2 - LimnoMar
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® Effekte des Biozids Irgarol 1051 auf das Genitalsystem von Asellus aquaticus (Krustazea: Isopoda) (1) (2) (1) (1) (2) Watermann, B.T. Thomsen, A. , Gnass, K. , Berghahn, R. (1) LimnoMar, Bei der Neuen Münze 11, 22145 Hamburg, Umweltbundesamt, Versuchsfeld Marienfelde, Schichauweg 58, D-12307 Berlin Korrespondenz an: [email protected] Einleitung Irgarol ist ! ein Triazin-Derivat mit Antifouling-Eigenschaften, ! ein Hemmer des Elektronen-Transports im Photosynthesesystem II, ! ein Ersatz für Organozinn-Verbindungen(TBT), ! seit Mitte der 80er Jahre in Farben anzutreffen, ! in über die Jahre ansteigenden Konzentrationen in Oberflächengewässern meßbar, ! sehr giftig für aquatische Makrophyten und Algen, ! im Verdacht, endokrine Mediation auszulösen, ! im Verdacht, sich in Makrophyten anzureichern, ! mit Anwendungsbeschränkungen bzw. Verboten in 4 EU-Mitgliedsstaaten belegt (S, Control Kontrolle DK, GB, NL). 5 µg/L Abb. 1. Kontrollteich und ein Versuchsteich am 14. Juni 2005, also 64 Tage nach einmaliger Gabe von 5 µg/L Irgarol Im Rahmen einer umfangreichen Studie zum Verhalten und zum Verbleib sowie zu den Effekten von Irgarol in der Fliess- und Stillgewässer-Simulationsanlage (FSA) in Berlin (Abb. 1 und 3) wurden verschiedene histologische Endpunkte der Wasserassel Asellus aquaticus (Abb. 2) mit Blick auf endokrine Mediation untersucht. Material und Methoden Teichaufbau Größe: 690 x 325 x 250 cm (L, B, H) Wasservolumen: 15 m3 Beleuchtung: im Mittel 13.000 lx Nährstoffregime: TP > 0,02 mg/L; TN > 0,7 mg/L Biologische Etablierung der Teiche Abb. 2. Asellus aquaticus Ergebnisse und Diskussion Es stellte sich heraus, dass alle Kontroll- und Expositionsgruppen mit larvalen Acanthocephalen infestiert waren (Abb. 4), welche an den Kiemen und nach Aufnahme in den Verdauungstrakt schwere Gewebsschädigungen hervorriefen. Die Parasiten beeinflussten möglicherweise alle Ergebnisse, da ihnen eine mögliche Induktion von Intersexualität zugeschrieben wird. Gleichwohl konnten unter dem Einfluss von Irgarol im Vergleich zur Kontrolle vor allem am Tag 37 erhebliche Beeinflussungen des männlichen Reproduktionsapparats festgestellt werden. Am stärksten ausgeprägt waren diese Veränderungen bei der Konzentration 0,2 µg /L Irgarol (Tab. 1). Sie manifestierten sich in einer Störung der Spermatogenese, wobei vor allem Spermatiden und die Reifung von Spermatozoen betroffen waren. Die Sertoli-Zellen konnten offenbar ihre Funktion der Bündelung und Ausreifung der Spermatozoen nicht in ausreichender Weise übernehmen (Abb. 5 und 6). Tab. 1. Histopathologische Effekte von Irgarol (%) bei Asellus aquaticus nach 21 u. 37 d. TWA = time weighted average, K.B. = kein Befund, SG = Spermatogonien, FZ = Follikelzellen Gewässergrund: Sand, natürliches Sediment, Simulation eines Uferbereiches (Abb.3) Wasserpflanzen: Myriophyllum spicatum, Potamogeton natans, Elodea canadensis, Chara sp. Animpfung mit Organismen: Plankton und Makroinvertebraten aus verschiedenen Gewässern Berlins und Umgebung Abb. 4. Acanthocephalen-Larven im Körper von Asellus aquaticus, Tag 0, — = 50 µm Tag 21 21 37 37 37 37 37 Exposition Männchen Weibchen Hälterung 12 5 Kontrolle 1u.2 11 8 Kontrolle 1 18 10 Kontrolle 2 20 11 TWA: 0,104 µg/L 11 10 TWA: 0,651 µg/L 11 11 TWA: 3,331 µg/L 15 9 Männl. Gonade K.B. K.B. 16,7 5 72,7 SG 63,6 60 Weibl. Gonade K.B. K.B. K.B. K.B. K.B. K.B. 11,1 FZ Abb. 3: Schematischer Aufbau eines Teiches Versuchsaufbau lEinmalige Applikation (11.04.2005) von Irgarol in 6 Mesokosmen mit unterschiedlichen Konzentrationen (1 x 0,04/ 2 x 0,2/ 1 x 1/ 2 x 5 µg/l nominal) und 2 unbelastete Kontrollsysteme lWasserasseln Asellus aquaticus wurden von Mai bis September 2005 den verschiedenen Konzentrationen des Antifoulingbiozids in den Mesokosmen der Fließund Stillgewässer-Simulationsanlage (FSA) des Umweltbundesamtes in Berlin-Marienfelde ausgesetzt. lZur Abschätzung der Wirksamkeit der eingesetzten Konzentrationen wurden histologische Schnitte angefertigt und die zentralen Organe auf pathologische Veränderungen untersucht. !Weitere ! ! Details in www.umweltbundesamt.de/fsa oder Mohr S., Feibicke M., Ottenströer T., Meinecke S., Berghahn R., Schmidt R. (2005): Enhanced experimental flexibility and control in ecotoxicological mesocosm experiments A new outdoor and indoor pond and stream systems. Environ. Sci. & Pollut. Res. 12 (1), 5-7 Abb. 5. Oben: Normale Gonade einer männlichen Wasserassel in Spermatogenese, unten: mit gestörter Spermatogenese bei einer Realkonzentration von 0,104 µg Irgarol pro L. Sptz = Spermatozoon, sptd = Spermatidien, sptg = Spermatogonien, Stz = Sertoli-Zellen, add= androgene Drüse, — = 50 µm Abb. 6. Oben: Vesicula seminalis mit degenerierten Sertoli-Zellen, atypischen Spermatiden und reduzierter Spermatozoenbildung, Tag 37, Realkonzentration 0,651 µg/L, unten: Männl. Gonade, Tag 37, Realkonzentration 3,331 µg/L. Stz = Sertoli-Zellen, sptz = Spermatozoon, sptd = Spermatidien, vitg = Vitellogenin, — = 50 µm An den Tagen 60, 90 und 150 traten inkonsistente Ergebnisse auf, wobei am Tag 60 nur in der höchsten Konzentration Effekte auf die männliche Gonade festzustellen waren. Die weibliche Gonade zeigte nur am Tag 37 in der höchsten Konzentration von 5 µg/L einen Anstieg in der Atresie von Follikelzellen. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse weisen in dieselbe Richtung, wie die deutlichen morphound histologischen Befunde aus demselben Versuch bei der eiförmigen Schlammschnecke Radix balthica. Endokrine Mediation durch Irgarol im ng-Bereich ist damit wahrscheinlich.