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AKTUELL
A&R-Klassiker als Dauerläufer
Die 1947 von Henry Rasmussen konstruierte Hansa-Jolle verdankt ihre Entstehung einem Verbot.
Die Alliierten hatten nach dem verlorenen Krieg
nicht nur viele Boote und Yachten konfisziert, sondern auch den Deutschen untersagt, seegehende
Yachten zu bauen. Also schuf der Gründer der
schon damals weltberühmten Yacht- und Bootswerft Abeking & Rasmussen (A&R) einen kleinen
Kielschwerter mit einer Schlupfkajüte für zwei Personen, gut geeignet für die zahlreichen Binnenseen und Flüsse sowie Tidengewässer. Die Ostküsten waren den Westdeutschen damals versperrt.
Die Baunummern eins und zwei gingen zum
Norddeutschen Regatta-Verein an Hamburgs Außenalster, die Baunum- mer drei nach Bremen
und die Baunummer vier erhielt der Admiral Bernhard Rogge, der von den Briten als kommissarischer Landrat in Schleswig eingesetzt worden war.
Die gutmütigen, ausgeglichenen und dank des
160 Kilogramm schweren Ballastkiels auch sicheren Segeleigenschaften sprachen sich schnell
herum, so dass sich mit dem aufblühenden Wirtschaftswunder schon bald eine lebhafte Regattaszene entwickelte mit der Folge, dass der Deutsche Seglertag 1960 die Hansa-Jolle zur Nationalen Klasse ernannte.
Einhergehend mit dem Übergang von der Werftzur Nationalen Klasse gab Abeking & Rasmussen
die überarbeiteten Bauvorschriften frei, eine nationale Klassenvereinigung (www.hansajolle.de)
wurde gegründet und von 1965 bis 1969 wurden
vom DSV sogar Deutsche Meisterschaften veranstaltet. Die Verschärfung der Meisterschaftsordnung hatte das Aus als Meisterschaftsklasse besiegelt und es sollte bis 1983 dauern, dass der
erste Deutschlandpokal, zu dem Eigner aus ganz
Deutschland anreisten, auf dem Möhnesee an die
Stelle einer nationalen Meisterschaft trat. Dass die
Klasse lebt, bewies das 50-jährige Jubiläum, zu
dem sich 1997 im mecklenburgischen Barth über
130 Mitglieder der Klassenvereinigung trafen und
39 Hansa-Jollen um den Deutschlandpokal segelten. Zehn Jahre zuvor segelten 40 Hansa-Jollen
beim NRV in Hamburg um den Deutschlandpokal. Beim Deutschlandpokal 2015 gab es für die
zehn gemeldeten Teams nur zwei Wettfahrten,
dafür traten zum Saisonausklang auf dem Baldeneysee 51 Mannschaften an.
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bootswirtschaft 2/2016
Fotos: Klassenvereinigung, Fricke & Dannhus, A&R
Serie: Bekannte Yachten und Boote aus Deutschland Hansa-Jolle und HD 20 – das Original und seine
Weiterentwicklung werden seit fast 70 Jahren in Deutschland gebaut.
Oben: die OriginalHansajolle. Mitte: die
Weiterentwicklung
HD 20. Unten: Serienfertigung von Hansajollen (1948 bis 1969)
bei A&R.
Hatte A&R von 1948 bis 1969 214 Hansa-Jollen in
der konventionellen Karweelbauweise in einer Art
Serienfertigung hergestellt, so traten nach der Öffnung der Bauvorschriften auch andere Werften auf
den Plan. Auf der Düsseldorfer Bootsausstellung
„boot“ 77 präsentierte die Bootswerft Mader eine
GFK-Version, die bis 1981 gebaut wurde. Die
Bootswerft Sailux stellte 1980 eine Holzversion in
formverleimter Ausführung vor, gebaut von 1981
bis 1982, und die Werft Bootsbau Lax baute 1988
die erste Hansa-Jolle in Furnier-Epoxi Bauweise
nach klassischem Vorbild mit halbhohem Kajüteinstieg und Schiebeluk.
Doch der Schwung der frühen Jahre war dahin,
preislich deutlich günstigere GFK-Segelboote, gebaut nach modernsten Erkenntnissen, dominierten ab Mitte der 70er Jahre den Markt. Um dem
Trend gegenzusteuern, finanzierte die KlassenverTechnische Daten
einigung 1994 den Bau
Hansa-Jolle
einer Rumpfform, die an
Länge: 5,85 m
Bauinteressenten ausgeLänge cwl: 4,85 m
liehen wird. Mit dieser
Breite: 1,65 m
Tiefgang ohne/mit Schwert: Form schuf die Werft
Fricke & Dannhus ihre
0,50 m/1,00 m
Rumpfgewicht: 510 kg
erste Hansa-Jolle mit
Großsegel: 10,00 qm
GFK-Rumpf und HolzaufFock: 4,00 qm
bau und stellte den NeuGenua 7,0 qm
bau auf der „boot“ 95
vor. Bis heute bietet die
HD 20
Werft auch weiterhin die
Länge: 6,05 m
Länge cwl: 4,85 m
formverleimten HansaBreite: 1,90 m
Jollen für die TraditionaliTiefgang ohne/mit Schwert: sten unter den Seglern
0,47 m/1,05 m
an.
Verdrängung: 610 kg
Mit einer nach A&R
Großsegel: 9,50 qm
Zeichnung komplett in
Fock: 6 qm
Holz gebauten HansaGenua 7,50 qm
Jolle, mit doppelter BeWerft Fricke & Dannhus:
plankung auf formverwww.fricke-dannhus.de
leimten Spanten und
einem Decksaufbau vollständig in Holz, wartete 2002 die Bootswerft Zosel
Yachtbau aus Dubai auf der „boot“ Düsseldorf auf.
Dieser Typ wurde mit einigen cleveren Details wie
den mit Teak belegten Klappsitzen im Cockpit und
Sitzbänkchen aus Teak an Deck, die beim Ausreiten den Hosenboden trocken halten, bis 2006 gebaut.
An die Zahlen von A&R kommen die Nachfolger allerdings bei weitem nicht heran. Klaus Köster, Klassenboss der rund 150 Mitglieder starken Deutschen Hansa-Jollen-Segler Vereinigung schätzt,
dass die übrigen Werften zusammen etwa 50
Boote, überwiegend mit GFK-Rumpf gebaut haben.
Noch 2015 lieferte Fricke & Dannhus ein solches
Exemplar nach Flensburg. Die beim DSV registrier-
ten 199 Hansa-Jollen sind klassenintern in fünf
Gruppen eingeteilt, deren Vergütungszahlen sich
am Yardstick-System orientieren. So können auch
die ältesten und die neuesten Hansa-Jollen in
einem Start gegeneinander segeln.
Einen völlig anderen Weg beschritt Heribert Düllmann mit seiner Werft HD-Yachtbau auf dem Gelände der ehemaligen Sabin-Werft in Hüde am
Dümmer. Er wandte sich von der Hansa-Jolle ab
und beauftragte 1978 den Yachtkonstrukteur
Horst Glacer einen neuen Kielschwerter zu entwerfen, zugeschnitten auf die modernen, spantenlosen Bauverfahren des formverleimten Sperrholzbaus und des GFK-Kunststoffbaus. Diese
„Weiterentwicklung der Hansa-Jolle“, wie Horst
Glacer sie nennt, sollte sich jedoch rein optisch
nur wenig von dem Vorbild unterscheiden. Die HD
20, wie sie fortan hieß, war in allen Maßen, wie
Länge, Breite, Gewicht und Segelfläche nur geringfügig größer.
Der wesentliche Vorteil der Neukonstruktion bestand in dem deutlich breiteren Cockpit bei Beibehaltung des hohen, umlaufenden Sülls und der
schmalen Seitendecks. Außerdem konnte das
Cockpit endlich selbstlenzend ausgeführt werden.
Im Juni 1979 lief die erste HD 20 vom Stapel. Wie
ihr Vorgänger zeichnete sie sich durch gutmütige
und dank der trimmausgelegten Mastschiene
auch den unterschiedlichen Windstärken anpassbaren Segeleigenschaften aus und fand schnell
ihre Liebhaber. Die formverleimten Schalen
stammten von Sommerfeld und wurden entsprechend den Wünschen der Eigner ausgebaut. Nur
zwei Jahre nach dem Stapellauf verkaufte Heribert Düllmann die Werft an Hermann Dannhus
von Fricke & Dannhus, die damals schon auf eine
84-jährige Tradition zurückblicken konnten. Mit
der Werft in Hüde übernahm Hermann Dannhus
nicht nur die Produktion der HD 20, sondern
konnte auch die seinem Namen entsprechenden
Initialen HD behalten.
Die heutige Standardversion der HD 20 ist die
Kaja, benannt nach der Mahagoni-Art, aus der der
formverleimte Rumpf besteht. Bei der Ausgestaltung haben Kunde und Werft einen weiten Spielraum, da die HD 20 keinerlei Klassenvorschriften
unterliegt. Eine der ersten Abwandlungen bestand
in einem kürzeren Kajütaufbau mit freistehendem
Mast vorn, ähnlich der Hansa-Jolle. Eine ganz regatta-optimierte Variante ließ sich 2010 Günther
Naumann, mehrfacher Deutscher Meister in der
Conger Klasse, bauen.
„Es gibt fast nichts, was wir bei der HD 20 nicht
schon gemacht haben,“ fasst Bootsbaumeister
Jens Dannhus, Sohn und Partner von Hermann
Dannhus, die Bandbreite der Werft zusammen.
Jochen Halbe
PASST!
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VON NIRO -PE. WAR GANZ EINFACH
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bootswirtschaft 2/2016
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