emmer Juristisches Repetitorium Strafrecht

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emmer Juristisches Repetitorium Strafrecht
- Erlangen - Bayreuth - Regensburg - München - Passau - Augsburg
Juristisches Repetitorium Würzburg
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emmer Köln
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Strafrecht
Fall 11 - Lösung - Seite 1
Lösung Fall 11:
ÜBERSICHT FALL 11
IX. Diebstahl durch Bezahlen des billigeren Preises
bzgl. der Flasche Campari, § 242 I
1. TK: Die Vorgänge im Supermarkt
(-),
Flasche Campari (irrtumsbedingt)
übereignet; Rückwirkungsfiktion des § 142 I BGB
im StrafR (-)
Strafbarkeit des M
I.
Hausfriedensbruch, § 123 I
X.
(-), TB-ausschl. Einverständnis
II. Diebstahl
§ 242 I
der Pralinen
durch
(+):
Einstecken,
Wegnahme (+):
Kassiererin ohne generellen
Verf.willen bzgl. Kartoninhalt, sondern nur bzgl.
der Waren, deren Preis dem Kunden berechnet
wird, also kein tb-ausschließendes Einverständnis
Ö § 263 I (-), der wg. Abgrenzung zu § 242 beim
sog. Sachbetrug Verf.bewusstsein fordert
III. Urkundenunterdrückung durch Entfernen des
Preisetiketts, § 274 I Nr.1
Nachteilszufügungsabs. (-); Verwendungsabsicht
nicht mit Nachteilszufügungsabs. gleichzusetzen:
keine
"Entetikettierungsabs."
i.S.e.
"Beweisführungsvereitelungsabs."
XII. Konkurrenzen
IV. Urkundenunterdrückung durch Überkleben
des teureren Preises, § 274 I Nr.1 (+)
Urkundenfälschung durch
billigeren Preises, § 267 I
Anbringen
des
Ö Nach h.M. aufgrund des einheitl. Lebensvorganges
VerfälschungsTB (§ 267 I, 2.Alt.) (+)
Ö Zwischenzeitliche UK-Unterdrückung = Mittel zur
Verfälschung Ö als notw. Begleittat von § 267 I,
2.Alt. verdrängt.
Ö Vorzeigen an Kasse = “Gebrauchen” i.S.v. § 267 I,
3.Alt.; Bestrafung nur wegen einer UK-Fälschung.
VI. Sachbeschädigung durch
teureren Preises, § 303 I (+)
Überkleben
des
VII. Urkundenfälschung durch Einfüllen der
Backmischung in den Karton. § 267 I, 2.Alt.
(-) keine zusammengesetzte UK,
Verbindung zum Inhalt des Kartons (-)
Dreiecksbetrug
XI. § 242 I durch Verbringen der Backmischung
aus dem Kassenbereich
(+): Manteltasche = Gewahrsamsenklave
V.
Betrug an der Kasse durch Bezahlen des
billigeren Preises, § 263 I
da
§§ 267 I, 2.Alt., 263 I, 242 I, 52
2. TK: Die Entwendung der Weinflaschen
Strafbarkeit des M
I.
§ 263 I gegenüber F zum Nachteil der F
(-),
F war nur mit Gewahrsamslockerung
einverstanden
Ö
keine
unmittelbar
vermögensmindernde
Handlung
der
F,
Vermögensverfügung (-)
II. § 242 I bzgl. der Weinflaschen (+)
3. TK: Die Vorgänge nach seiner Rückkehr in den
Supermarkt
feste
Strafbarkeit des M
VIII. Diebstahl
der
Backmischung
Verstecken im Karton, § 242 I
durch
§ 263 I hinsichtlich der zugefügten Äpfel (+)
(-), kein neuer Gewahrsam begründet, da
jederzeitige Zugriffsmöglichkeit des bisherigen
Gewahrsamsinhabers
h/w – Dr. Ronneberg/ Dr. Berberich 04/2007
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Fall 11 - Lösung - Seite 2
Tatkomplex 1: Die Vorgänge im Supermarkt
Dagegen hindert nach h.M. eine zufällige oder
planmäßige Beobachtung des Geschehens die
Vollendung der Wegnahme nicht, da dennoch der
bisherige Gewahrsamsinhaber nicht mehr ohne
weiteres auf die Sache Zugriff nehmen kann. Er
muss sich nämlich entweder staatlicher Hilfe
bedienen oder muss sich auf einen RFG berufen.3
Strafbarkeit des M
I.
Hausfriedensbruch, § 123 I
1.
Da die betretenen Geschäftsräume dem
allgemeinen Publikumsverkehr offen standen, fehlt
es am Betreten gegen oder ohne den Willen des
Berechtigten und damit am „eindringen“, da ein
tatbestandsausschließendes Einverständnis vorliegt.
Dies greift auch dann ein, wenn der Täter - nicht
ersichtlich - deliktische Zwecke verfolgt (vgl.
hierzu ausführlich Fall 9).
Das Standardargument, dass „Diebstahl keine
heimliche Begehung erfordere“ müssen Sie zwar
auch vorbringen, ist genau betrachtet aber wenig
überzeugend, da dies ja von der MM auch gar
nicht behauptet wird. Die Beobachtung gibt dem
Opfer nur die Möglichkeit, bereits entzogenen
Gewahrsam wiederzuerlangen.4
M hat die Pralinen daher weggenommen.
2.
Ergebnis: M ist nicht des Hausfriedensbruchs
schuldig.
II. Diebstahl
§ 242 I
1.
der Pralinen
durch
2.
Dies tat er vorsätzlich und in der Absicht sich die
Sache zuzueignen. Die erstrebte Zueignung war
auch objektiv rechtswidrig und M hatte
diesbezüglich Vorsatz.
Einstecken,
Objektiver Tatbestand
Die Pralinen sind für M eine fremde, bewegliche
Sache. Diese müsste er weggenommen haben.
Unter Wegnahme versteht man den Bruch fremden
Gewahrsams und die Begründung neuen, nicht
notwendigerweise
tätereigenen
Gewahrsams.
Jedenfalls der Geschäftsführer des Supermarktes
hat Gewahrsam an den Pralinen. Mit dem
Einstecken könnte M dessen Gewahrsam
gebrochen und neuen – hier eigenen - Gewahrsam
begründet haben.
3.
Er handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.
4.
Ergebnis: M ist daher des Diebstahls schuldig.
5.
Strafantragserfordernis gem. § 248a
Da es sich um eine geringwertige Sache handelt,
könnte nach § 248 a ein Strafantrag erforderlich
sein.
Allerdings
können
die
Strafverfolgungsbehörden auch ohne Strafantrag
einschreiten,
wenn
ein
besonderes
Strafverfolgungsinteresse besteht.
Nach der herrschenden Apprehensionstheorie ist
bereits in dem Moment neuer Gewahrsam
begründet,
wenn
unauffällige,
leicht
fortzuschaffende Gegenstände z.B. in die eigene
Kleidung gesteckt werden.1
Letzteres ist anzunehmen aus spezialpräventiven
Gründen z.B. bei Rückfall, gewerbsmäßigem
Diebstahl oder besonderer Berührung von
Allgemeininteressen
und
somit
aus
generalpräventiven Gründen,5 was bei einem
bloßen Ladendiebstahl zu verneinen sein wird.
Die Kleidung stellt eine eigene Gewahrsamssphäre
dar und bildet eine sog. Gewahrsamsenklave.
Anmerkung: Dies ist unstrittig. Problematischer
wird es beim beobachteten Diebstahl. Nach h.M.
setzt
nämlich
Gewahrsam
ein
Herrschaftsverhältnis voraus, kraft dessen der
Einwirkung auf die Sache keine Hindernisse mehr
entgegenstehen. Beim beobachteten Diebstahl im
Selbstbedienungsladen sei dies nach einer MM
nicht der Fall.2
1
2
Subjektiver Tatbestand
Wessels, BT 2, Rn 113.
Sch/Sch, § 242, Rn 40.
III. Urkundenunterdrückung durch Entfernen des
Preisetiketts, § 274 I Nr.1
1.
Objektiver Tatbestand
a)
Das Preisetikett müsste eine Urkunde darstellen.
3
OLG Düsseldorf, NJW 1988, S. 1335 f..
BGHSt 16, 271, 273 f..
Vgl. T/F, § 248a, Rn 7.
4
5
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Fall 11 - Lösung - Seite 3
Darunter versteht man eine verkörperte Gedankenerklärung, die zum Beweis im Rechtsverkehr
geeignet und bestimmt ist und die ihren Aussteller
erkennen lässt (T/F, § 267 Rn. 2).
Allerdings muss der Täter beabsichtigen, die
Benutzung gerade des gedanklichen Inhalts in einer
aktuellen Beweissituation zu vereiteln.
Dem M ging es jedoch nur darum, das Etikett
anderweitig zu verwenden.
Hie könnte es sich bei der Verbindung aus Ware
und Preisschild um eine zusammengesetzte
Urkunde handeln. Eine solche liegt dann vor, wenn
der Erklärungswert einer Gedankenerklärung mit
dem Augenscheinsobjekt, auf den sich der
Erklärungswert bezieht, mit diesem zu einer
Beweiseinheit
fest
verbunden
ist.
Die
Gedankenerklärung gibt den Preis der Ware wieder,
wie er vom Inhaber des Unternehmens bestimmt
wurde. Darauf richtet sich auch die Beweiseignung
und Beweisbestimmung. Da das Preisschild auch
unmittelbar an der Ware angebracht wurde, liegt
auch die erforderliche feste Verbindung vor.6
Es lässt sich damit festhalten, dass das Preisetikett
mit der Flasche eine zusammengesetzte Urkunde
darstellt (vgl. ausführlich auch Fall 17).
b)
Die Urkunde darf dem Täter nicht oder nicht
ausschließlich gehören.
Dabei ist nicht die dingliche Rechtslage
maßgeblich, sondern ob der Täter das Recht hat,
die Urkunde zum Beweis im Rechtsverkehr zu
gebrauchen (T/F, § 274 Rn. 2).
Beweisführungsberechtigt ist bei einem Preisetikett
jedenfalls der ausstellende Inhaber des Supermarkt.
Damit "gehört" es dem Täter nicht.
c)
Als Tathandlung kommt das "Vernichten" in
Betracht, das vorliegt, wenn die Urkundsqualität
durch Beseitigung des gedanklichen Inhalts endet.
Da die Ware jederzeit neu ausgezeichnet werden
kann und auch M wohl davon ausging, dass sich
ein fehlendes Preisetikett leicht ersetzen lässt,
handelte
er
nicht
mit
einer
"Entetikettierungsabsicht" im Sinne der Vereitelung
des Beweisführungsrechts bezüglich dieser
Flasche; diesbezüglich hatte er allenfalls bedingten
Vorsatz.
Es fehlte ihm mithin
Nachteilszufügungsabsicht.
3.
6
Tatbestand
a)
Das überklebte Preisetikett in Verbindung mit der
zugehörigen Flasche stellt eine zusammengesetzte
Urkunde dar.
b)
Auch diese Urkunde gehörte nicht dem M.
c)
Durch das Überkleben wird ein Preisschild in der
Regel als Beweismittel untauglich gemacht, sodass
als Handlungsalternative das „Vernichten“ in
Betracht kommt. Erforderlich für das Vernichten ist
jedoch, dass die Urkundsqualität endet. Die
zusammengesetzte Urkunde als solche besteht
jedoch noch fort, da durch das neue Preisschild
eine
neue
verkörperte
Gedankenerklärung
hinzugefügt wird. Daher kann die Beeinträchtigung
der beweiserheblichen Substanz nur als
"Beschädigen" eingestuft werden.
c)
M
handelte
vorsätzlich
und
mit
Nachteilszufügungsabsicht, denn er war sich
bewusst, dass mit dem Überkleben des alten
Preisschildes mit jenem kein Beweis mehr zu
erbringen war.
2.
M handelte rechtswidrig und schuldhaft.
3.
Ergebnis: M ist der Urkundenunterdrückung
schuldig.
Subjektiver Tatbestand
Vgl. dazu den "Oberhemdenfall" des OLG Köln, NJW
1979, S. 729, 730.
Ergebnis:
M
ist
damit
nicht
der
Urkundenunterdrückung (§ 274 I Nr.1) schuldig.
1.
M hat die Urkunde daher vernichtet.
M handelte vorsätzlich. Er müsste auch im
Hinblick auf das Vernichten die erforderliche
Nachteilszufügungsabsicht gehabt haben. Nach
allgemeiner Meinung ist hierbei nicht Absicht im
Sinne von dolus directus 1. Grades erforderlich,
sondern es reicht das Bewusstsein, dass der
Nachteil notwendige Folge der Tat ist, also dolus
directus 2. Grades (T/F, § 274 Rn. 6).
notwendige
IV. Urkundenunterdrückung durch Überkleben des
teureren Preises, § 274 I Nr.1
Durch Entfernen des Etiketts von seinem
Bezugsobjekt wurde die zusammengesetzte
Urkunde als Beweismittel untauglich, die
Beweissubstanz ging verloren.
2.
die
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Fall 11 - Lösung - Seite 4
V.
Urkundenfälschung durch Anbringen
billigeren Preises, § 267 I 2.Alt.
1.
Objektiver Tatbestand
a)
Das Preisetikett und die Flasche stellen eine
zusammengesetzte Urkunde dar.
b)
Fraglich ist jedoch, ob hier
Handlungsalternative einschlägig ist.
Damit hat
verwirklicht.
des
c)
die
Bei natürlicher Betrachtungsweise sind die
Einzelakte als einheitliche Tathandlung anzusehen,
durch die der Verfälschungstatbestand verwirklicht
werde, sodass die 2.Alt. einschlägig ist.
Die zwischenzeitliche Urkundenunterdrückung
(s.o. IV.) ist nur Mittel zur Verfälschung und wird
damit als notwendige Begleittat von § 267 I 2.Alt.
verdrängt.7
Anmerkung: Dies gilt auch in der oben
angesprochenen Konstellation, dass der alte Preis
nicht einfach überklebt, sondern erst entfernt wird.
Allerdings beschränkt sich diese „lebensnahe
Betrachtung“ auf zusammengesetzte Urkunden, bei
denen ein Teil ausgetauscht wird. In einer
umfänglichen Klausur wäre es auch vertretbar,
sofort § 267 I 2.Alt. zu prüfen und dort am Anfang
kurz klarzustellen, dass es sich „eigentlich“ um 1.
§ 274 und anschließend um § 267 I 1.Alt. handelt,
dies aber eine lebensfremde Betrachtung wäre und
daher von einem einheitlichen § 267 I 2.Alt.
auszugehen ist.
Da der Verfälschungstatbestand (2.Alt.) einen
Spezialfall der 1.Alt. darstellt, genießt er diesem
gegenüber damit gesetzeskonkurrierenden Vorrang.
Soweit also im Verfälschen zugleich das Herstellen
einer unechten Urkunde liegt, muss die 1.Alt.
zurücktreten.8
den
Verfälschungstatbestand
M hat von dieser Urkunde durch Vorzeigen an der
Kasse auch Gebrauch gemacht.
Da M bereits zum Zeitpunkt des Verfälschens die
konkrete Verwendungsabsicht hatte, wird er nur
wegen einer Urkundenunterdrückung bestraft (vgl.
zu den innertatbestandlichen Konkurrenzen
ausführlich Fall 10).
2.
Anmerkung: Die 1. Alternative könnte in Betracht
kommen, wenn man davon ausgehen würde, dass in
dem Überkleben des alten Preises zunächst eine
Urkundenunterdrückung
liegt,
wobei
die
Urkundsqualität für einen kurzen Moment endet.
Dies wird umso augenfälliger, wenn der alte Preis
nicht einfach überklebt, sondern erst entfernt wird was hier allerdings nicht der Fall ist. Das
Aufkleben des neuen Etiketts stellte dann
genaugenommen die Herstellung einer unechten
Urkunde (1.Alt.) dar.
M
2.
Subjektiver Tatbestand
M handelte vorsätzlich und zur Täuschung im
Rechtsverkehr, das heißt mit dem Willen, einen
anderen über die Echtheit der Urkunde zu täuschen
und damit zu einem rechtserheblichen Verhalten zu
veranlassen.
3.
M handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.
4.
Ergebnis: M ist der Urkundenfälschung (§ 267 I,
2.Alt.) schuldig.
VI.
Sachbeschädigung durch
teureren Preises, § 303 I
1.
Das Preisetikett der teureren Flasche ist eine
fremde Sache. Eine Beschädigung liegt vor, weil es
ohne Substanzbeeinträchtigung nicht wieder zum
Vorschein gebracht werden kann.
2.
M handelte
schuldhaft.
3.
Ergebnis: M ist der Sachbeschädigung schuldig.
Beachten Sie § 303c.
vorsätzlich,
Überkleben
rechtswidrig
des
und
VII. Urkundenfälschung durch Hineinlegen der
Backmischung in den Karton, § 267 I 2.Alt.
1.
Objektiver Tatbestand
M könnte eine echte Urkunde verfälscht haben.
Der Inhalt des Kartons entsprach nach dem
Hineinlegen der Backmischung nicht mehr dem
Inhalt, der laut Außenseite des Kartons vorhanden
sein sollte.
Bei dem Karton mit der Aufschrift bzgl. des
Inhaltes könnte es sich um eine zusammengesetzte
Urkunde handeln.
7
8
Vgl. T/F, § 274, Rn 4.
Lesenswert zu den Urkundsdelikten: Geppert, Jura 1988,
S. 158 ff..
Eine zusammengesetzte Urkunde läge nur dann
vor, wenn eine verkörperte Gedankenerklärung mit
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Fall 11 - Lösung - Seite 5
ihrem Bezugsobjekt räumlich fest zu einer
Beweismitteleinheit verbunden ist, sodass beide
zusammen einen einheitlichen Beweis- und
Erklärungsinhalt in sich vereinigen.9
IX. Diebstahl durch Bezahlen des billigeren Preises
bzgl. der Flasche Campari, § 242 I
1.
Fraglich ist die Beweisbestimmung des Kartons.
Unzweifelhaft besteht zwischen dem Karton und
der Beschreibung des Inhaltes eine feste
Verbindung. Dies reicht aber nicht aus, da sich die
Beschreibung nicht auf den Karton selbst, sondern
nur auf dessen Inhalt bezieht. Nur dieser kann
Bezugsobjekt für die Aufschrift sein. Insoweit fehlt
es aber an einer festen Verbindung und damit an
einer
der
Beweisbestimmung
dienenden
ausreichenden Zuordnung von Inhalt und
Aufschrift. Somit fehlt es an der Urkundsqualität
und der objektive Tatbestand von § 267 I ist nicht
erfüllt.
2.
Die Flasche Campari
bewegliche Sache sein.
a)
Die Backmischung als bewegliche Sache war für
M fremd.
b)
2.
M müsste daran den Gewahrsam gebrochen und
neuen begründet haben. Fraglich ist nur, ob M
zum Zeitpunkt des Einsteckens der Backmischung
in den Karton schon neuen Gewahrsam begründet
hat. Dies könnte nach der herrschenden
Apprehensionstheorie der Fall sein, da es sich um
einen kleinen Gegenstand handelt. Allerdings ist
ein Unterschied zu machen zwischen dem
Verbringen
in
einen
dem
Supermarkt
zuzuordnenden Gegenstand zum Verbringen in
selbst mitgebrachte, persönliche Gegenständen wie
dem Mantel. Hier war eine jederzeitige
Zugriffsmöglichkeit des Ladenbesitzers bzw. verwalters auf den Karton und damit auch auf die
Backmischung nach wie vor gegeben. Durch das
Verbringen in den Karton hat M daher keinen
Gewahrsam begründet.
Ergebnis: § 242 I ist durch das Verstecken der
Backmischung in dem Karton nicht erfüllt.
eine
fremde,
2.
Ergebnis: M ist nicht des Diebstahls an der
Flasche Campari schuldig.
X.
Betrug gegenüber der Kassiererin zum Nachteil
des Inhabers des Allkaufs durch Bezahlen des
billigeren Preises bzgl. der Flasche Campari,
§ 263 I
1.
Objektiver Tatbestand
a)
M müsste die Kassiererin getäuscht haben, d.h. er
müsste dergestalt auf ihre Vorstellung eingewirkt
haben, dass diese einer Fehlvorstellung über
Tatsachen unterliegen konnte.
VIII. Diebstahl der Backmischung durch Verstecken
im Karton, § 242 I
Objektiver Tatbestand
müsste
Problematisch ist allein das Merkmal "fremd",
denn die Kassiererin könnte dem M das Eigentum
an der Flasche übertragen haben. Fraglich ist
insoweit nur, wie sich deren Irrtum über den
wahren Preis auswirkt. Dieser Irrtum macht die
Übereignung nicht unwirksam, sondern nur
anfechtbar.
Da
im
Strafrecht
die
Rückwirkungsfiktion des § 142 I BGB keine
Anwendung findet, liegt selbst für den Fall, dass
der Inhaber der Supermarktes die Übereignung
anficht zum maßgeblichen Wegnahmezeitpunkt
keine fremde Sache vor.
Ergebnis: Eine Strafbarkeit nach § 267 I 2. Alt. ist
nicht gegeben.
1.
Objektiver Tatbestand
Ausdrücklich ist dies nicht geschehen. Durch das
Vorzeigen der Ware gibt man jedoch nach der
Verkehrsauffassung konkludent zu verstehen, der
anhaftende Preis sei derjenige, mit dem die Ware
auch ausgezeichnet worden sei. Da dem nicht so
war, liegt damit eine Täuschungshandlung vor.
Durch diese wurde in der Kassiererin auch ein
entsprechender Irrtum i.S. e. Fehlvorstellung über
die Wirklichkeit erregt.
b)
Infolgedessen müsste sie eine irrtumsbedingte
Vermögensverfügung
vorgenommen
haben,
worunter man jedes Tun, Dulden oder Unterlassen
versteht, das sich unmittelbar vermögensmindernd
auswirkt.
Hier hat die Kassiererin dem M Eigentum an der
Campariflasche verschafft.
9
OLG Stuttgart, NJW 1978, S. 715.
Die Kassiererin ist sowohl rechtlich befugt, über
das Vermögen des Geschädigten zu verfügen, steht
im Lager des Geschädigten und hat auch ein
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Fall 11 - Lösung - Seite 6
Näheverhältnis zum betroffenen Vermögen, sodass
nach allen Auffassungen hier ein Dreiecksbetrugs
vorliegt.10
c)
a)
Dadurch müsste dem Inhaber des Supermarktes ein
Vermögensschaden entstanden sein.
Aufgrund
der
Täuschung
ist
die
Einigungserklärung zwar anfechtbar, aber auch
insoweit wird die Fiktion des § 142 I BGB nicht
berücksichtigt, sodass auch ein Vermögensschaden
vorliegt.
Für ihre Unterscheidung kann es nicht auf das
äußere Bild von Geben oder Nehmen ankommen,
sondern
darauf,
ob
nach
der
inneren
Willensrichtung des Getäuschten ein freiwilliger
oder unfreiwilliger Gewahrsamsverlust vorliegt, ob
also der Geschädigte bewusst über die
Vermögensstücke zu Gunsten des Täters verfügen
oder ob er den Gewahrsam behalten wollte.13
Hieraus ist zu folgern, dass für den "Sachbetrug"
zu fordern ist, dass sich das Opfer der
vermögensbedeutsamen Wirkung seines Verhaltens
bewusst ist.14
Der objektive Tatbestand des Betrugs ist damit
erfüllt.
2.
Subjektiver Tatbestand
M handelte auch vorsätzlich und mit der
Bereicherungsabsicht. Die erstrebte Bereicherung
war auch objektiv rechtswidrig und stoffgleich und
M handelte diesbezüglich auch vorsätzlich.
3.
Er handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.
4.
Ergebnis: M ist des Betrugs nach § 263 I schuldig.
XI. § 242 I StGB durch Verbringen
Backmischung aus dem Kassenbereich
1.
Von diesen praktisch unstreitigen Grundsätzen
ausgehend nimmt die Gegenmeinung an, nach
allgemeiner Anschauung habe die Kassiererin
durch die Erlaubnis, den Kassenbereich zu
verlassen, dem Kunden gestattet, sich des gesamten
Inhaltes des Kartons zu bemächtigen. Sie sei sich
daher der vermögensbeeinflussenden Wirkung der
so erteilten Erlaubnis durchaus bewusst gewesen
und habe sich lediglich in einem Irrtum über die
tatsächlichen Verhältnisse befunden.15
der
Objektiver Tatbestand
Allerdings begründet eine solche Auffassung nicht
die Annahme, eine Kassiererin treffe in einem
solchen Fall auch hinsichtlich der unbemerkt
"vorbeigeschleusten"
Ware
eine
bewusste
Verfügung.
Bei der Backmischung handelt es sich um eine
fremde bewegliche Sache und damit um ein
taugliches Tatobjekt. Fraglich ist, ob er diese auch
weggenommen hat.
Dann müsste er zunächst fremden Gewahrsam
gebrochen haben. Ein solcher Gewahrsamsbruchs
würde ausscheiden, wenn die Kassiererin ein
tatbestandsausschließendes Einverständnis erklärt
hätte, indem sie den Karton samt Inhalt an M
übergab.
Vielmehr fehlt es an einem solchen Willen, wenn
die Kassiererin nicht erkennt, dass sich im Karton
noch weitere Waren befinden. Erst recht kann nicht
davon die Rede sein, dass ein genereller
Verfügungswille des Kassierers in Bezug auf den
gesamten Inhalt des Kartons bestehe, sondern
derartiges ist in den Bereich bloßer Fiktion
einzuordnen.16
Anmerkung: Die Abgrenzungsfrage zwischen
Diebstahl und Betrug war Gegenstand eines
Vorlagebeschlusses des OLG Zweibrücken,11 da
diesbezüglich eine Entscheidung des OLG
Düsseldorf vorlag, von der das OLG Zweibrücken
abweichen wollte. In diesem Falle besteht gemäß
§ 121 II GVG eine Vorlagepflicht, sog.
Außendivergenz.
10
11
Wenn sich der Täter eine Sache durch Täuschung
verschafft, kommt es für die strafrechtliche
Abgrenzung zwischen Diebstahl und Betrug darauf
an, ob ihm dies durch Wegnahme i.S. des § 242,
also eine eigenmächtige Handlung des Täters, oder
aber durch Vermögensverfügung des Getäuschten
i.S. des § 263 gelingt.12 Dabei wird allgemein
angenommen, dass diese Merkmale sich
gegenseitig ausschließen.
Zur Abgrenzung vgl. auch Fall 29 in:
Hemmer/Wüst, die 44 wichtigsten Fälle, Straf BT
I.
12
Vgl. Krey, BT 2, Rn 407 ff..
OLG Zweibrücken, NStZ 1995, S. 448 f..
15
13
14
16
BGH, NJW 1995, S. 3129, 3130 m.w.N..
BGH, NJW 1995, S. 3129, 3130 m.w.N..
Vgl. die Nachweise bei OLG Zweibrücken, NStZ 1995,
S. 448, 449.
OLG Düsseldorf, NStZ 1993, S. 286, 287.
BGH, NJW 1995, S. 3129, 3130 m.w.N..
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Fall 11 - Lösung - Seite 7
Als Vortat des räuberischen Diebstahls kommt nur
(vollendeter) Diebstahl in Betracht, nicht aber
Betrug.
Anmerkung: Der soeben zitierte Fall lag insofern
anders, als die vorbeigeschleusten Waren im
Einkaufswagen durch eine Zeitung verdeckt waren.
Es ist fraglich, ob der vorliegende Fall deshalb
eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigt, da
ja die Kassiererin zumindest den Karton sieht.
Jedoch
kann
ihr
auch
hier
kein
Verfügungsbewusstsein unterstellt werden, da es
ihr ja arbeitsvertraglich untersagt ist, über andere
als die abkassierten Waren zu verfügen.
Insbesondere erkennt der BGH ausdrücklich in der
oben genannten Entscheidung ein Verfügungsbewusstsein nur bezogen auf die Gegenstände an,
die die Kassiererin in die Kasse eingibt.
Die Annahme von Betrug in einem Falle wie dem
vorliegenden hätte danach zur Folge, dass der
Täter, der nach dem Verlassen des Kassenbereichs
gegen den ihn verfolgenden Detektiv tätlich wird,
um sich im Besitz der nicht bezahlten Ware zu
behalten, nur wegen Betruges und Nötigung sowie
ggf. wegen Körperverletzung verurteilt werden
könnte.
Hätte derselbe Täter demgegenüber die Ware
bereits vor dem Passieren der Kasse eingesteckt
und damit vollendeten Diebstahl begangen, so wäre
er, wenn er unter den gleichen Voraussetzungen
Gewalt anwendet, wegen eines Verbrechens des
räuberischen Diebstahls zu bestrafen.
Die Aufgabe der Kassiererin beschränkt sich
vielmehr auf die Abrechnung der ihr vorgezeigten
Waren; durch das Eintippen der dazugehörigen
Preise in die Kasse werden die Gegenstände
individualisiert, auf die sich ihr Übertragungswille
bezieht.17 Weitergehende Erklärungen kann und
will sie schon aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen
Verpflichtungen
nicht
abgeben,
eine
weiterreichende Verantwortung aufgrund der von
ihr nur begrenzt durchgeführten Kontrolle deshalb
nicht übernehmen.18
Exkurs: Ob eine andere Beurteilung geboten ist,
wenn der Kassierer den Täter ausdrücklich fragt,
ob er sämtliche Waren vorgelegt hat und dieser die
Frage bewusst wahrheitswidrig beantwortet, lässt
der BGH ausdrücklich offen. Er scheint aber dazu
zu tendieren, auch bei einer solchen Konstellation
Diebstahl anzunehmen; denn eine solche Frage des
Kassierers ändert nichts daran, dass sich der Täter
durch dessen Täuschung nur die Gelegenheit zur
Wegnahme dadurch verschafft, dass der Kassierer
ihn in der irrigen Vorstellung, er habe alle Waren
erfasst, die Kassenzone passieren lässt. Geht es
aber - wie auch hier - dem Täter darum, den
Gewahrsam ohne Wissen und damit ohne
Einverständnis des Getäuschten aufzuheben, liegt
nicht Betrug, sondern Diebstahl vor.19
Überdies ist noch zu bedenken, dass die
Unterstellung eines generellen Verfügungswillens
des Kassierers und - davon ausgehend - die
Annahme von Betrug in diesen Fällen im Blick auf
den qualifizierten Straftatbestand des räuberischen
Diebstahls (§ 252 StGB) zu schwer erträglichen
Unterschieden
in
der
Behandlung
nach
Anschauung des täglichen Lebens gleichgelagerter
Sachverhalte führen würde.20
17
18
19
20
BGH, a.a.O..
OLG Zweibrücken, NStZ 1995, S. 448, 449.
BGH, NJW 1995, S. 3129, 3130 m.w.N..
BGH, NJW 1995, S. 3129, 3130 m.w.N..
Eine solch unterschiedliche Bewertung an sich
gleicher Sachverhalte wäre willkürlich und würde
auch dem Schutzzweck des § 252 StGB nicht
gerecht.
Anmerkung: Diese Argumentation, die letztlich
allein auf kriminalpolitischen Überlegungen
beruht, kann allerdings nur in Grenzfällen als
zusätzliche Überlegung angeführt werden!
c)
Fraglich ist lediglich noch, ab welchem Zeitpunkt
von einem vollendeten Diebstahl ausgegangen
werden kann.
Dies ist der Fall, wenn die Ware durch die
Kassenzone
gebracht
wurde
und
der
Zahlungsvorgang abgeschlossen ist. Dann liegt
Vollendung vor.21
2.
Ergebnis: Da auch der subjektive Tatbestand
erfüllt ist und M rechtswidrig und schuldhaft
handelte, hat er sich gemäß § 242 I strafbar
gemacht.
3.
Hinsichtlich der Strafverfolgung ist § 248a zu
beachten.
Prüfungshinweis: Aufbaumäßig ist es nicht
einfach, die Delikte des 1. Tatkomplexes zu ordnen.
Hier werden sie in zeitlicher Reihenfolge geprüft,
möglich ist auch eine Gruppierung nach den
einzelnen Gegenständen.
XII. Konkurrenzen
1.
Die Urkundenunterdrückung durch Überkleben des
alten Preisschilds tritt als notwendige Begleittat
21
Vgl. OLG Köln, NJW 1984, S. 810.
h/w – Dr. Ronneberg/ Dr. Berberich 04/2007
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Frankfurt/M. - Bochum - Konstanz - Heidelberg - Freiburg - Mainz - Berlin - Bonn
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emmer Köln
Hannover - Kiel - Dresden - Marburg - Trier - Jena - Leipzig - Saarbrücken
Bremen - Halle - Rostock - Greifswald - Frankfurt/O. - Bielefeld - Mannheim - Düsseldorf
Strafrecht
Fall 11 - Lösung - Seite 8
hinter § 267 I 2.Alt. zurück. § 303 I wird als
notwendige Begleittat von § 274 I Nr.1
konsumiert.22
auswirkt, während beim Diebstahl der Schaden des
Verletzten durch den eigenmächtigen Zugriff des
Täters auf die Sache herbeigeführt wird.23 Dies hat
zur Folge, dass ein einheitlicher tatsächlicher
Vorgang in Bezug auf dieselbe Sache und
gegenüber demselben Vermögensträger nicht
gleichzeitig als Betrug und Diebstahl gewertet
werden kann.24
Durch das Gebrauchmachen von der Urkunde an
der Kasse (§ 267 I 3.Alt.) liegt eine Teilidentität
der Ausführungshandlungen mit § 263 I vor,
wodurch Handlungseinheit hergestellt wird.
Der Diebstahl der Backmischung an der Kasse
wird zeitgleich mit dem Betrug hinsichtlich der
Campariflasche ausgeführt, sodass hier ebenso
Handlungseinheit anzunehmen ist.
Die Abgrenzung Betrug/Trickdiebstahl ist nach der
inneren Willensrichtung des Opfers vorzunehmen,
wobei in den Fällen des Sachbetruges von der h.M.
ein Verfügungsbewusstsein gefordert wird.
Was den vorangegangenen Diebstahl an den
Pralinen angeht, ist von einer natürlichen
Handlungseinheit und damit Tateinheit (§ 52)
auszugehen, da das Gesamtgeschehen in einem
engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang
steht und daher bei natürlicher Betrachtungsweise
als einheitliches Geschehen zu würdigen ist.
2.
Anmerkung: Hier sind sich Rspr. und Literatur im Gegensatz zum ähnlichen Problem bei der
Abgrenzung zwischen Raub und Erpressung –
einig.25
Fraglich ist daher, ob F einen Gewahrsamswechsel
an dem Einkaufswagen und seinem Inhalt
vornehmen wollte.
Ergebnis: §§ 267 I, 263 I, 242 I, 52.
Gewahrsam
ist
die
von
einem
Sachherrschaftswillen
getragene
natürliche
Sachherrschaft. Ob eine solche vorliegt, wird nach
der Verkehrsauffassung bemessen.26 Dabei ist der
allgemein
anerkannte
Grundsatz
zu
berücksichtigen, dass der einmal begründete
Gewahrsam durch eine bloße Lockerung der
Herrschaftsbeziehung und eine ihrer Natur nach
vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der
tatsächlichen Gewalt nicht beeinträchtigt wird.27
Dies zugrunde gelegt kann nicht darauf
geschlossen werden, dass die F hier ihren
Gewahrsam uneingeschränkt auf den M übertragen
wollte. Vielmehr ging sie davon aus, dass der M
nur kurz neben dem Einkaufswagen stehen bleiben
sollte. Bei ihrer Rückkehr hätte sie aber spätestens
wieder vollen Gewahrsam an dem Einkaufswagen
erlangt. Der kurze Zeitraum zwischen Überlassung
des Einkaufswagens und Rückkehr rechtfertigt es
nicht, von einer Gewahrsamsübertragung zu
sprechen; stattdessen war die F nur mit einer
Gewahrsamslockerung einverstanden.
Tatkomplex 2: Die Weinflaschen
Strafbarkeit des M
I.
§ 263 I StGB durch Veranlassung der F, ihm den
Einkaufswagen zu überlassen
1.
Objektiver Tatbestand
a)
M hat die F darüber getäuscht, dass er auf ihren
Einkaufswagen aufpassen und keine Ware
entnehmen würde.
b)
Dadurch erregte er bei dieser einen entsprechenden
Irrtum.
c)
Fraglich ist, ob in der Hingabe des Einkaufswagens
eine Vermögensverfügung zu sehen ist.
Eine Vermögensverfügung kann daher nur dann
bejaht werden, wenn schon die Herbeiführung
einer
Gewahrsamslockerung
eine
vermögensschädigende Handlung darstellte.
Eine Vermögensverfügung ist jedes Handeln,
Dulden oder Unterlassen, welches sich unmittelbar
vermögensmindernd auswirkt.
Kennzeichnend für den Betrug ist, dass die
Vermögensschädigung
auf
einer
Vermögensverfügung beruht, die das Ergebnis
eines
irrtumsbedingten,
durch
Überlistung
erschlichenen Willensentschlusses des Getäuschten
ist und die sich ohne weitere deliktische Handlung
des Täters unmittelbar vermögensmindernd
Insoweit fehlt es aber an der Unmittelbarkeit der
vermögensmindernden Handlung. Durch das
Herbeiführen der Gewahrsamslockerung allein hat
23
24
25
26
22
So im Ergebnis T/F, § 274, Rn 8.
27
Vgl. Wessels, BT 2, Rn 617 ff.; Krey, BT 2, Rn 384 ff..
So die h.M.; a.A. Herzberg, ZStW 89. Bd., S. 367 ff..
Vgl. BGH bei Holtz, MDR 1987, S. 446 m.w.N. und
ausführlich Fälle 1 und 3.
BGHSt 16, 271, 273.
Siehe Fn 25.
h/w – Dr. Ronneberg/ Dr. Berberich 04/2007
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Bremen - Halle - Rostock - Greifswald - Frankfurt/O. - Bielefeld - Mannheim - Düsseldorf
Strafrecht
2.
sich nicht die Vermögensminderung in Form des
Verlustes der Weinflaschen ergeben.
Tatkomplex 3: Die Vorgänge nach seiner Rückkehr
in den Supermarkt
Der M selber musste erst mit einer weiteren
Handlung dafür sorgen, den Gewahrsam an den
Flaschen zu erlangen.
Strafbarkeit des M
Durch die Gewahrsamslockerung hat die F dem M
nur die Möglichkeit geschaffen, eine unmittelbar
vermögensschädigende Handlung vorzunehmen,
sodass keine Vermögensverfügung vorliegt.
Betrug, § 263 I
1.
Objektiver Tatbestand
Ergebnis: § 263 I ist insoweit abzulehnen.
a)
M hat die Kassiererin nicht ausdrücklich getäuscht.
Indem er aber die Ware auf das Kassenband legt,
gibt er konkludent zu verstehen, die Menge an
Äpfeln entspreche dem an der Ware befindlichen
Preis.
II. Diebstahl
durch
das
Weinflaschen, § 242 I StGB
1.
Fall 11 - Lösung - Seite 9
Entwenden
der
Objektiver Tatbestand
Diesbezüglich entsteht bei der Kassiererin auch
eine entsprechende Fehlvorstellung, also ein
Irrtum.
M müsste die Flaschen, für ihn fremde und
bewegliche Sachen, weggenommen haben.
Spätestens in dem Moment, in dem M den
Supermarkt verließ, hatte M fremden Gewahrsam
gebrochen und neuen Gewahrsam an den Flaschen
begründet und diese folglich weggenommen.
2.
M
handelte
vorsätzlich
und
mit
Zueignungsabsicht. Die erstrebte Zueignung war
auch objektiv rechtswidrig und M handelte
insoweit ebenfalls vorsätzlich.
3.
M handelte rechtswidrig.
4.
Schuldhaftes Handeln ist ebenfalls gegeben.
5.
Ergebnis: § 242 I ist gegeben.
6.
Je nach Wert des Weines ist § 248 a StGB zu
beachten.
Fraglich ist, ob die Kassiererin auch über die
gesamte Menge Äpfel und damit auch über die
zwei nachträglich hinzugefügten Äpfel verfügt hat.
Dies könnte fraglich sein, wenn man darauf
abstellt, dass sie möglicherweise nur über die
Menge an Ware verfügen wollte, die dem in die
Kasse eingegebenen Preis entsprach. Andererseits
war die Ware, die sich in der durchsichtigen Tüte
befand, visuell wahrnehmbar, sodass sich ihre
Einigungserklärung objektiv auch auf die
hinzugefügten Äpfel bezog. Mit der Übergabe ist
folglich
von
einer
wirksamen
Eigentumsverschaffung gem. § 929 BGB
auszugehen. Da sie rechtlich befugt war, über die
Ware zu verfügen, liegen auch die Voraussetzungen
eines Dreiecksbetruges vor. Dem Inhaber des
Supermarktes ist auch ein Schaden entstanden; die
zivilrechtlichen
Herausgabebzw.
Rückabwicklungsansprüche
können
nur
nachträglich den bereits entstandenen Schaden
rückgängig machen.
b)
M
handelte
vorsätzlich
und
mit
Bereicherungsabsicht. Ebenso hatte er Vorsatz
hinsichtlich der objektiv rechtswidrigen und
stoffgleichen erstrebten Zueignung. Folglich ist
auch der subjektive Tatbestand erfüllt.
2.
Er handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.
3.
Ergebnis: M hat sich wegen Betruges strafbar
gemacht.
h/w – Dr. Ronneberg/ Dr. Berberich 04/2007
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ZUR NACHBEREITUNG DES
HAUPTKURSES:
Die nachfolgend unter A. aufgeführten Inhalte sind
die Lernschwerpunkte des Falles und sollten von
Ihnen gezielt nachgearbeitet und anschließend
beherrscht werden. Die in der schriftlichen
Falllösung aufgeführten Aufbauanleitungen sollten
Sie auf Karteikarten vermerken.
a.
das Betanken beobachtet wird
b.
das Bedanken nicht beobachtet wird und A
damit auch nicht gerechnet hat?
Für die Nachbereitung des Hauptkurses ist
außerdem die Bearbeitung der unter B.
aufgeführten Wiederholungs- und Vertiefungsfragen unerlässlich.
Sie sollten diese daher ebenfalls auf Karteikarten
schriftlich beantworten.
Die regelmäßige und sorgfältige Beantwortung der
Wiederholungs- und Vertiefungsfragen garantiert
kontinuierliches und aktives Lernen und dient der
ehrlichen Selbstkontrolle.
A.
Lernschwerpunkte im Fall 11:
1.
Verhältnis
Urkundenunterdrückung
Urkundenfälschung
2.
Gewahrsamsbegriff beim Diebstahl
3.
Abgrenzung Trickdiebstahl/Sachbetrug
B.
Wiederholungs- und Vertiefungsfragen:
1.
Wie ist "Gehören" im Sinne von § 274 I zu
definieren?
2.
Welcher Tatbestand liegt vor, falls mittels
Unterdrücken i.S.d. § 274 I Nr.1 die Urkunde
verfälscht wird?
3.
Definieren Sie die Wegnahme i.S.d. § 242.
4.
Wann wird neuer Gewahrsam begründet?
5.
Wie grenzen Sie Trickdiebstahl vom Betrug ab?
6.
A betankt sein Fahrzeug und hat dabei von
vornherein nicht die Absicht, hierfür zu zahlen.
Wonach hat A sich strafbar gemacht, wenn
zur
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