Klavierkabarettist Bodo Wartke moderiert schon seit 2006 die „Songs“

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Klavierkabarettist Bodo Wartke moderiert schon seit 2006 die „Songs“
Obermain Tagblatt 07.07.2011
http://www.obermain.de/nachrichten/8512/details_38.htm
„Mir verleiht das Flügel“
Klavierkabarettist Bodo Wartke moderiert schon seit 2006 die „Songs“ /
Über Rituale, Regen und Reimkultur
Von Wibke Gick
BAD STAFFELSTEIN - Klavierkabarett in Reimkultur - so bezeichnet der 32-jährige Bodo
Wartke seine Kunst der Unterhaltung. Mit den „Songs an einem Sommerabend“, die in
diesem Jahr ihren 25. Geburtstag feiern, ist der Tausendsassa quasi groß geworden. Acht Mal
wirkte er bereits beim Liedermacherfestival mit, seit fünf Jahren sogar als Moderator.
Mit dem Obermain-Tagblatt sprach er vorab über große Momente, fürchterliche Auftritte und
die Zukunft der „Songs“.
Obermain-Tagblatt: Herr Wartke, dieses Wochenende sind die „Songs an einem
Sommerabend“ zum 25. Mal auf der Klosterwiese. Was bedeutet das Liedermacherfestival für
Sie persönlich?
Bodo Wartke:Was ich besonders an den Songs schätze, ist die einmalige Atmosphäre. Zum
einen sind da die vielen persönlichen Begegnungen mit meinen Künstlerkollegen. Wir sehen
uns ja nicht so oft, da wir meistens gleichzeitig auf Tournee in verschiedenen Städten sind.
Zum anderen ist da ein unglaublich offenes, interessiertes, warmherziges und enthusiastisches
Publikum. Diese begeisterten Menschen, die bei jedem Wetter auf der Wiese ihre Songs und
uns, die Künstler, feiern, sind eine riesige, freundliche Umarmung. Mir verleiht das Flügel.
Hatten Sie hier nicht ihren schlimmsten Auftritt?
Bodo Wartke:Ja, das war eine wahrhaft traumatische Erfahrung, die ich im Jahr 2001 bei den
15. Songs machen musste. Ausgebuht und nass geregnet war ich einfach zur falschen Zeit am
falschen Ort. Das Lied Regen ist das musikalische Ergebnis und die erfolgreiche Verarbeitung
dieser Situation. Es gehört mittlerweile zum festen Repertoire meines
Klavierkabarettprogramms Noah war ein Archetyp.
Welcher war Ihr schönster Moment bei den „Songs“?
Bodo Wartke:2007, das erste Mal mit Reinhard Mey gemeinsam auf der Bühne. Ich bin mit
seinen Liedern groß geworden. Über den Wolken, Die heiße Schlacht am kalten Buffet oder
das Lied über die Maikäfer. Damals hätte ich nie geglaubt, dass aus dem verehrten
Liedermacher meiner Kindheit und Jugend ein geschätzter Kollege und Freund wird, mit dem
ich gemeinsam auf der Klosterwiese in Banz Gute Nacht Freunde singe.
Dieses Jahr gibt es als Novum ein Zusatzkonzert am Sonntag. Können sich Ihre Fans auf ein
unterschiedliches Programm freuen?
Bodo Wartke:Auf jeden Fall, denn zum Jubiläumskonzert trete ich mit meinen hoch
geschätzten Kollegen Robert Memmler, Franky Fuzz und René Bosem auf. Als die
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SchönenGutenA-Band werden die drei meine Lieder mit Beatmusik und Rock ‘n‘ Roll in
tollen Bandarrangements begleiten.
Gibt es spezielle Rituale bevor Sie eine Bühne, vielleicht auch im speziellen die Bühne der
„Songs“ betreten?
Bodo Wartke:Seit 2006 moderiere ich die Songs, das ist eine große Freude. Bevor der
eigentliche Abend startet, gehe ich immer auf die Bühne, um dem Publikum auf der Wiese
?Hallo‘ zu sagen. Diese inoffizielle Begrüßung ist mir zu einem lieb gewonnenen Ritual
geworden. In den letzten Jahren fühlte sich das immer ein wenig an wie nach Hause kommen.
Sie sind ein klavierspielender Kabarettist. Was findet sich eher in Ihren Gedanken, Wort oder
Musik?
Bodo Wartke:Beides. Das kann ich gar nicht trennen. Mir gehen ständig Melodien und
Wortspiele durch den Kopf. Erst in der konkreten Situation, -Text schreiben oder Melodien
am Klavier finden -, tritt das eine oder andere in den Hintergrund.
Was verstehen Sie unter „Reimkultur“? Und müssen sich Gedichte unbedingt reimen?
Bodo Wartke:Gedichte müssen sich nicht unbedingt reimen. Es gibt wunderschöne Gedichte
ohne einen Reim, aber ich persönlich finde es einfach toll, wenn sich alles reimt. Und das ist
auch, was ich unter Reimkultur verstehe: Alles, was ich in meinen Liedern singen und sagen
möchte, egal ob es gesellschaftskritisch oder romantisch ist, kann ich in Versen gereimt
unterhaltsamer und pointierter ausdrücken, als in einem Prosatext.
Ihre Programme heißen „Achillesverse“, „Noah war ein Archetyp“ und „König Ödipus“.
Warum spielt die Geschichte bei Ihnen eine so große Rolle?
Bodo Wartke:Es ist weniger die Geschichte, die eine große Rolle spielt, - mal abgesehen von
meinem Solo-Theater König Ödipus, denn da ist drin, was draufsteht -, sondern es geht eher
um die vielen Geschichten, die ich unter einem humorvollen, vieldeutigen Programmtitel
erzählen kann. Tatsächlich taucht kein einziger Grieche in Achillesverse auf, dafür aber
Schiller und der war, das muss gesagt werden, literaturgeschichtlich bedeutend.
Wie viel Bodo Wartke steckt in Ihren Liedern?
Bodo Wartke:100 Prozent, sonst wären es nicht meine Lieder. Aber zur Sicherheit erwähne
ich mal, dass nicht alles autobiografisch ist, was ich singe. Ich sitze nicht Axt schwingend im
Auto, fotografiere Verkehrsunfälle und belästige Politessen, weil meine Frau mit meinem
Computer durchgebrannt ist.
Gibt es ein zweites Standbein nach einem Leben als Musikkabarettist?
Bodo Wartke:Darüber habe ich noch nicht wirklich nachgedacht. Ich hoffe sehr, dass ich
mein ganzes Leben lang Klavierkabarettist sein kann. Für mich ist dieser Beruf so vielseitig,
sollte ich mal nicht mehr auftreten wollen, kann ich ja trotzdem noch Lieder, Texte und auch
Melodien schreiben. Oder meine Memoiren. Oder ich werde Privatdozent für 12-Ton-Musik.
25 Jahre „Songs an einem Sommerabend“ - eine Erfolgsgeschichte. Doch wie sehen Sie die
Zukunft des Liedermacherfestivals?
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Bodo Wartke:Ich wünsche mir für die Zukunft, dass die überwältigende Resonanz, die das
Festival live durch sein Publikum erfährt, einen viel größeren Widerhall in den öffentlichrechtlichen Medien nach sich zieht. Und dass die Charts- und Quotengläubigkeit der
Verantwortlichen in den Sendern einem Bewusstsein für Qualität weicht.
Foto: W. Gick / Obermain Tagblatt
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