Panel 7.6: Polit-Talks

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Panel 7.6: Polit-Talks
PRESSEMITTEILUNG
21. Oktober 2011
MEDIENTAGE MÜNCHEN 2011 vom 19. bis 21. Oktober
Panel 7.6: Polit-Talks: Zwischen Information und Inszenierung
„Am Ende brauchen wir auch ein paar Zuschauer“
München – In einer idealen Fernsehwelt geben politische Talkshows Raum für „magische
Momente“ und liefern ihren Zuschauern regelmäßig einen „Erkenntnisgewinn“. Darin war sich das
hochkarätig besetzte Podium auf einem Panel der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien
(BLM) während der MEDIENTAGE MÜNCHEN einig. In der derzeitigen deutschen Fernsehrealität
glichen die Polit-Talks allerdings eher einem perfekt inszenierten „Kasperle-Theater“.
Claus Strunz, Geschäftsführer TV- und Video-Produktionen bei Axel Springer und selbst seit
knapp zehn Jahren als Polit-Talkmaster im deutschen Fernsehen tätig, fasste zunächst die
Erfahrungen mit seinem jüngsten Talk-Format „Eins gegen Eins“ zusammen, das er seit Anfang
des Jahres auf Sat.1 präsentiert: Für eine erfolgreiche politische Talksendung gelte es, die richtige
Mischung zwischen „Schach und Boxen“, zwischen ernsthaften und unterhaltsamen Themen zu
finden, lautete Strunz‘ „Zauberformel“. Damit habe er es geschafft, „den politischen Talk zurück ins
Privatfernsehen zu bringen“ und sogar die umworbene junge Zielgruppe zwischen 14 und 49
Jahren für komplexe Sachverhalte zu interessieren. „Millionen Menschen schauen sich das mit
Vergnügen an“, betonte der Journalist, „deshalb kann es gar nicht genug Polit-Talk“ geben“.
Polittalk-Pionierin Sabine Christiansen sah die inflationäre Entwicklungen der Formate kritischer:
„Warum haben wir soviel vom Gleichen?“, fragte sie und wünschte sich mehr Differenzierungen,
einen höheren Wiedererkennungswert der einzelnen Marken sowie flexiblere Konzepte. Härter
ging Fernsehkritiker und Journalist Hans Hoff mit den Talkshows ins Gericht: „Polit-Talks“, so Hoffs
Erkenntnis, „gibt es im deutschen Fernsehen gar nicht mehr“. Vielmehr verglich er die immer
„Stern TV-iger“ werdenden Formate mit einem „perfekt inszenierten Kasperle-Theater“ oder „einer
Meisterschaft im Jonglieren von Worthülsen“. Schon lange, bestätigte auch Politik-Berater und
Blogger Michael H. Spreng, werde in den einschlägigen Formaten „zu viel getalkt und zu wenig
geredet“. Ein „Erkenntnisgewinn“, für Spreng der eigentliche Sinn einer politischen Talkshow,
bleibe dabei allerdings meist auf der Strecke.
Unverständnis über die Kritik an den Polit-Talks im deutschen Fernsehen äußerte einzig Jürgen
Schulte, Geschäftsführer der Fernsehproduktionsfirma Ansager & Schnipselmann und Produzent
der politischen Talksendung „Hart aber fair“ mit Frank Plasberg. Er bemerke weder eine TalkshowFlut noch Gleichmacherei. Nach wie vor bestehe die Möglichkeit, magische Momente und
Erkenntnisgewinn zu liefern. „Nicht jede Woche, aber immer wieder“, unterstrich Schulte.
Als einer, der sich zumindest bemüht, alles anders zu machen, präsentierte sich Dr. Michel
Friedmann, Moderator der wöchentlichen Polit-Talkshow „Studio Friedmann“ auf N24. Seine
Sendung sei „pur“ und „ohne Spielereien“, betonte Friedmann, seine Gäste kämen ausschließlich
aus der Politik. Sogenannte „Experten“ oder gar eine „Prominenten-Bank“ lehnte Friedmann
ebenso kategorisch ab wie „Mitleid mit den Gästen“. Wichtig sei für ihn, „dass ich authentisch bin,
ich muss kein Sympathieträger sein“.
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Ob Friedmanns eigenwilliges Konzept beispielgebend für politische Talkshows außerhalb der
Nische sein werde, wurde bezweifelt. Mutige Formate, bedauerten die Fernsehmacher, scheiterten
nach wie vor viel zu oft an Quotendruck und Fernsehkritik. „Am Ende“, fasste Claus Strunz
zusammen, „brauchen wir auch ein paar Zuschauer“.
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