Bericht Andreas M. Siry
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Bericht Andreas M. Siry
Halbjahresraport des Zivildienstleistenden bei „Gaudium et Spes“ 2010/11 Dieser Raport bezieht sich auf die Monate September bis Dezember. Die Arbeit im „Haus der Sozialarbeit“ ist vielfältig. Daher sollte ich mit einer Erläuterung zu den Aufgabenfeldern beginnen. Als Zivildienstleistender ist man ununterbrochen damit beschäftigt jemandem einen Gefallen zu tun. Die Aufgaben können von einfachen Hausmeisterarbeiten bis zur intensiven Betreuung und Bildung der geistig Behinderten reichen. September: Meine Arbeit bei „Gaudium et Spes“ begann mit dem Gespräch mit dem Direktor Tadeusz Skiba und der Einführung meiner Person in die Aufgaben. Der erste Monat war ruhig. Ich arbeitete, machte Überstunden und wurde beinahe umgebracht. Schon am dritten Tag wurde ein 16. jähriger Bewohner bedrohlich, da er erst mit Fäusten, dann mit einem Knüppel und zu guter Letzt mit einem 25 cm langen Messer auf die Betreuer losging. Wir konnten ihn zum Glück überwältigen und in die Zwangsjacke zwängen. Nach einem sechs tägigen Aufenthalt in der Psychiatrie kam er dann zurück. Von da an beschränkt er sich auf Diebstahl, sowie Provokationen der Mitbewohner. Dieser Vorfall war auch der Grund, weshalb ich mir einen Kampfsportverein außerhalb des Dienstes suchte. Des weiteren betreue ich einen alten Herrn, der begeistert lernt. Daher treffen wir uns immer wieder bei ihm im Zimmer um Deutsch und Englisch lernen. Ein recht angenehmer Teil der Arbeit. Im ersten Monat fand auch die Fahrt nach Warszawa statt. Dort nahm ich an einem Seminar teil, das auf der einen Seite zwar interessant, aber auf der anderen Seite auch langweilig war. Es wurde sehr viel über die evgl. Kirche in Polen, die Arbeit der Freiwilligen aus einer anderen Organisation und ein wenig über die Stadt erzählt. Bei Letzterem wusste ich leider schon zu viel, so, dass ich die Führung durch meine geliebte Stadt übernahm. Fazit: Der erste Monat war mit einigen Ausnahmen ruhig. Es war sozusagen die Kennenlernphase. Oktober: Im zweiten Monat begann ich meinen Polnischunterricht an der Jagiellonen - Universität, den mir die Tochter des Direktors beschafft hatte. Von da an hatte ich acht Stunden Arbeit und fünf Stunden Lernen. Zum Glück ist der Direktor ein eher freundlicher Mensch, der nur darauf bestand, dass die 40 Stunden in der Woche gearbeitet werden. Wann ich sie arbeite, sei ihm egal. Von da an war ich Montags und Freitags Nachmittags arbeiten und blieb bis zum Abend. Dienstag bis Donnerstag blieb ich von sieben bis elf Uhr und setzte meine Arbeit von 18 bis 22 Uhr fort. Somit bin ich in der Lage meine Arbeit zu erledigen und gleichzeitig mein Polnisch zu verbessern. Ein weiterer Vorteil der Uni ist, dass ich auch in Kontakt mit Leuten außerhalb der Arbeit kam, was sehr gut für meinen Gemütszustand ist. Nun muss ich keine Überstunden machen, nur um mit einer Menschenseele reden zu können und der trostlosen Einsamkeit entfliehen zu können. Jedoch kam es in diesem Monat auch zum Streit zwischen dem Direktor und mir. Streitpunkt war die Wohnung. Wir einigten uns schließlich auf den Umzug in eine andere Wohnung, in der ich seit Anfang November bin. Fazit: Ich bin gerne hier. Es macht Sinn seinen Standpunkt zu vertreten, wenn man gute Argumente hat. Für meine Nachfolger: Die Wohnung in Os. Zielone 5 ist unbedingt zu meiden! November: Der November ist von der Routine geprägt und es tritt wohl eine Phase der Ruhe ein. Abgesehen, von dem Streit, ob ich in der neuen Wohnung eine Decke, ein Kopfkissen usw. aus der alten Wohnung mitbenutzen darf. Aber ansonsten konzentriert sich jeder auf seine Aufgaben, so dass das Wesentliche, nämlich die Betreuung nicht vergessen wird. An diesem Punkt möchte ich gern die Betreuerinnen, Pädagogen und Putzfrauen loben, denn sie machen die Arbeitsatmosphäre richtig angenehm. Wir verstehen uns alle und bilden ein super eingespieltes Team. So was ist bei der Arbeit doch eher selten, dass 20 Menschen sich so gut auf einander abstimmen und ergänzen. Dass ich so gut in diese Gruppe passe, liegt angeblich an mehreren Faktoren: Einerseits habe ich durch meine Arbeit im dt. Krankenhaus keine Berührungsängste bei Tätigkeit, wie z.B. Windeln wechseln. Der zweite Grund sei, dass ich schon so gut Polnisch sprechen könne und somit nicht dazu verdammt bin hinter Beatka herzulaufen. Fazit: Vorkenntnisse sind durchaus praktisch. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie einige meiner Vorgänger ohne Sprachkenntnisse diese Aufgaben oder den Alltag gemeistert haben. Dezember: Im Dezember kamen noch Studenten, die bei uns ein Praktikum absolvierten. Sie halfen uns in der Vorbereitung auf die festlichen Tage. Den ganzen Advent hindurch war es friedlich. Es kam zwar einiges an Arbeit auf uns zu, doch wurde alles Stück für Stück abgearbeitet. Zu Beginn war da beispielsweise der Kulik (die Schlittenfahrt). Wir haben uns zwar alle erkältet, aber schön war es trotzdem. Die Weihnachtsfeier war unter dem Aspekt ähnlich. Selbst der Herr Direktor hatte gute Laune, da er freie Tage vergab, so dass ich erst im neuen Jahr wieder arbeiten muss. Die Weihnachtszeit ist wunderbar gewesen. Fazit: Zur Weihnachtszeit zeigen sich alle von ihrer besten Seite. Zusammenfassung des Halbjahres: Der Anfang war sehr schwer. Erschwerend kamen noch die unnötigen Streitpunkte hinzu. Doch im Großen und Ganzen macht die Arbeit Spaß, was noch zusätzlich auf die Zusammenarbeit einwirkt. Weitere Gründe für die guten Beziehungen sind Offenheit, Genauigkeit, Arbeitsbereitschaft und vor allem auch die Sprachkenntnisse. Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Deutscher ohne polnische bzw. schlesische Vorfahren, doch mit hervorragendem Polnisch die Bestbesetzung für die Versöhnung der beiden Völker wäre. Zivildienstleistender: Andreas M. Siry Krakow, den 01.01.2011