Übung zu "Der Ring des Polykrates" (Beispielübersetzung)

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Übung zu "Der Ring des Polykrates" (Beispielübersetzung)
Übung zu "Der Ring des Polykrates" (Beispielübersetzung)
Polykrates, der Tyrann von Samos, schloss ein Bündnis mit Amasis, dem Pharao von Ägypten. Als nun
Polykrates großes Glück hatte, schrieb Amasis ihm Folgendes:
"Amasis grüßt Polykrates. Ich freue mich zu hören (ich höre gern1), dass es dir gut geht; allerdings
sorge ich mich auch um dich. Denn ich weiß, dass die Götter eifersüchtig sind; sie lassen ja 2
bekanntlich3 keinen Menschen immer Glück haben. Darum ist es besser für die Menschen, mal Glück
und mal Pech zu haben. Hör also auf mich und tu Folgendes wegen 4 deines Glücks: Wirf das weg, was
dir am meisten wert ist. So hast du auch Pech zusammen mit deinem Glück."
Dem Polykrates schien das, was Amasis geschrieben hatte, richtig. 5 Nun6 hatte er einen schönen Ring,
den er sehr liebte und immer trug. Weil er nun den Beschluss fasste7, diesen wegzuwerfen, bemannte
er eine Pentekontere und segelte aufs Meer hinaus; und vor aller Augen 8 warf er den Ring ins Meer. Als
er das getan hatte, gab er sich im Palast seinem Unglück hin.
Kurze Zeit danach9 fing ein Fischer einen großen, überaus schönen Fisch; und weil er glaubte, dass
dieser eines Königs würdig sei, trug er ihn zu Polykrates. Der bezeigte dem Mann großen Dank, den
Fisch aber gab er seinen Dienern zum Kochen. Als diese aber den Fisch zerschnitten, fanden sie in
seinem Magen den Ring des Polykrates.10 Freudig brachten sie ihn dem König; und dieser, in großer
Verwunderung, schrieb alles, was geschehen war, in einen Brief, und dann schickte er das Geschriebene
nach Ägypten.
Als Amasis den Brief las, erschrak er; und weil er zum einen zu der Überzeugung kam11, dass Polykrates
unmöglich gerettet werden könne12, und zum anderen auch selbst die Eifersucht der Götter fürchtete,
schickte er einen Boten nach Samos und ließ ausrichten13, dass das Bündnis aufgelöst sei.
1
Wenn man ἥδομαι ἀκούων als zweigliedriges Prädikat auffasst.
γάρ: begründendes "ja" als Alternative zu "denn", "nämlich".
3
δή: drückt etwas Offensichtliches, Selbstverständliches, auf der Hand Liegendes aus. Auch das lässt sich mit
Zustimmung forderndem "ja" wiedergeben; aber das haben wir hier schon zur Wiedergabe des γάρ verwendet.
4
"bezüglich", "hinsichtlich"...
5
wörtlicher: τὰ γραφέντα – ἐδόκει – εὖ λεχθέντα: "das Geschriebene – schien – richtig / zu Recht gesagt".
6
δέ tut hier nichts, als die Erzählung fortzuführen; das tut im Dt. das "nun".
7
Ein möglicher Aorist-Aspekt zu "wollen": "zu einem Willen/Wunsch kommen" -> "beschließen".
8
πάντων ὁρώντων "während alle zusahen": Gen. abs. im Präsens-Aspekt der Dauer (Hintergrundhandlung).
9
μετά + Akk.: "nach"; μετά + Gen.: "mit".
10
ἐνοῦσαν muss nicht übersetzt werden. Wörtl: "in seinem Magen drin-seiend". Möglich wäre auch: "in seinem
Magen drinnen".
11
Aspekt!
12
Wörtlicher: "dass es unmöglich sei, dass Polykrates gerettet werde". σωθῆναι ist Passiv, die Konstruktion
nach dem unpersönlichen Ausdruck ἀδύνατον εἶναι ist ein AcI.
13
Eig. "sagte", aber da er es durch den Boten sagte, ist "ließ ausrichten" treffender.
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