Kaffee-Anbau im Land der Inkas - Bertschi-Café

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Kaffee-Anbau im Land der Inkas - Bertschi-Café
STIMMEN AUS DEM SÜDEN – FEBRUAR 2012
Kaffee-Anbau im Land der Inkas
Um dem Leser ein besseres Verständnis über
den Kaffeeanbau in Peru zu vermitteln, möchte ich die Berichterstattung mit einigen generellen Daten und Informationen beginnen.
Durch die geographischen Gegebenheiten ist
Peru ist ein privilegiertes Land.
mung die entlang der Westküste Südamerikas fliesst, dem Peru seine äusserst reichen
Fischgründe zu verdanken hat.
Wegen seinem Reichtum an Bodenschätzen,
vor allem Gold, Silber und Kupfer, gehört das
Land weltweit zu den grössten Produzenten
Einer relativ schmalen und mehrheitlich
wüstenartigen Küstenregion, dessen Strände
vom Pazifik gebadet werden, folgt, wenn man
ostwärts geht, ein kontinuierlicher, zum Teil
steiler Anstieg in die wilde und zerklüftete
Andenregion, deren höchster Gipfel der Huascarán mit 6.768 m.ü.M. ist.
Die drei Regionen Küste, Anden und Urwald
Auf der östlichen Seite der Anden, zwischen
400 und 1,800 m.ü.M, finden wir die Region die als Rupa-Rupa oder Ceja de Selva
bekannt ist, zu Deutsch der Hoch-Urwald.
Es ist in dieser Gegend, vor allem zwischen
800 und 1,600 m.ü.M. in der Kaffeeanbau
betrieben wird. Weiter nach Osten flacht die
Landschaft danach sanft in Richtung Amazonasbecken ab.
Es ist der Existenz dieser drei Klimazonen
(Küste, Anden, Urwald) zu verdanken, dass
Peru über eine einmalig reichhaltige Vielfalt an Agrarprodukten verfügt. Dazu kommt
der Humboldtstrom, eine kalte Meeresströ-
dieser Rohstoffe. Auch ist Peru einer der
grössten Exporteure von Fischerei-Produkten.
Es sind diese beiden industriellen Aktivitäten,
die den Grossteil der Einnahmen ausmachen.
Der Erlös der Kaffeeexporte ist im Vergleich
zum Wert der Mineralien und FischereiProdukte sehr bescheiden. Im Jahre 2010
wurden zum Beispiel Mineralien im Wert von
21.70 Milliarden USD exportiert, dagegen war
der Wert der Kaffeeexporte “nur” 887 Millionen USD.
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Wenn man hingegen nur die Agrarexporte
berücksichtigt, ist Kaffee mit ca. 30% klarer
Spitzenreiter. Weitere wichtige Produkte sind
unter anderem Spargeln (10 %), Trauben
(6%), Mango (3%), Artischocken (3%), Paprika und Kakao.
Als immer wichtigere Einnahmequelle darf
man den Tourismus nicht vergessen. Dank
Machu-Pichu, der weltbekannten Ruinenstadt
die die Inkas im 15. Jahrhundert in 2,360
Metern Höhe erbauten, kommen jährlich viele
tausende Besucher (die tägliche Besucherzahl liegt bei etwa 2.000 Personen). Aber es
gibt noch viele andere kulturelle und geographische Sehenswürdigkeiten wie z.B. Kuelap,
das sogenannte Machu-Pichu des Nordens,
die Linien von Nazca, die Urwaldstadt Iquitos
mit seinem Zugang zum Amazonas oder den
Manu-Naturpark.
Die Geschichte des Kaffeeanbaus in Peru
beginnt vor ungefähr 200 Jahren. Die ersten
Kaffeebauern waren in den nordöstlichen
Regionen von Cajamarca und Amazonas sowie
dem zentral gelegenen Chanchamayo-Tal
tätig. Es ist dieses Tal, dass von vielen deutschen, österreichischen und italienischen
Siedlern bevorzugt wurde und die sich in grossem Umfang dem Kaffeeanbau widmeten.
Etwa ab 1930 konsolidiert sich Chanchamayo
dank privater Investitionen in moderne Anbau-
Mann in traditioneller Anden-Tracht
sowie Verarbeitungsmethoden als Hauptproduzent. In den 50-er und 60-er Jahren etabliert
sich der peruanische Kaffee dank sich stetig
verbessernder Qualität auf internationaler
Ebene.
Diese positive Entwicklung wurde durch
eine im Jahre 1968 von der Militärregierung
verfügte Agrarreform, die weitflächige Enteignungen beinhaltete, unterbrochen und
bewirkte einen dramatischen Einschnitt in die
Entwicklung der Landwirtschaft. Es ist dieser
ein entscheidender Faktor für das Auftreten von kleinen Bauern, die inzwischen die
Mehrzahl der Kaffeeproduzenten des Landes
ausmachen. Dem erneuten Interesse an der
Kaffeeproduktion nach der Rückkehr zur
Touristenziel: Inka-Ruinenstadt Machu-Pichu
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Demokratie Anfang der 80-er Jahre folgen jedoch bald neue dramatische Umstände. Etwa
Mitte der 80-er Jahre wurde der „Leuchtende
Pfad“, eine terroristische Gruppe mit maoistisch-leninistischem Gedankengut, in den
Kaffeeanbaugebieten des Chanchamayo-Tals
sowie in den nördlichen Produktionsgebieten
immer gegenwärtiger und vertrieb durch ihre
Gewalt viele Produzenten, deren Land danach
brach lag.
Erst Anfang der 90-er Jahre, als der Anführer
Abimael Guzman gefasst wurde, kehrte langsam wieder Ruhe und Frieden ein, und damit
die Konditionen zur Rückkehr der geflüchteten Produzenten. Seitdem ist die Produktion
wieder kontinuierlich gestiegen. Auch die
Qualität hat sich durch die Arbeit von Hilfsorganisationen und Investitionen von privaten
Exporteuren weiter verbessert.
Heutzutage zählt Peru mit einer Produktion
von ca. 4.5 Millionen 60-kg Säcken zu den
Top-Produzenten von gewaschenen Arabica-Kaffees. Insgesamt werden zurzeit ca.
330,000 ha bebaut, 85% davon von Produzenten, die weniger als 5 ha besitzen.
Der Norden (Piura, Cajamarca, Amazonas,
San Martin) produziert ca. 50%, das Chanchamayo-Tal (Pasco, Junin) ca. 20%, der Rest
verteilt sich auf die südlichen Gebiete (Ayacucho, Apurimac, Cusco, Puno).
Der Anbau erfolgt mehrheitlich im Schatten
von einheimischen Bäumen, ohne Benutzung
von chemischen Düngemitteln oder Pestiziden. Durch das unebene Gelände kommt der
Einsatz von Maschinen zur Bewirtschaftung
der Fincas nicht in Frage, weshalb die ganze
Arbeit von Hand gemacht werden muss.
Typisches Siedlerhaus in Oxapampa
Die wichtigsten Varietäten, die angepflanzt
werden, sind Typica, Bourbón, Pache, Caturra
und Catimor, wobei die Erntezeit von Februar bis September dauert. Der Reifeprozess
beginnt in den niedrigeren Anbaugebieten
(ca. 800 – 1,000 m.ü.M) und steigt dann im
Verlauf des Jahres in die höheren Lagen.
Die wichtigsten Hauptdestinationen sind
traditionell Deutschland (35%), USA (20%),
Belgien (8%), Italien (3.8%) und Kanada
(3.4%).
Erwähnenswert ist auch, das es ca. 100
Kaffee-Exporteure gibt, wovon die Top 10 ca.
75% der Exporte verwalten.
Damit Käufer und Verkäufer in Sachen Qualitätsdefinition die gleiche Sprache sprechen,
hat das Agrarministerium im Jahr 2001 die
sogenannte NTP 209.027 Norm erlassen.
Diese beschreibt die verschiedenen Qualitäten bezüglich Tassenprofil, Anzahl erlaubter
defekter Bohnen und Feuchtigkeit.
Ein sehr wichtiges Kapitel in der Kaffeeproduktion betrifft die „Spezial-Kaffees“.
Blick in Richtung Chanchamayo-Tal
Auch sollte erwähnt werden, dass der durchschnittliche peruanische Kaffeeproduzent sich
nicht exklusiv dem Anbau von Kaffee widmet.
Auf seiner Finca pflanzt er zum Unterhalt
der Familie auch diverse Früchte und Gemüse, wobei ihm der Verkauf seines Kaffees
erlaubt, andere Nahrungsmittel (z.B. Reis,
Zucker, Teigwaren), Kleidung und Werkzeuge
für die Finca zu kaufen, sowie die Bezahlung
der angeheuerten Arbeitskräfte während der
Erntezeit.
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Während der 90-er Jahre begannen diverse
Produzentenorganisationen und Kooperativen
die Zertifizierung ihrer Fincas gemäss Biound FairTrade-Normen, um bessere Preise zu
erzielen. Dies hiess aber auch, dass sie sich
von konventionellen Produktionsmethoden
abwenden und unter anderem kleinere Produktionsverluste hinnehmen mussten. Ende
der 90-er Jahre wurden in kleinerem Massstab
auch andere Normen wie Rainforest Alliance,
Cafe Practices und Utz Kapeh eingeführt.
Unser neuer Newsletter-Autor Kurt Futterknecht wurde
in Lima (Peru) geboren. Er hat dort KommunikationsWissenschaften studiert und arbeitete für verschiedene Import- / Exportfirmen. Er ist z. Zt. zuständig für
Einkauf, Verkauf, Qualitätskontrolle und Börsenoperationen, sowie Berater für Kaffeegeschäfte von Pemasac.
Kurt Futterknecht berichtet für Bertschi-Café aus Lima
Kaffee-Anbaugebiete
Peru besitzt heute ca. 85,000 ha mit zertifizierten Kaffees und ist Nr. 1 im Export von
Bio-Kaffee, sowie einer der wichtigsten FairTrade Exporteure.
Auch wird die Qualität von peruanischem Kaffee in diversen internationalen Wettbewerben
immer wieder mit Preisen ausgezeichnet.
Ab dem nächsten Newsletter befassen wir uns
intensiv mit der CACE Alto Palomar, einer Kooperative aus dem Chanchamayo-Tal, von der
Bertschi AG letztes Jahr einen ersten Container Fair-Trade- und Biokaffee gekauft hat.
Fritz Bertschi AG – Kaffeerösterei
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