossen ist und Massepotential hat. Die
Probenspannung wird über ein Potentiometer eingestellt, das sich am Gehäuse der
Hauptplatine befindet. Zudem findet auch hier eine Lastentkopplung durch einen OPA statt,
da das Potentiometer einem Spannungsteiler entspricht und sich die Probenspannung somit
unter Last ändern würde.
2.1.4| Vorverstärker für den Tunnelstrom
Der Vorverstärker hat die Aufgabe, den sehr schwachen Tunnelstrom (üblicherweise einige
Nanoampere) zu verstärken und in eine Spannung umzuwandeln, da diese weniger
störanfällig ist und somit einfacher übermittelt werden kann. Er befindet sich sehr nahe an
der Messspitze, um die Störanfälligkeit zu verringern, da der Tunnelstrom bis zum
Vorverstärker noch unverstärkt vorliegt und dort somit am empfindlichsten gegenüber
elektrischen Feldern ist. Im Folgenden eine kurze Beschreibung seiner Funktion:
Der Tunnelstrom, der an der Messspitze abgegriffen wird, geht an
den Operationsverstärker IC3 (siehe Schaltpläne). Dieser
Operationsverstärker, ein AD795, benötigt nur einen sehr
geringen Eingangsstrom, was notwendig ist, um derart schwache
Ströme überhaupt verstärken zu können. Des Weiteren bietet er
sehr geringe Rauschwerte, verstärkt das Signal also quasi
Abb. 4 Der Vorverstärker
störungsfrei.
Die Verstärkung ist gesteuert durch eine zweigeteilte Rückkopplung. Der erste Teil besteht
aus einem vor den OPA geschalteten Widerstand und einem zu ihm parallel geschalteten.
Ein Rastertunnelmikroskop im Eigenbau
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Durch diese sog. Gegenkopplung wird die Spannung um den Faktor −
Rparallel
Rvor
verstärkt.
Allerdings steht anstelle des Widerstands vor dem OPA der Abstand zwischen Probe und
Spitze: Durch die angelegte Spannung U Bias fließt zwischen Probe und Spitze der kleine
Tunnelstrom IT . Somit kann der Abstand zwischen ihnen als Widerstand RT behandelt
werden, der den Wert RT =
geschalteten Widerstand
U Bias
hat. Daraus ergibt sich, zusammen mit dem parallel
IT
RN , aus dem ersten Teil der Rückkopplung folgende
Ausgangsspannung für den Verstärker:
Ua = −
RN
R
⋅ U Bias = − N ⋅ U Bias = − RN ⋅ IT
U Bias
RT
IT
Die Ausgangsspannung ist also wie gewünscht linear zum Tunnelstrom.
Der zweite Teil der Rückkopplung ist ein Spannungsteiler. Der erste Teil ist nicht wie in einer
einfachen Verstärkerschaltung zwischen Eingangs- und Ausgangsspannung des OPA
geschaltet, sondern zwischen Eingangsspannung und einem durch den Spannungsteiler
bestimmten Teil der Ausgangsspannung.
Dieser besteht aus einem18 kΩ (R20) und einem 2kΩ (R16) Widerstand, die zwischen den
Ausgang des OPA und Masse geschaltet sind. Zwischen den beiden Widerständen ist der
zum OPA parallel geschaltete Widerstand des ersten Teils der Rückkopplung angeschlossen.
An ihm liegt also eine Spannung von
R16
1
⋅ U a = ⋅ U a gegenüber Masse an.
R16 + R20
10
Da eine Rückkopplung Ua stets auf einen bestimmten Wert in Abhängigkeit zur
Eingangsspannung U e einstellt, sorgt der erste Teil der Rückkopplung nun also dafür, dass
1
10
U a den durch die Rückkopplung definierten Wert in Abhängigkeit zu U e erhält. Somit
ergibt sich für die Ausgangsspannung folgendes:
U a = −10 ⋅ RN ⋅ IT
Der Widerstand RN hat 100MΩ. Dadurch ergibt sich, dass ein nA Tunnelstrom in –1 V
Spannung umgewandelt wird.
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2.1.5| Z-Control
Z-Control ist die Steuereinheit für den z-Piezo. Das Signal des Tunnelstroms kommt hier
zunächst vom Vorverstärker an die Hauptplatine. Im constant-height-Modus wird das Signal
direkt als Messwert an das USB-Interface weitergegeben.
Im constant-current-Modus prüft ein elektronischer Regelkreis ständig die Position des
Piezos und passt diese gegebenenfalls an. Anhand eines Potentiometers wird der Sollwert des
Tunnelstroms eingestellt und die Messspitze mit dem z-Piezo durch einen Regelkreis
automatisch nachgeführt.
In den Regelkreis werden dazu aktueller Wert und Sollwert hineingegeben. Daraus wird die
Differenz gebildet und anhand dieser vom Regler der Stellwert ermittelt, also in diesem Fall
der Wert, um den die Auslenkung des z-Piezos verändert werden muss. Die Änderung wird
entsprechend des Stellwertes vorgenommen und die Strecke wird durchlaufen, was hier der
Messung des nächsten Rasterpunkts entspricht. Der dort ermittelte aktuelle Wert wird
wieder in den Regelkreis gegeben.
Den Kern des Regelkreises bildet dabei eine Schaltung, die über die Differenz zwischen dem
Sollwert und dem aktuellen Tunnelstrom integriert. Ihr Ausgangssignal steuert den z-Piezo
und wird gleichzeitig als Messwert an das USB-Interface weitergegeben.
Außerdem werden über die Ausgangsspannung des Integrators auch noch zwei LED
gesteuert, die als Hilfe zur mechanischen Annäherung der Spitze an die Probe dienen. Eine
grüne LED ist so geschaltet, dass sie leuchtet, wenn der z-Piezo zusammengezogen ist, eine
rote so, dass sie leuchtet, wenn der z-Piezo ausgedehnt ist. Wenn beide LED aus sind, dann
hat die Spitze ohne Ausdehnung des Piezokristalls den gewünschten Abstand zur Probe und
man kann beginnen zu messen.
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2.2| USB-Interface
2.2.1| Aufbau und Aufgabenbereich der USB-Platine
Die USB-Platine hat als Schnittstelle zum Computer die Aufgabe, die analogen Signale der
Steuerungselektronik in digitale Signale umzuwandeln und an den PC weiterzugeben sowie
die digitalen Signale der Software in analoge umzuwandeln und diese an die
Steuerungselektronik weiterzuleiten.
Von der Universität Münster war dafür eine ISA-Karte mit Integrierten Digital-Analog- und
Analog-Digital-Wandlern (DAC und ADC) vorgesehen. Sie konnte jedoch nicht mehr
geliefert werden und eine anderweitige Beschaffung wäre sehr teuer gewesen. Zudem
besitzen moderne Computer in der Regel keinen ISA-Slot mehr, sodass man fest an einen
einzigen älteren Rechner gebunden gewesen wäre. Wir entschieden uns daher für den heute
üblichen Universal Serial Bus. USB-Anschlüsse sind an jedem Computer verfügbar, es gibt
kaum eine komfortablere Möglichkeit Geräte mit dem Rechner zu verbinden.
Desto mehr wir uns jedoch mit dem Universal Serial Bus beschäftigten, desto komplizierter
erschien er. Das Konzept des USB ist relativ einfach und auch die hardwareseitige
Realisierung ist ein geringes Problem. Das eigentliche Problem ist das Ansprechen des USB
in den heutigen Betriebssystemen. Bei Windows-Systemen kommt man nicht um das
Entwickeln eines eigenen USB-Treibers herum – ein schwieriges Unterfangen.
Nach längeren Recherchen fanden wir einen
Hinweis auf einen fertigen USB-Controller von
der Firma Codemercs. Es handelt sich dabei um
einen universell einsetzbaren Microcontroller
(namens
IO-Warrior56)
mit
allerlei
Anschlussmöglichkeiten, wie zum Beispiel einem
Abb. 5 Die USB-Platine
I2C-Bus
und
einer
SPI-Schnittstelle.
Das
besondere an diesem Chipsatz ist, dass es sich dabei um ein USB-Gerät der HID (Human
Interface Devices) – Klasse handelt. Windows erkennt jede Art von HID-Geräten ohne dafür
einen Treiber zu benötigen und bietet somit perfekte Plug&Play-Kompatibilität. Das
Ansprechen des Microcontrollers erfolgt über von der Firma mitgelieferte Funktionen die
sich in einer DLL (dynamic link library) befinden. Einziger Nachteil ist die Begrenzung der
Ein Rastertunnelmikroskop im Eigenbau
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HID-Geräte-Operationen auf die USB-Polling-Rate1 von 1000 Hz. Effektiv kann man also
im besten Fall nur 1000 mal pro Sekunde auf den USB-Chipsatz zugreifen, was für unsere
Zwecke schon relativ langsam ist, der Messgenauigkeit der Hauptplatine aber zugutekommt
(da diese mehr Zeit hat die korrekte Nachführung des z-Piezos auszuführen).
Die USB-Platine besteht aus dem fertig programmierten Microcontroller und vielen
Anschlussmöglichkeiten an den jeweiligen Pins des Controllers. Die Bauteile werden im
Starterkit komplett als Bausatz geliefert und müssen nur noch eingelötet werden.
Neben den Anschlussleisten befindet sich aber noch ein großzügig bemessenes Breadboard
auf der USB-Platine. Auf diese Lochrasterplatine haben wir Referenzspannungsquellen (die
für die genaue Ausgabe der analogen Spannungen durch die DAC unabdingbar sind) und die
DAC- und ADC- Schaltung gelötet.
Außerdem haben wir uns dazu entschieden, die Stromversorgung der gesamten Elektronik
über die USB-Platine zu realisieren. Dazu verwenden wir ein einfaches 15V Schaltnetzteil,
große Pufferkondensatoren zur Stabilisierung der Spannungsversorgung sowie einen
invertierenden DC-DC-Konverter um zusätzlich die benötigten -15V zu erhalten. Durch
dieses Bauteil können wir auf das normalerweise erforderliche Labornetzteil verzichten und
haben gleichzeitig alle Erdungen miteinander verbunden (gefährliche Potentialdifferenzen
zwischen analog- und digital-Ground werden somit ausgeschlossen)
2.2.2| Umsetzung des Auslesens und der Ansteuerung der Mikroskopelektronik
durch ADCs und DACs
Die Wandlerelektronik wird mit dem USB-Controller über serielle Datenleitungen
angesteuert und bietet dadurch ein übersichtliches Schaltungs-Design. Der DAC setzt dabei
auf SPI2, der ADC nutzt den I2C3-Bus. In unserer Schaltung haben wir uns für einen 12-bit
DAC mit 2 Kanälen sowie einem 12-bit ADC mit 8 Kanälen entschieden. Neben dem
Argument, dass jede höhere Auflösung auch ein deutlich besseres Rauschdesign (das sich mit
unseren
Mitteln
nicht
realisieren
lässt)
und
somit
eine
deutlich
bessere
Vorverstärkerelektronik vorausgesetzt hätte, hat für uns auch die Bauteilgröße eine
entscheidende Rolle gespielt. Nachdem wir bereits für die Hauptelektronik einiges hatten
1
Die USB-Polling-Rate bezeichnet die maximale Frequenz der Abfragen, die ein HID-Gerät nutzen kann. Eingeführt
wurde die USB-Polling-Rate um die anderen USB-Geräte nicht zu sehr durch zum Beispiel unnötig oft abtastende Mäuse
in der Geschwindigkeit zu beeinträchtigen.
2
SPI = Serial Peripheral Interface
3
I2C = Inter Integrated Circuit
Ein Rastertunnelmikroskop im Eigenbau
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ausgeben müssen, sollte die ADC- und DAC-Elektronik auf der Lochrasterplatine des USBInterface untergebracht werden um Kosten einzusparen. Aus diesem Grund waren nur DIP4Bauteile geeignet, wenn auf schlecht lieferbare und störungsverursachende Soic5-Adapter
verzichtet werden sollte. In dieser Bauform gibt es leider keine Wandler mit mehr als 12 bit.
Die beiden DAC bekommen vom Computer die Signale zur Steuerung der x- und y-Piezos
zur horizontalen Ausrichtung der Messspitze, wandeln sie in analoge Spannungen um und
geben sie an die Hauptplatine weiter. Die Messelektronik gibt daraufhin den neuen
Höhenmesswert als analoge Spannung zurück. Der ADC wandelt diese Spannung wieder in
einen digitalen Wert um, der über den USB-Controller an den Computer übermittelt wird.
Sobald der Computer den Messwert erfasst und gespeichert hat, verändert er erneut die
Spitzenposition und scannt die Probe so punktweise auf der in der Software eingestellten
Fläche mit der gewählten Genauigkeit.
2.3| Software
Die Software komplett selbst konzipiert und im Microsoft Visual Studio.Net 2005 entwickelt.
Dabei haben wir uns für C++ als Sprache entschieden. Sie ist die mächtigste
Programmiersprache und in Verbindung mit dem .Net Framework auch sehr komfortabel zu
benutzen.
2.3.1| Bedienung der Software
Die Software ist so aufgebaut, dass sie auch ohne
umfangreiche Vorkenntnisse leicht zu bedienen ist.
Dazu ist sie an allen Stellen, an denen das möglich ist,
vollautomatisiert, bietet aber auch die Möglichkeit alle
Einstellungen manuell vorzunehmen.
Der Aufbau ist wie folgt gestaltet: Das Hauptfenster
besteht im Wesentlichen aus einer Menü-Leiste und
Abb. 6 Screenshot
(simuliertes Bild)
der
Software
der Anzeige der aktuellen Scanergebnisse.
Während eines Scanvorgangs befindet sich das Programm immer im 2-dimensionalen
Anzeigemodus. Diese 2D-Ansicht wird während des Einscannens 40 Mal pro Sekunde
4
5
Eine Übersicht über typische Gehäuseformen finden Sie im Anhang
Siehe Fußnote 4
Ein Rastertunnelmikroskop im Eigenbau
12
aktualisiert und zeigt somit stets den tatsächlichen Scanfortschritt an. Das Scanergebnis wird
in einem XY-Koordinatensystem angezeigt, indem die Höhen durch Grauwerte dargestellt
werden. Fährt man mit dem Mauszeiger über die eingescannte Oberfläche, wird die jeweilige
Position auf der Probe sowie die dortige Höhe in Nanometern angezeigt. Als Nullpunkt dient
dabei der erste Messwert.
Direkt nach dem Einscannen gibt das Programm dem Anwender die Möglichkeit, die 3dimensionale Ansicht „entwickeln“ zu lassen. Dazu öffnet sich bei Zustimmung des
Benutzers ein weiteres Programm, das automatisch das 3D-Bild erzeugt und sich
anschließend selbstständig wieder schließt. Hier sind die Höhenunterschiede zusätzlich
durch frei wählbare Farben verdeutlicht. Genauso kann auf Wunsch ein weiteres 3D-Bild
erzeugt werden, eine Steilansicht des Scans, die bei sehr unebenen Proben benötigt wird.
Außerdem bietet das Programm eine 360°-Ansicht. Das Berechnen dieser Ansicht ist jedoch
sehr zeitintensiv und so sollte man sich, je nach Rechengeschwindigkeit des Computers, auf
10 bis 20 Minuten einstellen. In dieser Ansicht kann man mit einem Schieberegler das Bild
von allen Seiten betrachten.
Die Bilder lassen sich in anschließend in unterschiedliche Formate exportieren. Außerdem
speichert die Software alle erzeugten Bilder zusammen mit den Einstellungen bei der
jeweiligen Messung in eigenen Dateiformaten während des Ansehens und Einscannens
kontinuierlich im Arbeitsverzeichnis6 des Computers ab. Diese Daten können auf Wunsch in
Form eines 7z-Archives (eine besonders gut komprimierte ZIP-Datei) an beliebigem Ort
gespeichert werden.
In entsprechenden Einstellungsdialogen kann man zudem die Größe des Scanbereichs sowie
die Auflösung des Scans einstellen. Maximal kann mit einer Auflösung von 0,1 Nanometer
auf einem Bereich von 720x720 Nanometern gescannt werden. Außerdem kann man die
Auflösung der 3D-Bilder und ihre Farbgebung einstellen.
Neben den eigentlichen Funktionen zum Scannen von Proben beinhaltet die Software einige
weitere Tools: Einen AD-/DA-Wandlertest, eine Anzeige für den aktuellen Tunnelstrom,
und Windows-Systemtunings. Letzteres ist zur reibungslosen Ausführung der Anwendung
gedacht und verbessert einige Einstellungen von Windows im Punkt Systemstabilität und
Systemgeschwindigkeit. Alle hier angebrachten Tunings basieren auf der Anpassung von
6
Das Arbeitsverzeichnis ist unter Windows XP z.B. „C:\Dokumente und Einstellungen\Hauptaccount
\Anwendungsdaten\CBPS\STM\1.0.0.0“ einzusehen
Ein Rastertunnelmikroskop im Eigenbau
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Registry-Werten an die Computer-Hardware. Sie erhöhen unter Anderem die
Geschwindigkeit der Arbeitsspeicherabfragen, die für den Scanvorgang und das Rendern der
3D-Ansicht von hoher Bedeutung sind.
2.3.2| Der Scanvorgang
Der Scanvorgang selbst läuft wie folgt ab:
Die auf dem Bild horizontalen Piezos (Piezostacks
sind grün ummantelt) werden von der Software mit
Hilfe von Spannungen der DAC schrittweise zum
Ausdehnen / Zusammenziehen gebracht. Dadurch
verändert sich die XY-Position der Tunnelspitze.
Nach jeder Positionsänderung wird der aktuelle
Spannungsmesswert erfasst und von der Software
Abb. 7 Die Scaneinheit
automatisch in einen Höhenmesswert umgerechnet.
Der Höhenmesswert wird in einem Array7 gespeichert und zur weiteren Verarbeitung (wie
zum Beispiel der GraphicEngine8) bereitgestellt
2.3.3| Visualisierungsprozess der Messergebnisse
Die Visualisierung der Messergebnisse findet während des Scanvorgangs kontinuierlich alle
25 Millisekunden statt. Der Anwender erhält so stets ein aktuelles Bild seiner Probe. Die
Software rechnet hierfür die Messergebnisse in Graustufenwerte um und zeichnet den
jeweiligen Graustufenwert als einen Punkt in ein 2-dimensionales Koordinatensystem. Dieses
Koordinatensystem wird dann als Bild angezeigt. Ist die Scanauflösung kleiner als 500 auf 500
Messpunkte, so interpoliert das von uns programmierte bildgebende Verfahren die zu
zeichnenden Punkte automatisch mit einem von Microsoft bereitgestellten hochqualitativen
bikubischen Interpolationsalgorithmus. Bei der 3D-Visualisierung verlaufen dadurch die
Strukturen „weicher“ und sehen natürlicher aus. Die Interpolation beeinflusst die Messwerte,
die angezeigt werden wenn man mit der Maus über das Bild fährt absichtlich nicht.
Während die 2-dimensionale Bildgebung noch relativ einfach strukturiert ist, ist die 3dimensionale Visualisierung schon deutlich anspruchsvoller. Hier haben wir auf einen bereits
7
8
Ein Array ist eine „Ansammlung“ von Variablen eines bestimmten Typs, also eine Kette von zum Beispiel Messwerten
GraphicEngine: darunter versteht man den Softwarebaustein, der aus den Messwerten ein Bild erzeugt
Ein Rastertunnelmikroskop im Eigenbau
14
bestehenden OpenSource-Renderer9 namens PovRay gesetzt. Er wird in vielen heutigen 3DProgrammen genutzt und gilt als einer der hochqualitativsten Renderer, der bei korrekten
Materialvorgaben auch durchaus photorealistisches Rendern ermöglicht.
Für die 360°-Ansicht werden 75 3D-Bilder aus unterschiedlichen Blickwinkeln gerendert und
anschließend die Zwischenschritte interpoliert.
2.4| Voraussetzungen für den Betrieb des Mikroskop
Voraussetzung zum Betrieb des Mikroskops ist eine Stromversorgung mit 15V Gleichstrom
über ein Schaltnetzteil. Zudem benötigt das USB-Interface einen USB 2.0 Port mit einer
Stromabgabe von bis zu 500mA. Sollte dieser Strom mit der computereigenen Hardware
nicht erreicht werden können kann ein günstig zu erwerbendes USB-HUB mit externer
Stromversorgung verwendet werden.
Die Vorraussetzungen für die Software:
• Eine CPU mit mindestens 1 Ghz (ansonsten dauert der Bildaufbau sehr lange)
• mindestens 512 MB Arbeitsspeicher (ansonsten kommt es zu einer erheblichen
Verzögerung beim Rendern10 der 3D-Ansicht)
• Mindestens 200 MB freier Festplattenspeicher
• Betriebssystem: Windows XP, Windows Vista oder höher
• Softwarevoraussetzungen: Microsoft .Net Framework 2.0 sowie POV-Ray 3.6
• Eine USB-Polling-Rate von mindestens 1000 Hz (standardmäßig in Windows XP,
Vista und Windows 7 voreingestellt)
Somit lässt sich das Mikroskop an nahezu jedem Computer mit Windows Betriebssystem ab
XP betreiben.
Darüber hinaus sind für gute Ergebnisse
zwei Punkte zu beachten: Zunächst muss
das Mikroskop gut gegen Schwingungen
gedämpft
werden
(Trittschall,
Gebäudeschwingungen etc.). Dazu stellen
wir unseren Aufbau auf schwere Platten,
Abb.
8
Die
Elektronik
Festplattengehäusen
9
in
umgebauten
unter die als Pufferung Schläuche von
OpenSource Software ist Software deren Quelltext (Programmcode) frei verfügbar ist und den eigenen Bedürfnissen
angepasst werden kann
10
Rendern: Berechnen eines Bildes, beruhend auf mathematischen Instruktionen
Ein Rastertunnelmikroskop im Eigenbau
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Schubkarrenreifen gelegt werden. Weiterhin muss für eine gute elektrische Abschirmung
gesorgt werden, da ansonsten leicht Störungen durch äußere Einflüsse auftreten (Lampen,
DECT-Telefone etc.). Optimal ist es, alle Platinen einzeln abzuschirmen (und somit auch
gegeneinander) und dabei alle Abschirmungen auf den gleichen Ground-Kanal zu setzen.
Deshalb befinden sich unsere Platinen alle in umgebauten Festplattengehäusen. Zudem wird
das gesamte Mikroskop durch einen geerdeten Metallkasten abgeschirmt.
Abb. 9 Aufnahme einer Goldoberfläche im constant-current-Modus
Abb. 10 Aufnahme einer Goldoberfläche im constant-height-Modus
Ein Rastertunnelmikroskop im Eigenbau
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3| Verbesserungsmöglichkeiten
• Das USB-Interface könnte durch einen schnellen und gut programmierten USBMicrocontroller ersetzt werden und als vollwertiges USB 2.0-Gerät fungieren
• Statt einen Raytraycer einzusetzen könnte man eine eigene DirectX-Applikation
schreiben um die 3D-Anzeige in Echtzeit aufbauen zu können und auch jeden
beliebigen Steilwinkel anzeigen zu lassen (Bewegung des Blickwinkels durch
Mauszeigerbewegungen).
• Optimierung der 2D-Anzeige während des Scanvorgangs (zur Zeit sehr
rechenintensiv, da alle 25ms ein neues Bild aufgebaut wird, statt einfach das
vorhandene Bild weiter zu zeichnen)
Auf elektronischer Ebene können noch Verbesserungen in der Schaltungselektronik
angebracht werden. So könnten z.B. einige Bauteile durch SMD-Bauteile ersetzt werden um
so
die
Störanfälligkeit
weiter
zu
senken.
Darüber
hinaus
könnten
einige
Kalibrierungselemente die derzeit über handelsübliche, manuelle Potentiometer bedient
werden, durch digitale Potentiometer ersetzt werden, so dass die Software die Kalibrierung
automatisch vornehmen kann.
Zurzeit erfolgt die grobe Annäherung per Hand mittels Feintriebschrauben. Geplant und
teilweise realisiert ist eine Schrittmotorsteuerung, die eine automatische und genauere
Grobannäherung durch die Software ermöglicht. Dadurch lässt sich gleichzeitig auch die
Auflösung steigern, da man in geringerem Abstand zur Probe messen kann. Bei der
Entwicklung dieser Schrittmotorsteuerung kam es jedoch wiederholt zu Komplikationen
zum Beispiel durch defekte Platinen sowie schiefe Feintriebschrauben.
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4| Quellenverzeichnis
4.1| Literatur
Tietze, Ulrich und Schenk, Christoph; Halbleiter-Schaltungstechnik, 9. Auflage, SpringerVerlag, 1989
Meschede, Dieter (Hrsg.); Gerthsen Physik, 23. Auflage, Springer-Verlag, 2006
4.2| Internetquellen
Interface
Physics
Group
der
Westfälischen
Wilhelms-Universität
Münster:
http://sxm4.uni-muenster.de/stm%2Dde/, 8.05.08
Lehrstuhl für Festkörperphysik, Institut für Angewandte Physik, Universität ErlangenNürnberg: http://www.fkp.uni-erlangen.de/methoden/stmtutor/stmpage.html, 03.01.05
Dr. Roger M. Nix, School of Biological & Chemical Sciences Queen Mary, University of
London: An Introduction to Surface Chemistry:
http://www.chem.qmul.ac.uk/surfaces/scc/scat7_6.htm, 26.05.09

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