Konkrete Standards Service- und Security

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Konkrete Standards Service- und Security
Hotel
Konkrete Standards
Service- und Security-Konzept für Hotels
Bardo Fügen
Die politische Weltlage und mit ihr
auch das allgemeine Bedrohungsbild haben sich nach den Anschlägen des 11. September 2001 verändert. Speziell die Hotelsicherheit
ist in das Fadenkreuz gerückt und
muss nach den Anschlägen von
Jakarta, Mombasa, Moskau und
den Ferienorten an der spanischen
Ostküste neu definiert werden.
Unmittelbar nach den Anschlägen entschied sich das ArabellaSheraton Hotel
Management zu einer einmaligen Aktion
in der Hotellerie. In allen Hotels fanden
zweitägige Veranstaltungen statt, aufgegliedert in Begehungen durch das gesamte Haus und Workshops mit allen
Führungskräften. Bei den Begehungen
handelte es sich um eine Bestandserfassung mit eingebundener Wirkungsprüfung vorhandener Security-Einrichtungen
und -Systemen. Die Workshops sollten
die erforderliche Fachkunde vermitteln,
das Bewusstsein und die Wahrnehmungsfähigkeit schärfen und die aktuellen Bedürfnisse erfassen, um in einer späteren
Zusammenfassung aller wichtigen Gesichtspunkte die so genannten ArabellaSheraton Security Standards festzulegen.
Die Workshops zogen sich fast über das
gesamte Jahr 2002 hin und wurden von
dem externen, hotelerfahrenen Berater
Hermann Feuerlein, ISMB, durchgeführt.
Die Organisation übernahm die Zentrale
Personalabteilung des Hotelmanagements, gesteuert wurde die Aktion von der
Zentralen Unternehmenssicherheit der
Schörghuber Unternehmensgruppe.
Der Gast im Mittelpunkt
Im Zentrum aller Überlegungen und Anstrengungen zur Hotel-Security steht der
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Gast. Er legt Wert auf freundlichen Empfang, kompetente Betreuung und einen
angenehmen Aufenthalt. Das bedeutet
auch, dass ein Hotel von einer ausgeprägten Serviceorientierung lebt und diese gilt
es, in dem von Feuerlein entwickelten
„Service- und Security-Konzept“ zu integrieren.
Im Rahmen der Objektsicherheit ist die
einheitliche Vorgehensweise wichtig. Bei
der in allen Hotels angewandten „Zwiebelschalen-Taktik“ (von außen nach innen) wurde die Gesamtlage in definierte
Bereiche gegliedert und die notwendigen
Security-Anforderungen danach zugeordnet. Dies ist deshalb von besonderer Bedeutung, da die wenigsten Hotels über geschlossene Umfriedungen verfügen und
eine ungehinderte Annäherung möglich
ist.
Ansonsten ist jedes Hotel für sich gesehen ein Unikat und hat somit eine individuelle Bedrohungslage. Konkret gesagt
macht es einen großen Unterschied, ob es
sich um das Four Points Brauneck Hotel
in Lenggries handelt oder das ArabellaSheraton Grand Hotel im südafrikanischen Kapstadt. Die ArabellaSheraton
Security Standards stellen die Mindestanforderungen dar, die je nach Gefährdungslage umgesetzt werden müssen. Sie
sind in den folgenden Absätzen dargestellt.
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Je nach Standort
gibt es für die einzelnen ArabellaSheraton-Hotels
individuelle
Sicherheitskonzepte (v. l.):
Grand Hotel
München, Hotel
Seehof in Davos
und Grand Hotel
Cape Town in
Südafrika
(Fotos: Arabella
Sheraton Hotelmanagement
GmbH)
Zuständigkeiten regeln
Zunächst muss klipp und klar geregelt
sein, wer für die Security des Hotels zuständig und verantwortlich ist – und das
nicht im „Zurufverfahren“, sondern
schwarz auf weiß in einer Funktionsbeschreibung, die im Hotel bekannt ist.
Eine Einsetzung der Funktion „Security
Manager“ hängt von der Größe des Hotels ab. Denkbar sind auch regionale Lösungen (Zusammenlegung mehrerer Hotels) oder in Personalunion der stellvertretende Hoteldirektor, Front Office Manager oder Technischer Leiter.
Die verantwortliche Person kann ihren
Auftrag nicht alleine ausführen. Sheraton spricht in diesem Zusammenhang
von einem „Emergency Response
Team“, Schörghuber vom „Kernteam“.
Wichtig ist dabei, die Mitglieder verbindlich festzulegen, die Aufgabenstellung zu definieren, einschließlich Meetings, Reporting, Erarbeitung von
Grundlagen, Checklisten und Einweisungen für Mitarbeiter. Die Zusammensetzung der Teams hängt organisatorisch
und personell wieder von der Größe des
Hotels ab. Überschneidungen mit Abteilungsleitertreffen oder Arbeitssicherheitsausschuss sind denkbar. Wichtig ist
aber, dass Entscheidungsträger anwesend sind und Protokolle geführt werden.
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In dem Regelwerk eines „Alarmierungsund Gefahrabwehrplanes“ muss festgelegt werden,
앫 welche Gefahren oder Bedrohungsarten
es für das Hotel gibt,
앫 welche Sofortmaßnahmen bis zum Eintreffen von Experten zu ergreifen sind,
앫 welches Reporting intern und extern ablaufen muss,
앫 was getan und unterlassen werden muss.
Ständige Erreichbarkeit
Dazu gehört selbstverständlich eine Auflistung der wichtigsten Telefonnummern,
mit Privat- und Handy-Erreichbarkeit.
Diese Liste gilt es, alle sechs Monate zu
aktualisieren. Dieses einsatztaktische
Hilfsmittel ist von elementarer Bedeutung
und kann nur von Profis erstellt werden.
Es muss jede Bedrohungsart für das Hotel
definiert und das danach ablaufende Szenario durchdacht werden. Beispielhaft sei
neben der Bedrohung auch der Brand oder
die Brandstiftung, Erpressung, der Raub
und Überfall, der Unfall, Todesfall oder
Mord bis zur einfachen Diebstahlserie genannt.
Die Kommunikation in technischer und
organisatorischer Art muss festgelegt
sein. Die Zuständigkeiten im Hotel müssen geklärt und die ständige technische
Erreichbarkeit sichergestellt sein. Banale
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Hotel
Äußerungen wie „nicht erreichbar“ weil
„kein Netz“, „keine Funkverbindung,
„Akku leer“ oder „ganze Zeit belegt“ dürfen nicht zugelassen werden.
Zugangssteuerung und
Dienstleister
Über die bereits angesprochene Zwiebelschalentaktik wird das gesamte Anwesen
in definierte Bereiche gegliedert. Zur Professionalisierung der Zufahrts- und Zugangssteuerung gehört die Festlegung,
was ist „Back of the house“ und was sind
darüber hinaus besonders zu schützende
Bereiche wie Energie-, IT-Räume oder
Lagerräume. Intern muss geregelt werden, welcher Mitarbeiter wo Zugang hat
und dass das Karten- und SchlüsselManagement „up to date“ ist.
Der Punkt „Auswahl Dienstleister“ füllt
mittlerweile Akten und Seminarräume. In
der Hotelbranche führt aufgrund des Kostendrucks auch kaum ein Weg daran vorbei. ArabellaSheraton hat dabei in den
vergangenen Jahren gute Erfahrungen gemacht, speziell bei der Sicherheitsdienstleistung. Nur eines ist klar: Eine solche
Ausschreibung muss professionell aufgebaut und ausgewertet sein – definierte
Kriterien, fachliche Anforderungen, sorgfältige Personalauswahl (nicht jeder Sicherheitsdienstleister passt in ein Hotel)
sind Mindestanforderungen. Bei einer reinen Kostendiskussion können nur alle
verlieren.
Mechanische und elektronische
Sicherheitstechnik
Bei der Sicherheitstechnik unterscheidet
man am besten in mechanische und elektronische Technik, um den Überblick
nicht zu verlieren. Bei der mechanischen
Technik geht es in erster Linie um die Türund Torsicherheit im Rahmen des Widerstandszeitwertes sowie um die Fluchttürorganisation. In den Hotels kommen bei
den Gästezimmern noch die Türverriegelungen, automatische Türschließer, Türspion und Mithörschutz dazu.
Mittlerweile verfügen alle größeren
Hotels über Videoüberwachungsanlagen,
teilweise in Verbindung mit moderner
Einbruchmeldetechnik. Ein Videoüberwachungssystem stellt in der Tat einen
Schwerpunkt in der Security-Technik eines Hotels dar, doch sie muss schutzbezogen sein. Aus vertraulichen Gründen werden an dieser Stelle keine Angaben zu den
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taktischen Voraussetzungen gemacht.
Diese Einteilung ist umfangreich und sensibel und bedarf daher der individuellen
Konzeption und Ausgestaltung.
Dass der Brandschutz am Ende erwähnt
wird, hat nichts mit seiner Bedeutung zu
tun, denn die ist absolut hoch. Allerdings
verlässt sich ArabellaSheraton bei diesem
Thema auf Fachleute, und das kann neben
der Brandschutzbehörde auch die zuständige Feuerwehr sein. Bei jedem Neubau
oder Umbau ist die Sprinkleranlage mittlerweile obligatorisch.
Maßnahmen bei
Veranstaltungen
Veranstaltungen können aufgrund der Zusammensetzung der Teilnehmer, der Thematik oder einfach ihrer Größe Gefahren
ausgesetzt sein. Deshalb muss organisiert
werden, dass der Sicherheitsverantwortliche davon Kenntnis erhält und gemeinsam mit dem Veranstalter die geeigneten
Maßnahmen ergreift. Dazu gehört nach
einer Beurteilung der Lage z. B.
앫 die Information der zuständigen Polizei
(VIPs), der Feuerwehr und des Rettungsdienstes,
앫 die Kontrolle der Zufahrt (Stauraum)
und des Zutritts (Ausweiskontrolle),
앫 die Kennzeichnung und Benutzbarkeit
der Flucht- und Rettungswege sowie
앫 konkrete Absprachen mit Sicherheitsdienstleistern.
Besondere Anforderungen an Arabella
Sheraton stellt das World Economic Forum (WEF), das alljährlich in Davos stattfindet und bei dem fast alle Staatsoberhäupter und Wirtschaftsbosse in unseren
Hotels wohnen. Ohne eine vertrauensvolle und kompetente Zusammenarbeit mit
den Polizeibehörden wären die Schutzziele niemals zu erreichen.
Räumung des Gebäudes
Ganz zum Schluss darf die Evakuierung
nicht fehlen. Auch wenn diese Übungen
verständlicherweise keinen Spaß machen
und unangenehm sind, sie sollten unbedingt einmal jährlich stattfinden. Im
Nachhinein ist es immer wieder erstaunlich, wie viele Erkenntnisse bei professioneller Auswertung dabei gewonnen werden. Dazu gehört auch die Notwendigkeit
einer gebäudeabhängigen Lautsprecheranlage und die Mitbenutzung des TV-Gerätes in den Gästezimmern als zusätzliches Informationsmodul.
Die Maßnahmen zur Vorbereitung auf
eine eingehende Bombendrohung werden
an dieser Stelle nur der Vollständigkeit
halber erwähnt. Sie unterscheiden sich
nicht gravierend von denen, die aus der
Betrieblichen Katastrophenschutzorganisation und dem Alarmierungs- und Gefahrenabwehrplan bekannt sind:
앫 Vordrucke zur sicheren Aufnahme,
앫 Sprachaufzeichnungsgerät,
앫 Alarmplan,
앫 spezielle Objektschutzmaßnahmen,
앫 Absperrmaßnahmen,
앫 Verkehrsregelung,
앫 Durchsuchungspläne für Gebäude und
Räume,
앫 Räumungspläne.
Fazit
Hotel-Security muss ganz spezifischen
Anforderungen genügen und darf kein
Buch mit sieben Siegeln sein. Zwischen
den Erwartungen des Gastes und dem
Leistungsangebot des Hotels sollen keine
Unterschiede liegen. Ein Gast erwartet Sicherheit und erhält ein gutes Sicherheitsgefühl unter Wahrung der Privatsphäre
und unter keinerlei Einschränkung der
Bewegungsfreiheit. Dass diese Maßnahmen im Vergleich zum sonstigen Objektschutz kreativer sein müssen, ist klar. Das
verbreitete Burgdenken in dieser Branche
hilft niemandem. Wertvolle Informationen und Hinweise erhält man auch von
speziellen Hotelsicherheitsinformationsdiensten.
Neben den beschriebenen Vorteilen eines umfassenden Sicherheitskonzeptes
hat dieses auch einen weiteren Vorteil. Es
ist bekannt, dass ausländische Geschäftsreisende von ihren Firmen Auflagen erhalten, sich nur in Hotels mit ausreichender Sicherheit einzuquartieren. In Zeiten
wie diesen wird somit die Hotel-Security
immer mehr zu einem nicht zu unterschätzenden Marketingfaktor.
Bardo Fügen ist Leiter der Zentralen
Unternehmenssicherheit in der
Schörghuber Unternehmensgruppe.
Schörghuber Stiftung & Co. Holding KG
E-Mail: ba.fuegen@
schoerghuber-unternehmensgruppe.de
www.schoerghuber-unternehmensgruppe.de
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