Zolltarifliche Einreihung eines Elektromobils

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Zolltarifliche Einreihung eines Elektromobils
FG München, Urteil v. 18.09.2014 – 14 K 1772/11
Titel:
(Zolltarifliche Einreihung eines Elektromobils)
Normenketten:
Pos 8713 UPos 9000 KN
Pos 8703 UPos 1018 KN
Art 220 Abs 1 ZK
Art 220 Abs 1 S 1 EWGV 2913/92
EGV 718/2009
Orientierungsätze:
1. Elektromobile mit einer Breite von 640 mmm und einer Länge von 1.300 mmm sowie einer
separaten beweglichen Lenksäule, welche eine Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h erreichen und
die über eine maximale Reichweite von 40 km verfügen, sind in die Position 8703 und nicht als
Fahrzeuge für behinderte Menschen i.S. der Position 8713 KN einzuordnen. Allein der Umstand,
dass die Fahrzeuge auch von behinderten Menschen verwendet werden können oder an die
Verwendung durch diese angepasst werden können, ist für die Tarifierung solcher Fahrzeuge
unbeachtlich (vgl. EuGH-Urteil vom 22.12.2010 C-12/10).
2. Die beanstandungslose Annahme einer zunächst mit der falschen Codenummer abgegebenen
Zollanmeldung durch die Zollbehörden stellt keinen Irrtum i.S. des Art. 220 ZK dar.
Schlagworte:
Anmeldung, Behinderung, Code, EG, Einfuhr, Einfuhrumsatzsteuer, Einordnung, Einreihung, Elektromobil,
E-Mobil, EU, Fehler, Irrtum, Körperbehinderung, Kraftfahrzeug, Schwerbehinderung, Tarifierung, Zoll,
Zollanmeldung, Zollkodex, Zolltarifierung
Fundstelle:
BeckRS 2015, 94595
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
1
I. Streitig ist, ob die von der Klägerin eingeführten Elektromobile zollfrei oder in eine abgabenpflichtige
Zolltarifposition einzureihen sind.
2
Die Klägerin führte im Zeitraum vom 9. Januar bis zum 25. April 2006 Elektromobile, Typ A ein. Dabei
handelt es sich um ein batteriebetriebenes Elektromobil mit einer Breite von ca. 640 mm, einer Länge von
ca. 1.300 mm und einer Höhe (Kopfstütze in unterster Position) von ca. 1.210 mm. Das Gesamtgewicht
beträgt ca. 93 kg, die Höchstgeschwindigkeit 6 km/h und die maximale Reichweite 40 km. Das Elektromobil
verfügt über zwei Radsätze, zwei Außenspiegel, Stoßstangen hinten und vorne, Front- und Rücklicht,
Fahrrichtungsanzeiger und einen Gepäckkorb. Es hat eine bewegliche Lenksäule, mit der es gesteuert
werden kann und an der verschiedene Bedienelemente (Batteriestands- und Statusanzeige, Zündschloss,
Fahrhebel, Lichtschalter, Geschwindigkeitsregler, Hupe, Fahrtrichtungsanzeiger, Ladebuchse, 2-stufiger
Geschwindigkeitsknopf) angebracht sind.
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Mit e-mail vom 30. Januar 2006 gab die Oberfinanzdirektion B – Zoll-Servicecenter C der Klägerin die
Auskunft, dass die Ware in die Codenummer 8713 90 00 00 0 der Kombinierten Nomenklatur (KN) mit
Drittlandszollsatz frei einzureihen sei.
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Nach einer Außenprüfung betreffend u. a. die Einfuhrabgaben im Prüfungszeitraum vom 1. März 2005 bis
zum 31. März 2008 kam das Hauptzollamt D zu dem Ergebnis, dass die von der Klägerin eingeführten
Elektromobile in die Unterposition 8703 1018 00 0 KN (Zollsatz 10 %) einzureihen seien (vgl. Tz. 3.3.1 und
Anlage 10 des Prüfungsberichts vom 12. Dezember 2008).
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Im Nachgang zu dieser Außenprüfung setzte das Hauptzollamt E (HZA) mit Einfuhrabgabenbescheid vom
5. Januar 2009 gegen die Klägerin Einfuhrabgaben i. H. v. insgesamt 23.067,49 € (13.377,97 € Zoll und
9.689,52 € Einfuhrumsatzsteuer) fest. Davon beziehen sich die Positionen 1 bis 6 auf die hier zu
beurteilende Einreihung der Elektromobile (9.334,37 € Zoll und 9.689,52 € Einfuhrumsatzsteuer).
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Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 14. Januar 2009 Einspruch ein, den das HZA mit
Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2011 zurückwies.
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Ihre Klage begründet die Klägerin im Wesentlichen folgendermaßen: Die Erläuterungen zu den Positionen
8703 und 8713 KN würden deutlich zeigen, dass es für die Eingruppierung in eine bestimmte Position
darauf ankomme, zu welchen Zwecken das zu beurteilende Fortbewegungsmittel eingesetzt werden solle.
Während die Position 8703 KN bereits von der Bezeichnung her die reine Beförderung von Personen bzw.
Gütern in den Vordergrund stelle, würden die unter Position 8713 KN fallenden Gegenstände nur deshalb
genutzt, weil sie zusätzlich medizinisch notwendige Anforderungen erfüllen würden. Im Fall des A stehe
eindeutig der medizinische Aspekt im Vordergrund, so dass es in die Position 8713 KN eingereiht werden
müsse. Auch die technischen Daten und die Auflagen zum Vertrieb würden für diese Einreihung sprechen.
Das A sei ferner ein Medizinprodukt im Sinne des Gesetzes über Medizinprodukte (MPG). Weiterhin habe
ihr das Zoll-Servicecenter die Auskunft erteilt, dass die Ware in die Position 8713 KN einzugruppieren sei.
Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 22. Dezember 2010 (Rs. C-12/10) sei
ungeeignet, das von ihr dargelegte Korrekturbedürfnis zu verneinen. Das HZA berufe sich immer wieder auf
die als nachrangig anzusehenden Hilfsmittel, obwohl die objektiven Merkmale der Ware bei der Einreihung
vorrangig seien.
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Die Klägerin beantragt,
die Positionen 1 bis 6 des Einfuhrabgabenbescheids vom 5. Januar 2009 und die dazu ergangene
Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2011 aufzuheben.
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Das HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Bereits aus dem Titel der Positionen 8703 und 8713 KN ergebe sich, dass ihr Unterschied darauf beruhe,
dass die erste Transportmittel für Personen allgemein abdecke, während die zweite spezifisch auf
Transportmittel für Behinderte Anwendung finde. Das A verfüge über keinerlei spezielle Sicherungen für
behinderte Personen wie z. B. Fußstützen, Sitzgurt oder andere Besonderheiten. Weil es lediglich auf
flachen Straßen eingesetzt werden könne, diene es nur dem Transport von Personen von A nach B. Gerade
bei einer behinderten Person, die auf einen Rollstuhl etc. angewiesen sei, um die Behinderung zu
bewältigen, sei es jedoch Voraussetzung, dass sie diesen überall im täglichen Leben verwenden könne.
Fahrzeuge, die in die Position 8713 einzureihen seien, würden sich gerade dadurch auszeichnen, dass sie
der behinderten Person ermöglichen, am gesamten täglichen Leben teilzunehmen. Die Einklassifizierung
des A als Medizinprodukt ändere an den Vorschriften für die Einreihung in den Zolltarif nichts. Die Auskunft
des Zoll-Service-centers sei unverbindlich gewesen. Außerdem sei es die Pflicht der Klägerin gewesen, sich
im Amtsblatt über die von ihr einzuführende Ware zu informieren. Diesem hätte sie bereits vor den von ihr
getätigten Einfuhren die Erläuterungen zur Position 8713 KN entnehmen können. Das EuGH-Urteil in der
Rs. C-12/10 erfasse genau die von der Klägerin eingeführten Waren. Entgegen der Auffassung der Klägerin
habe es bei der Einreihung auf die objektiven Merkmale der Ware abgestellt.
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Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akten,
die im Verfahren eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und die Niederschrift über die mündliche
Verhandlung hingewiesen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Klage ist nicht begründet.
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Das HZA hat zu Recht mit den Positionen 1 bis 6 des Einfuhrabgabenbescheids vom 5. Januar 2009
Einfuhrabgaben i. H v. insgesamt 19.023,89 € (9.334,37 € Zoll und 9.689,52 € Einfuhrumsatzsteuer) gem.
Art. 220 Abs. 1 des Zollkodex in der hier maßgeblichen Fassung (ZK) gegen die Klägerin festgesetzt.
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1. Mit der Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr ist die Zollschuld gem. Art. 201 Abs. 1
Buchst. a, Abs. 2 ZK und die Einfuhrumsatzsteuerschuld gem. §§ 13 Abs. 2, 21 Abs. 2 des
Umsatzsteuergesetzes in der hier maßgeblichen Fassung (UStG) i. V. m. Art. 201 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2
ZK entstanden. Diesbezüglich ist die Klägerin als Anmelderin Zollschuldnerin gem. Art. 201 Abs. 3
Unterabs. 1 Satz 1 ZK und Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer gem. §§ § 13a Abs. 2, 21 Abs. 2 UStG i. V.
m. Art. 201 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 1 ZK.
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Das HZA hat den Zoll bei der Einfuhr zunächst nicht in der richtigen Höhe festgesetzt, weil die hier zu
beurteilenden Elektromobile ursprünglich falsch eingereiht und daher die anfallenden Einfuhrabgaben mit
einem zu niedrigen Betrag erfasst worden sind.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs (BFH) ist das entscheidende
Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und
Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen sowie in den
Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (EuGH-Urteil
vom 13. Juli 2006 Rs. C-514/04, Slg. 2006 I-6721; BFH-Urteile vom 4. November 2003 VII R 58/02, BFH/NV
2004, 454, und vom 30. Juli 2003 VII R 40/01, BFH/NV 2004, 835; vgl. auch Allgemeine Vorschriften - AV 1 und 6 für die Auslegung der KN). Darüber hinaus sind die Erläuterungen zum Harmonisierten System
(HS) und zur KN ein maßgebendes, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der
einzelnen Tarifpositionen (ständige Rechtsprechung des EuGH und des BFH; EuGH-Urteil vom 13. Juli
2006, Rs. C-514/04, a.a.O.; BFH-Urteil vom 4. November 2003 VII R 58/02, a. a. O.). Erst dann, wenn nach
dem Wortlaut zwei oder mehr Positionen für die zolltarifliche Einreihung in Betracht kommen, ist gem. AV 3
Buchst. a die Position mit der genaueren Warenbezeichnung vorrangig.
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Die von der Klägerin eingeführten (vollständigen) Elektromobile sind in die Unterposition 8703 1018 00 0 KN
(Zollsatz 10,0 %) einzureihen.
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Die Position 8703 KN erfasst nach ihrem Wortlaut „Personenkraftwagen und andere Kraftfahrzeuge, ihrer
Beschaffenheit nach hauptsächlich zur Personenbeförderung bestimmt (ausgenommen solche der Position
8702), einschließlich Kombinationskraftwagen und Rennwagen“. Unter die Unterposition 8703 10 KN fallen
„Schneespezialfahrzeuge (einschließlich Motorschlitten); Spezialfahrzeuge zur Personenbeförderung auf
Golfplätzen sowie ähnliche Fahrzeuge“. Weiterhin wird zwischen „Schneespezialfahrzeugen (einschließlich
Motorschlitten), mit Kolbenverbrennungsmotor“ (Unterposition 8703 1011 00 0) und „anderen“
(Unterposition 8703 1018 00 0) unterschieden.
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Die Elektromobile sind nach ihrer Beschaffenheit hauptsächlich dazu bestimmt, Personen von einem Ort
zum anderen zu befördern. Die Ware verfügt über zwei Radsätze, zwei Außenspiegel, Stoßstangen hinten
und vorne, Front- und Rücklicht, Fahrrichtungsanzeiger und eine bewegliche Lenksäule, mit der sie
gesteuert werden kann und an der verschiedene Bedienelemente (Batteriestands- und Statusanzeige,
Zündschloss, Fahrhebel, Lichtschalter, Geschwindigkeitsregler, Hupe, Fahrtrichtungsanzeiger, Ladebuchse,
2-stufiger Geschwindigkeitsknopf) angebracht sind. Somit wird einer Person ermöglicht, sich im
Straßenverkehr mit dem Elektromobil örtlich zu verändern.
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Der an der Lenksäule angebrachte Drahtkorb ermöglicht zwar das Einladen von geringem Gepäck, hat aber
gegenüber der Beförderung der Person eine lediglich untergeordnete Bedeutung.
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Die Elektromobile können dagegen nicht wie von der Klägerin beantragt unter die Position 8713 KN als
„Rollstühle und andere Fahrzeuge für Behinderte, auch mit Motor oder anderer Vorrichtung zur
mechanischen Fortbewegung“ und dort in die Unterposition 8713 9000 00 0 KN als „andere“ als Rollstühle
und andere Fahrzeuge für Behinderte ohne Vorrichtung zur mechanischen Fortbewegung (vgl.
Unterposition 8713 1000 00 0 KN) eingereiht werden.
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Die objektive Beschaffenheit des Elektromobils spricht nicht dafür, dass es in erster Linie oder speziell für
die Beförderung behinderter Personen verwendet werden kann. Es ist zwar möglich, dass die Elektromobile
auch von gehbehinderten Personen genutzt werden. Allerdings kommt eine Nutzung durch Personen, deren
Fortbewegungsmöglichkeit aufgrund von Alter oder Krankheit beeinträchtigt ist, genauso in Betracht. Auch
eine Nutzung für andere Zwecke, z. B. als Fortbewegungsmittel auf Messen, Flughäfen o. ä. ist vorstellbar.
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Die Ware verfügt nicht über bestimmte Merkmale zur Bewältigung der Behinderung wie z. B. Fußstützen
oder speziellen Bedienelementen, die eine einfache Bedienung ermöglichen wie z. B. Joystick. Weiterhin
befinden sich sämtliche Bedienelemente an der Lenksäule und nicht an den Armlehnen, so dass sie für
behinderte Menschen einfach zu erreichen wären (vgl. Erl. 01.0 ff. zu Unterposition 8713 9000 KN).
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Für eine Einreihung der Waren in die Unterposition 8703 1018 00 0 KN sprechen weiterhin Rz. 01.0 ff. des
Avise zu Unterposition 8703 10 HS und Rz. 01.0 ff., insbesondere Rz. 06.0 zu Unterposition 8713 9000 KN.
Danach werden so genannte mobility scooter mit einer separaten beweglichen Lenksäule ausdrücklich der
Position 8703 KN zugewiesen.
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Weiterhin ist auch dem EuGH-Urteil vom 22. Dezember 2010 Rs. C-12/10 (Slg. 2010, I-14173) zu
entnehmen, dass Elektromobile mit einer separaten beweglichen Lenksäule als Beförderungsmittel für
Personen i. S. d. Position 8703 KN und nicht als Fahrzeuge für behinderte Menschen i. S. d. Position 8713
KN anzusehen sind. Der EuGH hat in seiner Entscheidung auch darauf hingewiesen, dass allein der
Umstand, dass diese Elektromobile gegebenenfalls von Behinderten verwendet oder auch an die
Verwendung durch diese angepasst werden könnten, für die Tarifierung solcher Fahrzeuge unbeachtlich
sei. Diese Entscheidung ist auch auf die hier zu beurteilenden Waren übertragbar, weil der EuGH über
verschiedene Elektromobile mit einer Höchstgeschwindigkeit von 6 bis 15 km/h zu entscheiden gehabt hat.
Entgegen der Auffassung der Klägerin (vgl. Schriftsatz vom 7. September 2011) hat der EuGH nicht über
ein Elektromobil mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 15 km/h entschieden, sondern über
verschiedene Modelle (vgl. auch Vorlagebeschluss des Finanzgerichts Düsseldorf vom 28. Dezember 2009
4 K 2025/09 Z, EU, ZfZ Beilage 2010, Nr. 2, 21).
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Schließlich sind vergleichbare Elektromobile mit herunterklappbarer Lenksäule mit der Verordnung (EG) Nr.
718/2009 der Kommission vom 4. August 2009 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte
Nomenklatur (ABl. (EU) Nr. L 205/7 vom 7. August 2009) ebenfalls in die Unterposition 8703 1018 KN
eingereiht worden. Einreihungsverordnungen der Kommission dürfen zwar grundsätzlich nicht analog bei
der Einreihung von Waren angewendet werden, die – wie im vorliegenden Fall – vor ihrem Inkrafttreten
eingeführt worden sind. Sofern sie jedoch wie im Regelfall lediglich zur Klarstellung der Rechtslage zum
Zweck der einheitlichen Anwendung der KN und nicht zur Änderung des bestehenden Rechts ergehen,
bestehen keine Bedenken, solche Verordnungen als Indiz zur Bestätigung tariflicher Einreihungen
heranzuziehen, sofern die Warenbeschreibung in ihren wesentlichen Punkten mit derjenigen der
einzureihenden Ware übereinstimmt (BFH-Urteil vom 12. April 2011 VII R 20/07, BFHE 233, 561).
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Im vorliegenden Fall hat die Einreihungsverordnung lediglich der Klarstellung der Rechtslage gedient, weil
die oben dargestellten Erläuterungen bereits zum Zeitpunkt der Einfuhren der Klägerin klargestellt haben,
dass Elektromobile mit separater beweglicher Lenksäule in Position 8703 KN einzureihen sind.
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Es kommt nicht mehr darauf an, wie der Begriff der Behinderung zu definieren ist oder ob die Waren als
Medizinprodukte im Sinne des MPG anzusehen sind.
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2. Der nachträglichen buchmäßigen Erfassung gem. Art. 220 Abs. 1 Satz 1 ZK und der Mitteilung darüber
an die Klägerin als Zollschuldnerin gem. Art. 221 Abs. 1 ZK steht nicht die Vorschrift des Art. 220 Abs. 2
Buchst. b ZK entgegen. Demnach erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn der gesetzlich
geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist,
sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig
gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat. Diese Vorschrift regelt
den Vertrauensschutz abschließend (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 24. April 2001 VII R 114/99,
BFHE 195, 466).
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Im vorliegenden Fall ergibt sich kein Irrtum der Zollbehörden daraus, dass ihr das Zoll-Servicecenter C die
Auskunft erteilt hat, dass die Ware in die Position 8713 KN einzureihen sei, weil diese Auskunft im
Gegensatz zu einer verbindlichen Zolltarifauskunft nicht bindend gewesen ist (vgl. auch Ziffer 1.1.2 Buchst.
B erster Punkt des Informationspapiers über die Anwendung der Art. 220 Buchst. b und 239 des Zollkodex
der Gemeinschaften – ZK-Informationspapier).
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Auch die Annahme der zunächst mit der falschen Codenummer abgegebenen Zollanmeldung durch die
Zollbehörden stellt keinen Irrtum dar, weil es sich bei der anstandslosen Annahme einer fehlerhaften
Zollanmeldung nicht um einen Irrtum i. S. d. Art. 220 ZK handelt (vgl. Ziffer 1.1.2. Buchst. B vierter Punkt
ZK-Informationspapier). Dass vor der Annahme der Zollanmeldung eine Beschau durchgeführt worden ist,
ist nicht ersichtlich.
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Jedenfalls hätte die Klägerin einen eventuellen Irrtum der Zollbehörden auch vernünftigerweise erkennen
können.
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Gem. Ziffer 1.2.1. ZK-Informationspapier sind bei der Beurteilung, ob der Irrtum der Zollbehörden von einem
in gutem Glauben handelnden Zollschuldner vernünftigerweise erkannt werden konnte, sind insbesondere
die Art des Irrtums sowie die Erfahrung und die Sorgfalt des Zollschuldners zu berücksichtigen, wobei alle
Umstände des jeweiligen Falles zu prüfen sind.
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Im vorliegenden Fall ist ausschlaggebend, dass die Klägerin die korrekte Einreihung der Elektromobile aus
der im Amtsblatt veröffentlichten Nomenklatur und den Erläuterungen hätte entnehmen können, weshalb die
hier anzuwendenden Vorschriften als nicht komplex anzusehen sind (vgl. auch Ziffer 1.2.2. sechster Punkt
und Ziffer 1.2.5.1 ZK-Informations-papier).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.

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