Präsidentschafts-Kandidat John Kerry geht das - US

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Präsidentschafts-Kandidat John Kerry geht das - US
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WIRTSCHAFT AUSLAND
WELT am SONNTAG | Nr. 6 | Sonntag, 8. Februar 2004
REUTERS (2), ACTION PRESS, AP (2), LAIF
Aussichtsreichster
Bewerber der Demokraten,
John Kerry: Kein Geld
von seiner reichen Frau
Kein Cash für Kerry
Z
achary Morrison muss tief in
Das neue Wahlkampfspenden-Gesetz bringt die
seine rechte Hosentasche greiDemokraten in Bedrängnis. Den Kandidaten für
fen, um seine gesammelten
Ersparnisse hervorzuholen. Dann
das Präsidentenamt geht das Geld aus
zählt der kleine Mann mit schwarzem, krausem Haar laut vor: „Fünf
Von Michael Remke
und fünf und fünf?“ Und gibt auf.
„Du musst weitermachen“, fordert
er den großen Kerl ihm gegenüber seinem triumphalen Sieg in fünf nig“, erklärte die 65-Jährige erst
auf. Der bückte sich herunter und Bundesstaaten auf seine Finanzen neulich auf einer Veranstaltung.
rechnete die acht Münzen auf sei- achten. Nach Angaben von CRP hat „Cash und Kerry“, wie viele läsner Handfläche zusammen. „40 der Senator aus Massachusetts ei- tern, wäre für die Republikaner
Cents“, sagte der Lange und be- nen Spendenpott von mehr als 28 außerdem auch ein viel zu eindankte sich artig bei seinem För- Millionen Dollar – die größten faches Angriffsziel.
Nicht nur wahltaktische Bederer.
Geldgeber waren mit 3,3 Millionen
Zachary aus Albuquerque in Dollar Anwälte und Kanzleien so- denken schränken Teresa Heinz
New Mexico ist erst sechs Jahre alt. wie mit 2,5 Millionen Dollar Ver- Kerry ein, sondern auch das neue
Er ist vermutlich einer der jüngs- sicherungen und Banken wie die Spendengesetz. Das 2003 verabten Anhänger des 1,95 Meter gro- Citigroup und Goldman Sachs – schiedete Feingold-McCain-Gesetz
limitiert die Wahlkampfßen John Kerry und mit seispenden für die Kandidaten
nem 40-Cents-Geschenk einer
dramatisch. Einzelpersonen
der bescheidensten Wahl- Vorsprung Bush
dürfen danach nicht mehr
kampf-Spender des aktuellen Wahlkampfspenden an die Kandidaten
als 2000 Dollar an ihren FaFrontrunners der Demokra- (in Mio. US $)
voriten geben. Und da Teresa
ten. Die niedliche 40-Cents131,74
Heinz Kerry bei ihrer HochSpende erfreut die PR-Strate- George W. Bush
zeit auf eine strikte Gütergen von Kerry, doch für seine
41,26
Howard Dean
trennung bestand, fällt sie
Finanzleute verdeutlicht es
spendenrechtlich ebenfalls
sein Problem: Die finanzielin diese Kategorie. Was ihr
len Mittel fehlen noch vorn
28,21
John Kerry
wie anderen Anhängern und
und hinten.
Firmen bleibt, sind FundraiGeld regiert beim Kampf
John Edwards
14,45
sing-Veranstaltungen zu orum das Weiße Haus. Denn
ganisieren, bei dem jeder
wer in den USA Präsident werWesley Clark
13,70
Teilnehmer bis zu 2000 Dolden will, braucht mehr als
lar geben darf. Im Klartext:
politische Ideen, Engagement
Quelle: Center for Responsive Politics
Ein Konzern, der 100 000
und begeisterte Anhänger. Er
braucht vor allem viele Spenden- fast vollständig aufgebraucht. Um Dollar spenden will, muss die
Millionen. Ein ungeschriebenes im Rennen zu bleiben, musste Ker- Summe von 50 gleich Gesinnten
Gesetz, das auch bei den Vorwah- ry sogar privates Geld investieren. einsammeln.
Das Gesetz gibt den Republikalen der Demokraten über Sieg oder Erst nahm der 60-Jährige einen
Niederlage entscheiden kann.
850 000-Dollar-Kredit auf, dann be- ner und Präsident George W. Bush,
Howard Dean zum Beispiel, der lastete er sein Haus in Boston mit die beim Fundraising traditionell
nach einer Studie des unabhängi- einer Hypothek von 6,4 Millionen besser organisiert sind, einen Vorsprung. Allein Bush verfügt über
gen „Center for Responsive Poli- Dollar.
tics“ (CRP) in Washington mit eiAn der angespannten Spenden- 350 so genannte „Pioniere“ oder
ner Rekordsumme für Demokra- Situation konnte auch Kerrys fi- „Rancher“, die über Fundraising
ten von 41 Millionen Dollar in den nanzkräftige Frau, Teresa Heinz Geld für die Wiederwahl einsamWahlkampf gezogen ist, scheint Kerry, nicht viel ändern. Die Ket- meln. Einer der Top-Rancher ist
nicht nur die Anhängerschaft da- chup-Erbin ist mit einem geschätz- Stan O’Neal, CEO des Investmentvonzulaufen, sondern auch das ten Vermögen von 550 Millionen hauses Merrill Lynch, der bei seiGeld auszugehen. Beim Super- Dollar zwar eine der reichsten nen Mitarbeitern und deren FamiDienstag in der vergangenen Wo- Frauen des Landes. Eine finanzielle lien 432 104 Dollar für die Wiederche war Dean bereits so knapp bei Unterstützung lehnt sie wie ihr wahl von Bush eintreiben konnte.
Kasse, dass er in den sieben Bun- Mann selbst jedoch kategorisch ab. Insgesamt, so das CRP, ist der Spendesstaaten kaum noch Wahlkampf „Von mir kriegt er keinen Pfen- dentopf für Bush schon jetzt mit
machen konnte. Gewinnen konnte
er dadurch erst recht nicht.
Ähnlich klamm sieht es auch
bei Wesley Clark aus, dessen Sieg
Unternehmen sollen
Präsidentschaft von
John Kerrys Wirtin Oklahoma vermutlich zu spät
mit „Steuervorteilen
Bush verloren geschaftsprogramm
kommt. Der ehemalige Nato-Genevon bis zu 3000
gangen sind“. Dafür
sieht Steuererleichteral hat sein Startkapital von mehr
Dollar pro neuen
plant Kerry, die „Steurungen für den Mittelals 13 Millionen Dollar laut CRP
Arbeitsplatz“ zur
ervorteile, die Bush
stand, Abbau des
„zu 75 Prozent“ verpulvert. Der
Job-Maschine werden Reichen und
Haushalt-Defizits und
Rest und die einlaufenden Spenden. Firmen, die
Mächtigen gegeben
die Schaffung von
den von „40 000 bis 50 000 am
Arbeitsplätze in den
hat“, wieder abArbeitsplätzen durch
Tag“ (Clark), reichen kaum noch
USA lassen und nicht
zuschaffen und an
Investitionen in neue
aus. „Wir haben noch bis zu den
ins Ausland verlagern
den Mittelstand zu
Technologien vor.
Vorwahlen am Dienstag in Tennesoder ihre Gewinne in
geben. Um den priInnerhalb seiner erssee und Virginia Geld“, muss
den Betrieb reinvesvaten Konsum anten 500 Tage als
Clarks Sprecher Bill Buck eingetieren, sollen ebenfalls
zukurbeln, will der
Präsident, so kündigt
stehen. Danach so rechnen BeobTax-Credits bekomSenator Familien mit
der Demokrat an, will
achter, dürfte der Kandidat schon
men. Allein davon
mittleren und unteren
er „drei Millionen
allein wegen leerer Kassen aufgeerhofft sich Kerry
Einkünften steuerlich
neue Arbeitsplätze
ben müssen.
600 000 neue Jobs.
bevorteilen. Kleinere
schaffen, die seit der
Selbst der Millionär und Spitzenreiter John Kerry muss nach
Kerrys Wirtschaftsplan
Spencer Johnson:
1 (2)
Die Mäuse-Strategie
Bestseller der Wirtschaft
für Manager
Das Mäusepaar, hier auch Synonym für Manager,
steckt in einer Krise, weil die Lebenskonditionen
sich geändert haben – wie man Unerwartetes als
Chance nutzt, zeigt diese Parabel.
Ariston, Euro 14,90
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Werner Küstenmacher/
2 (1)
Lothar Seiwert: Simplify your life
Besitz belastet, entrümpeln bringt mehr Geld und
mehr Wahlfreiheit – wer radikal „entperfektioniert“
wird beruflich und privat erfolgreicher sein, so lautet
das Credo des Autorenduos.
Campus, Euro 19,90
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Hans-Werner Sinn:
3 (5)
Ist Deutschland
noch zu retten?
Zwischen dem staatlich-bürokratischen und dem
privatwirtschaftlichen Deutschland haben sich
bedenklich tiefe Gräben aufgetan – zur wirtschaftlichen Befreiung schlägt der Autor daher ein ZehnPunkte-Programm vor.
Econ, Euro 25,00
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einer Rekordsumme von 131 Millionen Dollar prall gefüllt.
Die Demokraten können da nur
neidisch werden. Howard Dean als
Spitzen-Einsammler schaffte nur
knapp ein Drittel von Bush, John
Kerry mit seinen 32 „Pionieren
und Ranchern“ erzielte gerade mal
28 Millionen und Senator John
Edwards, Sieger in South Carolina
und von Haus aus ein 20 Millionen
schwerer Rechtsanwalt, startete
die Vorwahlen mit bescheidenen
14 Millionen Dollar.
Ein Grund für den bescheidenen Spendenfluss für die Demokraten – nur Kerry konnte seit
seinem Sieg in New Hampshire
mit 2,35 Millionen Spenden-Dollar
finanziell etwas aufatmen – liegt
dabei im System. Viele Anhänger
warten auf den Sieger der Vorwahlen. Denn auch wenn John
Kerry am Super-Dienstag fünf Bundesstaaten gewinnen konnte, hat
er für die erforderlichen 2162 Stimmen, die er beim NominierungsParteitag im Juli in Boston
braucht, erst 262 Delegierte auf
seiner Seite. „Wir sind zerrissen
zwischen Kerry und Edwards“,
fasst Spendensammler Bruce Brusavich, der in Los Angeles für die
Demokraten Geld sammelt, die aktuelle Stimmung zusammen.
Das gilt offenbar auch für die
finanzkräftige Filmindustrie von
Hollywood, die traditionell ihr
Geld lieber den Demokraten gibt.
Madonna und Michael Moore gehören zu den wenigen, die sich
mit General Clark auf nur einen
Kandidaten festgelegt haben. ProSieben-Sat-1-Hauptaktionär Haim
Saban, Barbra Streisand, Harvey
Weinstein, Michael Douglas, Dennis Hopper und Meryl Streep dagegen haben ihr Geld lieber auf
mehrere Kandidaten verteilt. „Wir
sind verunsichert und halten uns
noch zurück“, sagt Saban der
„New York Times“.
Dabei würde der Milliardär gern
mehr machen. Er ist nicht nur ein
großer Anhänger der Partei der
Demokraten, sondern laut CRP ihr
größter Geldgeber. Nach der neuesten Bilanz des Centers hatte Saban
allein im Jahr 2002 und damit vor
dem neuen Spenden-Gesetz den
Demokraten stolze 9,28 Millionen
überwiesen. Eine Summe, die er
heute nicht mehr so leicht verteilen kann. „Die neue Regelung
macht Spenden viel komplizierter“, so Saban, „für 100 000 Dollar
muss ich jetzt gleich 50 Freunde
finden, die jeder für sich 2000
Dollar geben.“ Für jemanden, der
Schecks in sechsstelliger Höhe an
die Demokraten ausgestellt hat,
ein mühsames Verfahren.
Da hat es der sechsjährige Zachary Morrison schon leichter gehabt. Er hat seine 40-Cents-Spende
im Rahmen des Gesetzes einfach
seinem Lieblingskandidaten John
Kerry in die Hand gedrückt.
Dieter Brandes:
4 (4)
Die 11 Geheimnisse des ALDI-Erfolgs
Überall geht der Konsum zurück, nur bei einem
steigt der Gewinn stetig an – auf der Grundlage
einer goldenen Regel, dem Geheimnis der Einfachheit, basieren 11 weitere Regeln des enormen
Erfolgs, die der ehemalige Geschäftsführer lüftet.
Campus, Euro 24,90
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Spencer Johnson:
5 (–)
Das Geschenk
Der Rat eines weisen alten Mannes verhilft einem
jungen Mann zu innerem Gleichgewicht und damit
zu einem nicht nur glücklichen, sondern auch erfolgreichen Leben – neue Karrieretipps nach Art des
Bestsellerautors.
Ariston, Euro 14,95
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Rüdiger Jungbluth:
6 (–)
Die Quandts
Die Geschichte einer ungewöhnlich erfolgreichen
BMW-Unternehmerdynastie – im Zusammenspiel
von Tradition, wirtschaftlichem Know-how und
+
sicherem Machtinstinkt wuchs ein Imperium.
Campus, Euro 24,90
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7
(9) Gertrud Höhler:
Warum Vertrauen siegt
Die Managementberaterin und Bestsellerautorin
weiß, was uns fehlt, warum es verloren ging und
welche Folgen das hat – sie empfiehlt, den anderen
das zu geben, was wir uns selbst wünschen: Vertrauen!
Econ, Euro 22,00
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Marco von Münchhausen:
8 (–)
So zähmen Sie Ihren
inneren Schweinehund!
Tipps und Tricks für eine disziplinierte Arbeitsweise
– das Programm des Autors besiegt den inneren
Schweinehund und der dringend benötigte Projektplan kann endlich erstellt werden.
Campus, Euro 19,90
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Stephen C. Lundin/Harry Paul/
9 (12)
John Christensen: Noch mehr Fish!
Spenden für Bushs
Kontrahenten
Popsängerin Madonna:
Unterstützt Wesley Clark
Medienmogul Saban:
9,2 Millionen Dollar
an die Partei
Schauspielerin Streisand:
Attacke auf „zerstörerischen“ Bush
Hollywood-Star Sarandon:
Hat auf Dean gesetzt
Wie die Fish!-Philosophie zu Spaß an der Arbeit
motiviert, zeigen zahlreiche Firmenbeispiele – ein
Zwölf-Wochen-Programm soll positive Impulse im
Berufs- wie Privatleben bringen.
Redline Wirtschaft bei Ueberreuter, Euro 12,90
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Ulrich Viehöver:
10 (8)
Der Porsche Chef
Die Marke bewundert und geliebt, der Manager
ein Star mit vielen Kritikern – der Wirtschaftsjournalist beleuchtet den beruflichen und privaten
Lebensweg des provokanten und erfolgreichen
Unternehmers.
Campus, Euro 24,90
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●●● = unbedingt lesenswert;
●● = lesenswert; ● = muss nicht sein
Gemeinsam mit Campo-Data-Book nimmt WELT am
SONNTAG jeden Monat den Markt für Wirtschaftsbücher
unter die Lupe. Wir befragen dazu die größten
Buchhandlungen Deutschlands. Anders als bei
herkömmlichen Umfragen wird hier nicht nur der Absatz über
den Buchhandelsvertrieb, sondern auch der Direktverkauf der
Verlage berücksichtigt. Daraus ergibt sich ein sehr viel
präziseres und transparenteres Bild.
Quelle: Campodata

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