Humangenetik Übersicht

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Humangenetik Übersicht
Basiswissen | Skripte
◮ Genetik | Humangenetik | Genkrankheiten
Skript
Humangenetik
Genkrankheiten
Übersicht
1 Einleitung
1
2 Rezessive Erbkrankheiten
2
2.1 Phenylketonurie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Mukoviszidose (= zystische Fibrose) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
3
3 Dominante Erbkrankheiten
3.1 Kleinwüchsigkeit (= Achondroplasie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
4
3.2 Chorea Huntington (= Huntington-Krankheit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
3.3 Sichelzellenanämie (= Drepanozytose) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
4 Geschlechtsgebundene Erbkrankheiten
6
4.1 Hämophilie (= Bluterkrankheit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Rot-Grün-Sehschwäche (= Farbenblindheit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
7
5 Genommutationen
5.1 Down-Syndrom (= Trisomie 21) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
8
5.2 Katzenschrei-Syndrom (= Cri-du-chat-Syndrom) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3 Klinefelter-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
9
5.4 Turner-Syndrom (= Monosomie X ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
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Skript
1 Einleitung
Die Humangenetik bildet die Schnittstelle zwischen Biologie und Medizin. Sie beschreibt
damit ein besonderes Themenfeld. Im Fokus der Forschung stehen vor allem Erbkrankheiten des Menschen. Weiterführend wird sich mit der Diagnose und Behandlung der
Erbkrankheiten beschäftigt. Von einer Erbkrankheit spricht man, wenn Veränderungen bei
einem oder mehreren Genen auftreten, diese durch unsere Vorfahren weitervererbt wurden
und dabei Funktionsstörungen im Körper auftreten. Es gibt unterschiedliche Ausprägungformen von Erbkrankheiten, denen die Regeln der klassischen und molekularen Genetik
zu Grunde liegen. Genkrankheiten führen meist zu einer körperliche und/oder geistigen
Beeinträchtigung der betroffenen Personen. Nur in wenigen Fällen bleibt die Erbkrankheit
unbemerkt.
Abb. 1: Eltern geben Gene an ihre Kinder weiter
Quelle: fotolia.com - Detailblick
Viele Fachbegriffe aus dem Themengebiet Genetik sind dir schon aus unseren vorherigen
Skripten bekannt. Zur Auffrischung findest du nachfolgend ein Glossar, indem für dieses
Skript essentielle Fachbegriffe kurz erläutert werden:
Autosomal:
Unter autosomal vererbten Krankheiten werden alle Krankheiten zusammengefasst, die
über die Autosomen vererbt werden. Als Autosomen werden alle Chromosomen außer
den Geschlechtschromosomen (X- und Y- Chromosom) bezeichnet. In der Fachsprache werden die Geschlechtschromosomen Gonosomen genannt.
Allel:
Bei diploiden Organismen ist der Chromosomensatz doppelt vorhanden. Sie besitzen dadurch von jedem Gen zwei Ausprägungen, die man Allele nennt. Man unterscheidet dominante und rezessive Allele. Das dominante Allel ist für die phänotypische Ausprägung des
Merkmals verantwortlich sofern die Allele heterozygot vorliegen. Dominante Allele werden
mit einem Großbuchstaben abgekürzt (A), rezessive Allele mit einem kleinen Buchstaben
(a).
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Homozygot:
Sind die Allele identisch ausgeprägt, z.B. aa oder AA, spricht man von einem homozygoten
Merkmal des Individuums. Das Individuum ist für das entsprechende Merkmal reinerbig.
Heterozygot:
Sind bei einem diploiden Organismus die beiden Allele eines Gens unterschiedlich, d.h. ein
Allel dominant, das andere rezessiv, spricht man von einem heterozygoten Merkmal des Individuums. Das Individuum ist für das Merkmal mischerbig. Diese Zustandsform wird mit
einem große und einem kleinen Buchstaben z.B. Aa dargestellt.
Karyotyp:
Unter dem Karyotyp versteht man die Summe der Chromosomen einer Zelle eines Individuums. Ein gesunder Mensch besitzt in jeder Körperzelle 46 Chromosomen (44 Autosomen
und 2 Gonosomen). Die Darstellung der Chromosomen erfolgt im Karyogramm.
2 Rezessive Erbkrankheiten
Autosomal-rezessiv vererbte Krankheiten gibt es in sehr unterschiedlichen Ausprägungen.
Ihnen ist gemeinsam, dass auf dem Allel a ein Defekt vorliegt. Durch diesen werden fehlerhafte Proteine gebildet oder die Bildung von Proteinen bleibt aus. Ist das Allel A die
gesunde Ausprägungsform und das Allel a die krankhafte Ausprägung, bedeutet
dies für ihre Träger Folgendes:
ˆ Homozygote Träger der Form AA sind immer gesund.
ˆ Heterozygote Träger (Aa) sind immer gesund, aber Träger des Merkmals.
ˆ Bei homozygoten Trägern der Form aa kann die Krankheit auftreten.
2.1 Phenylketonurie
Durchschnittlich ist 1 Neugeborenes von 8.000 Geburten von der Phenylketonurie betroffen.
Symptome: Eine unerkannte Phenylketonurie kann zur geistigen Beeinträchtigung des Patienten mit einhergehenden epileptischen Anfällen führen.
Ursache: Ursache dieser Symptoma-
Phenylalanin-Hydroxylase
tik sind Störungen bei der Enzymaktivität der Phenylalaninhydroxylase. Dieses Enzym bewirkt bei einem gesunden Menschen den Abbau der Aminosäure Phenylalanin zur Aminosäure Tyrosin. Ist dieser Abbauprozess gestört,
Phenylalanin
Thyrosin
Abb. 2: Ursache der Phenylketunurie
kommt es zum Mangel an Tyrosin (Abb.
2). Diese Aminosäure ist jedoch bei der Synthese verschiedener Proteine wichtig. Das Phe-
nylalanin wird zudem in alternative Produkte wie Phenylbrenztraubensäure umgebaut. Über
einen Bluttest nach der Geburt (Neugeborenenscreening) kann die Phenylketonurie bereits
direkt nach der Geburt erkannt und behandelt werden. Da die Aminosäure Phenylalanin in
allen eiweißhaltigen Produkten enthalten ist, wird das Kleinkind zunächst über eine phenylalaninfreie Kost ernährt. Später sollten Betroffene auf eine eiweißarme bis -freie Diät
umsteigen.
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2.2 Mukoviszidose (= zystische Fibrose)
In der nördlichen Hemisphäre gehört die Mukoviszidose zu einer der häufigsten Erbkrankheiten. Statistiken zeigen, dass im Durchschnitt unter 2.500 Geburten 1 Neugeborenes unter dieser Krankheit leidet. Werden die betroffenen Kinder nicht behandelt, führt dies zum
Tod im frühen Kindesalter. Insgesamt sind ca. 4 % der Bevölkerung heterozygote Träger für
diese Krankheit.
Symptome: Bei der Mukoviszidose kommt es zu einer vermehrten Bildung von zähem
Schleim in der Lunge, wodurch Infektionen der Atemwegsorgane ausgelöst werden. Außerdem kann es zu Funktionsstörungen der Bauchspeicheldrüse und des Verdauungstraktes
kommen.
Ursache: Über das Allel A wird ein Membranprotein codiert, dass für den Transport von
Chlorid-Ionen verantwortlich ist. Allel a ist für eine Beeinträchtigung der Proteinfunktion
verantwortlich. Durch diese Störung sind verstärkt Chlorid-Ionen im extrazellulären Raum
anzutreffen, welche für eine erhöhte Viskosität des Schleims sorgen.
3 Dominante Erbkrankheiten
Autosomal-dominant vererbte Krankheiten treten im Vergleich zu rezessiven Erbkrankheiten seltener auf. Bei einer autosomal-dominanten Erbkrankheit liegt ein Defekt auf dem
Allel A vor. Durch diesen werden fehlerhafte Proteine gebildet oder die Bildung von Proteinen bleibt aus. Ist das Allel A die krankhafte Ausprägungsform und das Allel a die
gesunde Ausprägung, bedeutet dies für ihre Träger Folgendes:
ˆ Homozygote Träger der Form AA sind immer erkrankt, teilweise verläuft diese Ausprä-
gung letal (= tödlich).
ˆ Heterozygote Träger (Aa) sind immer erkrankt.
ˆ Homozygote Träger (aa) sind immer gesund.
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3.1 Kleinwüchsigkeit (= Achondroplasie)
Unter 20.000 Neugeborenen findet sich laut Statistik 1 kleinwüchsiger Säugling. Insgesamt sind ca. 0.01 % aller Menschen kleinwüchsig, 99.99 % sind somit homozygot für
das Allel a. Bei homozygoten Trägern AA ist die Krankheit letal, bei heterozygoten Trägern hingegen nicht. Ein
erwachsener Mensch mit einer Körpergröße < 150 cm gilt
als kleinwüchsig. Dabei gibt es verschiedene Ursachen die
zu einer Kleinwüchsigkeit führen können. Wir beschäftigen
uns in diesem Skript ausschließlich mit der Achondroplasie.
Symptome: Die Oberkörperlänge von Betroffenen ist meist
normal ausgebildet, Extremitäten wie Arme und Beine hingegen stark verkürzt. Daneben können eine veränderte
Beinstellung und stark verkürzte Finger auftreten. Dies ist
auf eine gestörte Knorpelbildung während der Wachstums-
Abb. 3: Kleinwüchsiger Mensch
Quelle: wikipedia.org - public domain
phase zurückzuführen (Abb. 3).
Ursache: Eine Form der Kleinwüchsigkeit wird durch Achondroplasie verursacht. Dabei handelt es sich um eine Punktmutation an den Rezeptoren für Wachstumsfaktoren. Wachstumsfaktoren sind Proteine, die bei der Signalübermittlung zwischen zwei Zellen beteiligt sind.
3.2 Chorea Huntington (= Huntington-Krankheit)
Die Chorea Huntington tritt im mitteleuropäischen Raum mit einer Häufigkeit von 1:20.000
auf. Bis heute gibt es keine erfolgreiche Behandlungsmethode gegen diese Krankheit. Sie
endet in jedem Fall letal. Durch genetische Analysemethoden ist jedoch feststellbar, ab eine
Person Träger des entsprechenden Gens ist.
Symptome: Erste Symptome treten um das 40. Lebensjahr der Betroffenen auf. Es kommt
zu massiven psychischen Störungen und veränderten, nicht willentlich gesteuerten Muskelaktivitäten, welche auf eine Zerstörung eines speziellen Gehirnbereichs zurückzuführen
sind.
Ursache: Die Krankheit wird durch das Huntingtin-Gen verursacht, welches auf dem 4.
Chromosom liegt. Es codiert das Protein Huntingtin. Die Basentripletts, aus denen das
Huntingtin-Gen aufgebaut, sind bei der Chorea Huntington vervielfacht. Dadurch wir das
Protein Huntingtin fehlerhaft gebildet, wodurch die Krankheit ausbricht.
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3.3 Sichelzellenanämie (= Drepanozytose)
Die Sichelzellenanämie ist vor allem in Afrika weit verbreitet. Eine Häufung tritt besonders in Malariagebieten
auf und ist eine kodominant vererbte Krankheit.
Symptome: Betroffene Personen leiden häufig unter
Schwindel und Schwächeanfällen, starken Schmerzen.
Zudem werden innere Organe massiv beschädigt.
Ursache: Bei der Sichelzellenanämie wird in der Untereinheit des Blutfarbstoffs Hämoglobin eine bestimmte Aminosäure durch eine andere ersetzt. Dies bewirkt,
dass es unter Sauerstoffmangel zu einer Strukturänderung des Hämoglobins kommt. Dies führt eine Deformation der roten Blutzellen (= Erythrozyten) mit sich. Die
ursprünglich runden Blutzellen erhalten eine sichelartige Form (Abb. 4). Die sichelförmigen Erythrozyten sind
Sichelförmige Zellen in rot eingekreist
Quelle: wikipedia.org - public domain; Bearbeitung: BioLV
in ihrer Funktion eingeschränkt und werden im Körper
abgebaut, wodurch es zu einer erheblichen Blutarmut (= Anämie) kommt. Das Besondere
an dieser Krankheit ist, dass das gesunde Allel eine unvollständige Dominanz gegenüber
des veränderten Allels hat. Nehmen wir an,
ˆ das gesunde Allel hat die Ausprägungform HbA und
ˆ das krankmachende Allel die Ausprägungform HbS .
Träger der entsprechende Allel zeigen dann folgende
Ausprägungen:
ˆ HbA / HbA : Die Erscheinung der Erythrozyten ist normal (rund), es kommt nicht zu einer
Blutarmut Anämie.
ˆ HbA / HbS : Durch die unvollständige Dominanz des gesunden Allels kommt es unter
Sauerstoffmangel bereits zur Ausprägung von sichelförmigen Erythrozyten. Es sind
ca. 1 % der Blutzellen betroffen.
ˆ HbS / HbS : Die Blutzellen sind sichelförmig ausgebildet. Kinder werden bereits mit einer
Anämie geboren (= fetale Anämie).
Das vermehrte Auftreten der Sichelzellenanämie in Malariagebieten lässt sich damit erklären, dass die Krankheitserreger der Malaria einen Teil ihres Lebenszyklus an den Erythrozyten des Menschen verbringen. Sobald an Stelle von runden Blutzellen auch sichelförmige
Zellen im Blut der Betroffenen zu finden sind, mindert sich das Auftreten des Parasiten
aus verschiedenen Gründen. Die Symptome der Malaria-Krankheit werden gemindert. Unter diesem Gesichtspunkt stellt die Sichelzellenanämie einen evolutionsbiologischen Vorteil
für die Bevölkerung in Malariagebieten dar und tritt deswegen dort gehäuft auf.
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4 Geschlechtsgebundene Erbkrankheiten
Als Gononsomen bezeichnet man die beiden Chromosomen, die unser Geschlecht bestimmen. Eine Frau hat zwei X-Chromosomen, ein Mann hingegen ein X- und ein Y-Chromosom.
Liegen Veränderungen auf den Gonosomen vor, spricht man von einer geschlechtsgebundenen Erbkrankheit. Ausprägungen der entsprechenden Krankheiten treten damit in Abhängigkeit vom Geschlecht auf.
4.1 Hämophilie (= Bluterkrankheit)
Bei der Hämophilie muss zwischen der erworbenen und vererbten Form unterschieden werden. Wir beschäftigen uns hier ausschließlich mit der vererbten Form der Hämophilie. Eine
Umfrage der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ergab, dass ca. 400.000 Menschen weltweit an vererbter Hämophilie erkrankt sind. Dabei betrifft die Krankheit hauptsächlich Männer.
Symptome: Bei Menschen, die an Hämophilie leiden kommt es bei einer Verletzung zu lange anhaltenden Blutungen. Auch spontane Blutungen ohne ersichtlichen Verletzungsgrund
sind möglich.
Ursache: Eine Fehlen von Proteinen, die für die Blutgerinnung verantwortlich sind, ist die
Ursache der Hämophilie. Bisher ist die Hämophilie nicht heilbar, d.h. Betroffene müssen
ein Leben lang mit den Symptomen der Krankheit leben. Trotzdem kann die Krankheit mittels Gerinnungsfaktoren, die bei Bedarf benötigt werden (z.B. vor Operationen), behandelt
werden. Dabei werden die entsprechenden Gerinnungsfaktoren dem Betroffenen über eine
Infusion verabreicht.
Abbildung 5 zeigt einen möglichen Stammbaum bei vererbter Hämophilie. Das gesunde
Allel ist mit XA , das kranke Allel mit X gekennzeichnet. Die erste Generation zeigt eine
Frau, die homozygot für das gesunde Allel XA / XA ist. Der Mann hingegen ist an Hämophilie
erkrankt, da das X-Chromosom die defekte Ausprägung hat. Bei den Kindern der beiden
ergibt sich nun folgende Situation:
Ein Sohn kann nicht an der Hämophilie erkranken, da die Krankheit ausschließlich über
das X-Chromosom vererbt wird. Dieses bekommt er von seiner Mutter, welche homozygote
Trägerin für das gesunde Allel ist. Eine Tochter wird hingegen zu 100 % Überträgerin (=
Konduktorin) der Hämophilie. Sie bekommt ein gesund ausgeprägtes X-Chromosom ihrer
Mutter (XA ), aber auch das krankhafte Allel des Vaters (X ). Bekommt nun diese Frau mit
einem Mann Kinder, der das gesunde Allel XA trägt, gibt es vier möglich Ausprägungen:
Ein Sohn dieser Eltern wird zu 50 % an der Hämophilie erkranken, da er entweder das XChromosom mit der Ausprägung XA oder X von seiner Mutter bekommt. Vom Vater wird
immer das Y-Chromosom vererbt, welches nicht and er Krankheitsausprägung beteiligt ist.
Eine Tocher wird zu 50 % Konduktorin für Hämophilie. Sie bekommt immer eine gesunde
Ausprägung des X-Chromosoms von ihrem Vater, von ihrer Mutter kann sie die gesunde
(XA ) oder krankhafte (X ) Ausprägung erben.
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1. Generation
Skript
XaY
Hämophiler
XAXA
XAY
2. Generation
XAY
XAXa
Konduktorin
3. Generation
XaY
Hämophiler
XAY
XAXA
XAXa
Konduktorin
Abb. 5: Beispielhafter Stammbaum bei vererbter Hämophilie
4.2 Rot-Grün-Sehschwäche (= Farbenblindheit)
Schau dir Abbildung 6 genau an. Kannst du einen Unterschied zwischen den Bildern erkennen?
Bild mit Rot-Grün-Schwäche
Originalbild
Abb. 6: Kurztest für Rot-Grün-Schwäche
Quelle: wikipedia.org- Bautsch (public domain)
Symptome: Menschen mit einer Rot-Grün-Schwäche können keinen Unterschied zwischen
Originalbild und Bild 2 feststellen. Aus ihrer Sicht sind beide Bilder in Grautönen eingefärbt.
Ursache: Grund für eine solche Farbenschwäche ist ein defektes Gen auf dem X-Chromosom.
Auf diesem Chromosom liegt die Verschlüsselung für das Protein Opsin, das in einer Ausprägung auf rote und in einer weiteren Ausprägung auf grüne Farbe reagiert. Ist das Gen
beschädigt, tritt eine Störung bei der Wahrnehmung der Farben rot und grün auf. Da die© Karlsruhe 2014 | SchulLV | Melissa Käß
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se Sehschwäche X-Chromosomal rezessiv vererbt wird, betrifft diese Schwäche nur in sehr
seltenen Fällen Frauen. Häufiger tritt diese Sehschwäche bei Männern auf.
5 Genommutationen
Genommutationen zeichnen sich dadurch aus, dass die Anzahl der Chromosomen im
Chromosomensatz verändert ist. Man unterscheidet dabei zwischen Polyploidie und Aneuploidie. Detaillierte Informationen dazu, findest du in unserem Skript zum Thema „Mutationen“ im Bereich „Molekulare Genetik“.
5.1 Down-Syndrom (= Trisomie 21)
Das Karyogramm in Abbildung 7 zeigt deutlich eine Veränderung im Bereich des 21. Chromosoms. Es tritt nicht wie üblich zweimal auf, sondern dreimal. Bei der Trisomie 21 handelt
es sich daher um eine Aneuploidie, da ein einzelnes Chromosom im Chromosomensatz der
Zelle vermehrt auftritt. In allen Körperzellen finden sich 47 an Stelle von 46 Chromosomen.
Abb. 7: Karyogramm bei einem Down-Syndrom
Quelle: wikipedia.org - National Human Genome Research Institute (public domain), Bearbeitung: BioLV
Symptome: Betroffene zeigen körperliche Auffälligkeiten wie eine veränderte Gesichtsform, außerdem leiden sie häufig unter Herzfehlern und sind in ihrer geistigen Entwicklung
eingeschränkt. Auch die Lebenserwartung ist im Vergleich zu gesunden Personen meist
verringert. Durch Fruchtwasseruntersuchungen lässt sich das Down-Syndrom bereits bei
ungeborenen Kinder im Mutterleib diagnostizieren.
Ursache: Die Gründe für das Auftreten des Down-Syndroms sind noch nicht vollständig
geklärt. Man weiß jedoch, dass es zu Problemen während der Meiose kommt, weshalb die
Chromatiden des 21. Chromosoms nicht getrennt werden. Zudem kann ein Zusammenhang
zwischen dem Alter der werdenden Mutter und dem Down-Syndrom festgestellt werden.
Bei Frauen über 35 Jahren ist das Risiko deutlich erhöht ein Kind zu gebären, das am DownSyndrom erkrankt ist.
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5.2 Katzenschrei-Syndrom (= Cri-du-chat-Syndrom)
Symptome: Namensgebend für diese Krankheit ist das katzenartige Schreien der betroffenen Säuglinge. Weitere Symptome sind: Eine veränderte Kopf- und Gesichtsform, Muskelschwäche, Fehlbildungen innerer Organe (z.B. des Herzens) und eine langsamere geistige
Entwicklung. Diese Symptome sind nicht bei allen Kindern gleich stark ausgeprägt. Mit der
entsprechenden medizinischen Versorgung ist die Lebenserwartung der Patienten nicht eingeschränkt.
Ursache: Bei dieser Krankheit kommt es zu einer Deletion am 5. Chromosom. Ursache
dafür ist meist eine spontane Mutation bei der Befruchtung.
5.3 Klinefelter-Syndrom
Das Klinefelter-Syndrom tritt mit einer Häufigkeit von ca. 1:2.000 auf. Dabei sind ausschließlich Männer betroffen.
Symptome: Kinder fallen meist durch beeinträchtigte Sprachfähigkeiten auf. Im Laufe der
Pubertät entwickeln Betroffene teilweise weibliche Körpermerkmale wie kleine Brüste, auch
der Bartwuchs ist vermindert. Erwachsene Männer haben oftmals überdurchschnittlich lange Arme und Beine, zudem sind sie durch unterentwickelte Geschlechtsmerkmale unfruchtbar.
Ursache: Das Karyogramm eines Betroffenen Mannes zeigt, dass beim Klinefelter-Syndrom
das X-Chromosom in doppelter Ausführung vorliegt. Man spricht daher von einem XXYMann. Ein zusätzliches X-Chromosom kann durch Fehler bei der Meiose auftreten, bei der die
X-Chromosomen der Mutter nicht getrennt werden. Auch beim Supermaskulinitäts-Syndrom
oder Triple-X-Syndrom liegt eines der Geschlechtschromosomen doppelt vor. Männer mit
dem Supermaskulinitäts-Syndrom haben die Ausprägung XYY. Äußerlich fallen diese Männer kaum auf, manchmal sind sie etwas größer als XY-Männer. Ihre Fertilität ist nicht beeinträchtigt. XXX-Frauen sind etwas größer als der Durchschnitt, außerdem treten vermehrt
Lernstörungen auf. In ihrer Fertilität sind sie nicht beeinträchtigt.
5.4 Turner-Syndrom (= Monosomie X )
Das Turner-Syndrom tritt mit einer Häufigkeit von 1:3.000 weiblichen Neugeborenen auf.
Das äußerliche Erscheinungsbild der Betroffenen ist immer weiblich.
Symptome: Oft bleibt das Turner-Syndrom lange Zeit unerkannt. Es können körperliche
Besonderheiten in unterschiedlichen Ausprägungen auftreten z.B. Pterygium colli, eine flügelartige Hautfalte am Hals und Kleinwüchsigkeit. In einigen Fällen leiden Betroffene seit
der Geburt an Herz- oder Nierenproblemen. Bei Mädchen mit Turner-Syndrom bleibt die Pubertät aus. Es stellt sich keine Menstruation ein, wodurch die betroffenen nicht Fertil sind.
Nur durch eine Östrogen-Therapie stellen sich sekundäre Geschlechtsmerkmale wie Brüste
ein.
Ursache: Die Ursache des Turner-Syndroms ist das Fehlen eines der X-Chromosomen (Abb.
8). Dies wird auf eine Schädigung der Gameten zurückgeführt.
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Abb. 8: Karyogramm bei einem Turner-Syndrom
Quelle: wikipedia.org - The cat (CC BY-SA 3.0), Bearbeitung: BioLV
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