emmer Juristisches Repetitorium Strafrecht
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- Erlangen - Bayreuth - Regensburg - München - Passau - Augsburg Juristisches Repetitorium Würzburg Frankfurt/M. - Bochum - Konstanz - Heidelberg - Freiburg - Mainz - Berlin - Bonn - Göttingen - Tübingen - Münster - Hamburg - Osnabrück - Gießen - Potsdam emmer Köln Hannover - Kiel - Dresden - Marburg - Trier - Jena - Leipzig - Saarbrücken Bremen - Halle - Rostock - Greifswald - Frankfurt/O. - Bielefeld - Mannheim - Düsseldorf Strafrecht Fall 11 - Lösung - Seite 1 Lösung Fall 11: ÜBERSICHT FALL 11 IX. Diebstahl durch Bezahlen des billigeren Preises bzgl. der Flasche Campari, § 242 I 1. TK: Die Vorgänge im Supermarkt (-), Flasche Campari (irrtumsbedingt) übereignet; Rückwirkungsfiktion des § 142 I BGB im StrafR (-) Strafbarkeit des M I. Hausfriedensbruch, § 123 I X. (-), TB-ausschl. Einverständnis II. Diebstahl § 242 I der Pralinen durch (+): Einstecken, Wegnahme (+): Kassiererin ohne generellen Verf.willen bzgl. Kartoninhalt, sondern nur bzgl. der Waren, deren Preis dem Kunden berechnet wird, also kein tb-ausschließendes Einverständnis Ö § 263 I (-), der wg. Abgrenzung zu § 242 beim sog. Sachbetrug Verf.bewusstsein fordert III. Urkundenunterdrückung durch Entfernen des Preisetiketts, § 274 I Nr.1 Nachteilszufügungsabs. (-); Verwendungsabsicht nicht mit Nachteilszufügungsabs. gleichzusetzen: keine "Entetikettierungsabs." i.S.e. "Beweisführungsvereitelungsabs." XII. Konkurrenzen IV. Urkundenunterdrückung durch Überkleben des teureren Preises, § 274 I Nr.1 (+) Urkundenfälschung durch billigeren Preises, § 267 I Anbringen des Ö Nach h.M. aufgrund des einheitl. Lebensvorganges VerfälschungsTB (§ 267 I, 2.Alt.) (+) Ö Zwischenzeitliche UK-Unterdrückung = Mittel zur Verfälschung Ö als notw. Begleittat von § 267 I, 2.Alt. verdrängt. Ö Vorzeigen an Kasse = “Gebrauchen” i.S.v. § 267 I, 3.Alt.; Bestrafung nur wegen einer UK-Fälschung. VI. Sachbeschädigung durch teureren Preises, § 303 I (+) Überkleben des VII. Urkundenfälschung durch Einfüllen der Backmischung in den Karton. § 267 I, 2.Alt. (-) keine zusammengesetzte UK, Verbindung zum Inhalt des Kartons (-) Dreiecksbetrug XI. § 242 I durch Verbringen der Backmischung aus dem Kassenbereich (+): Manteltasche = Gewahrsamsenklave V. Betrug an der Kasse durch Bezahlen des billigeren Preises, § 263 I da §§ 267 I, 2.Alt., 263 I, 242 I, 52 2. TK: Die Entwendung der Weinflaschen Strafbarkeit des M I. § 263 I gegenüber F zum Nachteil der F (-), F war nur mit Gewahrsamslockerung einverstanden Ö keine unmittelbar vermögensmindernde Handlung der F, Vermögensverfügung (-) II. § 242 I bzgl. der Weinflaschen (+) 3. TK: Die Vorgänge nach seiner Rückkehr in den Supermarkt feste Strafbarkeit des M VIII. Diebstahl der Backmischung Verstecken im Karton, § 242 I durch § 263 I hinsichtlich der zugefügten Äpfel (+) (-), kein neuer Gewahrsam begründet, da jederzeitige Zugriffsmöglichkeit des bisherigen Gewahrsamsinhabers h/w – Dr. Ronneberg/ Dr. Berberich 04/2007 - Erlangen - Bayreuth - Regensburg - München - Passau - Augsburg Juristisches Repetitorium Würzburg Frankfurt/M. - Bochum - Konstanz - Heidelberg - Freiburg - Mainz - Berlin - Bonn - Göttingen - Tübingen - Münster - Hamburg - Osnabrück - Gießen - Potsdam emmer Köln Hannover - Kiel - Dresden - Marburg - Trier - Jena - Leipzig - Saarbrücken Bremen - Halle - Rostock - Greifswald - Frankfurt/O. - Bielefeld - Mannheim - Düsseldorf Strafrecht Fall 11 - Lösung - Seite 2 Tatkomplex 1: Die Vorgänge im Supermarkt Dagegen hindert nach h.M. eine zufällige oder planmäßige Beobachtung des Geschehens die Vollendung der Wegnahme nicht, da dennoch der bisherige Gewahrsamsinhaber nicht mehr ohne weiteres auf die Sache Zugriff nehmen kann. Er muss sich nämlich entweder staatlicher Hilfe bedienen oder muss sich auf einen RFG berufen.3 Strafbarkeit des M I. Hausfriedensbruch, § 123 I 1. Da die betretenen Geschäftsräume dem allgemeinen Publikumsverkehr offen standen, fehlt es am Betreten gegen oder ohne den Willen des Berechtigten und damit am „eindringen“, da ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vorliegt. Dies greift auch dann ein, wenn der Täter - nicht ersichtlich - deliktische Zwecke verfolgt (vgl. hierzu ausführlich Fall 9). Das Standardargument, dass „Diebstahl keine heimliche Begehung erfordere“ müssen Sie zwar auch vorbringen, ist genau betrachtet aber wenig überzeugend, da dies ja von der MM auch gar nicht behauptet wird. Die Beobachtung gibt dem Opfer nur die Möglichkeit, bereits entzogenen Gewahrsam wiederzuerlangen.4 M hat die Pralinen daher weggenommen. 2. Ergebnis: M ist nicht des Hausfriedensbruchs schuldig. II. Diebstahl § 242 I 1. der Pralinen durch 2. Dies tat er vorsätzlich und in der Absicht sich die Sache zuzueignen. Die erstrebte Zueignung war auch objektiv rechtswidrig und M hatte diesbezüglich Vorsatz. Einstecken, Objektiver Tatbestand Die Pralinen sind für M eine fremde, bewegliche Sache. Diese müsste er weggenommen haben. Unter Wegnahme versteht man den Bruch fremden Gewahrsams und die Begründung neuen, nicht notwendigerweise tätereigenen Gewahrsams. Jedenfalls der Geschäftsführer des Supermarktes hat Gewahrsam an den Pralinen. Mit dem Einstecken könnte M dessen Gewahrsam gebrochen und neuen – hier eigenen - Gewahrsam begründet haben. 3. Er handelte auch rechtswidrig und schuldhaft. 4. Ergebnis: M ist daher des Diebstahls schuldig. 5. Strafantragserfordernis gem. § 248a Da es sich um eine geringwertige Sache handelt, könnte nach § 248 a ein Strafantrag erforderlich sein. Allerdings können die Strafverfolgungsbehörden auch ohne Strafantrag einschreiten, wenn ein besonderes Strafverfolgungsinteresse besteht. Nach der herrschenden Apprehensionstheorie ist bereits in dem Moment neuer Gewahrsam begründet, wenn unauffällige, leicht fortzuschaffende Gegenstände z.B. in die eigene Kleidung gesteckt werden.1 Letzteres ist anzunehmen aus spezialpräventiven Gründen z.B. bei Rückfall, gewerbsmäßigem Diebstahl oder besonderer Berührung von Allgemeininteressen und somit aus generalpräventiven Gründen,5 was bei einem bloßen Ladendiebstahl zu verneinen sein wird. Die Kleidung stellt eine eigene Gewahrsamssphäre dar und bildet eine sog. Gewahrsamsenklave. Anmerkung: Dies ist unstrittig. Problematischer wird es beim beobachteten Diebstahl. Nach h.M. setzt nämlich Gewahrsam ein Herrschaftsverhältnis voraus, kraft dessen der Einwirkung auf die Sache keine Hindernisse mehr entgegenstehen. Beim beobachteten Diebstahl im Selbstbedienungsladen sei dies nach einer MM nicht der Fall.2 1 2 Subjektiver Tatbestand Wessels, BT 2, Rn 113. Sch/Sch, § 242, Rn 40. III. Urkundenunterdrückung durch Entfernen des Preisetiketts, § 274 I Nr.1 1. Objektiver Tatbestand a) Das Preisetikett müsste eine Urkunde darstellen. 3 OLG Düsseldorf, NJW 1988, S. 1335 f.. BGHSt 16, 271, 273 f.. Vgl. T/F, § 248a, Rn 7. 4 5 h/w – Dr. Ronneberg/ Dr. Berberich 04/2007 - Erlangen - Bayreuth - Regensburg - München - Passau - Augsburg Juristisches Repetitorium Würzburg Frankfurt/M. - Bochum - Konstanz - Heidelberg - Freiburg - Mainz - Berlin - Bonn - Göttingen - Tübingen - Münster - Hamburg - Osnabrück - Gießen - Potsdam emmer Köln Hannover - Kiel - Dresden - Marburg - Trier - Jena - Leipzig - Saarbrücken Bremen - Halle - Rostock - Greifswald - Frankfurt/O. - Bielefeld - Mannheim - Düsseldorf Strafrecht Fall 11 - Lösung - Seite 3 Darunter versteht man eine verkörperte Gedankenerklärung, die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist und die ihren Aussteller erkennen lässt (T/F, § 267 Rn. 2). Allerdings muss der Täter beabsichtigen, die Benutzung gerade des gedanklichen Inhalts in einer aktuellen Beweissituation zu vereiteln. Dem M ging es jedoch nur darum, das Etikett anderweitig zu verwenden. Hie könnte es sich bei der Verbindung aus Ware und Preisschild um eine zusammengesetzte Urkunde handeln. Eine solche liegt dann vor, wenn der Erklärungswert einer Gedankenerklärung mit dem Augenscheinsobjekt, auf den sich der Erklärungswert bezieht, mit diesem zu einer Beweiseinheit fest verbunden ist. Die Gedankenerklärung gibt den Preis der Ware wieder, wie er vom Inhaber des Unternehmens bestimmt wurde. Darauf richtet sich auch die Beweiseignung und Beweisbestimmung. Da das Preisschild auch unmittelbar an der Ware angebracht wurde, liegt auch die erforderliche feste Verbindung vor.6 Es lässt sich damit festhalten, dass das Preisetikett mit der Flasche eine zusammengesetzte Urkunde darstellt (vgl. ausführlich auch Fall 17). b) Die Urkunde darf dem Täter nicht oder nicht ausschließlich gehören. Dabei ist nicht die dingliche Rechtslage maßgeblich, sondern ob der Täter das Recht hat, die Urkunde zum Beweis im Rechtsverkehr zu gebrauchen (T/F, § 274 Rn. 2). Beweisführungsberechtigt ist bei einem Preisetikett jedenfalls der ausstellende Inhaber des Supermarkt. Damit "gehört" es dem Täter nicht. c) Als Tathandlung kommt das "Vernichten" in Betracht, das vorliegt, wenn die Urkundsqualität durch Beseitigung des gedanklichen Inhalts endet. Da die Ware jederzeit neu ausgezeichnet werden kann und auch M wohl davon ausging, dass sich ein fehlendes Preisetikett leicht ersetzen lässt, handelte er nicht mit einer "Entetikettierungsabsicht" im Sinne der Vereitelung des Beweisführungsrechts bezüglich dieser Flasche; diesbezüglich hatte er allenfalls bedingten Vorsatz. Es fehlte ihm mithin Nachteilszufügungsabsicht. 3. 6 Tatbestand a) Das überklebte Preisetikett in Verbindung mit der zugehörigen Flasche stellt eine zusammengesetzte Urkunde dar. b) Auch diese Urkunde gehörte nicht dem M. c) Durch das Überkleben wird ein Preisschild in der Regel als Beweismittel untauglich gemacht, sodass als Handlungsalternative das „Vernichten“ in Betracht kommt. Erforderlich für das Vernichten ist jedoch, dass die Urkundsqualität endet. Die zusammengesetzte Urkunde als solche besteht jedoch noch fort, da durch das neue Preisschild eine neue verkörperte Gedankenerklärung hinzugefügt wird. Daher kann die Beeinträchtigung der beweiserheblichen Substanz nur als "Beschädigen" eingestuft werden. c) M handelte vorsätzlich und mit Nachteilszufügungsabsicht, denn er war sich bewusst, dass mit dem Überkleben des alten Preisschildes mit jenem kein Beweis mehr zu erbringen war. 2. M handelte rechtswidrig und schuldhaft. 3. Ergebnis: M ist der Urkundenunterdrückung schuldig. Subjektiver Tatbestand Vgl. dazu den "Oberhemdenfall" des OLG Köln, NJW 1979, S. 729, 730. Ergebnis: M ist damit nicht der Urkundenunterdrückung (§ 274 I Nr.1) schuldig. 1. M hat die Urkunde daher vernichtet. M handelte vorsätzlich. Er müsste auch im Hinblick auf das Vernichten die erforderliche Nachteilszufügungsabsicht gehabt haben. Nach allgemeiner Meinung ist hierbei nicht Absicht im Sinne von dolus directus 1. Grades erforderlich, sondern es reicht das Bewusstsein, dass der Nachteil notwendige Folge der Tat ist, also dolus directus 2. Grades (T/F, § 274 Rn. 6). notwendige IV. Urkundenunterdrückung durch Überkleben des teureren Preises, § 274 I Nr.1 Durch Entfernen des Etiketts von seinem Bezugsobjekt wurde die zusammengesetzte Urkunde als Beweismittel untauglich, die Beweissubstanz ging verloren. 2. die h/w – Dr. Ronneberg/ Dr. Berberich 04/2007 - Erlangen - Bayreuth - Regensburg - München - Passau - Augsburg Juristisches Repetitorium Würzburg Frankfurt/M. - Bochum - Konstanz - Heidelberg - Freiburg - Mainz - Berlin - Bonn - Göttingen - Tübingen - Münster - Hamburg - Osnabrück - Gießen - Potsdam emmer Köln Hannover - Kiel - Dresden - Marburg - Trier - Jena - Leipzig - Saarbrücken Bremen - Halle - Rostock - Greifswald - Frankfurt/O. - Bielefeld - Mannheim - Düsseldorf Strafrecht Fall 11 - Lösung - Seite 4 V. Urkundenfälschung durch Anbringen billigeren Preises, § 267 I 2.Alt. 1. Objektiver Tatbestand a) Das Preisetikett und die Flasche stellen eine zusammengesetzte Urkunde dar. b) Fraglich ist jedoch, ob hier Handlungsalternative einschlägig ist. Damit hat verwirklicht. des c) die Bei natürlicher Betrachtungsweise sind die Einzelakte als einheitliche Tathandlung anzusehen, durch die der Verfälschungstatbestand verwirklicht werde, sodass die 2.Alt. einschlägig ist. Die zwischenzeitliche Urkundenunterdrückung (s.o. IV.) ist nur Mittel zur Verfälschung und wird damit als notwendige Begleittat von § 267 I 2.Alt. verdrängt.7 Anmerkung: Dies gilt auch in der oben angesprochenen Konstellation, dass der alte Preis nicht einfach überklebt, sondern erst entfernt wird. Allerdings beschränkt sich diese „lebensnahe Betrachtung“ auf zusammengesetzte Urkunden, bei denen ein Teil ausgetauscht wird. In einer umfänglichen Klausur wäre es auch vertretbar, sofort § 267 I 2.Alt. zu prüfen und dort am Anfang kurz klarzustellen, dass es sich „eigentlich“ um 1. § 274 und anschließend um § 267 I 1.Alt. handelt, dies aber eine lebensfremde Betrachtung wäre und daher von einem einheitlichen § 267 I 2.Alt. auszugehen ist. Da der Verfälschungstatbestand (2.Alt.) einen Spezialfall der 1.Alt. darstellt, genießt er diesem gegenüber damit gesetzeskonkurrierenden Vorrang. Soweit also im Verfälschen zugleich das Herstellen einer unechten Urkunde liegt, muss die 1.Alt. zurücktreten.8 den Verfälschungstatbestand M hat von dieser Urkunde durch Vorzeigen an der Kasse auch Gebrauch gemacht. Da M bereits zum Zeitpunkt des Verfälschens die konkrete Verwendungsabsicht hatte, wird er nur wegen einer Urkundenunterdrückung bestraft (vgl. zu den innertatbestandlichen Konkurrenzen ausführlich Fall 10). 2. Anmerkung: Die 1. Alternative könnte in Betracht kommen, wenn man davon ausgehen würde, dass in dem Überkleben des alten Preises zunächst eine Urkundenunterdrückung liegt, wobei die Urkundsqualität für einen kurzen Moment endet. Dies wird umso augenfälliger, wenn der alte Preis nicht einfach überklebt, sondern erst entfernt wird was hier allerdings nicht der Fall ist. Das Aufkleben des neuen Etiketts stellte dann genaugenommen die Herstellung einer unechten Urkunde (1.Alt.) dar. M 2. Subjektiver Tatbestand M handelte vorsätzlich und zur Täuschung im Rechtsverkehr, das heißt mit dem Willen, einen anderen über die Echtheit der Urkunde zu täuschen und damit zu einem rechtserheblichen Verhalten zu veranlassen. 3. M handelte auch rechtswidrig und schuldhaft. 4. Ergebnis: M ist der Urkundenfälschung (§ 267 I, 2.Alt.) schuldig. VI. Sachbeschädigung durch teureren Preises, § 303 I 1. Das Preisetikett der teureren Flasche ist eine fremde Sache. Eine Beschädigung liegt vor, weil es ohne Substanzbeeinträchtigung nicht wieder zum Vorschein gebracht werden kann. 2. M handelte schuldhaft. 3. Ergebnis: M ist der Sachbeschädigung schuldig. Beachten Sie § 303c. vorsätzlich, Überkleben rechtswidrig des und VII. Urkundenfälschung durch Hineinlegen der Backmischung in den Karton, § 267 I 2.Alt. 1. Objektiver Tatbestand M könnte eine echte Urkunde verfälscht haben. Der Inhalt des Kartons entsprach nach dem Hineinlegen der Backmischung nicht mehr dem Inhalt, der laut Außenseite des Kartons vorhanden sein sollte. Bei dem Karton mit der Aufschrift bzgl. des Inhaltes könnte es sich um eine zusammengesetzte Urkunde handeln. 7 8 Vgl. T/F, § 274, Rn 4. Lesenswert zu den Urkundsdelikten: Geppert, Jura 1988, S. 158 ff.. Eine zusammengesetzte Urkunde läge nur dann vor, wenn eine verkörperte Gedankenerklärung mit h/w – Dr. Ronneberg/ Dr. Berberich 04/2007 - Erlangen - Bayreuth - Regensburg - München - Passau - Augsburg Juristisches Repetitorium Würzburg Frankfurt/M. - Bochum - Konstanz - Heidelberg - Freiburg - Mainz - Berlin - Bonn - Göttingen - Tübingen - Münster - Hamburg - Osnabrück - Gießen - Potsdam emmer Köln Hannover - Kiel - Dresden - Marburg - Trier - Jena - Leipzig - Saarbrücken Bremen - Halle - Rostock - Greifswald - Frankfurt/O. - Bielefeld - Mannheim - Düsseldorf Strafrecht Fall 11 - Lösung - Seite 5 ihrem Bezugsobjekt räumlich fest zu einer Beweismitteleinheit verbunden ist, sodass beide zusammen einen einheitlichen Beweis- und Erklärungsinhalt in sich vereinigen.9 IX. Diebstahl durch Bezahlen des billigeren Preises bzgl. der Flasche Campari, § 242 I 1. Fraglich ist die Beweisbestimmung des Kartons. Unzweifelhaft besteht zwischen dem Karton und der Beschreibung des Inhaltes eine feste Verbindung. Dies reicht aber nicht aus, da sich die Beschreibung nicht auf den Karton selbst, sondern nur auf dessen Inhalt bezieht. Nur dieser kann Bezugsobjekt für die Aufschrift sein. Insoweit fehlt es aber an einer festen Verbindung und damit an einer der Beweisbestimmung dienenden ausreichenden Zuordnung von Inhalt und Aufschrift. Somit fehlt es an der Urkundsqualität und der objektive Tatbestand von § 267 I ist nicht erfüllt. 2. Die Flasche Campari bewegliche Sache sein. a) Die Backmischung als bewegliche Sache war für M fremd. b) 2. M müsste daran den Gewahrsam gebrochen und neuen begründet haben. Fraglich ist nur, ob M zum Zeitpunkt des Einsteckens der Backmischung in den Karton schon neuen Gewahrsam begründet hat. Dies könnte nach der herrschenden Apprehensionstheorie der Fall sein, da es sich um einen kleinen Gegenstand handelt. Allerdings ist ein Unterschied zu machen zwischen dem Verbringen in einen dem Supermarkt zuzuordnenden Gegenstand zum Verbringen in selbst mitgebrachte, persönliche Gegenständen wie dem Mantel. Hier war eine jederzeitige Zugriffsmöglichkeit des Ladenbesitzers bzw. verwalters auf den Karton und damit auch auf die Backmischung nach wie vor gegeben. Durch das Verbringen in den Karton hat M daher keinen Gewahrsam begründet. Ergebnis: § 242 I ist durch das Verstecken der Backmischung in dem Karton nicht erfüllt. eine fremde, 2. Ergebnis: M ist nicht des Diebstahls an der Flasche Campari schuldig. X. Betrug gegenüber der Kassiererin zum Nachteil des Inhabers des Allkaufs durch Bezahlen des billigeren Preises bzgl. der Flasche Campari, § 263 I 1. Objektiver Tatbestand a) M müsste die Kassiererin getäuscht haben, d.h. er müsste dergestalt auf ihre Vorstellung eingewirkt haben, dass diese einer Fehlvorstellung über Tatsachen unterliegen konnte. VIII. Diebstahl der Backmischung durch Verstecken im Karton, § 242 I Objektiver Tatbestand müsste Problematisch ist allein das Merkmal "fremd", denn die Kassiererin könnte dem M das Eigentum an der Flasche übertragen haben. Fraglich ist insoweit nur, wie sich deren Irrtum über den wahren Preis auswirkt. Dieser Irrtum macht die Übereignung nicht unwirksam, sondern nur anfechtbar. Da im Strafrecht die Rückwirkungsfiktion des § 142 I BGB keine Anwendung findet, liegt selbst für den Fall, dass der Inhaber der Supermarktes die Übereignung anficht zum maßgeblichen Wegnahmezeitpunkt keine fremde Sache vor. Ergebnis: Eine Strafbarkeit nach § 267 I 2. Alt. ist nicht gegeben. 1. Objektiver Tatbestand Ausdrücklich ist dies nicht geschehen. Durch das Vorzeigen der Ware gibt man jedoch nach der Verkehrsauffassung konkludent zu verstehen, der anhaftende Preis sei derjenige, mit dem die Ware auch ausgezeichnet worden sei. Da dem nicht so war, liegt damit eine Täuschungshandlung vor. Durch diese wurde in der Kassiererin auch ein entsprechender Irrtum i.S. e. Fehlvorstellung über die Wirklichkeit erregt. b) Infolgedessen müsste sie eine irrtumsbedingte Vermögensverfügung vorgenommen haben, worunter man jedes Tun, Dulden oder Unterlassen versteht, das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt. Hier hat die Kassiererin dem M Eigentum an der Campariflasche verschafft. 9 OLG Stuttgart, NJW 1978, S. 715. Die Kassiererin ist sowohl rechtlich befugt, über das Vermögen des Geschädigten zu verfügen, steht im Lager des Geschädigten und hat auch ein h/w – Dr. Ronneberg/ Dr. Berberich 04/2007 - Erlangen - Bayreuth - Regensburg - München - Passau - Augsburg Juristisches Repetitorium Würzburg Frankfurt/M. - Bochum - Konstanz - Heidelberg - Freiburg - Mainz - Berlin - Bonn - Göttingen - Tübingen - Münster - Hamburg - Osnabrück - Gießen - Potsdam emmer Köln Hannover - Kiel - Dresden - Marburg - Trier - Jena - Leipzig - Saarbrücken Bremen - Halle - Rostock - Greifswald - Frankfurt/O. - Bielefeld - Mannheim - Düsseldorf Strafrecht Fall 11 - Lösung - Seite 6 Näheverhältnis zum betroffenen Vermögen, sodass nach allen Auffassungen hier ein Dreiecksbetrugs vorliegt.10 c) a) Dadurch müsste dem Inhaber des Supermarktes ein Vermögensschaden entstanden sein. Aufgrund der Täuschung ist die Einigungserklärung zwar anfechtbar, aber auch insoweit wird die Fiktion des § 142 I BGB nicht berücksichtigt, sodass auch ein Vermögensschaden vorliegt. Für ihre Unterscheidung kann es nicht auf das äußere Bild von Geben oder Nehmen ankommen, sondern darauf, ob nach der inneren Willensrichtung des Getäuschten ein freiwilliger oder unfreiwilliger Gewahrsamsverlust vorliegt, ob also der Geschädigte bewusst über die Vermögensstücke zu Gunsten des Täters verfügen oder ob er den Gewahrsam behalten wollte.13 Hieraus ist zu folgern, dass für den "Sachbetrug" zu fordern ist, dass sich das Opfer der vermögensbedeutsamen Wirkung seines Verhaltens bewusst ist.14 Der objektive Tatbestand des Betrugs ist damit erfüllt. 2. Subjektiver Tatbestand M handelte auch vorsätzlich und mit der Bereicherungsabsicht. Die erstrebte Bereicherung war auch objektiv rechtswidrig und stoffgleich und M handelte diesbezüglich auch vorsätzlich. 3. Er handelte auch rechtswidrig und schuldhaft. 4. Ergebnis: M ist des Betrugs nach § 263 I schuldig. XI. § 242 I StGB durch Verbringen Backmischung aus dem Kassenbereich 1. Von diesen praktisch unstreitigen Grundsätzen ausgehend nimmt die Gegenmeinung an, nach allgemeiner Anschauung habe die Kassiererin durch die Erlaubnis, den Kassenbereich zu verlassen, dem Kunden gestattet, sich des gesamten Inhaltes des Kartons zu bemächtigen. Sie sei sich daher der vermögensbeeinflussenden Wirkung der so erteilten Erlaubnis durchaus bewusst gewesen und habe sich lediglich in einem Irrtum über die tatsächlichen Verhältnisse befunden.15 der Objektiver Tatbestand Allerdings begründet eine solche Auffassung nicht die Annahme, eine Kassiererin treffe in einem solchen Fall auch hinsichtlich der unbemerkt "vorbeigeschleusten" Ware eine bewusste Verfügung. Bei der Backmischung handelt es sich um eine fremde bewegliche Sache und damit um ein taugliches Tatobjekt. Fraglich ist, ob er diese auch weggenommen hat. Dann müsste er zunächst fremden Gewahrsam gebrochen haben. Ein solcher Gewahrsamsbruchs würde ausscheiden, wenn die Kassiererin ein tatbestandsausschließendes Einverständnis erklärt hätte, indem sie den Karton samt Inhalt an M übergab. Vielmehr fehlt es an einem solchen Willen, wenn die Kassiererin nicht erkennt, dass sich im Karton noch weitere Waren befinden. Erst recht kann nicht davon die Rede sein, dass ein genereller Verfügungswille des Kassierers in Bezug auf den gesamten Inhalt des Kartons bestehe, sondern derartiges ist in den Bereich bloßer Fiktion einzuordnen.16 Anmerkung: Die Abgrenzungsfrage zwischen Diebstahl und Betrug war Gegenstand eines Vorlagebeschlusses des OLG Zweibrücken,11 da diesbezüglich eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vorlag, von der das OLG Zweibrücken abweichen wollte. In diesem Falle besteht gemäß § 121 II GVG eine Vorlagepflicht, sog. Außendivergenz. 10 11 Wenn sich der Täter eine Sache durch Täuschung verschafft, kommt es für die strafrechtliche Abgrenzung zwischen Diebstahl und Betrug darauf an, ob ihm dies durch Wegnahme i.S. des § 242, also eine eigenmächtige Handlung des Täters, oder aber durch Vermögensverfügung des Getäuschten i.S. des § 263 gelingt.12 Dabei wird allgemein angenommen, dass diese Merkmale sich gegenseitig ausschließen. Zur Abgrenzung vgl. auch Fall 29 in: Hemmer/Wüst, die 44 wichtigsten Fälle, Straf BT I. 12 Vgl. Krey, BT 2, Rn 407 ff.. OLG Zweibrücken, NStZ 1995, S. 448 f.. 15 13 14 16 BGH, NJW 1995, S. 3129, 3130 m.w.N.. BGH, NJW 1995, S. 3129, 3130 m.w.N.. Vgl. die Nachweise bei OLG Zweibrücken, NStZ 1995, S. 448, 449. OLG Düsseldorf, NStZ 1993, S. 286, 287. BGH, NJW 1995, S. 3129, 3130 m.w.N.. h/w – Dr. Ronneberg/ Dr. Berberich 04/2007 - Erlangen - Bayreuth - Regensburg - München - Passau - Augsburg Juristisches Repetitorium Würzburg Frankfurt/M. - Bochum - Konstanz - Heidelberg - Freiburg - Mainz - Berlin - Bonn - Göttingen - Tübingen - Münster - Hamburg - Osnabrück - Gießen - Potsdam emmer Köln Hannover - Kiel - Dresden - Marburg - Trier - Jena - Leipzig - Saarbrücken Bremen - Halle - Rostock - Greifswald - Frankfurt/O. - Bielefeld - Mannheim - Düsseldorf Strafrecht Fall 11 - Lösung - Seite 7 Als Vortat des räuberischen Diebstahls kommt nur (vollendeter) Diebstahl in Betracht, nicht aber Betrug. Anmerkung: Der soeben zitierte Fall lag insofern anders, als die vorbeigeschleusten Waren im Einkaufswagen durch eine Zeitung verdeckt waren. Es ist fraglich, ob der vorliegende Fall deshalb eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigt, da ja die Kassiererin zumindest den Karton sieht. Jedoch kann ihr auch hier kein Verfügungsbewusstsein unterstellt werden, da es ihr ja arbeitsvertraglich untersagt ist, über andere als die abkassierten Waren zu verfügen. Insbesondere erkennt der BGH ausdrücklich in der oben genannten Entscheidung ein Verfügungsbewusstsein nur bezogen auf die Gegenstände an, die die Kassiererin in die Kasse eingibt. Die Annahme von Betrug in einem Falle wie dem vorliegenden hätte danach zur Folge, dass der Täter, der nach dem Verlassen des Kassenbereichs gegen den ihn verfolgenden Detektiv tätlich wird, um sich im Besitz der nicht bezahlten Ware zu behalten, nur wegen Betruges und Nötigung sowie ggf. wegen Körperverletzung verurteilt werden könnte. Hätte derselbe Täter demgegenüber die Ware bereits vor dem Passieren der Kasse eingesteckt und damit vollendeten Diebstahl begangen, so wäre er, wenn er unter den gleichen Voraussetzungen Gewalt anwendet, wegen eines Verbrechens des räuberischen Diebstahls zu bestrafen. Die Aufgabe der Kassiererin beschränkt sich vielmehr auf die Abrechnung der ihr vorgezeigten Waren; durch das Eintippen der dazugehörigen Preise in die Kasse werden die Gegenstände individualisiert, auf die sich ihr Übertragungswille bezieht.17 Weitergehende Erklärungen kann und will sie schon aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht abgeben, eine weiterreichende Verantwortung aufgrund der von ihr nur begrenzt durchgeführten Kontrolle deshalb nicht übernehmen.18 Exkurs: Ob eine andere Beurteilung geboten ist, wenn der Kassierer den Täter ausdrücklich fragt, ob er sämtliche Waren vorgelegt hat und dieser die Frage bewusst wahrheitswidrig beantwortet, lässt der BGH ausdrücklich offen. Er scheint aber dazu zu tendieren, auch bei einer solchen Konstellation Diebstahl anzunehmen; denn eine solche Frage des Kassierers ändert nichts daran, dass sich der Täter durch dessen Täuschung nur die Gelegenheit zur Wegnahme dadurch verschafft, dass der Kassierer ihn in der irrigen Vorstellung, er habe alle Waren erfasst, die Kassenzone passieren lässt. Geht es aber - wie auch hier - dem Täter darum, den Gewahrsam ohne Wissen und damit ohne Einverständnis des Getäuschten aufzuheben, liegt nicht Betrug, sondern Diebstahl vor.19 Überdies ist noch zu bedenken, dass die Unterstellung eines generellen Verfügungswillens des Kassierers und - davon ausgehend - die Annahme von Betrug in diesen Fällen im Blick auf den qualifizierten Straftatbestand des räuberischen Diebstahls (§ 252 StGB) zu schwer erträglichen Unterschieden in der Behandlung nach Anschauung des täglichen Lebens gleichgelagerter Sachverhalte führen würde.20 17 18 19 20 BGH, a.a.O.. OLG Zweibrücken, NStZ 1995, S. 448, 449. BGH, NJW 1995, S. 3129, 3130 m.w.N.. BGH, NJW 1995, S. 3129, 3130 m.w.N.. Eine solch unterschiedliche Bewertung an sich gleicher Sachverhalte wäre willkürlich und würde auch dem Schutzzweck des § 252 StGB nicht gerecht. Anmerkung: Diese Argumentation, die letztlich allein auf kriminalpolitischen Überlegungen beruht, kann allerdings nur in Grenzfällen als zusätzliche Überlegung angeführt werden! c) Fraglich ist lediglich noch, ab welchem Zeitpunkt von einem vollendeten Diebstahl ausgegangen werden kann. Dies ist der Fall, wenn die Ware durch die Kassenzone gebracht wurde und der Zahlungsvorgang abgeschlossen ist. Dann liegt Vollendung vor.21 2. Ergebnis: Da auch der subjektive Tatbestand erfüllt ist und M rechtswidrig und schuldhaft handelte, hat er sich gemäß § 242 I strafbar gemacht. 3. Hinsichtlich der Strafverfolgung ist § 248a zu beachten. Prüfungshinweis: Aufbaumäßig ist es nicht einfach, die Delikte des 1. Tatkomplexes zu ordnen. Hier werden sie in zeitlicher Reihenfolge geprüft, möglich ist auch eine Gruppierung nach den einzelnen Gegenständen. XII. Konkurrenzen 1. Die Urkundenunterdrückung durch Überkleben des alten Preisschilds tritt als notwendige Begleittat 21 Vgl. OLG Köln, NJW 1984, S. 810. h/w – Dr. Ronneberg/ Dr. Berberich 04/2007 - Erlangen - Bayreuth - Regensburg - München - Passau - Augsburg Juristisches Repetitorium Würzburg Frankfurt/M. - Bochum - Konstanz - Heidelberg - Freiburg - Mainz - Berlin - Bonn - Göttingen - Tübingen - Münster - Hamburg - Osnabrück - Gießen - Potsdam emmer Köln Hannover - Kiel - Dresden - Marburg - Trier - Jena - Leipzig - Saarbrücken Bremen - Halle - Rostock - Greifswald - Frankfurt/O. - Bielefeld - Mannheim - Düsseldorf Strafrecht Fall 11 - Lösung - Seite 8 hinter § 267 I 2.Alt. zurück. § 303 I wird als notwendige Begleittat von § 274 I Nr.1 konsumiert.22 auswirkt, während beim Diebstahl der Schaden des Verletzten durch den eigenmächtigen Zugriff des Täters auf die Sache herbeigeführt wird.23 Dies hat zur Folge, dass ein einheitlicher tatsächlicher Vorgang in Bezug auf dieselbe Sache und gegenüber demselben Vermögensträger nicht gleichzeitig als Betrug und Diebstahl gewertet werden kann.24 Durch das Gebrauchmachen von der Urkunde an der Kasse (§ 267 I 3.Alt.) liegt eine Teilidentität der Ausführungshandlungen mit § 263 I vor, wodurch Handlungseinheit hergestellt wird. Der Diebstahl der Backmischung an der Kasse wird zeitgleich mit dem Betrug hinsichtlich der Campariflasche ausgeführt, sodass hier ebenso Handlungseinheit anzunehmen ist. Die Abgrenzung Betrug/Trickdiebstahl ist nach der inneren Willensrichtung des Opfers vorzunehmen, wobei in den Fällen des Sachbetruges von der h.M. ein Verfügungsbewusstsein gefordert wird. Was den vorangegangenen Diebstahl an den Pralinen angeht, ist von einer natürlichen Handlungseinheit und damit Tateinheit (§ 52) auszugehen, da das Gesamtgeschehen in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang steht und daher bei natürlicher Betrachtungsweise als einheitliches Geschehen zu würdigen ist. 2. Anmerkung: Hier sind sich Rspr. und Literatur im Gegensatz zum ähnlichen Problem bei der Abgrenzung zwischen Raub und Erpressung – einig.25 Fraglich ist daher, ob F einen Gewahrsamswechsel an dem Einkaufswagen und seinem Inhalt vornehmen wollte. Ergebnis: §§ 267 I, 263 I, 242 I, 52. Gewahrsam ist die von einem Sachherrschaftswillen getragene natürliche Sachherrschaft. Ob eine solche vorliegt, wird nach der Verkehrsauffassung bemessen.26 Dabei ist der allgemein anerkannte Grundsatz zu berücksichtigen, dass der einmal begründete Gewahrsam durch eine bloße Lockerung der Herrschaftsbeziehung und eine ihrer Natur nach vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der tatsächlichen Gewalt nicht beeinträchtigt wird.27 Dies zugrunde gelegt kann nicht darauf geschlossen werden, dass die F hier ihren Gewahrsam uneingeschränkt auf den M übertragen wollte. Vielmehr ging sie davon aus, dass der M nur kurz neben dem Einkaufswagen stehen bleiben sollte. Bei ihrer Rückkehr hätte sie aber spätestens wieder vollen Gewahrsam an dem Einkaufswagen erlangt. Der kurze Zeitraum zwischen Überlassung des Einkaufswagens und Rückkehr rechtfertigt es nicht, von einer Gewahrsamsübertragung zu sprechen; stattdessen war die F nur mit einer Gewahrsamslockerung einverstanden. Tatkomplex 2: Die Weinflaschen Strafbarkeit des M I. § 263 I StGB durch Veranlassung der F, ihm den Einkaufswagen zu überlassen 1. Objektiver Tatbestand a) M hat die F darüber getäuscht, dass er auf ihren Einkaufswagen aufpassen und keine Ware entnehmen würde. b) Dadurch erregte er bei dieser einen entsprechenden Irrtum. c) Fraglich ist, ob in der Hingabe des Einkaufswagens eine Vermögensverfügung zu sehen ist. Eine Vermögensverfügung kann daher nur dann bejaht werden, wenn schon die Herbeiführung einer Gewahrsamslockerung eine vermögensschädigende Handlung darstellte. Eine Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen, welches sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt. Kennzeichnend für den Betrug ist, dass die Vermögensschädigung auf einer Vermögensverfügung beruht, die das Ergebnis eines irrtumsbedingten, durch Überlistung erschlichenen Willensentschlusses des Getäuschten ist und die sich ohne weitere deliktische Handlung des Täters unmittelbar vermögensmindernd Insoweit fehlt es aber an der Unmittelbarkeit der vermögensmindernden Handlung. Durch das Herbeiführen der Gewahrsamslockerung allein hat 23 24 25 26 22 So im Ergebnis T/F, § 274, Rn 8. 27 Vgl. Wessels, BT 2, Rn 617 ff.; Krey, BT 2, Rn 384 ff.. So die h.M.; a.A. Herzberg, ZStW 89. Bd., S. 367 ff.. Vgl. BGH bei Holtz, MDR 1987, S. 446 m.w.N. und ausführlich Fälle 1 und 3. BGHSt 16, 271, 273. Siehe Fn 25. h/w – Dr. Ronneberg/ Dr. Berberich 04/2007 - Erlangen - Bayreuth - Regensburg - München - Passau - Augsburg Juristisches Repetitorium Würzburg Frankfurt/M. - Bochum - Konstanz - Heidelberg - Freiburg - Mainz - Berlin - Bonn - Göttingen - Tübingen - Münster - Hamburg - Osnabrück - Gießen - Potsdam emmer Köln Hannover - Kiel - Dresden - Marburg - Trier - Jena - Leipzig - Saarbrücken Bremen - Halle - Rostock - Greifswald - Frankfurt/O. - Bielefeld - Mannheim - Düsseldorf Strafrecht 2. sich nicht die Vermögensminderung in Form des Verlustes der Weinflaschen ergeben. Tatkomplex 3: Die Vorgänge nach seiner Rückkehr in den Supermarkt Der M selber musste erst mit einer weiteren Handlung dafür sorgen, den Gewahrsam an den Flaschen zu erlangen. Strafbarkeit des M Durch die Gewahrsamslockerung hat die F dem M nur die Möglichkeit geschaffen, eine unmittelbar vermögensschädigende Handlung vorzunehmen, sodass keine Vermögensverfügung vorliegt. Betrug, § 263 I 1. Objektiver Tatbestand Ergebnis: § 263 I ist insoweit abzulehnen. a) M hat die Kassiererin nicht ausdrücklich getäuscht. Indem er aber die Ware auf das Kassenband legt, gibt er konkludent zu verstehen, die Menge an Äpfeln entspreche dem an der Ware befindlichen Preis. II. Diebstahl durch das Weinflaschen, § 242 I StGB 1. Fall 11 - Lösung - Seite 9 Entwenden der Objektiver Tatbestand Diesbezüglich entsteht bei der Kassiererin auch eine entsprechende Fehlvorstellung, also ein Irrtum. M müsste die Flaschen, für ihn fremde und bewegliche Sachen, weggenommen haben. Spätestens in dem Moment, in dem M den Supermarkt verließ, hatte M fremden Gewahrsam gebrochen und neuen Gewahrsam an den Flaschen begründet und diese folglich weggenommen. 2. M handelte vorsätzlich und mit Zueignungsabsicht. Die erstrebte Zueignung war auch objektiv rechtswidrig und M handelte insoweit ebenfalls vorsätzlich. 3. M handelte rechtswidrig. 4. Schuldhaftes Handeln ist ebenfalls gegeben. 5. Ergebnis: § 242 I ist gegeben. 6. Je nach Wert des Weines ist § 248 a StGB zu beachten. Fraglich ist, ob die Kassiererin auch über die gesamte Menge Äpfel und damit auch über die zwei nachträglich hinzugefügten Äpfel verfügt hat. Dies könnte fraglich sein, wenn man darauf abstellt, dass sie möglicherweise nur über die Menge an Ware verfügen wollte, die dem in die Kasse eingegebenen Preis entsprach. Andererseits war die Ware, die sich in der durchsichtigen Tüte befand, visuell wahrnehmbar, sodass sich ihre Einigungserklärung objektiv auch auf die hinzugefügten Äpfel bezog. Mit der Übergabe ist folglich von einer wirksamen Eigentumsverschaffung gem. § 929 BGB auszugehen. Da sie rechtlich befugt war, über die Ware zu verfügen, liegen auch die Voraussetzungen eines Dreiecksbetruges vor. Dem Inhaber des Supermarktes ist auch ein Schaden entstanden; die zivilrechtlichen Herausgabebzw. Rückabwicklungsansprüche können nur nachträglich den bereits entstandenen Schaden rückgängig machen. b) M handelte vorsätzlich und mit Bereicherungsabsicht. Ebenso hatte er Vorsatz hinsichtlich der objektiv rechtswidrigen und stoffgleichen erstrebten Zueignung. Folglich ist auch der subjektive Tatbestand erfüllt. 2. Er handelte auch rechtswidrig und schuldhaft. 3. Ergebnis: M hat sich wegen Betruges strafbar gemacht. h/w – Dr. Ronneberg/ Dr. Berberich 04/2007 - Erlangen - Bayreuth - Regensburg - München - Passau - Augsburg Juristisches Repetitorium Würzburg Frankfurt/M. - Bochum - Konstanz - Heidelberg - Freiburg - Mainz - Berlin - Bonn - Göttingen - Tübingen - Münster - Hamburg - Osnabrück - Gießen - Potsdam emmer Köln Hannover - Kiel - Dresden - Marburg - Trier - Jena - Leipzig - Saarbrücken Bremen - Halle - Rostock - Greifswald - Frankfurt/O. - Bielefeld - Mannheim - Düsseldorf Strafrecht Fall 11 - Lösung - Seite 10 ZUR NACHBEREITUNG DES HAUPTKURSES: Die nachfolgend unter A. aufgeführten Inhalte sind die Lernschwerpunkte des Falles und sollten von Ihnen gezielt nachgearbeitet und anschließend beherrscht werden. Die in der schriftlichen Falllösung aufgeführten Aufbauanleitungen sollten Sie auf Karteikarten vermerken. a. das Betanken beobachtet wird b. das Bedanken nicht beobachtet wird und A damit auch nicht gerechnet hat? Für die Nachbereitung des Hauptkurses ist außerdem die Bearbeitung der unter B. aufgeführten Wiederholungs- und Vertiefungsfragen unerlässlich. Sie sollten diese daher ebenfalls auf Karteikarten schriftlich beantworten. Die regelmäßige und sorgfältige Beantwortung der Wiederholungs- und Vertiefungsfragen garantiert kontinuierliches und aktives Lernen und dient der ehrlichen Selbstkontrolle. A. Lernschwerpunkte im Fall 11: 1. Verhältnis Urkundenunterdrückung Urkundenfälschung 2. Gewahrsamsbegriff beim Diebstahl 3. Abgrenzung Trickdiebstahl/Sachbetrug B. Wiederholungs- und Vertiefungsfragen: 1. Wie ist "Gehören" im Sinne von § 274 I zu definieren? 2. Welcher Tatbestand liegt vor, falls mittels Unterdrücken i.S.d. § 274 I Nr.1 die Urkunde verfälscht wird? 3. Definieren Sie die Wegnahme i.S.d. § 242. 4. Wann wird neuer Gewahrsam begründet? 5. Wie grenzen Sie Trickdiebstahl vom Betrug ab? 6. A betankt sein Fahrzeug und hat dabei von vornherein nicht die Absicht, hierfür zu zahlen. Wonach hat A sich strafbar gemacht, wenn zur h/w – Dr. Ronneberg/ Dr. Berberich 04/2007