Toskana/Elba – 2015

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Toskana/Elba – 2015
Toskana/Elba – 2015
Mechthild und Günther Häckl mit Kalle
Toskana/Elba
18. April bis 14. Mai 2015
Toskana: das steht für etruskische Ruinen und mittelalterliche Städte, zauberhafte, hügelige
Landschaften, Weinberge, Chianti (und andere regionale Weine), italienisches Essen und
allgemein italienische Lebensart. Man denkt an die so genannte „Toskanafraktion“:
Kulturschaffende und Alternative aus Deutschland und anderen nördlichen Nachbarländern
Italiens, die in der Zeit nach 68 in der Toskana eine aussterbende Agrarlandschaft (und
wahrscheinlich auch sich selbst) retten wollten, vor der Logik des Kapitalismus, der für
liebliche Landschaften allein nichts übrig hat. Die Toskana wurde der Nichtverwertbarkeit
entrissen und damit – paradoxer Weise – vor dem Kapitalismus durch den Kapitalismus von
Menschen gerettet, die den Kapitalismus überwiegend kritisch sahen. Aber das war nur so
ein allgemeines eher diffuses Bild, das die Toskana zu einem interessanten Ziel machen
kann, aber natürlich nicht die wahre Motivation für unsere Reise.
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„So sitz ich am liebsten
von hinten angeweht.
Ich frag mich: Gibt’s denn
wohl wen, der nicht drauf steht?
Vom Arno kommt das Wehn
direkt von Süden her,
den Wind kannst du nicht sehn,
du spürst ihn jedoch sehr.
Das, was da weht und fächelt,
weiß nichts von Ziel und Sinn.
Der, der da sitzt und lächelt,
genießt, schweigt und schreibts hin.“
Robert Gernhardt
Die Toskana heute, eine Region als Kristallisationspunkt für unsere Vorstellung von einer
Symbiose zwischen gepflegter Landschaft, traditionsreicher Urbanität und vielfältiger Kultur.
Genährt durch eigene frühere Reisen in und durch die Region und von dem, was
Reiseführer und Toskana-erfahrene Freunde und Bekannte begeistert berichten.
Aber, das wissen wir ja schon von früheren Reisen, zwischen solchen Bildern, und dem was
wir dann wirklich erleben, liegen nicht selten Welten, mindestens aber kleinere oder auch
größere Unterschiede. Und jetzt das Ganze auch noch mit einem Wohnmobil, mit Hund und
als erste große Reise dieser Art, als Aufbruch in eine neue Zeit. Wahrscheinlich kommt alles
ganz anders als erwartet...
...richtig geplant haben wir nur die ersten beiden Stationen.
Stationen der Reise
Station 1 ist ein Campingplatz am Forggensee bei Füssen (ca. 540 km von Kassel). Dass
der Forggensee ein Stausee ist, haben wir vorher (zu viel Recherche für eine
Übernachtung?) nicht gewusst. Es ist aber sofort am Uferprofil zu erkennen, da die
Wasserlinie deutlich unterhalb des maximalen Wasserstandes liegt. Wir kurven nach der
Anmeldung an der Rezeption über den Platz, um dann ganz unten, fast direkt am See, einen
Platz zu finden. Es ist klarer Himmel und in der Sonne schon ganz angenehm. Ein Weg
führt vom See zurück und an den höher gelegenen Eingang des Campingplatzes. Genau
der richtige Weg mit dem Hund. Wunderbarer Weise ist der Campingplatz auch noch mit
einem Restaurant (italienische Küche) kombiniert. Das erspart die Selbstversorgung. Das
Restaurant ist sehr gut besucht, was ja erstmal kein schlechtes Zeichen ist (und dies obwohl
der Campingplatz kaum Gäste hat). Das Essen ist nicht schlecht, die Preise angemessen. In
der Nacht aber ist es empfindlich kalt. Ohne Heizung geht es nicht. Wir müssen voller
Mitgefühl aber auch Dankbarkeit für unseren Komfort an die beiden Frauen denken, die eine
Terrassenstufe weiter oben offenbar in ihrem Kombi übernachtet haben und am nächsten
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Morgen vor ihrem Auto im Freien bei knapp über 0 Grad frühstücken. Mal eben nach Füssen
passte nicht in unsere Reiseplanung, wäre aber mit dem Bus möglich.
Station 2 ist der Gardasee (ca. 350 KM vom
Forggensee entfernt), den wir bisher auch
nur von kurzen Zwischenstationen kennen.
Ein Buch hat uns den See in letzter Zeit
wieder näher gebracht: „Die Liebe in groben
Zügen“ von Bodo Kirchhoff. Auch wenn der
See dort lange als „Bènaco“ (alter italienischer Name für den See) „getarnt“ und eher
mystisch verklärt wird, hat dieser Roman uns den See auch literarisch interessant gemacht.
Nach einigen Abwägungen haben wir uns für den Ort Malcesine entschieden (das Goethe
hier war, war dabei nicht wirklich
entscheidend). Malcesine liegt etwa auf
halber Strecke von Nord nach Süd am
Ostufer des Sees. Eigentlich wollen wir nur
eine Nacht bleiben, entscheiden uns dann
aber doch angesichts des schönen Wetters
und des eigenen Erholungsbedürfnisses
dafür, eine weitere Nacht dort zu bleiben
(Camping „Claudia“). Der Campingplatz liegt
zwar, durch eine Straße getrennt, nicht
direkt am See (was hier auch gar nicht
möglich wäre), ist aber andererseits noch
nahe genug am See (ca. 30 m). Bis auf das
Wochenende ist die Straße zwischen
Campingplatz und See zu dieser Jahreszeit
auch nicht zu sehr befahren. Die Größe und
die Ausstattung des Platzes entsprechen
unseren Ansprüchen (nicht zu groß, nicht zu
organisiert, trotzdem gut gemacht und
bezahlbar). Allerdings sind es ca. 2 KM bis
zum Ortszentrum von Malcesine. Zu Fuß ist man doch schon fast 30 Minuten unterwegs. Mit
unserem Roller ist es natürlich nur ein Klacks. Insgesamt ein sympathischer kleiner Ort mit
einem historischem Zentrum mit kleinen Gassen, einer Burg, einigen Restaurants, einem
Supermarkt und der Möglichkeit (die wir aber nicht nutzen) per Seilbahn zum Monte Baldo
bis auf fast 1.700 m „aufzusteigen“.
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Schon ein bisschen entschleunigt fahren wir
nach zwei Nächten weiter zu unserer
(beinahe) Station 3 und unserem ersten Ziel
in der Toskana: Luca. Der Weg über die
Autobahn Richtung Florenz an Modena und
Bologna vorbei, über eine Autobahn, die
streckenweise nur aus Tunneln, Brücken,
Steigungen, Abfahrten und Kurven zu
bestehen scheint, und auf der gerade sehr
viele LKW unterwegs sind (es ist Dienstag), verlangt eine konzentrierte Fahrweise. Mit der
Entschleunigung ist es dadurch auch schon wieder fast vorbei. In Luca steuern wir zuerst
den 2 KM außerhalb liegenden Stellplatz (fast ein Campingplatz) an. Der ist sehr grün, aber
eben auch recht weit vom Zentrum entfernt. Und dass er in der Nähe eines Schiesstandes
liegt, ist gerade auch nicht zu überhören. Also doch zum Stellplatz in der Nähe das
Zentrums. Eine geteerte Fläche und viele Wohnmobile empfangen uns. Die 10 Euro werfen
wir ein und fahren auf den Platz. Es sind
noch einige Stellplätze frei. Aber irgendwie
schön ist es hier an der recht befahrenen
Strasse nicht und wie man hört soll hier auch
schon häufig in abgestellte Wohnmobile
eingebrochen worden sein. Eine
Wohlfühlatmosphäre will nicht aufkommen.
Doch erst mal machen wir einen
Spaziergang in Richtung Zentrum (schon
vom Stellplatz aus ist die Stadtmauer zu
sehen).
Wir spazieren also, nachdem wir alle zusätzlichen Sicherheitsschlösser verriegelt und die
Alarmanlage in Betrieb gesetzt haben, mit unserem alten Kalle ins historische Zentrum
hinter der Stadtmauer. Wir finden einen schönen Platz und geben uns dem Bedürfnis nach
Cappuccino hemmungslos hin.
Als wir dann wieder zum Stellplatz
zurücklaufen, wird uns klar, dass
Stadtbesichtigungen und Übernachtungen
auf Stellplätzen, wie in Luca, sich nicht mit
unserem Hund vertragen. Luca wird zum
Game-Changer. Wir beschließen nach einer
Grundsatzdiskussion den Resetknopf zu
drücken. Statt Städte der Toskana wollen
wir zunächst dort hin, wo wir uns auch mit
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unserem Hund und seinem Handicap wohlfühlen können. Ich schlage Sardinien oder Elba
vor und die Wahl fällt auf Elba. Dann müssen wir auch nicht auf dem Stellplatz in Luca
übernachten. Den Verlust der 10 Euro nehmen wir dabei erleichtert in Kauf.
Wir steuern einen Campingplatz im ca. 10 KM entfernten Marina di Pisa an, kommen aber
irgendwie mit dem Navi nicht so richtig zu recht und fahren deshalb weiter Richtung Livorno,
möglichst immer nahe an der Küste, da es hier einige Campingplätze geben soll. Vor
Livorno finden wir aber keinen Campingplatz und fahren deshalb weiter Richtung Piombino.
Wir landen schließlich kurz vor Einbruch der Dunkelheit als Station Nr. 4 auf einem
Campingplatz der sich als einer der eher vernachlässigten Art, mit dem Charme der 60ziger
Jahre herausstellt. Wer macht denn hier nur Urlaub, fragen wir uns am nächsten Morgen,
nachdem Mechthild beim Spaziergang mit dem Hund festgestellt hat, dass nicht nur der
Campingplatz wenig reizvoll ist, sondern auch die ganze Gegen drum herum nichts schönes
zu bieten hat. Immerhin können wir hier abends zu zweit für etwas mehr als 20 Euro zu
Abend essen: Pizza, Creme Brulee, Wein, Espresso. Neben den Preisen erinnern auch
Ambiente und Personal dabei irgendwie an die Gastronomie der DDR. Fotos haben wir wohl
vor lauter Fluchtgedanken nicht gemacht.
Als wir dann am nächsten Morgen ohne Frühstück aufbrechen, stellt sich uns schon nach 2
Kilometern eine hochgezogenen Brücke in den Weg: ein Segler fährt durch den Kanal und
wir müssen warten: eine Herausforderung für den noch nicht wirklich entschleunigten
Fahrer. Aber es geht ja doch irgendwann weiter. Und auf einer vierspurigen Straße ohne
Gebühren, aber mit umso mehr Schlaglöchern, fahren wir weiter in Richtung Piombino und
spüren das Haushaltsdefizit Italiens buchstäblich am eigenen Leibe.
Den Fährhafen in Piombino finden wir dank Navi und der weitgehend übereinstimmenden
Beschilderung ohne Komplikationen. 80 Euro kostet die Überfahrt, die nur ! Stunde später
startet. Wir entscheiden uns (vermutlich weil ich schon früher
immer mit Toremar gefahren bin) für die Gesellschaft
Mobyline/Toremar.
Das Wohnmobil haben wir recht problemlos auf dem unteren
Deck, auf der Ebene für die Autos geparkt (Befürchtungen
meinerseits als „Anfänger“, wir könnten bei einer steilen
Auffahrtrampe mit unserer Rollerbühne aufsitzen, haben sich als
völlig unbegründet herausgestellt) und genießen das sonnige
Wetter und – was sonst - einen Cappuccino bei der Überfahrt,
die nur 1 Stunde dauert.
Auf Elba legen wir im Fährhafen von Portoferraio an. Mit einem kleinen Umweg durch das
historische Zentrum finden wir die kleine Landstraße nach Lacona, dem Ort den wir uns als
Ziel ausgeguckt haben. Es dauert hier auf Elba, egal wo man hinfährt, nicht lange, bis man
ans Ziel kommt. In Lacona finden wir ohne Probleme unsere Station Nr. 5 den Campingplatz
„Tallinucci“ der uns den besten Eindruck im Campingführer gemacht hat. Und tatsächlich ist
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dieser Platz ausgesprochen sympathisch, für italienische Verhältnisse super organisiert, mit
einer angenehmen Übersichtlichkeit und seiner tollen Lage direkt hinter dem Sandstrand der
Bucht von Lacona.
Der Platz selbst und die vielen netten Schweizer, die hier bereits seit teilweise 40 Jahren
regelmäßig campen, wirken so unaufdringlich und überzeugend, dass wir sogar nach einem
ersten Aufbruch zur Inselumrundung , mit der Absicht noch weitere Campingplätze
kennenzulernen, und trotz der doch vergleichsweise hohen Preise, wieder zu unserem
Ausgangspunkt Lacona - „Tallinucci“ zurückkehren (dazu später mehr). In der schattigen
Intimität unseres zweiten Stellplatzes auf demselben Campingplatz gelingen selbst
schwierige Telefonate mit der Heimatfront. Der Platz ist jetzt aber doch schon deutlich voller,
als bei unserer ersten Ankunft.
An der Bucht von Lacona, mit ihrem breiten
Sandstrand und der einzigen Düne der Insel
dürfen – dem Naturschutz sei Dank - keine
Hotels gebaut werden. Deshalb ist diese
Bucht noch recht natürlich und selbst an
sonnig-warmen Wochenenden gibt es zu
dieser Jahreszeit kein Gedränge. Im
Hochsommer dürfte das allerdings anders
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sein aber sicher immer noch weit entfernt von der Fülle der Strände die man z. B. auf
Mallorca findet.
Unser Standort bietet auch einige Wandermöglichkeiten (die wir allerdings mit unserem
alten Hund kaum nutzen können) und man ist mit dem Roller schnell in Porto Azurro, oder
Capoliveri. Selbst entfernteste Ziele auf der Insel könnte man mit dem Roller in gut einer
Stunde erreichen. Insofern bedeutet also die Entscheidung für den einen Campingplatz auch
für das Kennenlernen der Insel nicht wirklich eine große Einschränkung.
Elba ist überschaubar. Kleine und kleinste
Ortschaften, Städtchen die zwischen 5.000
und 12.000 Einwohner haben, in denen aber
doch das italienische Leben pulsiert (und
natürlich auch der Tourismus), mit
Restaurants, Bars, Eisdielen, kleinen
Geschäften, kleinen Häusern, die noch
erahnen lassen, wie eng man hier wohnte
und teilweise immer noch wohnt. Die
Landschaft ist hügelig bis bergig (Höchster
Berg ist der Monte Capanne mit ca. 1.000 m), die Straßen sind eng und kurvig.
Olivenbäume, Weinreben, Obstbäume, Pinienwälder kennzeichnen die Vegetation ergänzt
durch viele Pflanzen deren Namen und Verwendung wir leider nicht recherchiert haben. Das
Meer ist immer nah, mal an einer Steilküste, mal an einer breiten sandigen oder engeren
steinigen Bucht. Fischfang wird offensichtlich noch betrieben, so dass auch das Angebot an
Fisch und Meeresfrüchten groß ist (ein älterer
Fischer bietet den Campingplatzgästen
regelmäßig fangfrischen Fisch an).
Und Fisch gibt es auch in einem Restaurant ganz
nahe am Campingplatz in einer eher
unscheinbaren Holzhütte, aber mit doch sehr
gutem Essen. Hier kann man auch tagsüber mal
einen Cappuccino trinken (Cappuccinokurs =1,60
") oder ein Eis (aus dem italienischen LangneseSortiment, oder wie die Firma dort heißt) essen.
In diesem einfachen Restaurant sitzen wir auch
eines Abends und lernen ein deutsches
Camperpaar kennen. Sie erzählen eifrig von
ihrem Mobil, ihren Campingerfahrungen und sie
zeigt Mechthild Fotos ohne Ende während er mir einen Vergleich unserer Wohnmobile
aufnötigt. Trotz eines wolkenbruchartigen Regens mit Gewitter verabschieden wir uns
irgendwann hastig und rennen zu unserem Wohnmobil. Völlig durchnässt aber froh der
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Reizüberflutung entkommen zu sein, sitzen wir dort im Trockenen nachdem wir die
„Klamotten“ gewechselt haben.
Unser Hund hat, so sagten wir halb
scherzhaft, halb im Ernst, „Pflegestufe 2“
und deshalb sind die Ausflüge für uns auf
einen Zeitraum von maximal 5 Stunden
begrenzt. Aber das reichte schon, um je
zweimal nach Portoferraio und Capoliveri zu
fahren. Und auch in Porto Azurro waren wir
einmal gemeinsam. Daneben haben wir
kleine Wanderungen bzw. längere
Spaziergänge in der näheren Umgebung
gemacht. D. h. Elba ist nicht unbedingt der
richtige Platz für einen Urlaub mit viel Kultur
und Städtetouren sondern für naturnahe
Erholung am Meer.
Wie schon erwähnt, sind wir in der Mitte
unserer Zeit auf Elba zu einer
Inselerkundung mit dem Wohnmobil
aufgebrochen. Angehalten haben wir,
nachdem wir den Monte Capanne umrudet
hatten, dabei vor allem in Poggio (ein
idyllisches Dorf in den Bergen) und in
Marciana Marina (einem Badeort auf der
Nord-Seite der Insel). Für Wohnmobilcamper scheint es nicht gerade viele „freie“
Stellmöglichkeiten zu geben. Die Insel ist
auf dieser Seite bergig bzw. Richtung Meer
steil abfallend, so dass wenig Fläche für
Stellplätze bleibt (allerdings haben wir einen
Campingführer dabei, der von einigen
Stellplätzen berichtet, den wir aber nicht zu
Rate ziehen, da wir ja ohnehin
Campingplätze bevorzugen).
Unsere Rundfahrt endet vorerst mit der
Besichtigung eines Campingplatzes auf der
Landzunge vor Portoferraio (Capo Enfola).
Von hier wären es nur 4 Kilometer bis ins
Zentrum der Haupstadt. Aber wir sind verwöhnt vom Campingplatz Tallinucci und der Bucht
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von Lacona und können uns nicht mit dem Campingplatz anfreunden. Wir beschließen
demnächst von Lacona aus mit dem Roller nach Portoferraio zu fahren und kehren wieder
zu unserem Ausgangspunkt (Station Nr. 5) zurück.
Nach insgesamt ca. 2 Wochen auf Elba fühlen wir uns ausreichend gestärkt, um doch noch
einiges von der Toskana zu sehen. Wir
wollen Volterra, San Gimignano und Siena
besuchen, um unser ursprüngliches
Reiseziel nicht ganz aus den Augen zu
verlieren, und weil sich in uns jetzt doch
auch ausreichende Lust auf Kultur und
Städte entwickelt hat. Unseren Hund werden
wir bei den Städtausflügen und Rollertouren
im Wohnmobil lassen.
Die Abreise von Elba gestaltet sich problemlos. Das Ticket für die Fähre, das am Tag vor
der Abreise am Fährhafen von Portoferraio noch 90 Euro kosten sollte, kaufen wir direkt vor
Ablegen der Fähre am Tag der Abreise für 60 Euro (wieder bei Mobyline/Toremar, die
Preisgestaltung durchschauen wir nicht, freuen uns aber das wir die Tickets nicht am Vortag
gekauft haben). Reservierung ist auf jeden Fall um diese Jahreszeit nicht erforderlich. Vom
Ticketkauf geht es direkt auf die Fähre und
nach nur 20 Minuten legt diese ab. 1 Stunde
später sind wir wieder auf dem Festland in
Portofino und fahren auf der uns bekannten
4-spurigen Rüttelstrecke Richtung Norden.
Nach ca. 3 Stunden haben wir Volterra über
zuletzt sanft geschwungene, teils auch enge
Landstraßen und kleine Orte erreicht und
uns auf dem Campingplatz Le Balse unserer Station Nr. 6 - eingerichtet.
Der Campingplatz liegt wunderbar, direkt auf
einem Hügel vor der Stadt und unmittelbar
angrenzend an Reste etruskischer Mauern.
Ein Platz, der zu dieser Zeit nur wenig
frequentiert ist, ohne vorgegebene
Stellplätze und der offensichtlich nicht mehr
sein will als ein praktischer, schön
gelegener, ortsnaher Campingplatz mit
ausreichenden Einrichtungen.
Von den dortigen etruskischen Mauerresten
hat man einen großartigen Blick in das bergig-hügelige Umland von Volterra und auch auf
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die Stadt selbst. Noch unvertraut mit den örtlichen Gegebenheiten machen wir uns an der
Straße entlang auf ins historische Zentrum. Später entdecken wir den deutlich schöneren
Weg durch das Viertel von Le Balse.
Volterra ist wirklich besonders. Hier fühlt man sich
(beinahe) ins Mittelalter zurückversetzt. Das kann auch
bedrückend wirken, je nach Persönlichkeit und Stimmung.
Auf jeden Fall ist die historische, bauliche Dichte und
Geschlossenheit beeindruckend. Und, Volterra ist, wie wir
später im Vergleich insbesondere zu San Gimignano
feststellen, touristisch nur moderat frequentiert. Oder
anders gesagt, hier prägen die Einheimischen (und nicht
nur Nonnen) noch sehr stark das Bild der Stadt (so ist der
anspruchsvolle Tourist eben: er möchte selbst überall hin,
aber dort dann keinem anderen Touristen begegnen).
Unsere nächste Station Nr. 7 war der Campingplatz in San
Gimignano (oder besser gesagt der
Campingplatz Boschetto di Piemma, der 2
Km vor den Toren dieser Stadt liegt). Hier ist
alles etwas feiner als in Volterra und das
Restaurant des Campingplatzes erweist sich
dann am Abend als wirklich gute Adresse.
San Gimignano zieht deutlich mehr Touristen
an als Volterra. Offensichtlich haben es die
Marketingleute der Stadt geschafft die
mittelalterlichen Wohntürme, die das Bild der
Stadt prägen, als Alleinstellungsmerkmal so
bekannt zu machen, dass kaum ein Besucher
der Toskana an San Gimignano vorbei
kommt. Jedenfalls schieben sich tagsüber
erheblichen Menschenmengen durch die
Stadt und haben sich viele Geschäfte auf
vermeintliche oder tatsächliche touristische
Bedürfnisse eingestellt. Zufällig entdecken wir
aber auch eine wunderbare Galerie, die
interessante moderne Kunstobjekte
präsentiert.
Die Stadt und ihre Wohntürme (16 sollen von
vormals über 60 noch erhalten sein) sind ja
auch wirklich beeindruckende Zeugnisse
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einer Zeit in der San Gimignano prosperierte und die Wohntürme (das ist zumindest eine
Deutung) als weithin sichtbare Symbole des Reichtums der Geschäftsleute der Stadt
errichtet wurden.
Der Weg vom Campingplatz ins historische
Zentrum dauert etwa eine halbe Stunde auf
einem Gehweg, entlang einer nicht
besonders stark befahrenen Landstraße.
Am Abend gehen wir dann auf Empfehlung
eines deutschen Paares, das hier schon
häufiger gewesen ist, in das Restaurant des
Campingplatzes. Sieht man einmal von dem
etwas trockenen Hähnchen ab (das man als
Insider wohl nicht bestellen würde), dann
war das Essen wirklich sehr gut (besonders
die Penne mit Wildschwein-Ragout), und das
verbunden mit einem fantastischen Blick auf
das Panorama der langsam in die
Dämmerung eintauchenden Stadt San
Gimignano.
Trotzdem beschließen wir schon am
nächsten Tag weiterzufahren (ursprünglich
wollten wir 2 Nächte bleiben - zu viele
Touristen?). Am nächsten Morgen machen
wir uns also auf den Weg durch die
toskanische Bilderbuchlandschaft in
Richtung Siena.
Der Campingplatz in Siena – unsere Station Nr. 8 – lässt
sich leicht durch die gute Ausschilderung finden. Der Platz
liegt oberhalb der Stadt, ist Terassen-förmig angelegt und in
verschiedene Zonen für Zelte, Wohnwagen und Wohnmobile
unterteilt (Soziale Differenzierung?). Für Wohnmobile ist
noch genügend Platz vorhanden. Die sanitären
Einrichtungen sind durchaus modern und sauber. (Nur,
warum werden defekte Schließgarnituren an den Türen nicht
durch entsprechende Ersatzteile oder neue Türgriffgarnituren
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ersetzt, sondern durch einfachste Schließriegel aus
Metall, die wüst an die Alutüren und -rahmen
geschraubt werden. Ein Phänomen, das einem immer
wieder in den Südeuropäischen Ländern begegnet.
Fehlende Handwerksausbildung oder die kreative
Ästhetik der Improvisation? Mich jedenfalls stören
solche unnötigen „Barbareien“!)
Es gibt eine Bushaltestelle direkt am Eingang des
Campingplatzes von der Busse ins Zentrum fahren. Ich
fahre aber, zunächst alleine als Vorhut, mit dem Roller
ins Zentrum. Einen Parkplatz finde ich ganz in der
Nähe des historischen Zentrums in einer Straße in der
ganz viele Roller und Motorräder geparkt sind und die
für Autos nur in eine Richtung befahrbar ist (der
Vespafahrer ist hier König). Eine erste Erkundungstour
führt zur prachtvollen Kathedrale, deren Fassade mit
Bändern aus schwarzem und weißen Marmor auf eine
besondere Art gestaltet ist und die, da sie auf einem
Hügel liegt, schon von weitem sichtbar ist.
Ich fahre dann wieder zurück zum Campingplatz. Am
späten Nachmittag geht es dann noch einmal
gemeinsam mit dem Roller in die Innenstadt. Wir
durchstreifen das historische Zentrum spüren dem Flair der Stadt nach und landen am
Abend – natürlich – auf dem berühmten zentralen Platz „Piazza del Campo“. Hier sitzt man
wirklich ganz wunderbar, Mitten in einer Mischung aus Einheimischen und Touristen. Das
hier zwei mal im Jahr das berühmte Pferderennen
stattfindet, das wohl für die Pferde nicht immer gut
ausgeht, sieht man dem Platz wirklich nicht an.
Gegenüber von unserem Lokal steht das historische
Rathaus mit dem 102 m hohe Glockenturm „Torre del
Mangia“ der die Stadtwappen trägt.
Am nächsten Tag machen wir mit dem Roller einen
Ausflug in die Umgebung von Siena, die Grete
(Toskanische Landschaft wie man sie erwartet). Das
Wetter ist herrlich warm und so bläst uns ein angenehm
lauer Wind unter unsere Jacken und Helme, während wir auf der Vespa durch diese
wunderbar hügelige Landschaft fahren. Zypressenalleen als Auffahrten zu den einsamen
Gehöften auf den Hügeln lassen Postkartenmotive an uns vorbeiziehen und geben uns
irgendwie dieses (fast echte) Toskanagefühl.
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Wir werden sicher ohne Hund aber mit
Wohnmobil und Roller die Toskana noch
häufiger besuchen. Jetzt aber nehmen wir
Abschied von Siena und der Crete und fahren
zu unserer Rückreise-Station Nr. 9, Lazise am
Gardasee (Mechthild hat es so gut auf der
Hinreise gefallen, das sie gerne noch mal am
See Station machen möchte). Als wir dort nach
flotter Fahrt ankommen müssen wir allerdings
feststellen, dass jetzt deutlich mehr los ist, als auf unserer Hinreise. Vermutlich liegt das
auch am Ort, denn die Gegend um Garda ist deutlich touristischer als Malcesine. Der
ausgewählte Campingplatz in Garda ist einfach
zu voll und so landen wir auf einem wirklich
großen, stramm durchorganisierten
Campingplatz in Lazise (Ansagen über
Lautsprecher informieren täglich über das
Animations-Programm). Vorteil des Platzes: es
ist im oberen Teil noch recht „luftig“ und der
Platz liegt ohne Straße dazwischen, direkt am
See. Aber trotzdem ist das nicht so unsere
Kategorie. Doch für 2 Tage wird es sicher
gehen und man kann von dort aus mit dem Roller gut diesen Teil des Gardasees erkunden.
Am nächsten Tag starten wir dann auch mit dem Roller
eine Erkundungstour am See entlang bis nach
Sirmione, das am Südufer des Sees auf einer
Landzunge liegt die ca. 1 Kilometer in den See
hineinragt. Eine der Attraktionen dieses Ortes ist das
Wasserschloss (Castello Scaligero). Der Ort ist
insgesamt sehenswert mit seinen engen Gassen und
Häusern z. T. aus dem Mittelalter. Was leider auch
dazu führt, dass hier viele Touristen sind. Trotzdem
sehenswert.
Auch Lazise selbst ist ein wirklich schöner kleiner Ort
(knapp 7.000 Einwohner), mit einem Stadt-Hafen, um
den herum viele Restaurants und Bars zum Verweilen einladen und wo wir auch am Abend
einen Platz zum Essen finden. Die Auswahl an Fischgerichten ist hier recht groß. Lazise hat
ebenfalls eine Burg (aus dem 9. Jahrhundert), die wir auf unserem Weg vom Campingplatz
in den Ortskern passieren.
Nach 2 Nächten fahren wir weiter zu unserer letzten Station Nr. 9 vor der Rückkehr nach
Kassel: Oberstdorf. In Oberstdorf haben wir schon mal einen schönen Kurzurlaub Anfang
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Oktober 2007 nach unserem Einzug in die Lippoldsberger Straße gemacht. Außerdem passt
es von der Fahrstrecke her ganz gut.
Wir entscheiden uns für den einfachen
Campingplatz (Camping in Oberstdorf), der ca.
1,5 KM vom Ortszentrum entfernt, (nahe an
den Bahngleise) liegt (zur Hälfte ca. von
Dauercampern genutzt). Hier wollen wir noch
mal 2 Nächte bleiben und ein wenig wandern.
Am Tag nach unserer Ankunft geht es dann zu
Fuß vom Campingplatz durch den Ortskern
und dann weiter zum Freibergsee. Wir sind
doch überrascht, dass der Weg so lange recht
steil bergauf führt und machen uns auch
Sorgen um unseren alten Hund. Doch dann ist
der Aufstieg geschafft und wir können, bei
bestem Wetter, die Gastronomie am See
genießen bevor es wieder zu Tal geht.
Von Oberstdorf geht es dann am Donnerstag
einem Feiertag (Christi Himmelfahrt) bei
mäßigem Verkehr zurück nach Kassel. Besatzung und Mobil sind, von kleinen Defekten am
Mobil abgesehen unversehrt und guter Dinge wieder zurück.
Fazit
Als wir nach fast 4 Wochen wieder zu Hause ankommen, können wir folgendes feststellen.
1. Die Reise war zwar doch anders als wir uns das gedacht haben, aber das ist ja ein
großer Vorteil von einem Wohnmobil, dass man flexibel ist und den Reiseplan
jederzeit ändern kann.
2. Städtetouren mit einem kranken Hund sind nicht unbedingt empfehlenswert.
3. Elba ist eine wunderbare kleine Insel für naturnahe Erholung am Meer (mindestens
in der Vorsaison). Ein Roller (oder Fahrräder ) vergrößern die Reichweite.
4. Die Toskana ist – gerade mit Wohnmobil und Roller – wunderbar zu entdecken. Man
braucht dafür aber Zeit (und sollte keinen Hund dabei haben).
5. Um ein kleineres Budget einzuhalten müssten wir deutlich mehr selber kochen.
6. Wir könnten auch deutlich länger unterwegs sein!
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