Fußball - Frankfurt - Soziale Stadt
Transcrição
Fußball - Frankfurt - Soziale Stadt
Nicht immer nur Sonnenschein Lebensgeschichten aus einer Frankfurter Siedlung gesammelt und aufgeschrieben von: Peter Voss Wolfgang Etzroth Horst Grauel Hrsg. Quartiersmanagement der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Frankfurt am Main e.V. Helmut Hessler „Der Fußballer“ Kindheit, Jugend & Krieg in Frankfurt am Main Helmut Hessler hatte schon einen langen Lebensweg mit vielen unterschiedlichen Wohnorten hinter sich, als er zum Jahresbeginn 2000 in die Carl-Sonnenschein-Siedlung, genauer in den Julius-Leber-Weg 19, Parterre rechts einzog. Er wurde am 01.09.1928 in Frankfurt-Bockenheim geboren. Die Familie, der Vater arbeitete bei der Frankfurter Straßenbahn, lebte in der Kölner Straße 12, Nähe Güterplatz. Helmut Hessler besuchte erst die Rudolf-Schule in der Niddastraße, später dann die Westend-Mittelschule, die sich neben dem alten Polizeipräsidium befand. Je länger der Krieg andauerte, umso mehr musste der Unterricht eingeschränkt werden. Auch Helmut Hessler sollte 1944 zum Reichsarbeitsdienst eingezogen werden, was sich aber bedingt durch bürokratische Umständlichkeit zerschlug. Stattdessen wurde er als Flakhelfer in Mittel-Liederbach eingesetzt. Selbst in den Flakstellungen wurden die Jüngeren zum Teil noch unterrichtet. Ende 1944 wurde die Wohnung der Familie in der Kölner Straße durch einen Bombenangriff zerstört und man fand Unterschlupf in der Heinrichstraße Ecke Frankenallee gegenüber der Feuerwache. Die Mutter Helmut Hesslers zog mit der 1942 geborenen Schwester aufs sichere Land nach Niederselters. Das Kriegsende 1945 war gleichzeitig der Beginn der gottlob nur kurzen amerikanischen Kriegsgefangenschaft. Den Vater Helmut Hesslers entließ man bei der Straßenbahn im Rahmen der damals üblichen Entnazifizierungsbestrebungen, die sich auf alle in öffentlichen Ämtern und Funktionen tätige Deutsche erstreckte, wobei nach Überprüfung und der obligatorischen “Unbedenklichkeitsbestätigung“ die meisten, wie auch der Vater von Helmut Hessler, später wieder an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren konnten. Familie und Arbeit Nach Beendigung der Kriegsgefangenschaft begann Helmut Hessler noch 1945 eine Ausbildung zum Heizungsbauer bei der Fa. Franz Sänger im Marbachweg. Die Ausbildungsstelle vermittelte ihm Fritz Zimmermann, ein Mannschaftskollege bei der Fußballmannschaft von Rotweiß-Frankfurt, für die er im Tor spielte. Die ersten beruflichen Gehversuche bei der Bahn gab er freiwillig wieder auf. Da sich Mutter und Schwester nach dem Krieg noch in Niederselters aufhielten, kam er oft am Wochenende zu Besuch und spielte auch Fußball für den dortigen Verein. Zur Jahreswende 1946/47 lernte er seine Frau Anita kennen. 1948 beendete er seine Ausbildung bei der Fa. Sänger und wechselte zur Fa. Adams. Gleichzeitig heiratete das junge Paar in Niederselters und bekam im Ort eine Wohnung. Im folgenden Jahr wurde Tochter Beate geboren, das erste von insgesamt 7 Kindern der Familie (3 Söhne und vier Töchter mit insgesamt 10 Enkel). Fortan pendelte Helmut Hessler zwischen seinem Wohnort Niederselters und der Arbeitsstelle in Frankfurt. 1960 entschloss sich Helmut Hessler zum Schritt in die Selbständigkeit und gründete seine eigene Heizungsbaufirma mit Büro in der Heinrichstraße. Die Familie zog dann von Niederselters in eine neue Wohnung in der Frankfurter Nordweststadt. Selbständig In Folge der Rezession von 1968 gab Helmut Hessler sein Geschäft auf und übernahm die Gaststätte „Haus Goldstein“ im Bürgerhaus der Goldsteinsiedlung, wo auch die Familie von 1968 bis 1970 wohnte. Ab 1970 führte er für ca. ein Jahr das Lokal „Zur Kegelbahn“ in der Zum-Jungen-Straße in Frankfurt-Eckenheim, bevor die Familie 1971 dem Angebot der Schmucker-Brauerei folgte und ein Lokal in Dorfprozelten übernahm. Dort gab es reichlich Platz für die Familie, so dass auch die Schwiegereltern von Helmut Hessler dort wohnen konnten. In Wertheim kam dann 1971 die jüngste Tochter Anja zur Welt. 1972 erfuhr er von den Plänen der Heizungsbaufirma Lobbes aus Offenbach, in Miltenberg eine Niederlassung zu eröffnen. Seine Bewerbung war erfolgreich und die Familie übersiedelte nach Breitendiel bei Miltenberg. Acht Jahre lang bis zur Aufgabe der Niederlassung Miltenberg war Helmut Hessler für die Fa. Lobbes tätig bevor er 1980 nach Jügesheim zog, wo bereits die älteste Tochter wohnte. Ein Bekannter der Tochter arbeitete für die Fa. Walz in Neu Isenburg und vermittelte ihm dort eine neue Stelle als Heizungsbauer. Nach diversen Querelen mit dem Vermieter in Jügesheim zog die Familie kurzfristig nach Dudenhofen, bevor in der Nähe der Fa. Walz in der Schützenstraße in Neu Isenburg eine zufriedenstellende Wohnung gefunden wurde (der Vermieter gehörte zur Kundschaft der Fa. Walz). Ruhestand !? Mit 58 Jahren ging Helmut Hessler 1986 in Frührente (Anlass war der Herzinfarkt seines Schwiegersohnes), so dass nun mehr Zeit für den Einsatz im Männerballett des Karnevalsvereins „Schwarze Elf“ zur Verfügung stand. Etwa zur gleichen Zeit feierten sie die Hochzeit der jüngsten Tochter Anja im „Grünen Baum“ in Neu Isenburg. Bedingt durch außergewöhnlich hohe Mietpreissteigerung verließ die Familie Neu Isenburg und fand in Neunkirchen bei Miltenberg eine schöne Wohnung in einem Bauernhaus. Durch Zufall sprach Helmut Hessler anlässlich der Taufe seines Enkels Christian mit einem alten Bekannten vom Karnevalsverein, Herbert Gerold aus Eschborn. Dieser suchte dringend für sein Gästehaus „Gisela“ in Frankfurt-Sossenheim einen neuen Leiter. Helmut Hessler fühlte sich der Aufgabe gewachsen und zog deshalb in die Westerbachstraße nach Sossenheim unweit seiner neuen Wirkungsstätte in der Weidenauer Straße. Leider verstarb Herbert Gerold ca. 3 Monate später und seine Erben hatten unterschiedliche Auffassungen über die weitere Geschäftspolitik, so dass Helmut Hessler ca. vier Jahren seine Tätigkeit im Haus „Gisela“ beendete. Die Wohnung in der Westerbachstraße befand sich im 3. Stock, was Anita Kessler nach langer, schwerer Krankheit und ärztlichem Anraten nicht mehr bewältigen konnte. Einzug im Julius-Leber-Weg Helmut Hessler bemühte sich deshalb schnellstens um eine Wohnung im Erdgeschoß und fand unbürokratische Unterstützung durch Frau Quelle von der Nassauischen Heimstätte, die ihm innerhalb von 14 Tagen seine jetzige Wohnung im Julius-Leber-Weg 19 vermittelte. Diese stand nach der Modernisierung etwa 3 Jahre lang leer. Die Kinder organisierten tatkräftig den Umzug und Helmut Hessler freundete sich gleich mit dem damaligen Hausmeister Herrn Bleser an, deren gemeinsames Interesse beim Fußball lag, da die Enkel aktiv für Viktoria Aschaffenburg spielten. Mit der Wohnung ist Familie Hessler sehr zufrieden und beide helfen aktiv bei der Gestaltung des Vorgartens bzw. der Balkonverschönerung mit. Noch ruhiger wird es sicherlich, wenn die bereits in Angriff genommenen Bauarbeiten für die Lärmschutzwand an der A 648 demnächst abgeschlossen sind. Betroffen machte Helmut Hessler der Freitod seines psychisch erkrankten Nachbarn, da vorherige warnende Hinweise an die Behörden nicht beachtet und erst nach dem tragischen Ereignis gehandelt wurde. Wenn Helmut Hessler auf sein Leben zurückblickt, dann erinnert er sich außer an die Freuden, Sorgen und Nöte mit seiner große Familie insbesondere an seine Mitgliedschaft im 1. Frankfurter Carneval Club von 1888. Seit 1962 gehört er dem Verein an und half lange Jahre als 2. Vorsitzender bei vielen Veranstaltungen und Umzügen. Zum Dank für die langjährige Vereinsarbeit verlieh man ihm1988 das „Goldene Vlies“.