gewinnen beginnt innen

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gewinnen beginnt innen
GEWINNEN BEGINNT INNEN
Mentales Training für Trader
Claus David Grube
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
0.
Einleitung
0.0.
Die Börse ist ein Spiegel
0.1.
Die Große Göttin Börse
0.2.
Keine Chance ohne Risiko!
0.3.
Die irrationale Macht der Herde
0.4.
Börse und Demut
0.5.
Der Weg des Verfassers mit Börse und Psychologie
0.6.
Aktuelle Psychokybernetik
0.7.
Die subjektive Konstruktion der Welt
0.7.1.
Weltmodelle
0.7.2.
Non-lineare Systeme
0.8.
Nichts ist ewig
0.9.
Psychologische Grundprobleme
0.0.
Die Börse ist ein Spiegel
„Warum läuft der Kurs nur immer gegen mich?!“
„Weil Sie es so wollen!“
„Bitte, was?!“
„Die Börse ist ein Spiegel. Der Kurs ist der Kurs. Er reflektiert Ihre innere
Einstellung, die bestimmt, wie Sie den Kurs interpretieren und nutzen.“
„Aber warum sollte ich Verluste und einen gegen mich laufenden Kurs wollen?“
„Die Frage wäre besser: ‚Wie will ich einen gegen mich laufenden Kurs?!’ Bei
‚Warum’ suchen Sie Schuldige und Opfer. Bei ‚Wie’ verstehen Sie sich selbst und
können Ihre Einstellung und Ihr Verhalten ändern und so anpassen, dass Sie jeden
Kursverlauf für profitable Trades nutzen können!“
„Das wäre mir aber neu, dass ich Verluste will!“
„Das ist das Gute an der Börse. Sie ist ein gnadenloser Spiegel. Das gibt Ihnen
Gelegenheit, tiefer als bisher zu schauen.
Es kann sein, dass Sie relativen Erfolg in der Welt hatten. Aber vielleicht war dieser
mit dem Opfer dessen verbunden, was Sie wirklich gern getan hätten. Sie haben
sich vielleicht einer Firma oder Familie oder einer Kultur angepasst, die Ihnen gar
nicht entspricht. Nun suchen Sie einen anderen Weg. Und die Börse sagt Ihnen:
Entdecke erst einmal dich selbst und stehe zu dir.“
„Hmm, Sie meinen wirklich, ich will das so mit den Verlusten?“
„In gewisser Weise trifft das zu. Sie sollten sich diese unterbewusste Motivation
bewusst machen. An der Börse muss niemand Opfer sein. Jeder erschafft sich sein
Schicksal selbst.“
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An der Börse ist es wie im Leben. Es gibt kaum etwas lebendigeres auf der Welt
als die globale Börsenwelt.
Tausende sich sekündlich verändernde Preise für Aktien, Finanztitel, Währungen,
Rohstoffe. Verändert durch die Käufe und Verkäufe, durch die Angebote und
Nachfragen von mehreren Millionen Teilnehmern auf den Börsenmärkten.
Rund um den Globus, 24 Stunden, Tag für Tag.
Sobald die Eingangsschwelle überwunden ist, sind die meisten Menschen von der
Börse fasziniert. Die Börse ist ein globales Spiel. Die Börse verspricht großes Geld.
Sie nimmt und sie gibt. Sie bewirkt große Emotionen. Sieg und Niederlage liegen
dicht beieinander.
Und überall auf der Welt werden Sie heutzutage Gesprächspartner finden, die mit
Ihnen begeistert über die Börse fachsimpeln. Die Favoriten bei den Sportarten sind
je nach Land und Erdteil unterschiedlich. Börse ist der globale Sport für alle
Altersklassen. Ja, man könnte die Finanzwelt sogar als religiöse Welt auffassen.
0.1.
Die Große Göttin Börse
Die Börse ist die Große Göttin unserer Zeit. Sie lockt und verspricht.
Millionen Menschen beten diese Göttin an. Ihre Gunst bringt Freude und Glück und
Reichtum. Und da sie meist den belohnt, der sich am meisten bemüht und die
innere Einstellung reinigt, ist sie die fairste Göttin der Geschichte.
Im Boom der 90er Jahre schien sie Versprechungen auf ewig steigende
Aktienpreise zu halten. Dann kam der Absturz des beginnenden 3. Jahrtausends
dafür umso heftiger. Und schon ging es weiter hoch und runter und wieder hoch
und noch höher und wieder hinunter.
Und wenn man mit ihr hadert, sagt die Große Göttin der Börse: „Was willst du? Du
hast dich nicht genug angestrengt und gereinigt! Das Platzen der Aktienblase traf
doch nur die Käufer an den Aktienmärkten. Für die Verkäufer war es eine gute Zeit
von 2000 bis Frühjahr 2003. Für die Spekulanten an den vielen anderen Märkten
potenziell ebenso: Der Euro steigt 2003 innerhalb weniger Wochen von unter 1
Dollar per Euro auf 1,20. Gold steigt um über 100 Dollar per Unze. Ich gewähre
immer eine Chance. Und keine Chance ist ohne Risiko! Ich belohne den, der mit
Intelligenz und Klarheit riskiert!“
0.2.
Keine Chance ohne Risiko!
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In einer Welt, in der aufgrund der depressiven Rahmenbedingungen und der
Schuldenexplosion öffentlicher Haushalte der Geldverdienst mit herkömmlicher
ehrlicher Arbeit schwieriger geworden ist, muss sich ein jeder mit den
Möglichkeiten der Finanzmärkte befassen.
Besonderes Potenzial versprechen die Derivatmärkte. Das sind vor allem die
Futures, auch Terminkontrakte genannt. Diese Börsenmärkte bestehen seit über
100 Jahren, haben aber eigentlich erst durch die Freigabe der Wechselkurse und
das Anschwellen der Finanzmärkte überragende Bedeutung gewonnen. An der
größten Terminbörse der Welt, der deutsch/schweizerischen Eurex werden täglich
durchschnittlich 5 Millionen Kontrakte gehandelt mit einem Kontraktwert von meist
über 100.000 Euro.
Das Unberechenbare und das Lebendige ist es, was die Börse für den Menschen
so aufregend macht. Es ist wie im Leben, es ist wie mit einem selbst. Immer kommt
es anders als man denkt. Und doch möchte man es überlisten.
0.3.
Die irrationale Macht der Herde
Während noch bis vor einigen Jahren die Theoretiker der Ökonomie glauben
machen wollten, dass die Börse rational und effizient sei, weiß man heute eher,
dass irrationale Einflüsse überwiegen. Die Börse ist Zahlen gewordene
Psychologie. Die Übertreibungen der Herdenbewegungen verhindern den
rationalen Markt und derjenige, der sich aus der Herde gelöst hat, kann davon
profitieren. Und wiederum wird ein weiterer von diesem profitieren. Und es ist auch
nicht gesagt, dass die Herde nicht von einer Stampede profitiert. (Jedenfalls
profitiert sie, solange sie den Abgrund, der in die Schlucht führt, nicht erreicht hat.)
Wir begreifen uns in dieser Welt oft als Opfer oder sind dazu erzogen worden, uns
als Opfer zu definieren. Große Glaubenssysteme legen unser Schicksal in Gottes
oder der Partei oder der herrschenden Klasse Hände. Nirgends können wir uns ein
derartiges Opfer-Modell so gut bestätigen lassen wie an der Börse. Aber gerade
auch hier können wir den Schritt wagen vom Opfer zum selbstverantwortlichen
Schöpfer und Meister unserer Welt. Denn es liegt an uns, ob wir mit der Herde in
den Abgrund rennen wollen oder uns vorher an die Seite begeben und abwarten.
Wenn wir es an der Börse schaffen, das Schicksal in die eigene Hand zu nehmen,
können wir es auch in unserem Leben. Oder umgekehrt?
0.4.
Börse und Demut
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Indes: Es geht nicht nach unserem Willen an der Börse. Wir brauchen ebenso
Demut.
Es ist wichtig zu lernen, dass Demut und Opferhaltung zwei grundverschiedene
Lebenseinstellungen sind. Wir ehren demütig die Mächte der Börse, wir
unterwerfen uns den Gezeiten, aber wir entscheiden auch, mit welchem Gefährt
wir uns auf die hohe See begeben und welchen Wind wir nehmen. Unsere Kraft
und Macht der Entscheidung ist es, was uns als Mensch erhebt. Für diese Übung
der demütigen Willensmacht ist die Börse ein ideales Betätigungsfeld.
Wir werden indes feststellen, dass unser freier Wille zum Teil von unterbewussten
Motivationen gelenkt wird, die aus den Tausenden von Jahren der Evolution
stammen. Einige dieser Strategien waren uns evtl. in der Savanne nützlich, führen
aber heute eher auf die falsche Fährte.
Wir müssen wachsam sein gegenüber dem äußeren Kontext der Börse. Wir
müssen wohl noch wachsamer sein uns selbst gegenüber.
Man spricht heute in der Wissenschaft von komplexen, non-linearen Dynamiken.
Die Chaos-Theorie in der Mathematik und Physik ist hierfür eine Art Synonym
geworden. Kleine Kräfte bewirken kleine Veränderungen. Diese können sich
potenzieren und große Effekte haben. Das Wetter kennen wir als non-lineare
Dynamik. Es ist nur schwer berechenbar, weil so viele Faktoren miteinander
verkoppelt sind und aufeinander wechselseitig wirken.
Derartige Systeme kennen wir noch mehr. Es trifft auch auf unsere inneren
Systeme der Informationsverarbeitung zu. Wir haben drei: Neurologie,
Immunsystem und Endokrines System. Diese produzieren ein inneres Wetter mit
Hochs und Tiefs. Wir haben auch eine innere Börse, in der fortwährend gehandelt
wird: Bedürfnisse fragen nach Befriedigung. Ideen und Handlungen machen
Angebote. Die am einfachsten zu befriedigende Nachfrage wird durch das höchste
Angebot, die erfolgversprechendste Strategie, glattgestellt und weiter geht der
Handel.
Ah, ein Ask von „Durst und Müdigkeit“. Der Bid von: „Trink einen Kaffee!“, bekommt
den Zuschlag.
0.5.
Der Weg des Verfassers mit Börse und Psychologie
Des Verfassers Beschäftigung mit der Börse begann 1983. Zuvor war ich aber
bereits intensiv in der „Psychoszene“ als Klient und Leiter von
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Selbsterfahrungsgruppen tätig. Ich war in den 70ern auf der Welle der
Selbstfindung mitgeschwommen und hatte mich besonders für körperorientierte
Therapie nach Wilhelm Reich interessiert, da mein Energiefluss mir blockiert
erschien. Schließlich war ich in dieser Technik selbst Therapeut und Leiter von
Gruppen geworden.
In den 70er und frühen 80er Jahren waren die Ansätze der Humanistischen
Psychologie en vogue. Diese waren oft mit kathartischen Techniken verbunden, in
denen das Ausagieren von Gefühlen, das Schreien und Schlagen gefördert wurde.
Das machte zwar viel Spaß, man ermüdete aber nach einiger Zeit. Vor allem
ermüdete es den Therapeuten und so hatte ich 1982 einen Burnout und suchte
neue Herausforderungen. Ich nahm das Angebot eines Freundes, die Börsenwelt
aktiv kennen zu lernen, an.
So wurde ich Futures-Trader, gelangte nach New York, arbeitete für mehrere
Wallstreet-Firmen und gründete einen Hedge-Fonds, den Taotrader-Fond1.
Bei allen Erfahrungen und Beobachtungen wurde eines klar: Der Unterschied
zwischen einem guten und einem schlechten Trader lag in der psychologischen
Konstitution begründet. Unterbewusste und doch selbst erschaffene Grenzen
entschieden über Erfolg und Misserfolg. Emotionale Muster treiben in die Herde
und in die Massenpanik. Und ich landete so wieder bei meiner ursprünglichen
Bestimmung, der Psychologie.
0.6.
Aktuelle Psychokybernetik
Die Psychologie soll in diesem Zusammenhang die Psychologie des
„Normalmenschen“ sein, nicht die des psychologisch Gehandicapten. Als
Normalmenschen haben wir es mit ausreichend inneren Handicaps zu tun. Wir
agieren zudem in einer Welt, in der jeder unser Bestes will und das ist unser Geld,
jedenfalls in den Augen des anderen. Dieser kämpft wie wir ums Überleben.
Gerade an der Börse ist es unumgänglich den anderen mental und emotional
überlegen zu sein. Dafür müssen wir etwas tun.
Dafür können wir auch etwas tun. Während in den 70ern Psychologie und
Selbsterfahrung noch Seelenstrip und Kissenschlagen bedeuteten, hat sich die
Technologie mittlerweile entwickelt. Die entwickeltesten Ansätze kommen ganz
ohne Tränen und Brüllen aus. Unterbewusste Einstellungen werden unterbewusst
gelöst. Erlernte Verhalten können verlernt werden. Die Erkenntnisse der
Hirnforschung und der Kybernetik können wir für uns selbst nutzen.
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Aus meinem Interesse an effektiver Psychologie habe ich diese Ansätze intensiv
erfahren und erlernt und weiter entwickelt und den Bedürfnissen angepasst.
Besonders bekannt geworden ist NLP (Neuro-Linguistisches Programmieren)2. In
dieser Kunst habe ich sehr viele Erfahrungen gesammelt. Ich habe NLP als
Lehrtrainer vermittelt und Kurse darin gegeben. Mittlerweile habe ich es zu meinem
eigenen Ansatz des „Noëdo“ weiterentwickelt, da ich im NLP doch einige
Unzulänglichkeiten fand.
Noëdo3 soll im Gegensatz zu NLP an einem philosophisch-spirituellen
Werterahmen orientiert sein. Ohne eine derartige Ethik laufen effektive Techniken
Gefahr, den Klienten in eine Richtung zu manövrieren, in die sein oder ihr
Höchstes gar nicht will. Diesen Rahmen bietet mir vor allem die Philosophie
Schopenhauers (der in meiner Heimatstadt, der Hansestadt Hamburg, Kaufmann
gelernt hat und zeitlebens vom Kurs- und Zinsgewinn des angelegten Erbes gut
leben konnte), wie auch fernöstliche Sichtweisen des japanischen ZenBuddhismus und des chinesischen Taoismus.
Außerdem soll Noëdo an die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft angepasst
sein, und zwar vor allem in den Bereichen Neurowissenschaft, Linguistik, Semiotik,
Kybernetik, Entwicklungspsychologie und Evolutionsbiologie.
0.7.
Die subjektive Konstruktion der Welt
Die wesentliche Beschäftigung der Philosophie der Neuzeit dreht sich um die
Frage: „Was ist objektiv, was ist subjektiv?“
Bei der intensiven Selbstbeobachtung mit dieser Frage kam im 18. Jahrhundert
Rene Descartes auf die Erkenntnis, dass nahezu alles subjektiv ist.
Beziehungsweise: Wir können über die Objektivität nur mittelbare Aussagen
machen. Die „objektive“ Welt ist in unserer Neurologie durch die Sinne konstruiert.
Die objektive Erfahrung ist nahezu immer eine subjektive Kreation. Das einzige,
worüber Descartes eine unumstößliche Aussage machen konnte, war, dass er
eben dieses dachte.
„Cogito, ergo sum!” „Ich denke, also bin ich!“. Der Dualismus von Geist und Materie
wird heute zwar sowohl von den Materialisten als auch den meisten Idealisten
angezweifelt oder abgelehnt. Indes hat Monsieur Descartes wohl noch nicht
zwischen Kognition und Bewusstsein differenzieren können. Heute weiß man, dass
die Kognition, also das „cogito“, eine Funktion der Zellen ist und materialistisch
oder physikalisch erklärt werden kann. Das Bewusstsein darüber indes ist nicht
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materiell bedingt. Und die phänomenologischen Repräsentationen des
Bewusstsein, nämlich das, was wir als Welt wahrnehmen, innen wie außen, ist
nicht physikalisch erklärbar. „Noch nicht“, sagen die Materialisten und sind Beweise
nach wie vor schuldig. Descartes Beobachtung war also durchaus richtig, er hatte
nur das unzutreffende Verb „cogitare“ gewählt und wäre mit „conscire“ besser
gefahren. „Conscio ergo sum!”
Wobei aber „conscire” eher Bewusstsein im Sinne von „Gewissen” bezeichnet und
es für das Bewusstsein, das wir meinen, im Lateinischen kein adäquates Wort gibt
und es daher auch nicht präzise gedacht werden konnte. In einer Sprache wie
Sanskrit gibt es für Bewusstsein so viele Worte wie bei den Inuit für Schnee, da in
der alten indischen Kultur die Beschäftigung mit dem Bewusstsein eine lange
Tradition hatte.
Sprache bildet eine Matrix für unser Weltmodell. Emotionen und Erfahrungen
natürlich ebenso. So dass keine zwei Menschen in derselben Welt leben. Jeder
konstruiert sich sein Modell.
So sieht auch jeder Trader in derselben Kurve zwei verschiedene Dinge. Es ist
fraglich, ob der andere überhaupt dieselbe Kurve sieht. Wir können es nicht
wissen, wir können ja nicht in (oder: mit dem) den Kopf des anderen schauen. Da
wir uns aber über Chart-Analyse unterhalten können, wird es Gemeinsamkeiten
geben. Wie wir indes das gemeinsam wahrgenommene interpretieren und welche
Handlungen daraus entstehen, das ist individuell und potenziell völlig
unterschiedlich.
0.7.1.
Weltmodelle
Als Trader wollen wir die Chancen erkennen können. Wenn wir ein mechanisch
handelndes Handelssystem entwickeln wollen, müssen wir ebenso die Chancen
erkennen können. Auch wenn wir ein Chancenerkennungs-Programm schreiben,
müssen wir diese von vornherein mit Aussicht auf Chance konzipieren.
Der eine hat ein Weltmodell, welches viele Chancen bietet. Der andere eines mit
wenigen. Es kann nicht gesagt werden, dass das eine besser und das andere
schlechter ist. Zu viele Chancen können verwirren. Eine, aber die richtige und
treffende, kann mehr als ausreichend sein. Wenn indes der generelle Fokus auf
Chancenlosigkeit ist, wird es schwer. Der Blick für Risiken ist auch wichtig. Wir
brauchen in unserer Weltwahrnehmung eine Grundeinstellung von „Chancen“ und
eine Feineinstellung, die uns vor den Risken rechtzeitig warnt.
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Mit einigen dieser Einstellungen werden wir geboren, andere sind erlernt. Beide,
die Angeborenen wie die Erlernten, können wir beeinflussen und, zumindest
partiell, nach unseren Wünschen einstellen. Das wir diese Fähigkeit erlangt haben,
ist der Menschen großer Vorteil in der Evolution geworden. Das hat dazu geführt,
dass wir potenziell eine der erfolgreichsten Gattungen auf dem Planeten sind. Und
wir können nur hoffen, dass wir diese Anpassungsfähigkeit an uns selbst für den
Sieg über ähnlich erfolgreiche Lebensformen wie Bakterien, Kakerlaken und
Ratten nutzen können, aber auch für den Sieg über uns selbst, der zur größten
Gefahr für das Ökosystem geworden ist.
0.7.2.
Non-lineare Systeme
Für die Beschäftigung mit der Psyche des Traders ist es wichtig zu wissen, dass er
oder sie mit einem non-linearen System interagiert. Was heißt das? Non-lineare
Systeme oder Dynamiken sind in den letzten Jahren in den Fokus der
Wissenschaften gerückt. Diese Beschäftigung ist besonders mit dem Namen
„Chaos-Theorie“ verbunden, auch wenn der Ausdruck unglückliche Assoziationen
weckt.
Das Lineare System ist eindeutig berechenbar: Man macht etwas und es hat eine
eindeutige Wirkung auf das System. Es entsteht ein positives Feedback. Ich habe
den Nagel mit dem Hammer in die Wand geschlagen und das ist zu sehen und das
war, was erwartet wurde.
Beim non-linearen System ist die Situation nicht so eindeutig. Es kommen mehrere
Faktoren zusammen, die das System in verschiedene Richtungen bewegen
können. Es könnte Rückkopplungseffekte geben: Der Nagel trifft auf die
Elektroleitung und schon gibt es ein negatives Feedback. Das ist ein Feedback,
welches den Agierenden wiederum so beeinflusst, dass er die Ursache nicht
fortsetzen kann.
Diese Prinzip des zurückschlagenden Systems nennen wir Rückkopplung oder
negatives Feedback. Dieses ist an der Börse gang und gäbe und unausweichlich.
Das negative Feedback „beantwortet“ auch die Frage an mich selbst, ob meine
Dienste und dieses Buch auch für Trader mit mechanischen Systemen interessant
ist. Jeder, jede und jedes, der die oder das an der Börse agiert, verändert den
Markt so, dass er, sie, es sich immer wieder neu anpassen und neu entscheiden
muss. Es entsteht eine fortwährende Situation des Dilemma. „Soll ich das jetzt
fortsetzen und abbrechen?“ Dieses Dilemma besteht auch (oder gerade) bei einem
mechanischen Handelssystem und wir sind es, die uns fragen werden: „Zieh ich
nun den Stecker oder ist das ein vorübergehender Drawdown?“
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Selbstverständlich kann es sich an den Markt anpassende mechanische
Handelsprogramme geben, die momentan im Vorteil sind und es auch noch zwei,
drei Jahre bleiben können. Dann aber werden sich diese verbreiten und für den
Erfolg muss etwas neues gesucht werden. Und wenn alle diese tollen Programme
haben und so ein nahezu effizienter Markt entsteht, ist wieder der Zocker im
Vorteil, der voraussehen kann, wie der durch die Programme auf Kurs getrimmte
Hase läuft.
In non-linearen Dynamiken haben kleine Veränderungen an bestimmten
Eingangsparametern so starken Einfluss, dass das ganze System sich jeweils total
anders entwickelt. In dem System einer elektronischen Futures-Börse wie der
Eurex kann ein einziger Kontrakt ein derartiger Einfluss durchaus sein. Jemand
stellt seine Order in das Orderbuch, so dass ein anderer diese Veränderung sieht
und sich auf Grund dessen bestärkt sieht in seiner Ansicht in eine bestimmte
Richtung zu handeln. Das wiederum sehen andere Trader und revidieren oder
bestimmen dementsprechend ihre Vorhaben. Jede Aktion eines Traders wird von
mehreren Tausenden Marktteilnehmern gesehen und es wird jeweils 10 geben, die
daraufhin ihre Positionen verändern und das wiederum 10 und so fort. Dieser
Markt ist also ständig in Bewegung und die Handlung eines jeden hat Einfluss auf
die Handlung eines jeden anderen.
0.8.
Nichts ist ewig
„Du kannst niemals in denselben Fluss zweimal springen!“, sagte der weise
griechische Philosoph Heraklit vor 3000 Jahren und wir können es übersetzen in:
„Du kannst niemals in denselben Markt zweimal springen!“ Wir brauchen einen
Plan und ein System, und wir müssen diesen auch wieder loslassen können. Wie
aber sollen wir gleichzeitig diszipliniert unseren Plan durchhalten und auf das
loslassen desselben vorbereitet sein?
So denken sich schlaue Hedge-Fond-Manager Systeme der statistischen Arbitrage
aus, die aus kleinen Preisdifferenzen Kapital schlagen. Sofort aber sehen das
andere Fondsmanager und machen dasselbe und „Schwupps“ ist der Vorteil fort.
Die Performance-Kurven nahezu aller Hedge-Fonds sind gut am Anfang und
verflachen dann.
Es gibt daher auch wieder Hedge-Fonds-Manager, die Dachfonds bilden, welche
nur CTAs in der Anfangsphase in das Portfolio aufnehmen. Wenn diese CTAs
erfolgreicher und größer werden und deren „Assets under Management“ eine
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Grenzsumme überschreiten, schmeißen diese Hedge-Fonds-Manager sie aus dem
Pool, da nun die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass die Erfolgskurve verflacht.
Und in dem Moment, wo andere diesen Ansatz kopieren und der Markt sich wieder
auf Grund seiner Erfolgsstrategie verändert hat, und erfolgreiche CTAs schneller
von 5 auf 50 Millionen kommen, als der Dachfonds-Manager sie zur Präsentation
einladen kann, war es das wieder und er muss sich etwas Neues ausdenken.
Die Börse und die Märkte stehen nie still. Es ist eine sehr schnelle Evolution in
unseren Tage. Survival of the super-fittest.
Dass Sie zu den Super-Fitten gehören, dazu möchte ich mit diesem Buch gerne
beitragen!
Dazu müssen Sie vor allem die ja in diesen Tagen vorhandenen Technologien
einiger avantgardistischer Systeme der Psychologie kennen und können, mit
denen die Grundprobleme aller derer, die mit komplexen Systemen (und das sind
wir letztendlich alle) handeln, in Kompetenz und Unterstützung verwandelt werden
können.
0.9.
Psychologische Grundprobleme
Diese Grundprobleme, oder besser Grundthemen sind:
- Emotionale Muster
- Begrenzende Überzeugungen über einen selbst oder „die Welt“
- Innere Konflikte
Eine Angst, z.B. eine Versagensangst, wird als „Selbsterfüllende Prophezeiung“
wirken und das Versagen erreichen.
Eine Überzeugung: „Ich bin nicht gut genug!“ wird die Fähigkeiten und Talente
mindern.
Ein Konflikt zwischen „Ich will so sein wie die anderen!“ und „Ich will reich werden!“
wird im Sozialstaat nicht zu einer fokussierten Haltung führen.
Die Börse wird uns zeigen, wo wir Schwachstellen haben. Sie ist unsere moderne
Savanne, in der Wachheit über das Überleben entscheidet. Ein wenig Glück gehört
natürlich auch dazu. Aber für „Glück“ kann man sich öffnen und man muss es
wollen.
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Wir können unsere Schwachstellen analysieren und unsere Einstellungen und
unser Verhalten verändern. Wir wollen das auch, denn als Börsianer oder
Menschen, die sich Herausforderungen stellen, müssen wir die Innenwelt optimal
einstellen können.
Dazu ist es hilfreich einen Bauplan zu haben, so dass wir wissen, wo in uns es
hängen könnte. Und es ist wichtig, effektive Tools der Veränderung zu haben.
Denn, wie wir wissen, der Entschluss unseres Egos zur Veränderung reicht meist
nicht. Die Blockaden liegen gern in tieferen Schichten, zu denen das
Wachbewusstsein keinen Zugang hat. Die effektiven Tools gibt es indes
heutzutage und wir können sie nutzen.
Als Börsianer sollten wir sie unbedingt nutzen. Börse ist Hochleistungssport und es
gibt wohl kaum noch Weltmeister, die ohne mentales Coaching und
Selbstprogrammierung auskommen.
Sie sollten sich mental auf Erfolg vorbereiten. Wie wird sich Erfolg an der Börse
anfühlen? Wie wird dieser aussehen, sich anhören? Wie wird er duften,
schmecken?
Wenn Sie den Geruch von Erfolg nicht kennen, können Sie ihm auch nicht folgen.
Sie kennen ihn, Sie müssen ihn nur identifizieren. Wie duftet der Börsenerfolg?
Mögen Sie an der Börse und im Leben zum Meister reifen!
Möge dieses Buch Ihnen dabei Unterstützung und Anregung geben!
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1.
Die Tiefsee der Trader
1.1.1.
Amateur, Halbprofi, Profi
1.1.2.
Intuitiv („Diskretionär“), Systematisch, Mechanisch
1.1.3.
Zeitrahmen des Tradings: Positionen, Swings, Scalps
1.1.4.
Trendfolger und Konträrhändler, auch Antizykliker genannt
1.1.5.
Fundamental oder technisch
1.1.6.
108 verschiedene Kombinationen
1.1.7.
Übersicht über die Trader-Tiefsee
1.2.
8 Arten von Handelsstrategien
Wir können uns die Börsenwelt als ein Ökosystem vorstellen, in dem durch
natürliche Auslese die am besten an die Bedingungen der Umwelt angepassten
Wesen überleben und bestehen, Darwin an der Börse.
Das klassische Ökosystem ist die Ursuppe, die Tiefsee, in der das Leben einst vor
Millionen Jahren begonnen hatte, als eine Aminosäure entstand, welche der
Katalysator für die eigene Verdopplung war. Hier finden wir Lebewesen aller Größe
und Art und jedes hat seinen Platz und seine Nische. Die einen überleben als Art
oder Gattung, weil sie so viele Nachkommen erzeugen, dass immer welche übrig
bleiben. Die anderen sind schnelle hervorragende Räuber. Die anderen sind
wieder so unauffällig, dass sie keiner findet und frisst. Andere wieder sind so groß
und mächtig, dass sie keiner essen könnte, geschweige denn angreifen.
Ein ähnliches Ökosystem ist die Traderwelt, in der mit unterschiedliche Strategien
das Überleben gesucht wird. Die Börse ist wie eine Tiefsee.
Wir können die Trader nach 5 Parametern differenzieren:
Zeitintensität:
Amateur, Halbprofi, Profi
Handelsplan:
Intuitiv, systematisch, mechanisch
Zeitrahmen:
Positions-Trader, Swing-Trader, Scalper
Trading-Stil:
Trendfolge, Konträrpositionen
Kontext-Orientierung:
Fundamental, Technisch
So bekommen wir insgesamt 108 Kombinationen, 108 Möglichkeiten des TraderLebens. 108 Fische in der Tiefsee des Tradings.
Wer ist Plankton, wer ist weißer Hai?
Nun, wenn Sie ein Amateur (also so abends zwischen 19:00 und 20:00 vor der
Tageschau den E-mini S&P handeln) sind, der intuitiv scalpen möchte und das
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trendfolgend bei bestimmten Chartsituationen, sind Sie wohl eine Krabbe. Und
wenn Sie professionell und mechanisch Swings traden, die bei der Reaktion auf
vergebliche Versuche einen Widerstand zu durchbrechen entstehen, und welche
das Programm im Orderbuch erkannt hat, sind Sie eher ein Raubfisch.
Welche Lebensform ist erfolgreicher? Krabben gibt es in Schwärmen und somit
viele, Raubfische sind Einzelgänger und selten. Aber Quantität sagt nichts über
den Erfolg aus, nur über die Fortpflanzungsstrategie. Was für uns als Trader
entscheidend sein sollte, ist: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit des Todes? Und
da wäre ich im Ozean der Börse wesentlich lieber am Ende der Nahrungskette als
an deren Anfang, auch wenn es hin und wieder eine Krabbe geben sollte, die
Rente bekommt.
Der erste Parameter wäre also:
1.1.1.
Amateur, Halbprofi, Profi
Amateure haben ihr eigentliches Einkommen aus Job oder Unternehmung. Sie
interessieren sich für die Börse, haben aber meist eher ein oberflächliches Wissen
(das sie leicht durch das Nachbeten von Börsengurus verschleiern) und begrenzt
Zeit. Es kann auch Amateure geben, die mal in einer Börsenfirma gearbeitet
haben, nun einen anderen Job nachgehen und nebenbei noch traden. Diese
haben zwar Ahnung von der Sache, aber wenig Zeit.
Halbprofis kennen sich ein wenig mehr aus und planen ihre Börsenhandlungen
etwas strategischer. Sie verfolgen ein System oder einen Handelsplan.
Profis gibt es in mehreren Arten. Der private Profi, der von zu Hause oder seinem
Büro aus Trades macht, ist den ganzen Tag oder länger mit dem Trading
beschäftigt. Der Profi, der in einer Börsenfirma angestellt ist, hat auch einen langen
Arbeitstag. Er verdient nur meistens sein Geld etwas sicherer. Der Profitrader
findet sich in Banken, Fondsgesellschaften oder Vermögensverwaltungen. Er
tradet entweder nach eigenen Ideen oder nach den Anweisungen der
Firmenleitung, bzw. des Kunden.
Der nächste Parameter:
1.1.2.
Intuitiv („Diskretionär“), Systematisch, Mechanisch
Ich bezweifle, dass das Wort „diskretionär“, welches sich im deutschen
Sprachgebrauch der Trading-Community für intuitives, nicht an Regeln
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gebundenes Trading eingebürgert hat, korrekt angewendet wird. Im
Amerikanischen bedeutet „discretion“ Verfügungsgewalt des CTA (Commodity
Trading Advisor, Vermögensverwalter) über das Konto, so dass dieser für den
Kunden traden kann. Er sollte dabei nach Regeln und System vorgehen und nicht
„diskretionär“ handeln. Wir benutzen für diesen Trading-Stil also lieber „intuitiv“.
Die meisten Amateure handeln mehr oder weniger intuitiv. Sie lassen sich dabei
gern von den Meinungen anderer leiten. Der intuitive Amateur ist vergleichbar mit
Plankton, dem Beginn der Nahrungskette in der See. Er wird mit ziemlicher
Sicherheit gefressen. (Und wächst auf wundersame Weise immer wieder nach.)
Es wird indes auch intuitiv handelnde Profis geben und diese könnten durchaus die
Meister der Börse sein. Ihnen sind die Kurse ihres Marktes in Fleisch und Blut
übergegangen. Wenn es ihnen in den Fingern juckt, wissen sie, dass eine Chance
entstanden ist. Diese Expertise erlangt man aber wahrscheinlich erst nach vielen
Jahren und vielen Rückschlägen.
Das systematische Trading sowohl für Amateure, Halbprofis und Profis ist sicher
das Trading, das wir befürworten. Für diesen Trader ist dieses Buch in erster Linie
geschrieben. Ein gutes System ist das Vehikel, um über die Hochsee der Börse
einigermaßen sicher zu schippern. Unsere Handicaps bei der Durchführung
unseres Systems wollen wir kennen, damit wir uns beim Gesang der Sirenen so
am Mast festbinden, dass unser System den Hafen findet.
Mehr und mehr werden Systeme in mechanische Programme eingearbeitet, so
dass der Human Factor gemindert oder ausgeschlossen wird. Der menschliche
Faktor (und seine Unberechenbarkeit) ist natürlich nicht ganz auszuschließen.
Denn es sind ja immer Menschen, die diese Programme konzipiert und
geschrieben haben und die den Computer ein und ausschalten.
Das in der Einleitung erwähnte Gesetz der Rückkopplung, das negative Feedback,
wird dazu führen, dass ein erfolgreiches mechanisches Programm den Markt
potenziell so beeinflusst, dass es sich immer wieder neu an den Markt anpassen
können müsste. Das ist auch theoretisch denkbar, die Selbstanpassung des
Programms, aber auch das wird wieder den Markt beeinflussen, und es wird dann
ein fixes Programm wieder vorteilhafter gewesen sein. Es wird also auch kein
mechanisches System geben, das auf ewig profitabel ist. Zumal dann alle Trader
auf kurz oder lang mit diesen Programmen handeln würden und es so tatsächlich
zu einem Effizienten Markt kommt, in dem aber niemand mehr wirklich Geld
verdient.
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Also ist dieses Buch auch für den mechanischen Trader von Interesse. Mechanisch
tradende Amateure wird es kaum geben können, da die Entwicklung eines
Programms doch aufwendiger und kaum am Feierabend zu bewältigen ist.
Gekaufte Black Boxes, also Handelsprogramme, die vorprogrammiert gekauft sind,
können eher nicht empfohlen werden. Sie sind meist überoptimiert oder eben auf
jemand anderes zugeschnitten oder passen sich nur mangelhaft an den eventuell
mittlerweile veränderten Markt an.
Es könnte aber mit den gängigen Programmen der Chartdarstellung und des
Systemtesting auch für den Amateur möglich sein, mechanisch mit Erfolg zu
handeln, bzw. die Maschine handeln zu lassen.
Der dritte Parameter:
1.1.3.
Zeitrahmen des Tradings: Positionen, Swings, Scalps
Das eine Extrem ist das Positionstrading, bei dem Positionen am Markt über einen
längeren Zeitraum gehalten werden. Diese Zeitdauer kann je nach Markt Tage,
Wochen oder Monate sein. Das andere Extrem ist der Scalper. Dieser ist meist ein
Floor-Trader oder Marketmaker, der an kleinsten Bewegungen in kurzer Zeit einige
wenige Punkte abschöpfen möchte, dieses aber regelmäßig. Scalpende Amateure
gibt es mittlerweile im Rahmen der Daytrading-Zenter auch. Sie sind nach meiner
Einschätzung eher chancenlos.
Im Zwischenbereich der Trades, die während eines Tages oder über ein oder zwei
Tage abgeschlossen werden und meist Anomalien am Markt kurzfristig ausnutzen
möchten, liegen die Swing-Trader. Diese ist für alle drei Gruppierungen (Amateure,
Semi-Profis, Professionelle) sicher interessant.
Viertens können wir unterscheiden zwischen:
1.1.4.
Trendfolger und Konträrhändler, auch Antizykliker
genannt
Trendfolger versuchen auf einen Markt, der in einen Trend geht, möglichst früh
aufzuspringen.
Konträrhändler versuchen Umkehrpunkte zu treffen.
Es gibt natürlich Mischformen und Besonderheiten wie das Traden von
Ausbrüchen. Das ist zwar eine Trendfolge (es wird im Trend gehandelt), aber es ist
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
16
dennoch auch ein Umgang mit Umkehrpunkten. Der Ausbruchs-Trader tradet
weniger mit dem Kursverlauf der zugrunde liegenden Ware oder Aktie als mit dem
Kursverlauf des Charakter des Kursverlaufs des Zugrundeliegenden, nämlich ob
Seitwärts oder Trend. Wenn Seitwärts trendet, erwartet der Ausbruchs-Trader eine
Umkehr, also das Einsetzen eines Trends. Er ist also ein Konträrhändler auf einer
Meta-Ebene zum primären Chart.
Noch einmal die Aussage von eben übersetzt, denn Sie könnte interessant sein.
(Indes ist es mehr ein Thema für ein Buch über Strategien.) Also: Ein Markt kann
seitwärts oder trendwärts verlaufen. Wenn wir auf einem Chart statt der Preise die
Trendigkeit und „Seitwärtsigkeit“ des Marktes darstellen (z.B. über einen Indikator,
der dieses anzeigt), und dann kaufen/verkaufen, wenn die Kurve dieses Indikators
von Seitwärts auf Trend umschwenken könnten, handeln wir konträr oder
antizyklisch auf der 1.Meta-Ebene.
Der fünfte Parameter:
1.1.5.
Fundamental oder technisch.
Am Anfang ist man beim Trading meist fundamental orientiert. Die Konjunktur
boomt, also müssen die Aktien doch steigen. Inflation steigt, also muss der
Goldpreis steigen. Dürre in den Anbaugebieten, also wird die Baumwolle teurer.....
Nach einiger Zeit merkt man, dass die Zusammenhänge nicht so eindeutig sind
und es meist Marktteilnehmer gibt, welche die marktrelevanten Fundamentaldaten
schon früher erfahren. Man wird dann eher zum technischen Trader, der sich an
der Eigendynamik des Chartverlaufs orientiert.
Das treibt dann mitunter merkwürdige Blüten des Kaffeesatzlesens und
technischen Aberglaubens. Das Marktgedächtnis ist nicht so lang, dass eine mit
dem Lineal gezogenen Linie über mehrmonatige Höchst- oder Tiefstkurse
irgendeine Bedeutung hätte, es sei denn alle sind so naiv derartige Trendlinien zu
zeichnen. Dann wird aber wiederum ein Hai diese Naivität ausnutzen wollen und
die Trendlinie zunichte machen.
Nichtsdestotrotz kann die Beobachtung des Charts uns wertvolle Hinweise geben
und uns vor allem anormale Preissituationen aufzeigen, die wir ausnutzen können.
Eines der wertvollsten Hilfsmittel dieser Art sind für mich die Bollinger-Bänder, die
per definitionem Preise außerhalb des statistischen Mittels aufzeigen.
Der sehr erfahrene Trader wird fundamental und technisch verbinden. Er kennt
zwar die Saisonalitäten seines Marktes und die gegenwärtige Angebots- und
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
17
Nachfragesituation, aber er schaut auch gern auf den Chart, um seine KaufPositionen eher in Überverkauft (oversold) als in Übergekauft (overbought)
aufzubauen.
Die technische Analyse hat zum Teil ihre Bedeutung selbst erschaffen und
funktioniert als selbsterfüllende Prophezeiung. Wenn man weiß, dass die bullische
Zeitungsmeldung ein Kontra-Indikator ist, kann man auch diese fundamentalen
Daten gut nutzen.
1.1.6.
108 verschiedene Kombinationen
Wenn wir diese 5 Parameter in alle möglichen Kombinationen formen, erhalten wir
108 Trader-Konfigurationen, von Amateur-Intuitiv-Positionstrader-TrendfolgerFundamental (AIPTF) zu Profi-Mechanisch-Scalper-Konträrer-Technisch
(PMScKT). Wir könnten diese metaphorisch oder symbolisch mit Lebensformen
der See vergleichen, um uns das besser vorstellen zu können. Der AIPTF ist
massenhaft vorhanden und wird gern gefressen: Plankton oder Krabbe. Der
PMScKT ist ein Raubfisch der kleinen Happen: Hecht. Damit ist nichts über die
Überlebenschancen ausgesagt: Plankton gibt es massenhaft, Hechte nur selten.
Nur, wie will man als Plankton wissen, wo die Meeresströmung ist, die von Walen
und Haien gemieden wird?
Es könnte von Bedeutung sein zu wissen, wo man steht in dem System. Bevor wir
uns wie ein Hai gebärden, sollten wir vielleicht lieber den Job eines
Putzerfischchens machen, welches von Resten der Hai-Mahlzeit satt wird.
Das Geld, das man an der Börse gewinnen will, ist schon da. Es ist nur noch im
Besitz anderer. Und die schlafen auch nicht und wollen an ihr Geld und sind oft
hervorragend ausgerüstet und haben schon so manche Schlacht hinter sich. Für
jeden der Fische gibt es eine Nische in dem Ökosystem (sonst würde wir ihren
Namen gar nicht kennen). Probleme entstehen, wenn ein Hering versucht ein Hai
zu sein. Oder wenn ein Hai anfängt Plankton wie ein Wal zu schlürfen.
Erkenne dich selbst! Das ist die Aufgabe an der Börse. „Erkenne den Markt!“, ist
natürlich auch wichtig. Aber das „Erkenne dich selbst!“, ist weit wichtiger.
Dann können Sie auch wahrnehmen, wo in diesem System der Märkte Ihre
Chance liegt. Was in diesem Ökosystem Sie für Ihren Profit ausnutzen können.
Sie brauchen ein Szenario, das immer wieder auftaucht und immer wieder
Nahrung verspricht.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
18
Sie müssen wissen, was für ein Fisch Sie sind und was Ihr Futter ist. Und wessen
Futter Sie sind.
In das Coaching für Trader kommen verschiedene Menschen mit verschiedenen
Themen. Das immer wiederkehrende Motiv aber ist, dass Kleine Trader versuchen
Große zu sein und Große Trader versuchen noch größere zu sein und ganz Große
kommen nicht wegen des Tradings zum Coaching, sondern um Ihr Handicap beim
Golf zu verbessern.
Das gängigste Problem für die kleineren Fische ist die Blockade. Irgendetwas
sperrt sich in ihnen den Trade durchzuführen. Oder es gibt etwas im Inneren, dass
hindert sie den Trade zu beenden.
Die Blockade ist meist berechtigt. Sie versuchen mehr größere Fische zu fressen,
als es Ihnen gut tun kann und der Teil in Ihnen, der die Proportionen noch
wahrnimmt, sagt: „Bleib weg von diesem Riesenkraken.....!“
Halbprofis machen sich eher viel Mühe einen Handelsansatz zu entwickeln und
eine Strategie in ein Handelsprogramm zu setzen. Dieses übergehen sie dann und
machen Trades, die nicht im Programm vorkommen, deren Verluste sie dann
wieder ausgleichen wollen, und das führt dann dazu, dass sie nie wieder aufhören
können zu zocken.
So ein Halbprofi-Dorsch wollte an die Börse, um Abenteuer und echt fetzige
Sachen zu erleben. Er wollte nicht wieder wie im Büro Routine und Langeweile.
Statt Krabben zu fressen, wie es seiner Natur entspricht, möchte er mal mit einem
Hai fechten. Ein Biss von diesem beendet indes das Börsenspiel.
Und die Haie? Sie überfressen sich und werden träge und verpassen die
Anpassung an den Markt und merken nicht, wenn die Nahrung knapp wird.
Gestern noch Star-Analyst, heute arbeitslos.
Hier eine Tabelle, die eine Einordnung (Fundamental vs. Technisch vernachlässigt)
in das metaphorische Ökosystem der Trader-Tiefsee geben soll.
Auch wenn es nicht unernst gemeint ist und Ihnen evtl. sagen soll, dass Sie sich
Ihrer Größe am Markt bewusst sein sollten, um nicht gleich gefressen zu werden,
ist es doch metaphorisch und mit einem Augenzwinkern zu verstehen:
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
19
1.1.7.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
Übersicht über die Trader-Tiefsee
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Amateur
Halb-Profi
Profi
Intuitiv
Intuitiv
Intuitiv
Systematisch
Systematisch
Systematisch
Mechanisch
Mechanisch
Mechanisch
Intuitiv
Intuitiv
Intuitiv
Systematisch
Systematisch
Systematisch
Mechanisch
Mechanisch
Mechanisch
Intuitiv
Intuitiv
Intuitiv
Systematisch
Systematisch
Systematisch
Mechanisch
Mechanisch
Mechanisch
Intuitiv
Intuitiv
Intuitiv
Systematisch
Systematisch
Systematisch
Mechanisch
Mechanisch
Mechanisch
Intuitiv
Intuitiv
Intuitiv
Systematisch
Systematisch
Systematisch
Mechanisch
Mechanisch
Mechanisch
Intuitiv
Intuitiv
Intuitiv
Systematisch
Systematisch
Systematisch
Mechanisch
Mechanisch
Mechanisch
Positionstr.
Positionstr.
Positionstr.
Positionstr.
Positionstr.
Positionstr.
Positionstr.
Positionstr.
Positionstr.
Swingtrader
Swingtrader
Swingtrader
Swingtrader
Swingtrader
Swingtrader
Swingtrader
Swingtrader
Swingtrader
Scalper
Scalper
Scalper
Scalper
Scalper
Scalper
Scalper
Scalper
Scalper
Positionstr.
Positionstr.
Positionstr.
Positionstr.
Positionstr.
Positionstr.
Positionstr.
Positionstr.
Positionstr.
Swingtrader
Swingtrader
Swingtrader
Swingtrader
Swingtrader
Swingtrader
Swingtrader
Swingtrader
Swingtrader
Scalper
Scalper
Scalper
Scalper
Scalper
Scalper
Scalper
Scalper
Scalper
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Trendfolger
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Contrarian
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
Plankton
Algen
Schildkröte
Krill
Krabben
Barracuda
Thunfisch
Marlin
Sägefisch
Korallenfisch
Hummer
Kabeljau
Hering
Dorsch
Makrele
Aal
Scholle
Lachs
Qualle
Hummer
Wels
See-Anemone
Dorade
Karpfen
Sardine
Heilbutt
Wal
Stint
Anchovis
Languste
Putzerfisch
Barsch
Forelle
Seepferd
Meerigel
Zander
Seegurke
Aal
Muräne
gibt es nicht
Hammerhai
weißer Hai
Steinbeißer
Seezunge
Delphin
Meeräsche
Hornhecht
Krake
Lengfisch
fliegender Fisch
Manta-Rochen
Piranha
Hecht
Orca
20
Sind Sie ein großer Fisch oder eher ein kleiner? Beide haben ihre
Daseinsberechtigung. Achten Sie nur darauf, dass Ihre es nicht ist, Futter für die
großen Räuber zu sein.
Ich halte es für unumgänglich, dass der Erfolgs-Trader sich ein Szenario sucht,
welches ihm eine verlässliche Chance auf Nahrung bietet. Er sollte wissen, welche
Art Strategie er fährt. Ohne sich dieser Tatsache bewusst zu sein, sind die meisten
Amateure und Viertelprofis Trendfolger. Daran ist nichts verkehrt. Man muss als
solcher nur wissen, dass bei der Trendfolge viele kleine Verluste in
Seitwärtsphasen gemacht werden. Daher muss der Trendfolger sicherstellen, dass
er bei der Trendbewegung auch tatsächlich im Markt ist. Oft muss man also
längere Durststrecken durchstehen können. Trendfolge ist daher eher etwas für
Fonds mit der entsprechenden Equity und defensivem Risiko-Management.
1.2.
8 Arten von Handelsstrategien
Es gibt andere Möglichkeiten und ich ordne diese in 8 Szenarien, die genutzt
werden können.
•
Parasitäre Strategien (z.B. Frontrunning, Stopsfishing)
•
Anti-Attraktoren (z.B. Unterstützung/Widerstand, Oszillatoren, Preisbänder)
•
Ausbrüche (z.B. Volatilitäts-Ausbrüche, Channel-Ausbrüche)
•
Trendfolge
•
Chartmuster (z.B. Candlestick-Muster, Flaggen)
•
Fundamentales (z.B. Angebotsverknappung in Rohstoffmärkten,
Zinsniveau)
•
Saisonalitäten und Zyklen
•
Spreads und Arbitrage
Sie sollten wissen, wie und woher (von wem!) das Geld kommen soll.
Detaillierte Darstellungen der Möglichkeiten der 8 Strategien und ihrer
Umwandlung in mechanische Handelssysteme geben wir bei Grube Trainings
GmbH in unserem Kursus der Börsenstrategie.
Fazit dieses Kapitels:
Wenn ein Klient zum Coaching kommt, fragen wir uns erst einmal: „Was für einer
ist das?“ Eventuell berechnen wir die Coaching-Stunde entsprechend
unterschiedlich. Der Hai muss das Doppelte vom Seepferdchen bezahlen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
21
Ein großer Teil der Probleme, die wir uns bereiten, liegt darin begründet, dass wir
uns bemühen jemand anderes zu sein, als wir sind.
Erkennen Sie sich also selbst und verhalten Sie sich Ihnen entsprechend!
Oder: Verstellen Sie sich, aber dann bewusst und mit Plan!
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
22
2.
Jeder Trader ist anders
2.1.
Neurologische Subpräferenzen der Informationsverarbeitung
2.1.1.
Sub-Programm Sinnesverarbeitung
2.1.2.
Sub-Programme zur Überzeugung
2.1.3.
Sub-Programm Großes Bild/Details
2.1.4.
Sub-Programm Sortierung
2.1.5
Sub-Programm Aufmerksamkeits-Präferenz
2.2.
Der Myers-Briggs-Type-Indikator (MBTI)
2.2.1.
Die 8 Trading-Typen nach MBTI
2.3.
Weitere Sub-Programme
2.1.
Neurologische Subpräferenzen der Informationsverarbeitung
Menschen orientieren verschieden in ihrer Informationsverarbeitung. Trading hat in
erster Linie etwas mit der Verarbeitung von Informationen zu tun und
unterschiedliche Orientierung führt zu unterschiedlichen Trading-Stilen.
Diese unterschiedlichen Vorlieben in der Informationsverarbeitung beruhen auf
leicht unterschiedlicher Organisation der Neurologie. So wie Links- und
Rechtshänder vertauschte Prägungen in den Hirnhälften haben, so sind Menschen
auch in anderen Bereichen unterschiedlich organisiert im Hirn.
Im NLP sind diese Präferenzen mit dem Ausdruck „Meta-Programme“ bezeichnet.
Dieser Ausdruck ist eher unzutreffend. Diese Präferenzen sind besser als
„universale Sub-Programme“ zu bezeichnen. Sie liegen der bewussten
Informationsverarbeitung „unter“ und prägen diese durch eine unterliegendende
Struktur.
Probleme entstehen, sobald wir versuchen ein anderer zu sein, als wir sind.
Selbsterkenntnis und korrekte Selbsteinschätzung sind insofern der Schlüssel zum
Erfolg.
Während die Einschätzung der „Fisch-Größe“ aus dem vorherigen Kapitel wichtige,
eher objektiv messbare Informationen darüber gibt, wer ich in dem Feld, in dem ich
mich bewege, bin, vermittelt dieses Kapitel über die Sub-Programme eher
subjektive Besonderheiten des jeweiligen Biocomputers.
Unser Leben kreist um die Strukturierung einer Unzahl von Informationen. Wir
„stecken ein Auge ins Chaos“, sagen die Neurowissenschaftler. Und dann
versuchen wir aus dem übermittelten Chaos Sinn zu machen und Ordnungen zu
finden. Die Interpretation von Börsenkursen ist also eine offensichtliche Form
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
23
dessen, was wir fortwährend unterbewusst tun: Nicht-lineare, komplexe,
chaotische Informationen strukturieren, um eine Handlungsstrategie zu entwickeln.
Menschen sind gemäß unterschiedlicher Ausprägung der neuronalen
Verbindungen in ihrer Informationsverarbeitung strukturell verschieden. Wir nennen
diese strukturellen Unterschiede: „Sub-Programme“. Wir sollten unsere SubProgramme kennen, um unseren Trading-Stil und auch unseren Lebensstil auf
diese abzustimmen. Denn so wie ein Linkshänder schlecht mit einer
Rechtshänder-Schere schneidet, so ist auch ein Trader, der unterbewusst
bevorzugt auf Hörbares achtet, mit einem schweigsamem Chart evtl. schlecht
bedient.
Wenn ein Trader zum Coaching kommt und seine Geschichte erzählt, wird also
erstens eine Einschätzung durchgeführt nach den Kriterien in Kapitel 2: Was für
eine Art Trader ist dieser (oder diese) hier? Ist er ein großer Fisch oder Plankton?
Müsste er schneller sein oder größer? Oder müsste er einfach nur dass seiner
Größe entsprechende tun?
Die nächste Einschätzung sortiert den Trader gemäß den in diesem Kapitel
angeführten Neurologischen Subpräferenzen der Informationsverarbeitung.
2.1.1.
Sub-Programm Sinnesverarbeitung
Die gängigste Sub-Programm-Differenzierung ist die gemäß des bevorzugten
Kanals der Sinnesverarbeitung. Wir haben tendenziell eine Vorliebe für entweder
visuelle Signale oder akustische Signale oder somato-sensorische Signale.
Wir können die Menschen unterteilen in: „Seh-Menschen“ (Visuelle), „HörMenschen“ (Auditive) und „Fühl-Menschen“ (Somato-Sensorische). Es gibt auch,
eher selten, „Geschmacks“ - und „Geruchsmenschen“. Die Verteilung in der
westlichen Welt wird auf 40% Visuelle, 20% Auditive, 40% Somato-Sensoriker
geschätzt. Da die moderne Industrie- und Medienwelt stark visuell orientiert ist, ist
der Anteil der visuellen Menschen hier eher größer als in traditionellen Kulturen.
Woran erkennt man diese, bzw. sich selbst? Auf den ersten Blick können wir grob
schätzen, dass der oder die Visuelle eine farblich abgestimmte, optisch auffällige
Kleidung tragen wird und der Somato-Sensoriker eher etwas Bequemes,
Praktisches, Gemütliches. Der oder die Auditive wird in der Kleidungswahl nicht
einzuordnen sein. Vielleicht trägt er oder sie einen Walkman? Nein, Auditive
orientieren sich akustisch und tragen eben eher keinen Walkman. Sie werden aber
eher für das normale Ohr merkwürdige oder komplizierte Musik bevorzugen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
24
Evtl. kann auch die jeweilige Sprache Hinweise geben. Wie beschreibt ein Mensch
ein Erlebnis? Was war wichtig? Das Aussehen, die Töne oder das Gefühl?
Außerdem gibt es noch die Augenzugangshinweise: Visuelle schauen eher nach
oben, um sich zu erinnern oder einen Einfall zu haben. Auditive schauen seitwärts
in Richtung Ohren und Somato-Sensoriker (die mitunter auch als Kinestheten
bezeichnet werden) eher nach unten zum Bauch.
Wenn Sie also jemanden sehen, der sich erinnert oder eine Formulierung sucht,
und dieser Mensch schaut nach oben, so sucht dieser im visuellen Speicher. Der
Mensch, der in dieser Situation nach unten in Richtung eigener Bauchnabel
schaut, organisiert die Gedanken gefühlsmäßig. Und der auditive Mensch schaut
zur Seite.
Wie wird sich diese Unterscheidung auf den Trading-Stil auswirken? Nun, Visuelle
müssen vor allem etwas sehen und werden ihre Trading-Entscheidungen nach
Chartbildern orientieren. Auditive werden vor allem nach Harmonien und Rhythmen
suchen und hören gerne Börsentipps. Somato-Sensoriker müssen ein Gefühl für
den Markt bekommen und werden eher intuitiv an die Sache herangehen.
Zu beachten ist der Unterschied zwischen digitaler (visueller und auditiver) und
analoger (gefühlter) Verarbeitung. Ein Handelssystem, welches eindeutige
Einstiegs- und Ausstiegssignale gibt, wird dem Gefühlsmenschen nicht so liegen.
Die Kämpfer am Trading-Floor, die im Moment richtige Entscheidungen treffen und
durchsetzen müssen, werden eher Somato-Sensoriker sein. Die Analysten im
Hinterzimmer mit Charts und Programmen eher Visuelle und Auditive.
Durch die Elektronisierung der Märkte wird der körperorientierte Trader eher in eine
ihm unangenehme Umgebung gezwungen und dazu neigen, seinen
Handelsprogrammen nicht zu folgen oder seine intuitiven Entscheidungen auf die
falschen sensorischen Inputs zu beziehen.
Selbsteinschätzung: Welcher Sinneskanal liegt Ihnen am ehesten?
Wenn Sie sich an eine Telefonnummer erinnern: Sehen Sie diese vor dem inneren
Auge, hören Sie die Zahlenfolge oder fühlen Sie die Nummer? Ist Ihre Wohnung
eher gut aussehend, gemütlich oder angenehm klingend (vorausgesetzt Sie haben
den entscheidenden Einfluss darauf und nicht Ihr Lebenspartner, die oder der
einen anderen Sinneskanal bevorzugt)?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
25
Welche Einflüsse könnte diese Vorliebe für Ihr Trading und Ihre Entscheidungen
generell haben?
Ist Ihre Trading-Umgebung darauf eingerichtet?
Wie genau das zu beachten wäre, müssten Sie selbst herausfinden. Es kann
Auditive geben, die Musik beim Trading brauchen und so den inneren Kanal von
unerwünschten Geräuschen frei halten. Der andere braucht evtl. eher Stille. Der
dritte die Schreie der Floor-Trader und den dortigen Geräuschpegel.
Wenn Sie eher visuell orientiert sind, sollten Sie vor allem Ihr Chart-Programm
dementsprechend einstellen.
Der Gefühlsmensch braucht vor allem Bewegung beim Trading. Oder braucht er
oder sie eher einen Schreibtischstuhl aus Leder, Höhe und Winkel genau
einstellbar? Den Gefühlsmenschen vom Typ „Floor-Trader alter Schule“ ist vor
allem wichtig, dass sie jemanden knuffen können und ihm oder ihr den Ellenbogen
in die Seite rammen beim Kampf um den besten Platz am Ring.
2.1.2.
Sub-Programme zur Überzeugung
Der hauptsächliche Verarbeitungskanal für sensorische Impulse wird auch der
„Convincer-Kanal“ sein. Das ist der Sinneskanal, auf dem die Information
empfangen wird, die zur Überzeugung führt. Der Visuelle muss etwas sehen, um
überzeugt zu sein. Der Auditive muss es hören, der Somato-sensorische fühlen.
Wenn Sie ein Handelssystem auf dem Bildschirm haben und den Signalen nicht
folgen, liegt es vielleicht daran, dass Ihnen als Auditivem ein Klingeln fehlt oder als
Somato-Sensorischem ein Knuff (oder Elektrostoß). Kann man ja (und müsste
man) einrichten. (Vorsicht mit der Volt-Zahl!)
Neben dem Modus des Überzeugers ist auch die Häufigkeit des Signals individuell
unterschiedlich. Es gibt vier Varianten:
- immer sofort überzeugt
- braucht mehrfache Bestätigung (wie oft genau?)
- nie überzeugt, muss immer überprüfen
- durch Zeitdauer überzeugt (wie lange?)
Wenn Sie also mal überlegen: Wie oft oder wie lange müssen Sie eine Information
erhalten haben, bis Sie diese glauben?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
26
Beispiel:
Ein neues Produkt kommt auf den Markt. Sie wissen nicht, ob es gut ist. Sind Sie
immer gleich überzeugt, dass das Produkt etwas taugt, wenn Sie zum ersten Mal
eine Werbung sehen? Oder müssen Sie es mehrfach gesehen haben? Oder
glauben Sie es nie und müssten jedes Mal neu überzeugt werden? Oder tritt die
Überzeugung ein, wenn Sie die Werbung eine Woche lang jeden Tag gesehen
haben?
Vorsicht! Wir möchten, zumindest in diesem Fall, gern kritischere Konsumenten
sein, als wir es sind.
Ein neuer Mitarbeiter wurde eingestellt.
•
Sehen, hören oder fühlen Sie diesen und sind gleich überzeugt, dass er
qualifiziert ist?
•
Müssten Sie ihn ein paar Mal (genaue Zahl) sehen/hören/ fühlen und
denken dann gut von diesem?
•
Oder sind Sie nie überzeugt und wollen jedes Mal erneut Qualitätsbeweise
sehen?
•
Oder ist es ein gewisser Zeitraum und dann wird ein neuer Mitarbeiter bei
Ihnen als qualifiziert eingestuft?
Es wird natürlich wechseln und variieren, aber Sie werden eine Vorliebe für eine
der Varianten haben. Das wäre natürlich wichtig zu wissen beim Trading. Vor
allem, wenn man nach Signalen, die ein Handelssystem am Bildschirm auswirft,
handelt und entscheiden muss, ob man diese nimmt, werden der „mehrfach zu
überzeugende“ Trader und der „nie überzeugte“ Trader Schwierigkeiten haben dem
Signal unmittelbar zu folgen. Wohingegen bei der Handelssystementwicklung eine
derart kritische Grundeinstellung sicherlich hilfreich ist.
Es gibt also für unterschiedliche Menschen unterschiedliche Jobs beim Trading.
Und da wir evtl. alles machen wollen und müssen, wäre es gut zu wissen, wo die
Defizite und wo die Stärken sind, um die Strategie dementsprechend einzustellen.
2.1.3.
Sub-Programm Großes Bild /Details
Für das Trading ist es wichtig diese Unterscheidung zu kennen: Der eine Mensch
achtet mehr auf die Details, der andere auf das Gesamtbild.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
27
Diese Vorlieben haben mit unterschiedlicher Orientierung in den Hirnhälften zu tun.
Diese Orientierung entsteht sehr früh in der Entwicklung und die Detail-Freunde
werden in der Überzahl sein.
Die linke Hirnhälfte beim Rechtshänder befehligt die rechte Körperseite und ist
eher für die Feinmotorik, also Details, in der Informationsverarbeitung zuständig.
Die rechte Hirnhälfte beim Rechtshänder hingegen braucht eher den Überblick und
das Ganzheitliche. Bei den meisten Linkshändern gilt dasselbe seitenvertauscht.
Der Gesamtbild-Mensch mag eher abstrakte Gedankengänge und wird von Details
schnell gelangweilt.
Der Detail-Mensch braucht es anschaulich. Er muss die Feinstruktur fühlen
können.
Wie wirkt sich das beim Trading aus?
Generell ist wieder zu sagen, dass man sich vor allem der Schwächen bewusst
sein sollte. Der Detailmensch sitzt vor dem Chart und zählt Stäbe und Candles und
vergisst evtl. den Handelsplan. Der Großbild-Mensch entwickelt gigantische
Handelssysteme und vergisst die konkrete Durchführung. Wir brauchen beides und
müssen das trainieren, worin wir schwach sind.
Generell: Erkennen Sie, wo Ihre Vorlieben liegen und trainieren Sie Ihre
Schwächen!
2.1.4.
Sub-Programm Sortierung
Der eine Mensch sortiert die Information nach Gleichen, der andere nach
Unterschieden.
Diese Einstellung hat natürlich für das Trading erhebliche Auswirkungen und
könnte mit Vorlieben für Trendfolge oder Konträrpositionierung in Verbindung
stehen.
Der Mensch, der nach Gleichheiten sortiert, wird zu sich sagen: „Das Chartmuster
sieht so ähnlich aus, wie das Umkehrmuster neulich. Der Markt wird wieder
dasselbe machen.“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
28
Das wäre zwar in der konkreten Taktik ein kurzfristiges Positionieren konträr zur
Marktrichtung, in der Sub-Strategie wäre es aber eine Trendfolge bezüglich des
Musters („ Es wird wieder umkehren.“).
Der nach Unterschieden sortierende wird sagen: „Dieses Chartmuster ist ja nun
ganz neu. Der Markt wird sich ändern.“ Einen derartigen Satz werden wir eher
selten hören und nach Unterschieden sortierende werden sich eher nicht für
Chartmuster interessieren, da diese eine Suche nach Gleichem erfordern.
Der nach Unterschieden sortierende wird eher Indikatoren mögen, die über eine
Zeit konstant sind, um sich dann abrupt zu ändern, so dass er einen Unterschied
wahrnimmt und die Konträrposition einnehmen kann. Das kann ja schon das
Schneiden eines Gleitenden Durchschnitts sein. Die Konträrposition kann also
auch in der Sub-Strategie sein: Der 20 Tage Gleitende Durchschnitt ist geschnitten,
also wird die Seitwärts-Phase beendet sein und ein Trend einsetzen.
Machen Sie den Test: Legen Sie drei Münzen auf den Tisch und beschreiben Sie
diese! Wenn Ihre Beschreibung beginnt mit: „Das sind drei Münzen...“ sortieren Sie
wohl eher nach Gleichem. Wenn Sie beginnen mit: „Die eine Münze ist ein 10Cent-Stück, die anderen sind 50-Cents-Stücke. Eine von diesen ist in Finnland
geprägt“, sortieren Sie eher nach Unterschieden.
Diese Sortierung kann in der Präferenz verbunden sein mit der Vorliebe für Detail
und/oder Großes Bild.
Menschen mit der Vorliebe für Unterschiede und Großes Bild sind eher selten, aber
diese werden eine neue Erklärung für die Gravitation suchen und
Relativitätstheorien entdecken.
Evtl. aber wäre Einstein als Trader ungeeignet, da er schon schneller etwas Neues
entdeckt hätte, als der Markt sich wandeln könnte. Er wäre an der konkreten
Umsetzung zu wenig interessiert.
Das wäre der Vorteil von Trading-Teams: Wir können den genialischen Denker und
Entwickler (Großes Bild orientiert/Unterschiede suchend) mit einem Programmierer
(Details orientiert/Gleiches suchend) und mit einem Controller (Details
orientiert/Unterschiede suchend) verbinden, die von einer Führungspersönlichkeit
(Großes Bild orientiert/Gleiches suchend) angeleitet und vermarktet werden.
2.1.5
Sub-Programm Aufmerksamkeits-Präferenz
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
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Menschen orientieren nach unterschiedlichen Themen:
•
Menschen
•
Dingen
•
Orten
•
Aktivitäten
•
Ideen
Dieses sollten Sie bei einem Gespräch mit einem Menschen herausfinden: Was
interessiert sie oder ihn besonders? Was lässt diese Person kalt? Das ist
individuell völlig unterschiedlich.
Sie wollen eine Person aus ihrer näheren Umgebung zu einem Restaurantbesuch
motivieren. Was müssen Sie erwähnen, damit diese Person anspringt?
•
„Da kommt auch Dieter Bohlen öfter hin!“
•
„Das Geschirr ist aus Meissner Porzellan!“
•
„Das Restaurant liegt sehr schön an einem kleinen See!“
•
„Man kann während des Essens ins Internet gehen oder tanzen!“
•
„Auf der Speisekarte ist ein völlig neues Rezept angegeben!“
Variieren Sie die Taktik des Überzeugens und stellen Sie diese dann auf den
Menschen ein. Jeder ist verschieden!
Wenn Sie ein Menschen-Mensch sind, ist es wichtig, dass die anderen Menschen
an Ihrem Arbeitsplatz vorzeigbar sind. Es ist wichtig, bei wem Sie gearbeitet haben.
Sie werden auch eher öfter die Namen von berühmten Tradern fallen lassen, die
auch das gesagt haben, was Sie meinen. Seien Sie vorsichtig: Andere Menschen
beeindrucken Menschen und Namen evtl. weniger als Dinge, Orte, Aktivitäten und
Ideen!
Wenn Sie ein Dinge-Mensch sind, sollte Ihr Computer der neuesten Generation
angehören und auch so aussehen. Es gibt (Amateur-)Trader, mit mehr
Flachbildschirmen auf Ihrem Schreibtisch als ein normaler Mensch gleichzeitig
betrachten kann. Wenn Ihnen Dinge wichtig sind: Stellen Sie sich nicht nur viele
Flachbildschirme hin, nehmen Sie die mit dem Platinrand.
Wenn Sie ein Orts-Mensch sind und traden nicht von einem guten, renommierten
Ort aus („Was? Sie sitzen im Odenwald? Sie müssen doch im Frankfurter
Börsenviertel sitzen!“), ist das problematisch. Auch wenn heutzutage von jedem
Platz der Welt aus per Internet getradet werden kann: Als Orts-Mensch müssen Sie
eine Adresse, wie „14 Wall Street“ haben, um Erfolg haben zu können. Die
anderen 4 Typen von Menschen interessiert das hingegen gar nicht. Diese werden
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die Gespräche von Wallstreet-Enthusiasten nicht verstehen und auch von einem
Strandhaus auf Long Island aus traden können.
Für den Aktivitäten-Mensch ist die Börsen-Aktion wichtig. Sie telefonieren
wahrscheinlich mit Gott und der Welt, wenn der Markt eher ruhig läuft. Besser wäre
es, vom Mountain-Bike aus zu traden oder während der Chart-Beobachtung
Hanteln zu bewegen.
Der Ideen-Mensch wird sich fortwährend mit der Trading-Lektüre beschäftigen und
neue Handelsideen ausprobieren. Je avantgardistischer sich die mathematische
Methode anhört, mit der die Handelsignale errechnet werden, desto besser. Diese
Menschen werden noch Handelsideen entwickeln, während die anderen schon mit
anderen interessanten Menschen zu angenehmen und renommierten Restaurants
gehen, um dort Ihre Schmuckstücke zur Schau zu stellen und sich auf das Jogging
vorzubereiten.
Wer von diesen 5 das Geld macht? Das ist gleich verteilt. Wir brauchen
Beziehungen, gute Ausstattung, angenehme Umgebung, Fitness und
Informationen gleich und von allem das Beste.
2.2.
Der Myers-Briggs-Type-Indikator (MBTI)
Die gebräuchlichste Anwendung der Sub-Programme ist der in den USA meist
benutzte Persönlichkeitstest für Personalbüros, der sog. Myers-Briggs-TypeIndicator (MBTI). Der MBTI bezieht sich auch auf die Typenlehre C.G. Jungs.
Der MBTI unterscheidet nach 4 Subprogrammen.
Die Sub-Programm-Unterscheidungen sind:
•
Extrovertiert – Introvertiert
E-I
•
Sensor (Detail orientiert) – Intuitor (Überblick orientiert)
S-N
•
Thinker (Denker) – Feeler (Fühler)
T-F
•
Judger (Urteiler)- Perceiver (Wahrnehmer)
J-P
Die einzelnen Kategorien werden mit Buchstaben bezeichnet. Je Kategorie kann
man nur entweder oder sein. Wobei es natürlich vorkommt, dass die Präferenz
kaum wahrnehmbar ist.
Es gibt insgesamt 16 Möglichkeiten der Kombination dieser 4 Paare.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
31
In der Praxis hat es sich aber durchgesetzt die Unterscheidung ExtrovertiertIntrovertiert etwas schwächer zu bewerten und nur die 8 Kombinationen der
anderen 3 Paare zu beachten.
Sie können einen Eindruck von der eigenen Typisierung haben, wenn Sie die
folgenden Fragen beantworten:
•
Bin ich eher nach außen und kommunikativ (extrovertiert) oder bin ich
lieber für mich und in Ruhe (introvertiert)?
•
Habe ich lieber die Details und Fakten (Sensor) oder brauche ich
Zusammenhänge und Überblick (Intuitor)?
•
Treffe ich Entscheidungen durch Denken (Thinker) und Überlegen oder
durch Fühlen (Feeler)?
•
Bin ich eher an abschließenden Urteilen orientiert (Judger) oder habe ich
lieber Optionen und lasse die Sachen offen (Perceiver)?
In einigen dieser Sub-Programme sind wir evtl. sehr ausgeprägt, in anderen
können wir kaum sagen, ob wir das eine oder das andere sind.
Keirsey ist der bekannteste Autor und die Website www.keirsey.com enthält viele
Informationen zu MBTI. Darüber hinaus gibt es im Internet Informationen und Tests
zum MBTI.
Welche Trader-Typen könnten sich mit den einzelnen der 16 Typen verbinden?
Hierbei können wir die Unterscheidung ‚Extrovertiert’ – ‚Introvertiert’
vernachlässigen und somit in 8 Typen differenzieren.
2.2.1.
Die 8 Trading-Typen nach MBTI
Die folgenden Angaben sind ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Skizzen eben.
Ist für die Typisierung der männliche Artikel gewählt, so ist das nur aus Gründen
der allgemein gebräuchlichen Vereinfachung und stellt keinerlei Präferenz dar.
Also 8 Charakter-Typen und ihr (Ihr?) Trading-Stil:
1. STJ, der Buchhalter
achtet auf Details, „Denker“, orientiert an Regeln.
Die bürokratischen Trader nutzen Handelssysteme und feste Signale und halten
diese diszipliniert durch und verzweifeln, wenn der Markt sich nicht an diese hält.
Sie sitzen auch in großen Organisationen (Banken, Fonds) und führen
gewissenhaft aus. Da die „Buchhalter“ ca. 20% der Bevölkerung darstellen, ist es
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wichtig zu wissen, dass diese beharrlich in die eingeschlagenen Richtung
weitergehen und nicht eingeständig von den Regeln abweichen.
2. SFJ, der Sozialarbeiter
achtet auf Details, „Fühler“, orientiert an Regeln.
Der „Sozialarbeiter“ stellt weitere 20% der Bevölkerung und dieser Trading-Stil ist
auch deshalb wichtig. Diese Menschen werden an der Börse selten als Individuen
vertreten sein. (Eher trifft man sie bei feindlichen Organisationen, wie etwa die
Globalisierungsgegner von „Attac“.)
Eventuell sind diese als Vermögensverwalter bei einer Bank, die das Beste für ihre
Kunden wollen und den Vorgaben ihrer Vorgesetzten folgen. In Baisse-Zeiten sind
sie eher nicht so ansprechbar.
3. STP, der Macher
achtet auf Details, „Denker“, orientiert an Optionen.
Wird eher als Verkäufer von Börsenfonds zu finden sein denn als Trader. Wird sich
nicht an eine Handelsdisziplin halten und dabei doch an Indikatoren kleben. Wird
sehr interessiert sein an der Börse und selten einen eigenen Ansatz finden. Er wird
aber die heißen Tipps frühzeitig gehört haben und schon deshalb bei Neue-MarktHaussen dabei sein (und evtl. dann leider bei der Baisse auch).
4. SFP, der Künstler
achtet auf Details, „Fühler“, orientiert an Optionen.
Künstler –Trader werden eher intuitiv und inspiriert handeln, dabei kleine Verläufe
generalisieren und aus einem Indikator (Trendlinie) ein ganzes Bild der zukünftigen
Entwicklung konstruieren. Dieses tun sie indes mitunter genial.
Es wird aber wenig Interesse an systematischer Vorgehensweise vorhanden sein.
5. NFJ, der Lehrer
achtet auf den Zusammenhang, „Fühler“, orientiert an Regeln.
Der Lehrer-Trader ist eine interessante Mischung. Wenn er aufhört, andere darüber
belehren zu wollen und Seminare zu geben, könnte er ein sehr guter Trader sein.
Er hat eine gute Mischung von Einstellungen und ist nur mitunter zu sehr in Konflikt
mit sich selbst.
6. NFP, der Berater
achtet auf Zusammenhang, „Fühler“, orientiert an Optionen.
Der Berater kann ein guter Trader sein, der mit der Komplexität des Marktes gut in
Einklang kommt. Ob er es konkret auch durchführen kann und eine Disziplin
wahren kann, ist die andere Seite der Medaille. Er wird sich sehr für die Börse
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
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interessieren und evtl. versuchen, schlauer zu sein als der Markt. Solange er die
Schlauheit für sich behält und damit nicht missionieren geht.....
7.NTJ, der Organisator
achtet auf Zusammenhang, „Denker“, orientiert an Regeln.
Der Organisator als Trader wird eine gute Handelsstrategie haben und es wie eine
Schlacht angehen und planen. Als Einzeltrader werden ihm eventuell die Truppen
fehlen, die diese konkret und präzise durchführen, da er selbst daran nicht so
interessiert ist und sich mitunter durch kleine Nachlässigkeiten ein Bein stellt.
8. NTP, der Ingenieur
achtet auf Zusammenhang, „Denker“, orientiert an Optionen.
Der Ingenieur wird gute Handelssysteme entwickeln und evt. dabei nie zu einem
Ende und zum tatsächlichen Trading kommen. Aber seine Systeme werden gut
sein...
Fazit:
Erkennen Sie Ihre Stärken und Schwächen, wählen Sie eine Strategie, die Ihnen
entspricht, bauen Sie für die Schwächen Sicherheitsleinen ein.
2.3.
Weitere Sub-Programmierungen
Menschen sind verschieden. Es hilft zu verstehen, wie die Masse denkt und in
welche Vorteile oder Fallen sie läuft. Es hilft die Außenseiter zu verstehen. Und es
ist sicherlich erfolgreich, je nach Situation die Wahl zu haben.
Einige Sub-Programme sind genetisch verankert und im Laufe der Millionen Jahre
unserer Evolution entstanden. Einige interessante Bespiele der unterschiedlichen
biologischen Sub-Programme von Frauen und Männer werden z.B. in dem
Bestseller „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“ von
Barbara und Allan Pease beschrieben.
Wir haben bereits erwähnt, dass Trendfolger „Nehmer“ sein müssen und mit
mehreren Verlusttrades hintereinander fertig werden müssen. Das entspricht der
kulturellen Phase des Pflanzers oder Farmers in der menschlichen Geschichte.
Auch wenn die Krähen die Saat picken und das Wetter widrig ist: Wir haben
einfach so viel gesät, dass das, was aufgeht, ausreicht um eine Ernte zu haben.
Der Jäger wird eher nach einzelnen Gelegenheiten suchen und warten können.
Wie ein Angler wartet also der antizyklisch handelnde auf die Marktumkehr. Wie ein
Jäger lauert der Trader, der nach einer bestimmten Chartformation Ausschau hält,
auf diese.
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3.
Eingebaute blinde Flecken
3.1.
Blinde Flecken
3.2.
Mögliche Fallen der Chartanalyse
3.3.
Regression to the mean
3.4.
Prospect Theory
3.5.
Anwendung am Beispiel „Closing the Gap“
3.6.
Der Anker des Referenzrahmens
3.7.
Übertreibungen und Anomalien
3.8.
Traderprobleme aus der Sicht der Behavioral Finance und der
Umgang mit diesen aus der Sicht des Mentalen Coachings
3.1.
Blinde Flecken
Sie kennen die Übung sicherlich: Schauen Sie auf das Bild und stellen Sie fest,
wann, wie und wo der schwarze Punkt verschwindet. Da ist der blinde Fleck.
Könnte es sein, dass beim Betrachten eines Charts oder eines Kurstickers
ähnliche blinde Flecken dafür sorgen, dass essenzielle Informationen ignoriert
werden?
Es ist nicht nur beim Betrachten des Charts so. Es ist auch beim Entscheiden und
Planen von Trades so. Und einige wesentliche „blinde Flecken“ haben wir uns
selbst gegenüber.
Diese müssen wir kennen, um uns vor den geläufigsten Fallen beim Trading zu
schützen.
Diese Fallen wirken auch kollektiv, denn alle Menschen haben diese. Die
Behavioral Finance4 macht aus der Untersuchung kollektiver Einstellungen und
menschlicher Irrtümer eine ganze Wissenschaft. Es können Trading-Strategien
darauf aufgebaut werden, dass Menschen in der Masse bestimmte blinde Flecken
haben.
Ins Trader-Coaching kommen somit durchaus Klienten, welche über ein Problem
klagen, das in dem Sinne gar kein „Problem“ ist. Denn es ist vielmehr das
natürliche menschliche Verhalten. Die Klienten sind einfach nur „normal“. „Normal“
ist aber in der Hinsicht des Umgangs mit komplexen Systemen, wie der Börse, evtl.
problematisch.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
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„Verluste kurz halten, Gewinne laufen lassen!“ ist die simple Börsenweisheit des
ewigen Erfolges. Es klingt so einfach und ist doch für uns Menschen zu schwierig,
um es konsequent durchzuführen. Das Gegenteil, nämlich: „Verluste ignorieren
und Gewinne kurz halten!“, ist das natürliche Verhalten. Wir brauchen uns dafür
nicht zu schämen oder gar zu bestrafen. Wir müssen nur unseren Trading-Plan
darauf einstellen. Und wir müssen diesen dann vor allem einhalten. Das mit dem
„Einhalten des Plans“ ist natürlich auch nicht die leichteste Übung.
„Disziplin“ ist eines der Hauptthemen in unserem „Gewinnen beginnt innen"Training. Disziplin ist letztendlich ein emotionales Thema, so dass wir zusätzlich zu
einem Handelsplan Klarheit über unsere Gefühlswelt erlangen wollen.
Das beste Handelssystem nützt wenig, wenn es nicht eingehalten wird.
Verlustphasen sind unausweichlich. Sie sind schwer auszuhalten, ob man nun den
Computer per mechanischem Handelsprogramm handeln lässt oder selbst die
Trades entschieden und durchgeführt hat. Das disziplinierte Aushalten von
Verlustphasen ist das A und O des erfolgsträchtigen Tradings und des
erfolgsträchtigen Handelns in dieser Welt überhaupt.
3.2.
Mögliche Fallen der Chartanalyse
„Blinde Flecken“ beziehen sich auf unsere visuelle Wahrnehmung. Diese hat in der
Börsenwelt zunehmend Bedeutung erlangt. Während früher die auditive Mitteilung
wesentlich mehr Bedeutung hatte und die Kurse zugerufen wurden, werden diese
heute gesehen und visuell analysiert. Schweigend wird dann der Trade per
Mouseclick durchgegeben.
Während früher die physische Durchsetzungsfähigkeit des Maklers am Börsenring
für seinen Erfolg Bedeutung haben konnte, ist die physische und gefühlte Existenz
des Traders heutzutage völlig unwichtig. Für viele Börsianer ist die Börse heute
gleichbedeutend mit: Der Chart.
Die sog. Technische Analyse, welche prognostische Aussagen zum Markt aufgrund
der visuellen Chartentwicklung und der Eigendynamik des Marktes, welche durch
den Chart ausgedrückt wird, macht, hat im Trader-Denken in den letzten 20 Jahren
Einzug gehalten. Eine ganze Reihe von Beobachtern des Börsengeschehens ist
der Meinung, dass die Technische Analyse eine Art selbsterfüllender Prophezeiung
darstellt. Wenn ein großer Teil der Teilnehmer eine an sich fiktive bis absurde
Trendlinie beobachtet und auf dieser Grundlage entscheidet, gewinnt sie
Bedeutung.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
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Trader, die ihre eigene Prognose nach einem Chart erstellen, werden leicht Opfer
selbst gestellter psychologischer Fallen. Sie verwechseln die Landkarte mit der
realen Landschaft. Sie marschieren auf einer Landkarte und wundern sich, wenn
der Wasserfall auf dem Papier trocken ist.
Vor allen Dingen stellen diese Trader sich den Chart nach ihrem Gusto ein. Sie
wählen die Landkarte, die ihnen das zeigt, was sie sehen wollen.
Ein Chart kann ein wertvolles Hilfsmittel sein. Aber kein Chart zeigt die vollständige
Börse. Der Chart zeigt das Ergebnis der Überlegungen und Entscheidungen
einiger tausend Marktteilnehmer. Wer diese sind, wie viele sie sind, wie powervoll
sie sind, kann er nicht zeigen.
Je nach Zeitfenster und Darstellungsweise wird der Markt im Chart unterschiedlich
aussehen. Es ist aber derselbe Markt. Wir müssen uns davor hüten, nur das zu
sehen, was wir sehen wollen.
Grundsätzlich ist der Markt non-linear und chaotisch. Die Übereinstimmung vom
Chartbild zweier Bewegungen ist zufällig. Wir neigen dazu, in den Zufall
Gesetzmäßigkeit hineinzusehen. Denn das ist die ganze Aufgabe unserer
Kognition: Muster in Zufälle sehen. Einige Zufälle wiederholen sich tatsächlich: Der
Postbote kommt tagtäglich um fast dieselbe Uhrzeit. Gesetzmäßigkeiten, mit
denen man fest rechnen kann, sind an der Börse wesentlich seltener. Und die
meisten sind hineininterpretiert.
Zum Teil treffen die auf ihnen basierenden Prognosen auch ein. Die
Wahrscheinlichkeit des Eintreffens ist umso größer, je mehr Teilnehmer dran
„glauben“. Massenwahn eben.
Sie werden aber nicht mehr eintreffen, wenn zu viele dran glauben. Denn dann
kommt die Bewegung schneller, als man sie sich ausdenken konnte. Und es wird
immer einige größerer Fische geben, die derartigen Massenwahn für sich
auszunutzen wissen. Dann müssen die kleinen Fische dran glauben.
Also: vorsichtig mit den Landkarten, sprich Charts. Sie sind Hilfsmittel, aber sie
sind nicht: Der Markt. Der ist auch laut und fühlbar. Um blinde Flecken zu
vermeiden sollte man alle Sinne nutzen.
„Ich habe nicht gesehen, dass der Markt drehen wollte“, sagt der Chart-Analyst
verzweifelt. Kein Wunder, der Wendepunkt war in der Region des „blinden Flecks“.
Er konnte ihn nicht sehen und sollte sich darüber nicht grämen. Auf jedem Chart
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
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sind Regionen, die wir nicht sehen. Und da unser Hirn das Fehlende ersetzt,
nehmen wir fatalerweise nicht einmal wahr, dass wir etwas nicht sehen. Also:
Obacht!
Der Erfolg in komplexen Systemen kann der ihm zugrunde liegenden
Strategie den Boden unter den Füßen wegziehen, weil der Erfolg das System
so beeinflusst, dass dieses nicht mehr das System ist, auf das sich die
Strategie bezog.
Beispiele für die negative Wechselwirkungen zwischen Erfolg und System gibt es
viele. Der erfolgreiche Rapper (Eminem) verliert durch den Erfolg an „Street
Credibility“ und verkauft künftig weniger Platten. Das gut gebaute Auto hält so
lange, dass weniger Autos verkauft werden. Das Schimpfwort, das alle benutzen,
ist keine Provokation mehr.
Es gibt also nichts in dieser komplexen, chaotischen Börsenwelt, an das man sich
wirklich halten kann. Da fanden die Pioniere des Behavioral Finance eine neue
Sichtweise: Nutze einfach die Verhaltensweisen der Börsenteilnehmer in ihrer
Euphorie und Frustration für dich aus. Evtl. sind einige Strategien der Massen und
vor allem einige Eigenarten erklärbar und von daher der Markt vorhersehbar.
3.3.
Regression to the mean
Der Pionier der Behavioral Finance, Prof. Daniel Kahnemann, hat 2002 den
Nobelpreis für Ökonomie bekommen. Herr Kahnemann begann diese Forschung
als junger Psychologe in der israelischen Armee. Fluglehrer berichteten ihm, dass
sie Pilotenlehrlinge, die einen guten Flug absolvierten, tadeln würden und
diejenigen mit einem schlechten Flug loben. Der Grund war: Nach guten Flügen
folgten meist schlechte. Das wollten die Lehrer durch ihre pädagogische Strategie
verhindern. Das Ergebnis wurde aber nicht verbessert.
Die Fluglehrer waren einem Irrtum erlegen, denn die Wahrscheinlichkeit für einen
schlechten nach einem guten und einen guten nach einem schlechten Flug war
sehr viel höher als anders. Denn beides waren „Rausreißer“ aus dem statistischen
Mittel und es gibt das Gesetz des „Regression to the mean“, der Rückkehr zum
statistischen Mittelwert. Alles kehrt in die Mittelmäßigkeit zurück. Das gibt Hoffnung
für die schlechteren Tage und Ernüchterung für die guten. Wenn wir uns mit der
Normalität entspannen, machen wir es uns am einfachsten.
Prof. Kahnemann begann damals die Diskrepanzen zwischen menschlicher
Erwartung und statistischer Wahrscheinlichkeit zu erforschen. Er stieß auf
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
38
frappierende Ergebnisse. Wir sind oft so gestrickt, dass wir statistische
Wahrscheinlichkeiten ignorieren. Das sollte an der Börse auf das Verhalten der
Teilnehmer Einfluss haben.
3.4.
Prospect Theory
Prof. Kahnemann ging in die USA und setzte mit Professor Tversky (der leider in
den 90er Jahren an Krebs verstarb) seine Forschungen fort und entwickelte die
sogenannte „Prospect Theory“. Nach eigenen Angaben wurde diese Theorie so
benannt, weil das Wort interessant und nach Kompetenz klingt. Das Wort
„Prospect“ an sich ist bedeutungslos. Kahnemann und Tversky wendeten ihre
Erkenntnisse also auch im Marketing ihrer Ideen an.
Behavioral Finance ist mittlerweile der Renner in den (ansonsten in der
Wissenschaftswelt eher mitleidig betrachteten) psychologischen Fakultäten und die
Forschung quillt über. Behavioral Finance hat die Illusion des „Rationalen
effektiven Marktes“ genommen (und führt evtl. durch die eigene Forschung zu
einem solchen, der die Grundlagen für die Forschung dann entzieht. Tja.) Die
Grundlagen für intuitive menschliche Entscheidungen liegen oft in Berechnungen
und Notwendigkeiten der Steinzeit und widersprechen frappierend den
berechenbaren Wahrscheinlichkeiten und Statistiken.
Prospect Theory basiert auf der Tatsache, dass wir gute und schlechte
Erfahrungen unterschiedlich bewerten. Die Freude an einem guten Ereignis ist
nicht so groß wie der Schmerz, der von einer unangenehmen Erfahrung mit
vergleichbarem Minusergebnis verursacht wird. Wir wollen stärker von Schmerzen
weg als zu Freude hin.
Von dieser Tatsache lebt Las Vegas. Denn erstaunlicherweise verlieren die Spieler
viel und das Casino-Business lohnt sich. Die Chancen bei den meisten CasinoSpielen sind nämlich durchaus fair und zum Teil sogar zum Vorteil des Spielers.
Wir nehmen aber die Gewinne zu schnell mit. Bei den Verlusten neigen wir
entweder dazu von unserer Strategie abzuweichen oder durch Übertraden
(Overtrading) den Verlust schnell wieder wettmachen zu wollen. Oder wir
ignorieren den Schmerz und auch die offene Verlustposition bis das Konto auf 0 ist.
Das gewonnene oder ertradete Geld nehmen wir nicht ernst. Wenn wir von
unseren Gewinnen wieder abgeben, war es nicht unser Geld, sondern dass der
Börse oder des Casinos. So dass auch im Gewinn leicht overtradet wird und die
Positionsgrößen oder Wetteinsätze nicht rechtzeitig gemindert werden.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
39
Wenn wir in einer Verlustposition sind, vergessen wir intuitiv das „Verluste kurz
halten,...“ leicht, denn wir rechnen folgendermaßen: „Das Schließen der Position ist
100% sicherer Verlustschmerz. Die Chance auf Erholung wahren, bringt die 50:50
Chance auf: Kein Verlustschmerz.“ Also wählen wir: Chance erhalten. Und
müssten doch die Position schließen und den Verlust mitnehmen, denn es droht
ein noch größerer.
Unsere „Loss Aversion“, unsere Abneigung gegen Verlust, lässt uns in noch
größeren Verlust rauschen. Und wir brauchen nur einige der Aktionäre am Neuen
Markt des Beginns des 3.Jahrtausends fragen, um uns Beispiele für Totalverluste,
die aus der Angst vor Verlust entstanden sind, zu holen.
Die Grundlage der Prospect Theory, dieses Missverhältnis in der Wahrnehmung
von Gewinn und Verlust, hat John von Neumann, einer der genialsten
Wissenschaftler des 20.Jahrhunderts, zusammen mit seinem wissenschaftlichen
Freund Prof. Morgenstern erstmalig formuliert. Daher wird es „Von-NeumannMorgenstern-Utility“ genannt. John von Neumann und Oskar Morgenstern gelten
als die Begründer der mathematischen Spieltheorie, die besonders durch den Film
„A Beautiful Mind“ über den Mathematiker Nash, der für die spieltheoretische
Grundlagenerkenntnis des „Nash-Equlibriums“ den Nobelpreis bekam, größere
Bekanntheit in letzter Zeit erlangte.
Prospect Theory
Utility
Von Neumann Morgenstern utility:
α >β
Relative
Loss
β
Reference point
x
RelativeGain
x
Anchor
α
4
Am Punkt x auf der linken oder rechten Gain-Achse ist identisch viel Gewinn oder
Verlust aufgelaufen. Die rote Kurve, welche die Einschätzung bezüglich der Utility
(Nützlichkeit) der Situation angibt, ist aber schon um mehr als das Doppelte mehr
abgesunken als die grüne Kurve gestiegen ist.
Die Irrationalität der Marktteilnehmer kann uns einige Phänomene an der Börse
erklärbar und evtl. für uns nutzbar machen:
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
40
3.5.
Anwendung am Beispiel „Closing the Gap“
Bekannt ist das Phänomen des „Closing the Gap“. Bisweilen hat ein Markt bei der
Eröffnung gegenüber des Schlusses vom Vortage einen größeren Sprung, ein Gap
(Lücke). Ein Schlagwort an der Börse besagt, dass das Gap geschlossen werden
wird. Nach der Prospect Theory trifft dieses tendenziell zu, denn an diesem Punkt
an der Eröffnung werden die Gewinner leichter bereit sein ihre Gewinne
mitzunehmen, was eine Gegenbewegung auslöst und die Verlierer des Gaps
werden versuchen drin zu bleiben, um die Chance des Gap-Closing zu wahren.
Nun ist die Gegenbewegung manchmal nicht so, dass das Gap tatsächlich
geschlossen wird oder es treten sogar andere Faktoren auf, welche dazu führen,
dass die Übernachtbewegung, die zur Lücke geführt hat, fortgesetzt wird. Die
Teilnehmer, die Verlustpositionen haben und diese ungern schließen wollen, denn
sie hoffen auf das Gap-Closing, beten nun und sind mehr im Stress. Sie werden
entweder ihre Position schließen, sollte der Markt tatsächlich zum Schlusskurs des
Vortages kommen, (so dass der Preis auch schwer mehr schaffen kann als zum
Vortagsschluss zurückzukehren) oder sie werden irgendwann zu verstärkten
Marktbewegungen führen, da diese Teilnehmer panikartig oder per Stop nach einer
gewissen Zeit aus dem Markt müssen. Diese Entwicklungen werden auch
„Runaway-Gaps“ genannt.
So wie hier im FDAX am 9.4.2002: Der Markt eröffnet mit einem Gap nach oben,
arbeitet sich nach unten. Er kommt jedoch nicht an das Gap ran und die Käufer
übernehmen den Markt zu neuen Höhen.
Oder hier ein Runaway-Gap, wo die Käufer beim Markteröffnung auf dem falschen
Fuß erwischt werden. Die Kursbewegung beschleunigt sich dann nach einer
Stunde, als diese raus müssen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
41
FDAX, 19.7.2002: Der Markt macht mit 100 Punkte Gap nach unten auf und lässt
bis zum Nachmittag weitere 100 Punkte nach. Die Bewegung nach unten ist
stärker an den Stopp-Stellen bei 4000, 3975 und 3950.
So beobachten die Analysten der Behavioral Finance den Markt unter
psychologischen Aspekten, dabei besonders darauf achtend, ob es größere
Kontingente in Verlustpositionen geben wird, die zu einer Marktbeschleunigung
(ungewollt) führen können. Dieses kann natürlich auch in größerem Zeit-Rahmen
stattfinden.
Beim Fall der Aktienmärkte der vergangenen zwei Jahre konnte man immer wieder
sehen, dass kurzzeitige Erholungen von sehr schnellen und starken Phasen des
Fallens beendet wurden, als erst die mit dem neuen Mut, dann die mit alten
Verlustpositionen und dann die mit Totalverlust den Markt verlassen mussten.
Es werden also Klienten in das Trader-Coaching kommen, die sich darüber
beklagen: „Ich nehme Gewinne zu früh mit und schließe Verlustpositionen zu spät!“
Der Coach kann erst einmal nur sagen: „Das ist das normale menschliche
Verhalten. Was wollen Sie?“
Wir sind aber der Meinung, dass wir diese Einstellung verändern können und
werden, nachdem Sie die Kapitel über die Tools der Psycho-Kybernetik kennen
gelernt haben, in Kapitel 24 anhand eines konkreten Falles Möglichkeiten der
Selbstkontrolle kennen lernen.
Grundsätzlich ist nach der Beschäftigung mit der Behavioral Finance zu sagen: Um
das Entwickeln von Handelssystemen mit berechneten Risiko-ChanceVerhältnissen, die möglichst vollautomatisch handeln, kommt man kaum herum.
Die Entwicklung von Werkzeugen und Maschinen ist es, die uns aus der Steinzeit
gebracht hat. Auch wenn wir weiter Grunzlaute von uns geben: Die Hi-Fi-Anlage
macht sie zu Musik.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
42
3.6.
Der Anker des Referenzrahmens
Ein weiteres Forschungsgebiet in der Behavioral Finance befasst sich mit der
Macht des Referenzrahmens, des Ankers. Dieser setzt einen Wahrnehmungsfilter,
so dass wir die Wahrscheinlichkeiten nicht mehr rational abwägen.
Fragebeispiel:
„Wenn Sie im Laden um die Ecke einen Reisewecker kaufen wollten und dieser
100 Euro kosten soll und der Verkäufer weist Sie darauf hin, dass es diesen in
einer Filiale 10 Minuten von diesem Laden wegen einer Marketing-Aktion um 10
Euro günstiger, also für 90 Euro, gibt, würden Sie dann überlegen, den Weg zu
gehen? Wollen Sie 100 oder 90 ausgeben? “
„Wenn Sie im Laden an der anderen Ecke eine Armbanduhr kaufen wollten und
diese sollte 1200,- Euro kosten, und der Verkäufer weist Sie darauf hin, dass es
diese in einer Filiale 10 Minuten von diesem Laden wegen einer Aktion um 10 Euro
günstiger, also für 1190,-- Euro, gibt, würden Sie dann überlegen, den Weg zu
gehen? Wollen Sie 1200 oder 1190 ausgeben oder ist das nicht so wichtig?“
Es sind dieselben 10 Euro. Wir bewerten diese aber je nach Referenzrahmen
unterschiedlich.
Ähnlich ist es beim Trading. Wenn wir erst einmal einen großen Gewinn gemacht
haben, sind wir in Gefahr des Overtradens. Denn unser Referenzrahmen hat sich
erweitert und wir sind nun nicht mehr mit „Kleinvieh“ zufrieden.
Obwohl der Index mehr als halbiert war, handelte der FDAX 2003 immer noch mit
einer durchschnittlichen täglichen Volatilität wie bei über 7000 Indexpunkten. Die
meisten Trader handelten wohl noch mit einem Referenzrahmen des Jahres 2000.
Wie konnte man dieses Wissen ausnutzen?
Durch die Erweiterung des Referenzrahmens ist Overtrading unausweichlich. Wir
werden aber sehen, dass wir mit den uns zur Verfügung stehenden Tools diesen
wieder zurückschrauben können. In Kapitel 23 wollen wir an einem konkreten Fall
beschreiben, wie das vor sich gehen könnte.
3.7.
Übertreibungen und Anomalien
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
43
Behavioral Finance analysiert vor allem paradoxes und irrationales Verhalten in
Entscheidungsprozessen und dieses besonders an der Börse. Auf Grund der
unterbewussten Struktur der Börsenteilnehmer kommt es kontinuierlich zu
Anomalien und Übertreibungen. Der Markt ist also nicht „effizient“ und „die Summe
der rationalen Entscheidungen informierter Akteure“, wie es die klassische
ökonomische Theorie gern hätte.
Desto mehr intuitiv agierende Akteure an einem Markt tätig sind, desto mehr
Anomalien und Übertreibungen wird es geben. Besonders geeignet für auf
Behavioral Finance aufbauende Strategien wird also der NASDAQ-Aktienmarkt
sein (an dem sehr viele nicht professionelle Trader aktiv sind, nach wie vor). Der
gerade 2002 neu startende Sektor der Single-Stock-Futures (Terminkontrakte auf
einzelne Aktien) und die Segment-Aktienindizes könnten evtl. auch zu
Übertreibungen im Vergleich zum breiten Index (DAX, Standard & Poors 500, Dow
Jones etc.) neigen und daher zu auf Stimmungsanalyse basierenden Strategien
einladen.
Der Daytrader-Boom in Deutschland ist eher vorüber. Haben die Übertreibungen
abgenommen? Kaum. Besonders der FDAX reagiert auf Bewegungen des USAktienmarktes am Nachmittag (MEZ) übertrieben und man könnte dieses evtl.
ausnutzen.
Trotzdem sollte die zunehmende Automatisierung und Mechanisierung mit
Computerprogrammen, die den Handel nach Ideen modernster Mathematik wie
Genetischen Algorithmen, Chaos-Theorie, Neuronalen Netzen usw. durchführen,
den Markt mehr in Richtung Effizienz bewegen und Übertreibungen mindern. Es
wäre evtl. für die Behavioral Finance interessant zu analysieren, wie sich die
Handicaps in der menschlichen Psyche in den von Menschen geschriebenen
Handelsprogrammen fortsetzen.
Da aber die Erkenntnisse der Behavioral Finance mehr und mehr Einzug finden in
die Welt der professionellen Trader, wird es zunehmend diese Erkenntnisse
berücksichtigende Handelsprogramme geben und, wie schon angedeutet, die
Behavioral Finance sich tendenziell ihrer eigenen Basis entziehen.
So ist es mit jedem Rausreißer. Eine Zeit ist er, sie oder es en vogue um dann
wieder zum Statistischen Mittel zurückzukehren, „Regression to the Mean“.
Der Weg der Goldenen Mitte mag zwar langweilig erscheinen, aber nicht umsonst
haben diesen die Buddhisten und Taoisten zur idealen Lebensstrategie erklärt.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
44
3.8.
Traderprobleme aus der Sicht der Behavioral Finance
und der Umgang mit diesen aus der Sicht des Mentalen
Coachings
Die Wissenschaft des Behavioral Finance erklärt einige Irrtümer und
Fehlentscheidungen von Tradern sehr zutreffend. Wir wollen mentale Techniken
anbieten, mit denen diesen Handicaps begegnet werden kann.
Denn es gibt sehr wohl Techniken aus NLP, Psychokybernetik und verwandten
Techniken, mit denen diese Einstellungen verändert, bzw. effektiv angepasst,
werden könnten.
Erst einmal aber müssen wir über unsere „Probleme“ uns entspannen. Einige sind
einfach menschlich und unabwendbar.
•
Wir werden alle und immer Verluste stärker bewerten als Gewinne und vor
allem Verlustabwehr betreiben, was uns an Verlusten orientiert sein lässt.
•
Wir werden alle dazu neigen, Gewinne zu früh zu realisieren.
•
Wir werden alle Schwierigkeiten haben aus dem Markt auszusteigen, wenn
der tolerierbare Verlust überschritten ist.
•
Wir werden jeder und immer den Anstieg von 100 Euro Gewinn auf 110
Euro Gewinn höher bewerten als den Anstieg von 10.000 Euro Gewinn auf
10.010 Euro.
Bevor wir an diesen Themen arbeiten, müssen wir uns entspannen. Der größte Teil
der Probleme besteht aus dem Kampf mit uns selbst. Dieser nimmt die meiste
Energie. Wenn wir akzeptieren, dass wir menschlich reagieren, können wir uns
proaktiv auf Strategien des Umgangs damit orientieren.
Selbstverständlich ist es ein Weg mechanische Handelssysteme zu
programmieren und so den menschlichen Schwachstellen zu entgehen. Es wäre
aber durchaus zu erwägen, dass der menschliche Biocomputer prinzipiell jedem
mechanischen System von der Leistung her überlegen ist. Der Biocomputer ist von
den Einstellungen im Laufe der Evolution nur eher auf das Leben in der Wildnis
geprägt. Immerhin ist die Phase der aktuellen Zivilisation im Verhältnis der
Gesamtzeit menschlichen Lebens doch eher sehr kurz.
Wenn wir also unsere überlegene Intelligenz mit dem Computer verbinden und
lernen unsere Einstellungen zu kontrollieren, wären wir maximal effizient. Gerade
in der aktuellen Zeit, in der diese Kenntnisse erst entwickelt werden, ist man als
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
45
Avantgarde im entscheidenden Vorteil. Dieser sollte sich an der Börse in barer
Münze auszahlen.
4.
Wahrscheinlichkeiten und Menschlichkeiten
4.1.
Lotto-Irrtum
4.2.
Gambler’s Fallacy
4.3.
Noch einmal: Loss Aversion
4.4.
Das Ziegenproblem
4.5.
Das Gefangenen Dilemma
4.6.
Irrtümer bei der Handelssystementwicklung
4.6.1.
Curve-fitting
4.6.2.
Postdictive error
4.6.3.
Risiko-Chance-Berechnungen
4.6.4.
Unterschätzung der Trade-Kosten
Den Untersuchungen der Behavioral Finance ähnlich sind die schon im vorherigen
Kapitel im Zusammenhang mit John von Neumann, Oskar Morgenstern und John
Nash erwähnte Spieltheorie oder engl.: „Game-Theory“5.
Schon immer interessierten sich Mathematiker für die Berechnungen von Risiko
und Chancen und Wahrscheinlichkeiten im Zusammenhang mit Spielen. So war
einer der bedeutendsten Mathematiker der frühen Neuzeit, Blaise Pascal
(1623-1662), sogar der Erfinder des Roulette. Man könnte sagen: Roulette ist der
fairste (oder raffinierteste?) Weg der Steuererhebung, durchgeführt in sog.
„Casinos“ (was natürlich besser klingt als: „Finanzamt“).
Besonders interessieren sich die Spieltheoretiker auch gerade für verbreitete
Irrtümer des Menschen bei der Berechnung von Wahrscheinlichkeiten. Wir wählen
selten die rationale Strategie, sondern berechnen die Chancen nach „erfühlten“
Kalkulationen. Und das Gefühl ist selten logisch.
Es gibt Kontexte, in denen ein digital-logisches, mit „richtig oder falsch“
operierendes Kalkül, vorteilhaft ist. Und es gibt Kontexte, in denen eine analoge
oder „Fuzzy Logic“ mit „mehr oder weniger richtig/falsch“ besser ist. Für die
Berechnung von Wahrscheinlichkeiten brauchen wir rationale Logik. Das intuitive
Erfassen der Entscheidungen anderer Marktteilnehmer geht hingegen besser
„fuzzy“.
Die möglichen Irrtümer sollten wir kennen. Wir sollten unser Verhalten
dementsprechend überwachen und einstellen.
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46
Wer die Menschlichkeiten in der Berechnung von Wahrscheinlichkeiten kennt,
sollte Vorteile erarbeiten können. Der bekannte Weltmeister der Pokerspieler, Chris
„Jesus“ Ferguson , erreichte seinen Vorteil über alle anderen Poker-Profis nach
eigenen Angaben durch Wahrscheinlichkeitsberechnungen. Sein Vater hatte ihm
das beigebracht, denn der ist Professor für Game-Theory an der University of
California in Los Angeles.
Einige wesentliche Irrtümer betreffen auch gerade die Entwicklung von
Handelssystemen, so dass die Mechanisierung nur dann ein Ausweg ist, wenn der
Mechaniker und Programmierer sich darüber bewusst ist, wie er möglicherweise
menschliche Irrtümer der Maschine eingibt.
„Gewinnen beginnt innen“ und kalte Mathematik? „Innen“ ist nicht nur Seele und
Emotion und Psychologie, sondern auch der Geist und das Gehirn. Fehler im
Denken sind ebenso zu vermeiden wie emotionale Handicaps.
Fehler im Denken sind meist die Ursache für psychologischen Stress. Wenn ich
immer gegen die Wahrscheinlichkeiten ankämpfe, nützt das beste Mentaltraining
nichts.
4.1. Der Lotto-Irrtum
Einer der verbreiteten und frappierendsten Irrtümer könnte als „Lotto-Irrtum“
bezeichnet werden. Allwöchentlich nimmt der deutsche Staat eine nicht
unbeträchtliche Summe ein, die aus der Veranstaltung von „6 aus 49“ resultiert.
Von der Website des Statistischen Bundesamtes, www.destatis.de, die „Zahl der
Woche“ vom 6.5.2003:
„Nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes fließen im Jahr 2003
voraussichtlich 4,7 Mrd. Euro Einnahmen aus Glücksspielen in die öffentlichen
Kassen. Seit 1970 haben sich diese Einnahmen damit mehr als versiebenfacht. Sie
bestehen zum einen aus Steuereinnahmen (Lotterie- und Rennwettsteuer), zum
anderen aus Gewinnablieferungen und anderen Abgaben von Lotto- und
Totogesellschaften sowie der Spielbanken.
Die Steuereinnahmen erbringen im Jahr 2003 2,0 Mrd. Euro, darunter die
Lotteriesteuer 1,9 Mrd. Euro. Das Aufkommen aus Gewinnablieferungen und
anderen Abgaben beträgt voraussichtlich 2,7 Mrd. Euro. Zahlenlotto und
Fußballtoto tragen hierzu 1,8 Mrd. Euro, die Spielkasinos 0,8 Mrd. Euro bei. Die
starke Zunahme der Einnahmen aus Spielbankabgaben von 61 Mill. Euro im Jahr
1970 auf 829 Mill. Euro in 2003 ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die
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Anzahl der Spielbanken in Deutschland stark gestiegen ist. Vor rund dreißig Jahren
gab es in Deutschland etwa ein Dutzend Spielkasinos, vor zehn Jahren waren es
gut 25, heute sind es 78.“
1,8 Milliarden Euro nahm der deutsche Staat 2003 von Lottospielern ein!
Bürger tun sich zusammen, um Geld zu sammeln. Dieses geben sie dann einigen
wenigen von ihnen, nachdem sie die Hälfte der Summe dem Staat geschenkt
haben. 99% der Bürger werden es niemals erleben, dass sie zu den wenigen
gehören, denen das gesammelte Geld gegeben wird.
Die Chance auf „6 Richtige“ liegt bei 1: 13 Millionen (genau: 1: 13 983 816). Es ist
wahrscheinlicher vom sprichwörtlichen Blitz getroffen zu werden.
Warum glaubt der Lottospieler, dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann er mit
dem Hauptgewinn dran ist?
Warum geht er jede Woche und gibt treu seinen Schein ab? Wenn er das 50 Jahre
jede Woche macht und 10 Euro investiert, hat er insgesamt die Summe von (50
mal 52 mal10 gleich) 26.000 Euro anderen Mitbürgern und dem „geliebten“
Schuldenstaat geschenkt.
Stellen Sie sich vor, ein Mann kommt an die Tür des Lottospielers, der sagt: „Bitte
geben Sie mir 26.000 Euro. Die eine Hälfte ist für den Staat. Die andere Hälfte ist
für andere Mitspieler. Sie haben außerdem noch die Chance eine Million zu
gewinnen mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 5378!“ (Die 5378 entstand aus der
Division von 13 Million durch 2600 Ziehungen, nämlich 50 Jahre mal 52 Wochen.
Es ist noch weiter zu dividieren durch die Anzahl der Tippreihen, die für 10 Euro
möglich sind. Da ich natürlich kein Lotto spiele, bin ich über die Kosten des Spiels
nicht orientiert.)
Wenn Sie die 26.000 Euro nehmen und für 5% p.A. verzinslich anlegen, haben Sie
nach 50 Jahren durch den Zinseszinseffekt, daraus die Summe von 298.152 Euro
gemacht. Was würden Sie nehmen? Diese 298.000 oder eine Million mit einer
Chance von 1: 5378?
Dass das mit dem Zinseszins auch eine Milchmädchenrechnung ist, steht dabei
auf einem anderen Blatt. Der Zinseszins muss ja von jemand bezahlt werden. Das
Geld wächst nicht auf Bäumen. In unserem Wirtschaftssystem sind die Zahler die
Bürger, denn die Gegenseite der Buchung ist fast ausschließlich der sich
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
48
verschuldende Staat, also alle Bürger. Gegen den Staatsbankrott hilft auch der
Lotto-Irrtum nicht.
Der Mensch in den Tausenden von Jahren vor Städten und Staaten musste für
eine kleine Chance auf die Jagd gehen oder Fallen stellen. Irgendwann würde er
schon etwas fangen. Ähnlich denken wir beim Lotto: „Irgendwann geht mir der
Hauptgewinn ins Netz. Er läuft ja da draußen herum. Mein Netz aus
Geburtstagszahlen ist ja nicht schlechter als das der anderen.“
Es stimmt: Irgendwann kommt jede Zahlenfolge bei 6 aus 49. In 13 Million durch
52, also 268.919 Jahren!
Ähnlich sind wir evtl. beim Börsen-Trading. Wir berechnen die
Wahrscheinlichkeiten gerne schön und träumen schon vom sorgenfreien Leben.
Indes ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Aktienkurs steigt oder fällt und ich
entsprechend Long oder Short positioniert bin, tatsächlich etwas sehr viel besser
als beim Lotto.
4.2. Gamblers Fallacy
Eine ähnliche Berechnung macht der Spieler beim Roulette, der auf die Farbe
setzt, die mehrfach nicht gefallen ist. „Irgendwann muss doch Rot kommen!“
Die Spieler-Falle: Wenn beim Roulette 7mal Rot gekommen ist, ist die
Wahrscheinlichkeit, dass im nächsten Wurf Schwarz fällt, hoch.
Beim Trading: Wenn ein Trend mehrere Bars läuft, ist die Wahrscheinlichkeit hoch,
dass eine Umkehr eintritt.
Das ist beides falsch.
Beim Roulette ist die Rot-Schwarz-Wahrscheinlichkeit jedes Mal gleich und es
kann sehr gut zu Sequenzen von einer Farbe kommen, die 15 Würfe übersteigt.
Beim Trading kann ein Trend sehr viel länger und konstanter laufen, als wir
dachten. Das macht letztendlich einen Trend aus und beim Trend in den 90ern
haben einige Profis zu früh begonnen auf den Fall der Aktienmärkte zu
spekulieren. Und Anfang der 90er war ein Dow Jones über 3000 sensationell. Die
Bewegung auf über 11.000 haben diese dann nicht mehr mitgemacht.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
49
„Rouge et Noir“ ist ein Zufalls-System mit ausgeglichenen Chancen und alles ist
möglich. „Long or Short“, ebenso.
Es ist auch möglich, dass eine Seitwärts-Phase sehr lang läuft und das Warten auf
den Trend vergebens ist. Seitwärts als solches ist dann in einem Trend, der einen
Trend bei der Kursentwicklung verhindert.
Das mit dem Trend und gegen den Trend gehen braucht jeweils Wachheit und
meist geschieht das Gegenteil: Trends laufen länger und stärker als erwartet,
Trends kehren früher um als erwartet.
Der Gambler nimmt gerne irrationale Wahrscheinlichkeiten an. „Es muss doch jetzt
mal eintreffen!“ Und er nimmt es dann evtl. sogar noch persönlich, wenn die
Waage der Göttin Fortuna zur anderen Seite sich gesenkt hat.
An der Börse brauchen wir Gambler. Sie zahlen die Zeche. Wir aber wollen kühl
rechnende und disziplinierte Trader sein, die teuer verkaufen und günstiger
einkaufen und günstig einkaufen und teurer verkaufen usw.
4.3.
Noch einmal: Loss Aversion
Was würden Sie nehmen?
1.
den sicheren Verlust von 9.000 Euro
oder
2.
eine 5%-Chance ohne Verlust davonzukommen, verbunden mit einer
95%igen Chance 10.000 Euro zu verlieren?
Was würden Sie nehmen?
1.
den sicheren Gewinn von 9.000 Euro
oder
2.
die 95%ige Chance eines Gewinns von 10.000 Euro,
verbunden mit 5% Risiko ohne jeden Gewinn nach Hause zu gehen.
Im ersten Fall nehmen 80% der Befragten das Risiko auf sich und riskieren die
95%ige Möglichkeit 1.000 mehr zu verlieren, um eventuell mit 0 herauszukommen.
.
Im zweiten Fall nehmen 80% der Befragten den sicheren Gewinn von 9.000 Euro
und verzichten wegen des 5%igen Risikos auf weitere 1.000.
Sie auch?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
50
Beides ist mathematisch gesehen ungünstiger. Unsere Voreingenommenheit der
Loss-Aversion (Verlustabneigung) lässt uns Verluste anders bewerten als
Gewinne.
Wir sind so gestrickt, dass wir Verluste laufen lassen und Gewinne kurz halten
(„Was ich hab, das hab ich!“) und das kann nicht zum Erfolg führen.
Bei Beispiel 1 ist es nahezu sicher, dass ein noch größerer Verlust eintritt und
daher sind die 9.000 Euro hinzunehmen.
Bei Beispiel 2 ist es nahezu sicher, dass noch 1.000 Euro mehr herausspringen.
Es ist menschlich die Chancen falsch zu berechnen und im Verlust aufgrund der
Abneigung gegen diesen die riskante Chance auf Ausgleich wahrzunehmen anstatt
die Position mit Verlust zu schließen.
Daher setzen wir Stopps, sobald wir einen Trade eröffnen, und annullieren diese
niemals!
4.4.
Das Ziegenproblem
Ein interessantes Beispiel von falscher Wahrscheinlichkeitsberechnung ist das sog.
Ziegenproblem oder Monty-Hall-Problem.
Dieses wurde von der Frau mit dem angeblich höchsten IQ, der Amerikanerin
Marylin vos Savant, im Jahre 1991 in ihrer Kolumne in der New York Times einer
breiteren Öffentlichkeit vorgestellt. Ihr Artikel löste eine große Diskussion aus und
es war offensichtlich, dass die meisten Menschen das Ergebnis des Monty-HallProblems nicht akzeptieren können.
Bei einer Spielshow im US-Fernsehen, der Show „Let’s make a deal“ von Monty
Hall, gab es 3 Türen. Hinter zweien verbargen sich Ziegen und hinter einer der
Hauptpreis, ein Sportcoupe. Der Kandidat durfte eine Tür angeben, hinter der er
den Preis vermutete.
Der Moderator öffnete dann eine der anderen beiden Türen, um eine Ziege zu
zeigen.
Der Kandidat durfte sich nun neu entscheiden. Bei der zuerst gewählten Tür
bleiben oder wechseln?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
51
Die auf den ersten Blick, oder besser: bei der ersten Intuition, überraschende
Antwort ist, dass er auf jeden Fall eine größere Chance hat, wenn er die Tür
wechselt.
Wir würden denken, dass die Chancen bezüglich der Tür mit dem Preis bei zwei
Türen 50:50 sind. Dem ist aber nicht so, da es über die Wahrscheinlichkeiten der
beiden Türen durch das Verhalten des Showmasters Hinweise gibt. Er hat nur eine
der beiden nicht bei der ersten Wahl gewählten Türen nehmen können. Die, die er
nicht genommen hat, ist mit größerer Wahrscheinlichkeit, und zwar 66%:33%, die
mit dem Preis.
Wir sollten uns bewusst sein, dass es auch im Börsenhandel derartige
Ziegenprobleme gibt.
Informiertheit über derartige Probleme hilft uns. Wir sollten unserer Intuition
gegenüber misstrauisch sein, vor allem bei mathematischen Kniffeleien.
4.5.
Das Gefangenen-Dilemma
Es ist nun aber wiederum auch gar nicht so, dass wir mit kühler Kalkulation immer
weiter kommen.
Eine der bekanntesten Probleme aus der Game-Theory ist das
Gefangenendilemma, engl.: „Prisoners Dilemma“.
Zwei Menschen werden verhaftet und eines Verbrechens beschuldigt. Sie sind
nun Gefangene. Der Kommissar hat aber keine Beweise.
Stellen Sie sich vor, Sie wären der eine Gefangene. Sie sind in getrennten
Zellen untergebracht und haben keine Chance mit Ihrem Partner zu
kommunizieren.
Der Kommissar macht Ihnen folgendes Angebot: „Wenn du gestehst, dass ihr
beide das Verbrechen begangen habt, und dein Kumpel streitet es ab, lassen
wir dich laufen und er bekommt 5 Jahre.
Wenn ihr es allerdings beide abstreitet, haben wir genug Indizien euch beiden
jeweils 2 Jahre aufzubrummen.
Wenn ihr indes beide gesteht, bekommt ihr beide 4 Jahre.“
Wie würden Sie nun handeln? Logisch betrachtet: Was immer der Kumpel macht,
es scheint, dass ein Geständnis die besten Chancen bietet. Sie können aber davon
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
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ausgehen, dass Ihr Kumpel auch so logisch rechnet, so dass Ihnen beiden 4 Jahre
drohen, also zusammen 8 Jahre, welches das Maximum an gemeinsamer Strafe
wäre. Die geringste gemeinsame Strafe gäbe es, wenn Sie beide leugnen, das
beinhaltet aber das größte individuelle Risiko.
Bei dieser Entscheidung versagt die normale Logik, sie müssten intuitiv erfassen,
was Ihr Partner tut.
Derartige Konstellationen heißen „Nonzerosum-Games“, „Nichtnullsummenspiele“.
Fast alle Systeme im Leben sind derartige Nichtnullsummenspiele. Die
Entscheidungen sind nicht so einfach und logisch zu treffen.
Aus dem Gefangenen-Dilemma wurden Setups für System-Spiele gebaut, um
mögliche Strategien durchzuspielen. Diese heißen „Iterated Prisoners Dilemma“
und lassen immer zwei Verhaltensweisen zu: Kooperieren oder Nicht-kooperieren.
In einem großen Wettbewerb von computerisierten Strategien in den 70erJahren
wurde herausgefunden, welche Strategien in Nichtnullsummenspielen gute
Gewinnaussichten haben. Sieger war das Programm „Tit for Tat“ des PolitologieProfessors Robert Axelrod, dessen Buch „The Evolution of Cooperation“ (1984)6
ein lesenswerter Bestseller zu dem Thema wurde.
In diesen Tournaments ist nachgewiesen worden, dass die Strategie „Wie du mir,
so ich dir“ am erfolgreichsten ist. Wenn der andere kooperativ ist, sollten wir es
auch sein. Wenn der andere unkooperativ ist, sollten wir ihn bestrafen. Was aber
machen wir beim ersten Treffen, wo wir noch gar nicht wissen, ob der andere
kooperativ oder unkooperativ ist? Wir sollten ihm einen Vertrauensvorschuss
gewähren und davon ausgehen, dass er kooperativ ist.
Diese Ergebnisse geben Hinweise auf die Evolution der gesellschaftlichen Ethik.
Kooperatives Verhalten hat die größten Gewinnaussichten für eine Gesellschaft als
Ganzes und für den Einzelnen. Das Ausnutzen des Vertrauensvorschusses muss
indes bestraft werden.
Derivatbörsen sind indes als solche Nullsummenspiele. In diesen gelten andere
Regeln. Nur einer kann gewinnen. Indes sind die Derivatbörsen im
gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang keine Nullsummenspiele, da der Verlust
der Hedger für diese ein Gewinn an Berechenbarkeit und Preisplanung bedeutet,
so dass letztendlich beide, die Hedger und die Spekulanten, wie in einem guten
Nichtnullsummenspiel profitieren.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
53
Warum gilt das für den normalen Privattrader dann nicht? Warum verlieren so
viele? Weil Gewinnen innen beginnt und sowohl Seele als auch Geist fit gemacht
werden müssen für das härteste und fairste Spiel der Welt.
4.6.
Irrtümer bei der Handelssystementwicklung
Der Ausweg aus den Unzulänglichkeiten unseres Bio-Computers scheint die
Entwicklung von Handelssystemen zu sein.
Aber auch hier lauern einige Fallen.
Ich bin zwar der Überzeugung, dass wir einfach noch besser entwickeln und lernen
müssten, wie wir unseren Bio-Computer benutzen könnten, aber die Zuhilfenahme
von mechanischen Werkzeugen ist ja der Trick, der uns in der natürlichen Auslese
entscheidend vorangebracht hat, also nutzen wir doch die Rechenmaschinen.
4.6.1.
Curve-Fitting
Der Hauptfehler bei der Programmentwicklung von Handelssystemen ist das sog.
Curve-Fitting oder Überoptimieren. Wir nehmen eine vergangene Zeitperiode und
entwickeln darauf ein Handelssystem mit besten Ergebnissen. Dann ist
möglicherweise das System an diese Zeitperiode so sehr angepasst, dass es für
alle anderen Zeitperioden nicht funktioniert. Es ist eine ganz besondere ParameterKombination gebildet worden, die nur für diese historisch besondere, und jede
Börsenkurve ist besonders, zugetroffen hat.
Die Probleme des Curve-Fitting werden bei der Entwicklung von Handelssystemen
gern unterschätzt. Es ist ja auch zu schön, wenn ein System in den letzten 2
Jahren über 100% Gewinn gemacht hätte. Groß ist dann die Enttäuschung, wenn
es das dann in der weiteren Praxis gar nicht bestätigt.
Im Grunde ist jedes Handelssystem überoptimiert, da es immer an eine
vergangene Periode angepasst ist. Märkte verändern sich diskontinuierlich, d.h.
schlagartig, überraschend, plötzlich.
Beispiel: Eine Zeitlang kann man darauf bauen, dass, wenn der Markt über das
High oder unter das Low der ersten Handelsstunde geht (First-Hour-ChannelBreakout), die Bewegung sich fortsetzt und für einen Trade genutzt werden kann.
Dann beginnt der Markt plötzlich meistens „False Breakouts“ zu machen, d.h. er
überschreitet die durch das High/Low gebildete Grenze und kehrt dann in den
Preiskanal zurück. Und irgendwann kehrt er zum Breakout-Verhalten zurück.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
54
Es gibt wenig ewig und immer gültiges in einem derartig chaotischen System wie
der Börse. Das müssen wir bei der Handelssystementwicklung berücksichtigen.
Handelssysteme mit speziellen Parametereinstellungen bei den verwendeten
Indikatoren (also z.B. statt 30/70 als Werte beim RSI: 24/87) sind immer
überoptimiert.
Letztendlich bekommt ein System einen Vorteil durch die Verteilung des Risikos
auf mehrere Märkte und Ansätze (Portfolio-Effekt) und durch intelligentes MoneyManagement. Money-Management bestimmt wieviel Kapital jeweils riskiert wird.
Wenn wir es erreichen können, dass in Gewinnphasen viel riskiert und daher viel
gewonnen wird und in Verlustphasen zurückhaltend positioniert wird, sind wir auf
der Siegerstraße.
4.6.2.
Der „Postdictive Error“
Ein möglicher Fehler bei der Entwicklung eines Handelssystems entsteht durch
Anweisungen, die beinhalten, dass das System mehr weiß, als es wissen könnte.
Dieser Fehler kann als „Nachhersage-Fehler“ im Gegensatz zu „Vorhersage“
bezeichnet werden. Im Englischen heißt es „Postdictive“ im Gegensatz zu
„Predictive“.
Wenn ich also dem System sage: „Gehe zu Beginn des Tages long, wenn das High
des Tages höher ist als das der 4 vorherigen Tage!“, dann ist das eine Anweisung,
die unsinnig ist, da diese Bedingung zu Beginn des Tages nicht gewusst werden
konnte.
Es kann aber in den meisten Programmen zur Handelssystementwicklung evtl. so
eingegeben werden. Man hat dann im historischen Backtesting super Ergebnisse,
die aber auf völlig falschen Bedingungen beruhen.
Im Programm „Dynamite Sentimentor“ der Firma Fipertec GmbH (www.fipertec.de)
ist daher ein System-Tester integriert, mit dem man einen Gang durch die Historie
machen kann, der reale Bedingungen simuliert. Da sieht man dann schnell, dass
die in der Gesamtberechnung errechneten Gewinne nicht entstehen.
Es ist indes evtl. wichtig zu verstehen, dass wir den Nachhersage-Fehler fast
immer machen. Wir hatten Anfang 2000 einen langanhaltenden Long-Trend in den
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
55
Aktienmärkten hinter uns und werden kaum Short-Systeme entwickelt haben. Wir
werden 2003 dann vor allem Short-Systeme entwickelt haben.
Vielleicht haben wir Systeme entwickelt, die sowohl Long als auch Short gewinnen
können. Diese waren dann in den vorherigen 10 Jahren erfolgreich, da es einen
Long-Trend und einen Short-Trend gegeben hatte. Unsere Backtesting-Ergebnisse
sehen gut aus und wir sind sowohl für Long als auch für Short-Phasen gewappnet.
Aber auch das ist Nachhersage. Denn wir entwickeln ein System mit dem
nachherigen Wissen, dass es in dem Zeitraum Trends gab. In der darauffolgenden
Phase der ersten Hälfte 2003 gab es eine trendlose Seitwärtsphase mit hoher
Volatilität und das Programm, das Trends brauchte, funktionierte gar nicht.
4.6.3. Risiko-Chance Berechnungen
Wenn einer von drei Trades ein Treffer ist , muss der Gewinn dieses Trades
mindestens dreimal so groß sein wie der durchschnittliche Verlust.
Wenn wir also unsere jeweiligen Verluste im einzelnen Trade per Stopp auf 50
Punkte begrenzen, müssen wir bei einer 30%igen Trefferchance mindestens 150
Punkte Gewinn machen für Breakeven.
Die entscheidende Größe bei jedem systematischen Trading (und jedes
unsystematische können wir eh eher vergessen) ist der Maximale Drawdown, der
maximale Verlust. Das ist nicht der maximale Verlust per Trade, sondern das ist der
maximale Verlust per Verlustserie. Ein Trade-Verlust per Trade auf 50 Punkte durch
begrenzenden Stopp ist schön. Aber wie oft hintereinander kann das auftreten?
Wenn ich Gewinne von 10 Punkten mitnehme und die Chance 50:50 ist, muss ich
auch 10 Punkte Stopps setzen, um mindestens Breakeven zu erreichen.
Dabei übersehen wir noch:
4.6.4.
Unterschätzen der Trade-Kosten
Dieses Problem der Kosten ist natürlich in den letzten Jahren erheblich geringer
geworden. Trade-Kommissionen sind eklatant gefallen. Das verführt natürlich auch
zum häufigeren Traden als bei teurer Kommission.
Ein anderes Kostenproblem ist das der sog. „Slippage“. Ein Kontrakt wird selten
am gewünschten Preis gehandelt. Bei einer Stop-Loss-Order wird der Kontrakt zur
Marktorder, sobald der Stop-Loss-Preis gehandelt wurde. Da Marktbewegungen
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
56
sehr schnell sein können, kann es sein, dass dieser Marktpreis ein anderer oder
sogar ein erheblich anderer als der gewünschte sein kann. Dieses geschieht vor
allem auch bei Märkten mit geringerer Liquidität.
Bei der Berechnung eines Handelssystems müssen Kosten und Slippage natürlich
vom Ergebnis abgezogen werden. Je nach Frequenz der Trades kann das
Ergebnis nach dieser Subtraktion um einiges gemindert sein. Das gilt natürlich
besonders für Daytrader.
Fazit:
Die Berechnung von Risiko und Chance und den Wahrscheinlichkeiten ist
unumgänglich. Wir sollten uns darüber bewusst sein, dass unser intuitives
Verhalten irren kann. Daher haben wir als Menschen in der Evolution per
Natürlicher Auslese einen rationalen Verstand entwickelt, der Mathematik lernen
und anwenden kann. Das sollten wir auch tun.
Wenn Sie eher eine Künstlerseele sind, welche die Muster im Chart erkennt und
für Mathematik wenig übrig haben: Vergessen Sie das mit dem Trading!
Wir werden feststellen, dass uns die mathematischen Wahrscheinlichkeiten klar
und verständlich werden und wir trotzdem nicht ihnen gemäß handeln können. Das
sind die interessanten Fälle für uns.
Ich habe die Erfahrung, dass wir die psycho-strategischen Einzelschritte des
selbstsabotierenden Verhaltens entschlüsseln können. Damit können wir es auch
verändern.
Süß-fettiges war in der Eiszeit klasse. Diejenigen der Spezies, die dafür eine
Vorliebe entwickelten, überlebten und machten mehr Kinder als diejenigen, die
sagten: „Eiskrem? Bäh, bleib mir weg!“ So sind wir fast alle Nachkommen der Fans
von Süß-Fettigem.
Heute ist diese Vorliebe bei Gewichtskontrolle hinderlich. Wir können aber
herausfinden, wie diese Vorliebe in unseren unterbewussten Bewertungen kodiert
ist. Wir können das innere Bild und auch den Geschmack so verändern, dass uns
Eiskrem künftig „kalt lässt“.
Dasselbe können wir mit dem Lotto-Spiel, der Loss-Aversion, dem Überoptimieren
und allem, was uns noch beim Trading ein Bein stellt, machen.
Lesen Sie weiter und erfahren Sie das Wie.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
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5.
Was motiviert den Trader?
5.1.
Debitismus, das allgemeine Weg-von
5.2.
Die Hin-zu-Kurve
5.3.
Die Weg-von-Kurve
5.4.
Sekundäre Gewinne
5.5.
Wie verändere ich die Motivationsstruktur?
5.6.
Wie gehe ich mit Verlusten proaktiv um?
Die Frage in der Überschrift: „Was motiviert den Trader?“, ist leicht zu beantworten:
Geld!
Oder? Gibt es weitere Motivationen?
Und ist nicht auch Geld nur ein Mittel zum Zweck der Verwirklichung einer anderen
Motivation? Freiheit? Macht? Glück?
Und ist die Motivation „Hin zu Geld“ oder „Weg von Schulden“?
Die im Kapitel 3 vorgestellte Wissenschaft der Behavioral Finance, und besonders
die „Prospect Theory“, wird auf Grund der „Loss Aversion“ annehmen, dass „Weg
von Schulden“ überwiegt.
Wir werden gleich sehen, dass die „Hin-zu-Motivation“ und die „Weg-vonMotivation“ wesentlich unterschiedlich sind. Zuvor noch einige Anmerkungen zum
Thema Geld. Denn bei einiger Betrachtung werden wir feststellen, dass die
allgemeine Motivationsstruktur bei „Geld“ immer „Weg-von-Schuld“ sein muss. Wir
kommen nicht umhin eine „Weg-von-Motivation“ zu haben, auch wenn wir noch so
reich sind. Das hat einige Implikationen für die menschliche Gesellschaft.
5.1.
Debitismus, das allgemeine Weg-von
Der bekannte Publizist Paul C. Martin hat die Theorie des „Debitismus“ (als Ersatz
von „Kapitalismus“) aufgestellt7. Einen Hintergrund zu dieser Theorie bildet die
Eigentumstheorie der Professoren Heinsohn und Steiger, die eine erst irritierende
und dann doch stimmige ökonomische Theorie vorgelegt haben8. Was meint Paul
C. Martin mit „Debitismus“, der Schuldenökonomie?
Die Frage ist: Was ist Geld? Wie entsteht Geld? Die klassische Theorie, die
besagt, dass Geld ein Tauschmittel ist, kann die Grundzüge des Wirtschaftens
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
58
nicht erklären. Reine Tauschgesellschaften entwickeln keine Dynamik des
Wirtschaftens.
Wie kommt der Geldschein oder die Münze, mit dem Sie Ihr Mittagessen oder die
Zeitung heute bezahlen, ins Leben? „Er wird von der Europäischen Zentralbank
emittiert!“, werden Sie sagen. Das trifft zu. Aber wie entscheidet diese Zentralbank
in Frankfurt wann und wieviel Euros gedruckt und in den Umlauf gebracht werden?
Telefoniert der Zentralbankpräsident mit den Finanzministern? Berechnet ein
Gremium in der Bank die Geldmenge und „steuert“ sie?
Nein, Geld entsteht, wenn eine Geschäftsbank bei der Zentralbank Sicherheiten
hinterlegt und dafür Geld zu einem bestimmten Zinssatz bekommt.
Der entscheidende Agent bei der Geldschöpfung in den kapitalistischen
Gesellschaften mit Zentralbanksystem sind die Banken.
Diese bekommen die Sicherheiten, die sie bei der Zentralbank hinterlegen können,
von Schuldnern. Privatpersonen, Firmen und staatliche Institutionen geben der
Bank eine Sicherheit, um Kredit zu bekommen. Die Bank bekommt für diese
Sicherheiten bei der Zentralbank Geld, welches sie an die Kreditsuchenden gegen
Zins weitergibt. Der Zins, den die Bank bekommt, ist größer als der, den sie an die
Zentralbank bezahlt. Das ist der Banken zentrales Geschäft.
Der entscheidende Punkt also für die Geldentstehung ist die Bereitschaft von
Personen, Firmen und Institutionen sich zu verschulden, bzw. die Bereitschaft der
Banken Kredit zu gewähren. Ohne diese Verschuldung kommt kein Geld zustande.
Wenn die Kreditwürdigkeit und/oder Kreditbereitschaft abnimmt (was mit der Zeit
unausweichlich ist) wird das Geld „knapp“. Dieses führt zur Deflation. (Beispiel
Japan seit 1988).
Die Geldentstehung ist also ein sich selbst regulierender Prozess. So ist es von
den Gründern des Zentralbanksystems gedacht. Es ist auf jeden Fall besser als ein
System, in dem ein Potentat oder Finanzminister entscheidet, wieviel Geld
gedruckt oder geprägt wird und wie lange es gültig ist. So ein System hat es in der
Geschichte aber auch kaum gegeben.
Der entscheidende Punkt ist: Was akzeptiert die Zentralbank als Sicherheiten?
Hierbei kommt es immer wieder zu einem Prozess, in dem staatliche Sicherheiten
private verdrängen. Heutzutage (2003) nimmt die Europäische Zentralbank, bzw.
die nationalen Zentralbanken, fast ausschließlich Staatspapiere an, bzw. bekommt
fast ausschließlich nur diese von den Banken als Sicherheiten angeboten. Diese
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
59
Zinspapiere des Staates gelten als sicher. So ist das Geld, das Sie in der Hand
halten oder auf dem Kontoauszug sehen, nichts anderes als ein Gegenstück zur
kollektiven Verschuldung. Es ist nicht wie noch vor einigen Jahrzehnten durch Gold
oder Silber gedeckt, sondern durch das Vermögen des Staates, also aller Bürger.
Anzumerken wäre, dass die Gold- oder Silberdeckung der Währungen auch nur
kurze Zeit Bestand hatte und eine Rückkehr bei den heute benötigten Geldmengen
keine Lösung wäre.
Diese Schuld nimmt zu, wie wir wissen. Das hängt zum einen mit dem schlechten
Wirtschaften von Politikern, die den Staat regieren, zusammen. Zum anderen ist es
ein unausweichlicher Prozess. Dieser führt letztendlich zum Staatsbankrott. Die
Staatspapiere werden immer wertloser. Wenn die Zentralbank diese weiterhin
annimmt, wird das Geld entwertet und die Hyper-Inflation gestartet.
Da immer ein Zins erwirtschaftet werden muss und Kreditaufnahme
unausweichlich ist und der Zins durch den Zinseszinseffekt exponentiell wächst,
wird der Druck immer größer. Jeder Teilnehmer ist fortwährend „weg-von“ motiviert,
denn es sind Unternehmungen vorfinanziert worden und der Zins muss
erwirtschaftet werden. Da jeder das muss, wird es immer schwieriger Käufer oder
Abnehmer zu finden, von denen man diesen Zinsgewinn holen kann. Zudem wird
es immer schwieriger Kredit zu bekommen, da die Sicherheiten zunehmend
verpfändet sind.
Ein Nebeneffekt der Entwicklung ist, dass vermögende Bürger, wenn sie schlau
sind, sich dem Zwang der Vorfinanzierung von Unternehmungen entziehen und als
Rentiers von ihren Finanzanlagen sicher leben. Da das unternehmerische Risiko
eher gemieden wird, führt der Vorteil des Lebens von Zinsen zu Arbeitslosigkeit
und mangelnder Wirtschaftsleistung. Die Rentiers leben von den Zinsen,
Aktiendividenden und Kursgewinnen. Selbst die großen deutschen Auto-Firmen
machen heutzutage mehr Gewinn mit Finanzgeschäften als mit Autoverkauf.
Die kollektive wirtschaftliche Motivation ist „weg von Schuld“, Debitismus eben.
Auch unsere körperliche Ur-Motivation ist eine Weg-von-Motivation. Wir wollen
keinen Schmerz. Dieser ist nichts weiter als ein Feedback des Körpers über nicht
befriedigte Grundbedürfnisse, wie Hunger, Wärme und Vermehrung.
Bei einem bestimmten Grad der Organisiertheit der Gesellschaft können wir es uns
leisten den Kopf zu heben und hinzu motiviert zu sein. Die Grundbedürfnisse
werden erfüllt und wir können daran gehen größere Absichten und Pläne zu
verwirklichen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
60
Wir sollten aber nie vergessen, dass es gerade in der „debitistischen“
Wirtschaftsordnung“ ein kollektives Unterbewusstsein gibt, das von den kollektiven
Schulden runter will.
Wir müssen uns von dem kollektiven Schuldenbewusstsein abkoppeln. Wir
müssen bereit sein aus der Masse auszusteigen. Wir müssen proaktiv größere
Absichten verwirklichen wollen.
Börse ist ein Luxus. Im Luxus können wir es uns leisten auf etwas hin zu streben.
Die Hin-zu-Motivation und die Weg-von-Motivation bringen bestimmte
charakteristische Erfolgskurven mit sich.
5.2.
Die Hin-zu-Kurve
Die Hin-zu-Kurve können wir nur erzielen, wenn wir es uns leisten können, proaktiv
zu sein. Sobald unser inneres System weg von Schmerz oder Unerfüllung will,
entsteht eine reaktive Kurve. Das Schöne am Trading ist, dass wir diese inneren
Kurven in der äußeren Entwicklung schwarz auf weiß wiederfinden. Börse ist das
gnadenlose Feedback.
Lesen Sie hier bitte also mehr über diese Motivationskurven.
Die Hin-zu-Kurve entsteht bei der proaktiven Motivation. Wir wissen, wo wir hin
wollen und streben es an.
Bei dieser Motivation in Reinkultur, was leider eher selten ist, wird es einen
kontinuierlichen Aufstieg geben.
Es gibt natürlich Phasen der Integration und der Orientierung. Diese können
kritisch sein. Aber letztendlich setzt sich der Aufstieg fort.
Sie werden sicher Erfolgsstories von Milliardären, Künstlern, Sportlern und
Supermodels gelesen haben. Diese hatten sehr früh eine Vorstellung davon, wo
sie hin wollten. Es war keine Flucht und keine Opferhaltung, die sie zum Erfolg
gebracht hat. Sie waren vielmehr bereit hart zu arbeiten, um ein Ziel zu
verwirklichen.
So könnte eine Erfolgskurve bei der Hin-zu-Motivation verlaufen:
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
61
Beachten Sie die Phasen der Täler. Diese entstehen oft durch zu große
Erwartungen in den Gewinnphasen. Wie wir unsere Erwartung wieder
zurückschrauben und der Realität anpassen, werden wir in Kapitel 24 lesen. So
erreichen wir, dass die Täler flacher sind und wir nicht in ihnen aus Frust unnötig
aufgeben.
Vor allem ist es aber wichtig, eine Absicht zu formulieren und eine Vorstellung von
dieser zu haben. Dieses werden wir konkret in Kapitel 19 durchführen.
Die Ertragskurve unseres Trading wird der jeweiligen Erfolgskurve entsprechen.
Sicher wäre Ihnen eine Kurve, wie von der Hin-zu-Motivation bewirkt, recht.
Denn die Kurve der Weg-von-Motivation ist ein ewiges Auf und Ab. Wenn also die
Renditekurve des Tradings über Monate ein stetes Auf und Ab ist, dann wird die
Motivation weg-von sein.
5.3.
Die Weg-von-Kurve
Die Erfolgskurve bei einer reaktiven, einer Weg-von orientierten, Motivation sieht
also eher so aus:
Es geht auf und ab und da das ermüdend ist, landen wir schließlich unterhalb von
Totalverlust und sind erledigt.
Wie schon gesagt: Unser Leben auf Erden ist hauptsächlich weg-von motiviert,
weg von Schmerz und Hunger. Es endet tödlich, wie jede Weg-von-Kurve.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
62
Seitenbemerkung zum Thema „Mentales Anti-Aging“: Will ich etwa sagen, das wir
bei einer Hin-zu-Motivation länger oder unendlich leben würden? Denkbar wäre es,
da Altern als biologischer Prozess nicht unabwendbar ist. Es gibt durchaus
Lebewesen auf Erden, die nie sterben, wie bestimmte Bakterienarten.
Es wäre derzeit undenkbar für uns eine Vorstellung zu entwickeln, in der wir völlig
rein „hin zu Leben“ orientiert wären. Aber die Psycho-Technologie entwickelt sich ja
weiter und eine dementsprechende „Gehirnwäsche“ könnte interessant sein.
Dabei wäre natürlich sicher zu stellen, dass die biologischen und kulturellen
Vorteile durch die begrenzte Lebensspanne erhalten blieben. Wir wollen ja keine
vergreiste Menschheit.
Seitenbemerkung Ende. Zurück zur Erklärung des Charts der Weg-Von-Motivation.
Warum entsteht eine derartige Auf-und-Ab-Kurve?
Nun ja, die Motivation ist ja z.B. „weg von Arbeitenmüssen“. So setzt sich der Mann
dann zur Ruhe, baut sich zu Hause eine Handelsplattform auf und beginnt für den
Lebensunterhalt, und um nicht mehr von 9:00 bis 17:00 im Büro arbeiten zu
müssen, an der Börse zu handeln. Nicht wenige sitzen dann von 9:00 bis 22:15 vor
dem Bildschirm.
Die Motivation ist nicht wirklich „Millionär“ , sondern vielmehr „nicht mehr arm sein“.
Um nicht mehr arm zu sein, bringen wir Einsatz und die Erfolgskurve steigt. Wir
haben aber innerlich eine bestimmte Summe, die definiert, wann wir arm und wann
wir reich sind. Bzw. genauer gesagt: Wann wir nicht-arm sind. Sagen wir diese
Summe wäre 10.000 Euro. Dann hat unsere Motivation ab 10.000 Euro ein
Problem. Sie weiß nicht mehr, wozu sie Energie bereitstellen soll. Automatisch fällt
die Motivationskurve wieder ab und sobald die Summe unter 10.000 ist, entsteht
wieder Motivation. Aber man kommt nicht wesentlich über den Grenzwert hinaus.
Die obere waagerechte Linie in dem Diagramm symbolisiert eine derartige innere
Grenze. Sie könnte also „10.000 €“ bedeuten, wie in dem Beispiel aus dem
vorherigen Absatz. Sie wird bei jeder Weg-von-Motivation anders definiert sein.
Aber es gibt sie unweigerlich. Für den Weg-von-motivierten stimmt niemals „The
Sky is the Limit“, es gibt immer eine innere Grenze. Wie von einem Gummiband
wird der Weg-von-motivierte zurück dahin gezogen, wo er von weg will.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
63
Das Auf und Ab ist auf die Dauer anstrengend und ermüdend. Evtl. fällt die Kurve
umso steiler ab, desto mehr Einsatz man vorher gebracht hat über den Grenzwert
hinaus zu kommen. Schließlich landet man immer härter und wird zunehmend
frustrierter.
Besonders wichtig wird die Beachtung der Probleme der Weg-von-Motivation nach
Verlusten. Verlustphasen sind unausweichlich beim Tradingenn ich von Verlusten
weg will, die Verluste wieder reinholen will etc, bin ich von vornherein verloren.
Eine Weg-von-Verlusten-Motivation kann nur zu Verlusten führen.
Wie dann damit umgehen?
Dazu gleich.
5.4.
Sekundäre Gewinne
Erst einmal wollen wir uns noch mit denen befassen, die meinen, dass sie gar
keine Weg-von-Motivation hätten. „Ich will Gewinne machen und sonst nichts, ist
doch klar!“
Was uns oft nicht bewusst ist, ist die Tatsache der sogenannten Sekundären
Gewinne, auch Nebengewinne genannt.
Primärer Gewinn ist der Tradingprofit. Aber wir verbinden mit dem Handel an
Weltbörsen meist mehr als nur Kohle. Wir wollen wer sein, wir wollen verbunden
sein mit dem Weltpuls, wir wollen unser Geld auf einfache Art machen. Auch das
Geld selbst ist ja nicht nur Geld für uns. Es ist ein Symbol für Freiheit, Reisen,
Luxus, Überleben.
Den Sekundären Gewinnen müssen wir sehr wachsam gegenüber sein. Diese sind
uns oft nicht bewusst. Sie können aber bestimmend sein.
Wenn wir z.B. Rauchern die Befreiung von der Zigarette bringen wollen, müssen
wir erst die Nebengewinne erfragen. Diese sind vielfältig und haben mit dem
eigentlichen Vorgang eventuell nichts zu tun: Kontakt mit anderen Süchtigen,
Erlaubnis für eine Pause, Schnuller.
Wenn wir dem Raucher keine neuen Strategien zur Befriedigung der
Nebengewinne beigebracht haben, wird das Nikotin-ex-Programm nichts nützen.
Beim sich selbst zwingenden Menschen kann es sogar zu erheblichen Problemen
führen, wenn mit einem Mal dieser Nebengewinn nicht mehr erfüllt werden kann.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
64
Ähnlich ist es mit dem Trading. Es gibt Nebengewinne oder Sekundäre Gewinne.
Diese sind oft „weg von etwas“. „Mit den Gewinnen beim Futureshandel komme ich
endlich weg von....!“ Kann das funktionieren?
Wenn der Statusgewinn, Freiheitsgewinn, Geldgewinn vor allem weg von zu wenig
Status, Freiheit, Geld ist, sind wir in den Klauen der Weg-von-Motivation.
Machen Sie sich bewusst, warum Sie noch Trading betreiben!
Fragen Sie sich, wovon Sie weg wollen!
Entwickeln Sie Strategien, wie Sie sich diese Bedürfnisse anders als mit Trading
befriedigen können!
Das, wovon wir weg wollen, werden wir bekommen.
Der Mensch, der Trader wird, um nicht mehr Geldsorgen zu haben, wird MarginCalls erleben.
Der Mensch, der Trader wird, um sich nicht mehr minderwertig zu fühlen, wird ob
der Verluste sich verstecken müssen.
5.5.
Wie verändere ich die Motivationsstruktur?
Wohin wollen wir diese verändern? Wir wollen, dass die proaktive, die hin zu
orientierte Motivation stärker ist als die reaktive, die weg von orientierte.
Wir wollen, dass „hin zu Gewinn“ stärker ist als „weg von Verlust“.
Wir wollen nicht, dass „Weg-von-Verlust“ gar nicht vorhanden ist. Ohne Weg-von
würden wir eventuell keine Stopps setzen und in einem „Hin-zu-Traumland“
schweben.
Was uns motiviert sind Bedürfnisse und Werte.
Bedürfnisse sind physiologische Bedürfnisse (Atem, Nahrung, Schlaf, 37 Grad,
Schutz, Hygiene, Sex) und soziale Bedürfnisse. Physiologische Bedürfnisse sind
meist weg von Schmerz organisiert. Wenn sie nicht erfüllt sind, alarmiert uns ein
Schmerz, denn ohne diese Erfüllung sterben wir eher schnell.
Ein Spezialfall ist Sex. Das ist ein kollektives Bedürfnis. Wir sterben nicht sofort
ohne Sex, aber unsere Gattung würde aussterben, wenn kein Schwein Sex will.
Ohne Sex sind wir frustriert.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
65
Die sozialen Bedürfnisse sind in der Kindheit wichtig und auch hier empfinden wir
Schmerz, wenn sie nicht erfüllt sind. Es ist kein körperlicher Schmerz, sondern ein
seelischer. Trotzdem sind wir erst einmal eher proaktiv, hin-zu orientiert, lieben
unsere Familie und gehen auf die Familienmitglieder zu.
Wir können uns von den Weg-von-Motivationen der physiologischen und sozialen
Bedürfnisse nur lösen, wenn kein Schmerz der Unerfüllung da ist oder dieser nur
schwach und vorübergehend ist.
Der erste Schritt zu einer proaktiven Motivationsstruktur ist also die wache Sorge
um die eigenen Bedürfnisse. Wenn diese ausreichend erfüllt sind, können wir die
Hin-zu-Motivation entwickeln und durchführen.
Das hört sich indes leichter an, als es ist.
Wir werden meist ein Ziel anstreben, um eben die Bedürfnisse erfüllen zu können.
Wir wollen Geld machen, um Status zu haben, um Zuwendung zu bekommen. Das
aber kann so nicht funktionieren und ist der Weg in das Hamsterrad. Erst muss die
Zuwendung da sein. Dann kann Status angestrebt werden. „Status und dann gibt
es Zuwendung!“ geht nicht.
Dafür müssen wir evtl. den Irrtum loslassen, dass nur Reiche Zuwendung
bekommen. Zuwendung zulassen anstelle von Zuwendung erwirken ist das
Problem und das wird auch nicht mit Geld behoben. Denn die erkauften
Streicheleinheiten werden nicht befriedigen.
Machen Sie sich also bewusst, wie gut Sie Ihre Bedürfnisse erfüllt haben! Welches
Bedürfnis ist evtl. mangelhaft erfüllt und schmerzt und nagt und drängt?
In Kapitel 19.5. werden wir uns intensiv mit der Umwandlung von Denkmustern der
Unerfüllung und ihrer Umwandlung befassen.
Zur Schaffung einer proaktiven, einer „hin zu“ orientierten Motivation müssen wir
vor allem auch unsere Denkmuster verändern und bestimmen, „Weg-von-Denken“
ist weit verbreitet. Für das „Hin-zu-Denken“ brauchen wir Vorstellungen und
Zielbilder, die uns sagen, wo wir hin wollen. Das müssen wir lernen.
Wissen Sie, wo Sie hin wollen?
Wie genau soll Ihr Leben in 2, 5, 10 Jahren aussehen, sich anhören, sich anfühlen,
riechen und schmecken?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
66
Je anschaulicher, desto besser. Je attraktiver, desto besser!
Und diese proaktive Motivation auf eine zu verwirklichende Absicht hin sollte evtl.
auch Tore öffnen für neue Absichten und Visionen. Es heißt, dass der gefährlichste
Punkt der ist, an dem man ein Ziel erreicht hat. Wir sollten es daher so einrichten,
dass wir immer noch mehr wollen.
Das letztendliche Ziel ist der Tod. Was wäre ein Tod, der das Leben wert gewesen
wäre? Was wollen Sie erreicht oder verwirklicht haben?
Normalerweise wollen wir weg vom Tod. Der Selbsterhaltungstrieb ist unsere
stärkste Motivation.
Wichtig wäre eine grundlegende Veränderung der Sichtweise. Nicht „weg vom
Tod“, sondern „hin zum Tod als Verwirklichung“.
Wir leben in einer den Tod verdrängenden Welt. Er findet in Krankenhäusern und
Pflegeheimen statt. Paradoxerweise wird dieser in diesen Institutionen auch noch
künstlich hinausgezögert. Es wäre sinnvoll den Tod als Höhepunkt des Lebens zu
feiern. Von einem Tod des Hinüberdämmerns und Vegetierens wollen wir natürlich
weg. Ein ehrenvoller Tod im Bewusstsein der Verwirklichung einer
Lebensbestimmung wird auch in der Literatur besungen.
Eine Sichtweise, die besagt, dass der Tod nur ein Übergang zu einer anderen
Existenzform ist, ist sicherlich hilfreich. Wir haben alle das Bewusstsein, dass es
etwas an uns oder in uns gibt, das mehr ist als Körper und Geist und über den Tod
hinaus existieren wird. Das kann eine Illusion ein, um uns die existenzielle Not der
Sinnlosigkeit unseres Seins zu nehmen. Wir müssen uns dann vergewissern, dass
unser Leben ein wertvoller Beitrag für die Menschheit, für die Gesellschaft, für
unsere Familie ist.
Wie also könnte Ihr Tod sein, so dass Sie vertrauensvoll auf diesen zugehen
können?
Wie könnte der Tod sein, so dass die verwirklichten Absichten und Erfolge auf dem
Weg dahin proaktiv angestrebt wurden und Stufen auf der Leiter zum Höhepunkt
waren?
„Was haben meine Trading-Erfolge mit meinem Tod zu tun?“, werden Sie fragen.
Wenn Ihr Trading-Gewinn ein Schritt zu einem ehrenvollen Tod ist, den Sie freudig
anstreben, sind Sie vor den Fallen der „Weg-von-Motivation“ immun.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
67
Ähnliche Konzepte verfolgen indische Religionen wie Hinduismus und Buddhismus
mit der Erfahrung der „Erleuchtung“, ein Tod des Ichs im Leben.
Sie können sich aber vor dem Elend des Erreichens auch anders schützen. Sie
sollten immer mehrere Verwirklichungen haben, auf deren Erreichen Sie sich
freuen können. Und evtl. gehören Sie ja auch zu den Menschen, die es genießen
können, etwas erreicht zu haben, worauf Sie seit einiger Zeit hingestrebt haben.
Um die Motivationsstruktur zu verändern, brauche ich also zweierlei:
•
Eine Befriedigung der Bedürfnisse, so dass kein drängender Schmerz und
somit kein Weg-von da ist.
•
Eine Entwicklung von zu verwirklichenden, attraktiven Absichten und
Zielen.
5.6.
Wie gehe ich mit Verlusten proaktiv um?
Verluste sind beim Trading unausweichlich. Auch sonst im Leben sind sie
unumgänglich. Wer keine Verluste aufzuweisen hat, hat nichts riskiert und lebt auf
Sparflamme.
Verluste versetzen uns meist in einen negativen Zustand. Von diesem wollen wir
weg und schon sind wir in einer Weg-von-Motivation gefangen.
Es gibt bei Verlusten mehrere Möglichkeiten zur proaktiven Motivation
zurückzukehren.
Der Trader, der nach einem Handelssystem handelt, verfolgt einen größeren Plan
und kann Verluste als unumgängliche Phasen des Systems wegstecken. Dieser
Trader sieht den Verlust eingebettet in einem größeren Zeitrahmen und kann ihn
so verstehen und annehmen.
Das gelingt uns aber nicht immer. Verluste erinnern uns an ältere Verluste und
Mängel. Wir werden emotional.
Machen Sie sich dann unbedingt bewusst, woher der Schmerz, die Traurigkeit, die
Angst kommt. Sie hat nichts mit dem Trading-Verlust zu tun, sondern kommt von
früher. Sie haben etwas verloren und da ist noch ein Verlustschmerz oder Kummer
und der Trading-Verlust hat diesen ausgelöst.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
68
Trennen Sie den Auslöser von der Emotion. Sie ist dem Auslöser nicht
angemessen. Sie kommt von früher. In Kapitel 17 werden wir eine Technik kennen
lernen, mit der die alte Emotion geklärt werden kann.
Diese Klärungen der mit dem Verlust verbundenen Emotionen sollten Sie auf jeden
Fall durchführen, um durch den Verlust, auch wenn er im Rahmen des
Handelssystems ist, nicht in eine Weg-von-Falle gezogen zu werden.
Wenn die Verluste einer Größe entsprechen, die in einem überschaubaren
Zeitraum von 3 oder maximal 4 Monaten wieder auszugleichen ist: Kehren Sie zu
Ihrem Handelsansatz zurück und stehen Sie die Drawdown-Phase durch! Die gibt
es bei jedem Projekt.
Wenn der Verlust größer ist: Machen Sie Stopp! Lösen Sie sich erst von allen
Ängsten, Schuldgefühlen und was noch hochgekommen ist. Sie holen den Verlust
nicht wieder rein! Das ist von der Motivationsstruktur her nicht möglich! Erst wenn
Sie den Verlust losgelassen haben und von vorne und hin zu etwas beginnen,
haben Sie eine Chance! Am besten, Sie schließen das Konto, machen eine
Zeitlang Trading-Pause, fahren in Urlaub und machen „Break und Cut“.
Verluste sind unausweichlich. Wer Chancen ergreift, geht Risiken ein. Einen
Handelsansatz ohne irgendeinen Verlusttrade gibt es nicht. Es ist wichtig, dass Sie
jeden Verlust gut verdauen und proaktiv, hin zu orientiert, bleiben.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
69
6.
Was hindert den Trader?
6.1.
Innere Konflikte
6.2.
Was ist: Das Unterbewusstsein?
6.3.
Innere Ebenen
6.4.
Innere Konflikte
6.5.
Soziale Bedürfnisse
6.5.1.
Lebensrecht
6.5.2.
Zuwendung
6.5.3.
Zugehörigkeit
6.5.4.
Respekt des Platzes und des Raumes
6.5.5.
Raum für Ausdruck
6.5.6.
Unterstützung
6.5.7.
Wertschätzung, Anerkennung
6.6.
Einschätzung der Erfüllung der sozialen Bedürfnisse
6.7.
Konflikte innerhalb einer Inneren Ebene
6.8.
Konflikte zwischen den Inneren Ebenen
Der Trader hat einen Plan, er hat Papier-Trading gemacht, er hat Trainings besucht
und Trader-Messen, er hat alles getan, um erfolgreich zu sein. Und dann passieren
ihm oder ihr immer wieder diese dummen Selbstsabotagen.
Wie kann das nur passieren?
Es sind vor allem drei Typen innerer Hindernisse, die durch das Trading aktualisiert
werden und zur Selbstsabotage führen können:
Diese sind:
•
Belastende Emotionen (Angst, Schuld, Gier)
•
Hindernde Selbstüberzeugungen („Ich bin nicht gut genug!“)
•
Innere Konflikte
Wenn der Trader also einen Plan hat, dann kann es trotzdem passieren, dass er
diesen nicht durchführen kann, bzw.: Das kennen wir alle.
Voraussetzung ist erst einmal, dass ein Plan besteht. Den einfachen Fall von
Selbstsabotage, das Handeln ohne Handelsplan, können wir einfach abhandeln.
Mit „Plan“ meinen wir: Etwas exakt formuliertes. Ein Handelsplan a la: „Wenn der
Markt steigt, gehe ich long!“, ist auch unzureichend. Es müsste definiert sein:
Wann genau „steigt“ der Markt?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
70
Wir werden die Emotionen in Kapitel 7 näher betrachten und die hindernden
Selbstüberzeugungen in Kapitel 8. Lassen Sie uns mit den Inneren Konflikten
beginnen.
6.1.
Innere Konflikte
Es kann in unserer Innenwelt durchaus Persönlichkeitsteile (engl. und im PsychoJargon: „Parts“) geben, die Börsenerfolg nicht wollen und diesen sabotieren. Wir
wundern uns dann über uns selbst und ärgern uns und bekämpfen uns selbst.
Wie wir in Kapitel 5 bereits gelesen haben: Es gibt eine Seite, die will zu Gewinnen
hin und eventuell eine Seite, die will von Verlusten weg. Und diese letztere ist von
Natur aus stärker, bzw. schneller alarmiert, und sollte es nicht sein, denn so
geraten wir in die Falle der Weg-von-Motivation.
Es kann auch sein, dass eine Seite Börsen-Erfolg will und eine andere diesen
verhindern will. Der Hinderer kann z.B. auch der Globalisierungsgegner in uns sein
oder der spirituell motivierte Klosterbewohner.
Innere Konflikte sind alltäglich und wir gehen daher jeden Tag Kompromisse mit
uns ein oder treffen Entscheidungen, die der Ausweg aus einem Dilemma sind.
Und die Entscheidung zwischen Regen und Traufe ist nicht gerade erfrischend.
Wenn wir aus einem Dilemma heraus eine Entscheidung treffen und beschließen
von nun an in einer bestimmten Art und Weise zu sein, versuchen wir eine Seite
unserer Persönlichkeit zu disziplinieren oder sogar zu ignorieren. Wir wissen alle,
wie unmöglich das ist. Diese Seiten melden sich. Je mehr wir sie unterdrücken
wollen, desto mehr melden sie sich.
Die Widerspenstigkeit der Persönlichkeits-Teile ist natürlich. Jede dieser Seiten
oder Parts existiert, um Sorge zu tragen für die Erfüllung eines Bedürfnisses. Jeder
Persönlichkeitsaspekt will nichts als das Überleben sichern. Auch wenn uns ein Teil
als Saboteur vorkommt, will dieser wie jeder Teil unserer Innenwelt doch nur unser
Bestes.
Dabei kommt es vor, dass Teile oder Aspekte nicht die vollständige Information
haben und daher blockieren. Dann müssen wir ihnen die Information eben geben.
Unser Wachbewusstsein nimmt Informationen auf, bewertet diese und gibt sie zur
Abspeicherung frei. Persönlichkeitsaspekte sind im Unterbewusstsein. Aus
Effizienzgründen ist die Kommunikation zwischen Wachbewusstsein und
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
71
Unterbewusstsein meist nicht bewusst gegeben. Wir können sie aber jederzeit
herstellen. Dabei müssen wir gewahr sein, dass beide etwas unterschiedlich
gestrickt sind und sich nur verstehen, wenn eine ähnliche (und eher die bildhafte
des Unterbewusstseins) Sprache gesprochen wird.
6.2.
Was genau ist das Unterbewusstsein?
Oft wird der Begriff verwechselt mit dem „Unbewussten“. Mit diesem hat sich vor
allem Freud befasst. Das „Es“ beinhaltet die verdrängten Erinnerungen.
Schmerzhafte Erfahrungen werden „vergessen“. Die Emotion ist aber noch da und
prägt das weitere Verhalten. Dieses Unbewusste ist ein Teil des
Unterbewusstseins. Das Unterbewusstsein ist aber weit mehr.
Zu unserem Unterbewusstsein gehört die gesamte Erinnerung. Es gehört auch
dazu: Die gesamte automatisch ablaufende Regulierung der Körperfunktionen.
Alles, was in uns als Informationsverarbeitung abläuft und uns in diesem Moment
nicht bewusst ist, gehört zum Unterbewusstsein. Das sind ungefähr über eine
Million parallel ablaufender Prozessschritte.
Das Wachbewusstsein ist wie der Lichtstrahl einer Taschenlampe, der immer nur
einen kleinen Ausschnitt beleuchtet und sichtbar macht.
Das Wachbewusstsein muss vor allem bewerten, beurteilen und unterscheiden.
Der Fokus liegt auf dem Detail und wie es sich von anderen Details oder vom
Hintergrund abhebt.
Da wir im Wachbewusstsein eher detailorientiert sind und im Unterbewusstsein
eher ganzheitlich, kommt es naturgemäß zu Konflikten.
Unterbewusstsein entsteht durch die Informationsverarbeitung im Körper. Die
Zellen kommunizieren miteinander durch Neurotransmitter. Jede Zelle kann diese
empfangen und senden. Eine große Zahl kommuniziert außerdem über Nerven
miteinander. Dann gibt es noch die Polizei dieses Biotops: das Immunsystem.
Das Computerprogramm, das in der Lage wäre alle parallel ablaufenden
Funktionen eines einzigen Körpers zu regulieren, bräuchte mehr Kapazität als der
derzeit größte mechanische Rechner zur Verfügung stellen könnte.
6.3.
Innere Ebenen
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
72
Freud sprach von Es, Ich und Über-Ich. Das Es entspricht dem Unterbewusstsein.
Es beinhaltet in der Tiefenpsychologie besonders die Regulierung der sog.
„Triebe“. Das Ich muss die Triebe und die Regeln der Umwelt miteinander
koordinieren. Die Regeln der Umwelt kennt und befolgt das Über-Ich.
Davon abgesehen, dass die Begriffe missverständlich sind, arbeite ich mit einem 5Ebenen-Modell, das uns in diesem Buch von nun an begleiten und beschäftigen
wird. Ich bezeichne die 5 Ebenen metaphorisch mit
•
Inneres Tier
•
Inneres Kind
•
Innerer Akteur
•
Innerer König
•
Innerer Gott
Diese Begriffe sind von mir wegen der Anschaulichkeit gewählt und haben keinerlei
religiösen oder sonst wie Hintergrund. Wenn es Ihnen unsympathisch ist, einen
Gott in sich zu haben, können Sie diese Ebene gerne anders (Höchstes,
Überbewusstsein) nennen. Das Innere Tier können Sie auch „Zell-Bewusstsein“
oder „Körperbewusstsein“ nennen.
Die Ebene „Akteur“ hatte ich ursprünglich mit „Krieger“ oder „Kriegerin“ bezeichnet.
Das ist zwar vom Bild her eindeutiger. Normalerweise würden wir auch annehmen,
dass wir auf einer Zivilisationsstufe sind, wo wir den Krieg als Metapher nehmen
können. Leider musste ich dann die Bilder von Luftangriffen auf Bagdad sehen und
war von der Zivilisationsstufe von Teilen der westlichen Welt nicht mehr überzeugt.
„Akteur“ lässt viele Wege des Agierens in dieser Welt zu. Es gibt neben Jägern und
Kriegern auch Sammler und Hirten und Pflanzer und Gaukler und eben Händler.
Das klassische Unterbewusstsein finden wir in den Ebenen des Inneren Tieres und
des Inneren Kindes.
Das „Ich“ Freuds entspricht dem Inneren Akteur. Der „Akteur“ ist der Macher, der
Handwerksgeselle, der Ausführende.
Das „Über-Ich“ finden wir im Inneren König und im Inneren Gott. Wenn die innere
Welt post-feudalistisch orientiert ist, kann der Innere König auch zum inneren
Präsident, Direktor, Meister, Doktor, Chef, Bürgermeister gemacht werden.
„Häuptling“ geht natürlich auch. Der Innere Gott oder Innere Buddha kann auch
„das Höchste Bewusstsein“ sein.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
73
Die Aufteilung in 5 Ebenen ist sinnvoll, da sie mit dem Aufbau der Meta-Logik in
unserer Informationsverarbeitung zusammenhängt.
Durch „Anwendung auf sich selbst“ können wir uns auf Meta-Ebenen schwingen.
Beispiel: Wir wollen etwas. Das Wollen ist die Grundstufe. Dann wollen wir das
Wollen mehr oder weniger. Dieses Wollen richtet sich auf das Wollen der
Grundstufe und ist daher ein Meta-Wollen.
Wir werden feststellen, dass maximal 4 Meta-Stufen für uns vorstellbar sind.
Nur sehr wenige Tiere gelangen auf die erste Meta-Stufe. Sich selbst etwas
beibringen, das können Affen, Delfine, Hunde, Pferde und Elefanten aber
durchaus.
Wir lernen als Kind die Wahrnehmung wahrzunehmen und zu richten. Das ist die
erste Meta-Ebene. „Siehst du, dass du siehst?“ Der Spiegeltest ist daher der erste
Intelligenztest für Kleinkinder. Wenn Sie verstehen, dass sie sich selbst sehen, sind
sie auf der ersten Meta-Stufe. Das können Delfine, Schimpansen und Orang-Utans
auch. Ein Hund wird nicht unbedingt realisieren, dass er selbst es ist, der dort bellt.
Aber er wird schnell merken: „Das ist kein wirklicher Hund, hat keinen Geruch.“
Wenn er vor dem Spiegel das Zähnefletschen übt, wissen Sie, dass er auf MetaEbene 1 gelangt ist.
Auf Meta-Ebene 2, der Akteurs-Ebene, sehen wir, dass wir das Sehen sehen. Wir
können uns quasi selbst beobachten, wie wir unser Auge im Spiegel betrachten.
„Ich sehe, dass ich die Wahrnehmung wahrnehme!“ Das ist kein Sehen mit den
Augen, sondern ein Sehen aus einer Meta-Ebene der gedachten Entfernung von
einem selbst.
Wir können auch dieses wahrnehmen. Wir können sehen, dass wir das
Wahrnehmen der Wahrnehmung wahrnehmen. Das ist schon sehr abstrakt. MetaEbene 3, der Innere König.
Noch eine Ebene höher? Dieses ist eine transzendente Ebene, die des Inneren
Gottes oder Inneren Buddhas.
Wir werden das Modell der 5 Ebenen in Kapitel 13 näher betrachten und
anwenden.
6.4.
Innere Konflikte
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
74
Es treten Konflikte zwischen den Ebenen und innerhalb der Ebenen auf.
In der Praxis werden wir feststellen, dass die meisten inneren Hindernisse mit dem
Inneren Kind zu tun haben. Die Kindheit ist eine wesentlich prägende Zeit unseres
Lebens. In dieser Phase werden durch unsere Eltern, andere Verwandten,
Geschwister und andere Kinder, Kindergärtnerinnen und Lehrer wesentliche
Muster und Erfahrungen vermittelt. Diese betreffen besonders unsere 7 sozialen
Bedürfnisse. Wir übertragen Mängel und Irrtümer aus dieser Phase auf die
gesamte Welt und wundern uns im späteren Leben, warum wir bestimmte Sachen
nicht können oder nicht erfahren.
Daher ist eine Auseinandersetzung mit dem Inneren Kind besonders wichtig. In
Kapitel 19 lesen Sie einen vollständigen Ablauf eines Coachings. Abschnitt 19.5. ist
dabei zentral wichtig und besonders ausführlich, denn darin befassen wir uns mit
den Schwächen. Die Schwächen oder „Kann-nichts“ sind im Inneren Kind
angelegt. Sie sind Einstellungen zur Erfüllbarkeit der 7 sozialen Grundbedürfnisse.
Die Arbeit mit den Schwächen, den Kann-nichts, ist der zentrale Punkt von
Coaching und Therapie. Das Verstehen und Umwandeln von Schwächen ist das,
worum es hauptsächlich geht beim „Gewinner sein“ oder „Gewinner werden“.
Schwächen beruhen auf Mängel.
Sie werden von uns formuliert mit:
„Ich kann meine Absicht (bisher) nicht verwirklichen, denn ich kann nicht....“
Ersetzen Sie das zweite „kann nicht“ auch mit „bin nicht“ oder „habe nicht“.
Wann immer wir sagen: „Ich kann nicht“, zeigen wir eine Schwäche. Die Schwäche
haben wir im Vergleich zu anderen Menschen, die dieses können. Wenn andere
das können, müssten wir das meistens auch können.
Wir wollen Verantwortung nehmen. Wir wollen Schöpfer sein unseres Universums.
Wir wollen herausfinden, was uns das „Ich kann nicht...“ gibt, um es entweder
durch ein „Ich will nicht!“ zu ersetzen oder durch „Ich will etwas lernen...“
Warum können wir etwas nicht, das andere können? Worin liegt der Unterschied?
Die Unterschiede werden meist in der Kindheit gelegt. Kindheiten sind
verschieden. Einige bekommen zu wenig, andere bekommen zu viel. Einige
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
75
wenige bekommen genau richtig. Was ist es, das wir bekommen? Das wir, da es
ein Bedürfnis ist, bekommen müssten?
6.5.
Soziale Bedürfnisse
In der Kindheit haben wir Soziale Bedürfnisse. Wir brauchen andere Menschen,
besonders Mutter und Vater und andere Kinder.
Im späteren Leben brauchen wir die Erfüllung dieser Bedürfnisse ebenso. Wir
haben aber gelernt sie zu kontrollieren oder zeitweise zurückzustecken oder ihre
mangelnde Erfüllung zu überspielen.
Diese Bedürfnisse aktualisieren sich in der Historie des Kindes nacheinander. Im
späteren Leben brauchen wir alle gleichzeitig.
Es sind 7 dieser Bedürfnisse.
•
Lebensrecht
•
Zuwendung, Nährung, Wärme
•
Zugehörigkeit
•
Respekt der Grenzen
•
Raum für Ausdruck
•
Unterstützung, Anregung
•
Wertschätzung, Anerkennung
Lassen Sie uns diese genauer betrachten.
6.5.1.
Lebensrecht
Wenn wir auf die Welt kommen, brauchen wir es, dass uns unsere Eltern das
Lebensrecht geben.
Dieses muss uneingeschränkt gegeben werden.
Die erste mögliche Verletzung dieses Bedürfnisses findet statt, wenn die Mutter
merkt, dass sie schwanger ist und das Kind nicht will und die Schwangerschaft
ablehnt. Dass die Erinnerung an die Zeit im Mutterbauch besteht, ist mittlerweile
wissenschaftlich nachgewiesen. Erinnerung muss hier nicht die bewusste
Erinnerung sein. Der Körper, und das ist jede einzelne Zelle, erinnert weit mehr, als
wir bewusst vor unseren inneren Projektor holen können.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
76
Die Ur-Ablehnung schafft ein Muster. Sie setzt sich eventuell fort in einer
missglückten Abtreibung, was in der therapeutischen Praxis tatsächlich vorkommt
und eines der schrecklichsten Traumata ist, die ein Mensch erleben kann.
Das nächste Trauma des Bedürfnisses des Lebensrechts geschieht meist bei der
Geburt, oder heutzutage beim ersten Ultraschall: das falsche Geschlecht. In den
meisten Fällen und Kulturen wird das weibliche Geschlecht abgelehnt und
dementsprechend das Lebensrecht nicht voll gegeben.
Das erfüllte Lebensrecht gibt ein Gefühl von Urvertrauen und Unschuld. „Faith“
wäre das schöne englische Wort.
6.5.2.
Zuwendung
Wenn wir dann geboren sind, brauchen wir Nährung durch unsere Mutter oder
Amme oder die Flasche. Dabei geht es natürlich besonders um Wärme und
Zuwendung und Liebe und weniger um Milch.
Das Baby nimmt keinen Unterschied zwischen sich und der Mutter und der Welt
wahr. Es schwimmt entweder in einem Meer von Liebe oder von Schmerz und
Verlangen.
Zufriedenheit und Dankbarkeit sind die gefühlten Zustände, die uns sagen: „Ich
bekomme, was ich brauche.“
6.5.3.
Zugehörigkeit
Das dritte soziale Grundbedürfnis ist das der Zugehörigkeit. Ein entscheidender
Punkt in der Entwicklung ist die Realisierung des kleinen Kindes: „Ich bin nicht
meine Mutter. Mutter und ich sind zwei verschiedene Einheiten.“ Das Kind erkennt
seine Individualität und das ist erst einmal erschreckend.
Da ist es wichtig, dass dem Kind vermittelt wird, dass es trotz dieser körperlichen
und existenziellen Unterscheidung zugehörig ist und nicht allein oder einsam. Das
Kind ist Teil einer Familie und in dieser Phase beginnt der Vater eine Rolle zu
spielen.
Es kann aber auch sein, dass die Zugehörigkeit nur vermindert gewährt wird. Es
besteht vielleicht Konkurrenz oder Konflikt zu anderen Teilen der Familie. Die
Familie ist eventuell dysfunktional, sie funktioniert als soziale Einheit gar nicht
besonders gut. Das ist für ein Kind, dessen Überleben sehr unsicher ist, sehr
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
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beängstigend. Vielleicht ist die Rolle, die sie oder er in dem sozialen System
bekommen hat, eine Erwachsenen-Rolle, da die Erwachsenen schwach sind und
selbst Zugehörigkeit brauchen. Wie oft kommt es vor, dass ein Kind die
Begründung für eine Familie sein soll und somit für eine Zugehörigkeit sorgen, die
es doch selbst erst einmal bräuchte?
Das Gefühl der Vertrautheit, Verbundenheit und Liebe stellt sich ein, wenn wir uns
zugehörig fühlen.
6.5.4.
Respekt des Platzes und des Raumes
In einer sozialen Ordnung steht uns ein Platz zu. In einer Familie als Kind kann das
ein bestimmter Platz in der Rangordnung sein, z.B. als Erstgeborener oder als
Nesthäkchen.
Der Respekt des Raumes bedeutet, dass die Grenzen, die wir setzen, beachtet
werden. „Hier und nicht weiter!“, soll respektiert werden.
Das Kleinkind muss diese Grenzen erst erkunden und wird eine Phase haben, in
der es vor allem „Nein!“ sagt. Wenn man die Grenzen zu weit setzt, riskiert man
den Verlust von Zugehörigkeit.
Missbrauch und körperliche Züchtigung sind schwerwiegende Verletzungen dieses
Bedürfnisses. Die Unsicherheit, die eine solche Verletzung mit sich bringt, wird sich
im weiteren Leben fortsetzen.
Der Kampf-oder-Flucht-Reflex setzt normalerweise bei Überschreiten der Grenze
ein. Es entsteht Wut oder Angst.
Wenn das Bedürfnis erfüllt ist, ist der Zustand: Ruhe, Sicherheit.
6.5.5.
Raum für Ausdruck
Ein entsprechendes, den Raum betreffendes Bedürfnis ist das nach „Raum für
Ausdruck“. Das Kind hat das Recht und hat die Notwendigkeit sich auszudrücken:
Laut sein, Wände bemalen, toben.
Der englische Ausdruck ist „Space“.
Ein Mensch, der davon ausgeht die Weite des Weltalls zur Verfügung zu haben,
wird die dementsprechende Ausstrahlung haben.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
78
Wir brauchen es, dass wir uns auszudrücken. Auf unsere individuell geniale Art und
Weise.
Der sich ausdrückende Mensch ist in einem Zustand der Lebensfreude und
Schaffenskraft.
6.5.6.
Unterstützung, Anregung
Sobald das Kind in den Kontakt und die Konkurrenz mit anderen Kindern tritt,
braucht es Unterstützung und Ermunterung. Es braucht zudem Anregung sich
weiter zu entwickeln und Interesse an der Welt zu entwickeln.
Ein Kind hat immens viel zu lernen und das Gefühl unterstützt zu werden, erhöht
die Risikobereitschaft. Eine anhaltende Erfahrung von Hilflosigkeit und
Überforderung wird die Risikobereitschaft und das Interesse lähmen.
Der unterstützte Mensch geht mit Zuversicht und Spaß an die Sachen heran.
Der Mensch, der die Unterstützung nicht fühlt, wird sich unempfindlich und stark
machen müssen. Diese Menschen sind meist sehr kräftig und muskulär. Sie sind
dabei aber eher starr und unsensibel.
6.5.7.
Wertschätzung, Anerkennung
Ein Kind braucht Wertschätzung und Anerkennung. Lob motiviert weiter zu machen
und sich zu entwickeln. Die Anerkennung des Wertes für die soziale Gemeinschaft
hilft ein gesundes Selbstbewusstsein zu entwickeln.
Gefühle von Wertlosigkeit sind natürlich für den Erfolg nicht förderlich. Es gibt zwar
gerade in Deutschland die pädagogische Strategie das Kind zu fordern, indem man
es dauernd schlecht macht. „Was ihn nicht tötet, macht ihn hart!“ Eine derartige
Erziehung hatte in Zeiten der militärischen Auseinandersetzung vielleicht Sinn als
Vorbereitung auf das Soldatentum. Deutschland hat aber sozusagen keine
Grenzen mehr zu Feinden. In der modernen Welt ist Sensibilität eher gefordert als
Abhärtung.
Die erfüllte Wertschätzung macht uns stolz und selbstbewusst. Wir sind bereit uns
zu zeigen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
79
Die Übertreibung wird durch Scham und Schuld reguliert. In einer sozialen
Gruppierung müssen wir unser Selbstbewusstsein so einstellen können, dass auch
die anderen das Maximum erleben können.
6.6.
Einschätzung der Erfüllung der sozialen Bedürfnisse
Wenn wir eine Absicht haben, sollten wirt überprüfen, ob die 7 sozialen
Bedürfnisse ausreichend erfüllt sind, um diese erfolgreich anzustreben.
Wir sagen uns einen der jeweiligen Sätze und überprüfen die Überzeugung und die
Power, die wir in diese hineinlegen können.
Kinesiologische Muskeltests sind für ein derartiges Assessment auch sehr gut
geeignet. Man sollte für diese Tests unbedingt ein Grundtraining wie „Touch for
Health 1“ in Kinesiologie9 besuchen. Kinesiologen gibt es mittlerweile in jeder
deutschen Stadt.
Also: Bei welchem der folgenden Sätzen sind sie schwach?
Sie können diese Beispielsätze mit Inhalten aus dem Traderleben oder anderen
Lebensbereichen füllen.
Wert:
„Ich bin es nicht wert, ich bin nicht gut genug meine Absicht zu verwirklichen!“
Unterstützung, Anregung:
„Ich bekomme keine Unterstützung für die Verwirklichung meiner Absicht!“
Ausdrucksraum:
„Ich habe nicht genug Raum, um meine Absicht zu verwirklichen. Ich kann mich
nicht ausdrücken!“
Respekt des Platzes und der Grenzen:
„Ich habe nicht den Respekt meines Platzes und meiner Grenzen, um meine
Absicht zu verwirklichen. Ich muss mich fortwährend verteidigen“
Zugehörigkeit:
„Ich gehöre nicht genug dazu, um meine Absicht verwirklichen zu dürfen! Wenn ich
diese Absicht verwirkliche, riskiere ich den Verlust von Zugehörigkeit.“
Zuwendung, Nährung:
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
80
„Ich bekomme nicht , was ich brauche, um meine Absicht zu verwirklichen! Ich
muss erst einmal für Nährung sorgen!“
Lebensrecht:
„Ich glaube oder fühle nicht stark genug, dass es mein Lebensrecht ist, diese
Absicht zu verwirklichen!“
Sagen Sie die Sätze ruhig laut und bewerten Sie dann selbst. Sie können auf einer
Skala von z.B. 1 bis 5 bewerten, auf der 5 volle Stärke ist und 1 sehr schwach. Die
Stärke sollte bei jedem Satz mindestens 4 sein.
6.7.
Konflikte innerhalb einer Inneren Ebene
Es kann in jeder der Inneren Ebene interne Konflikte geben, sobald die
Ressourcen begrenzt sind und das sind sie in gewisser Weise immer. Wenn diese
bedrohlich knapp sind oder so empfunden werden, kämpfen die einzelnen
Bedürfnisse oder Werte um diese.
Innerhalb der Ebene des Inneren Tieres sollte es keine Konflikte geben, da alle
Bedürfnisse zum Überleben erfüllt sein müssten.
In Notsituationen wird es aber Konflikte geben, die zugunsten des schneller zum
Tode führenden Mangels gelöst werden müssen. Am Wasserloch in der Wüste wird
uns die Hygiene und das Händewaschen egal sein und wir werden erst einmal den
Durst löschen.
Wenn wir lange nicht geschlafen haben, werden wir beim ersten Bettkontakt eher
einschlafen als zum Sex fähig sein.
Es kann und wird vor allem innerhalb des Inneren Kindes Konflikte geben, es sind
immerhin 7 soziale Bedürfnisse zu koordinieren.
Will ich um Unterstützung fragen oder eher die potenzielle Anerkennung dadurch
erhöhen, dass ich es selbst schaffe?
„Will ich meine Grenzen befestigen und mich abgrenzen oder aus mir
herauskommen und mich ausdrücken?“, ist ein Klassiker.
Auf der Ebene des Inneren Akteurs geht es besonders um Befähigung und
Erlaubnis, bzw. Verbot und Gebot. Die eine Akteurs-Seite sagt: „ Du sollst das
machen!“ Die andere aber sagt: „Ich habe nicht die Befähigung!“ Es gibt auch
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
81
Gebots-Konflikte. Die Familie will, dass man die Ausbildung beendet und der
Sportverein will, dass man hilft die Meisterschaft zu holen.
Der Innere König kann von Werte-Konflikten geplagt sein. Freiheit, Gleichheit,
Brüderlichkeit oder Effizienz?
6.8.
Konflikte zwischen den Inneren Ebenen
Neben den Konflikten innerhalb einer Ebene wird es vor allem Konflikte zwischen
Ebenen geben.
Das Innere Kind hat soziale Bedürfnisse und der Innere Akteur muss evtl. diese
übergehen oder unterdrücken, um den Anforderungen der Umgebung gerecht zu
werden.
Das Innere Kind hat evtl. Angst um die Erhaltung des Respekts und fürchtet sich
vor Beschämung und der Akteur sagt: „Raus auf die Bühne!“
Konflikte werden meist zwischen benachbarten Ebenen sein. Der Innere König
kann gut mit dem Inneren Akteur in Konflikt kommen, das Innere Kind interessiert
ihn aber eher weniger.
Besonders das Bedürfnis nach Vermehrung, der Sex, ist bekannt als Ursache für
innere Konflikte. Wer sich in die falsche Frau oder den falschen Mann verliebt,
riskiert Minderungen in der Zugehörigkeit zu seiner Familie.
Bekanntlich ist das Interesse am Fremdgehen genetisch eingegeben, denn die
Vermischung der Gene erhöht ihre Überlebenschance. Das gilt für Männer wie
Frauen. Konflikte sind unausweichlich und machen das Leben interessant.
Worüber sollten die Dichter und Schriftsteller sonst schreiben?
Konflikte zwischen Innerem Tier und Innerem Kind sind also üblich. „Du bekommst
ein Lob, wenn du jetzt die Schularbeiten machst!“ „Ich habe aber Hunger!“ „Essen
gibt es erst um 18:00, wenn du deine Schularbeiten gemacht hast!“
So kennen wir es aus der Kindheit und so hat es sich evtl. in unser heutiges Leben
fortgeführt. Entweder machen wir das Gegenteil und essen gleich oder wir
unterdrücken immer noch den Hunger.
Der Innere Akteur muss die Bedürfnisse des Tieres und des Kindes koordinieren
mit den Anforderungen der Gesellschaft. Er bekommt Erlaubnisse und Verbote
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
82
gesetzt und muss diese gegenüber Kind und Tier durchsetzen. Konflikte sind da
unvermeidlich. „Ich sollte die anderen nicht nerven!“ „Ich brauche aber
Zuwendung!“ „Als U-Boot-Kapitän sollte man aber Distanz wahren!“ „Aber ich
würde den Funker doch so gerne umarmen!“ Wir wissen nicht, ob es ein Konflikt
mit dem Inneren Kind oder dem Inneren Tier ist und wollen es auch so belassen.
Der Innere König hat Werte und lebt nach diesen. Das möchte er jedenfalls. Er
möchte „Gerechtigkeit“ leben oder „Reichtum“. Der Innere Akteur, auch als Innerer
Krieger bekannt, wird evtl. sagen: „Gerechtigkeit, schön und gut, Häuptling. Aber
dann brauche ich die Erlaubnis dem Medizinmann einmal in den Allerwertesten zu
treten!“
Die Ideale des Inneren Königs kümmern Kind und Tier in Not und Mangel und
Bedürftigkeit natürlich wenig. Wir leben aber in einer Gesellschaft und sind
wohlerzogen und bemühen uns. Das Innere Tier wird dann abtrotzen müssen:
„Lass uns wenigstens fressen!“ Da sieht man den Konflikt dann an der Leibesfülle.
Oder: „Lass uns wenigstens schlafen!“ Das führt dann zu Burnout und
Erschöpfungszuständen. Ursache ist evtl. ein ungelöster Konflikt. Oft verspricht der
Innere König den Tieren und Kindern etwas. „Wenn wir uns dieses halbe Jahr
zusammenreißen und auf den Posten des Abteilungsleiters befördert werden,
belohnen wir uns mit einer tollen Urlaubsreise!“ Wenn die dann ausfällt wegen der
Erweiterung des Aufgabenbereiches, werden Inneres Kind und Inneres Tier sauer
sein und sich um die Belohnung gebracht fühlen. Sie fangen dann an trotzig zu
werden und für Probleme zu sorgen.
Der Innere Gott oder Innere Buddha ist natürlich auch gerne in Konflikt mit den
anderen Ebenen. Er oder sie sieht das ganze aus einer höheren Warte und
kümmert sich wenig um gesellschaftliche Werte oder tierische und kindliche
Bedürfnisse. In der heutigen Welt wird diese Ebene aber oft eher ignoriert und
muss sich dann und wann wieder bemerkbar machen. Evtl. verbündet sich der
Innere Gott mit dem Inneren Tier und erschafft körperliche Symptome.
Es kann also auch Innere Kriege geben. Ebenen verbünden sich gegen andere.
Gesund ist das natürlich nicht und wir müssen unbedingt darauf achten, dass
Kommunikation und Kooperation in unserer Innenwelt bestehen.
Zur Integration von inneren Konflikten ist die Technik der „Parts Integration“,
beschrieben in Kapitel 9, sehr effektiv.
Die Ausrichtung der Inneren Ebenen wird weiter in Kapitel 14 eine Rolle zu spielen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
83
Und der Ablauf eines Coachings, wie in Kapitel 19 beschreiben, ist in seiner
Gesamtheit nichts anderes als die Ausrichtung aller 5 Ebenen auf die
Verwirklichung einer Absicht hin.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
84
7.
Was fühlt der Trader?
7.1.
Emotionen
7.2.
Gier und Angst
7.3.
Schuld und Schulden
7.4.
Techniken zum Abbau von belastenden Emotionen
7.4.1.
Entspannung
7.4.2.
Meditation
7.4.3.
Therapien
7.4.3.1.
Kathartische Therapien
7.4.3.2.
Körpertherapien per Massage
7.4.3.3.
Kinesiologie
7.4.3.4.
EMDR und „Wingwave“
7.4.3.5.
Time-Line und Karma-Line
7.4.3.6.
Atisha-Meditation
7.1.
Emotionen
In seinem sehr lesenswerten Buch „Descartes Irrtum“ beschreibt der
Neurowissenschafter Antonio Damasio den Fall des Phineas Gigg. Diesem war im
19.Jahrhundert auf Grund eines Arbeitsunfalls einen Teil des Gehirn entfernt
worden, und zwar des Vorderhirns. Dieses hatte zur Folge, dass er keine
Emotionen mehr empfand. Er konnte weiterhin sein Leben leben und alle
sensorischen und motorischen Tätigkeiten normal ausführen. Er war halt nur etwas
gefühlsarm. Es wurde dann aber schnell beobachtet, dass er eine grundlegende
Funktion nicht mehr ausführen konnte: das Entscheiden! Phineas Gigg wurde
lebensunfähig und musste in einem Heim betreut werden, da er ohne emotionales
Zentrum im Hirn nicht mehr in der Lage war, irgendeine Entscheidung zu treffen
und das beginnt mit: „Soll ich aus dem Bett aufstehen oder liegen bleiben?“
Wir brauchen eine emotionale, gefühlte Komponente, um eine Entscheidung fällen
zu können. Ein Weg „fühlt“ sich richtig oder falsch an. Rein rational kalkulierte
Lösungen, wie sie der Vulkanier Spock in der TV-Serie „Star Trek“ findet, sind uns
nicht möglich.
Emotionen sind integrierte Schaltungen unseres Verhaltens auf allen Ebenen. Die
Zellen kommunizieren miteinander per Neurohormonen. Sobald eine Zellgruppe
ein Alarmsignal sendet, erfahren es alle anderen Zellen sehr schnell durch
Änderungen im biochemischen Milieu. Gleichzeitig werden die neurologischen
Verbindungen dementsprechend kurzgeschaltet. Nicht so wichtige Funktionen
werden blockiert. Man weiß heute, dass die bewusste Wahrnehmung des
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
85
alarmierenden Teils der Außenwelt erst um einiges nachträglich erfolgt. Wir sind
schon zur Seite gesprungen, bevor wir die Schlange bewusst wahrnehmen.
Der Kampf- oder Fluchtreflex ist eines der tief einkodierten Muster unseres
Verhaltens. Schon unsere Vorfahren in der Evolution, wie Fische oder Quallen
funktionieren nach diesem Prinzip: Abhauen oder Angreifen. Fressen und
möglichst nicht gefressen werden.
Kampf- oder Fluchtreflex nehmen wir als Wut oder Angst wahr.
Eine andere Ur-Emotionen wäre der „Startle-Reflex“, welcher uns per
„Überraschung“ in äußerste Wachsamkeit versetzt. So können wir schnell auf
Unvorhergesehenes reagieren.
Der Ekel-Reflex lässt uns Ungenießbares schnell wieder aus dem Magen
entfernen.
Soziale Emotionen wie Freude und Trauer geben Signale an unsere Mitmenschen.
Diese emotionalen Zeichen teilen den anderen mit, wie wir zu dem sozialen
Verbund stehen.
Schuld und Scham regulieren das soziale Zusammenleben. Wenn wir die Grenzen
überschreiten, kann es sein, dass wir uns schuldig fühlen. Wenn wir in den
sozialen Fokus geraten und unsere eigenen Grenzen überschreiten, werden wir
bisweilen schamhaft erröten.
Ein Trader muss entscheiden. Die Entscheidungsfähigkeit ist eine der wichtigsten
Eigenschaften des Traders. Er braucht dafür also eine emotionale Intelligenz und
Klarheit.
7.2.
Gier und Angst
Bekanntlich ist das nicht so einfach. Man spricht davon, dass Gier und Angst die
Börse regieren. Bei Gier steigt der Aktienkurs ins unermessliche, weil alle kaufen
und dabei sein wollen. In Phasen der Angst kommt es zu Panikverkäufen und der
Kurs fällt übermäßig.
Eine der Ursachen liegt in den Sekundären Gewinnen aus Kapitel 4. „Dabei sein
wollen“ ist ja motiviert von dem sozialen Bedürfnis der Zugehörigkeit. Die ist an der
Börse zwar nicht zu befriedigen, aber viele Teilnehmer unterliegen diesem Irrtum
und ertragen es nicht, an der Seitenlinie abzuwarten.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
86
Vielleicht erinnern Sie sich an den Boom der Neue-Markt-Aktien. Als erfahrener
Börsianer haben Sie vielleicht gewarnt, dass die Kurse nicht ins Unendliche
steigen könnten. Aber wie ging es Ihnen als immer mehr Amateure von
abenteuerlichen Gewinnen glaubhaft berichteten? Sie wussten dann genau: „Wenn
ich jetzt auch noch einsteige, ist das genau der Punkt, an dem der Markt kippt! Und
wenn ich nicht einsteige, steigt der Kurs weiter!“ Da kann man nichts machen in
solchen Situationen. Wenn man Probleme mit Zugehörigkeit hat und sich
ausgeschlossen fühlt und Verlangen und Gier entstehen, sollte man sich mit diesen
Gefühlen und Bedürfnissen auseinandersetzen. Und sie besser woanders
ausleben.
Wenn Sie Trendfolger sind und den Trend verpasst haben: Es kommen weitere
und für manchen reicht einer im Leben, sofern man den Ausstieg hinkriegt und
nicht wieder einsteigt. Wenn Sie Konträrtrader sind und ein gigantischer Trend
läuft: Es ist eben nicht Ihre Zeit. Suchen Sie sich einen anderen Markt. Machen Sie
Urlaub!
Auf jeden Fall: Erfüllen Sie sich Ihre sozialen Bedürfnisse woanders. Wie schon
Gordon Gecko in „Wall Street“ richtig sagte: „Wenn du einen Freund suchst an der
Börse, kauf dir einen Hund!“ Börse ist: Jeder gegen jeden! „Es ist nicht persönlich,
es ist nur geschäftlich!“
Was aber machen, wenn es wie 2000, 2001 in den deutschen Aktienmärkten fällt
und fällt? Wenn in den Gedärmen die Angst hoch kriecht und der Blick in den
Börsenteil mit zittrigen Fingern gewagt wird. Soll ich aussteigen oder drin bleiben?
Die Antwort ist übrigens einfach: Wenn der Kurs gegen Sie läuft und Sie nicht
wissen, ob Sie aussteigen sollen: Aussteigen! Wenn Sie von Ihrer Position nicht
überzeugt sind: Raus! Ganz egal, ob es dann wieder steigt oder fällt. Das Wichtige
ist nicht der Markt, sondern der Umgang mit sich selbst. Entscheidungs- und
Handlungsfreude kann nur erhalten bleiben, wenn sie geübt wird. Sie können sich
natürlich auch fragen: „Würde ich jetzt einsteigen?“ Wenn die Antwort: „Ja, klar,
immer!“ lautet, können Sie im Markt bleiben, sonst sollten Sie aussteigen.
Gier ist eine Emotion von übersteigertem Verlangen. Verlangen ist eine Emotion
des Brauchens von und Strebens nach Zuwendung. Statt nach Muttermilch gieren
wir nach Börsenerfolg. Das ist nicht grundsätzlich verkehrt. In Umwandlung eines
aktuellen Werbespruchs könnten wir sagen: „Gier ist geil!“ Denn nur wer wirklich
gierig ist, wird die Anstrengung aufbringen ein vollständiges durchdachtes
erprobtes Handelssystem zu entwickeln und diszipliniert durchzuführen.
Problematisch ist nur die kindliche Gier mit der Hoffnung nach Zuwendung, die ruft:
„Ich auch, ich auch!“ Seien Sie so gierig, dass Sie Alles wollen und nicht nur
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
87
Tropfen und Streicheleinheiten. Seien Sie so gierig, dass Sie rechtzeitig die
Gewinne sicher stellen. Seien Sie so habgierig, dass Sie die Gewinne sichern und
vermehren. Die Märchen über habgierige Kapitalisten ohne menschliche Wärme
sind nur Propaganda. Leichter geht der Reiche in den Himmel ein als das Kamel in
das Nadelöhr, das ist sicher. Der Himmel auf Erden mit Motoryacht und Villa ist ja
auch schon ganz gut.
Schwieriger ist der Umgang mit der Emotion Angst. Hier fühlt man sich bedroht und
die eigene Sicherheit ist in Frage gestellt und es gibt niemand, dem man direkt ein
blaues Auge hauen kann. Man weiß nicht einmal, von wem man den Kontrakt
Aktienindex-Future gekauft hat, dessen Preis jetzt abgestürzt ist.
Der Kampf-oder-Flucht-Reflex schlägt zu in der Bedrohung. Das kennen wir aus
dem Leben in der Frühzeit: Wenn der Säbelzahntiger angreift, gibt es zwei
Möglichkeiten: Abhauen oder Angreifen.
Wenn der Kurs gegen uns läuft, machen wir es ähnlich: Abhauen oder Angreifen.
Wir interpretieren es evtl. nur falsch. Abhauen heißt nicht, dass wir den Bildschirm
ausstellen, aus dem Trading-Room gehen und so tun, also ob wir alles vergessen.
„Abhauen“ müsste heißen: „Positionen schließen!“ In Angst können wir nur falsche
Entscheidungen treffen und sollten deshalb aus dem Markt sein.
Die aggressiveren Trader greifen dann an. Das ist die andere Seite der
steinzeitlichen Verhaltens-Medaille. Sie kaufen nach. „Tiefer kann es ja nicht
fallen!“ Es ist ja mittlerweile bekannt, dass die sog. Martingale-Strategie des „Bei
Verlust verdoppeln“ nicht so angeraten ist. Das Nachkaufen bei Verlust ist nur bei
bestimmten Handelsansätzen ratsam. Ansonsten ist die Strategie, dem Tiger des
Marktes ein flammendes Schwert in den Rachen zu stoßen, nur für die ratsam, die
ein solches Schwert besitzen, bzw. so viele Kontrakte fahren können, dass der
Markt das merkt.
„Angreifen“ kann für uns auch nur heißen: Positionen glatt stellen! Sobald Sie also
merken, dass Sie in einem Kampf-oder-Flucht-Reflex sind, Wut oder Angst
verspüren und überhaupt nicht wie Spock an den Markt herangehen: Gehen Sie an
die Seite, stellen Sie Ihre offenen Positionen glatt und beobachten Sie die
Entwicklung.
Wenn Sie ein Handelssystem haben und der gegenwärtige Drawdown über den
bisherigen Maximalen Drawdown steigt und Sie anfangen das Vertrauen an Ihr
Handelssystem zu verlieren und ebenfalls in den Modus „Kampf oder Flucht“
einschwenken: Fahren Sie Positionen runter, beobachten Sie das Ganze.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
88
Nur ein kühler Kopf kann die richtige Entscheidung treffen. Kühl ist der Kopf aber
immer. Es müsste heißen: Nur ein kühles Herz kann die richtige Entscheidung
treffen.
Die Ebene, auf der wir mit Primären Emotionen reagieren, ist die des Inneren
Kindes.
Das Kind in uns kann nicht berechnen, wie unser Risiko und Chance-Verhältnis ist.
Wir brauchen dafür schon ein wenig Mathematik-Unterricht. Wenn Sie also
bemerken, dass Sie in einen Kind-Modus sind: Gehen Sie woanders spielen.
Vergessen Sie aber nicht, Ihre Positionen vorher zu schließen.
7.3.
Schuld und Schulden
Eine andere wesentliche Emotion ist „Schuld“. Im Deutschen ist der Wortstamm
von „Schuld“ und „Schulden“ identisch. Ich kenne Trader, die das Börsen-Trading
benutzen, um die Schuldgefühle, die mit der Art und Weise der Geldanhäufung
entstanden sind, abzubauen. Die Schuldgefühle führen dann letztendlich zu
Schulden und Margin-Calls.
Wenn Sie also Börsenverluste erlitten haben, die größer waren als Ihr Vermögen:
Wofür fühlen Sie sich schuldig? Natürlich fühlen Sie sich jetzt dafür schuldig, so
viel Geld in den Sand gesetzt zu haben. Das ist aber erst ein nachfolgender
Zustand. Was war die ursprüngliche Schuld?
Gerade in Deutschland sind wir begeistert die Schuldigen zu sein. Von der
Erbsünde zum Holocaust: Wir sind schuldig. Diese ganze unverdaute Schuld führt
natürlich zu Schulden. Ein deutscher Staat, der sich täglich ob der Untaten
vergangener Generationen kasteit, kann nur an der Staatsverschuldung leiden.
Aber sind nicht alle Staaten verschuldet? Nahezu. Und wir werden auch kaum ein
Volk finden, dass sich in der langen Geschichte der Menschheit nicht schuldig
gemacht hat.
Der Umgang mit der Vergangenheit ist das Entscheidende, nicht ob Untaten
bestanden oder nicht. Derjenige mit der superreinen Weste ist uns zu recht auch
suspekt. Entweder lügt er und ist ein Heuchler oder er wird es in der Welt nicht weit
gebracht haben.
Schuld ist eine regulierende Emotion. Wenn wir die eigenen Werte übergehen und
ihnen zuwider handeln, werden wir uns schuldig fühlen. Dann kehren wir reumütig
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
89
zu unseren Werten zurück. „Reue“ ist das Zaubermittel. Durch Reue gelangen wir
in einen höheren Zustand von Verständnis und Annehmen und letztendlich Demut.
Es gibt ein Land in Europa ohne Staatsverschuldung. Dieses Land ist so reich,
dass es überlegen kann, ob die überschüssigen Steuereinnahmen zurückgezahlt
oder investiert werden sollen. Hat es in seiner Historie keine Untaten begangen?
Oh doch, die Bewohner waren gefürchtete Räuber des Meeres und machten
Raubzüge bis nach Amerika, das damals noch gar nicht „entdeckt“ war.
Dann waren sie jahrhundertelang von ihren Nachbarkönigreichen annektiert und
konnten bereuen. Nun ja, es ist wohl eher Glück, dass in der Nordsee so
hochqualitatives Erdöl gefunden wurde und hat mit verarbeiteter Schuld wenig zu
tun. Sie werden die alte Wikinger-Geschichte aber überall als niedliche Souvenirs
wiederfinden. Schuldig für die Raubzüge der Normannen fühlt sich kein Norweger
heutzutage.
Die deutschen Untaten sind historisch frischer. Eine wirkliche Reue ist noch nicht
geschehen. Wenn wir an der Börse erfolgreich sein wollen, sollten wir uns von
dieser Geschichte des kollektiven Unterbewusstseins abkoppeln. Wir werden es
als Deutsche leichter haben mit dem Trading in anderen Ländern. Mein Trading in
New York und in Deutschland war früher unterschiedlich. In New York fühlte ich
mich mental erheblich freier.
Die Deutschen bevölkern zwar zunehmend die umliegenden Länder und die Inseln
Spaniens. Wir sollten aber auch in Deutschland ohne Schuld und die Erzeugung
von Schulden Börsengeschäfte betreiben können.
Vielleicht bietet einer der Renner der Psycho-Szene dieser Tage zu Anfang des
21.Jahrhunderts in Deutschland, das systemische Aufstellen nach Bert Hellinger10,
einen Weg. In dieser Arbeit werden Familienkonstellationen, evtl. mit mehreren
Generationen, durch Stellvertreter aus der teilnehmenden Gruppe dargestellt. Auf
rituelle Art und Weise werden Vorfahren, mit denen Probleme bestehen, geehrt
oder verabschiedet. Die Hellinger-Gruppen haben enormen Zulauf und es kommt
zu einem kollektiven kathartischen Effekt. Themen aus der Nazi-Zeit treten
natürlich verstärkt auf.
Wir werden zur Befreiung von Schuld besonders die in Kapitel 17 dargestellte
Technik der Karma-Line einsetzen.
Wenn Sie also Schulden haben, und in unserer Wirtschaftsordnung sind Schulden
unumgänglich, denn alle Unternehmungen müssen finanziert werden durch die
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
90
Aufnahme von Geld, sind Sie in guter Gesellschaft. Schuldet die Aktiengesellschaft
ihren Aktionären das zur Verfügung gestellte Geld? Oder schuldet sie den
Gegenwert des derzeitigen Kurswertes? Auf jeden Fall schuldet sie. Denn dem
Guthaben der Aktionären muss ja ein Gegenpart gegenüberstehen. Jedes
finanzielle Vermögen hat einen Gegenpart in Form einer Schuld. Wie schon in
Kapitel 5 erwähnt: „Debitismus“ und nicht „Kapitalismus“.
Das ist aber nichts wofür man sich schuldig fühlen sollte. Das ist die
Funktionsweise unserer Wirtschaftsordnung. Nur wenn unternehmerisch denkende
Menschen Risiken auf sich nehmen und sich von Gläubigern Finanzierungen
geben lassen, entsteht Wirtschaftswachstum. Dafür fühlen sie sich nicht schuldig,
sondern tätig und fähig. Wenn indes das tiefsitzende Schuldgefühl aktiviert wird, ist
die Chance des Scheiterns groß. Banken sollten eine unserer Übungen zur
Befreiung von Schuldgefühlen mit allen Kreditnehmern durchführen.
Oh, eventuell fühlen sich die Kreditnehmer dann nicht mehr an das Gebot zur
Tilgung gebunden. Nun, dafür haben wir Gesetze und bevor oder wenn die
übertreten werden, tritt das angemessene Schuldgefühl schon ein. Was wir nicht
brauchen, sind irrationale Gefühle, die aus vergangenen Zeiten stammen. Das
Schuldgefühl aus dem Klauen von Äpfeln sollte uns nicht bei unserer
Unternehmung oder bei unserem Börsentrading beeinflussen.
7.4.
Techniken zum Abbau von belastenden Emotionen
Normalerweise verdauen wir einen Überschuss an emotionaler Energie in den
Darmwänden. Wenn ein Ereignis uns stärker erregt, wird es eine Zeit brauchen
uns zu beruhigen und zu entspannen. Die überschüssige Energie wird wieder
abgebaut. Dazu braucht es einen guten Bauch.
Zwischen den Schichten der Darmwand wird Energie verdaut. Normalerweise sind
wir nach einem Ereignis, dass z.B. Wut oder Angst auslöst, nach einiger Zeit
wieder entspannt. Die emotionale Energie war in dem Ereignis nötig, um die
bedrohten Bedürfnisse zu sichern. Nun ist die Situation bereinigt und das
Energielevel geht auf „Normal“ zurück.
Es gibt aber Ereignisse, die Energielevel auslösen, die nicht so leicht verdaubar
sind. Dieses geschieht auch besonders in der Kindheit. Meistens verdauen Kinder
ja sehr schnell. Eben noch ging die Welt unter und nun ist schon wieder Lachen
da. Es gibt aber andauernde Stress-Situationen. Das Kind fühlt sich evtl.
andauernd bedroht oder missachtet. Dann wird die emotionale Energie oft nicht
wirklich verdaut und die Entspannung tritt nicht wirklich ein.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
91
Das moderne Kind muss zudem noch eine weit größere Zahl von Reizen
verarbeiten. Fernsehprogramme und Computerspiele sind natürlich nur
interessant, solange sie Emotionen auslösen. Diese künstlich angeregten
Emotionen müssen ebenso wieder abgebaut werden. Gestresste Kinder werden
ein dauerndes Maß an unverdauter Energie haben und die Symptome von
Zappelphilipps zeigen, „Attention Deficit Syndrome“. Die Lösung ist nicht
Medikamentation und Drogen, sondern Verminderung der Reize und Entspannung.
Wenn indes eine emotionale Energie nicht abgebaut wird, muss sie eingelagert
werden. Auch das geschieht zum größten Teil in der Darmwand. Die Energie wird
mit Wasser gebunden und erst einmal weggesteckt. Wenn wir die Emotion später
ausdrücken, geschieht das daher meist mit dem Abbau von Wasser: Tränen,
Durchfall, Schwitzen, Urinieren, Speichelfluss.
Techniken zur Abbau von emotionaler Energie sind also unumgänglich.
7.4.1.
Entspannung
Das ist natürlich grundsätzlich erst einmal alles, was entspannt.
Da Wasser eben Energie bindet, ist das äußere Wasser auch sehr hilfreich. Das
beginnt bei Waschen und Duschen. Schwimmen im Bad, See oder Meer ist
natürlich hilfreich. Besonders gut sind auch Wellness-Bäder und Saunen.
Bewegung hilft bekanntermaßen auch zum Stressabbau und damit zum Abbau
alter emotionaler Energien. Gehen, Wandern, Joggen, Tanzen.
7.4.2.
Meditation
Meditation und die damit verbundene Integration der Gehirnhälften verhelfen
ebenso zur emotionalen Integration. Der Stress liegt meist in der auf Unterschiede
und Details orientierten Gehirnhemisphäre (beim Rechtshänder die linke
Gehirnhälfte). Die auf Gleichheiten orientierte andere Hemisphäre kann den
Ausgleich schaffen und die Integration.
Für den Meditierenden als spirituell suchenden Menschen ist die Darstellung der
Meditation als „Entspannung“ indes eher eine Entwürdigung. Das Stillsitzen und
die Schau in die Innenwelt können nämlich auch erschreckend sein.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
92
Mit einiger Übung aber führt die Stille der Meditation beim Meditierenden zu einer
Verlangsamung und Harmonisierung der Gehirnaktivität.
Man spricht von unterschiedlichen Hirnfrequenzen. Die hektische Betriebsamkeit
des Gehirns wird als „Beta-Zustand“ bezeichnet. In Entspannung und Meditation
kommen wir in den „Alpha-Zustand“. Hierbei wird auch wieder Stress abgebaut und
emotionale Erfahrung verarbeitet. Tiefere Stufen der Meditation führen in „DeltaZustand“ und sogar „Theta-Zustand“. Dieses sind eigentlich sonst nur im Tiefschlaf
erreichte Zustände. Das bewusste Eintreten in diese Zustände bedarf schon
einiger Übung und Anleitung.
Für den Normalmenschen und alltäglichen Trader sollte es ausreichen, einmal
täglich für ein paar Minuten still zusitzen und einfach nur die Bewegungen des
Atmens zu beobachten. Kommen Sie mal zur Ruhe! Lassen Sie die hektische
Hirnaktivität mal schweigen!
7.4.3.
Therapien
Die vorgenanten Techniken: Wasser, Bewegung, Meditation und Entspannung sind
gut für den alltäglichen Abbau. Wenn die Energie aber schon lange in der
Darmwand eingeschlossen ist, brauchen wir gezielte therapeutische Methoden
diese zu entlassen.
7.4.3.1.
Kathartische Therapien
Ursprünglich wurden kathartische Techniken bevorzugt. Durch eine Erhöhung der
Energie und entsprechende Setups wurde die Emotion ausgelöst und ausgedrückt.
Derartige Therapien gehen nicht ohne Schreien, auf Kissen schlagen und in Eimer
erbrechen ab. Es fließen sehr viele Tränen. Bisweilen oder leider eher öfter wird in
diesen Therapien der Ausdruck des Gefühls mit dem Fühlen des Gefühls
verwechselt.
Am bekanntesten aus diesem Bereich ist die Bioenergetik11 nach Wilhelm Reich.
Die Primärtherapie nach Artur Janov gehört ebenso dazu.
7.4.3.2.
Körpertherapien per Massage
Einige der Therapeuten in diesem Bereich suchten vor allem sanftere und ruhigere
Methoden die Energie abzubauen und zu entspannen. Dieses ist durch gezielte
Entspannung des Darms und der Körperteile, in denen der Energiefluss blockiert
wird, möglich.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
93
Emotionales Festhalten ist mit einer Körperhaltung verbunden. Diese wird oft
beibehalten, wenn die Energie eben nicht verdaut wird, so dass dieser Mensch
eine charakteristische dauerhafte Haltung einnimmt. Die Lösung der Verspannung
führt dann auch zu der Lösung der festgehaltenen Emotion. Einige
Massagetechniken wie Rolfing, Rebalancing, Postural Integration, bioenergetische
Massagen, Hakomi arbeiten sehr effektiv nach diesem Prinzip.
7.4.3.3.
Kinesiologie
Kinesiologie ist aus der Zunft der Chiropraktiker entstanden. Diese arbeiten
eigentlich mit der Wirbelsäule und renken Wirbel wieder ein oder korrigieren die
Haltung. Die Begründer der Kinesiologie verbanden ihre Arbeit mit Sichtweisen der
chinesischen Medizin, wie den Akupunkturmeridianen. Kinesiologische
Interventionen arbeiten daher besonders mit den Akupunkturpunkten oder
Akupressurzonen. Hierbei sind einige sehr effektive Interventionen entstanden.
Ein Klassiker ist das „Klopfen der Stirnhöcker“. Oberhalb der Augenbrauen
befinden sich auf beiden Hälften der Stirn, links und rechts, Erhebungen, die sog.
„Stirnhöcker“. Wenn man an das Bild von dem Ereignis, das Stress bereitet hat,
denkt und dabei mit den Fingerkuppen leicht die Stirnhöcker klopft, wird man
feststellen, dass sich das Bild, und mit diesem der Stress, auflöst.
Besonders interessant ist die „Psychokinesiologie“, die von Dr. Klinghardt
entwickelt wurde. Diese kann ich sehr empfehlen. Ich selbst bin darin indes nicht
ausgebildet und kann daher hier nur darauf hinweisen.
7.4.3.4.
EMDR und „Wingwave“
Eine sehr schnell wirkende Technik zur Verarbeitung von Trauma und Schock ist
EMDR12 (Eye Movement Desensitization and Reprocessing). Sie ist auch als die
„Augenwinke-Technik“ bekannt.
Dieses Verfahren wurde von der Kalifornierin Dr. Helen Shapiro entwickelt. Es ist
indes in verschiedenen Richtungen, wie Kinesiologie und Bioenergetik, von der
Idee her oder in anderer Vorgehensweise bereits bekannt gewesen.
Das schnelle Bewegen einer Hand vor den der Hand folgenden Augen führt zu
einer schnellen Hin-und-Her-Bewegung, welche zur Integration der Hirnhälften
beiträgt.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
94
Der emotionale Stress wird meist daher stammen, dass das Ereignis in der die
Details verarbeitenden Hirnhälfte feststeckt. Sobald es auf die andere Hinhälfte,
die den Gesamtüberblick herstellen kann, „gezogen“ wird, kann die Emotion und
der Stress losgelassen werden.
EMDR ist sehr schnell wirksam. Merkwürdigerweise ist die Ausbildung in
Deutschland Ärzten und Psychotherapeuten vorbehalten, bzw. diese haben sich
hier ihre Pfründe frühzeitig gesichert.
Ein sehr wirksames Verfahren, dass EMDR, Kinesiologie und NLP verbindet,
bieten die Hamburger Diplom-Psychologen und Trainer, Cora Besser-Siegmund
und Harry Siegmund, in dem Verfahren, das sie „Wingwave“13 nennen, an.
7.4.3.5.
Time-Line und Karma-Line
Ungefähr 1990 las ich das Buch „Time-Line“ von Tad James und Wyatt Woodsmall,
zwei der bekanntesten NLP-Lehrer in der Welt. In diesem Buch stellten sie die
Time-Line-Therapie14 vor. Sie schrieben dort, dass mit diesem Ansatz emotionale
Spannungen einfach abfließen und verschwinden würden. Nach meiner Erfahrung
mit dem eher schwierigen und langwierigen Loslassen von Emotionen durch
Schreien, Schlagen und Kotzen, war ich etwas ungläubig.
Ich hatte aber das Glück 1994 in Toronto eine Ausbildung in Time-Line-Therapy bei
Tad James selbst mitzumachen. Die Technik funktioniert tatsächlich! Ich war sehr
beeindruckt und habe damals einige weitere Ausbildungen bei Tad James
mitgemacht. In der Folgezeit habe ich fast nur mit dieser Technik an mir selbst und
im Coaching gearbeitet.
Mit der Zeit konnte ich indes auch ein, zwei kleine Schwachstellen feststellen und
habe die Technik etwas erweitert und angepasst. Ich nenne sie Karma-LineTherapie, da ich selbst vor allem mit karmischen Verstrickungen arbeite.
In Kapitel 17 ist diese Technik detailliert beschrieben. Sie ist besonders für Trader,
die schnell Klärung brauchen, sehr effektiv. Es ist indes anzuraten, diese Technik
per Ausbildung kennen zu lernen und nicht unbedingt nur nach den Anweisungen
in einem Buch an sich selbst oder anderen herumzudoktern.
7.4.3.6.
Atisha-Meditation
Im Buch „Das Zen der ersten Million“ habe ich eine einfache Technik vorgestellt,
emotionale Energie loszulassen: die „Atisha-Meditation“. Dieses ist eine
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
95
Weiterentwicklung einer Meditation, die der Weise Atisha eingeführt hat. Atisha war
ein indischer Sucher, der im 11.Jahrhundert nach Tibet reiste und dort Erleuchtung
erfuhr und dann lehrte. Er ist dafür bekannt, dass er 3 Meister hatte und sozusagen
dreifach erleuchtet wurde. Daher heißt er auch: Atisha, der dreifach große. Er wird
im tibetischen Buddhismus sehr verehrt. Bei der klassischen Meditation des Atisha
werden mit dem Einatem alle Leiden und Schmerzen und Negativitäten der Welt
aufgenommen, in das eigenen Herz geatmet und mit dem Ausatmen als Mitgefühl
wieder in die Welt gegeben.
Das Einatmen des Bösen wirkt auf den ersten Blick widersinnig. Genau daher ist
diese Meditation so effektiv und erweitert die Haltung zur Welt ungemein.
Ich habe diesen Ansatz dahingehend erweitert, dass man sich dazu vor einen
Spiegel setzt und spezifisch den eigenen Stress und die Wut und Angst und Schuld
und Gier und was sonst einatmet und sich selbst im Spiegel positive Gefühle wie
Liebe und Mitgefühl zuatmet.
Auf diese Weise werden mehrere Techniken in Verbindung gebracht. Es ist eine
powervolle Meditation, die doch jeder gefahrlos machen kann.
Wenn Sie also heute Stress wegen Verluste hatten und sich verunsichert und evtl.
wütend fühlen: Setzen Sie sich vor einen Spiegel, schauen Sie sich in die Augen
und atmen Sie die negativen Gefühle ein und sich selbst dann wieder
Freundlichkeit zu. Mit einiger Übung reicht mitunter der kurze Blick auf einen
Spiegel oder der bewusste Ein- und Ausatem um in kniffligen oder stressigen
Situationen die Energie umzuwandeln.
Fazit: Es gibt Wege und Methoden sich von den emotionalen Mustern zu befreien.
Es ist immer schön in Büchern über die psychologische Seite des Trading zu lesen:
„Befreien Sie sich von Gier und Angst! Machen Sie keine Trades aus Gier oder
Angst!“ Es wird aber nie dargestellt, wie genau man etwas derartiges macht. Es ist
möglich und machbar und genau dafür ist diese Buch und sind die vom Verfasser
oder von ihm ausgebildeten Trainer und Coaches angebotenen Trainings da.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
96
8.
Wie denkt der Trader von sich selbst?
8.1.
Das Selbstgespräch
8.2.
Beliefs
8.3.
Pygmalion-Effekt
8.4.
Selbstüberzeugungen
8.5.
Befreiung von Beliefs
8.6.
Beliefs und Bedürfnisse
8.7.
Techniken zur Befreiung von Selbstüberzeugungen
8.8.
Hypnose und De-Hypnose
8.1.
Das Selbstgespräch
Wir führen fortwährend lautlose Selbstgespräche. Meditation ist vor allem deshalb
eine interessante Übung, weil man die Aufgabe eine Zeit lang ohne innere
Selbstgespräche zuzubringen, kaum erfüllen kann, bzw. die Kakophonie des
inneren Gemurmels wird einem erst dann wirklich bewusst, wenn man versucht
dieses nicht zu haben.
Wir geben uns beständig Feedback, denn so können wir unser Verhalten auf die
Umgebung optimal einstellen.
Es war wohl der entscheidende Vorteil, der uns in der irdischen Evolution einen
guten Platz erobern ließ: die Selbstbewertung. Wir beurteilen, vergleichen,
bewerten uns selbst und können uns dementsprechend verbessern. „Das hast du
gut gemacht!“ „Daran musst du aber noch arbeiten!“ „Das war gar nichts!“
Wir geben auch fortwährend Kommentare und Bewertungen über die Umgebung
und besonders über unsere Mitmenschen ab. Wir sind uns dessen meist nicht
mehr bewusst, denn es ist ein fortwährender Strom. Es ist wie das Wohnen an
einer befahrenen Landstraße. Nach einer Zeit hört man es nicht mehr und schläft
scheinbar ungestört. So ist es auch mit dem unaufhörlichen Selbstgespräch.
Wir geben uns selbst Feedback und einige Selbsteinschätzungen können wir
verallgemeinern und abspeichern. Das spart Zeit und schützt vor Misserfolg. „Ich
konnte in der Schule nicht vorsingen!“ „Meine Mutter sagt, dass ich unmusikalisch
bin! Also bin ich wohl unmusikalisch und kann es mir sparen, bei einer CastingShow aufzutreten.“
Es kann aber auch sein, dass die Selbsteinschätzung ungeprüft verallgemeinert ist.
Weil einem in der Schule gesagt wurde, dass man schlecht in Musik sei, heißt das
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
97
noch nicht, dass man unmusikalisch ist. Es gibt sogar Musikpädagogen, die
behaupten, dass es so etwas wie Unmusikalität nicht geben kann. Wenn man ein
Instrument erlernt, stellt man evtl. fest, dass einem die Musik durchaus Spaß
macht. Vielleicht war das schlechte Singen bedingt durch die Situation. Diese
verursachte eine Verkrampfung. Nach einiger Übung oder Therapie löst sich die
Anspannung, und der Gesang ist eventuell dann sogar sehr hörenswert.
8.2.
Beliefs
Im Jargon der Psycho-Szene werden derartige Selbsteinschätzungen englisch
„Beliefs“ genannt. Man würde Belief zwar mit Glaubenssatz übersetzen. „Glauben“
verleitet einen aber schnell an etwas religiöses zu denken, und das trifft nicht ganz,
was es bezeichnen soll. „Selbstüberzeugungen“ ist besser, aber etwas gestelzt und
lang. Ich persönlich bin sehr für die Integration von Anglizismen und Worten aus
anderen Sprachen und benutze daher gern „Belief“.
Wir haben nicht nur Beliefs über uns selbst, sondern wir haben diese auch über
andere und die Welt. Nun ist alles, was wir wahrnehmen, in unserer Neurologie
konstruiert. Es gibt ja nicht wirklich eine Farbe wie „Rot“ in der Natur. Es gibt nur
eine Frequenz auf dem elektromagnetischen Spektrum. Das Seh-Zentrum im
Gehirn bekommt diese Frequenz kodiert mitgeteilt und erzeugt ein Bild. Dabei
erzeugt es Farben, um das ganze anschaulich zu machen. Wie wir das machen, ist
ein Rätsel. Wie sind wir auf die Idee gekommen, genau diese Farbe zu
konstruieren? Wie kann es sein, dass andere auch die Farbe konstruiert haben, so
dass wir uns darüber unterhalten können?
Wir werden feststellen, dass unsere Beliefs über die Welt unsere mentalen
Konstruktionen eintönen. Wenn wir denken: „Die Welt ist schlecht!“, wird alles
einen Ton dunkler sein. Und wenn wir glauben, dass es immer einen Weg gibt,
werden wir unser inneres Modell der Welt dementsprechend konstruieren, dass es
Türen und Wege anzeigt. „Selbsterfüllende Prophezeiung“, heißt das Prinzip.
8.3.
Selbsterfüllende Prophezeiung
„Self-fulfilling Prophecy“ ist ein bekanntes Phänomen. Wir sagen etwas vorher und
daher geschieht es. Das scheint indes eher mit den negativen Prophezeiungen zu
funktionieren. Eventuell müssten wir allerdings nur unsere Technik der positiven
selbsterfüllenden Prophezeiung etwas besser lernen. Genau das tun wir bei dem
Coaching-Ablauf in Kapitel 19.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
98
Das Prinzip wurde 1957 von dem Professor für Soziologie Robert Merton in dem
Buch „Social Theory and Social Structure“ erstmals dargestellt: „Eine falsche
Definition einer Situation motiviert zu einem Verhalten, welches die ursprüngliche
falsche Definition als richtig erscheinen lässt.“
Ein Fall von selbsterfüllender Prophezeiung ist der sog. „Pygmalion-Effekt“. Die
Bezeichnung beruht auf einer Geschichte aus der griechischen Sagenwelt.
Der Bildhauer Pygmalion hatte eine Statue, die lebensgroße Figur einer
wunderschönen Frau, erschaffen und sich in seine eigene Konstruktion verliebt.
Nach einigem Klagen und Leiden gewährte ihm die Göttin, dass die Statue
lebendig werden würde und sie lebten glücklich fürderhin.
Aufgenommen wurde die Geschichte von George Bernard Shaw in der Geschichte
von dem Blumenmädchen Eliza Doolittle und des Professors Higgins. Aus dem
Drama „Pygmalion“ von Shaw wurde das Musical „My Fair Lady“.
Der Professor verliebt sich in das Blumenmädchen, das je nach Erwartung der
Mitbürger Blumenmädchen oder feine Dame ist. Die Sprache macht’s.
Ein Fall von Pygmalion-Effekt wurde in den 80er Jahren in den USA erforscht.
Lehrern an einer Schule wurde gesagt, dass die Klassen nach Leistungsstärke
geordnet worden sein. Das war nicht der Fall, die Schüler waren, wie an der
Schule auch sonst üblich, nach Leistungsstärken gemischt. Die Lehrer waren aber
überzeugt jeweils vor einer Klasse mit den leistungsstarken oder
leistungsschwachen Schülern zu stehen. Am Ende des Jahres stellte man fest,
dass die nicht geäußerte Überzeugung der Lehrer die Leistungsstärke der Schüler
beeinflusst hatte. Die, von denen die Lehrer glaubten, dass sie schlechter seien,
waren tatsächlich schlechter geworden. Das umgekehrte war natürlich auch der
Fall. Es wäre also hilfreicher, wenn Lehrer das Beste von ihren Schülern glauben.
Was aber sagt uns das alles für unseren Börsenmarkt?
Nun, selbstverständlich spielen die Erwartungen an uns und an den Markt eine
große Rolle. Das trifft besonders die unbewussten Erwartungen.
Wenn wir davon überzeugt sind, dass der Markt für uns da ist und uns reich
machen will, ist das sicher eine aussichtsreichere Prophezeiung als die Annahme,
dass alle verlieren.
Nach dem Beispiel des Pygmalion-Effekt an der Schule kann es auch sein, dass
wir beeinflusst sind von den Erwartungen der Menschen in unserer Umgebung. In
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
99
einer Umgebung, die davon ausgeht, dass an der Börsen nur Verluste gemacht
werden, werden wir es schwer haben, Gewinne zu machen. Da hilft es einen
Sinnspruch über dem Trading-Platz anzubringen wie „Futures-Börse ist ein
Nullsummenspiel. 50% sind Gewinner. Ich habe 50:50 Chance.“
8.4.
Selbstüberzeugungen
Am wichtigsten sind aber die Beliefs über uns selbst. Die grundlegenden
Selbstüberzeugungen sind bereits in der Kindheit entstanden und ins
Unterbewusste abgespeichert.
Aber da sind wir an der Börse genau richtig. Jedes Ergebnis ist ein Feedback. Wir
können über uns etwas erfahren und sollten uns immer fragen: „Wie habe ich mir
diese Ergebnis erzeugt?!“ „Welche generalisierte Überzeugung über mich oder die
Welt hat mich so handeln lassen?“
Wir können besonders an der Börse unsere Weltsicht fortwährend überprüfen. Die
Börse ist ein non-lineares komplexes Gebilde, quasi ein Chaos-System. Der
Idealzustand um flexibel mit diesem Feld interagieren zu können, wäre
wahrscheinlich: keine Beliefs. Ohne generalisierte Selbstüberzeugungen können
wir uns immer wieder neu orientieren. Wir können natürlich entscheiden, dass eine
gewisse Einschätzung immer wieder zutrifft. Wir sollten es aber gut überprüft
haben.
Eine besondere Falle stellen positive Selbsteinschätzungen oder
Welteinschätzungen dar. Es gibt Menschen, die sich mit „Positivem Denken“ oder
„Affirmationen“ optimistisch stimmen wollen. Ein positiver Belief ist eventuell genau
so einengend und begrenzend wie ein negativer. Wer nicht auf Gefahren reagiert,
ist genau so ein Opfer wie derjenige, der die Gefahr überall sieht und so herbeiruft.
Wir brauchen eine unvoreingenommene offene Wahrnehmung unserer selbst und
der Welt.
Wir müssen also an der Börse wieder wie ein Kind werden. Staunend nehmen wir
wahr, wie Kurse steigen und fallen. Wie Volatilität einschläft, um dann vulkanartig
zu explodieren. Der Börsentrader muss ein kindliches Gemüt haben, muss es als
Spiel begreifen. Das ist nicht so leicht in einer Welt, die bitterernst ist. Der naive
Wunsch wird schnell untergebuttert in dieser Welt. Wir müssen also Kind sein
können und auch Krieger und Kämpfer.
An der Börse müssen wir Lernende bleiben. Die Märkte verändern sich und jeden
Monat kommen neue Märkte hinzu. Derzeit beobachten wir die Entwicklung zur
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
100
voll-elektronischen Börse. Die Zahl der möglichen Teilnehmer wächst unaufhörlich.
Wir werden riesige Börsenmärkte in Ostasien haben. Es wird ewige
Grundwahrheiten der Börse geben und es wird täglich neue geben.
Und es wird täglich etwas über einen selbst zu erfahren geben. Wie reagieren wir
in Gefahrensituationen? Nichts ist so spannend wie ein Börsencrash.
Die gefährlichste Selbstüberzeugung ist evtl.: „Ich bin ein Gewinner!“. Die
Gewinner-Typen haben an der Börse nicht viel Spaß. Denn Verlieren ist die Kunst.
Nur, wer die Verluste realisiert und begrenzt, kann langfristig Erfolg haben. Dazu ist
es notwendig, den inneren Verlierer zu kennen und zu akzeptieren. Oder noch
besser ist wohl: Frei zu sein sowohl von einer Voreinstellung „Gewinner“ wie auch
von „Verlierer“ und offen für jede Situation.
8.5.
Befreiung von Beliefs
Was machen wir nun mit einem Belief, der uns bewusst geworden ist?
Es gibt mittlerweile mehrere Techniken, die erfolgreich Beliefs auflösen helfen.
Wir können uns fragen: „Wann und wo habe ich diese Überzeugung
angenommen? Von wem habe ich die? Wie hat sie mein Leben beeinflusst?“
Als nächstes sollten wir diese positive sehen: Was hat es uns geben, so zu
denken? Hat es uns nicht mal geschützt?
Oft sind diese Verallgemeinerungen ja kulturell überliefert. Das kann in einer
Gesellschaft geschehen, aber auch nur in einer Familie oder Schicht. „Wir sind
einfache Menschen!“ „Wir sind etwas besonderes!“ Auch so zu denken wie die
Erwachsenen, war für uns als Kind die einzige Weise um Akzeptanz zu
bekommen.
Dann in der Pubertät oder am Übergang zum Erwachsensein haben wir evtl.
rebelliert und das Gegenteil vertreten. Aber auch das Gegenteil ist eine Form von
Selbstüberzeugung. Es hilft sicherlich einen Belief durch die willentliche Annahme
des Gegenteils in Frage zu stellen. Aber wir sind dann immer noch begrenzt. Der
junge Mann aus reichem Haus, der sich als Kommunist ans Fließband stellt, wird
ein „Salon-Kommunist“ werden. Der Mann aus armen Verhältnissen, der in
begüterte Gesellschaftskreise vorstößt, wird ein „Neureicher“ oder ein „Parvenü“
sein.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
101
Es wird aber auch Menschen geben, die weder noch sind, die aus den Schemata
und Grenzen ausgestiegen sind.
Das sollte unser Anspruch sein: Frei von Schemata und Grenzen, so dass wir auf
jede Situation flexibel reagieren können.
8.6.
Beliefs und Bedürfnisse
Glaubenssätze, Selbstüberzeugungen, Beliefs werden wir besonders über unsere
Fähigkeit zur Befriedigung der sozialen Bedürfnisse haben. Diese sind in unserer
Entwicklung essenziell.
Die Erfahrung in der Kindheit kann nur sein, dass diese teilweise ungenügend
erfüllt werden. Das ist eine wichtige Erfahrung für uns: Umgang mit Mangel. Es
können nicht alle 7 sozialen Grundbedürfnisse und die 7 physiologischen
Grundbedürfnisse15 gleichzeitig voll erfüllt sein.
Wenn es aber so ist, dass eines der Bedürfnisse so gut wie nie erfüllt wird, werden
wir als Kind verallgemeinern: „Das ist für mich in dieser Welt unerfüllbar.“ Eine
derartige Erkenntnis ist traumatisch und schockierend und wird einen tiefen
Einfluss auf unsere Weltsicht haben.
Erinnern Sie sich: Die 7 sozialen Grundbedürfnisse:
•
Lebensrecht
•
Zuwendung, Nährung
•
Zugehörigkeit
•
Respekt des Platzes und der Grenzen
•
Raum für Ausdruck
•
Unterstützung, Anregung
•
Wertschätzung, Anerkennung
Wenn die Wertschätzung versagt wird, wird eine geminderte Selbstüberzeugung
zum Selbstwert entstehen. „Ich bin es nicht wert. Ich bin nicht gut genug!“
Wenn die Unterstützung nicht ausreichend gegeben wird, wird eine Hilflosigkeit
und Opferhaltung eingenommen: „Niemand wird mir helfen!“
Wenn der Raum für Ausdruck fehlt, wird man sich kleiner machen und zu sich
sagen: „Ich darf nicht auffallen!“
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102
Wenn die Grenzen und der Platz nicht respektiert werden, wird man innere
Barrieren aufbauen müssen und sehr vorsichtig sein. „Ich muss aufpassen!“ „Ich
darf niemand zu sehr an mich heranlassen!“
Wenn keine Zugehörigkeit gewährt wird, wird man sich als Außenseiter fühlen und
eine Selbstüberzeugung: „Ich gehöre nicht dazu!“ entwickeln.
Wenn die (mütterliche) Zuwendung fehlt, wird man hungern und sich unterernährt
fühlen und den Belief haben: „Ich muss zusehen, dass ich was abbekomme!“
Wenn das Lebensrecht nur eingeschränkt gegeben wird, wird man nicht richtig auf
der Erde und im Leben sein und annehmen: „Ich bin hier nur zu Besuch!“
Alle diese Vorkommnisse und die aus ihnen resultierenden Weltsichten sind
unterbewusst. Wir können sie nur verändern, wenn wir sie uns bewusst machen.
Die Wurzel der Selbstsabotage liegt also meist im Inneren Kind und in unerfüllten
Bedürfnissen. Die Unerfüllung wurde generalisiert und als Modell für das Leben in
dieser Welt genommen.
Besonders bestimmt durch diese Muster wird dann der Innere Akteur, bzw. die
Innere Akteuse (oder Aktrice?). Der Akteur koordiniert die Befähigungen mit
Erlaubnis/Gebot/Verbot.
Er wählt also zwischen: „Ich kann“ und: „Ich kann nicht“.
Diese bringt er in Abgleichung mit „Ich darf...“, „Ich soll....“, „Ich darf/soll nicht...“
Erlaubnis/Gebot/Verbot werden uns beigebracht und anerzogen. Wir internalisieren
diese und bemühen uns danach zu verhalten, da wir sonst Strafe zu erwarten
haben. Wir werden dressiert mit Belohnung und Strafe.
Um uns von diesen Begrenzungen wieder befreien zu können, müssen wir sie in
Frage stellen. Wir müssen trennen lernen zwischen der Wahrheit unserer Eltern,
bzw. Erzieher, und der Realität.
Als Kinder bekommen wir Stempel aufgedrückt von unbedachten Pädagogen. Die
gestresste Kindergärtnerin sagt: „Du bist ja ganz ungeschickt!“ Das Kind, in die
Kindergärtnerin verliebt, glaubt ihr alles und verhält sich der Erwartung
entsprechend. Als Jugendlicher kann sie oder er aber anfangen ein Auto zu
reparieren, einen Motor zu warten oder das Mountain-Bike. Denn kein Mensch ist
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
103
ungeschickt. Aber unbedachte Statements könne eine derartige
Selbstüberzeugung suggerieren und einen jungen Menschen negativ prägen.
Unzutreffende positive Suggestionen sind indes auch nicht immer hilfreich. Wenn
ein Kind immer hört, dass es was besseres ist, kann es dadurch im Leben auch in
Schwierigkeiten geraten. Dünkelhafte Menschen sind nicht so beliebt. Ist es nicht
sehr viel schwerer zu erkennen und zuzugeben, dass man nicht besser ist, als zu
wagen, sich nicht mehr schlechter dafür fühlen? Von hohem Ross zu steigen ist
evtl. schwieriger als den Reiter herunterzuziehen.
Wir sollten also beständig bemüht sein unsere Grenzen der Befähigung und
Selbsterlaubnis zu testen. Wir können sehr viel mehr als wir denken.
Der Spiegel der Außenwelt ist dabei hilfreich und wir müssen uns diesem stellen.
Der Mut über die eigenen Grenzen zu gehen, ist dabei hilfreich. Nur dann kann
man scheitern und sich fragen: „Welcher Glaubenssatz über mich hat mich
gehindert? Wo kommt das her?“
Die gute Botschaft ist, dass wir uns von diesen automatisierten Einschränkungen
befreien können. Es gibt Techniken diese effektiv und für immer loszulassen.
8.7.
Techniken zur Befreiung von Selbstüberzeugungen
Wir müssen so eine Selbstüberzeugung ja irgendwie denken. Sie ist von uns
erschaffen, sie ist erlernt, sie muss fortwährend erinnert werden.
Es kann sein, dass die behindernde Selbstüberzeugung einen Rahmen bildet oder
eine Tönung gibt. Es kann auch sein, das die Selbstüberzeugung selbst ein
Gedanke ist, der mental repräsentiert ist. In Kapitel 10 werden wir ins näher mit
Mentalen Repräsentationen und ihrer Veränderung befassen. Diese sind ein
effektiver Weg Gedankenmuster zu verändern oder loszulassen.
Der von uns meist angewendete Weg zur Befreiung von einem Belief wird die
schon erwähnte Karma-Line sein, die in Kapitel 17 genaue Darstellung findet.
Im NLP wird für die Auflösung von begrenzenden Beliefs meist der von Robert
Dilts16, dem Begründer der NLP-Universität in Santa Cruz, entwickelten „ReImprint“ eingesetzt. Der Belief ist „imprinted“ und mit der Technik des „Re-Imprint“
wird „neu imprinted“.
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104
Bei diesem Verfahren des Re-Imprint wird der Klient zurückgeführt in die Situation
aus früheren Tagen, in denen der Glaube entstanden ist. Es werden die „Significant
Others“, also die Familienmitglieder oder wichtigen Personen, die Anteil an der
Entstehung des Glaubenssatzes hatten, aufgestellt und vom Klienten dargestellt.
So wird eine verkörperte Repräsentation der Situation während der Entstehung
geschaffen. Einige Trainer verbinden diese Vorgehensweise mit der
Aufstellungsarbeit a la Hellinger, was sinnvoll sein kann.
Menschen geben ihnen anvertraute Menschen Begrenzungen, weil sie selbst
welche haben. Sie können ihren Kindern nicht geben, was diese brauchen. Sie
können es oft auch nicht zulassen, dass diese lebendiger und glücklicher sind als
sie selbst es sind. Eltern, die sich ihrer negativen Gefühle und Begrenzungen nicht
bewusst sind, geben diese unbewusst weiter.
Im Re-Imprint wird nun diesen Eltern oder wichtigen Personen aus dem
Ressourcenschatz des Klienten das gegeben, was jene Personen in der Situation
damals benötigt hätten, um dem Kind das zu geben, was es wirklich gebraucht
hätte. So wird die Situation in der Repräsentation geheilt und integrierbar gemacht.
Der Re-Imprint ist ein sehr schönes und effektives Verfahren.
8.8.
Hypnose und De-Hypnose
Beliefs sind eine Art hypnotischer Trance. Der Anklang des Wortes, wie auch des
deutschen „Glaubenssatz“, an religiöses ist daher doch gar nicht so verkehrt.
Wir kennen die Geschichten von afrikanischen Stammesgesellschaften oder von
Voodoo-Priestern, die einen „Spell“ oder „Curse“, eine magische Beschwörung
oder einen magischen Fluch, aussprechen. Der Zauberer sagt, dass der und der
nur noch 3 Wochen zu leben habe, und wie durch ein Wunder vergeht dieser
Mensch und stirbt. Der Glaube an die Worte des Priesters ist so stark, dass diese
eintreffen.
Der moderne Medizinmann hat eine ähnliche Macht. Wenn der Onkel Doktor sagt:
„Sie haben Krebs. Wenn wir Sie nicht mit mörderischer Chemie und radioaktiver
Bestrahlung bekämpfen, werden Sie sterben!“, wird kaum jemand sich davon
abgrenzen können. „Sie haben noch 3 Wochen zu leben!“, eine derartige
Suggestion, von einem mächtigen Medizinmann mit akademischen Graden oder
von einem Voodoo-Priester gesprochen, wird tödlich sein.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
105
Wer schon mal eine Hypnose-Bühnenshow erlebt hat, der weiß, dass man
Menschen in Trance alles erzählen kann. Sie beißen in Zitronen und schmecken
„Apfel“. Sie spielen mit Hunden, die gar nicht da sind. Sie können ohne Narkose
operiert werden. So ähnlich suggeriert auch der Medizinmann oder Zauberer und
nutzt seine Macht. Fakire können ihren Zuschauern Seile in den Himmel
suggerieren, auf denen ihre jungen Helfer in den Himmel klettern.
Als Kinder sind wir in Dauer-Trance und sehr suggestibel. Wir glauben gern alles.
Das kritische Bewusstsein, welches die Aussagen überprüfen kann, bildet sich erst
später. So sind „Spells“(Verwünschungen) und „Curses“ (Flüche) der nahen
Erwachsenen: „Du bist nicht...!“, „Du kannst nicht...“, mächtige Magie. Das Kind
glaubt es und befindet sich von nun an in einer Trance.
Bei der Hypnose-Bühnenshow oder auch der Hypnose-Therapie wird der
Hypnotisierte wieder aus der Trance geholt, das Wachbewusstsein wird mit einem
Fingerschnippen wieder eingeschaltet.
Das geschieht mit dem hypnotisierten Kind nicht. Kein Vater und keine Mutter,
keine Oma und keine Opa, kein Lehrer und keine Kindergärtnerin schnippt mit den
Fingern sagt „Wach auf. Es ist nur eine Trance gewesen!“ Wir laufen weiter mit
diesem Glauben über uns herum.
Wie nun wacht man aus so einer Trance auf?
Ein Weg ist die Hypnose-Therapie, die diese Zustände wahrnimmt und aufnimmt
und dann in der Hypnose hilfreichere Suggestionen gibt. Ein Meister in dieser Art
von Therapie war der Arzt Milton Erickson17 (1912-1980), welcher die Ericksonsche
Trance-Therapie begründete.
Ein anderer Weg wäre die De-Hypnose, die den Klienten hilft, sich der Trance
bewusst zu werden und aus ihr auszuwachen. Ein Verfahren der De-Hypnose ist
gewissermaßen die Psychoanalyse. Freud hatte ja Hypnose gelernt und war mit
den Erfolgen unzufrieden. Einige Skeptiker sagen, dass er feststellen musste, kein
fähiger Hypnotiseur zu sein. Jedenfalls schuf er ein Verfahren, in der die Trancen
bewusst gemacht werden.
Was können wir selbst tun? Wir können fortwährend unsere Grenzen
herausfordern und testen und feststellen, wo wir in einen der Zustände, die Trance
begleiten, gehen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
106
Was sind Zustände, die Trance begleiten? Woran können wir festmachen, dass wir
in Trance sind, um uns dieses bewusst zu machen?
Nun, wir haben ja eine Vorstellung von Trance: Das ist ein verklärter, träumerischer
Zustand. Also, wenn Sie bemerken, dass Sie in einer Situation das Träumen und
Phantasieren anfangen, können Sie mit den Fingern schnippen. Genauso aber
auch Situationen, in denen Sie hyperwach und alarmiert reagieren, ohne dass
wirklich etwas drohendes da ist.
Oft sind wir schon in Trance gefallen, bevor wir es bemerken. Daher ist es gut,
Beobachter oder Coaches oder Therapeuten zu haben, die darauf geschult sind,
diese Zustände zu erkennen.
Wann immer Sie Trance bemerken: „Welches Bedürfnis ist unerfüllt?“ „Glaube ich,
dass es immer unerfüllbar für mich ist?“ „Was könnte ich riskieren, um es zu
bekommen, anstatt wegzuträumen?“
Die Technik der Karma-Line verbindet mehrere Komponenten. Wir erklären diese
in Kapitel 17 ausführlich.
Der Börsentrader und genauso der Mensch im täglichen Leben sollte sehr
wachsam sein für begrenzende Filter, die aus Selbstüberzeugungen und
Glaubenssätzen über „die Welt“ bestehen. Die Welt, die Sie als äußere
wahrzunehmen glauben, ist eine in Ihrer Neurologie konstruierte virtuelle
Weltsimulation. Sie können diese verändern und bestimmen. Es ist wichtig, dass
wir die Verantwortlichkeit für unsere Konstruktion der Welt übernehmen und uns
von dem erlernten und überlieferten Modell befreien. Die Welt verändert sich
schneller im 3.Jahrtausend, als die Eltern einen aus ihrer Erfahrung her darauf
adäquat vorbereiten konnten. Die Börsenwelt verändert sich schneller, als dass die
Konzepte des vorherigen Jahrzehnts noch ungeprüft eingesetzt werden könnten.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
107
9.
Der Mentale Werkzeugkasten
9.0.
Shrinks and Coaches
9.1.
Psycho-Technologien
9.2.
Essenzielle Mentale Fähigkeiten
9.2.1.
Dissoziieren – Assoziieren
9.2.2.
Chunking
9.2.3.
Das Einnehmen einer Meta-Position
9.2.4.
Das Einnehmen einer 2. und 3.Position
9.2.5.
Das Einnehmen oder Ablehnen zweier Positionen gleichzeitig
9.2.6.
Erschaffen von Qualia
9.2.7.
Awareness
9.0.
Shrinks and Coaches
In den folgenden Kapiteln (Kapitel 9 bis 18) wollen wir einige wesentliche und
effektive Tools kennen lernen, mit denen wir die innere Disposition wie gewünscht
verändern können.
Diese sollen sich von den klassischen Tools der Psychologie oder Psychotherapie
durch Effektivität abheben. Sie sollen schnell Wirkung und positive Veränderung
bringen.
Sie sollen vor allem für den gesunden Menschen anwendbar sein, der nicht
psychisch krank oder gestört ist, sondern der das eigene Verhalten und die
eigenen Einstellungen optimieren und an herausfordernde Kontexte wie Börse,
Sport und intensives Leben anpassen möchte.
Es ist in Trader-Kreisen bisher nicht gerade üblich zum Therapeuten zu gehen. In
Amerika wird der Psychotherapeut abschätzig als „Shrink“ bezeichnet. Man geht
eher nicht zum Therapeuten, denn der Makel des Gestörten haftet zu schnell an.
Es ist daher besonders wichtig, dass Mentales Coaching als etwas „Un-Shrinkiges“
in der Gesellschaft positiv eingeführt und verankert wird. Was im Spitzensport
mittlerweile verbreitet ist, sollte auch in den Disziplinen des Tradings und des
Lebens zur Top-Performance verhelfen können.
Als Symbolgestalt für diesen „Shrink“ diente der Psychoanalytiker, der neben der
Couch sitzend nichts als: „Ja, hmm“ sagt oder schon eingeschlafen ist. Auch
endlose Sitzungen in Gesprächstherapien, die mit mitleidigem „Haben Sie
Probleme?“ beginnen und nie zu einem Ergebnis kommen, möchte kein Trader und
auch kein anderer Mensch erdulden. Deshalb wollen wir effektive Ansätze
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
108
einsetzen und umsetzen können, die ohne die stereotypen Verhaltensweisen der
„Shrinks“ auskommen.
9.1.
Psycho-Technologien
Die Geschichte der Psychologie als Wissenschaft ist nicht gerade ein Ruhmesblatt
der modernen Wissenschaftsgeschichte. Sie ist aber auch als eigenständige
Fakultät die jüngste. Nach den aufregenden Anfängen von Sigmund Freud, Carl
Gustav Jung oder William James übernahm der Behaviorismus die Führung.
Anstelle der teilweise wilden Spekulationen der Psychoanalytiker über die
menschliche Trieb- und Innenwelt, wollte man sich lieber auf mess- und zählbares
verlassen. Der amerikanische Behaviorismus hat indes vermieden den Menschen
tiefer zu verstehen und sich zu sehr auf die statistische Bewertung äußeren
Verhaltens verlassen. Die medizinische Psychotherapie oder Neurologie hat zwar
vor allem im pharmazeutischen Bereich effektive Therapiemöglichkeiten für
Psychosen entwickelt, aber ein wissenschaftlich fundiertes, tieferes Verständnis
der Seele vermisst man auch hier. Zumal es überhaupt bezweifelt werden muss,
dass die materialistische Grundphilosophie westlicher Wissenschaft das
Phänomen der immateriellen Innenwelt voll verstehen kann.
Zwischenzeitlich, vor allem in den 60ern und 70ern, hatten eher außerhalb der
Praxen und Anstalten agierende Therapieformen der sog. Humanistischen
Psychologie enormen Zulauf. Hier wurde in Gestalttherapie, Psychodrama,
Transaktionsanalyse, Sensitivity-Trainings, Encounter-Gruppen etc. der Zugang
zur Innenwelt, besonders auch für „Normale“ geöffnet. Das Interesse verflachte
aber mittlerweile wieder. Die Teilnehmer fanden sich in einer Psycho-Welt wieder,
in der das Fühlen zum alleinigen Credo erhoben wurde und mit einer unscharfen
Sprache ein Pseudo-Respekt erschaffen wurde. Beispiel: „Ich fühle, dass du
irgendwie eher ein wenig sauer auf mich bist.“
Eine andere in den 70ern populäre Richtung der Psychotherapie für eher Normale
beruhte auf den Arbeiten des Psychoanalytikers Wilhelm Reich. Dieser fand
heraus, dass sich psychische Blockaden oder Konflikte im Körper verfestigen und
über die Einwirkung auf diesen per Übungen oder Massage aufgelöst werden
können und so der Zugang zu den Erinnerungen über das zugrunde liegende
Trauma zugänglich werden. Aus dieser Arbeit entstanden einige Richtungen wie
Bioenergetik, Primärtherapie und Massageformen wie Rolfing und Rebalancing.
Eine neue Sichtweise der Psychotechnologie entstand mit dem Ansatz des NLP
(Neuro-linguistischen Programmierens), der in den 70er Jahren von Richard
Bandler und John Grinder initiiert wurden. Diese waren inspiriert von den in ihrer
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
109
unmittelbaren Nachbarschaft lehrenden Professoren Gregory Bateson (Kybernetik)
und Noam Chomsky (Linguistik), sowie den Forschungen in Psychologie der PaloAlto-Gruppe (Watzlawick), zu einem Ansatz gekommen, der die menschliche
Innenwelt quasi als Computer ansieht, dessen Betriebssysteme und Anwendungen
optimiert werden könnten.
Eine ausführlichere Kritik des NLP-Ansatzes möchte ich an anderer Stelle
veröffentlichen (siehe meine Website: www.grube-trainings.de). Die kybernetische
Sichtweise von der menschlichen Innenwelt ist aber zweifellos weiterführend und
die Arbeit Bandler und Grinders sowie besonders ihres Umfeldes und der ersten
Schüler hat zu einem recht umfangreichen und effektiven Tool-Repertoire geführt.
Bandler und Grinder haben zuerst ihren Ansatz während der Mitarbeit bei der
Familientherapeutin Virginia Satir erprobt und entwickelt. Systemische
Familientherapien stellen eine weitere Richtung der effektiven Psychotherapien da.
Diese untersuchen Probleme besonders in Bezug auf die Anpassung an einen
sozialen Kontext und dem Energiefeld, das die Teilnehmer bilden. Systemische
Therapien können auch innere Energiefelder darstellen und behandeln. Eine
Modeform dieses Ansatzes ist das systemische Aufstellen nach Bert Hellinger.
Bandler und Grinders Vorhaben mit NLP war die Modellierung herausragender
Therapeuten, um ein System des Modellierens zu erschaffen, welches das
Übertragen herausragenden Verhaltens leicht ermöglicht. Dabei kamen sie zu
einem der erfolgreichsten und interessantesten Therapeuten überhaupt: dem
Hypnosetherapeuten Dr. Milton Erickson. Erickson ist die herausragende
Persönlichkeit in einer Reihe von Therapeuten, die ohne bewusstes Erleben des
Klienten dessen Unterbewusstsein behandeln. Da Erickson einen nicht-direktiven
Zugang zur Einleitung von Erfahrungen in hypnotischer Trance gefunden hatte,
konnte er viele Vorbehalte gegen Hypnose ausräumen und sehr vielen Menschen
effektiv helfen.
Im Zuge der beeindruckenden Arbeit von Milton Erickson wurde NLP quasi eine
„Hypnose-Therapie für den Alltagsgebrauch“. Das bewusste Verstehen, Integrieren
und Verarbeiten von Erlebnissen wird eher vermieden. Ähnlich unterbewusst
arbeiten Ansätze, die mit der Körperenergie arbeiten, meist ausgehend von der
chinesischen Medizin, wie z.B. Kinesiologie.
Es gibt aber für mich keinen Grund effektiv helfende Interventionen dieser (und
aller) Therapieformen nicht mit der bewussten Verarbeitung zu verknüpfen. Hierbei
muss man indes Kognition und Bewusstheit voneinander völlig trennen. Die
kognitive Verarbeitung eines Verhaltens oder eines Zustandes ist meist
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
110
analysierend und bewertend. Das verführt uns dazu in eine unsere beliebtesten
Abwehrhaltungen, der Denk-Sucht, das Heil zu suchen. Bewusstheit oder
„Awareness“ hingegen, nimmt nicht wertend wahr, und zwar in einem
Gesamtzusammenhang.
Da ich die bewusste Verarbeitung von inneren Blockaden und ein umfassendes
Tool-Repertoire für sehr wichtig halte, habe ich die NLP-Erfahrungen in meinen
Ansatz des „Noëdo“ eingearbeitet. Noëdo soll besonders auch die
Veränderungsarbeit in einen ethischen oder spirituellen Rahmen einbinden.
Kinesiologie beinhaltet mehrere Richtungen. Es arbeitet vor allem mit dem Körper
als Biocomputer und kann in der Anwendung sehr effektiv sein.
Verbindungen aus NLP oder Noëdo und Kinesiologie oder anderen auf der
Energieebene arbeitenden Verfahren halte ich für sehr sinnvoll, um schnell
wirkende Interventionen zur Verfügung zu haben.
Vor allem minimieren diese Ansätze die Erzählung der Leidensgeschichte durch
den Klienten und damit die Orientierung auf die Probleme. Ja, sie können sogar
ganz auf dieses Schwelgen in den Problemen verzichten. Während in der
klassischen Therapie ein großer Teil Energie für das Bearbeiten von
Übertragungen des Klienten auf den Therapeuten draufgeht, ist hier der Coach
oder Therapeut ein Anreger, der innere Prozesse anstößt, aber dem Klienten die
volle Verantwortlichkeit belässt.
Wir würden die Vorgehensweise in diesem Zusammenhang nicht als Therapie
bezeichnen wollen, zumal dieser Bereich in Deutschland per Gesetz überreguliert
ist. Lebenshilfe und Seelsorge sind neuerdings indes auch per Gesetz „geordnet“.
Coaching ist eine Form der Lebenshilfe oder Seelsorge. Da das Wort „Seelsorge“
eher an etwas religiöses anklingt, ist es vielleicht sogar sehr geeignet. Denn wir
wollen auch gerade den Geist und die Seele ansprechen und beachten.
Der Buddhismus vor allem ist eine religiöse Richtung mit ausführlichem
psychotechnischem Repertoire. Einige Techniken und Sichtweisen aus
Buddhismus, Tantrismus und Yoga sollten in unserer „Seelsorge-Kybernetik“ auch
enthalten sein.
Eine psychologische Konstitution bildet sich auf mehreren Ebenen und muss
dementsprechend auf mehreren Ebenen angesprochen, behandelt oder verändert
werden.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
111
Wir werden in einem späteren Kapitel die 5 Ebenen, mit denen wir arbeiten, näher
kennenlernen. Auf jeder dieser Ebenen gibt es Therapien und Wege. Diese
müssen miteinander verbunden werden. Meistens agiert eine Therapie lediglich auf
einer Ebene und erhebt dann einen Anspruch auf Allgemeinheit.
In der traditionellen Chinesischen Medizin war es z.B. hingegen sehr bekannt, dass
die gesamte Lebensführung eine Rolle spielt und eine Störung sich auf mehreren
Ebenen fortsetzen kann. Es ist zwar auch hier das Ideal den entscheidenden
Akupunkturpunkt zu finden, der die Energie freisetzt. Wenn aber der Klient
weiterhin eine ungünstige Nahrung zu sich nimmt oder an einem ungünstigen Ort
sein Bett aufgestellt hat, nützt auch der richtige Akupunkturpunkt nur sehr
kurzfristig etwas.
Der Schlüssel für die Veränderung unseres Trader-Verhaltens liegt letztendlich
meist auf der Ebene des Inneren Kindes. Als Kind haben wir vieles gelernt und
einiges ist begrenzend und ängstigend. Dieses müssen wir klären und loslassen
können.
Auf der körperlichen Ebene, dem Inneren Tier, haben diese negativen Erfahrungen
der Kindheit eventuell zu Muskelverspannungen und Körperhaltungen geführt.
Auch auf einer energetischen Ebene schlagen sich pessimistische Gedanken
nieder. Hier sind also Unterstützungen durch Massage und Energiearbeit sehr
angeraten.
Auf der Ebene der Kognition, dem Inneren Akteur, brauchen wir Strategien und
Pläne. Diese Ebene braucht also Anleitung zur Entwicklung der Persönlichkeit.
Die Höhere Ebene braucht Ethik und Wertvorstellungen zur Orientierung in einen
größeren gesellschaftlichen Zusammenhang.
Auf unserer Höchsten Ebene verlangt es uns nach spiritueller Orientierung und
Erfahrung.
Jede Ebene sollte bei einem Coaching beachtet werden. Jede Ebene braucht
unterschiedliche Herangehensweisen.
9.3.
Essenzielle Mentale Fähigkeiten
Wir können einige innere Fähigkeiten identifizieren, die essenziell sind und von
verschiedenen Menschen unterschiedlich gemeistert werden.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
112
Diese Fähigkeiten bilden die Grundlage für die Tools und Techniken, die in den
folgenden Kapiteln vorgestellt werden. Mit diesen Techniken der modernen
Psychologie oder Psycho-Kybernetik sollten Sie in der Lage sein in jeder TradingPhase eine optimale Einstellung zu haben.
Die essenzielle menschliche Fähigkeit, von der die anderen Fähigkeiten ableitbar
sind und damit letztendlich alle Techniken ist die sogenannte Awareness. Zu
Awareness am Ende dieses Kapitels mehr.
Welches sind nun die Essenziellen Mentalen Fähigkeiten?
Es sind
•
Dissoziieren – Assoziieren
•
Chunking
•
Das Einnehmen von Meta-Positionen
•
Das Einnehmen einer 2. und 3.Position
•
Das Einnehmen von 2 Positionen gleichzeitig, bzw. das Ablehnen zweier
Positionen gleichzeitig
•
Das Erschaffen von Qualia
•
Awareness (nicht-wertende Bewusstheit)
9.2.1.
Dissoziieren – Assoziieren
„Dissoziieren“ ist die Fähigkeit sich selbst neutral „von außen“, ohne Emotionen
wahrzunehmen. Assoziieren ist die Fähigkeit sich von innen mit voller Identifikation
des Körpers emotional wahrzunehmen.
Zur besseren Erinnerung verbinde ich diese Fähigkeit mit dem Symbol des „Adler“.
Dissoziieren und assoziieren ist die Fähigkeit des Adlers, Symbol einer
psychischen Kraft.
Die Fähigkeit sich selbst von außen zu betrachten oder zu beobachten, ist
zweifellos grundlegend wichtig.
Wer keinen Abstand zu sich selbst hat, kann sein Verhalten auch nicht der
Situation anpassen oder das eigene Verhalten kritisch beleuchten und überdenken.
Wenn wir uns die Menschheit anschauen, scheint diese Fähigkeit weniger
angewendet zu werden, als es für uns wünschenswert wäre. Die meisten
Mitmenschen sind völlig mit ihrer Rolle und dem, was ihnen andressiert wurde,
identifiziert.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
113
Der Mensch, der sich von außen betrachten kann, kann über sich lachen. Viele
unserer Verhalten sind nicht logisch oder rational und das Lachen über einen
selbst und die Albernheiten, die man macht, zeigt, dass wir uns in eine Position
begeben haben, aus der heraus wir das Verhalten verändern können.
Aber es gibt auch das Extrem dieses sich außerhalb eines Selbst begeben.
Menschen, die immer außerhalb ihrer selbst sind, werden unemotional und kalt
wirken. Im Extremfall wird eine Dissoziative Persönlichkeitsstörung diagnostiziert.
Menschen, die zu sehr dissoziiert sind, müssen lernen sich zu assoziieren.
Assoziieren heißt: in sich drin sein, das Körpergefühl zu fühlen.
Also: Wenn Sie Stress beim Trading haben: Dissoziieren Sie sich, betrachten Sie
sich „von außen“. Was genau mache ich hier grade? Wie mache ich das? Wie
könnte ich es anders besser machen?
Und wenn Sie dann eine Lösung gefunden haben: Assoziieren Sie sich! Denn Sie
müssen es ja mit Einsatzwillen und Mut durchführen. Dazu sollten Sie in sich ruhen
und in ihrer Mitte sein. Das kann man nur assoziiert.
Sie können also den Modus Ihrer Selbstwahrnehmung wechseln. Sie können sich
von innen fühlen und von außen beobachten. Assoziiert – Dissoziiert.
9.2.2.
Chunking
„Chunking“ ist die Fähigkeit etwas als Teil einer größeren Menge zu begreifen und
gleichzeitig als größere Menge von Teilen.
Ich symbolisiere die Fähigkeit des „Chunking“ mit: „das Leibgericht“. Chunking ist
die Fähigkeit einen Happen herauszubeißen und gleichzeitig zu wissen, was als
Nachtisch kommt.
Chunking kommt vom engl. „Chunk“. Ein Chunk ist ein Stück von etwas, ein
Happen. Jeder Happen ist der Teil eines größeren Happens und beinhaltet selbst
wiederum viele Krümel.
Chunking ist eine Art Mengenlehre der Begriffe. Die Orientierung in unserer
Begriffswelt ist wichtig. Es gibt Begrifflichkeiten, welche die Verbindung verloren
haben können. Es gibt eine Matrix vom allgemeinsten und umfassendsten Begriff
bis hinunter zu den kleinsten und detailliertesten.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
114
Was ist der allgemeinste Begriff? Das ist je nach Philosophie und Sichtweise:
NICHTS oder ALLES.
Es gibt drei Wege in der Chunking-Matrix: Induktion, Deduktion und Abduktion.
Induktion heißt: Von einem Begriff ausgehend die Menge finden, von der dieser
Begriff ein Teil ist.
Also: Begriff „Holzlöffel“. Induktion: „Löffel“ und weiter „Besteck“ und noch weiter:
„Haushaltsgegenstände“. Induktion kann auch als „Hoch-chunken“ bezeichnet
werden, wenn man die metaphorische Orientierung „größerer Chunk gleich höher“
akzeptiert. Ich bin der Ansicht, dass „groß-chunken“ besser geeignet wäre, oder
„weit-chunken“, das ist aber nicht so gebräuchlich und vertraut.
Deduktion heißt: Von einem Begriff ausgehend Teilmengen finden. Also:
„Holzlöffel“. Teilmenge ist „Holzfasern“. Eine andere Teilmenge wäre: „Griff“. Wir
könnte auch teilen in „sauberer Holzlöffel“ und „schmutziger Holzlöffel“.
Bei der Abduktion springen wir von einem Chunk zu einem analogen anderen.
Diesen logischen Weg hat erstmals der Begründer der Semiotik, der
amerikanische Philosoph Charles Sanders Peirce, formuliert. Metaphern bilden wir
per Abduktion. Bei der Abduktion wird der „Holzlöffel“ zu einer „HolzlöffelFormation“ in der Chartanalyse oder der Darstellung von geographischen
Inselformen.
Wir machen natürlich fortwährend alles drei gleichzeitig. Wenn wir uns nach
parallelen Chunks fragen, wie dem Gegenteil von etwas, gehen wir erst einen
Chunk weiter (höher, größer) um dann neu zu deduzieren und zwar zu einem
parallelen Begriff oder einem gegenteiligen.
Also: Seien Sie sich bitte einmal ganz präzise gewahr, wie Sie sich in der
Begriffsmatrix bewegen, um das Gegenteil von Trading-Erfolg zu bilden.
Sie werden erst induzieren (hoch-chunken) zu dem Oberbegriff „Trading-Ergebnis“
und dann wieder deduzieren (hinunter-chunken) zu einem Begriff, der eine Art
Trading-Ergebnis ist, aber nicht Erfolg.
9.2.3.
Meta-Position
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
115
Ähnlich wie Chunking und auch ähnlich wie dissoziieren, aber anders und nicht zu
verwechseln, ist das Einnehmen von Meta-Positionen. „Meta“ heißt soviel wie
„darüber“. Wir befinden uns in einer Meta-Position oder in einem Meta-Zustand
„darüber“.
Die Fähigkeit des Meta symbolisiere ich gern mit dem „Magischen Zauberstab“.
Der Prozess des Einnehmens der Meta-Haltung beginnt mit der Anwendung von
Verben auf sich selbst. Von: „Ich mache“ zu: „Ich mache, dass ich mache!“
In der Meta-Haltung haben wir einen Hebel. Wir können eine Tätigkeit auf sich
selbst anwenden und sie dadurch variieren und bestimmen.
Wenn wir auf der höheren Ebene sind, können wir die Meta-Tätigkeit natürlich
auch auf andere einfache Tätigkeiten anwenden. „Ich mache, dass ich sehe!“ „Ich
mache, dass ich mich gut fühle!“ „Ich sehe, dass ich mache!“
Wir können auch in Meta-Postionen zu der Meta-Position und wiederum in eine
Meta-Position zu dieser Meta-Sicht einer Meta-Sicht gehen und so weiter. Unsere
Fähigkeit zur Abstrahierung ist indes begrenzt.
Also Meta-Meta: „Ich mache das Sehen des Machens!“ „Ich sehe (erkenne), dass
ich das Machen wahrnehme!“
Oder Meta 3: „Ich nehme wahr, dass ich das Machen des Tun mache!“
Also: Sie tun etwas. Das ist das Grundlevel.
Dann: Sie machen, dass Sie das tun. Das ist das erste Meta-Level. Auf dieser
Ebene, auf der Sie „das Tun machen“, verändern und variieren Sie Ihr Tun.
Sie können dieses Machen des Tun wiederum machen. Sie können mal verändern
mal alles belassen. Sie können das Verändern mal auf häufig stellen, mal auf
selten. Das ist das „Meta-Level.
Und dann können Sie sich wiederum bewusst machen und es wahrnehmen, dass
Sie das Machen des Tun machen.
Und nun entspannen Sie bitte vor dem Weiterlesen erst einmal die
Gehirnwindungen.
9.2.4.
Das Einnehmen einer 2. und 3.Position
Im Kontakt mit anderen Menschen können wir die Fähigkeiten des Assoziieren und
Dissoziieren wie auch das des In-Meta-gehen gut verwenden.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
116
Wir können uns nicht nur außerhalb unserer selbst dissoziiert wahrnehmen,
sondern uns auch in die Position eines anderen Menschen hinein versetzen. Wir
nennen das 2.Position im Vergleich zur 1.Position, des assoziiert mit sich selbst
identifiziert Seins.
Was wäre eine 3.Position? Das ist eine neutrale beobachtende Position zu der 1.
und 2.Position. Wir können etwas aus unserer subjektiven Sicht betrachten und
aus der subjektiven Sicht einer anderen Person. Wir können auch beide
gleichzeitig von einer 3.Position aus betrachten, sozusagen neutral oder objektiv.
Diese Fähigkeit des Assoziierens der Awareness mit einem Gegenüber oder einem
neutralen Beobachter nenne ich symbolisch: das Gespenst.
Wie ein Gespenst schweben wir immateriell in andere Menschen und nehmen uns
aus deren Augen wahr. Und wir können uns und unsere Mitmenschen auch aus
den Augen eines neutralen Gespenstes wahrnehmen.
9.2.5.
Das Einnehmen oder Ablehnen von 2 Positionen gleichzeitig
Wenn wir etwas aus der 3.Position betrachten, nehmen wir gleichzeitig die 1. und
die 2.Position ein. Wir verstehen unseren Standpunkt und auch den unseres
Gegenübers. Nur so sind Friedensverhandlungen möglich.
Dieses können wir aber auch mit zwei Wahrheiten in uns machen. Sie kennen das
vielleicht aus den sog. Besinnungsaufsätzen in der Schule: These – Antithese –
Synthese. Das alte Schema des Philosophen Hegel erzog so die Schüler zu der
Flexibilität im Denken. Zwei in Opposition stehende Argumente können beide
richtig sein, bzw. in einer Synthese können beide Sinn machen.
Wir können auch gleichzeitig eine männliche und eine weibliche Seite in uns leben
oder ausdrücken. Wir können gleichzeitig die Position der Besitzenden und der
Besitzlosen einnehmen. Wir können gleichzeitig heimatverbunden sein und in die
Ferne schweifen. Wir können gleichzeitig nach der technischen Analyse handeln
und nach fundamentalen Daten.
Wir können auch gleichzeitig zwei Standpunkte ablehnen. Während das „Sowohlals-auch“ des gleichzeitigen Einnehmens zweier Standpunkte unsere Welt voll
macht, macht das gleichzeitige Ablehnen, das „Weder-noch“, die Weltkonstruktion
leer und still.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
117
In den spirituellen Wegen, die den Weg der Leere gehen, wie der Zen-Buddhismus
oder der Taoismus, wird das Weder-noch intensiv geübt. „Bewegt der Wind die
Fahne oder die Fahne den Wind?“ „Weder noch, Wind und Fahne bewegen sich.“
Wir sind im Kausaldenken von Ursache und Wirkung groß geworden und sagen:
„Was will der? Der Wind weht und deshalb bewegt sich die Fahne!“ Der Wedernoch-Standpunkt, der eine zeitliche Abfolge ablehnt und alles als Jetzt und
gleichzeitig wahrnimmt, ist der modernen Physik von Relativitäts-, Quanten und
Chaostheorie durchaus näher.
Wenn wir auf ein Problem, das aus dem Konflikt zweier Standpunkte besteht, aus
den Blickpunkten von „Sowohl-als-auch“ und „Weder-noch“ schauen, sieht es evtl.
schon anders aus, und Lösungsmöglichkeiten lassen sich von diesen Positionen
aus leichter finden.
Eine sehr schöne Technik, die mit diesen Positionen arbeitet, ist das DiamondModell von Klaus Grochowiak, Leo Maier und Rudolf Kaehr. Literatur- und WebAngabe im Anhang18.
Wir können die Mentale Grundfähigkeit des „Sowohl-als-auch und Weder-noch“
symbolisch als „Morgendämmerung“ bezeichnen. Alle Begriffe sind in diesem
Zustand der Dämmerung: Sie könnten sowohl mit anderen Begriffen einen hellen
Tag bilden, als auch ohne alle Verbindungen in die Nacht eingehen.
9.2.6.
Das Erschaffen von Qualia
Eine besondere Fähigkeit, die Grundfähigkeit des Bewusstseins überhaupt, ist das
Erschaffen von Qualia. Da wir im übernächsten Kapitel mit dieser Fähigkeit näher
umgehen, ersparen wir uns hier weitere Erklärungen.
Nur soviel: Wir sind offensichtlich in der Lage aus einem digitalen Datenstrom, wie
ihn die von den Sinneszellen kommenden Nervenbahnen liefern,
Sinnesrepräsentationen zu schaffen, die Qualitäten der Farbe, des Klangs, des
Gefühls usw. besitzen.
Es ist eine subjektive Wahrnehmung entstanden, die ein Gefühl von „Das ist meine
Welt“ hervorbringt. Diese Wahrnehmung ist projiziert auf einen (immateriellen)
Bildschirm oder Klangschirm oder Gefühlsschirm.
Die Welt (und wir in dieser, die diese Welt erschaffen) ist eine virtuelle Welt in
unserer Neurologie. Das ist erschreckend („Gibt es mich? Gibt es die Welt?“) und
Hoffnung erzeugend. Denn die selbsterschaffene Welt kann ich selbst verändern.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
118
Nur sehr radikale Philosophen, die sog. Solipsisten, würden behaupten wollen,
dass es keine realen Welt gäbe und nur die virtuelle.
Die Erkenntnis, dass die Welt, wie wir sie sehen, eine virtuelle Welt im eigenen
Kopf ist, hat besonders durch die Forschungen der chilenischen Biologen
Maturana und Varela viel Nahrung erhalten. Maturana und Varela hatten
festgestellt, dass alle Tiere nicht mit der Umwelt sondern nur mit sich selbst
interagieren und Störungen (Perturbationen), welche durch die strukturelle
Kopplung mit der Außenwelt entstanden sind, ausgleichen oder sich denen
anpassen.
„Strukturelle Kopplung“ ist der Schlüsselbegriff. Es gibt eine Außenwelt. Wir
können nicht viel über diese aussagen, da wir uns nur mit uns selbst beschäftigen
(können). Aber die Außenwelt ist es, die unsere physiologischen Bedürfnisse
befriedigen kann. Und nur so können wir unseren Auftrag erfüllen: Überleben und
Vermehren.
Das Symbol für die Fähigkeit Qualia zu bilden: „der Sternenstrahl“, das Licht das
von den Sternen kommt.
9.2.7.
Awareness
Das englische Wort „Awareness“ wird im Deutschen mit Gewahrsam, Achtsamkeit,
Bewusstheit oder Wachsamkeit übersetzt. Da alle deutschen Worte eine
unpassende Nebenbedeutung oder Unschärfe haben und sich im internationalen
Sprachgebrauch der spirituellen Richtungen, die Awareness in den Mittelpunkt
ihrer Praxis stellen, das Wort „Awareness“ durchgesetzt hat, will ich es auch
vornehmlich benutzen.
Wir tun und machen und sind uns gleichzeitig der Tätigkeit und der Bewegung
gewahr. Wir können uns jedenfalls gewahr sein. Diese Awareness beinhaltet im
besten Fall alle der vorhergegangenen essenziellen Fähigkeiten.
Während Sie also so sitzen, sind Sie sich gleichzeitig bewusst, dass Sie
Wahrnehmung erschaffen, mehrere Standpunkte gleichzeitig einnehmen oder
ablehnen, sich selbst aus mehreren Positionen betrachten, sich selbst aus einer
Meta-Position betrachten, sich selbst als Teil einer größeren Menge sehen und
Teilmengen von Ihnen ebenso und gleichzeitig und wechselnd assoziieren und
dissoziieren.
Alles das ist Awareness und alles zusammen ist ein Ur-Zustand der Bewusstheit.
Dieser ist ein anderer Zustand als der des urteilenden und vergleichenden und
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
119
bewertenden Denkens. Von diesem müssen Sie dissoziieren können. Wer sich mit
seinen Gedanken identifiziert, sitzt in der Falle. Gedanken sind beliebig.
Gedanken haben aber Macht über uns. Sie kreisen wie Bandschleifen in uns und
hypnotisieren uns, dass wir auf eine bestimmte Art und Weise zu sein haben. Wir
können uns per Awareness von diesen trennen und eine Wahrnehmungsposition
finden, aus der heraus wir negative Gedanken so verändern können, dass wir uns
selbst die maximale Unterstützung geben.
Awareness hat eine lange Tradition in den Philosophien Asiens. Meditation ist eine
Übung in Awareness. Den Gedanken wird das Futter entzogen.
Die Klöster und Ashrams des Ostens sind gleichzeitig die therapeutischen
Einrichtungen dieser Kulturkreise.
Psychologische Interventionen sollten also vor allem die Awareness fördern und
herstellen. Das in uns, was uns hindert, ist etwas, was wir durch Bewusstheit
loslassen können.
Eine moderne Psychologie sollte eine Verbindung aus moderner
Neurowissenschaft mit alter östlicher Awareness-Weisheit sein. Es gibt natürlich
auch in den westlichen Traditionen Awareness-Übungen. Die Erbauer der
Kathedralen sahen die architektonische und handwerkliche Meistleistung auch als
Awareness-Übung. Gerade in Deutschland ist die Präzision und Bewusstheit der
Handwerker und Facharbeiter ja legendär.
Awareness kennen Sie also sehr wohl vom Machen und Tun. Es ist eine Art
Konzentration, bei der Ihre Aufmerksamkeit auf nicht anderes gerichtet ist als auf
das, was Sie gerade tun, ohne sich dabei extra anzustrengen. Es ist eine
umfassende Wahrnehmung, die gleichzeitig fokussiert und grenzenlos ist.
Für Awareness wäre „ein Stern“ oder „eine Lampe“ ein geeignetes Symbol.
Wir können die 7 Essenziellen Fähigkeiten in einer (täglichen) Meditation mit einem
Gedicht oder Gebet wie das Folgende achten:
„Ich bin der Stern und mir meiner selbst und der gesamten Existenz und NichtExistenz bewusst,
ich bin der Sternenstrahl und erschaffe Farben, Töne, Gefühle, Gerüche,
Geschmäcker und Strukturen,
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
120
ich bin die Morgendämmerung und sowohl „Ich“ als auch alles andere und weder
dieses noch jenes,
ich bin das Gespenst und nehme mich aus mir, aus dir und aus ihnen und jenen
wahr,
ich bin der magische Zauberstab und mache, was ich mache, dass ich mache,
ich bin das Leibgericht und Teil eines Größeren und habe das Größere in mir,
ich bin der Adler und schwebe in mir und schwebe außer mir und schwebe zu den
Sternen.“
Börsentrading ist hervorragendes Awareness-Training!
Sie erschaffen die Börsenkurse! Machen Sie das eher per Bild oder per Ton oder
per Gefühl? Wenn Ihnen die Kurse stinken, haben Sie den 4.Weg gewählt.
Und dann nehmen Sie die Adler-Position ein und schweben in die Höhe, so dass
Sie sich von oben betrachten und mit scharfem Adlerblick feststellen, ob das, was
Sie machen, erfolgsorientiert und potenziell gewinnbringend ist.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
121
10.
Parts-Integration
10.1.
Parts
10.2.
Parts Integration
10.3.
Ablauf Visual Squash
10.1.
Parts
Eines der wesentlichen Tools, das wir zur effektiven Veränderung einsetzen, ist die
sog. „Parts-Integration“. Diese Technik ist aus der Gestalttherapie entlehnt. Die
Gestalttherapie nach Fritz Perls war einer der Renner in der Humanistischen
Psychologie, die vor allem in den 60er und 70er Jahren en vogue war.
Gestalttherapie arbeitet meist mit zwei Stühlen, in denen der Klient sich selbst und
eine andere Person oder zwei Seiten seiner Persönlichkeit platzieren kann.
Bekannt ist auch die Geschichte der Arbeit mit einem Traum, in der Fritz Perls die
Klientin nach der Beschreibung auffordert ein nebensächlich erscheinendes Detail
der Traumbeschreibung zu sein und vorzustellen: Ein altes Schild auf dem Grund
eines Teiches.
In der Gestalttherapie wurden Parts oder Teile der Persönlichkeit gerne dargestellt
und mit Leben erfüllt, so dass die Kommunikation mit diesen hergestellt werden
konnte. Auch die Außenwelt beinhaltet diese Teile und ist gewissermaßen ein
Spiegelbild der Innenwelt.
Gestalttherapeutisch würde man also den Breakout-Trader, der von „False
Breakouts“ genervt ist, auffordern, einmal ein False-Breakout zu sein.
„Wie ist es als False Breakout? Was möchtest du mitteilen? Was möchtet du gerne
tun?“
Ebenso könnten wir eine nicht geschlossene Verlustposition sein. Sie ist ja ein Teil
von uns, den wir nach außen platziert haben.
„Verlustposition, seit 1987 long im Nikkei-Index, wie geht es dir? Wie können wir dir
helfen?“ „Holt mich hier raus! Gebt mir ein Messer fürs Harakiri!“, könnte sie sagen.
Gestalttherapie arbeitet also ganz besonders mit diesen „Parts“.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
122
Das Verfahren wurde im NLP in verschiedener Art und Weise aufgenommen und
entwickelt. Leicht unterschiedliche Verfahren sind unter den Namen „Visual
Squash“, „Verhandlungs-Reframe“ oder „Parts Integration“ bekannt.
Die zentrale Intervention aller drei Ansätze ist das Trennen des Verhaltens eines
Teils von seiner Absicht. Diese Absicht intendiert immer das Überleben und/oder
Vermehren des „Wirtskörpers“. Bei der Parts Integration kommt hinzu, dass diese
Absichten hoch-gechunkt werden, so dass beide Seiten sich als Abkömmlinge ein
und derselben größeren Absicht begreifen können.
10.2.
Parts Integration
Eine Parts-Integration kommt praktisch bei jedem Coaching vor. Es gibt immer
einen Teil, der vorankommen will, und einen Teil, der das verhindert. Wenn dem
nicht so wäre, würde der Klient oder „Coachee“ schon da sein, wo er hinwollte, und
bräuchte keinen Coach. Zu beachten ist, dass der blockierende Teil nicht „schlecht“
oder „faul“ ist, sondern meisten seinen guten Grund hat und gerade diesen als
Unterstützer zu gewinnen letztendlich den Erfolg ermöglicht.
Wir wollen bei dieser Vorgehensweise erst einmal die beiden an dem Konflikt
beteiligten Parts identifizieren und symbolisch darstellen.
Wir können das am besten mittels der beiden Hände machen.
Nehmen wir an, es besteht ein Konflikt zwischen einer Seite, welche die
Verlustposition schließen will, und einer Seite, die den Trade weiter durchhalten
will.
Aufhören oder Weitermachen ist ja ein Thema in allen Lebensbereichen. Sie
können, wie bei allen Beispielen hier, die Termina aus dem Trading einfach mit
denen aus dem anderen Lebensbereich ersetzen.
„Ich möchte Sie bitten die beiden Hände mit den Handflächen nach oben auf die
Oberschenkel zu platzieren. Bitte lassen Sie diese sich nicht eher berühren, als ich
es sage.“
Die beiden Hände können natürlich auch auf dem Tisch platziert werden. Es
können auch zwei Kissen oder Stühle genommen werden, auf denen die beiden
beteiligten Teile mit dem gesamten Körper dargestellt werden. Es können auch
Puppen oder Figuren genommen werden. Da die Methode mit den Händen sich
aber gut mit dem Herstellen der Armkatalepsie aus der Hypnosetherapie verbinden
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
123
lässt und über Fingersignale ein fantastischer Zugang zur Innenwelt hergestellt
werden kann, würde ich dieses Verfahren auf jeden Fall bevorzugen.
„Auf welcher Hand möchte sich denn der Teil zeigen, der den Trade schließen
möchte?“
„Rechts“
„Und links dann den Teil, der ihn weiter durchhalten will?"
„Ja“.
Im tatsächliche Setting achten wir besonders auf unwillkürliche Körpersignale. Die
betreffenden Hände werden sich schon vor der verbalen Antwort gemeldet haben.
„In welcher symbolischen Form mag sich denn der Teil auf der linken Hand, der
Teil, der fürs Weitermachen ist, zeigen?“
„Hmm, er ist ein Traktor! Ein roter Traktor.“
„Und auf der rechten Hand?“
„Der Teil ist ein grüner Schützenpanzer!“
„Der Teil, der den Trade schließen will?“
„Ja, er will ihn abschießen!“
„Oh, gut. Hat er einen Namen? Wie könnten wir ihn nennen und ansprechen?“
„Das ist Schütze!“
„Und der andere, wie heißt der?“
„Der heißt.....Trecker!“
„O.K., Schütze und Trecker.“
So wurden innere Teile nach oben geholt. Alle Teile haben Lust sich zu zeigen und
wenn man ihnen Chance gibt, kommen sie gerne hervor. Wenn sie indes den
Eindruck haben, dass sie einfach nur herausoperiert werden sollen, werden sie
sich sperren. Das Ziel der Parts Integration ist das Verstehen und Annehmen aller
Teile und die Integration.
In der Praxis werden wir feststellen, dass vor allem die als böse und sabotierend
angesehenen Teile wertvolle Kräfte haben und unbedingt akzeptiert werden
müssen.
Voraussetzung ist die Bereitschaft zu spielen und mit der Innenwelt in Kontakt zu
treten. Ein Klient, der die Existenz innerer Teile ignoriert und die Kontaktaufnahme
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
124
abblockt , könnte erst einmal eine Integration des Wachbewusstseins mit dem
Unterbewusstsein machen. Die Existenz eines Unterbewusstseins kann z.B. über
Erfahrungen beim Autofahren eingeführt werden. Autofahren ist eine gerade in
Deutschland beliebte kollektive Übung mit dem Unterbewusstsein. Wir können
wachbewusst nur 7 plus oder minus 2, also 5 bis 9, Vorgänge gleichzeitig
verarbeiten. Beim Autofahren braucht man mehr parallele Kanäle und muss daher
einiges unterbewusst durchführen. Nach einiger Zeit werden wir fast alles
unterbewusst durchführen. Das ist bei allem Erlernten so.
Als nächstes wollen wir die Kommunikation mit diesen Teilen herstellen. Diese
sollen sich mitteilen können.
„Also, Teil auf der rechten Hand, Schütze, wenn du mal direkt zu uns sprechen
magst und der Klient stellt dir seine Stimmbänder zur Verfügung, was würdest du
gerne mitteilen?“
Dann lassen wir diesen Teil mal erzählen und zwar soll er in der „Ich-Form“ reden.
„Ach dieser Trade ist doch wieder sinnlos. Wir sollten ihn sofort schließen. Der
Markt wird weiter gegen uns laufen und ich will jetzt endlich neu orientieren! Das
nervt mich alles!“
Dann dasselbe mit dem anderen Teil:
„Also, Teil auf der linken Hand, Trecker, was magst du uns erzählen. Wie geht es
dir?“
„Es ist jetzt eh etwas spät zum Schließen. Wir müssen hoffen, dass der Markt
dreht. Ein wenig Hoffnung ist ja noch. Das Ausgangsszenario ist eigentlich erst
beim Schneiden des 23-Tage-Durchschnitts kaputt. Ich bin zwar auch unglücklich
über die Lage, würde aber noch nicht aufgeben!“
Dann mögen die Teile über ihre Beziehung zu dem anderen Teil erzählen. Da beide
im Konflikt sind, sollte das auch offenbar werden. Die Teile können dann so richtig
mal übereinander schimpfen.
Es kommt auch vor, dass diese Teile sich Ihres Pendants gar nicht bewusst sind.
Oder ein Teil hat den anderen völlig unterdrückt und der erkennt diesen evtl. jetzt
zum ersten Mal.
„Also, Trecker, was denkst du über Schütze?“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
125
„Schütze ist zu ungeduldig. Er setzt enge Stopps und die werden dann überlaufen
und dann gerät er in Panik. Wir bräuchten mal einen besseren Plan. Ich weiß nicht,
ob der fürs Trading geeignet ist.“
„Schütze, hast du das gehört? Was sagst du dazu? Was hältst du von Trecker?“
„Trecker würde doch auch beim Mega-Crash nicht rausgehen und warten, bis alles
weg ist. Er ist zu träge. Börse ist doch was für schnelle Menschen!“
Den Kontakt herzustellen ist wichtig. Besser erst einmal ein ehrlicher, ablehnender
als keiner!
Dann kommt ein wichtiger Schritt: Verhalten des Teils und Intention trennen. Der
Part macht evtl. etwas, das wie eine Sabotage aussieht, sich so anhört und auch
so anfühlt. Er meint es aber nicht als Sabotage, sondern er sorgt vielmehr für ein
Bedürfnis.
„Frage also an dich, Trecker, was ist die positive Intention, die du für das Leben
von diesem Klienten hast? Was ist dir wichtig, dass er (sie) bekommt? Wofür
sorgst du?“
„Und auch an dich, Schütze. Was ist deine Absicht, deine Intention? Was tust du
für den Klienten?“
Trecker sagt: „Chance erhalten.“
Schütze sagt: „Befreiung.“
„Also, Schütze, du willst also aus dem Trade raus, um wieder frei zu sein?“
„Ja, genau. Diese Anspannung ist unerträglich.“
„Und du, Trecker, willst noch drin bleiben, um die Chance zu erhalten?“
„Ja, es ist noch nicht alles verloren.“
Alls nächstes werden wir die jeweilige Intention „hoch-chunken“. Wir werden den
Wert finden, der höher ist. Letztendlich wollen wir bei beiden Seiten einen
identischen Höchsten Wert feststellen.
Am Anfang sieht es bisweilen nicht so aus, als ob zwei Seiten eins Konflikts
irgendetwas gemeinsam haben könnten. Es ist aber immer so, dass es einen
gemeinsamen Höchsten Wert gibt.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
126
In Kapitel 9 haben wir bereits dargestellt, dass Chunking eine der Essenziellen
Fähigkeiten des Mentalen Apparates ist.
Bei der Induktion, dem Hoch-Chunken, suchen wir nach der Größeren Menge, dem
übergeordneten Prinzip. Wir tun das durch Fragen wie: „Und wofür ist XYZ wichtig?
Und was ist es, das XYZ dir gibt? Und was ist wichtiger als XYZ? Und für welches
XYZ ist dieses ein Beispiel?“
Also: „Trecker, wofür ist ‚Chance erhalten’ wichtig, was gibt Klient das?“
„Er bleibt glücklich.“
„Glück ist also wichtig?“
„Ja, klar.“
„Und wofür ist Glück wichtig?“
„Wenn man glücklich ist, lebt man sein Leben.“
„Sein Leben leben ist also wichtiger? Was ist wichtiger als das?“
„Hmm, fällt mir nichts ein.“
„Gut. Dann zu Schütze. Wofür ist Befreiung wichtig?“
„Befreiung. Befreiung ist wichtig für: Den eigenen Weg gehen.“
„Eigener Weg gehen. O.K. Und was ist wichtiger als das? Oder ist das so etwas
wie: Leben leben?“
„Genau.“
„Also ist dein Höchster Wert der gleiche wie der von Trecker?“
„Sieht so aus.“
„Und Trecker, ist das nicht toll?“
„Ja, irre.“
Es geht hier nicht darum, ob es strategisch angesagt ist, den Trade zu schließen
oder nicht. Es geht erst einmal darum, den Konflikt zu klären. Denn die Energie
und Wachsamkeit, die gebraucht wird für die Entscheidung betreffs des Trades,
geht drauf für das Innere Gespräch und den Streit. Wenn der ausgeräumt ist, kann
eine logische und rationale Entscheidung gefunden werden.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
127
„Wenn ihr also den gleichen Höchsten Wert verfolgt, das Leben zu leben, dann
müsste es doch möglich sein zu kooperieren und eine gemeinsame Lösung zu
finden.“
„Ja, natürlich!“ „Ja, warum nicht?“
„Es müsste möglich sein durch Verhandlung einen Weg zu finden. Trecker, was
schlägst du vor?“
„Ich würde die Chance ja gern erhalten. Ich wäre bereit einen Stopp zu berechnen
an einer Kursstelle, an der das Setup, das zu dem Trade geführt hat, absolut
gestorben ist.“
„O.K., ich der Schütze, wäre schon bereit noch ein wenig Zeit zu geben, wenn
sicher ist, dass der neue Stopp eingehalten wird und dieser Stress aufhört.“
„Gut, dann los. Lasst uns die Sache noch einmal genau anschauen und
berechnen!“
Es ist im vollständigen Ablauf der Part-Integration dann sehr schön noch die beiden
Hände zusammenzuführen, um die Integration rituell zu verstärken.
Dieses Zusammenbringen ist besonders stark, wenn beide Arme und Hände
kataleptisch sind und das Wachbewusstsein nicht dazu beiträgt und beitragen
kann, die Hände zu bewegen. Katalepsie ist eine Technik aus der Hypnose, bei die
bewusste Kontrolle über einzelne Körperteile unterbrochen wird und dem
Unterbewusstsein übertragen wird. Dazu bedarf es aber der gekonnten Anleitung
eines Hypnose-Therapeuten. Es geht also auch ohne dem.
„Wenn nun also diese beiden Seiten, Schütze und Trecker von nun an bereit sind,
zusammenzuarbeiten und eine Kooperation zu bilden, mögen die beiden Hände
sich nun aufeinander zu bewegen und wenn die Handflächen zusammenkommen,
mag ein größerer Teil aus den beiden entstehen, mit dem Sie in der Lage sind,
beide Aufgaben gut durchzuführen und die gemeinsamen Werte zu
verwirklichen.....und das Leben leben!“
Oder so ähnlich. Erfahrungsgemäß ist dieses Ritual des Zusammenlegens der
Hände eine starke Erfahrung und ein guter Überzeuger. Innere Konflikte können
erheblich blockieren und Energie auf sich ziehen. Die Integration zweier innerer
Teile ist eine befreiende Erfahrung.
Zu erwähnen wäre, dass diese Integration sich normalerweise in 40 Minuten
durchführen lässt. Es kann aber auch vorkommen, dass eine oder beide Seiten
erst eine der Interventionen der nächsten Kapitel erfahren müssen, um kooperativ
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
128
werden zu können. Wenn ein Teil traumatisiert ist, sollte erst per Karma-Line die
emotionale Energie entspannt werden.
Letztendlich wird es ein Modell aus Parts in uns geben. Der spirituell orientierte,
der die Ganzheit und Einheit mit dem Ganzen sucht, könnte über einen Zeitraum
alle diese Parts identifizieren und integrieren. Sie treffen immer in Paaren auf. Sie
sind letztendlich immer Teile eines Ganzen und haben sich auf dem Weg der
Durchführung eines Höheren Wertes aufgeteilt.
In Ihren Strategien zur Durchführung des Wertes kann es vorkommen, dass sie
notwendigerweise gegeneinander agieren. Es ist nun wichtig sie zu erinnern, dass
der Kampf nichts bringt und ein „sowohl als auch“ hilfreich und immer möglich ist.
In Kapitel 20 bei der Darstellung eines Falls zum Thema „Blockade“ werden wir die
Technik der Parts Integration noch einmal erleben.
10.3.
Ablauf Visual Squash
Hier einmal als Übersicht der gesammelte Ablauf des „Visual Squash“, wie er von
Richard Bandler und John Grinder, den Begründern des NLP, entwickelt wurde. Die
Parts Integration unterscheidet sich nur in einer kleinen aber wesentlichen Stelle.
Der Wert wird zu einem gemeinsamen größten Wert „hoch-gechunkt“.
Der Visual Squash
Anleitung für den Coach.
1. Erfragen und benennen Sie die beiden Teile, die sich miteinander im
Konflikt befinden.
2. Bilden Sie eine volle Mentale Repräsentation für jeden Teil.
Erlauben Sie, dass sich für jeden Teil eine volle Repräsentation (Bild, Klang,
Gefühl) entfaltet, so dass es für den Klienten real ist. Lassen Sie dann den Klienten
jeden dieser Teile in einer seiner Hände platzieren und lassen Sie ihn sie im Detail
beschreiben (mit Qualitäten).
3. Erfragen Sie die Positive Absicht für beide Teile!
Sprechen Sie die Teile duzend an! Das Unterbewusstsein entspricht weitgehend
dem Inneren Kind und ist es evtl. nicht gewohnt gesiezt zu werden!
„Bist du dir über die positive Absicht, die Du in .... Leben, durch dieses Verhalten
erfüllst, bewusst?"
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
129
Seien Sie sicher, dass die jeweiligen Teile antworten und nicht der Klient (dass der
Klient z.B. in der dritten Person redet etc.). Versichern Sie sich, dass Sie als Coach
die Sprache benutzen, die von dem Teil benutzt worden ist.
4. Regen Sie gegenseitige Bewusstheit an!
Errichten Sie für beide Teile eine Aufmerksamkeit füreinander und ihre Beziehung
zueinander.
„Bist Du Dir über den Teil in der anderen Hand bewusst? Hast Du diesen Teil schon
einmal getroffen? Bist Du Dir bewusst, was die positive Absicht dieses anderen
Teils ist?"
5. Erfragen Sie den gegenseitigen Wert!
Erfragen Sie Wert und/oder Nützlichkeit für die Qualitäten des anderen Teils, und
dass sie den jeweils anderen Teil unterstützen können, seine positive Absicht
vielleicht besser und einfacher zu erfüllen.
„Bist Du Dir bewusst, dass es sehr nützlich sein könnte und dich in Deiner
positiven Absicht unterstützen kann, zu jenen Fähigkeiten Zugang zu haben?"
6. Schlagen Sie eine Partnerschaft vor!
Mit all der Information die Sie bis jetzt gesammelt haben, können Sie jedem Teil
getrennt eine neue Partnerschaft vorschlagen. Machen Sie ihnen den Vorschlag,
dass dadurch, dass sie ihre Qualitäten teilen, zugleich Zugang zu jenen Qualitäten
haben, die sie bewundern, respektieren oder mögen. Arbeiten Sie mit jedem Teil
getrennt bis alle Einwände beseitigt sind und beide bereit sind und
übereinstimmen, dass es eine gute Idee ist, zusammenzuarbeiten und sie bereit
sind, sich gegenseitig zu helfen und sich zu unterstützen ihre positiven Absichten
zu erfüllen.
7. Geben Sie Suggestionen, damit sich die Hände treffen!
Wenn beide Teile übereinstimmen, dass eine Partnerschaft wünschenswert ist,
bitten Sie das Unterbewusstsein nun zu übernehmen. Es möge verursachen, dass
diese Teile in ihre einzigartigen Energien transformiert werden können und diese
Energien anfangen sich zueinander zu bewegen.
"... und spüre, wie diese Energien jetzt in deinen Händen erwachen und diese Teile
anfangen zusammenzukommen, so wie zwei Magnete sich anziehen...."
8. Beenden Sie den Squash!
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
130
Suggerieren Sie, dass die Hände sich heben und sich treffen werden, Fingerspitze
an Fingerspitze und Handfläche zu Handfläche. Setzen Sie diese Suggestionen
fort.
9. Bringen Sie die Hände auf den Körper zurück!
Versichern Sie sich, dass nach dem Squash die Hände auf den Körper
zurückkommen und willkommen geheißen werden.
Abschließende Bemerkungen:
Kann man auch mit mehreren Parts arbeiten? Ja natürlich, man kann eine PartsKonferenz veranstalten. Auf dieser kann jeder Part seine Interessen anmelden und
mit den anderen verhandeln.
Es ist aber festzuhalten, dass wir in unserer Denkart digital veranlagt sind und
immer zwei Seiten einer Medaille brauchen, um überhaupt etwas wahrzunehmen.
So wie die Lebewesen in der Arche Noah kommen auch die inneren Lebewesen in
Paaren. Leider vermehren sie sich dann auch leichter und wir sollten immer mal
wieder inneren Hausputz betreiben, um die Ganzheit unserer Innenwelt nicht zu
verlieren. Extreme Fälle von Parts sind in der Pathologie der Psyche immerhin
auch bekannt, wie die Multiple Persönlichkeit.
Wir werden in Kapitel 14 die 5 Inneren Ebenen näher betrachten.
Innere Konflikte können innerhalb einer Ebene und zwischen Ebenen auftreten.
Letztendlich wollen aber alle Parts oder Teile das Beste für ihren Wirt, ihren
Menschen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
131
11.
Mentale Repräsentation
11.1.
Was sind Mentale Repräsentationen?
11.1.1.
Qualitäten einer Mentalen Repräsentation
11.2.
Innere Strategien als Abfolgen von Mentalen Repräsentationen
11.3.
19 Sinne
11.3.1.
Das Morph-Feld
11.4.
5 Sinne
11.5.
Die Mentale Repräsentation des Marktes und des Selbst
als Trader
Wie denken wir, bewusst und unbewusst?
Wie können wir dieses Denken über die Struktur des Denkens ändern?
Wenn wir Informationen verarbeiten, also „denken“, geschieht das schnell und
ohne dass wir uns darüber groß Gedanken machen. Wir können aber den
Taschenlampenstrahl unserer bewussten Wahrnehmung auf das Denken selbst
richten und den genaueren Ablauf beobachten.
Bei ganz genauer Beobachtung werden wir feststellen, dass wir in Mentalen
Repräsentationen denken.
11.1.
Was sind Mentale Repräsentationen?
Es sind durch Sinnesinhalte gebildete symbolische Darstellungen. Eine Mentale
Repräsentation besteht aus Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken.
Visuell, auditiv, somato-sensorisch, olfaktorisch, gustatorisch.
Sinn
Auge
Ohr
Fühlen
Riechen
Schmecken
Sinnesorgan
Auge
Ohr
Haut u.a.
Nase
Zunge, Gaumen
Lateinisches Adverb
visuell
auditiv
somato-sensorisch
olfaktorisch
gustatorisch
Denken: Wir assoziieren eine Ansammlung von Sinneseindrücken, die wir in einer
multimedialen Darstellung organisieren. Wenn Sie „Erfolg“ denken, können Sie das
nur, indem Sie eine Assoziation auf allen Sinnen bilden, eine Mentale
Repräsentation. Das kann ein Bild sein, wie Sie jubeln, oder jemand anderes
jubelt. Sie hören den Applaus, fühlen sich gut, riechen und schmecken evtl. etwas.
Diese Repräsentation bewirkt eine bestimmte Motorik. Sie ermöglicht Ihnen etwas
zu tun, zu handeln oder etwas zu sagen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
132
Die Repräsentation bewirkt auch einen bestimmten emotionalen Zustand. Die
Repräsentation von Erfolg wird einen Zustand von „Stolz“ oder „Freude“
hervorrufen.
Die Dreiheit Wahrnehmung – Motorik – Emotion ist es, womit wir mit der Welt in
Kontakt sind, innen und außen.
Eine philosophische Frage, die sich ergibt, wäre, ob nicht alles Mentale
Repräsentation ist. Besteht ein Unterschied zwischen der Innenwelt und der
Außenwelt? Denn das, was wir als Außenwelt wahrnehmen, ist ja auch nichts
weiter als ein Modell, welches wir aus Eindrücken die unsere Sinnesorgane
übermittelt haben, in unserer Neurologie gebildet haben.
Es gibt auch keine Farbe „Grün“ in der Außenwelt. Es gibt sie nur in unseren
Köpfen. Wir haben sie mit einer bestimmten Frequenz des elektromagnetischen
Spektrums verbunden. Es ist eines der größten Rätsel der Wissenschaft, wie
genau wir auf diese Qualitäten gekommen sind und wie es kommt, dass wir alle
Rot sehen. Nun ja, alle nicht (z.B. die mit der Rot-Grün-Schwäche nicht, oder
Synergetiker, die verbinden mit der Farbe evtl. eine Tonhöhe), und auch genau das
weckte das Interesse der Neurowissenschaftler.
Sie werden sagen: „Klar sind Außenwelt und Innenwelt unterschiedlich. Der
Wespenstich von außen ist schmerzhaft, der vorgestellte innen nicht.“
Wir werden aber feststellen, dass wir diese Schmerzempfindung bestimmen. Wir
können es so einstellen, dass der vorgestellte Stich schmerzt und der äußere
wenig oder gar nicht. Der Schmerz ist eine Kreation unserer Neurologie. Er ist
auch sinnvoll, denn er warnt uns vor realen Gefahren der Außenwelt. Wir können
ihn aber verstärken und vermindern und ausschalten.
Je mehr man sich mit diesen Fragen beschäftigt, desto verwirrender wird unsere
Welt. Wir überlassen diese Verwirrung den Neurowissenschaftlern und den
Philosophen. Als Trader brauchen wir nur zu wissen, dass wir in Mentalen
Repräsentationen Informationen verarbeiten und uns der Art unserer Verarbeitung
bewusst werden können und auch sollten. Denn wir können per Mentaler
Repräsentation unser Denken verändern. Das ist eines der machtvollsten
psychologischen Instrumente, welches wir kennen.
11.1.1.
Qualitäten einer Mentalen Repräsentation
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
133
Die Mentalen Repräsentationen bestehen aus Qualitäten. Im Englischen werden
diese „Qualia“ genannt. Da die wissenschaftliche Diskussion19 heutzutage in
Englisch geführt wird und die Diskussion über den Charakter der Qualia eine der
aufregendsten ist, sollten Sie wissen, dass die korrekte Bezeichnung ‚Qualia’ ist.
Das hört sich indes im Deutschen etwas „gequält“ an und ich benutze daher lieber
„Qualität“.
Es gibt zwei Arten von Qualitäten: phänomenologische und strukturelle.
Phänomenologisch ist „Rot“, strukturell ist „Hell oder dunkel“. Inhalt und Struktur.
Dazu mehr in Kapitel 12. Denn wir können mittels der Qualitäten die Mentalen
Repräsentationen entscheidend verändern.
11.2.
Innere Strategien als Abfolgen von Mentalen
Repräsentationen
Wir denken also in Mentalen Repräsentationen. Genauer gesagt: In Abfolgen und
Schachtelungen derselben.
Wenn Sie also mal erinnern: Wie war die gedankliche Abfolge bei der
Entscheidung zu dem Thema „Kleidungswahl“ heute morgen: „Was ziehe ich heute
an?“
Es kann sein, dass Sie das eher visuell auswählen oder eher somato-sensorisch
oder auch auditiv. Und wenn das Wäschewaschen länger her war, kann es auch
sein, dass eine olfaktorische Wahl angesagt ist.
Der eher visuell orientierte Mensch wird sich mehrere Möglichkeiten bildlich
vorgestellt haben und diese mit einem Idealbild für den betreffenden Tag oder dem
zu erwartenden Kontext verglichen haben. Die Kleidung mit der größten Nähe zum
Idealbild wird ein positives Gefühl hervorgerufen haben, so dass diese Kleidung
gewählt wurde. Wie gesagt: Das, was Sie vor dem Kleiderschrank machen, läuft
größten Teils automatisiert und unterbewusst ab. Machen Sie sich aber jetzt
bewusst, dass Sie das, was Sie sehen, mit etwas vergleichen, was Sie sich
vorstellen, so dass Sie entscheiden können.
Der Gefühlsmensch wird nicht so sehr an dem zu erwartenden Kontext orientiert
sein und nicht so sehr ein Idealbild des Aussehens in diesem haben. Das Kriterium
für den Gefühlsmenschen ist eher „Bequemlichkeit“. Sie werden als
Gefühlsmensch die erinnerte Vorstellung von Bequemlichkeit vergleichen und auf
die Wetterlage und die zu erwartende Aktivität abstimmen und dann das wählen,
was sich am besten anfühlt.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
134
Der auditiv orientierte Mensch wird evtl. bei jedem Kleidungsstück einen inneren
Satz hören oder eine Musik. Oder sie oder er wird visuelle und gefühlte Eindrücke
vergleichen und mit einem Satz kommentieren und letztendlich an Kriterien der
Tonalität und des Sounds entscheiden.
Die Abfolgen und Strategien zur Entscheidung können also individuell
unterschiedlich sein.
Bestimmte Mentale Repräsentationen bilden Orientierungspunkte. Diese können
Werte sein oder Kriterien, nach denen wir bewerten. Während unsere
Entscheidungen in der Kindheit meist spontan und chaotisch sind oder sehr lange
dauern, können wir sie später unterbewusst durchführen, da wir unterbewusste
Orientierungen erlernt und abgespeichert haben.
Im ersten Lebensjahr erlernen wir ein Modell des Bewegens und Stehens in dieser
Welt. So brauchen wir uns über unseren Stand nicht weitere Gedanken zu
machen. Als wir dieses Stehen erlernt hatten, mussten wir es bewusst tun. Dann
haben wir das, was sich am besten anfühlte, abgespeichert und auf automatisch
gestellt.
Wenn wir später Rückenschmerzen bekommen und zu einem Therapeuten oder
Arzt gehen, kann es sein, dass dieser unsere Haltung bemängelt oder darauf
hinweist, dass diese Rückenprobleme verursachen muss. Dann möchte dieser
hilfreiche Mensch uns unser vor vielen Jahren erlerntes und erprobtes Modell der
Körperhaltung bewusst machen. So können wir es dann ändern. Das ist natürlich
sehr schwierig, weil die Abspeicherung lange her ist und eher tief im
Unterbewusstsein liegt. Aber es ist möglich. Chiropraktiker gehen so vor. Sie
bringen einen in genau die Haltung, die gerade und entspannt wäre und trainieren
die Körperintelligenz dahin, diese Haltung als neue orientierende Mentale
Repräsentation zu nehmen.
Wir können uns darüber streiten, ob „Mental“ der richtige Ausdruck ist. Wir werden
aber feststellen, dass der gesamte Organismus „denkt“ und mental tätig ist. Jede
einzelne Zelle ist mit jeder anderen Zelle in Kommunikation. Das Modell der
idealen Körperhaltung ist sowohl in den betreffenden Zellen gespeichert als auch in
der Region des Hirns, das für die sog. „propriozeptive“ Sinneswahrnehmung
zuständig ist.
11.3.
19 Sinne
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
135
Die Sinneswahrnehmung ist eine Kreation in unserer Neurologie. Wir sprechen von
den 5 Sinnen und evtl. von einem 6. oder 7.Sinn.
Genau gesehen ist es etwas differenzierter und wir kommen auf 17, 18 oder sogar
19 Sinne.
Für unsere gezielte Arbeit mit diesen Sinnen und ihren jeweiligen Mentalen
Repräsentationen, und das ist das, was wir in unseren Mentaltrainings und
Coachings, als effektivstes Instrument immer einsetzen, ist eine präzise Landkarte
der Sinneswelt unumgänglich.
Also: Folgende Sinne gibt es genau:
Visuell
Sinnesorgan: Auge
1. Schwarz-weiß Sehen
2. Farbliches Sehen
Es gibt bekanntlich zwei verschiedene Arten von Zellen im Auge, die Lichtsignale
aufnehmen und weiterleiten: Zäpfchen und Stäbchen. Aufgrund der Herkunft der
digitalen Signale aus den Nervenbahnen bildet das Gehirn im visuellen Bereich
des Neo-Cortex entweder aus den von den Stäbchen kommenden Signalen ein
Schwarzweißbild, (vor allem auch für Tiefe, Kontraste, Helligkeit) oder aus von den
Zäpfchen kommenden Signalen eine farbliche Ausgestaltung. Es sind aber genau
genommen zwei voneinander unabhängige sensorische Systeme.
Auditiv
Sinnesorgan: Ohr
3. Hören
Hören besteht aus Hören.
Somato-sensorisch
Der Gefühlssinn unterteilt sich in 5 Sinnessysteme.
4. Taktil-haptisch
Das ist der Tastsinn auf der Haut und besonders auch das Erfühlen von Formen
mit den Händen.
5. Viszeral
Das ist der innere Tastsinn, das Gefühl in den inneren Organen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
136
6. Vestibulär
Das ist der Gleichgewichtssinn im Innenohr.
7. Propriozeptiv
Das ist der Sinn, der uns sagt, wo Teile des Skeletts (Gelenke besonders) im
Raum sich befinden.
8. Physiologisch
Das ist der Sinn, der uns den energetischen Zustand der Zellen meldet. Wach oder
müde z.B.
Olfaktorisch
Organ: Nase
9. Geruchssinn
Der Geruch hat noch einen von uns mittlerweile fast vergessenen Schwestersinn:
Das Aufnehmen von Pheromonen. Die riechen zwar nicht direkt, sind aber unser
Verhalten beeinflussende chemische Substanzen in der Luft, die wir mit Zellen in
der Nase erahnen. Da wir sie nicht mehr bewusst wahrnehmen, sind sie evtl.
besonders machtvoll. Diese werden im auch im Marketing und Verkauf eingesetzt
und sie wundern sich vielleicht warum sie etwas antörnt. Da sind dann irgendwo
George-Cloney-Pheromone angebracht.
also:
10. Pheromone
Gustatorisch
Sinnesorgan: Mund, bzw. Zunge und Rachen
Der Geschmackssinn besteht aus 5 Sinnen.
11. Salzig
12. Süß
13. Bitter
14. Scharf
15. neuerdings wird ein extra Glutamat-Sinn nachgewiesen, der von dem
japanischen Forscher Ikeda, der ihn als eigenständigen Sinn gefunden hat,
„umami“ genannt wurde. Dieser Sinn nimmt nicht die chinesische Gewürzmischung
aus Monosodiumglutamat (sehr ungesund) wahr, sondern den Eiweißgehalt der
Nahrung.
Es wird auch Wasser und Fett geschmacklich extra wahrgenommen. Aber 5
Geschmackssinne sollen erst einmal reichen.
Abstrakte Sinne
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
137
Hinzu kommen noch zwei eher abstrakte Sinne:
16. Zahlensinn
Wir können bei der Geburt bis 3 zählen und nur so können wir dieses Prinzip des
Zählens haben und zur Mathematik ausbauen.
17. Sprachsinn
Die Wissenschaftler streiten sich zwar darüber, ob Sprache angeboren oder erlernt
ist, aber es ist unbestritten, dass ein Grundverständnis von Sprache im Gehirn als
Sinn angelegt sein muss. Der bekannteste Linguist der Welt, Noam Chomsky,
nimmt an, dass es einen universalen Satzbau, eine Syntax, gibt, die allen
Menschen gleich und angeboren ist. Dieses wird zwar bezweifelt, da einige Völker
doch recht andere Sprachen haben. Es ist wohl auf jeden Fall so, dass das
Grundmuster von Sprache als Sinn präsent sein muss. Da es ja (mindestens) zwei
Sprachzentren im Gehirn gibt, wird dieser Sinn bei genauerer Untersuchung evtl.
noch weiter zu differenzieren sein. Evtl. gibt es einen semantischen und einen
syntaktischen Sinn.
18. Zeitsinn
Die Zirbeldrüse schüttet das Neurohormon Melatonin aus, um Müdigkeit
einzuleiten, sobald es dunkel wird. Sie hat eine Wahrnehmung von Tagesrhythmen
und Zeit. Durch diese wissen wir intuitiv, wie spät es ist und durch ihre Beharrung
sind wir verwirrt beim Jet-Lag.
Neben dem Zeitsinn könnte es auch einen globalen Orientierungssinn geben, der
elektromagnetische Signale oder Erd-Impulse aufnimmt. Wenn Fische,
Schildkröten und Vögel auf ihren Wegen über Tausenden von Kilometern
unerklärliche Wunder der Orientierung vollbringen, sollte man annehmen, dass
dieses Organ der globalen Orientierung zumindest rudimentär noch in uns
vorhanden sein wird. Männer fragen jedenfalls ungern nach dem Weg in einer
fremden Stadt.
19. eventuelle PSI-Sinne
Das sind Sinneswahrnehmung der Vorahnung, Fernwahrnehmung in Raum und
Zeit usw.
Genauerer wissenschaftlicher Untersuchung halten die meisten vermeintlichen
Fähigkeiten von Präkognition (Vorherwissen) oder Telepathie nicht stand.
Unbestreitbar aber ist, dass es Merkwürdigkeiten gibt. Diese lassen sich evtl. durch
die Theorie des Morphogenetischen Feldes erklären.
11.3.1.
Das Morph-Feld
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
138
Ausgehend von der merkwürdigen Tatsache, dass sich entscheidende
Lernerfahrungen bei Tieren, besonders Vögeln, schneller von einem Ort des
Erdballs zu einem entfernten anderen übertragen (Finken in Neuseeland lernen,
dass man Milchflaschen aufpicken kann und anderntags tun die in Irland das
auch), formulierte der Biologe Rupert Sheldrake das Prinzip des
Morphogenetischen Feldes oder Morphischen Feldes.
Das M-Feld ist eine immaterielle Sphäre um die Erde, in der sich artspezifische
Informationen übertragen. Eventuell ist es so, dass unser Gehirn nicht das
gesamte Weltmodell bildet und enthält, sondern eher eine Art Empfänger und
Sender ist und im Kontakt mit einer größeren Datenbank steht.
Auf der Website von Sheldrake ist das Prinzip des Morphischen Feldes in diesem
Artikel gut erklärt:
http://www.sheldrake.org/deutsche/morfeld.html
Da an diesem Prinzip sehr viel dran ist, könnte es gerade für Börsianer sehr
interessant sein. Ist es nicht so, dass sich Informationen über den Markt eventuell
schneller als Nachrichtensysteme und sogar Preisentwicklungen verbreiten?
Kollektive Stimmungen? Ist der Markt in den Wochen vor dem 11.9.2001 so stark
gefallen, weil er eben bearish war, weil Osama and Friends (die bekanntlich auch
in der amerikanischen Regierung sitzen) schon mal short gegangen waren oder
weil das kollektive Bewusstsein, das Morphische Feld der Menschheit, schon
wusste, dass etwas einschneidendes und erschreckendes bevor stand?
Unsere Wahrnehmung dieses Feldes ist verkümmert oder überlagert. Wir müllen
unser Gehirn mit einer Flut von Informationen voll. Wer mal für eine Zeitlang InfoEntzug geübt hat und in der Abgeschiedenheit an einem Meditations-Retreat
teilgenommen hat, wird festgestellt haben, dass die Sensibilität für Informationen
aus anderen Dimensionen zugenommen hat.
Wir können schlecht aus der Berghöhle heraus die Märkte traden, aber Trader
sollten unbedingt täglich meditieren, um sich zumindest zeitweise mental zu
entspannen.
Ich denke jedenfalls, dass der 19.Sinn, oder die in ihm enthaltene Gruppe der PSISinne, durch den Zugang zum M-Feld erklärbar ist. Das könnte eventuell aber
auch auf die Sinneswahrnehmung generell zutreffen.
11.4.
5 Sinne
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
139
Zurück zu den Sinnen:
Wir nehmen also jede Sekunde eine weite Bandbreite von Informationen durch die
Sinne auf und verarbeiten diese. Nur ein sehr geringer Bruchteil dieser wird uns
bewusst.
Für unser praktisches Vorgehen ist es sinnvoll das klassische Modell der 5 Sinne
zu nutzen: Gesicht, Gehör, Gefühl, Geruch, Geschmack. Visuell, auditiv, somatosensorisch, olfaktorisch, gustatorisch. Wobei man wissen sollte, dass sich der
somato-sensorische Sinn in 5 Sinne unterteilt: taktil-haptisch, viszeral, vestibulär,
propriozeptiv, physiologisch. Dieser Sinn wird in NLP-Kreisen als „kinesthetisch“
oder „kinästhetisch“ bezeichnet, was ihn unzutreffend bezeichnet, da „Kinesthetik“
soviel wie Bewegung bedeutet und nur der propriozeptive Sinn mit dieser direkt
etwas zu tun hat.
11.5.
Die Mentale Repräsentation des Marktes und des
Selbst als Trader
Wie repräsentieren Sie sich den Markt besonders? Wenn Sie an den Markt
denken: Sehen Sie den Markt vor Augen, hören Sie Rufe der Trader, Meinungen,
Anschwellen, fühlen Sie eine Aufregung oder Zuversicht oder Unruhe, riechen Sie
den Markt, schmecken Sie diesen?
Wie repräsentieren Sie sich selbst als Trader? Richten Sie bitte mal den
Taschenlampenstrahl Ihrer Awareness auf die Repräsentation Ihrer selbst in der
Funktion des Börsianers oder Traders oder Händlers. Wir haben ja alle fortwährend
mit Märkten zu tun und geben Gebote ab und machen Angebote. Das, was in
unserer ökonomischen (und wohl nicht nur in dieser) Welt funktioniert, ist als fairer
Markt organisiert. Alles, was per Verordnung funktioniert, wird sich irgendwann als
schlecht angepasst wiederfinden. Hierarchische, per Dekret funktionierende
Strukturen tendieren dazu größer zu werden als ihr Habitat erlaubt. Märkte
erlauben Selbstorganisation und erzwingen die Anpassung an die Umwelt.
Wenn Sie also an sich als Trader denken, kann es sein, dass Sie ein Trader an
Börsenmärkten sind. Es kann aber auch sein, dass Sie auf dem Arbeitsmarkt
handeln. Oder: Auf dem Ehemarkt, auf dem Kunstmarkt, auf dem
Gesundheitsmarkt. Sie sind fortwährend auf mehr oder weniger fair organisierten
Märkten tätig und geben Angebote ab oder fragen etwas nach. Wie repräsentieren
Sie sich jeweils?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
140
Inkongruente Angebote werden auf dem Markt letztendlich durchschaut.
Inkongruent heißt: Vordergründige Darstellung und das, was dahinter steht, sind
nicht gleich. Wenn wir mehr anzubieten versuchen, als wir sind oder glauben zu
sein, wird der Markt das merken. Wenn wir um mehr nachfragen, als wir zahlen
können, wird es auch Probleme geben.
Wie also nun ist Ihre Innere Repräsentation von sich selbst als Trader? Was sehen
Sie auf Ihrem inneren Bildschirm, wen sehen Sie? Wie hört sich dieser Mensch
an?
Besonders wichtig in der Mentalen Repräsentation des Traders ist natürlich das
Körpergefühl, welches wir in 5 Sinne unterteilen können. Ist Ihr innerer Trader
müde oder wach? Wie steht sie oder er im Raum und wie bewegt sie oder er sich?
Ist sie oder er schwer oder eher leicht? Eher nach links oder nach rechts? Wie ist
da Bauchgefühl? Und wie fühlt es sich auf der Haut an, in diesem Markt ein
Händler zu sein?
Wie duftet der Händler, was riecht er und welchen Geschmack hat sie oder er auf
der Zunge?
Wenn Sie diese Repräsentation sich bewusst machen und beobachten: Stimmt
diese mit Ihrer tatsächlichen Position in dem Markt überein? Wollen Sie diese
Repräsentation anpassen? Wollen Sie Ihre tatsächliche Position erweitern und das
damit beginnen, dass Sie die innere Mentale Repräsentation von sich erweitern?
Denn das wäre sinnvoll.
Wenn Sie indes zu weit ist, werden Sie fallen oder platzen. Wir sollten uns an dem
orientieren, was unsere Realität ist und dann diese graduell erweitern und
erweitern. Träume sind Schäume. Aber ohne Träume gäbe es keine Entwicklung.
Wir wollen also bewusstes Träumen lernen.
Oft ist es ausreichend für ein Aha-Erlebnis sich der Mentalen Repräsentation
gewahr zu werden, mit der man sich selbst und die eigene Konstruktion der Welt
formt. Oft verändert sich das ans Licht gezogene dann schon von selbst. Wir
haben durch die Veränderung der Details einer Mentalen Repräsentation, der
Qualitäten, noch ein genaueres Werkzeug.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
141
12.
Qualia Designing
12.0.
Qualitäten-Management
12.0.1.
Kleine Übung zur Veränderung der Erinnerung
12.1.
Überblick über die Qualitäten nach Sinnen
12.1.1.
Visuell
12.1.2.
Auditiv
12.1.3.
Somato-sensorisch
12.1.4.
Olfaktorisch
12.1.5.
Gustatorisch
12.1.6.
Zahlen- und Sprachsinn
12.2.
Fragebogen zur Abfrage von Qualitäten
12.2.1.
Fragebogen
12.2.2.
Kleine Übung zur Anwendung des Fragebogens
12.3.
Einige Anwendungen aus dem Trader-Alltag
Die folgende Technik der Selbstveränderung halte ich für die potentiell
machtvollste, die es gibt. Selbstverständlich kann die Darstellung in einem Absatz
in diesem Buch eher nur eine Kurzdarstellung sein und eine Praxis als Coach oder
Therapeut mit dieser Technik bedarf einer Ausbildung.
Der wesentliche Punkt ist nicht die Art und Weise der Technik. Die ist einfach. Sie
wird als „Submodalitäten-Veränderung“ in NLP-Trainings seit fast 30 Jahren gelehrt
und praktiziert. Der wesentliche Punkt ist zu wissen, welche „Submodalität“ man
wann, wie und wie sehr verändert.
Was für Sie wichtig ist: Sie können sich die Details (und vor allem die strukturellen
Details) Ihrer Mentalen Repräsentationen bewusst machen. Sie können die
Wirkung der Mentalen Repräsentation auf Ihre Wahrnehmung der Welt, Ihre
Handlungen in der Welt und Ihre Emotionen gegenüber der Welt, entscheidend
verändern.
12.0.
Qualitäten-Management
Wir bauen unser inneres Weltmodell aus Mentalen Repräsentationen. Diese
wiederum bestehen aus Qualitäten. Ein inneres Bild z.B. hat „Farbe“ oder
„Perspektive“.
In der philosophischen Diskussion über „Bewusstsein“, die in English geführt wird,
heißen diese Bausteine „Qualia“. Im Deutschen würde ich als Begriff „Qualität“
vorziehen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
142
Im NLP nehmen die strukturellen Qualitäten unter dem Namen „Submodalitäten“
eine herausragende Rolle ein. Wie fast alle Ausdrücke im NLP ist auch dieser
irreführend und deshalb wollen wir ihn nicht verwenden. Allerdings ist die Arbeit mit
diesen Submodalitäten einer der wesentlichen Schritte im NLP, mit denen der
Anspruch des „Programmierens“ des eigenen Hirns tatsächlich durchgeführt
werden kann. NLP wiederum hat zumindest Teile des Konzepts von der Perception
Control Theory (PCT)20 genommen, einer psychologischen Theorie, die
Systemtheorie und Wahrnehmung verbindet .
PCT hat herausgefunden, dass wir oft über eine einzige Wahrnehmung und einen
einzigen Wahrnehmungskanal unser Verhalten kontrollieren. Beim Autofahren wird
der eine die Geschwindigkeit visuell über den Blick auf den Tacho kontrollieren, der
andere wird das Motorgeräusch hören, der dritte wird die Vibration spüren. Der
Druck auf das Gaspedal wird dann automatisch gekoppelt sein.
Es kann also vorkommen, dass die Veränderung einer einzigen Komponente die
gesamte Repräsentation verändert. Diese Intervention ist potenziell sehr machtvoll
und sie sollte bewusst und mit Bedacht eingesetzt werden. Einige Einstellungen
sollten nur vorsichtig beeinflusst werden.
Die Qualitäten können in zweierlei Art unterschieden werden: Phänomenologische
und strukturelle Qualitäten.
Phänomenologische Qualitäten bilden die „Phänomene“ der inneren Welt (und die
äußere Welt ist ein Modell, welches wir innen bilden): Farbe, Töne, Fühlbares,
Gerüche, Geschmäcke.
Strukturelle Qualitäten bilden die Strukturen der Repräsentationen: Hell/Dunkel,
Perspektive, Intensität, Dauer.
12.0.1.
Kleine Übung zur Veränderung einer Erinnerung
Zur Veranschaulichung eine kleine Übung: Erinnern Sie sich bitte an ein Ereignis
der vergangenen Woche, welches eher unangenehm war. Es soll ein Ereignis, bei
dem es O.K. ist, wenn es in der Erinnerung leichter und sympathischer wird.
Nehmen Sie die Erinnerung wahr. Was sehen Sie vor Ihrem inneren Auge? Was
hören Sie in Ihrem inneren Ohr?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
143
Es sind die inneren Organe, bzw. die betreffenden Areale des Gehirns, welche die
sensorische Wahrnehmung erschaffen. Der Input, der durch die äußeren Organe
aufgenommen und durch die Sinnesnervenbahnen zum Gehirn geleitet wird, ist
nichts als eine Abfolge von digitalen Signalfolgen.
Wie genau wir diese Welt erschaffen mit ihren Qualitäten, das ist (noch) ein Rätsel.
Hinzu kommt, dass sich diese inneren Weltschöpfungen ähneln, sonst könnten wir
uns kaum über die Schönheit eines Sonnenuntergangs unterhalten. Es gibt derzeit
mehrere Theorien zu diesem Problem und mir scheint die am aussichtsreichsten,
die das phänomenologische Bewusstsein als einen Baustein der Existenz ansieht,
physikalisch gleichrangig mit Masse, Raum und Zeit. Dieser Ansatz wird z.B. von
dem in USA lehrenden australischen Philosophen David Chalmers vertreten. Da
die Mysterien der Quantenphysik ebenfalls Bewusstseinsphänomene beinhalten,
gibt es Überschneidungen mit diesem Ansatz mit Ansätzen, die das Gehirn für
einen Quantencomputer halten, bzw. für einen Empfänger eines MegaQuantencomputers.
Nichtsdestotrotz: Sie haben eine Welt in ihrem Kopf, in der Sie selbst vorkommen,
der eine Welt in ihrem/seinem Kopf hat.
Und Sie können diese Welt in Ihrem Kopf von außen betrachten und sich ihrer
gewahr werden und sie verändern.
Nehmen wir also die Erinnerung an ein leicht unangenehmes Ereignis der letzten
Tage. Die Erinnerung beinhaltet ein Bild davon. Stellen Sie sich vor, dass Sie
dieses Bild ein wenig heller machen können. Drehen Sie sozusagen an dem
Helligkeits-Regler und nehmen Sie wahr, wie das Bild an die Erinnerung heller
wird. Wird das Ereignis dadurch unangenehmer oder angenehmer? Machen Sie es
dunkler! Angenehmer oder unangenehmer?
Stellen Sie einfach nur fest, dass Sie die Komponente „Helligkeit“ verändern
können.
Wir können alle diese Qualitäten verändern. Mit einigen Veränderungen wird sich
die Qualität der gesamten Repräsentation verändern, mit anderen nicht oder
weniger.
Für einige Menschen und bei einigen Repräsentationen wird es durch „heller
machen“ angenehmer, bei anderen wird es durch die gleiche Veränderung
unangenehmer.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
144
Es gibt phänomenologische und strukturelle Qualitäten. „Phänomenologisch“ heißt:
Dieses ist als Phänomen wahrnehmbar. Farbe ist ein Phänomen. Helligkeit ist eine
strukturelle Komponente des Phänomens. Wenn es nur Helligkeit gäbe und keine
Farbe, könnten wir es nicht wahrnehmen. Farbe ohne eine
Veränderungsmöglichkeit der Helligkeit könnte es aber geben. Helligkeit ist eine
strukturelle Komponente der Farbe. Es ist sehr viel einfacher diese strukturellen
Komponenten zu verändern als die phänomenologischen. Daher nutzen wir eher
diese in unserer Veränderungsarbeit.
12.1.
Überblick der Qualitäten nach Sinnen
Was also wären die Qualitäten?
Wir gehen die 5, bzw. exakter: 19, Sinne durch:
12.1.1.
Visuell:
Das visuelle System besteht aus zwei Sinnessystemen: Schwarzweiß-Sehen und
Farbensehen. Schwarz, Weiß und Farben sind also die qualitativen Phänomene.
Die strukturellen Qualitäten sind:
•
Helligkeit
•
Kontrast
•
Tiefe (2-dimensional oder 3-dimensional)
•
Bewegt oder still
•
Lokalität (Ort und Richtung des Bildes)
•
Form des Bildes
12.1.2.
Auditiv
Das auditive System besteht aus akustischen Signalen. Das sind Töne,
Geräusche, Stimmen.
Die strukturellen Komponenten sind:
•
Tonhöhe
•
Lautstärke
•
Dauer Anhaltend oder unterbrochen
•
Voll oder flach
•
Monoton
•
Richtung oder Richtungen
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
145
12.1.3.
Somato-sensorisch
Das somato-sensorische Sinnessystem besteht ja aus 5 Systemen. Von der
Struktur her variieren die gefühlten Qualitäten fast nur in der Intensität. Wenn also
„Schmerz“ eines der Phänomene der Somatosensorik ist, dann ist dieser strukturell
durch unterschiedliche Intensität, wie „schwacher“ Schmerz und „großer“ Schmerz,
charakterisiert.
Im somato-sensorischen System interessiert uns also erst einmal mehr die
phänomenologische Komponente, die wir dann über die strukturelle Komponente
der Intensität verändern können. Wir können meist auch den Ort im Körper
verändern und die Ausdehnung.
Wir haben also 5 somato-sensorische Sinnessysteme und deren Qualitäten:
•
takil-haptisch
•
viszeral
•
vestibulär
•
propriozeptiv
•
physiologisch
Das Sinnesorgan für „Taktil-haptisch“ ist die Haut. Wir nehmen die Qualitäten von
Schmerz, Lust, Druck, Temperatur auf. Diese können strukturell nach Intensität, Ort
und Ausdehnung verändert sein.
Ähnlich ist es mit der viszeralen Wahrnehmung. Das ist sozusagen das Hautgefühl
in den inneren Organen, vor allem Magen und Darm. Wir nehmen auch innerlich
Schmerz, Lust, Druck und Temperatur wahr. Wir können wiederum die Intensität
verändern und den Ort und die Ausdehnung.
Das vestibuläre System sitzt im Innenohr und reguliert Gewicht und Balance. Die
Intensität des Gewichtsgefühls kann variiert werden. Dieses kann für die Balance
links und/oder rechts unterschiedlich eingestellt werden.
Die Propriozeption nimmt die Position der Gelenke und Knochen des
Körperskeletts im Raum wahr. Die Körperhaltung kann aufrecht oder geschrumpft,
oder wie immer man diese bezeichnen will, sein. Es wird eine Geschwindigkeit
wahrgenommen, die schnell oder langsam sein kann..
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
146
Die physiologische Wahrnehmung der Zellen gibt uns Mitteilung über deren
Energiezustand. Sind wir müde oder wach? Auch das können wir in der Intensität
variieren.
12.1.4.
Olfaktorisch
Das olfaktorische System nimmt mit der Nase Gerüche wahr, also chemische
Substanzen. Diese haben über 1000 Qualitäten. Nichts ist so differenziert in der
Phänomenologie wie der Geruchssinn. Die Intensität kann wiederum schwanken
und von uns verändert werden.
Das verwandte Sinnessystem der Wahrnehmung von Pheromonen durch die Nase
läuft völlig ohne bewusste Wahrnehmung. Die Wahrnehmung dieses System ist
verkümmert, wir können es für unsere Arbeit ignorieren. Wobei es sicherlich noch
Einfluss hat. Das „Ich kann ihn nicht riechen!“ bezieht sich wohl eher auf die
Ausstrahlung der Pheromone dieses Menschen als auf den tatsächlichen Duft.
12.1.5.
Gustatorisch
Das gustatorische System besteht aus 5 oder 6 Geschmackssystemen, die
chemische Signale im Gaumen und Zunge aufnehmen. Diese können intensiver
oder schwächer sein. Mit etwas Übung als Gourmet oder Koch werden wir uns auf
die Nuancen einstellen können. Können wir die Intensität verändern? Können wir
etwas süßer oder bitterer machen? Zweifellos variiert diese Wahrnehmung und ist
somit veränderbar.
12.1.6.
Zahlen- und Sprachsinn
Über Qualitäten des Zahlen- und des Sprachsinns gibt es noch zu wenig
Forschung. Diese Sinne sind ja eher abstrakt.
Grundsätzlich würde man sagen, dass Zahlen und Worte durch Repräsentationen
aus den wahrnehmenden Sinnen gebildet sein müssen. Es gibt aber offensichtlich
Menschen, die das nicht unbedingt machen. Einstein konnte angeblich in rein
mathematischen Formelwelten denken. Das wird auch für andere mathematische
Genies gelten. Es gilt auch für autistische Menschen, sog. „Savants“ oder
Menschen mit „Aspergers Syndrom“, die komplizierte Rechnungen oder
Erinnerungsaufgaben in Sekundenschnelle durchführen können.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
147
Der Sprachsinn ist vor allem als ein Sinn für Syntax, für eleganten oder
zutreffenden Satzbau, angedacht. Zweifellos ist der bei Menschen unterschiedlich
angelegt. Auch hier wäre die Beschäftigung damit eher Neuland.
Das gilt natürlich auch für die PSI-Sinne. Wobei gerade hier viel Forschung
betrieben wird. In jüngerer Zeit bekannt geworden ist das „Remote Viewing“. Bei
diesem Fernwahrnehmen versuchte eine Gruppe PSI-Begabter für den
amerikanischen Geheimdienst militärische Informationen per Fernwahrnehmung
aufzuspüren. Dieses hatte angeblich mehr Erfolg als erwartet. 1999 kaufte ich mir
nach dem Besuch eines sehr interessanten Vortrags von Joe McMoneagle21,
dessen Buch „The Ultimate Time-Machine“. Selbstverständlich war ich daran
interessiert per Remote Viewing die Börsenkurse vorhersagen zu können. (Damit
habe ich vor allem in Zusammenhang mit der in Kapitel 17 zu besprechenden
Karma-Line gearbeitet, tendenziell erfolgreich übrigens.) Wenn man das Buch
heute liest, wird man feststellen, dass keine der Prognosen bisher eingetroffen ist
(der Papst lebt immer noch) und Ereignisse wie der 11.September oder der IrakKrieg nicht gesehen wurden. Zeit ist etwas, was in jedem Moment neu entsteht.
Wahrnehmung ist ein aktiver Prozess! Wir nehmen wahr, was wir wahrnehmen
wollen!
12.2.
Fragebogen zur Abfrage von Qualitäten
Wir wollen das Management der Qualitäten für die Veränderung von Einstellungen
oder Zuständen effektiv einsetzen. Dazu erfragen wir erst einmal die genauen
Qualitäten der Repräsentationen.
Ich habe dazu folgenden Fragebogen entwickelt und setze diesen in meinen
Coachings ein. Dieser erfragt die wesentlichen Qualitäten in systematischer Form:
Abfrage der Qualitäten einer Mentalen Repräsentation
Nr.
V.1.
Qualität
Welche Farben, wie intensiv?
V.2.
Hell oder dunkel?
V.3.
Scharf oder verschwommen?
V.4.
Tief oder flach?
V.5.
Bist du in dem Bild oder siehst
Zustand A
Zustand B
du dich in dem B.? Ass.-diss.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
148
V.6.
Ist das Bild bewegt oder still?
V.7.
Wo siehst du das Bild
(Richtung, Entfernung,
V.8.
Größe)?
Welche Form hat das Bild?
A.1.
Rahmen oder kein Rahmen?
Welche akustischen Töne,
A.2.
Geräusche, Stimmen?
Eher hoch oder tief?
A.3.
Eher laut oder leise?
A.4.
Andauernd oder
unterbrochen?
A.5.
Eher voll oder flach?
A.6.
Monoton oder melodisch?
A.7.
Aus welcher Richtung kommt
Se.1.
dieser? Entfernung?
Wie fühlt es sich auf der Haut
an? (Druck, Kontur, Textur,
Se.2.
Konsistenz?)
Temperatur auf der Haut?
Se.3.
Warm oder kalt?
Schmerz, Behagen oder
Si.1.
neutral a. d. Haut?
Wie fühlt es sich im Körper,
im Bauch, in den Organen an?
Si.4.
Temperatur? Druck?
Energie?
Sp.1.
Müde oder wach?
Wie ist die Körperhaltung?
Sp.2.
Bewegung? Schnell und
langsam?
Sp.3.
Balance? Nach links oder
nach rechts, nach vorn oder
Sp.4.
hinten?
Gewicht? Schwer oder leicht?
O.1.
Welcher Geruch?
G.1.
Welcher Geschmack?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
149
Wie intensiv ist die Qualität jeweils?
Was geschieht mit der kognitiven oder emotionalen Bewertung, sobald die Qualität
intensiviert oder abgeschwächt wird?
12.2.2.
Übung zur Anwendung des Fragebogens
Nehmen Sie also einen Zustand, den Sie verändern möchten. Ermitteln Sie die
Mentale Repräsentation und fragen Sie sich nach den spezifischen Qualitäten.
Tragen Sie dieses in Spalte A ein.
Fragen Sie sich dann nach dem erwünschten Zustand. Wie sähe es aus, hörte es
sich an, würde es sich anfühlen, wenn Sie in dem Zustand wären? Tragen Sie
diese Qualitäten in Spalte B ein!
Vergleichen Sie nun beide Spalten. Einige Qualitäten werden identisch sein.
Andere werden sich unterscheiden.
Nehmen Sie eine Qualität aus der Repräsentation von Zustand A und überführen
Sie diese in die Art oder Intensität wie in der Repräsentation von Zustand B.
Registrieren Sie ob diese Veränderung einer einzelnen Qualität das Gefühl
entscheidend verändert, bzw. machen Sie so viele Ausrufezeichen rechts daneben,
wie die Intensität der Veränderung war. Machen Sie es immer nur für eine Qualität
und führen Sie die Veränderung immer wieder in den Ausgangszustand zurück.
Sie werden feststellen, dass einige Qualitäten entscheidende Veränderung
bewirken. Eine einzige ist es vielleicht, die ganz besonders entscheidende
Veränderung mit sich bringt. Das ist der Driver.
Führen Sie mittels des Drivers und gegebenenfalls von ein oder zwei Qualitäten
mehr die Veränderung des Zustandes von A nach B durch.
Unterbrechen Sie und überprüfen Sie dann, ob die Repräsentation von dem
Ereignis, das Sie verändern wollten, bleibend verändert ist.
Diese Veränderungen per Qualitäten einer Mentalen Repräsentation können sehr
machtvoll sein. Bevor Sie eine Grundeinstellung bei sich verändern, sollten Sie
sehr genau überprüfen, ob das im Gesamtsystem Ihrer Innenwelt gut geheißen
wird.
12.3.
Einige Beispiele aus dem Trader-Alltag
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
150
Noch einmal zur Klarstellung: Wahrnehmung – Motorik – Emotion bilden eine
Einheit. Mit diesen drei Funktionen erschaffen wir „die Welt“ per Interaktion. Sie
sind voneinander wechselseitig abhängig.
Wenn wir die Wahrnehmung verändern, wird sich unsere Motorik (Bewegung,
Bearbeiten von Objekten, Sprache) und unsere Emotion verändern. Andersherum
aber auch: Die Wahrnehmung bei schnellem Gehen wird anders sein als die bei
langsamer Bewegung. Die Wahrnehmung aus Angst heraus wird anders sein als
die bei Freude.
Über die Wahrnehmung haben wir aber am leichtesten einen Hebel zur
Veränderung. „Seien Sie frei von Angst und Gier!“, lautet eine etwas
abgedroschene Börsenweisheit. Haben Sie schon einmal versucht, diese
Anweisung konkret durchzuführen? Dann viel Spaß!
Es ist aber durchaus möglich, wenn Sie die Wahrnehmung verändern. Das werden
wir mit Gier und Angst und ihren Folgen a la „Selling at Low, Buying at High“ in
Kapitel 22 an Hand einer Fallgeschichte durchführen.
Die meisten Wahrnehmungsprobleme, die Trader-Klienten angeben, sind nichtexistente, aus Missverständnisse entstandene, Scheinprobleme. „Ich erkenne das
High immer zu spät!“ Ja, klar. Ein High erkennt man dann, wenn die Kurve wieder
im Tal ist, das ist doch logisch. Der Trader, der am High, und am besten an jedem
High, nachweislich zutreffend sagt: „Dieser Kurs ist jetzt wie das Gasthaus auf dem
Gipfel der Zugspitze. Höher geht’s nimmer!“, muss erst noch geboren werden.
Und: Es kann nur einen geben!
Noch mal zum Mitschreiben: High und Low erkennt man nur in der Rückschau. Die
Börse ist nicht wie die Berglandschaft. Oder: Es ist wie die Berglandschaft, aber im
extremen Zeitraffer. Es hat einige Tausend Jahre gebraucht bis die italienische
tektonische Platte die Alpen aufgeschoben hat. Börse ist derselbe Prozess in
Minuten und sie stehen vorne an der Geo-Platte und lassen sich wie ein Surfer bis
nach Garmisch schieben. Rauf und runter geht’s und Sie können niemals sagen:
„Jetzt muss es aber drehen!“ Sie wissen an der Börse nie, ob Sie bei der
Aufschiebung der Alpen, des Himalajas oder des Bungsbergs („höchste“ Erhebung
in Schleswig-Holstein) dabei sind.
Also: Mal ein echtes Thema. Sie haben im vorherigen Kapitel gelesen, dass
Mentale Repräsentationen Orientierungen und Filter bilden. Die innere
Wahrnehmung prägt die äußere vor.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
151
Laden Sie bitte mal irgendeinen Chart auf den Bildschirm. Dieser soll für unsere
Überprüfung sein. Machen Sie den Bildschirm aus, so dass Sie vorübergehend die
Preisentwicklung nicht sehen können.
Ermitteln Sie mittels des Qualitäten-Fragebogens die mentalen Repräsentationen
für „Ich habe gute Gewinnaussichten“ und für „Ich habe schlechte
Gewinnaussichten!“ Stellen Sie besonders die Unterschiede in Qualitäten fest, die
einen Unterschied machen!
Ermitteln Sie die innere Mentale Repräsentation für Ihre Gewinnchancen in dem
Markt, der sich hinter dem nun noch schwarzen Screen verbirgt. Stellen Sie die
Driver-Qualität so ein wie bei „schlechte Gewinnaussicht“. Stellen Sie den
Bildschirm an und nehmen Sie wahr, wie stark Ihre Zuversicht ist, dass Sie mit
diesem Markt Geld machen könnten. Bewerten Sie diese auf einer Skala von 1 bis
10, wobei 10 höchste Chancen symbolisiert.
Machen Sie den Bildschirm wieder aus und unterbrechen Sie, in dem Sie sich an
Ihren letzten Ski-Urlaub erinnern. Und wenn Sie, wie ich als überzeugter
Flachländer, noch nie Ski-Urlaub gemacht haben und der Bungsberg die höchste
Erhebung ist, die Sie kennen (wollen), dann erinnern Sie sich jetzt an den höchsten
Punkt, an dem Sie bisher waren. Welcher Flug war das? Oder sind Sie noch nie
geflogen und es war eine Erhebung in der Landschaft? Oder war das, als Sie oben
auf der Leiter standen und bei Rapunzel anklopften?
Nun laden Sie sich die Repräsentation für „Gute Gewinnaussichten“ auf Ihren
inneren Bildschirm. Eventuell nehmen Sie die Aufzeichnungen aus dem
Fragebogen zu Hilfe.
Dann stellen Sie wieder den Bildschirm an und schauen erneut auf den Chart. Wie
hoch ist Zuversicht nun auf der Skala von 1 bis 10? Sehen Sie plötzlich Chancen?
Erkennen Sie nun eher Möglichkeiten, wie dieser Markt zu traden ist?
So sollte es natürlich sein. Es ist wie bei der selbsterfüllenden Prophezeiung und
mittels des Qualitäten-Management können Sie die Erwartung und die
Prophezeiung selbst einstellen.
Wenn das Gegenteil herauskommt, sind Sie evtl. ein sogenannter „Polarity
Responder“. Sie machen oder erfahren als ein solcher das Gegenteil vom
intendierten. Da ich selbst zu dieser eher seltenen und gefährlichen Gattung
gehöre, kann ich einiges zu dem Thema sagen. Sie finden Hinweise auf meiner
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
152
Website. Die einfachste Lösung: Wenn Sie gute Gewinnchancen erkennen wollen,
setzen Sie als Polarity Responder eben vorher die Brille von „schlechte
Gewinnaussichten“ auf. In der Kinesiologie und besonders in der „Thought Field
Therapy (TFT)“ nach Callahan22 gibt es spezielle Interventionen durch Klopfen auf
besondere Punkte, mit denen die hier so benannte „Psychologische Umkehrung“
ausgeglichen wird.
Machen Sie für sich selbst Prophezeiungen zu verschiedenen Themen und
Ereignissen Ihrer Umwelt und lassen Sie sich von der „Selbsterfüllung“
überraschen! Überprüfen Sie, ob und wie Veränderungen in der Einstellung der
Qualitäten das Feedback durch Ihre Mitmenschen und die Welt beeinflusst!
Mittels dieser Methode des Qualia Designing lassen sich die Handicaps, welche
Behavioral Finance (z.B. die Loss Aversion) zutreffend herausgefunden hat,
korrigieren.
Dazu mehr in den weiteren Kapiteln.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
153
13.
Neurologische Attraktoren
13.1.
Neurologische Attraktoren
13.2.
Installieren von Neurologischen Attraktoren
13.3.
Circle of Excellence
13.4.
Visuelle Anker
13.5.
Akustische, olfaktorische und gustatorische Anker
13.6.
Anker kollabieren
13.6.1.
Mittels Circle of Excellence
13.6.2.
Change History
13.7.
Swish
13.1.
Neurologische Attraktoren
Der Begriff „Anchoring“ oder „Ankern“ wird im NLP verwendet für eine Art von
Technik, die ursprünglich aus dem Behaviorismus stammt. Der erste
wissenschaftlich untersuchte „Geankerte“ war Pavlov’s Hund.
Es werden also sinnliche Reize mit einem physiologischen Zustand verbunden.
Das Wahrnehmen des spezifischen sensorischen Reizes löst den Zustand aus.
Immer wenn der Hund die Glocke hörte, wurde der Zustand „Erwartung von Futter
mit Speichelfluss“ ausgelöst. Immer wenn wir einen Song aus der Zeit der ersten
Liebe hören, fühlen wir wieder die Unsicherheit und Euphorie jener Tage. Immer
wenn ein bestimmter Geruch unsere Nase durchströmt, erinnern wir uns an ein
Ereignis oder eine Zeit und nehmen eine bestimmte Haltung ein.
Wir können diese Auslöser als „Anker“ bezeichnen. Sie sind vom Schiff, mit dem
wir unser Leben bereisen, auf dem Urgrund des Wahrnehmungs-Ozeans
geworfen, so dass das Schiff auch in rauer See einen Halt und eine Orientierung
hat. Wir können uns bei dieser Metapher schon vorstellen, was zu viele Anker
bewirken: Das Schiff verliert an Bewegungsfreiheit. Genau das geschieht auch im
Leben. Bisweilen ist es sinnvoll, auszubrechen. Die Reise in eine ankerfreie
Umgebung ermöglicht Entspannung und Neuorientierung. Der Umzug in eine neue
Stadt, in der noch keine Anker gesetzt sind, gibt Raum für neue Erfahrungen und
Verhalten. Der Mensch in der gewohnten Umgebung hat Schwierigkeiten damit,
etwas althergebrachtes zu verändern, denn die automatischen Zustandsabläufe
sind tief geankert.
Das Ankern der Umgebung ist auch sinnvoll, denn so sind viele Abläufe zu
Automatismen geworden, und wir brauchen nicht weiter darüber nachdenken. Das
spart Zeit.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
154
Es wäre sehr sinnvoll, wenn wir uns der Anker in unserer alltäglichen Umgebung
bewusst werden. Wir können diese einstellen und verändern. Wir könnten auch
Anker bewusst installieren.
„Ankern“ oder „Anchoring“ ist in jedem NLP-Training ein wesentlicher Bestandteil
und weitere Ausführungen werden wir in den meisten NLP-Büchern finden.
„Anker“ ist zwar eine schöne Metapher, aber sie ist nicht immer angemessen. Ich
ziehe „Neurologische Attraktoren“ vor. Unsere Neurologie, dieser Ozean aus den
Verbindungen von Billionen von Neuronen, ist ein chaotisches Feld. Der
Neuroforscher Hebb fand Ende der Vierziger Jahre des 20.Jahrhunderts heraus,
dass Neuronenverbindungen, die benutzt wurden, verstärkt werden, so dass
Impulse diesen Weg eher wieder nehmen als einen nicht oder selten benutzten. So
lernt das Gehirn und behält das Erlernte und ist evtl. an einem bestimmten Punkt
übertrainiert.
Diese gewohnten Bahnen sind wie Attraktoren in einem chaotischen Feld. Die
neuronale Energie fühlt sich hier eher angezogen.
Wir können derartige Attraktoren bewusst erzeugen und nutzen und auch löschen.
13.2.
Installieren von neurologischen Attraktoren
Beginnen wir mit taktil erzeugten Neuro-Attraktoren:
Sie müssen hierfür eine ungewohnte Körperstelle auf eine besondere Art berühren.
Sie können z.B. ein Ohrläppchen auf bestimmte Weise drücken oder die
Nasenspitze.
Aber bevor Sie das konkret tun, müssen wir erst einmal wissen, was genau wir
dorthin „ankern“ wollen.
Wir könnten eine zuversichtliche, disziplinierte, konzentrierte Trader-Haltung dort
ankern. Dazu müssten Sie sich an eine derartige Haltung erinnern können. Wenn
Sie also schon einmal derart getradet haben, können Sie sich daran jetzt mal
detaillierter erinnern?
Sie können auch ein Erlebnis aus einem anderen Bereich nehmen, bei dem Sie
zuversichtlich, diszipliniert und konzentriert waren. Wenn Sie beim Trading noch
nie zuversichtlich, diszipliniert, konzentriert waren, nehmen Sie einfach den
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
155
Moment beim Autofahren, bei dem Sie fuhren und es genossen und die besagten
Eigenschaften hatten. Oder bei einer anderen Tätigkeit, die Sie gut können.
Assoziieren Sie sich nun bitte gefühlsmäßig in diesen Zustand. Wenn Sie ihn gut
fühlen können, berühren Sie bitte auf eine charakteristische Weise mit der einen
Hand oder einem bestimmten Finger den Ellenbogen des anderen Armes für eine
halbe Minute.
Gut. Nun wollen wir unterbrechen. Schütteln Sie die Hände aus und denken Sie an
Ihren Lieblingsfilmschauspielerin. Julia Roberts? Greta Garbo? Sharon Stone?
Berühren Sie nun wieder mit der Hand oder dem Finger den anderen Ellenbogen.
Spüren Sie, wie Sie, ohne dass Sie es geplant haben, diese Berührung wieder in
den vorher dort geankerten Zustand bringt? Zuversicht? Konzentration?
Diszipliniertheit?
Es braucht ein wenig Konzentration diese auszuführen. Und ein wenig die
Fähigkeit sich darauf einlassen zu können.
Auf diesen Reiz-Reaktions-Mustern, die installiert und gelöscht werden können,
beruht ein großer Teil der Verhaltenstherapie.
Und Sie kennen das sicher: Ein bestimmtes Kleidungsstück und das Gefühl auf
der Haut versetzt Sie wieder in einen Zustand aus der Vergangenheit. Dieser kann
angenehm oder unangenehm sein. Sie könnten sich ein kühles Gefühl im Sommer
durch das Aufsetzen einer Pudelmütze verschaffen.
Der Neurologische Attraktor wird umso stärker und zuverlässiger je regelmäßiger
Sie diesen auslösen. Wird er nicht benutzt, verwischt er wieder.
Wir verbinden praktischerweise auch Plätze und Orte dementsprechend mit
Erinnerungen, Fähigkeiten oder Stimmungen, z.B. unseren Trading-Platz.
13.3.
Circle of Excellence
Wir können sogenannte „Bodenanker“ installieren. Das sind Plätze auf dem Boden
oder der Erde, die mit besonderen Zuständen geladen werden. Sobald man sich
auf diese Plätze stellt, wird der besondere Zustand ausgelöst. Wir kennen das
auch von heiligen Plätzen und besonderen Orten.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
156
Eine Form des Bodenankers ist der „Circle of Excellence“, der „Kreis der
Außerordentlichkeit“. Die Anweisungen sind in „Du“-Form, das spricht besonders
das Innere Kind an.
1.
Erinnere Dich an eine Erfahrung in Deinem Leben, in der du etwas ganz
besonders gut gemacht hast. Eine herausragende Situation, in der du alle deine
Ressourcen zur Verfügung hattest und du deine Fähigkeiten in vollem Ausmaß
benutzt hast.
2.
Stelle Dir einen vor Dir liegenden Kreis vor. Welche Größe und Farbe hat
er?
3.
Denke an eine Zeit, in der Du die genannte Erfahrung hattest, gehe
vollkommen in sie hinein, und wenn du sie wiedererlebst, mache einen Schritt nach
vorne in deinen Kreis hinein. Lade etwa für eine halbe Minute die gute Erfahrung in
den Kreis.
4.
Dann komme wieder heraus. (Unterbreche den Zustand durch eine
ablenkende Frage.)
5.
Test. Nun gehe in Deinen Kreis und nimm wahr, was sich verändert, ob
diese Erfahrung voll zu Dir zurückkommt.
6.
Denke nun an eine Situation in der Zukunft, in der Du mehr dieser
Qualitäten zur Verfügung haben möchtest. Sobald die Situation kommt, tritt in den
Kreis hinein.
7.
Verketten. „Was könnte in dieser zukünftigen Situation falsch laufen?"
Sobald Du dieses fühlst, tritt schnell in Deinen Kreis.
8.
Trete aus Deinem Kreis heraus und rede ein wenig über die Zukunft. Wo
wird sich diese Situation abspielen? Wer ist noch dabei? Was passiert jetzt, wenn
du an diese zukünftige Situation denkst?
Errichten Sie doch einen Circle of Excellence an Ihrem Arbeitsplatz! Ziehen Sie
mental um Ihren Arbeitsplatz einen Kreis. Geben Sie ihm in der Vorstellung eine
Farbe. Erinnern Sie sich an eine besonders herausragende Begebung in Ihrem
Leben. Erinnern Sie sich ganz tief, begeben Sie sich in den Kreis und nehmen Sie
die Körperhaltung ein wie bei dem Erlebnis. Gehen Sie wieder hinaus und laden
Sie je nach Belieben weitere Ressourcen. Vielleicht ist es gut, den Schreibtisch
erst nach dieser Weihe und Segnung des Platzes hineinzustellen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
157
Als Vortragender und Trainer baue ich mir vor der Veranstaltung derartige Plätze
auf der Bühne. Wenn mich ein Teilnehmer kritisch angeht, trete ich in meinen Kreis
und ziehe daraus Stärke, unsichtbar und unbemerkt für alle anderen.
13.4.
Visuelle Neurologische Attraktoren
Wir kennen auch visuelle „Anker“. Eine bestimmte Farbe kann uns in einen
Zustand versetzen. Ein bestimmtes Bild erinnert uns an eine Situation im Urlaub
und wir fühlen auch wieder die Entspannung aus der Urlaubszeit.
In der Fernseh-Werbung werden natürlich auch visuelle Attraktoren eingesetzt.
Und womit auf der Titelseite steigern die Wochenillustrierten oder bestimmte
Tageszeitungen ihren Umsatz? Mit dem fundamentalsten visuellen Anker
schlechthin.
Da der erste visuelle Stimulus des Lebens die weibliche Brust ist, werden wir durch
diese während unseres ganzes Lebens in eine Nahrungserwartungshaltung
versetzt. Das müsste übrigens bei Frauen wie bei Männern funktionieren.
Sie können sich also per bestimmter Farben oder Bilder am Trading-Platz in einen
gewünschten Zustand bringen. Ist Urlaub oder die Sehnsucht nach einem fernen
Land der geeignete Attraktor für „Disziplin, das Handelssystem einzuhalten“? Ist
das Porsche-Modell auf dem Schreibtisch der geeignete Attraktor für „Ruhe
bewahren und abwarten bis die Situation reif ist?“
Wir brauchen hier also Achtsamkeit. Es könnte sein, dass wir ungünstige visuelle
Anker installiert haben. Daher wäre ich erst einmal für einen Arbeitsplatz in ZenArchitektur. Karg und leer.
Ich kann dann natürlich gewünschte Einstellungen, Zustände oder Fähigkeiten auf
irgendetwas ankern. Sie können eine farbige Karteikarte nehmen, sich an den
Zustand von „konsequenter Disziplin“ erinnern, den Sie hatten, als Sie etwas
bestimmtes gelernt hatten, und dann auf diese Karte schauen, so dass der
Zustand auf dieser geankert wird. Unterbrechen und testen Sie! Dann platzieren
Sie die Karte so an Ihrem Arbeitsplatz, dass sie im Grunde vergessen können,
wofür diese ist. Wann immer aber Sie zufällig mit dem Blick über diese Karte
schweifen, wird die Farbe Sie unterbewusst in den Zustand versetzen.
13.5.
Akustische, gustatorische und olfaktorische Anker
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
158
Besonders machtvoll sind auch akustische Anker. Wir kennen das gut: Eine
bestimmte Melodie, ein ‚Oldie’, bringt uns wieder in eine Zeit und eine Stimmung
aus lange zurückliegender Zeit.
Ist das Geplapper oder aufgeregte Geschnatter der „Anchorman“ oder der
„Anchorwoman“ eines Nachrichtensenders der ideale Neuro-Attraktor für das
Trading oder irgendeine Tätigkeit mit positiver Konzentration?
Nach der weiblichen Brust ist jede Form von Alarm für uns naturgemäß der
stärkste Reiz. Das ist durch die Millionen Jahre Evolution ausgewählt: Die, die am
schnellsten Gefahren erkennen und alarmiert sind, überleben und erzeugen
Nachkommen, denn der letzte wird gefressen.
Daher werden Nachrichtensender immer eine Stimmung von Alarm erzeugen.
Wenn die Sprecher fortwährend sagen: „Alles ist O.K., alles ist gut!“, wird der
Sender geringere Einschaltquoten haben als der Paniksender. Irgendwann wird ein
Sender auf die Idee kommen die beiden stärksten Neuro-Attraktoren zu
kombinieren und barbusige Nachrichtensprecherinnen auftreten lassen.
Welche Musik also könnte Sie in einen zum Trading gewünschten Zustand
versetzen? Ich selbst höre, ehrlich gesagt, am liebsten Heavy Metal oder Hip-Hop
mit viel „F... you, Motherf...er!“ beim Trading. Das bringt mich in Angriffslaune.
Seitdem aber der Computer das Handelssystem durchführt und ich dieses nur
supervisieren brauche und ansonsten Ruhe und Gelassenheit benötige, höre ich
lieber Miles Davis. Vor einem fließenden Klangteppich platziert er mit äußerster
Konzentration seine Trompetentöne, von denen jeder ein ganzes Spektrum von
Zuständen enthält.
Wenn wir mit Coachees arbeiten, werden wir oft Anker per Berührung oder auf
dem Boden installieren. Dabei ist es immer unterstützend durch eine bestimmte
Stimme und ein wie beiläufig gesprochenes: „Gut..“ oder ähnliches den Zustand
auch akustisch zu ankern.
Gustatorische Anker. Wie ist es mit Geschmacksankern? Bringt ein bestimmter
Geschmack Sie in einen bestimmten Zustand? Süßigkeiten sind bei uns in der
Kindheit oft geankert worden. Das ist dann manchmal hinderlich, wenn man auf die
Figur achten will. „Süß und fettig“ brauchten wir in der Steinzeit ganz besonders
und wundern uns heute, warum wir gern Milcheiskrem und Schokoriegel essen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
159
Am Ende dieses Kapitels besprechen wir die Methode zum Löschen von Anker.
Das ist bei den in der DNS eingegrabenen natürlich schwieriger, aber Sie sollten
vor Ihrer Schlankheitskur erst einmal einige Snacks „ent-ankern“.
Olfaktorische Anker wirken besonders stark, denn der Geruchssinn ist sozusagen
der älteste Sinn. Daher wird mit Duftlampen gearbeitet und Parfüm verspritzt.
13.6.
Anker kollabieren
Wir können auch zwei Neurologische Attraktoren „kollabieren“. Wenn wir zwei
Anker an derselben Stelle überlagern, wird der stärkere von beiden den
schwächeren ausgleichen. Das können wir nutzen zum Umwandeln negativer
Reize.
Wir können dieses Kollabieren besonders gut mit Bodenankern und mit durch
Berührung ausgelösten Ankern durchführen.
13.6.1.
Mittels Circle of Excellence
Wir benutzen als erstes die Technik des „Circle of Excellence“.
1. Installieren Sie einen „Circle of Excellence“.
- Imaginieren Sie einen Kreis.
- Laden Sie in den Kreis eine ressourcevolle Erinnerung.
- Verlassen Sie den Kreis und unterbrechen Sie.
- Testen Sie durch erneutes Eintreten in den Kreis.
- Laden Sie eine weitere Ressource (oder auch drei, vier).
- Unterbrechen.
- Testen.
2. Erinnern Sie ein Thema, in dem Ressourcen fehlen.
3. Treten Sie mit diesem Thema in den geladenen Kreis, um festzustellen, dass der
Mangel in der schwachen Sache behoben ist.
4. Unterbrechen.
5. Test.
6. Future Pace (Stellen Sie sich ein Ereignis in der Zukunft vor, in dem sonst die
Schwäche war, und stellen Sie fest, dass bzw. ob die hinzugeladenen Ressourcen
nun verfügbar sind).
13.6.2.
Change History
Diese Technik führt man am besten zu zweit als Coach(A) und Klient(B) durch.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
160
1. A und B.
A fragt B nach dem Einverständnis einen Körperteil zu berühren, zum Ankern.
2. A bittet B sich an eine positive Zeit zu erinnern.
3. Sobald B sich gut zu erinnern beginnt, setzt A den Anker.(etwa 1/2 Minute)
4. Unterbrechen, Testen
5. Einen zweiten Anker auf die gleiche Körperstelle setzen. (Anker stapeln)
6. Dann bittet A B sich an eine Situation zu erinnern, die er/sie ressourcevoller
haben möchte.
7. B ankert diese auf eine andere Körperstelle.
8. Unterbrechen, testen.
9. Testen der Ressource-Anker.
10. Testen des Weniger-Ressource-Ankers.
11. Halten des Ressource-Ankers mit „Und wäre es nicht sehr gut, diese
Ressourcen, auch in der Situation...“
12. Auslösen des Weniger-Ressource-Ankers bei gehaltenem Ressource-Anker
13. „..zur Verfügung zu haben?“
14.
Ressource-Anker lösen.
15. Physiologie beachten.
16. Bisherigen Weniger-Ressource-Anker lösen.
17. Unterbrechen, Testen, Future Pace
13.7.
Swish
Dieses NLP-Verfahren des sogenannten „Swish“ ist geeignet, neurologische
Attraktoren zu löschen. Einige dieser „Anker“ haben wir bewusst und willentlich
installiert. Viele aber sind da, ohne dass wir wissen, woher wir sie haben.
Erziehung, Werbung, Medien haben da ihren Anteil.
Sie haben bereits gelesen, dass Neurologische Attraktoren, die unbenutzt oder
selten ausgelöst werden, verblassen und verschwinden. Es gibt aber einige, die
werden alltäglich ausgelöst. Wir wollen uns von diesen auch befreien können.
Wenn Sie Raucher sind und eine angeboten bekommen, wird es Ihnen schwer
fallen diese abzulehnen. Es ist ein sozialer Anker, der in den Tagen der kollektiven
Nikotin-Sucht viele Bedeutungen hatte und Sympathie versicherte. Wenn Sie nun
mit dem Rauchen aufhören wollen, wird es Ihnen schwer fallen dem Anker der
angebotenen Zigarette zu widerstehen. Deshalb sind gerade bei Trainings zur
Beendigung der Nikotin-Sucht einige Swishs notwendig.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
161
Es gibt aber auch andere Auslöser. Vielleicht führen Sie sich bei Vorträgen oder
Auftritten sofort angegriffen, wenn ein Teilnehmer eine Zwischenfrage stellt oder
sonst wie Unruhe da ist. Aus der Verteidigung heraus kommt man nicht souverän
rüber und weckt gleich den Verdacht, dass es etwas zu verteidigen oder
vertuschen gibt. Auch hier kann man per Swish das Verhalten verbessern.
Trader kennen natürlich viele Neurologische Attraktoren, die nach einem Swish
kreischen. Der Kurs auf dem Bildschirm läuft gegen Sie und Sie sind gefangen
oder hektisch oder irgendwie aufgerufen. Sie hören eine Nachricht und werden
sofort pessimistisch und können Ihren Trade nicht mehr cool durchziehen.
Aber es gibt auch Anker, die nicht so offensichtlich sind. „An irgendeiner Stelle
verliere ich das Vertrauen in meinen Trade!“ Machen Sie eine Untersuchung,
schreiben Sie alle Vorgänge während der Trades mit. Der Auslöser kann etwas
sein, dass nicht unbedingt etwas mit dem Trading zu tun hat und Ihnen das
Vertrauen raubt: Eine ganz bestimmte Sekretärin, der Leiter der Handelsabteilung,
ein Lied im Radio, der Genuss von Kaffee, eine bestimmte Lufttemperatur oder
was auch immer.
Sie wollen nun nicht gleich die Sekretärin heiraten müssen, sondern einfach per
Swish eine Verhaltenweise installieren, bei der Sie Ihrem Trade trotz des Attraktors
treu bleiben können.
Also hier die Anleitung zu einem Swish. Es empfiehlt sich, wie bei eigentlich allen
hier beschriebenen Übungen, dieses einmal in der Praxis gesehen und unter
Anleitung erlebt und gemacht zu haben.
Einfach gesagt aber, sozusagen für den Hausgebrauch, gilt folgendes:
•
Erstellen Sie eine Mentale Repräsentation des unerwünschten Verhaltens
mit bestimmten Auslösern.
•
In dieser sollten Sie assoziiert sein und das Bild sollten einen Rahmen
haben.
•
Erstellen Sie eine weitere (dissoziiert) mit dem erwünschten Verhalten.
•
Lassen Sie die zweite Repräsentation klein werden, stellen Sie diese in
eine Ecke der ersten Repräsentation und lassen Sie schlagartig diese groß
werden, die alte verdrängen und die Mentale Repräsentation ausfüllen.
Sie können es auch so machen: Die Repräsentation mit dem unerwünschten
Verhalten entschwindet Richtung Horizont und plötzlich, wie von einem
Gummiband gezogen, kommt die neue herangerauscht. Es wäre günstig, wenn die
Verwandlung so geschieht, dass der Klient leicht nach oben und in die Richtung
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
162
der starken Hand (also beim Rechtshänder: rechts und beim Linkshänder: links)
schaut. Eventuell kann man am Ende die neue Repräsentation nach oben/andere
Seite ziehen, da dort dann die Region des visuellen Erinnerns ist und das neue
Verhalten dann eine Erinnerung geworden ist.
Wichtig ist immer, dass die Repräsentation des erwünschten Zustandes
machtvoller, stärker, attraktiver ist als die des alten Zustandes. Eventuell muss man
da manchmal noch etwas hinzufügen, z.B. einen Geruch von Ihrem Lieblingsduft.
Also hier einmal der gesamte Ablauf wie er in einer Coaching-Session angewendet
werden kann:
Wir nennen die Klienten in einer Coaching-Session auch gern „Coachee“, da
„Klient“ ein wenig nach „krank“ klingt.
Der Swish
1. Ermitteln Sie, welches das Verhalten oder die Reaktion des Coachees ist,
das oder die verändert werden soll.
2. Lassen Sie ein Bild des unerwünschten Verhaltens erstellen
Bitten Sie (A) Ihren Klienten oder Coachee (B) ein großes, klares und farbiges
assoziiertes Bild von sich selbst zu machen, während oder gerade bevor er/sie sich
auf die unerwünschte Art und Weise verhält. Dieses Bild wird alle die Hinweise
einschließen, die das unerwünschte Verhalten verursachen. Nehmen Sie das
äußere Verhalten genau wahr und identifizieren Sie Körpersignale. Bitten Sie B
dieses Bild kurz zur Seite zu stellen.
3. Lassen Sie ein Bild erschaffen, in dem der Klient ihre/seine Ressourcen
hat. (Ressource Person)
Fragen Sie B: "Wie würden Sie sich selbst als Mensch anders sehen, wenn Sie
dieses unerwünschte Verhalten nicht mehr länger haben? Machen Sie ein Bild von
sich, wie Sie sein würden, wenn Sie dieses unerwünschte Verhalten nicht mehr
hätten.
Dieses Bild ist nicht nur ein Bild von der Person, die z.B. nicht mehr raucht,
sondern ein dissoziiertes Bild von sich, in dem sie/er ein anderer Mensch ist fähiger, mit mehr Wahlmöglichkeiten, oder was auch immer wichtig für sie/ihn ist.
Versichern Sie sich, dass es ein Bild ist, welches eine starke positive Reaktion
bewirkt. Das Zufügen von auditiven Elementen wird dieses Bild sogar noch stärker
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
163
machen. Nehmen Sie das äußere Verhalten genau wahr und identifizieren Sie
Körpersignale.
4. Lassen Sie eine neue Realität erschaffen!
Lassen Sie B das Bild des unerwünschten Verhaltens ganz groß machen und völlig
das visuelle Feld ausfüllen und die Ressourcen-Person als kleinen, dunklen Punkt
in eine Ecke (z.B. rechts unten) zusammenschrumpfen.
5. Geben Sie die notwendigen Anweisungen, um den Swish zu machen
„Lassen Sie das Bild von dem erwünschten Zustand schnell größer und heller
werden, während das alte Bild dunkler und überwältigt wird. Machen Sie zur selben
Zeit ein „Swishgeräusch". Dann öffnen Sie bitte Ihre Augen. Wiederholen Sie
diesen Prozess fünf Mal."
Versichern Sie sich, dass B am Ende von jedem Swish eine Unterbrechung hat,
so dass das Verketten nur in eine Richtung passiert.
Sie kreieren eine Richtung mit diesem Prozess, in dem Sie drei verschiedene
Qualitäten auf einmal verändern: Die Größe, die Helligkeit und
assoziiert/dissoziiert.
Benutzen Sie Ihre Wahrnehmung der Körpersignale, um die internen
Vorgänge zu bestätigen.
6. Testen Sie
Bitten Sie B, sich an das Bild des unerwünschten Verhaltens zu erinnern. Nehmen
Sie Körpersignale wahr und vergleichen Sie die anfänglichen äußerlichen
Zugangshinweise mit den jetzt vorhandenen.
Wenn der Swish erfolgreich ist, wird es für B sehr schwer oder sogar unmöglich
sein, das Bild des unerwünschten Verhaltens zu halten; es wird sich spontan durch
das Bild der Ressourcen-Person ersetzen.
Unsere Welt ist voller Neurologischer Attraktoren, Anker. Das Trading-Environment
besteht aus vielen derartiger Erinnerungen.
Eine besondere Form von Ankern können bestimmte Chart-Formationen sein.
„Wenn es das letzte Mal bei einer derartigen Formation gedreht hat, muss es das
doch jetzt auch tun.“ Es wäre sicher gut auch diese Anker bisweilen mal gründlich
zu swishen. Denn der Markt ist wie das Leben, unberechenbar.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
164
14.
Selbstmanagement auf den 5 Inneren Ebenen
14.1.
Das Prinzip der „Logical Types“
14.2.
Die Inneren Ebenen
14.2.1.
Übung: Die 5 Inneren Ebenen
14.3.
Die Meta- und die Trans-Funktion
14.3.1.
Die Meta-Funktion
14.3.2.
Die Trans-Funktion
14.4.
Anwendungen für Trader
Für das effektive Selbstmanagement wollen wir ein Modell benutzen, in dem
unsere Neurologie Informationen auf 5 Ebenen verarbeitet.
Wir können diese Ebenen mit folgenden Metaphern anschaulich benennen:
•
Inneres Tier
•
Inneres Kind
•
Innerer Akteur
•
Innerer König
•
Innerer Gott
14.1.
Das Prinzip der „Logical Types“.
Anfang des 20.Jahrhunderts schrieben die englischen Mathematiker Bertrand
Russel und Alfred North Whitehead das Grundwerk der Mathematik „Principia
Mathematica“. Dieses sollte ein geschlossenes und logisches Gebäude abliefern.
Das Projekt scheiterte in gewisser Weise an den Paradoxen. Aussagen wie „‚Alle
Kreter lügen!’, sagte der Kreter.“, sind nicht logisch lösbar.
Russell und Whitehead lösten das Problem, in dem sie verbaten, das Aussagen
auf einer höheren logischen Ebene, einer Meta-Ebene über ein System, als Teil
des Systems angesehen werden. D.h.: Der „Logical Type“ einer Aussage über eine
Aussage muss in einer höheren Ebene angesiedelt sein.
Das war zwar irgendwie für Mathematiker unbefriedigend, da so ein endloser
Rückzug entsteht, sobald man dann wieder eine Aussage über die Meta-Aussage
macht usw., aber in der Praxis ist es anwendbar.
Die Auseinandersetzung über dieses Problem der selbst-referentiellen Paradoxa
führte den Mathematiker Kurt Gödel zu „Gödels Theorem“, in dem er bewies, dass
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
165
ein mathematisches System nur entweder vollständig oder logisch sein kann, aber
nie beides. „Gödels Theorem“ beendete in gewisser Weise den Anspruch der
Mathematik potenziell alles beschreiben zu können und gilt als einer der größten,
wenn auch ernüchternden, Erkenntnisse des 20.Jahrhunderts.
In unserer neuro-logischen Praxis, also in unserem Köpfchen, lösen wir dieses
Problem, indem wir entweder Paradoxa vermeiden oder den endlosen Rückzug
vage und offen lassen.
Nichtsdestotrotz benötigen wir mehrere Ebenen der Sortierung innerer Prozesse,
um nicht in selbst-referentiellen Paradoxa hängen zu bleiben. Da ab der 3.MetaStufe der Grad der Abstraktion für die meisten Menschen schon schwierig wird,
und eher nur wenige eine 4.Ebene denken können, macht es Sinn insgesamt 5
Ebenen zu beschreiben: eine Grund-Ebene und 4 Meta-Ebenen darüber.
In der Beschäftigung mit mentalen Themen ist es hilfreich, ein Problem der Ebene
zuzuordnen, auf der es auftritt. Weiterhin ist es sinnvoll eine Lösung über eine
Höhere Ebene zu suchen (und zu finden).
Da es uns leichter fällt, sinnlich wahrnehmbares zu erinnern, werden wir die 5
Ebenen mit metaphorischen Begriffen bezeichnen.
Wir werden sehen, dass diese Landkarte der inneren Matrix einige wertvolle
Instrumente des Selbstmanagement in die Hand gibt.
14.2.
Die Inneren Ebenen
Die erste Ebene ist die des Inneren Tieres.
Dieses ist die Ebene der Zellen, der Physiologie.
Diese Ebene ist völlig Materie.
Die zweite Ebene ist die des Inneren Kindes.
Dieses ist die Ebene des menschlichen Individuums, welches Teil einer sozialen
Einheit ist.
Dieses ist vor allem eine Ebene der Primären Emotionen.
Die dritte Ebene ist die des Inneren Akteurs.
Auf dieser Ebene koordinieren wir die physiologischen und sozialen Bedürfnisse
mit den Ansprüchen größerer sozialer Einheiten.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
166
Wir schaffen Ausgleich zwischen dem, was wir wünschen und innerlich müssen,
mit dem, was wir wollen, dürfen, sollen und von außen her müssen über das, was
wir können.
Die vierte Ebene ist die des Inneren Königs.
Der König (oder die Königin) bestimmt unseren Platz in der Gesellschaft. Er oder
sie übernimmt Werte und orientiert die unteren Ebenen an diesen.
Die fünfte Ebene ist die des Inneren Gottes
Der Innere Gott, bzw. die Innere Göttin, hat eine Sicht der gesamten Existenz und
vertritt Höhere Werte aus der Sicht einer ganzheitlichen Bestimmung. Auf dieser
Ebene sind wir das, was wir mehr als Körper und Gedanken sind.
Wir wollen dieses veranschaulichen und erfahrbar machen.
Sie mögen sich 5 farbige Kreise auf den Boden legen:
Wir identifizieren oder „ankern“ also die einzelnen Ebenen mit Farben. Da wir
dementsprechende Karten oder Flächen auslegen, schaffen wir also Bodenanker,
wie es in Kapitel 13 beschrieben ist.
In der indischen Wahrnehmung der menschlichen Aura werden dieser von unten
nach oben die Farben des Spektrums von Rot über Geld und Grün nach Blau und
Indigo oder Magenta zugeordnet.
Dementsprechend wollen wir das Innere Tier als die „unterste“ Stufe mit der Farbe
Rot verbinden. Dieses ist auch unsere sexuelle Seite und mit dem Sexual-Chakra
verbunden.
Das Kind ist mit der Körperzone des Bauches verbunden und die Farbe ist Orange.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
167
Der Akteur ist die Seite in uns, welche die Macht balancieren muss. Diese
Fähigkeit liegt im Solarplexus, dem Sonnengeflecht. Dieses ist natürlich Gelb.
König und Königin sind gut, wenn sie in ihrem Herzen sind. Die Farbe des HerzChakras ist Grün.
Die Farbe der Aura um Hals und Kopf ist Blau.
Es wäre denkbar, dass es entsprechend den Chakren 7 Logische Ebenen gibt. Die
dem 3. Auge (Farbe: Indigo) und dem Scheitel-Chakra (Farbe: Magenta oder
Weiß) entsprechenden Ebenen sind aber trans-logisch und für unsere Arbeit mit
den Logischen Ebenen daher eher unbrauchbar.
14.2.1.
Übung: Die 5 Inneren Ebenen
Sie mögen also entsprechend der obigen Diagramme 5 farbige Flächen auslegen.
Das Innere Tier
Assoziieren Sie sich nun bitte mit Ihrem Inneren Tier. „Tier“ ist hierbei nur eine
metaphorische Bezeichnung für die körperlichste Seite in Ihnen. Selbstverständlich
sind Sie ein kultivierter, entwickelter Mensch. (Ich hatte Teilnehmer in Trainings, die
an dieser Stelle sich weigerten eine tierische Seite in sich anzuerkennen. Die
musste ich dann zu einem Freudianer schicken.) Also: Tun Sie so, als ob es eine
Tier-Seite in Ihnen gäbe.
Treten Sie nun auf die rote Fläche und verkörpern Sie Ihr Inneres Tier. Was für ein
Tier wäre es in der freien Wildbahn? Wie könnte es aussehen, sich anfühlen,
welche Geräusche macht es? Assoziieren Sie sich mit diesem.
Wie geht es Ihrem Inneren Löwen, Raben, Delphin, Moskito?
Treten Sie bitte dann wieder auf den neutralen Platz außerhalb der Bodenanker.
Stecken und recken Sie sich und unterbrechen Sie die Verkörperung.
Gehen Sie dann noch einmal auf die rote Fläche, um zu überprüfen, dass Sie
durch das Betreten der Fläche unmittelbaren Zugang wieder zu Ihrem Inneren
Biest haben.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
168
Verlassen Sie die Fläche wieder und malen oder schreiben Sie gerne auf die
Pappe oder das Papier ein Symbol oder eine Bezeichnung für die metaphorische
Darstellung dieser Inneren Ebene.
Das Innere Kind
Assoziieren Sie sich nun bitte mit Ihrem Inneren Kind. „Kind“ ist hierbei nur eine
metaphorische Bezeichnung für die emotionalste Seite in Ihnen. Selbstverständlich
sind Sie ein erwachsener, unabhängiger Mensch. Also: Tun Sie so als ob es eine
Kind-Seite in Ihnen gäbe.
Treten Sie nun auf die orange Fläche und verkörpern Sie Ihr Inneres Kind. Was für
ein Kind wäre es in der wirklichen Welt? Wie könnte es aussehen, sich anfühlen,
welche Geräusche macht es? Assoziieren Sie sich mit diesem.
Wie geht es Ihrem Inneren Mädel oder Bub?
Treten Sie bitte dann wieder auf den neutralen Platz außerhalb der Bodenanker.
Stecken und recken Sie sich und unterbrechen Sie die Verkörperung.
Gehen Sie dann noch einmal auf die orange Fläche, um zu überprüfen, dass Sie
durch das Betreten der Fläche unmittelbaren Zugang wieder zu Ihrem Inneren Kind
haben.
Verlassen Sie die Fläche wieder und malen oder schreiben Sie gerne auf die
Pappe oder das Papier ein Symbol oder eine Bezeichnung für die metaphorische
Darstellung dieser Inneren Ebene.
Der Innere Akteur
Assoziieren Sie sich nun bitte mit Ihrem Inneren Akteur. „Akteur“ ist hierbei nur eine
metaphorische Bezeichnung für die in der Welt agierende Seite in Ihnen. Sie
könnten diese Seite auch als den Jugendlichen oder die junge Frau, der junge
Mann sehen, welche ausziehen die Welt zu erobern. Andere Namen wäre Innere
Kriegerin oder Innerer Krieger, Geselle, Künstler, Tänzer, Gärtner.
Treten Sie nun auf die gelbe Fläche und verkörpern Sie Ihren Inneren Akteur. Was
für ein Akteur wäre sie oder er in der wirklichen Welt? Wie könnte sie, bzw. er,
aussehen, sich anfühlen, welche Geräusche macht sie/er? Assoziieren Sie sich mit
dieser/diesem.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
169
Wie geht es Ihrem Inneren Kämpfer, der Inneren Tänzerin?
Treten Sie bitte dann wieder auf den neutralen Platz außerhalb der Bodenanker.
Stecken und recken Sie sich und unterbrechen Sie die Verkörperung.
Gehen Sie dann noch einmal auf die gelbe Fläche, um zu überprüfen, dass Sie
durch das Betreten der Fläche unmittelbaren Zugang wieder zu Ihrem Inneren
Akteur haben.
Verlassen Sie die Fläche wieder und malen oder schreiben Sie gerne auf die
Pappe oder das Papier ein Symbol oder eine Bezeichnung für die metaphorische
Darstellung dieser Inneren Ebene.
Der Innere König
Assoziieren Sie sich nun bitte mit ihrer Inneren Königin, Ihrem Inneren König.
„König“ ist hierbei nur eine metaphorische Bezeichnung für die willensstärkste
Seite in Ihnen. Wir könnten diese Seite auch als Erwachsener, Meister, Richter,
Häuptling, General, Doktor oder ähnliches bezeichnen. Der Boss, die Chefin.
Treten Sie nun auf die grüne Fläche und verkörpern Sie Ihre Innere Königin, den
Inneren König. Was für ein Herrscher wäre sie oder er in der wirklichen Welt? Wie
könnte sie/er aussehen, sich anfühlen, welche Geräusche macht sie/er?
Assoziieren Sie sich mit dieser oder diesem.
Wie geht es Ihrem Inneren Boss? Der Inneren Mutter, dem Inneren Vater?
Treten Sie bitte dann wieder auf den neutralen Platz außerhalb der Bodenanker.
Stecken und recken Sie sich und unterbrechen Sie die Verkörperung.
Gehen Sie dann noch einmal auf die grüne Fläche, um zu überprüfen, dass Sie
durch das Betreten der Fläche unmittelbaren Zugang wieder zu Ihrem Inneren
König haben.
Verlassen Sie die Fläche wieder und malen oder schreiben Sie gerne auf die
Pappe oder das Papier ein Symbol oder eine Bezeichnung für die metaphorische
Darstellung dieser Inneren Ebene.
Der Innere Gott
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
170
Assoziieren Sie sich nun bitte mit Ihrem Inneren Gott, Ihrer Inneren Göttin. „Gott“
ist hierbei nur eine metaphorische Bezeichnung für die körperloseste Seite in
Ihnen. Sehr religiöse Menschen im christlichen Sinne haben evtl. Schwierigkeiten
mit dieser Formulierung, da sie Gott als etwas außer sich befindliches definieren.
Als Mystiker würde ich zwar sagen: „Gott ist in allem und damit auch in uns oder
gar nicht!“, aber selbstverständlich können Sie eine andere Bezeichnung wählen,
z.B. Höchste Bewusstsein, Engel, Seele, Buddha. Sie könne sich auch ein
polytheistisches Modell bauen mit persönlichen Göttern, die einem Über-Gott, dem
„lieben“ Gott unterstehen. Also: Tun Sie so als ob es eine Gott-Seite in Ihnen gäbe.
Treten Sie nun auf die blaue Fläche und verkörpern Sie Ihren Inneren Gott, die
Göttin. Was für eine Göttin, ein Gott wäre dieser/diese in der wirklichen Welt? Wie
könnte dieser/diese aussehen, sich anfühlen, welche Geräusche macht er/sie/es?
Assoziieren Sie sich mit diesem/dieser.
Wie geht es Ihrem Inneren Buddha, Ihrer Inneren Großen Göttin?
Treten Sie bitte dann wieder auf den neutralen Platz außerhalb der Bodenanker.
Stecken und recken Sie sich und unterbrechen Sie die Verkörperung.
Gehen Sie dann noch einmal auf die blaue Fläche, um zu überprüfen, dass Sie
durch das Betreten der Fläche unmittelbaren Zugang wieder zu Ihrem Inneren Gott
haben.
Verlassen Sie die Fläche wieder und malen oder schreiben Sie gerne auf die
Pappe oder das Papier ein Symbol oder eine Bezeichnung für die metaphorische
Darstellung dieser Inneren Ebene.
Zu beachten ist, dass die Ebenen im Kreis angeordnet sind. Eine Ebene ist zwar
höher als die vorherige und kann diese bestimmen oder verändern, aber das gilt
auch für das Innere Tier, der anfänglich niedrigsten Ebene, in Bezug auf den
Inneren Gott. Wenn das Innere Tier sagt: „Hunger!“, dann ist alle Göttlichkeit
vergessen. Nun, das gilt auch für alle anderen Ebenen. Wenn es um das
physische Überleben geht, gewinnt in den allermeisten Fällen das Tier. Das Innere
Tier als dem Inneren Gott überlegene Stufe ist noch etwas anders. Die Art und
Weise, wie unser Tier die Welt wahrnimmt, formt und bestimmt wie wir die
Göttlichkeit wahrnehmen.
Es ist wie in einem Bild, einer raffiniert gezeichneten optischen Täuschung, von
M.C.Escher: Die Mönche laufen Treppen hoch und im Kreis. Sie laufen hoch und
kommen immer wieder da an, wo sie angefangen sind. Ich bezweifle, dass es
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
171
wirkliche Hierarchien gibt. Vielmehr sind es solche Kreise, die aufwärts gehen und
bei sich selbst wieder ankommen. In gewisser Weise ist auch die Doppel-Helix der
DNS so organisiert oder ein anderes Modell für die innere Organisation.
14.3.
Die Meta- und die Trans-Funktion
In der Organisation der 5 Ebenen sind zwei Funktionen wichtig: Meta und Trans.
Meta ist immer eine Ebene über der vorherigen. In einer Meta-Position haben wir
einen Hebel. Wir können die untere Ebene bestimmen und verändern. Das ist
wichtig zu wissen: Lösungen für die Probleme oder für ein Dilemma auf einer
Ebene wird in einer um eine Stufe höheren Ebene gefunden. Wie genau? Gleich.
Trans ist die transzendierende Funktion. Die Transzendenz-Ebene ist jeweils zwei
Stufen höher als die zu transzendierende Stufe. Was bedeutet Transzendenz? Bei
der Transzendenz wird das Thema oder Problem in einen anderen Kontext gestellt,
in dem es einfach aufgelöst ist. Das Problem braucht ja einen Rahmen, einen
Hintergrund, in dem es existiert. Wenn der weggezogen wird, verliert es den Halt
und verflüchtigt sich. Aber vorsichtig: Es ist damit nicht gelöst. Wir schweben gern
auf den transzendierenden Stufen, wenn wir etwas nicht lösen können. Das wirkt
dann aber „aufgesetzt“.
14.3.1.
Die Meta-Funktion
Meta ist also eine Ebene „höher“ und in der Lage die „untere“ Ebene zu
bestimmen. Voraussetzung ist eventuell, dass die untere Ebene gesund und stark
genug ist, um eine höhere Ebene entstehen zu lassen.
Wenn also ein Problem oder ein Thema eine Frage des Könnens ist, kann das
Wollen dazu führen, dass wir etwas lernen, um die Befähigung zu erlangen. Wollen
ist aber so etwas wie „Können können“ und wenn das Können blockiert ist, geht es
nicht. Dann aber können wir die Lösung im Verstehen suchen oder in einem
höheren Emotionalen Zustand wie Ehre.
Wir können uns grundsätzlich merken, dass die Höhere Ebene in der Lage ist die
untere zu bestimmen, bzw. eine ihrer Funktionen.
Ein ähnliches Konzept gibt es im NLP mit den von Robert Dilts entwickelten
„Logical Levels“. Ich bezweifle aber die darin enthaltene absolute Hierarchie und
denke, dass die Organisierung dieser Ebenen in uns eher eine „Holarchie“23 ist,
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
172
bzw. es ist eine zirkuläre Holarchie: Denn auch der Innere Gott hat eine Ebene
über sich und das ist wiederum das Innere Tier. Der Kreis schließt sich.
Wenn das Problem in einem schwachen Bezug zur Ganzheit zum „Sein als
solchen“ besteht, dann stellt das Innere Tier diesen Bezug schon her und zeigt
dem Inneren Gott, wo es lang geht. Es geht keine Logische Ebene „höher“,
sondern es wird wieder einfacher und direkter.
Sie mögen sich wieder auf die ausgelegten 5 Bodenanker stellen und
nacheinander die 5 Positionen einnehmen. Dann schauen Sie bitte einmal vom
Inneren Kind auf das Innere Tier und sagen: „Ich kann dich bestimmen! Wenn ich
dafür Wertschätzung bekomme, veranlasse ich dich, mal auf das Essen zu
verzichten!“ Genauso gehen Sie dann die Ebenen weiter und stellen jeweils fest,
dass die höhere Ebene der unteren Verzicht auferlegen kann. Sie kann ihr auch
Übermaß auflegen. Und stellen Sie auch ganz besonders fest, dass das Innere
Tier wiederum die höhere Ebene für den Inneren Gott ist und das Ganze auf ewig
kreist und nie enden wollende Spiralen entstehen.
14.3.2.
Die Trans-Funktion
Transzendieren heißt: Etwas in einen größeren Rahmen stellen, indem es sich
auflöst. Dieses passiert, wenn wir ein Thema von einer zwei Stufen höheren Ebene
betrachten.
Wenn z.B. das Innere Kind ein Problem hat und wir dieses auf der Ebene des
Königs betrachten, löst das Problem sich auf. Verstehen oder Wollen, also
Funktionen des Königs, können die Angst oder die Wut auflösen helfen.
Wenn der Innere Akteur eine Unfähigkeit hat, wird diese im Lichte des Inneren
Gottes zu einer Tür zum Mitgefühl und zur Demut.
Wenn der Innere König etwas nicht versteht, überwindet das Innere Tier dieses
durch direkte Erfahrung von Schmerz oder Lust. Entweder zieht der nicht
verstehende König in die Schlacht oder er findet die große Liebe.
Wenn den Inneren Gott eine Gewissensnot plagt, kann diese, aus den Augen des
Kindes betrachtet, zum Spiel werden, zum unschuldigen Tun.
Und der Hunger des Inneren Tiers löst sich auf in der Befähigung des Akteurs, der
auch mal fasten kann und zurückstecken.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
173
Bei der Trans-Funktion wird das Thema der unteren Ebene überwunden und
aufgelöst. Das ist natürlich nur vorübergehend. Das Innere Tier kann nicht ewig
fasten. Aber es hilft auf jeden Fall ein Thema aus den Augen von zwei Ebenen
höher zu betrachten.
14.4.
Anwendungen für Trader
Der Trader ist ja eigentlich der klassische Akteur. Von der Ebene „Innerer Akteur“
aus sollten wir uns orientieren, wenn wir uns mit Trader-Problemen beschäftigen.
Der Innere Akteur wendet folgende Funktionen an:
Körper: Können
Geist: Bewerten, Vergleichen, Urteilen
Seele: Meta-Emotionen, wie Mut, Selbstbeherrschung, Besonnenheit,
Begeisterung.
Der Innere Akteur balanciert vor allem die Befähigung (das Können) mit den
Geboten (dem Sollen).
„Ich sollte meine Stopps einhalten, aber ich kann es nicht!“
Um diese Aktion des Nicht-Einhaltens von Stopps durchzuführen, vergleicht und
urteilt er auf eine bestimmte Art und Weise und ist in einem Zustand von
mangelnder Selbstbeherrschung.
Er sucht nun meist eine Lösung auf derselben Ebene. „Ich bin so blöd, warum halte
ich die Stopps nicht ein?“ Dabei vergleicht, bewertet und urteilt der Trader sich mit
anderen oder mit einem angenommenen Idealverhalten. „So sollte ich sein, wie es
in den Büchern steht!“ Damit verharrt er aber auf derselben Ebene. Eine Lösung
gibt es nur von der Sichtweise einer höheren Ebene, also der des Inneren Königs.
Der Innere König kann erst einmal sagen: „Ich will es können. Ich will Stopps
einhalten.“ Dazu geht er bei der Wahrnehmung in den Modus „Verstehen“. Er
betrachtet das eigene Verhalten in dem Gesamtzusammenhang und nimmt eine
Haltung von Großzügigkeit sich selbst gegenüber ein.
Wer über die eigene mangelnde Selbstbeherrschung hadert, ist in einem
ungünstigen, evtl. unbeherrschten Zustand, um aus diesem Zustand
herauszukommen. Eine Ebene höher, mit Großzügigkeit sich selbst gegenüber, mit
Verständnis, kann es etwas werden. „Ja, ich halte die Stopps nicht ein. Das ist nur
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
174
allzu menschlich. Wir hassen es, Verluste zu machen. Wie kann ich es lernen,
Verluste zu realisieren, ohne mich schlecht zu fühlen?“
Auf der höheren Ebene können wir dann die Sache untersuchen und auch das
Innere Kind betrachten. „Wie geht es dir bei Verlusten, Bübchen?“ Oder, wenn Sie
ein weiblicher Trader sind: „Wie geht es denn unserer Prinzessin bei Verlusten?“
Evtl. fühlt sich das Innere Kind bei Verlusten so unfähig und wertlos, dass es den
Inneren Akteur anfleht: „Bitte, bitte, Akti, tue es nicht. Der Kurs kommt wieder!
Wenn du jetzt ausstoppst, dann fühlen wir uns so schlecht und flennen!“ Ja, und
der gute Akteur will natürlich ein netter Kindergärtner sein und schon war die
Stoppmarke überlaufen und der Kurs lief und lief, bis nur noch beten half. Beten
kann aber nicht helfen, denn Beten tun die anderen auch und die Hälfte von diesen
ist in der Gegenrichtung positioniert.
Der Innere König, oder in diesem Fall besser: der Meister des Tradings, schaut
also erst einmal, ob es aus der Welt des Inneren Kindes stammende
psychologische Themen gibt, die das Einhalten der Stopps verhindern. Er schaut
dann aber auch ob dem Akteur-Trader Befähigungen fehlen und es etwas zu
lernen gibt. Sind die Stopps überhaupt sinnvoll gesetzt? Ist das eingegangene
Risiko überhaupt vertretbar?
Verluste sind auch unerträglich, wenn vom Trading-Gewinn zuviel abhängt. Zum
Beispiel könnte das Überleben und das Zahlen der Miete davon abhängen, das
jeden Monat Gewinne gemacht werden. Die Quotes und das elektronische OrderRouting und das Telefon und der Internet-Zugang usw. müssen ja auch bezahlt
werden.
Bei Nicht-Einhalten von Stopps muss der Trade-Meister fragen: „Hängt zuviel von
dem Trading-Gewinn ab? Ist das tatsächlich Risikokapital, mit dem du handelst?“
Also überprüft der Trading-Meister mit einer Grundhaltung von großzügigem
Verständnis gemeinsam mit dem Akteur-Trader mal den Businessplan der ganzen
Unternehmung. Es gibt Drawdown-Phasen. Diese können je nach Ansatz länger
als einen Monat dauern. Wie groß ist dieser zu erwartende Maximale Drawdown in
diesem Ansatz? Kann das verkraftet werden?
Wenn wir auf der Ebene, auf der das Problem sich befindet, die Lösung suchen,
fühlen wir uns nur noch schlechter und kämpfen gegen uns selbst. Eine Ebene
höher können wir über diesem Thema einer Ebene in uns schweben und es neutral
betrachten und Lösungen suchen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
175
Die Bundesanstalt für Arbeit wäre ohne externe Unternehmensberatung auch nie
auf die Idee gekommen, sich in Bundesagentur umzubenennen. Das war jetzt
ironisch gemeint und zeigt ein weiteres Thema an, das auch für die innere
Organisation gilt. Externe Berater (Coaches, Therapeuten, Unternehmensberater)
nützen nichts, wenn die Innere Ebene des Königs eingeschlafen oder durch innere
Konflikte blockiert ist.
Dann müssen wir eine Ebene höher gehen und den Inneren Gott und die
Bestimmung ansprechen. Wofür machen wir das Ganze? Der Trading-Gott sagt:
„Wir entwickeln unser Potenzial und lernen mit den im Leben unausweichlichen
Verlusten umzugehen und Mitgefühl mit uns selbst zu haben!“ So vermittelt dann
der Gott zwischen den Fraktionen der Könige und Meister, so dass diese mit
Begeisterung und Kooperation die notwendigen Reformen bei sich und auf den
unteren Ebenen durchsetzen.
Und wenn der Gott zu abgehoben und desinteressiert ist und von der Erleuchtung
träumt? Dann ist die Höhere Ebene die des Inneren Tieres. Dieses ruft den Gott
zur Räson, denn es sagt: „Wir leben hier in dieser Welt, in diesem Körper! Wir
brauchen Fressen und ein Dach über dem Kopf und vor allem: Sex! Komm mal
einer auf den Boden und räum da bei den Königen auf! Wir brauchen eine
Mannschaft und keine Selbstdarsteller!“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
176
15.
Strategien und Meta-Strategien
15.1.
Verhaltens-Strategien
15.1.1.
Meta-Verhaltensstrategie
15.2.
Bewertungs-Strategien
15.2.1.
Beispiel: Befindlichkeits-Bewertungs-Strategie
15.2.2.
Bewertung der Befindlichkeit per Bollinger-Band oder Preiskanal
15.2.3.
Wie nehmen wir die Befindlichkeit wahr?
15.2.4.
Wessen Idealtag ist der Referenztag?
15.2.5.
5 Fragen zur Selbstbewertungs-Strategie
15.2.6.
Die generelle Evaluations-Strategie und Evaluations-MetaStrategien
15.3.
Soziale Strategien
15.3.1.
Adaptions-Strategie
15.3.2.
Exploitations-Strategie
15.1.
Verhaltens-Strategien
Unser Verhalten setzt sich zusammen aus Abfolgen von Strategien. Diese
wiederum sind Sequenzen von Mentalen Repräsentationen, motorischen
Handlungen und Emotionen.
Es gibt Verhaltens-Strategien, Entscheidungs-Strategien, Lern-Strategien, etc.
Derartige Strategien sind individuell unterschiedlich. Männer und Frauen verhalten
sich vor und in Schuhläden verschieden. Männer und Frauen parken
unterschiedlich ein. Auditive und Visuelle lernen unterschiedlich. Arme und Reiche
kaufen in unterschiedlichen Läden nach anderen Kriterien ein.
Wenn Sie z.B. ein Wort buchstabieren sollten, werden Sie es entweder erst
innerlich sehen oder hören. Sie werden die Buchstabenfolge mit einer gesehenen
oder gehörten Erinnerung vergleichen und dann ein Bauchgefühl dafür haben, ob
es oder wann es richtig ist. Da unsere Schrift nicht lautmalerisch ist, ist das visuelle
Buchstabieren für die Noten in Diktat und Aufsatz besser. Kinder mit
Rechtschreibschwierigkeiten haben meist eine auditive Strategie und müssen eine
visuelle Buchstabierstrategie erlernen. Das ist im Grunde sehr einfach
beizubringen. Beim sog. „Speed-Reading“, Schnelllesen, wird gelernt, beim Lesen
nicht mehr innerlich mitzusprechen, was die Aufnahmegeschwindigkeit vergrößert.
Andere interessante Strategien bestimmen das Entscheidungsverhalten. Wie z.B.
suchen Sie das Gericht, das Sie bestellen, in Ihrem Lieblingsrestaurant aus?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
177
Schauen Sie auf die Speisekarte und bilden zu jedem Gericht eine Mentale
Repräsentation, die vor allem gustatorisch ist? Oder entscheiden Sie eher visuell?
Oder nehmen Sie einfach immer dasselbe? Oder essen Sie immer das, was Ihr
Gegenüber isst? Oder hören Sie am liebsten die Empfehlung des Kellners und
nehmen das, was am besten klingt? Letztere, auditive Strategie wird sich für den
nicht so auditiven Menschen obskur anhören, aber für einen auditiven Menschen
ist das durchaus plausibel.
Diese einfachen Verhaltens-Strategien sind auf der logischen Ebene des Inneren
Kindes. Sie werden in der Kindheit erlernt, ins Unterbewusstsein abgespeichert
und helfen uns durch den Alltag.
15.1.1.
Meta-Verhaltensstrategien
Wenn wir etwas sozial eleganter sein wollen, brauchen wir zusätzlich Strategien,
die eine Ebene höher angelegt sind: Meta-Strategien. Innere Ebene: Akteur.
Mit einer Meta-Entscheidungsstrategie können wir unsere Menüwahl variieren. Je
nach Restaurant, Essenspartner, Geldbeutel, Tageszeit, Ort oder eigener Fitness
wählen wir unterschiedliche und optimale Strategien. Es wäre unsinnig bei
McDonalds oder Burger-King den Tagesempfehlungen der Bedienung lauschen zu
wollen. Und es muss auch nicht unbedingt ratsam sein den bunten Bildern zu
vertrauen. Aber wie genau entscheide ich denn bei McDonalds oder Burger-King?
Ich selbst entscheide tatsächlich meistens auditiv und orientiere mich am coolsten
Klang der amerikanischen Burger-Bezeichnungen. „Whopper“ klingt für mich
lustiger als „Royal“. Aber vielleicht will ich ja mal gar nicht zum Kind regredieren,
wenn ich einen Hamburger essen gehe, sondern mein Selbstbewusstsein
aufbauen. Dann vernasche ich natürlich lieber einen „Royal TS“.
So habe ich also eine Meta-Strategie der Entscheidung. Ich passe meine
Entscheidungsstrategie den Kontexten an.
Oder aber, ich passe sie mal gerade nicht an, wenn ich etwas neues probieren will
oder irgendwie dumm auffallen will. Letztere Entscheidung („Ich will mal so richtig
provozieren!“) wäre noch eine Meta-Ebene höher. (Provozieren ist also eine
Strategie für Könige. Was nicht heißt, dass jeder Provokateur ein König ist.)
Also.
Grundebene:
Entscheidungs-Verhalten in Restaurants.
Meta-Ebene 1:
Entscheidung, welches Entscheidungs-Verhalten gewählt
wird.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
178
Meta-Ebene 2:
Entscheidung, ob das Kriterium zur Verhaltenswahl
„optimale Anpassung“ oder „optimales Schocken“,
„Sicherheit“ oder „Experiment“ sein soll.
15.2.
Bewertungs-Strategie
Eine entscheidende Strategie ist unsere Bewertungs-Strategie. Wie genau
bewerten wir etwas? Die Bewertungs-Strategie ist eine universale Meta-Strategie.
Da Vergleichen, Urteilen, Bewerten eine Funktion der Meta-Wahrnehmung des
Inneren Akteurs ist, wäre die grundlegende Bewertungs-Strategie eine AkteursStrategie.
Die Bewertungs-Strategie bewertet auch Verhaltensstrategien und ist daher auf
Meta-Ebene 1.
Es gibt natürlich auch eine Meta-Bewertungs-Strategie, mit der wir ein Repertoire
von Bewertungs-Strategien zum Einsatz bringen können. Das wiederum ist eine
Königs-Strategie, der sich fragt: „Will ich heute mal streng sein oder eher
großzügig!?“
Als Kind erlernen und übernehmen wir die Bewertungs-Strategien der Eltern oder
anderer prägender Erwachsener. Als Jugendliche probieren wir Alternativen aus.
Als Erwachsener denken wir meist nicht mehr darüber nach und benutzen das
Gewohnte und Erprobte. Das kann bedeuten, dass wir wieder beim Kind-Verhalten
gelandet sind oder dass wir eine Neuerung der Zeit als junger Erwachsener auf
„automatisch“ gestellt haben. Es wäre sicherlich sinnvoll Bewusstheit über die
Bewertungs-Strategien zu haben, um jeweils die optimale auswählen zu können.
Wenn Sie etwas bewerten wollen, müssen Sie es mit etwas vergleichen. Das,
womit Sie vergleichen, bildet das Kriterium, den Maßstab.
Aber: Wie genau „vergleichen“ Sie? Stellen Sie eher die Unterschiede fest oder die
Gleichheiten?
15.2.1. Beispiel: Befindlichkeits-Bewertungs-Strategie
Wie ist Ihre Verfassung heute? Vergleichen Sie Ihren heutigen Zustand mit einem
Idealtag oder dem möglichen schlimmsten Tag oder dem „Normaltag“ oder mit
Gestern oder mit dem entsprechenden Tag der letzten Woche, des letzten Jahres?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
179
Fokussieren Sie bei dem Vergleich auf Unterschiede oder Gleichheiten?
Wenn Sie auf den Unterschied zu einem Idealtag bewerten, wird die Antwort auf:
„Wie geht es heute?“, eher „So lala...“ oder „Ja, so O.K.“ sein, denn der heutige
Tag ist meist etwas oder viel weniger gut als der Idealtag. Sie werden mental alle
die Unterschiede auflisten und sich so auf die Nicht-Optimalität orientieren.
Wenn Sie auf die Gleichheit oder Ähnlichkeit zu einem Idealtag bewerten, wird die
Antwort auf die Frage nach dem heutigen Befinden vielleicht: „Eigentlich ganz gut!“
sein. Im Gegensatz zu dem Weg mit der Unterscheidung erstellen Sie hier eine
Liste der Gemeinsamkeiten und werden eher besser gelaunt sein als mit der Liste
der Unterschiede.
Die Gleichheit zum Idealtag wird von vornherein eher positiv gestimmte
Repräsentationen erzeugen. Der Unterschied zum Idealtag wird eher frustrieren.
Es ist zu erwarten, dass bei der Bewertungsstrategie „ Unterschied zum Ideal“ eine
schlechtere Befindlichkeit wahrgenommen wird als bei „Gleichheit mit Ideal“.
im Vergleich zu
Idealtag
schlimmster Tag
nach Gleichheit
Eigentlich ganz gut!
Urlaubsreif!
nach Unterschied
Ganz O.K.
Nicht so schlecht!
Es kann aber auch per Gleichheit oder Unterschied zum Worst-Case, zum
schlimmsten möglichen Tag, bewertet werden.
Dann werden wir bei der Strategie „Gleichheit zum Worst-Case“ eher in einen
schlechteren Zustand kommen als bei „Unterschied zum Worst-Case“. Denn eine
Liste der Unterschiede zum Schlimmsten ist doch angenehmer als eine Liste der
Ähnlichkeiten mit dem Schlimmsten.
Wann würde man den Vergleich zum bestmöglichen und wann den Vergleich zum
schlechtesten wählen?
Wir stellen zwar die Bewertungsreferenz meist auf automatisch und beantworten
die Frage nach dem Befinden immer gleich. Das ist aber nicht unbedingt gut und
flexibel. Wir möchten Variation und vor allem bewusste Selbstbestimmung in unser
Leben.
Wenn wir eine Krankheit hatten und bewerten die eigene Befindlichkeit als
„Unterschied zum Worst-Case“, kann uns das bei der Genesung unterstützen:
„Ach, gar nicht so schlecht!“ Wenn wir hier nach „Gleichheit zum Ideal“ bewerten,
stürzen wir wegen der großen Differenz evtl. ab.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
180
15.2.2.
Bewertung der Befindlichkeit per Bollinger-Band oder
Preiskanal
Wir könnten statt eines absoluten Ideal oder Worst-Case auch einen historisch
relativen nehmen. Das werden wir in der Praxis wohl auch meistens machen. Ideal
und Worst-Case einer überschaubaren vergangenen Zeitspanne bilden sozusagen
einen Preiskanal oder ein Bollinger-Band um das, wonach wir unser aktuelles
Befinden bestimmen.
Wir könnten das sogar wie bei einem Kurschart graphisch darstellen.
Bei den beiden Charts, die folgen, ist eine fiktive tägliche Befindlichkeit auf einer
Skala von 1 bis 100 bewertet und daraus eine Kurve erstellt worden, bei der ein auf
die letzten 20 Tage berechneter Idealtag oder Worst-Case das Preisband bilden.
Befindlichkeitschart (Tageschart, Befindlichkeit auf einer Skala von 0 bis 100
bewertet) mit Bollinger-Band, das durch 2 Standardabweichungen auf den 20Tage-Gleitenden Durchschnitt (rote Linie) berechnet ist:
Die schwarze Linie ist durch tägliche Bewertungen für die Befindlichkeit gebildet.
Wenn diese über dem oberen Bollinger-Band verläuft, wie um den 10.5.01 herum,
geht es uns natürlich super.
Wir werden wohl eine kurzfristige Orientierung und eine längerfristige Bewertung
haben (wie am besten bei der Börsenkurs-Analyse auch).
Hier ein Befindlichkeitschart aus dem gleichen Zeitraum, bei dem das Preisband
durch einen Donchian-Channel gebildet wird, der aus den Highs und Lows der
letzten 20 Tage gebildet wird:
.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
181
Die High und Lows, an denen wir uns orientieren, werden individuell
unterschiedlich sein. Sie werden auch meist auf einen längeren Zeitraum bezogen
sein.
Wir sollten uns unterhalb des Durchschnitts am Unterschied vom unteren Band
und an der Ähnlichkeit zum Zustand am oberen Band orientieren. Wir können
natürlich auch noch den Trend der Kurve berücksichtigen und „besser“ oder
„schlechter“ angeben.
15.2.3.
Wie nehmen wir die Befindlichkeit wahr?
Wonach bestimmen wir unser Befinden? Das ist individuell unterschiedlich, wird
sich aber vor allem nach der physiologischen Wahrnehmung vom energetischen
Zustand richten.
Dieser Zustand ist im Laufe des Lebens objektiv unterschiedlich. Ein Jugendlicher
hat eher zuviel Energie, ein älterer Mensch eher weniger. Wenn der ältere Mensch
sich bei der Bewertung der Befindlichkeit an dem Ideal aus der Jugend orientiert,
kann das nur frustrierend sein. Das Ideal ist also günstigerweise das High der
letzten 365 Tage. Meistens wenden wir eine gemischte Strategie an: Es geht mir
relativ zum Durchschnitt der letzten 365 Tagen recht gut, und aber relativ zu dem
Tag, als ich das Date mit Pamela (Brad) hatte, geht es eher bescheiden.
Wenn wir also über dem Gleitenden Durchschnitt des Energielevels sind, sollten
wir unser Befinden mit „Gleichheit zum Ideal“ bewerten und die Frage: „Wie geht
es?“ mit: „Nahezu ideal!“ beantworten. Wenn wir unterhalb des Gleitenden
Durchschnitts sind, bewerten wir besser nach Unterschied zum Worst-Case mit
„Gar nicht so schlecht!“
Wir werden meistens nahe am Durchschnitt sein, denn das ist der Charakter eines
Durchschnitts. Es ist wohl anregender sich an dem Ideal zu orientieren und dieses
anzustreben.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
182
Wir werden uns außer am „Ideal“ und am „Worst-Case“ auch am „Normalfall“, also
dem Durchschnitt, orientieren. Die Menschen, die das vor allem tun, sagen dann
auf „Wie steht’s?“: „Normal, wie immer!“
Wir nehmen also innerlich unsere Befindlichkeit wie eine Börsenkurve wahr. Wir
haben einen inneren Chart. Wir orientieren uns an einem Gleitenden Durchschnitt
des Energielevels mit einem Donchian-Channel, der einen Preiskanal aus den
Highs und Lows einer vergangenen Periode bildet. Es könnte auch ein BollingerBand (Preisband wird gebildet aus der addierten oder subtrahierten
Standardabweichung) sein oder ein Keltner-Channel (Preisband wird gebildet aus
der addierten oder subtrahierten Average True Range). Vermutlich aber ist uns das
High und Low der vergangenen Tage, Wochen, Monate geläufiger.
Unsere Handelsstrategie bezüglich unserer Befindlichkeit ist am günstigsten
trendfolgend, wenn es über dem Durchschnitt ist, und antizyklisch, wenn es unter
dem Durchschnitt ist. So erzeugen wir eine eher bullishe Kurve. Denn es ist ja eine
Kurve unserer Befindlichkeit. Wäre es nicht schön, wenn diese immer besser wird?
Wäre es nicht sinnvoll, wenn wir einen Weg hätten dem eher im Leben
vorherrschenden Down-Trend des Energielevels entgegen zu arbeiten?
Es wird bei stark visuellen Menschen so sein, dass sie ihre Befindlichkeit nicht
nach der physiologischen Wahrnehmung ausrichten, sondern nach dem Aussehen.
Diese erinnern sich also an ihr Spiegelbild und vergleichen dieses mit dem
durchschnittlichen und dem idealen Spiegelbild der vergangenen Jahre und geben
eine Antwort. Bei einer ungünstigen Strategie (zu langer Zeitraum) entsteht evtl.
eine Motivation für extremes Lifting des Gesichtes, damit das Gesicht so bleibt wie
beim Ideal vor 30 Jahren.
15.2.4.
Wessen Idealtag ist der Referenztag?
Es gibt natürlich auch Unterschiede darin, wessen Gesicht man als Referenz
nimmt. Wir können diese Betrachtung auch auf den Weg übertragen, bei dem das
Energielevel die Referenz darstellt. Wenn also die 60jährige Frau als Referenz für
das Wohlgefühl ihr Gesicht mit dem eines gerade die Titelseiten beherrschenden
Supermodels wählt, ist das eher noch ungünstiger.
Die Frage ist also, ob wir als Referenz eine eigene Erfahrung wählen oder die
eines anderen Menschen. Wir werden auch feststellen, dass es einen Unterschied
macht, ob wir unsere eigene Erfahrung von uns innen heraus wahrgenommen
nehmen oder von außen durch die konstruierte Wahrnehmung eines anderen
Menschen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
183
Die Frage, die dann innerlich gestellt wird, ist nicht: „Wie fühle ich mich?“, sondern:
„Wie sollte oder müsste ich mich fühlen?“ Selbstverständlich ist es sinnvoll die
Selbstwahrnehmung zu überprüfen und sich auch mit den Augen der anderen
Menschen sehen zu können. Diese fremdbestimmte Bewertungsstrategie sollte
aber wohl besser lediglich Teil der Controlling-Strategie sein und nicht zur
Kernstrategie der Selbstbewertungsstrategie gehören.
15.2.5.
5 Fragen zur Selbstbewertungs-Strategie
Wenn wir also die Strategie eines Menschen herausfinden wollen, mit der sie oder
er die eigenen Befindlichkeit bewertet, müssten wir folgenden Schritten und Fragen
nachgehen:
Sie können zur Übung diese Fragen einem unschuldigen Menschen stellen, der
gerade auf Ihre Frage: „Na, wie geht’s?“ mit einer der vorgeblich stereotypen
Floskeln geantwortet hat und etwas Anregung zur Selbstbeobachtung verkraften
kann.
Stellen Sie sich also bitte vor, dass Sie eine Person (es ist am lustigsten, wenn
man sich eine „Respektsperson“ vorstellt, die es gar nicht gewohnt ist, dass ihre
Floskeln hinterfragt werden.) gefragt haben: „Wie geht es Ihnen?“, und diese oder
dieser geantwortet hat.
1. Wie genau kommen Sie zu dieser Bewertung Ihrer Befindlichkeit? (Um erst
einmal eine Orientierung nach innen und in die Awareness (gleichzeitige
Dissoziation und Assoziation) zu führen.)
2. Orientieren Sie sich dabei an einem Ideal, einem Worst-Case oder dem
Durchschnitt?
3. Stellen Sie den Vergleich durch Feststellung der Gleichheiten oder der
Unterschiede her?
4. Nehmen Sie einen Befindlichkeits-Trend wahr?
5. Ist es Ihr eigener Referenztag oder der einer anderen Person oder
Personengruppe, der für die Bewertung den Maßstab bildet?
Bei Punkt zwei wären die Unterfragen sinnvoll:
2.1. In welchem Zeitraum ist es der Ideal- oder Worst-Case-Tag, bzw. auf wie viele
Zeiteinheiten (Tage) ist der Durchschnitt errechnet?
2.2. Ist das Ideal, bzw. der Worst-Case, aus dem Höchst- oder Tiefstpunkt der
Zeitperiode ermittelt oder ist es jeweils eine Addition/Subtraktion der (doppelten)
Standardabweichung oder der durchschnittlichen Tagesspanne zum Durchschnitt?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
184
Das Ziel dieser Befragung könnte sein, auf diese Weise die SelbstbewertungsStrategie zu optimieren. Sobald eine Wahrnehmung davon vorhanden ist, ob wir
über oder unter dem Durchschnitt sind, können wir zur Optimierung der Einstellung
zu uns selbst zwischen „Gleichheit mit dem Ideal“ und „Anders als das Schlimmste“
wählen.
Mit den Techniken der Mentalen Repräsentation und des Qualia Designing können
wir dann gezielt auf die Strategie einwirken.
Wie genau ist der Idealtag repräsentiert? Erstellen Sie anhand des Fragebogens
zur Ermittlung der Qualitäten eine Mentale Repräsentation von „Idealtag, an dem
die derzeitige Befindlichkeit gemessen wird“. Erstellen Sie ebenso eine Mentale
Repräsentation für „Derzeitige Befindlichkeit“. Welche Qualität macht den
entscheidenden Unterschied? Anhand welcher Ähnlichkeit einer Qualität wird der
Abstand vom Ideal gemessen?
Sie könnten nun die Repräsentationen verändern. Wenn Sie die Repräsentation für
Idealtag „heller“ machen, fühlen Sie sich dann aktuell besser oder schlechter?
Wenn Sie die Repräsentation für „Idealtag“ attraktiver machen, kann das mehrere
Effekte haben. Da Sie bei einer Strategie „Befindlichkeit gleich Grad von Gleichheit
mit Ideal“ erst einmal innerlich Zugriff auf die Mentale Repräsentation vom Ideal
nehmen müssen, versetzt Sie dieses in einen kurzfristig besseren Zustand. Der
Abstand von „Aktueller Zustand“ und „Ideal“ wird also gleich bleiben. Sie werden
sich aber insgesamt besser fühlen.
Wenn indes der Abstand größer wird, wäre es ungünstig das Ideal zu stärken, weil
man sich dann aktuell schlechter fühlt.
Wenn wir wissen, dass wir oder der Coachee über der Durchschnittsbefindlichkeit
sind, könnten wir es schon mal wagen, das Ideal und das Aktuelle intensiver zu
machen. Wenn wir unterhalb des Durchschnitts sind und uns per Unterschied vom
Durchschnitt definieren, könnten wir die Repräsentation des Worst-Case noch
dunkler oder sonst wie negativer machen, um uns per größerem Abstand subjektiv
besser zu fühlen.
Wir werden in Kapitel 23 sehen, dass wir mit dieser Technik die ErwartungsHaltung immer wieder anpassen können, so dass wir beim Trading nicht durch eine
zu große Erwartung die Mitnahme der bestehenden Gewinne verpassen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
185
Wir können auch auf die Loss-Aversion Einfluss nehmen und führen das konkret in
Kapitel 24 durch.
15.2.6.
Die generelle Evaluations-Strategie und Evaluations-MetaStrategien
Wir können aus dem, was wir über die Betrachtung der SelbstbewertungsStrategie in Bezug auf Befindlichkeit eine generelle Bewertungs-Strategie oder,
chic ausgedrückt, Evaluations-Strategie herausfiltern:
1. Einführende Frage:
Wie genau bewerten Sie dieses (sich selbst, jemand anderes, einen Vorgang, ein
Projekt, ein Produkt, etc.)?
2. Ermitteln der Referenz:
Bewerten Sie es in Bezug auf ein Ideal, in Bezug auf einen Worst-Case oder in
Bezug auf einen Durchschnitt?
2.1. Ermitteln der Raumzeit-Dimension der Referenz:
In welcher Weite des Raumes und welchem Zeitraum ist es das Ideal, der WorstCase oder der Durchschnitt?
2.2. Ermitteln ob absoluter oder relativer Referenzpunkt:
Ist das Ideal, bzw. der Worst-Case, aus dem Höchst- oder Tiefstpunkt der
Zeitperiode ermittelt oder ist es jeweils eine Addition/Subtraktion der (doppelten)
Standardabweichung oder der durchschnittlichen Tagesspanne zum Durchschnitt?
3. Ermitteln der Sortierungsweise:
Stellen Sie die Bewertung durch Ermitteln der Gleichheit oder des Unterschiedes
zur Referenz her?
4. Ermitteln des Trends:
Stellen Sie einen Trend in der Annäherung oder Entfernung zur Referenz fest?
5. Ermitteln der Wahrnehmungsposition:
Ist es Ihre Referenz oder die einer anderen Person oder Personengruppe, welche
den Maßstab für die Bewertung bildet?
Wir haben also möglicherweise verschiedene Evaluations-Strategien (BewertungsStrategien) zur Auswahl.
Mit einer Meta-Evaluations-Strategie wählen wir aus, welche Bewertungsweise wir
wählen wollen.
Bei der Befindlichkeits-Bewertung hatten wir schon gesagt, dass es eine gute
Strategie wäre in schlechten Tagen die Befindlichkeit durch Unterschied zum
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
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Schlimmsten zu benennen und in guten Tagen durch die Ähnlichkeiten zum
Besten.
Es gäbe also eine Meta-Strategie, die uns sagt: „Dieses ist ein guter Tag, orientiere
dich nicht an dem schlechtesten, sondern an dem Ideal!“ Oder: „Du bist krank.
Aber du könntest fast tot sein. Es geht dir also gar nicht so schlecht!“
Die Meta-Evaluations-Strategie können wir auch bei der Bewertung von anderen
Dingen einsetzen. „Die Vase ist hässlich. Aber sie ist nicht so kitschig.“ Hier kommt
es darauf an, wie genau wir den durch „hässlich“ angegebenen Durchschnitt
repräsentieren. Wenn wir ein niveauvolleres Leben wollen, würden wir die
Repräsentation des ästhetischen Durchschnitts von Vasen etwas attraktiver
gestalten.
„Deutschland geht es relativ (zum Durchschnitt der Jahre der BRD) mies. Aber es
ist noch nicht bankrott.“
„Deutschland geht es relativ (zum Durchschnitt der Staaten der Erde) recht gut.
Der Lebensstandard ist O.K.“
Mit einer Meta-2-Evaluations-Strategie wählen wir aus, welche Meta-EvaluationsStrategie wir wählen wollen.
Denn wir könnten uns mit der Bewertung gut oder mies drauf bringen wollen. Je
nachdem, ob wir das Leben genießen oder dem Leben entsagen wollen. Das
hängt von der Einstellung unseres Inneren Gottes ab.
Die Sichtweisen der Börsenstrategie können also durchaus auf die innere Börse
angewendet werden und wir können eine optimale Bewertungsstrategie finden, die
unsere Entscheidungen bestimmt.
15.3.
Soziale Strategien
Um in einem sozialen Kontext Erfolg zu haben, brauchen wir 4 Strategien, die uns
folgende 4 Fragen beantworten:
•
Wie passe ich mich an den Kontext an?
•
Wie verschaffe ich mir einen Vorteil in dem Kontext?
•
Wie passe ich meine Erwartung an?
•
Wie bestimme ich meinen Einsatz?
Also:
•
Adaptions-Strategie (Anpassungs-Strategie)
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
187
•
Exploitations-Strategie (Ausbeutungs-Strategie)
•
Expectations-Strategie (Erwartungs-Strategie)
•
Effort-Management-Strategie (Einsatz-Management)
Die Expectations-Strategie werden wir in Kapitel 23 genau unter die Lupe nehmen.
Wir werden uns über das Effort-Management in Kapitel 19 Abschnitt 10 theoretisch
und praktisch detailliertere Gedanke machen.
Hier noch einige Anmerkungen zu Anpassung und Ausbeutung eines sozialen
Kontextes:
15.3.1.
Adaptions-Strategie
Adaption ist das Grundprinzip des Überlebens, die Anpassung an die Umgebung.
Wie passe ich mich an? Das hängt natürlich von dem sozialen Kontext ab, in dem
ich bestehen will. In der Familie oder im Freundeskreis werden wir uns anpassen,
indem wir so aussehen wie die anderen, so sprechen wie die anderen und durch
Körpersprache und Berührungen vermitteln: „Ich bin wie du. Du bist O.K., ich bin
O.K.!“
In einem globalen sozialen Kontext wie einer Börsenwelt ist es ziemlich egal, wie
wir aussehen, uns anhören und wie wir uns bewegen. Der persönliche Kontakt ist
ja minimal heutzutage. Wobei es Börsianer-Moden gibt, wie bunte, breite
Hosenträger in den 1990ern, siehe Gordon Gecko. Es bringt dem Trader in einem
deutschen Daytrading-Center aber kaum Vorteile mit bunten, breiten Hosenträgern
dazusitzen.
In einem unpersönlichen globalen Kontext passe ich mich an, in dem ich die
Regeln befolge. Da eine Order nur in einer bestimmten Art und Weise formuliert
und abgegeben sein kann, sind die Grundregeln schon einmal klar.
Es gibt aber auch noch Ethische Regeln. Wer in den USA in dem Business
registriert sein will, muss regelmäßig einen (leicht nervigen) Ethik-Kursus
absolvieren und einen Test bestehen. Es geht darum zu verstehen, dass das
Business nur bestehen und gedeihen kann, wenn die Profis auf das Übervorteilen
der Kunden verzichten und sich des Insider-Tradings und anderer unlauterer
Praktiken enthalten. Ich passe mich also an den internationalen Kontext an, indem
ich Fairness und Vertragstreue als Werte anerkenne und einhalte.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
188
Auf der Meta 1-Ebene der Adaptions-Strategie werde ich aber entscheiden wollen,
ob ich mich anpassen will durch Konformität oder Non-Konformität. Wenn alle sich
an alle konform anpassen, hat keiner einen Vorteil und es tritt Erstarrung ein.
Deshalb kann so etwas wie der maoistische Kommunismus mit blauen Jacken für
alle nicht funktionieren.
Wir werden also immer abwägen müssen: „Will ich wie alle sein oder auffallen?“
Dabei gibt es Gesetze und Regeln, die bestimmen, welche Risken ich bei
bestimmten Auffälligkeiten eingehe.
Die detaillierten Fragen zur Anpassungs-Strategie wären also:
Wie genau repräsentieren Sie sich den Kontext, in dem Sie Erfolg haben wollen?
Welche Komponente Ihrer Selbst-Repräsentation wollen Sie der Repräsentation
des sozialen Kontextes anpassen?
•
Wollen Sie mit der sozialen Gruppierung Erfolg in einem größeren Kontext
haben oder
•
Wollen Sie innerhalb der sozialen Gruppierung Erfolg haben?
Wie wägen Sie Konformität und Non-Konformität jeweils ab?
15.3.2.
Exploitations-Strategie
Exploitation = Ausnutzung, Ausbeutung. Wie will ich den Kontext für meine
Bedürfnisse ausnutzen? Überleben und Vermehren ist die Devise des Lebens. Auf
der Ebene des Inneren und Äußeren Kindes, auf der des Inneren Tieres natürlich
auch, heißt das: „Nehmen, was zu kriegen ist!“
Das Überleben einer Gruppe ist aber meist nur gewährleistet, wenn die
Gruppenmitglieder teilweise Verzicht üben. Die Gruppe kann besser fressen, wenn
die Mitglieder der Gruppe sich nicht gegenseitig fressen.
Jeder muss seine Nische finden, die das Überleben sichert.
Es gäbe hier, inspiriert von den Erkenntnissen der Börsenstrategie, 7 Grundmuster
von Strategien, die auch auf soziale Kontexte übertragbar wären:
Parasitäre Strategien:
Diese Strategien nutzen das vertrauliche Wissen über andere Personen des
sozialen Kontextes aus:
An der Börse: Insider-Trading, Stops-Fishing, Frontrunning
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
189
Im Leben: Ausnutzen von Wissen über meine Kunden gegen diese, Ausnutzen von
vertraulichem Wissen. Die generelle Strategie des bankrotten Staates.
Attraktoren-Strategien
Strategien, welche die Wahrscheinlichkeiten der Rückkehr von einem
außergewöhnlichen Zustand zu einem normalen ausnutzen.
An der Börse: Handel (antizyklisch) an Widerstand und Unterstützung, Übergekauft
und Überverkauft, Preisbändern, Preiskanälen.
Im Leben: Wenn alle pessimistisch eingestellt sind, mit dem Investieren beginnen.
Wenn ein herausragendes Ergebnis erzielt wurde, auf die Rückkehr zur Normalität
eingestellt sein.
Ausbruchs-Strategien
Strategien, welche die Dynamik einer Entwicklung über ein bisheriges Hoch oder
Tief hinaus nutzen.
An der Börse: Channel-Breakout, Volatilitäts-Breakout.
Im Leben: Wenn alles in begrenzten Bahnen verlief und plötzlich etwas ganz
Neues passiert, in dieses Neue investieren.
Trendfolge-Strategien
Wenn etwas erfolgreich einige Zeit läuft, darauf bauen, dass es noch etwas länger
erfolgreich läuft.
An der Börse: Trendfolge eben.
Im Leben: Wenn an jeder Ecke ein Handy-Laden aufmacht, auch einen
aufmachen. Die klassische Franchise-Nehmer-Strategie, mit allen Vorteilen und
Tücken.
Fundamental-Sichtweise Strategien
Das Wissen über Angebot und Nachfrage ausnutzen.
An der Börse: fundamentale Strategie, besonders in Rohstoffen. Bei
Angebotsverknappung („Wassereinbruch in der chilenischen Kupfermine!“) die
Ware kaufen.
Im Leben: Die klassische Händlerstrategie: Da kaufen, wo es etwas im Überfluss
gibt, um es da zu verkaufen, wo es knapp ist.
Strategien mit Zyklen und Saisonalitäten:
Das Wissen über die Rhythmen der Natur ausnutzen.
An der Börse: Elliott-Wave, „Go in May, stay away!“, Kondratieff-Zyklen.
Im Leben: Geschäftsstrategien, welche immer wiederkehrende Phänomene
nutzen: Wintersport, Lunch-Büffet, Abendveranstaltungen, Vollmond-Betreuung,
Agrarwirtschaft.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
190
Spread-Strategien und Arbitrage
Strategien, welche die Unterschiede in den Preis-Unterschieden zwischen zwei
ähnlichen Märkten ausnutzen.
An der Börse: Intermarket, Spreads, Arbitrage.
Im Leben: Pharma-Produkte statt in Deutschland in Portugal oder über die InternetApotheke kaufen. Das eigene Kapitalvermögen in einer Steueroase deponieren
statt in einem Hochsteuerland.
Hier gibt es natürlich auch wieder Meta-Strategien, welche bestimmen, mit welcher
Ausbeutung des sozialen Kontextes man am angenehmsten das Überleben sichert
und wie die besten Vermehrungs-Chancen zu erzielen sind.
Diese Börsen-Strategien sind auch ganz besonders auf sich selbst anzuwenden.
Wie sieht es aus mit Angebot und Nachfrage auf Ihrem Ideen-Markt?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
191
16.
Entwicklung und Werte
16.1.
Individuelle Entwicklung
16.2.
Innere Ebenen und gesellschaftliche Entwicklungsstufen
16.3.
Übung: Werte erfragen
16.4.
In welcher Gesellschaft funktionieren Sie am besten?
16.5.
Der Charakter des Geldes
16.6.
Selbsteinschätzungen
Das individuelle und das kollektive Leben entwickeln sich. Der Einzelne und die
Gruppe wollen und müssen fortwährend besser werden, denn die anderen
schlafen auch nicht.
Ein Entwicklungsprozess bringt Schmerzen. Schmerzen sind
Wachstumsschmerzen. Etwas altes stirbt und etwas neues sprengt die
Eierschalen, um fliegen zu können.
Probleme entstehen meist aus Anpassungsschwierigkeiten. Anpassung an uns
selbst, Anpassung an die Gesellschaft in der näheren oder weiteren Umgebung,
Anpassung der Gesellschaft an größere Gesellschaften.
Wir sollten eine Landkarte der individuellen und der kollektiven Entwicklung haben,
um uns orientieren zu können. So können wir die Problemphasen kurz halten.
Entscheidungen auf grund von Kriterien einer gerade beendeten Phase sind meist
ungünstig.
Die Kriterien, nach denen wir entscheiden, können als Werte bezeichnet werden.
Unsere Werte zusammengefasst bestimmen unsere Moral oder Ethik.
Anhand unserer Moral oder Ethik können wir unsere individuelle Entwicklungsstufe
ablesen und auf welche Gesellschaftsentwicklung wir uns beziehen.
Für Börsen-Trader ist das besonders wichtig: Sie interagieren mit der
fortgeschrittensten Stufe der menschlichen Entwicklung, der globalen vernetzten
Erdkultur, in der jeder Anteil an allem hat. Mit einem Kriterien-Set aus vergangenen
Jahrhunderten wird man da nichts.
Ich sollte aber nicht so vorlaut sein. Es hat mich auch einige Zeit gekostet und ist
noch nicht so lange her, dass ich erkannte, dass mein eigenes Kriterien-Set aus
der Feudalzeit stammt. Zum Glück haben wird die Fähigkeit der Selbsterkenntnis
und können lernen und uns verändern.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
192
Zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Lebensphasen haben jeweils
andere der 5 Inneren Ebene die Leitung.
16.1.
Individuelle Entwicklung
In unserem frühesten Lebens-Stadium ist die Tier-Ebene vorherrschend. Es geht
hauptsächlich um das Überleben des Körpers. Diese Phase verläuft zu einem
großen Teil im embryonalen Zustand, in dem wir bekanntlich die Entwicklung vom
Einzeller über Fisch, Amphibie, Reptil und einfaches Säugetier durchlaufen.
In der Kindphase ist dann das soziale Leben in der Familie wichtig. Das Kind lernt
tierische Bedürfnisse und Funktionen zu kontrollieren. Tier- und Kind-Stufen ist
eigen, dass nur die subjektive eigene Sichtweise eingenommen werden kann und
der Fokus auf „mein eigenes Überleben“ liegt.
Die Akteurs-Phase startet in der Pubertät und dauert bis das Individuum eine
Position in der Gesellschaft einnehmen kann und will. Das Kind muss dazu Opfer
bringen und die Emotionen des Kindes, wie Angst und Wut, überwinden, um in
einer größeren Gruppe von Gleichberechtigten eine Rolle ausüben zu können, die
dazu verhilft, dass die Gruppe stark ist. Der Akteur muss sich einfügen und den
Konventionen der Gruppe beugen können. Dazu muss sie oder er die Perspektive
der Gruppe einnehmen können.
Der König leitet das Individuum, so dass dieses im gesellschaftlichen Kontext eine
Rolle spielen kann. Die Werte der Gesellschaft müssen dazu beachtet und
vertreten werden. Der Mensch auf der Königs-Stufe kann sich selbst aus dem
Blickwinkel der Gesellschaft sehen und dementsprechend im Sinne der
Gesellschaft Opfer bringen. Er sollte nicht nur, wie der Akteur, nach Geboten und
Verboten handeln und sich auch nicht nach Interessen von Untergruppen richten,
sondern er muss ein Gemeinwohl vertreten und dazu in der Lage sein sowohl die
eine Position als auch die andere einzunehmen.
Die sog. „post-konventionelle“ Stufe des Inneren Gottes kann eine über die
Gesellschaft hinausgehende Perspektive einnehmen. Diese Perspektive des
Lebens als solchem oder des Seins als solchem erfordert, dass auch das, was der
König als gut, weil für die Gesellschaft gut, wahrnimmt, über Bord geworfen wird.
Mitgefühl mit den Feinden der Gesellschaft kann der König sich nicht leisten, das
kann nur der Heilige.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
193
Bei jedem „Problem“ das im Leben auftaucht, kann die Frage gestellt werden:
„Welchen Entwicklungsschritt will das hier unterbewusst erschaffene Szenario
erwirken?“
Auf jeder Ebene stoßen wir an Grenzen. Innere Ebene und Kontextrahmen
müssen zusammen passen. Das Innere Tier im Menschen wird in der Familie
dumm auffallen und muss domestiziert werden. Das Kind muss in der Schule sich
von dem Bedürfnis nach Zuwendung ein wenig gelöst haben. Der jugendliche
Akteur muss lernen, dass ein gesellschaftliches Gelingen Vertragstreue und
Ehrbarkeit verlangt. Der König wird die Gesetzestreue zugunsten des Mitgefühls
loslassen müssen, um das Seelenheil zu erlangen.
Was heißt das im Bezug auf „Trading-Probleme“? Das klassische Problem des
Tradings sind Verluste. Bei kontinuierlichen Gewinnen hätten wir in diesem Bezug
keine Schmerzen. Trading-Verluste sagen uns evtl.: „Du gehst wie ein Kind an die
Sache heran und musst Disziplin lernen.“ Die Disziplin lernt der junge Mensch als
Lehrling bei tagelangem Feilen von Werkstücken. Das ist beim Trading nicht
anders. Solange Sie den Zustand der Demut, eine Emotion des Inneren Gottes,
beim Trading noch nicht erreicht haben, wird der Markt Ihnen zu dieser
Entwicklung gern verhelfen.
Der Innere Gott muss aber nicht unbedingt die Führung beim Trading haben, keine
Bange. Der Akteur kann ein sehr gutes Mitglied in einem Trading-Team sein und
Anweisungen ausführen. Der König wird einen Handelsplan einhalten können und
der Demut in diesem Lebensbereich evtl. entgehen können. Börse ist ein
Schlachtfeld, auf dem man mit Kalkül etwas wird. Aber das gilt wohl für jede
Schlacht.
16.2.
Innere Ebenen und gesellschaftliche Entwicklungsstufen
Die menschlichen Gesellschaften entwickeln sich auch und man könnte durchaus
Analogien mit den inneren Entwicklungsstufen feststellen.
Die Gesellschaft der Menschen auf der Tier-Ebene ist die der Sammler, die
Urhorde.
Auf der Kind-Ebene tun sich einige Urhorden zu Stämmen zusammen und bilden
die Stammesgesellschaft, in der es eine Arbeitsteilung gibt zwischen Jägern und
Pflanzern und in der die Tauschgesellschaft entsteht.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
194
Die Akteure dann bilden aus mehreren Stämmen Feudalstaaten, in denen eine
zentrale Macht an der Spitze einer Hierarchie steht.
Die Könige (der Ausdruck ist hier etwas unzutreffend, es müsste eher „Meister“
oder „Chef“ heißen) verbinden sich in der bürgerlichen Eigentumsgesellschaft, in
der sich gleichberechtigte Freie in flachen Hierarchien zusammentun und ihre
Beziehungen untereinander in Verträgen ordnen.
Auf der Gott-Stufe dann entsteht eine Gesellschaft, in der wechselseitiger Anteil
am Eigentum und an der Unternehmung anderer eine globale AktionärsGesellschaft ermöglicht.
Diese soziale Entwicklung geht einher mit einer Evolution des Geldes:
Sammlergesellschaft:
kein Geld
Stammesgesellschaft:
Geld als Tauschmittel (auch Muscheln, Zigaretten,
Glasperlen)
Feudalgesellschaft:
staatlich erklärtes Münzgeld
Bürgergesellschaft:
Papiergeld, von einer Bank oder Zentralbank
garantiert
Aktionärsgesellschaft:
Kreditkarten
Die bereits erwähnten Professoren Gunnar Heinsohn und Otto Steiger haben diese
gesellschaftlichen und monetären Entwicklungen mit der Entwicklung von
Eigentumsrechten begründet. Und diese Sichtweise macht bei genauerer
Betrachtung Sinn. Eigentum ist hier von Besitz zu unterscheiden. Eigentum kann
als Sicherheit für Kredit verpfändet (und weiter benutzt) werden, Besitz kann man
nur bekommen, haben oder weggeben.
Auf jeder individuellen und kollektiven Stufe sind ein bestimmtes Set von Kriterien
nötig um die jeweilige Gesellschaft am Laufen zu halten. Die Teilnehmer müssen
sich an gewisse Spielregeln halten, damit der Laden funktioniert. Diese Regeln
werden anerzogen und sind uns meist gar nicht bewusst.
Da heute alle 5 Gesellschafts-Stufen parallel auf der Erde und sogar parallel in der
voll entwickelten Gesellschaft bestehen, ist es nötig die Flexibilität in den Werten
zu haben, die ermöglicht auf allen Stufen Erfolg haben zu können.
Wir haben natürlich in jeder der 5 gesellschaftlichen Entwicklungsstufen potenziell
alle 5 individuellen Ebenen entwickelt. Es gibt eine Gott-Stufe bei den Sammlern,
im Stammeswesen, im Feudalstaat, in der Bürgergesellschaft und in der globalen
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
195
Aktionärsgesellschaft. Die Gott-Stufe hält die höchsten Werte. Sie muss jeweils ein
wenig unterschiedlich sein, gemäß dem Charakter des jeweiligen Lebens eben.
In der Sammlergesellschaft wird das Höchste Bewusstsein mit den Geistern oder
Spirits in den Pflanzen, Tieren und anderen Naturerscheinungen in Kontakt treten
und diese verehren, von ihnen gute Jagd oder gute Ernte erbitten.
Die Stammesgesellschaft kennt einen Kanon von Göttern, welcher der eigenen
Aufgabenteilung entspricht, ein Polytheismus. Diese sind in der Macht nahezu
gleichberechtigt und im Kontakt rau aber herzlich.
Die Feudalgesellschaft mit einer Zentralgewalt entwickelt naturgemäß den
Monotheismus. Gehorsam gegenüber der Höheren Gewalt und dessen irdischem
Stellvertreter setzt die Werte der Unterordnung und Genügsamkeit durch.
In der bürgerlichen Eigentumsgesellschaft ist es wichtig, dass jeder seinen
eigenen Gott haben und nach eigener Fasson selig werden kann. Die Werte von
Ehrbarkeit und Vertragstreue werden von Verfassungen und Gesetzen geregelt.
Der protestantische Gott ist eher ohne Abbild und für jedes Mitglied gleichrangig
anzusprechen. Die kritisch durchleuchtete, wissenschaftliche Wahrheit und der
finanzielle Reichtum sind glaubwürdiger als die Dekrete eines Gottes.
In der Aktionärsgesellschaft ist der Umgang mit Komplexität und der Relativität
der Wahrheit wichtig. Das Bewusstsein, das in der Quantenphysik den Zustand
des Partikels per Beobachtung bestimmt und damit die Welt, wird als der Urgrund
des Seins erkannt. Diese Sichtweise ist letztendlich pantheistisch („Alles ist
göttlich“) und nähert sich wieder der Weltsicht der Sammler an.
16.3.
Übung: Werte erfragen
Was ist Ihnen wichtig?
Erstellen Sie einmal Ihre Sammlung der Werte. Werte sind Kategorien wie
Schönheit, Wahrheit, Sicherheit, Frieden.
Schreiben Sie einfach mal 20 Kategorien auf, die in Ihrem Leben eine Rolle
spielen. Wonach richten Sie sich aus? Was suchen Sie? Was ist Ihnen wichtig?
Vergessen Sie diese Werte nicht: Gesundheit, Liebe, Geld. Denn sonst realisieren
Sie diese in Ihrem Leben nicht!
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
196
Erstellen Sie dann eine Hitparade der Werte. Was ist das Wichtigste? Was ist auch
wichtig? Wägen Sie jeweils zwischen zwei Werten ab: Wenn nur der eine
realisierbar wäre in einer Situation, für welchen würden Sie sich entscheiden?
Wenn Sie feststellen, dass Sie mehr Geld wollen, sollten Sie Geld in der Hierarchie
der Werte höher platzieren. Dazu bräuchten Sie die Mentale Repräsentation von
Geld. Geld ist in verschiedenen Phasen der gesellschaftlichen Entwicklung etwas
unterschiedliches. Mit dem „richtigen“ Geld-Wert in der passenden Gesellschaft
werden Sie zu Reichtum kommen.
Erstellen Sie die Mentalen Repräsentationen der ersten 5 oder 6 Werte!
Es ist wichtig, weg-von orientierte Werte in hin-zu orientierte umzuwandeln.
„Freiheit“ ist etwas anderes als „Unabhängigkeit“.
Sie werden bei dem Vergleich der Mentalen Repräsentationen evtl. feststellen,
welche Qualität bestimmt, ob ein Wert höher oder tiefer in der Hierarchie steht.
Durch Veränderungen dieser Qualität in den jeweiligen Repräsentationen können
Sie die Werte-Hierarchie verändern.
Organischer ist es aber, die Weg-von-Qualitäten eines Wertes durch die KarmaLine, die wir im nächsten Kapitel kennen lernen, zu klären.
Veränderungen von Werten mittels Veränderung einer Qualität kann ein
tiefgreifender Eingriff sein und sollte wohl überlegt sein. Es ist aber auch ein sehr
powervoller Eingriff. Wenn ein Ziel angestrebt wird, und der betreffende Wert ist
nicht unter den ersten 5 Werten, wird es auch schwerlich wirklich angegangen und
erreicht werden.
16.4.
In welcher Gesellschaft funktionieren Sie am besten?
Die 5 Stufen der Gesellschaftsentwicklung können wir in der aktuellen
bundesrepublikanischen Gesellschaft beobachten.
Die Sammler leben auf der Straße oder in Obdachlosenheimen. Die
Stammeskrieger gibt es in Landkommunen oder in der alternativen Szene.
Den Begriff des Feudalstaates wollen wir etwas weiter fassen. Es ist der
hierarchisch organisierte Staat mit zentraler Macht. Dieses trifft nicht nur für
aristokratische Gesellschaften zu, sondern auch für den sozialistischen Staat und
in gewissem Ausmaß auch für die sozialdemokratische oder christdemokratischen
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
197
soziale Marktwirtschaft. Auch die Firmen und Betriebe der Großindustrie
entsprechen der Struktur des Feudalstaates.
Die Bürgergesellschaft hat sich vor allem in den Städten des frühen Mittelalters in
den Gilden und Zünften aus Kaufleuten und Handwerkern gebildet. Heute bildet
der sog. Mittelstand aus kleinen und mittleren Unternehmern, Bauern, Freiberuflern
und Selbständigen diese Schicht.
Die globale Aktionärsgesellschaft ist erst im Entstehen. Sie ist charakterisiert durch
wechselseitige Anteilsverhältnisse. Jeder lässt in dieser Gesellschaftsform
Eigentumsanteile an den eigenen Unternehmungen zu und hält derartige
Eigentumsanteile an den Unternehmungen anderer.
16.5.
Der Charakter des Geldes
Der entscheidende Unterschied zwischen den Stufen und Gesellschaften ist der
Charakter des jeweiligen Geldes. Geld ist ja eine wesentliche Komponente unseres
Lebens. Die vielschichtige Art des Geldes hat auch dazu geführt, dass es in der
Wirtschaftswissenschaft keine wirklich fundierte Theorie des Geldes gibt.
Es ist leicht einsichtig, dass es für den Börsianer, der in der globalen Börsenwelt
Erfolg haben will, mit der entsprechenden Repräsentation von Geld agieren sollte.
Erstellen Sie eine Mentale Repräsentation von Geld! Wir werden gleich auf diese
zurückkommen.
Diese möglichen Repräsentationen des Geldes könnte es geben:
Der Sammler kennt eigentlich gar kein Geld. Es ist dem Landstreicher egal, ob er
eine Flasche Korn geschenkt bekommt oder 5 Euro, um sich eine Flasche Korn zu
kaufen.
Das Stammesmitglied in der Tauschgesellschaft betrachtet Geld als universales
Tauschmittel, welches den Tausch erleichtert. Das kann auch Zigarettengeld wie in
der Nachkriegszeit sein. Geld kommt und geht hier und es ist eben nur ein
Tauschmittel.
In der Feudalgesellschaft ist Geld hauptsächlich Sold. Der Untergebene oder
Angestellte verrichtet einen Dienst und bekommt dafür ein Entgelt. Er bekommt
möglichst genau so viel, wie er zum täglichen Überleben braucht. Auf Staatsebene
wird dieses Geld von einem Finanzminister per Dekret geschaffen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
198
In der bürgerlichen Eigentumsgesellschaft ist Geld etwas anderes als in den Stufen
zuvor. Es entsteht als Kreditgeld aus verpfändetem Eigentum. In Kapitel 7 über
Schuld habe ich den Vorgang bereits beschrieben.
Das Geld in der globalen Aktiengesellschaft ist an sich noch zu entwickeln. Das
gegenwärtige System des Zentralbankgeldes, das aus der Verpfändung von
vorwiegend staatlichen Schulden entsteht, wird zwangsweise kollabieren. In der
Globalwelt wird sowohl die Emission von Geld dezentralisiert als auch die
Bewertung der Sicherheiten auf berechenbare Füße gestellt werden. Letztendlich
ist die Bonität die Verrechnungseinheit, dokumentiert durch verschieden metallicfarbige Kreditkarten. Um Dynamik zu gewährleisten muss die Bonität nicht durch
volle Deckung, sondern lediglich durch eine Marginzahlung dokumentiert werden.
Wer je einen Margin-Call nicht ausgeglichen hat, scheidet aus dem Spiel aus.
Was nun aber ist Geld für Sie?
•
Ist es etwas, was Sie zufällig finden oder das in Ihren Hut fällt?
•
Ist es ein Tauschmittel, das Sie gegen eine von Ihnen produzierte Ware
bekommen?
•
Ist es ein Sold, ein Gehalt, ein Lohn, den Sie für investierte Zeit und
andere Ressourcen von einer anderen Instanz bekommen?
•
Ist es ein Kredit, den Sie als Verflüssigung Ihres verpfändeten Eigentums
bekommen?
•
Ist es ein Ausdruck für Ihre Bonität als Eigentümer am globalen
Energiefluss?
Sie werden vielleicht feststellen, dass Sie ein Crew-Member sind, ein
Soldempfänger, der für einen Fürsten, Staat, Boss, Arbeitgeber am besten arbeitet.
Wenn ein Mensch auf einem solchen gesellschaftlichen Entwicklungsstand
selbständig unternehmerisch tätig werden will, muss er erst einmal das Spiel vom
Eigentum verstanden haben. Er sollte Eigentum verpfändet und das Pfand wieder
eingelöst haben. Unternehmerische Entscheidungen zu treffen beinhaltet die
Sicherung und Mehrung des Eigentums. Wem das Eigentum fremd ist, sollte lieber
wertvolles Mitglied in einer Hierarchie sein.
Der Bürger in der Eigentumsgesellschaft kann bei sorgfältigem Umgang das
Eigentum nicht verlieren. Er setzt es zur Vorfinanzierung von Unternehmungen
teilweise ein, zieht aber weiter Gewinn daraus. Wenn eine Unternehmung
scheitert und die Rückzahlung des Kredits scheitert, kann es nur gefährlich
werden, wenn zu viel auf eine Unternehmung gesetzt wurde. Die Regeln der
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
199
Risiko-Managements und des Money-Managements gelten vor allem auch hier.
Erst einmal aber muss Eigentum da sein.
Wichtig ist wie schon in mehreren Sparten dieses Buches: Erkenne dich selbst!
Schätze dich illusionslos ein und platziere dich dort, wo du hinpasst. Wer versucht
jemand anderes zu sein, bringt sich in Schwierigkeiten.
Wir wollen aber ja nicht ewig Sammler in der Höhle sein. Wir müssen Risiken
eingehen um zu wachsen. Irgendwann fing einer an zu dem anderen Stamm zu
wandern und zu sagen: „Hört zu, ihr habt da tolle Biberfelle, die könnten wir
gebrauchen. Krieg darum wäre für beide Seiten zu mühsam. Wollt ihr nicht etwas
von unserm Honig dafür haben?“ Und los ging die Tauschwelt und der erste Pionier
war ein Händler, ein Trader.
Menschen, die in der Hierarchie ihren Sold erarbeiten, kaufen Hauseigentum und
pflanzen in ihrem Garten Radieschen an und können Hypotheken aufnehmen und
werden Bürger mit Eigentum. Wenn diese dann noch einen Staat begrenzen oder
abschaffen, in dem Politiker exorbitante Steuern auf Eigentum erheben und sich
feudalherrschaftliche Pensionen genehmigen können, geht die Dynamik der
Gründerjahre ewig weiter.
16.6.
Selbsteinschätzungen
Der erste Schritt ist derjenige der korrekten Selbsteinschätzung. Nur wenn ich mich
richtig und illusionslos einschätze, kann ich das Richtige machen. Man macht sich
das Leben leichter, wenn man das dem eigenen Stand entsprechende macht. Wir
sind aber Gesellschaften im Wachstum und Wandel und Menschen entwickeln sich
und machen Sprünge. Es wäre aber ratsam für die Springenden dieses von einem
sicheren Grund aus zu unternehmen.
Zu beachten ist, dass die Feudalistische Stufe und ihre Werte heutzutage in der
Kultur fast aller Staaten vorrangig propagiert wird. Die Helden in den TV-Serien
sind meist keine selbständigen Unternehmer (und wenn dann sind Sie meist
korrupt und fies wie J.R.Ewing) sondern Mitglieder einer militärische Crew (StarTrek, NYPD) oder polizeilichen Einheit oder angestellte Ärzte in einem Hospital.
Freie Unternehmer sind meistens Gangsterbosse oder Unweltverschmutzer. Es ist
nicht leicht in einer derartigen Welt eine rechtschaffene bürgerliche Werteordnung
zu entwickeln. Denn ohne Konkurrenz und Wettbewerb geht es nicht.
Ein großer Teil der bundesrepublikanischen Gesellschaft befindet sich in der
feudalistischen Struktur und ist Teil einer Hierarchie, sei es des Staates oder einer
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
200
Großfirma. Als Kind von Eltern, die Teile der Hierarchie sind, werden Sie die
Wertewelt dieser mitbekommen. Ich dachte als Jugendlicher, dass ich mit dem
68er-Marxismus revolutionär wäre. Heute weiß ich, dass es nur eine etwas
verbalradikalere Schattierung der Wertewelt meiner Eltern aus der Angestelltenwelt
war.
Der Schritt ins Unternehmertum und in die bürgerliche Selbständigkeit aus einer
solchen Herkunft muss sehr bewusst angegangen werden. Denn es herrschen
andere Werte in der Welt, in die man aufsteigen will. Es gibt hier niemand, der
einem sagt, was man machen und lassen soll. Und es ist auch erst hier, wo man
lernt, dass Buchhalter (doppelte Buchführung!), Rechtsanwälte und
Wirtschaftsprüfer eine wesentliche Bedeutung für das Funktionieren der
Gesellschaft haben.
Es ist also etwas anderes, ob man als Trader in einer Firma angestellt ist und als
Teil einer Hierarchie agiert oder ob man als Selbständiger das eigene Geld zu
mehren sucht. Das Modell der Gottesgesellschaft, in der Aktionäre einer AG den
Gewinn der AG mehren, in dem sie die Aktien anderer AGs halten und handeln, ist
so noch nicht entwickelt. Sie können sich aber eventuell vorstellen, wie die Welt
wäre, wenn jeder Aktionär in einem Beteiligungs-Hedge-Fond wäre, der sich an
allem beteiligen kann und das absichern kann und sich auch an seinen Aktionären
beteiligt. Auf der einen Ebene profitiert jeder von dem Erfolg eines jeden und auf
der Ebene des Tagesgeschäfts wiederum kann jeder per Derivate auch auf die
eigene gute oder schlechte Stimmung setzen.
Überprüfen Sie also, mit welchem Bewusstsein Sie vorrangig agieren und in
welchem gesellschaftlichen Feld Sie Erfolg haben wollen!
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
201
17.
Karma-Line
17.0.
Time-Line-Therapy nach Dr. Tad James
17.1.
Erfragen der Time-Line
17.1.1.
Testflug
17.1.2.
Ketten von Ereignissen
17.1.3.
Positionen auf der Time-Line
17.2.
Die ursprüngliche Ursache
17.3.
Klärung einer Emotion auf der Time-Line
17.4.
Erweiterung zur Karma-Line
17.4.1.
Meta- und Trans-States
17.5.
Zusatz: Phobia cure
17.0.
Time-Line-Therapy nach Dr. Tad James
In diesem Kapitel nun möchte ich die Technik vorstellen, die ich in meiner Praxis
als Coach sehr häufig einsetze. Sie verbindet in hervorragender Weise die
Sichtweise der Tiefenpsychologie, derzufolge die Wurzel für heutige Probleme in
der Vergangenheit liegt, mit der Sichtweise der Verhaltenstherapie, die besagt,
dass wir jetzt in diesem Moment unser Verhalten neu bestimmen können.
In den siebziger Jahren habe ich einige Jahre Selbsterfahrung in Bioenergetik
gemacht, dann eine Ausbildung als Bioenergetik-Therapeut absolviert und
schließlich selbst Selbsterfahrungsgruppen mit dieser Methode geleitet. In dieser
Richtung werden über Körperübungen muskuläre oder energetische Blockaden
gelöst und die durch diese festgehaltenen emotionale Energie freigesetzt. Das
waren die berühmt-berüchtigten kathartischen Psycho-Gruppen, in denen viel auf
Kissen gehauen wurde, in Eimer gespuckt und in Papiertücher geheult wurde.
Emotionaler Ausdruck war das Ziel dieser Interventionen.
Die Erfahrung war aber, dass das Rauslassen der Emotionen nicht unbedingt zu
einer Veränderung der Charakterstruktur führt und eventuell sogar in diesen
Therapien und Selbsterfahrungsgruppen die traumatischen Ereignisse neu
installiert werden. Es kam jedenfalls vor, dass man wieder und wieder auf das
gleiche Vater-Kissen einprügelte und irgendwann feststellte, dass man zwar eine
energetische Entspannung erlebte, aber nicht wirklich weiterkam.
Woran mir also vor allem gelegen war: Interventionen im emotionalen Bereich zu
finden, die schnell und sanft emotionale Entspannung mit sich bringen. Denn die
Verarbeitung vom Kopf her bringt nur vorübergehend Veränderung. Die
Veränderung des emotionalen Musters ist wesentlicher.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
202
Die effektivste Entladung von Emotionen und einengenden Glaubenssätzen habe
ich mit der Time-Line-Therapy, wie sie von Dr. Tad James entwickelt wurde,
kennen gelernt. Indes gibt es auch in dieser Time-Line-Arbeit einige Möglichkeiten
der Erweiterung, was ich mit der „Karma-Line“ beheben möchte. Diese
Erweiterungen sind auch angeregt durch eine andere Weiterentwicklung des NLP:
den Meta-States von Dr. Michael Hall (www.neuosemantics.com).
Es gibt eine weitere Arbeitsweise mit Time-Lines im NLP, bzw. das ist eher die
übliche Herangehensweise: Eine Linie wird auf dem Boden wie ein Bodenanker
ausgelegt und zu der Zeitlinie des jeweiligen Klienten erklärt, meist mit einer
Markierung für „Geburt“, einer für „Gegenwart“ und einer für den Platz in der
Zukunft, an dem ein „Ziel“ erreicht sein soll. Diese Art der Time-Line wurde
besonders von dem führenden NLP-Trainer, Robert Dilts, eingeführt. In dem in
Kapitel 19 beschriebenen Ablauf eines vollständigen Coachings wenden wir diese
Time-Line auf dem Boden auch an. Nach meiner Erfahrung ist indes die Time-Line,
wie sie in der Time-Line-Therapy eingesetzt wird, tiefer. Wir arbeiten hier mit einem
Instrument des Unterbewusstseins in einer Art Halbtrance. Nach meiner
mehrjährigen Erfahrung mit Klienten und mir selbst löst man auf diese Weise den
Knoten an dem Punkt in der Raumzeit, wo und wann er entstanden ist, und zwar
tatsächlich „psycho-physikalisch“.
Es ist natürlich so, dass man eine derartige Technik kaum aus einem Buch heraus
lernen und dann anwenden kann, schon gar nicht mit Klienten. Diese Darstellung
soll einen Einblick geben und Trainern und Coaches im „Gewinnen beginnen
innen“-Coaching ein Leitfaden sein. Ich empfehle Ihnen sehr, eine Karma-LineAusbildung mitzumachen oder als Coachee bei einem ausgebildeten Coach eine
Erfahrung mit der Technik zu machen .
Es gibt in Deutschland auch mehrere NLP-Coaches, die auch als Time-LineTherapeuten von oder nach Tad James ausgebildet sind. Mit diesen können Sie
auch diese effektive Technik erfahren und lernen.
Time-Line oder Karma-Line nutzen unsere innere Repräsentation der Zeit für eine
Bewusstwerdung und Erhellung unserer Historie.
Wie wissen wir, dass eine Erinnerung älter oder weniger alt ist? Wenn Sie zwei
innere Bilder haben, z.B.: Sie haben gestern gefrühstückt und vorgestern
gefrühstückt, wie wissen Sie welches das ältere und welches das weniger alte Bild
ist?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
203
Bei einiger genauer Beobachtung werden wir feststellen, dass die Lokalität die
entscheidende Qualität der Repräsentationen ist. Das eine Bild wird weiter weg
sein oder weiter rechts oder höher als das andere. Die unterschiedlichen
Lokalitäten ergeben eine Linie, die Zeit-Linie. Die jeweiligen Linien sind indes
individuell sehr unterschiedlich. Von Geraden über Spiralen bis hin zu chaotischen
Verläufen ist alles in meiner Praxis schon vorgekommen.
Am ehesten und schnellsten finden wir diese Linie heraus durch die Frage nach
der intuitiven Richtung oder Örtlichkeit von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Die Arbeit mit der individuellen Time-Line findet in einer Halbtrance statt: Wir wollen
uns mit einem Konzept oder Tool unseres Unterbewusstseins in Verbindung setzen
und gleichzeitig bewusst beobachten und über das Erlebte kommunizieren können.
Die Time-Line ist auch sehr gut geeignet für Reisen in die Zukunft und
Vorherschau. Mit etwas Übung können auch Kurserwartungen mit der Time-Line
ermittelt werden. Es lohnt sich also dieses Instrument näher kennen zu lernen.
17.1.
Erfragen der Time-Line
Wir wollen also als erstes die individuelle Time-Line herausfinden. Lassen Sie sich
darauf ein, ein Konzept Ihres Unterbewussten näher kennen zu lernen.
Es empfiehlt sich, den Wortlaut der Anweisungen wörtlich so anzuwenden, wie es
hier formuliert wird. Die Formulierungen beinhalten Anweisungen für das
Unterbewusstsein.
Der Coach fragt also:
„Wenn ich Ihr Unterbewusstsein fragen würde, wo Ihre Vergangenheit ist und wo
Ihre Zukunft ist, dann habe ich die Vorstellung, dass Sie vielleicht sagen: ‚Sie geht
von rechts nach links oder von vorne nach hinten oder von oben nach unten’ oder
in irgendeine Richtung von Ihnen aus in Bezug zu Ihrem Körper. Und ich bin nicht
an Ihrem bewussten Konzept davon interessiert, sondern an Ihrem
unterbewussten, intuitiven.“
Also: „Wenn ich Ihr Unterbewusstsein fragen würde, wo Ihre Vergangenheit ist, in
welche Richtung würden Sie zeigen?“
„Und Ihre Zukunft, in welche Richtung würden Sie zeigen, wenn ich Ihr
Unterbewusstsein fragte, wo Ihre Zukunft ist?“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
204
„Und wo wäre Gegenwart?“
„Könnten Sie sich diese Richtungen und Orte von Vergangenheit, Zukunft,
Vergangenheit als Linie verbunden vorstellen?“
Hinweise für den Coach:
Beim Erfragen der Time-Line seien Sie bitte sicher, dass Sie verstehen, dass wie
auch immer jemand seine Time-Line organisiert, es perfekt für diesen Menschen
ist. Machen Sie keine Bemerkungen über die Organisation der Time-Line, solange
bis Sie herausfinden, ob es für die Person funktioniert.
Wenn es zwei oder mehrere Time-Lines gibt, sagen Sie: „Welche dieser TimeLines würde am besten dazu nützen, die am meisten durchdringende und am
längsten andauernde Veränderung zu verursachen/herbeizuführen?“
Und nun die weitere Ansprache an den Klienten:
„Und dann vergegenwärtigen Sie sich jetzt die Richtungen, in die Sie eben gezeigt
haben und bemerken, dass sie eine Linie beinhalten. Gut, nun, wenn ich Linie
sage, dann meine ich das nicht nur visuell, weil ich Sie in einem Moment bitten
werde, über der Time-Line zu schweben und mit Schweben meine ich auch so wie
Sounds auf dem Wind treiben, oder in der Badewanne schwimmen oder eben
visuell. Wie auch immer Sie über der Time-Line schweben, ist es perfekt.“
17.1.1.
Testflug
Als nächstes wollen wir dem Klienten eine erste Erfahrung des Bewegens auf der
virtuellen Time-Line geben.
„Gehen Sie in Kontakt mit dem Punkt ‚Gegenwart’ Ihrer Time-Line und stellen Sie
sich vor, dass Sie über diesem in die Höhe schweben können.
Schweben Sie ein Stück in Richtung „Zukunft“, ohne Einzelheiten auf der Linie jetzt
wahrnehmen zu wollen, einfach nur um festzustellen, dass Sie sich frei über der
Linie bewegen können....
Schweben Sie ebenso ein Stück Richtung „Vergangenheit“ und stellen Sie auch
dort fest, dass Sie sich frei über der Linie in Ihrer inneren Vorstellung bewegen
können.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
205
Gut, kommen Sie nun zurück über den Punkt „Gegenwart“ und schweben Sie
einmal ganz weit in die Höhe, so weit, dass die Linie nur so ein paar Zentimeter
lang zu sein scheint, weit unter Ihnen. Wie ist es dort oben?
Dann lassen Sie sich wieder hinuntersinken und landen auf dem Punkt Gegenwart,
um wieder mit Ihrer Aufmerksamkeit hierher in die Außenwelt zu kommen.“
17.1.2.
Ketten von Ereignissen
Wir haben in unserem Leben sich wiederholende Muster von Ereignissen, es sieht
fast wie „unser Schicksal“ aus.
Die Ereignisse, an die wir uns erinnern, werden die mit irgendeiner emotionalen
Intensität sein. Im Amerikanischen werden diese Ereignisse als S.E.E. bezeichnet:
„Significant Emotional Experience“, Signifikante Emotionale Erfahrung.
Eine Kette von S.E.E. hat eine erste Ursache: Ein Ereignis, bei dem die emotionale
Energie nicht verdaut wurde, welches nicht integriert werden konnte. Das muss
keine große Sache gewesen sein. Für ein kleines Kind kann ein kleines
Missverständnis emotional eine große Sache sein. Das Ereignis kann letzter
Beweis in der Wahrnehmung eines energetischen Feldes sein.
Jedenfalls wurde bei dem Ereignis eine emotionale Energie, z.B. eine Wut oder
eine Angst, nicht vollständig ausgedrückt und/oder nicht verdaut. Die Energie
wurde im System gespeichert, weggesteckt.
Das ist aber nicht wirklich gesund und ökonomisch und das Gesamtsystem wird
diese Energie ausdrücken und verdauen wollen. Es nimmt die erste beste
Gelegenheit in der äußeren Situation, um diese Emotion wieder entwickeln zu
können. Die alte emotionale Energie wird mit in die Reaktion auf das neue Ereignis
geleitet. Es kann aber gut sein, dass auch hier die Energie nicht abgebaut wird.
Wir werden wie in einer selbsterfüllenden Prophezeiung Ereignisse suchen und
erschaffen, die dieser Emotion entsprechen. Wer ein negatives Erlebnis mit
Spinnen hatte und nun die Angst vor diesen zu kontrollieren versucht , wird überall
und fortwährend Spinnen entdecken, die andere Menschen völlig übersehen. Wer
Wut hat, wird Gegner finden oder welche dazu machen. Der Mensch mit
unverdauter Scham wird sich immer wieder bloßgestellt erleben.
Wir brauchen aber nicht alle Ereignisse in der langen Lebenshistorie und
besonders in der gesamten Kindheit bewusst machen und klären. Es ist mit dieser
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
206
Technik ausreichend das allererste oder ursprüngliche Ereignis zu finden, die
ursprüngliche Ursache. Nach Klärung dieses Ereignisses klären sich auch die
Energien in den darauf folgenden S.E.E.
Wenn wir also diese ursprüngliche Ursache klären, klärt sich erfahrungsgemäß die
gesamte Kette von Ereignissen und die alten Energien werden entladen.
Unser Unterbewusstsein aktualisiert die Emotion, indem es uns Situationen schafft,
die diese wieder auslösen, in der Hoffnung, dass das Verdauen dann passiert.
Dabei kann es vorkommen, dass die ursprüngliche Ursache relativ klein ist und die
S.E.E. immer größer werden.
17.1.3.
Positionen auf der Time-Line
Für die bessere Orientierung auf der Time-Line im weiteren Verlauf, möge diese
Graphik behilflich sein.
Es sind 4 Punkte in der Arbeit von Bedeutung, in der späteren Weiterentwicklung
der Karma-Line können es 5 Punkte sein.
Den Punkt Gegenwart, von dem aus wir starten, und zu dem wir zurückkehren,
bedarf keiner näheren Erklärung.
Der Punkt Eins ist die Position fast über dem Erstereignis. Man kann identifizieren,
dass es dort gewesen sein muss, sieht aber noch nichts genaues.
Der Punkt Zwei ist genau über dem Ereignis. Von oben kann das Ereignis
wahrgenommen werden. Dieses ist eine Meta-1-Position zu dem Ereignis. In der
Karma-Line nehmen wir noch eine Meta-2-Position darüber ein.
Der Punkt Drei ist eine Position, die etwas weiter zurück an einen Zeitpunkt vor
dem Ereignis führt (gegenwartsferner). Punkt Drei ist höher gelegen und ist die
Trans-Position, Ebene Innerer Gott also. Die Blickrichtung in Punkt Drei soll
Richtung Gegenwart sein und dazu ist eine 180°-Drehung notwendig, welche der
entscheidende Moment des Ansatzes der Time-Line-Therapy nach Tad James ist.
(Die Drehung in Position 3 ist der entscheidende Punkt der gesamten Technik!)
Punkt 4 dann ist die Position in dem Ereignis auf der Time-Line drin.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
207
17.2.
Die ursprüngliche Ursache
Wie aber kennen wir die ursprüngliche Ursache, das allererste Ereignis? Es liegt
weit zurück, es ist verdrängt und vergessen.
Wir brauchen eine Methode, diese in der Vergangenheit liegende Ursache für ein
emotionales Muster zu finden. Wir benutzen in der Time-Line-Arbeit die folgende
Frageabfolge. In der Kinesiologie wird ein ähnliches Verfahren mit Muskeltest
durchgeführt. Es kann sein, dass dieses genauso überzeugende Ergebnisse liefert.
Ich bevorzuge die Frageabfolge, weil in ihr eine Trance-Induktion enthalten ist,
welche die weitere Arbeit erheblich erleichtert.
Also hier die Frageabfolge zur Erfragung einer ursprünglichen Ursache:
1.
Referenz-Ereignis erfragen.
„Erinnern Sie sich an ein Ereignis der näheren Vergangenheit, an dem Sie XYZ
(eine Emotion, ein Glaubenssatz) waren? Wie genau haben Sie XYZ
wahrgenommen? Wie wissen Sie jetzt, dass XYZ bei dieser Erinnerung noch
zugegen ist?“ Stelle Referenz-Wahrnehmung fest.
2.
Hinweis zur Art der Befragung:
„Ich gebe Ihnen jeweils Antwortmöglichkeiten vor, und Sie mögen mir bitte die
Antwort sagen, die sich für Ihre Intuition richtig anfühlt, oder richtig aussieht oder
richtig anhört. Ihre Intuition wird auf ihre eigene Art und Weise antworten.“
„Ist es für Sie in Ordnung, dass wir diese ursprüngliche Ursache jetzt erfragen?“
4.
Nach der ursprüngliche Ursache fragen:
„Ich möchte Sie nach dem ursprünglichen Ereignis für diese Emotionen (diesen
Glaubenssatz) befragen. Und das ist die ursprüngliche Ursache, die, wenn geklärt,
die gesamte emotionale XYZ-Energie von Ihrer Time-Line klärt.
„Also, wenn Sie es wüssten:
War die ursprüngliche Ursache
Vor,
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
208
Während oder
Nach ihrer Geburt?“
Bei Antwort „nach der Geburt“:
„Lassen Sie auf die gleiche intuitive Weise eine Zahl hochkommen für das Jahr
nach der Geburt, in dem die ursprüngliche Ursache liegt und nennen Sie diese.“
Bei Antwort „während der Geburt“:
Der Zeitpunkt ist eindeutig.
Bei Antwort „vor der Geburt“:
„War die ursprüngliche Ursache im Mutterleib oder davor?“
Bei Antwort „im Mutterleib“: Lassen Sie eine Zahl von 1 bis 9 für den Monat im
Mutterleib hochkommen und nennen Sie diese.“
Bei Antwort: „davor“ (vor Mutterleib): „War die ursprüngliche Ursache in
vergangenen Leben oder in vergangenen Generationen?“
Lassen Sie jeweils eine Zahl für die Leben, bzw. Generationen, zurück,
hochkommen und nennen Sie diese!“
Es ist wichtig, dass die jeweiligen Antworten nicht durchdacht sind, sondern intuitiv,
ohne großes Nachdenken, spontan gegeben werden.
Überraschend ist für viele Menschen natürlich erst einmal, dass es Ursachen vor
der Geburt geben soll. Es war ja noch vor hundert Jahren sensationell, dass es
Ursachen in der Kindheit geben soll. Mittlerweile ist aber in der Forschung
durchaus bekannt, dass es auch im embryonalen Zustand Wahrnehmung gibt und
dass diese auch, zumindest von den Zellen, erinnert wird.
Noch überraschender ist eventuell, dass es auch Ursachen geben kann, die vor
der Empfängnis oder vor dem Eintritt in diesen Körper liegen. Wir wollen nicht
diskutieren, ob es vergangenen Leben und Reinkarnation gibt, wie es die
Religionen Asiens annehmen. Wenn ein Unterbewusstsein an dieses Konzept
glaubt, kann es Ursachen aus vergangenen Leben angeben. Wenn es nicht daran
glaubt, wird es das auch nicht tun.
Dass es energetische Muster gibt, die innerhalb einer Familie vererbt werden, ist
schon akzeptabler. Auf diesem Prinzip basiert auch das systemische
Familienstellen nach Bert Hellinger. Ein Vorfahre hat ein unverdautes Trauma
erlebt und gibt die emotionale Energie an die Nachfahren weiter.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
209
In gewisser Weise kann man die Klärungen in vergangenen Generationen und
vergangenen Leben auch als metaphorische Interventionen auffassen. Das
unverdaute Geschehen wird in eine Geschichte gepackt, so dass eine neutralere
Position ermöglicht wird, aus der heraus leichter eine Integration ermöglicht wird.
Aus meiner Erfahrung heraus ist es aber eher so, dass diese Erlebnisse aus
vergangenen Leben überraschend real erinnert sind und einige Vorkommnisse und
Verbindungen plausibel erklären können. Ich komme im Abschnitt 17.4. noch
einmal auf das Thema zurück, wenn ich erkläre, warum ich die Time-Line zur
Karma-Line erweitert habe. Eine ausführlichere Diskussion von Reinkarnation
werde ich aber lieber an einer anderen Stelle, in einem Buch zu diesem Thema,
darlegen.
Es soll aber gerade nüchternen Börsen-Tradern mitgeben werden, dass sie
gewahr sein mögen, wie sie eventuell durch Börsen-Verluste karmische Schuld
abzutragen versuchen, gerade in Deutschland. Durch Verluste lässt sich aber
diese Schuld nicht abtragen, bzw. es wird eventuell neue geschaffen, wenn Gelder
von Kunden oder der Familie verlustig gehen. Karmische Schuld kann mit der
Karma-Line geklärt werden. Dazu eben mehr ab 17.4.
17.3.
Klärung einer Emotion auf der Time-Line
Wir wollen jetzt also eine emotionale Energie von der Time-Line klären. Die TimeLine soll eine unendliche Kette von Erinnerungen beinhalten. Eine emotionale
Ladung an diese Erinnerungen ist unnötig oder sogar schädlich. Es sollen mehr
oder minder wertvolle Erinnerungen sein, Erfahrungen, aus denen wir gelernt
haben. Sie brauchen aber keine Ladung.
Also hier die Schritt-für-Schritt-Anweisungen der Time-Line-Therapy:
1. „Schweben Sie hinauf über Ihre Time-Line, über dem Punkt Gegenwart, und
zurück über der Vergangenheit zu Position 1, vor dem Ereignis, in die
Vergangenheit blickend, vor dir das Ereignis erahnend, und geben Sie bitte ein
Zeichen, sobald Sie dort sind.“
2. „Jetzt schweben Sie zu Position 2, direkt oben über dem Ereignis, so dass Sie
herunter schauen auf das Ereignis. Lassen Sie Eindrücke, Assoziationen,
Wahrnehmungen, Stimmen zu.
Fragen Sie Ihr Unterbewusstsein, was es aus diesem Ereignis lernen wollte und
nehmen Sie nun alles Lernen aus dem Ereignis auf, denn dieses genau erlaubt es
Ihnen, die Emotion leicht und ohne Anstrengung loszulassen. Ihr Unterbewusstsein
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
210
kann das Gelernte aufbewahren, so dass es in der Zukunft da sein wird, wenn Sie
es brauchen.“
3. „Jetzt schweben Sie zu Position 3, so dass Sie über der Time-Line früher als das
Ereignis und höher sind und sich so drehen, dass Sie in Richtung Gegenwart über
der Time-Line schauen. Und fragen Sie sich selbst: Wo ist die Emotion jetzt? Und
lassen Sie zu, dass diese sich auflöst.“
4. Test: „Schweben Sie nun hinunter in das Ereignis zu Position 4 und in Ihr
jüngeres Ich dort in dem Ereignis hinein und stellen Sie fest, dass die Erinnerung
emotional flach ist.
5. (Gegebenenfalls): Zurück in Position 3: „Stellen Sie sich vor, dass es eine Quelle
unendlicher Heil- und Liebes-Energie gibt, die diese Energie aus dem Universum
heraus in Sie hinein strömen lässt, so dass Sie diese durch sich hindurch in Ihr
jüngeres Du dort unten auf der Time-Line fließen lassen können.“
6. Aus Position 3 heraus: „Kehren Sie nun zurück zur Gegenwart über Ihrer TimeLine, und nur so schnell wie Sie alle Ereignisse auf der TL, die im Zusammenhang
standen mit dieser ursprünglichen Ursache genauso geklärt sein lassen können, so
dass alles Lernen aufgenommen ist und alle Emotionen flach sind, bis Sie wieder
hier sind.“
7. „Schweben Sie dann hinunter in den Punkt Gegenwart und kommen Sie mit
Ihrer Aufmerksamkeit in die Außenwelt.“ Unterbrechen.
8. Test: Überprüfen Sie an dem Referenzereignis (auf der Time-Line), dass die
emotionale Energie entladen ist.
9. Future Pace: „Gehen Sie an eine Stelle der Zukunfts-Time-Line und stellen Sie
dort in einem Ereignis, dass sonst diese Emotion ausgelöst hätte, fest, dass und
wie Sie nun, ausgestattet mit einer neuen Sichtweise, die Situation meistern
können.“
Wir kommen in Abschnitt 17.5. noch einmal auf den Ablauf genauer und in der
Erweiterung der Karma-Line zurück.
Anzumerken wäre gleich, dass dem Schritt 5, „Quelle aus dem Weltall“, größere
Bedeutung zukommt. Dieser Schritt sollte vor dem Test, Schritt 4, durchgeführt
werden und die Energie kann etwas spezieller zugeschnitten sein.
Anzumerken wären aber für den Coach hier einige Dinge, die in Position 3 zu
checken sind:
1.
Sei sicher, dass der Klient in Position 3 ist:
Bitte ihn evtl. noch höher zu gehen oder weiter zurück zu schweben.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
211
2.
Sei sicher, dass der Klient vor dem ersten Ereignis ist.
Sollte die Klärung nicht geschehen, frage: „Gibt es ein früheres
ursprüngliches Ereignis?“ Frage erneut ursprüngliche Ursache (dort über der TimeLine) lass dorthin weiter zurückgehen, das Lernen nehmen und die Klärung dort
fortsetzen.
3.
Es muss totale Zustimmung da sein, das Gefühl loszulassen.
Hinweis auf Fight/Flight-Reflex, der in jeder Situation angemessen schützt.
„Nicht die alte Emotion schützt Sie, sondern das Lernen!“
4.
Evtl. die positive Absicht für Nicht-Loslassen erfragen und reframen.
Dieses Verfahren wird klassischerweise für diese Primären Emotionen angewendet
(auch in der Reihenfolge):
Wut, Angst, Trauer, Schuld, Scham. Dann auch für Ekel (Abscheu) und Verlangen
(Gier).
17.4.
Erweiterung zur Karma-Line
In der Praxis mit der Time-Line ergeben sich einige Unschärfen, die ich in der
Karma-Line zu überwinden suche.
„Karma“ ist ja ein in asiatischen Religionen bedeutendes Konzept. Es bedeutet
soviel wie „Arbeit“. Das Leben ist so etwas wie eine Schule oder eine
Selbsterfahrungsgruppe. Ziel muss es sein möglichst wenig Schuld auf sich zu
laden, denn diese muss in späteren Leben wieder ausgeglichen werden.
Viele der Themen und Widrigkeiten des Lebens erscheinen unter einem anderen
Licht, wenn ich diese als Ausgleich für frühere Taten betrachte.
Viele Untaten gerade gegenüber unschuldigen Kindern erscheinen uns unsinnig
und lassen uns an der Existenz einer Höheren Ordnung zweifeln. Es kann aber ja
durchaus sein, sofern man das Karma-Konzept annimmt, dass der Mensch, der ein
Opfer in diesem Leben ist, ein Täter in einem früheren Leben war und nun
dasselbe erleiden muss, was er oder sie einst zugefügt hat. Der Zufügende ist
dadurch natürlich nicht gerechtfertigt, er wird durch diese Untat auch wieder
dasselbe erleiden müssen.
Wie kann man aus diesem Teufelskreis aussteigen? Es hilft bei Schuld nur eines:
Reue und Vergebung. Den Ausweg aus dem ewigen Rad von Missetat und Rache
oder Bestrafung, die wieder eine neue Missetat beinhaltet, haben ja die großen
Religionsstifter wie Buddha oder Jesus gewiesen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
212
Wir sollten alle negativ bewerteten Ereignisse als Chancen und Herausforderungen
für höhere Zustände, wie eben Reue und Vergebung es sind, begreifen.
Eine negativ empfundene Emotion ist ein inneres Signal für ein unerfülltes
Bedürfnis. Das Bedürfnis ist aber nur unerfüllt, weil wir den Rahmen der Welt, in
der wir es erfüllen wollen, zu eng setzten. Wir können normalerweise als Kind
diesen Rahmen auch nur mit unserer engeren Familie setzen.
Im Rahmen der größeren Familie, der Freunde, des Umfeldes sieht es evtl. schon
anders aus. Das entspräche der Meta-Stufe 1, dem Akteurs-Level. Im noch
größeren Rahmen der Gesellschaft, des Geschlechts, der Rasse ergeben sich
noch mehr Möglichkeiten. Das ist die Stufe Meta-Level 2, die Königs-Ebene.
Letztendlich befreit uns das Trans-Level, der Rahmen der gesamten Existenz, des
Lebens, des Seins von den Begrenzungen der Unerfüllung. Dieses ist das GottLevel, welches wir auf der Time-Line mit der Position 3 einnehmen.
Es muss bei der Karma-Line die ursprüngliche Ursache nicht in vergangenen
Leben gesucht werden. Es gibt auch Karma, welches im aktuellen Leben entsteht.
Es gibt Karma, das täglich entsteht. Wir sollten die Grundübungen der Karma-Line
jeden Abend vor dem Schlafengehen als Meditation machen und alle negativen
Emotionen loslassen und alles belastende Karma anderen und uns selbst
vergeben.
17.4.1.
Meta- und Trans-States
Wir können mit unserem Wissen über Meta-Zustände die Arbeit mit der Time-Line
etwas punktgenauer gestalten.
Das zu klärende werden Strategien des Umgangs mit Mangel in den sozialen
Bedürfnissen sein. Diese werden zum Überleben in einer früheren Phase (früheres
Leben, Kindheit oder Trauma wichtig gewesen sein, belastende aber jetzt den
emotionalen Haushalt.
Mittels der Meta- und Trans-Zustände können wir die wesentlichen Positionen in
der Time-Line-Arbeit spezifischer bestimmen und die Erfolgsrate unserer
Interventionen erhöhen.
Wir wollen also bei den Fragen in Position 2, über dem Ereignis, den Meta-Zustand
1 des Level Akteurs anregen. Das Problem kann auf der Kind-Ebene sein, auf der
die Erfüllung eines Bedürfnisses nicht gefunden werden kann. Eine Ebene höher
sieht die Lage schon anders aus.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
213
In den vergangenen Leben liegt die ursprüngliche Ebene wahrscheinlich auf der
Akteurs-Ebene. Als Akteur erfahren vergangene Inkarnationen oder Vorfahren
Traumata wie Ermordung, Inhaftierung, Trennung von den Lieben oder verüben
derartige Untaten. Die Meta-Ebene ist dann die Ebene des Inneren Königs.
Um eine Person in die Meta-Ebene 1 zu bringen können wir fragen: „Und wenn du
dich bei deiner Wahrnehmung des jüngeren Ich dort unten auf der Time-Line mal
aus einem größeren Umfeld betrachtest, welche Möglichkeiten ergeben sich
dann?“
Auf der Trans-Ebene in Position 3 können wir die Sichtweise vom All aus anregen
oder „vom Ganzen aus“ oder vom Sein.
Alles, was wir erleiden, macht letztendlich Sinn aus einer existenziellen Sicht,
dargestellt durch einen Trans-Zustand.
Die Unerfüllung in einem Bedürfnis kann in einem spezifischen Trans-Zustand
transzendiert und überwunden werden:
Wertschätzung
Demut
Unterstützung
Devotion, Hingabe an das Ganze
Raum, Ausdruck
Gleichmut
Respekt
Erhabenheit
Zugehörigkeit
Vergebung
Zuwendung
Dankbarkeit
Lebensrecht
Mitgefühl, Erbarmen
Die Angaben zur Karma-Line müsse n an dieser Stelle etwas kryptisch erscheinen.
sie wären zum einen Thema eines eigenen Buches. Zum anderen kann man die
Anwendung dieser tiefgehenden Techniken nur anschaulich erlernen. Kurstermine
zum Erlernen der „Karma-Line“ finden Sie auf meiner Homepage, wie auch die von
lizensierten Trainern.
17.5.
Zusatz: Phobia cure
Es kann auch vorkommen, dass wir traumatische Erlebnisse löschen oder
abschwächen wollen. Eher per Zufall hat Richard Bandler, der Pionier des NLP, ein
Verfahren gefunden, mit dem Erinnerungen gelöscht werden können. Mit diesem
wurden im „Bühnen-NLP“ Phobien in kürzester Zeit weggezaubert, so dass sich
Spinnen-Phobiker dann Taranteln auf die Hand setzen ließen, was das Publikum
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
214
sicherlich überzeugt. Da eine Phobie doch etwas psychologisch komplexeres sein
kann, sollte man mit einem derartigen Hauruck-Verfahren jedoch etwas sparsamer
umgehen und eine Phobien-Behandlung eh dem zugelassenen
Psychotherapeuten überlassen.
Nichtsdestotrotz ist die Phobien-Behandlung ein Beweis dafür, dass die Ursache
für hinderliche Dispositionen in der Vergangenheit zu finden ist und, wenn diese
gelöscht oder umgewandelt wird, tiefgreifende Veränderungen im aktuellen
Verhalten möglich sind.
Es sollte auf jeden Fall vor einem solchen Verfahren in Bezug auf Phobien oder
andere Angstneurosen eine Klärung der Emotion „Angst“ auf der Time-Line
durchgeführt werden.
Besonders hilfreich kann diese Vorgehensweise bei posttraumatischem Stress
sein.
Eine Trading-Blockade kann natürlich nach einem als traumatisch empfundenen
Verlust in einer Crash-Situation entstehen. Menschen sprangen an der Wall Street
aus den oberen Stockwerken. Eine Intervention auf der Karma-Line hätte diesen
eventuell geholfen, die Sache etwas nüchterner zu betrachten und die Verluste
wieder reinzuholen.
Der wesentliche Vorgang besteht aus der Wahrnehmung des traumatisierenden
Vorfalls aus einer doppelten Dissoziation und durch rasches Rückwärtsspulen des
Ablaufs.
Dieses kann sehr gut auf der Karma-Line durchgeführt werden. Es sollte unbedingt
durch einen ausgebildeten Therapeuten angeleitet werden.
Auch „kleinere“ Phobien wie Flugangst oder Platzangst haben in der inneren
Ökologie der Psyche eine Ventil-Funktion. Bevor man diese, was leicht möglich ist,
löscht, sollte man sicher sein, dass da nichts mehr ist, was dieses Ventil braucht.
Und wenn Sie eine Börsen-Phobie haben, ausgelöst durch Totalverlust? Befreien
Sie sich von der Angst und Panik! Das ist mit diesen Methoden leicht möglich, um
das schmerzhaft Erlernte in einen strategischen Plan umzuarbeiten und wieder
anzugreifen. Das Geld, das man verloren hat, sollte man sich genau da
wiederholen, wo man es gelassen hat.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
215
18.
Sucht und Suche
18.1.
Die tägliche Sucht
18.2.
Atlas der Süchte
18.3.
Wie geht man um mit Sucht?
18.4.
Die Psychologie der Süchte
18.4.1.
Sucht als Endlosschleife des Weg-vons
18.5.
Aussteigen aus Sucht
18.6.
Der Drachen – Ausstieg aus dem Teufelskreis
‚Spielsucht’ ist eines der Hauptprobleme für Trader. ‚Spielsucht’ ist als Krankheit
anerkannt, sie wird als mildernder Umstand vor Gericht gewertet. Das Problem des
Overtradings und des planlosen Tradings ist eine Form von Spielsucht.
Es nützt uns aber nichts, wenn unser Overtrading als Krankheit anerkannt wird, wir
wollen davon frei sein. Da es keine Arznei in der Apotheke dagegen gibt und uns
auch sonst niemand schnell davon kuriert, brauchen wir eine effektive Technik der
Psychokybernetik, die es uns „wegprogrammiert“. Den Weg wollen wir hier
aufzeigen. Durchführen muss man das mit einem ausgebildeten Coach.
Als erstes wollen wir mal besprechen, was für uns „Sucht“ ist. Wir werden den
Begriff weiter fassen, als es üblich ist. Wir werden feststellen, dass fast jeder in
irgendeiner Form süchtig ist. Und wir werden feststellen, dass die absolute
Suchtfreiheit eine Art spirituelle Befreiung ist.
Meine Definition von Sucht lautet:
„Alles, was ich täglich oder regelmäßig und/oder übermäßig tue (tun muss), das
nicht dem physischen Überleben dient, ist Suchtverhalten!“
18.1.
Die tägliche Sucht
Was also tun Sie täglich, dass nicht unbedingt überlebensnotwendig ist?
Stellen Sie sich vor, Sie wären auf einer einsamen Insel wie Robinson Crusoe. Sie
müssen für Essen und Trinken sorgen. Sie brauchen ein Dach über dem Kopf. Sie
brauchen Hygiene und ein Feuer für die kalten Nächte oder Schatten gegen zuviel
Sonne. Langfristig bräuchten Sie eine Robinia für das Überleben Ihrer Art und für
die Bedürfnisse nach Körperkontakt, sobald die Handshakes mit Freitag nicht mehr
ausreichen. Alles andere, was wir in unserer modernen Welt so machen, ist
überflüssig und potenziell Suchtverhalten.
Gehen wir so einen Tag in der Zivilisation mal durch:
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
216
Als erstes brauche ich einen Kaffee. Das ist eine physische Abhängigkeit von
einem Genussgift. Dann lese ich die Zeitung und schaue ins Internet:
Informationssucht. Dann schaue ich, ob meine Lebenspartnerin mit wohlgesonnen
ist: Beziehungssucht. Dann fahre ich zur Arbeit, die mich, ehrlich gesagt, auch
sonntags, nicht loslässt: Arbeitssucht, Workoholism. Auf dem Weg zur Arbeit gehe
ich zum Geldautomaten und ziehe etwas Geld: Geldsucht? Dann nehme ich erst
einmal das Telefon in die Hand oder checke meine E-Mails und beantworte diese:
Kommunikationssucht. Da mich die E-Mails aufgeregt haben, nehme ich evtl.
etwas beruhigendes: Medikamentensucht. Dann mache ich das ganze weiter:
Kaffee, Informationen, Beziehungen, Arbeiten, Kommunikation, Beruhigung oder
Aufputschung mit Medikamenten und Substanzen. Und dann gehe ich ins Kino
oder schaue TV: TV-Sucht ist eine moderne Seuche.
Mit der Sucht betäuben wir uns meistens. Und dann brauchen wir etwas, das
Adrenalin auslöst, um uns wieder zu fühlen. Das ist nicht so viel anders als
Bulimie: Fressen und wieder auskotzen. Den ganzen Tag zudröhnen und dann 20
km joggen, um wach zu werden.
18.2.
Atlas der Süchte
Wir haben also die klassischen Süchte des „Substanzmissbrauchs“ und die
modernen Verhaltenssüchte:
Substanzmissbrauch:
•
Genussgifte (Koffein, Nikotin)
•
Rauschgifte (Alkohol, Amphetamine, Cannabis, Kokain)
•
Halluzinogene
•
Morphine
Verhaltenssüchte:
•
Spielsucht
•
Informationssucht
•
Beziehungssucht
•
Kommunikationssucht
•
TV-Sucht
Eine weitere Klasse von Süchten sind die Abhängigkeiten von Nahrungsmitteln,
gegen die wir eigentlich allergisch sind.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
217
Die Allergie führt zu einer Abwehr-Reaktion, die uns genau nach dem Stoff ein
Verlangen haben lässt, der die Reaktion auslöst. Sehr bekannt ist diese Reaktion
bei Zucker. Hatten Sie schon mal eine Zeit, in der Sie an keinem Bäckerladen
vorbei kamen? Allergie auslösend sind besonders auch Getreideprodukte aus
glutenhaltigen Sorten wie Weizen, Roggen und Hafer. Der überzüchtete moderne
Weizen ist sicherlich nicht verträglich für unser System, das mehrere Generationen
braucht, um sich an ein Nahrungsmittel anzupassen. Man sollte meinen, dass im
von allen Nährstoffen befreiten Weißmehl dann auch die Allergieauslöser entfernt
wurden. Dem ist aber leider nicht so. Milch von Kühen ist ebenso schwer
verträglich und eigentlich für Menschen unverdaulich. Ein weiterer elementarer
Bestandteil der Junk-Food-Kultur ist als Nachtschattengewächs sowieso
allergieauslösend und zu meiden: Tomaten. Das suchterzeugendste und
allergieauslösendste Nahrungsmittel wird also eine Pizza sein. Wen es wundert,
dass Allergien, Unverträglichkeiten und Neurodermitis bei Kindern zunehmen, hat
sich nie mit unserer Nahrungsmittelkultur beschäftigt.
Im weiteren Text werden uns noch die Denk-Sucht und die Sex-Süchte begegnen.
18.3.
Wie geht man um mit Sucht?
Als erstes muss der Widerstand gegen das Eingeständnis süchtig zu sein
überwunden werden. Denn niemand gibt das gern zu. Ja, das Unterbewusstsein
verteidigt die Sucht sogar um jeden Preis.
Wenn der Klient sagt, bzw. sich beschwert: „Sie, ich rede zwar den ganzen Tag.
Aber das ist doch menschlich und normal. Ich bin doch kein Süchtiger!“, ist das ein
gutes Indiz, dass wir eine Sucht zu fassen haben. Denn das Unterbewusstsein wird
diese erst einmal verteidigen. Und das Wachbewusstsein ist meist nur ein
denksüchtiger ausführender Apparat. Oh, ja: Denk-Sucht.
Versuchen Sie einfach mal zu meditieren und nicht zu denken. Die Denk-Sucht ist
einer der Väter der Sucht.
Wobei Sigmund Freud der Ansicht war, dass die Onanie die Ur-Sucht ist. Also:
Onanie ist die Mutter der Sucht und das unaufhörliche Denken ist der Vater.
Wir gehen nicht die notwendigen weiten Wege und bringen keine Opfer zur
Bedürfniserfüllung, sondern gehen eine Abkürzung, die indes nur zu einer
scheinbaren Befriedigung führen. Es ist den meisten von uns unvorstellbar, dass
Menschen eine echte Befriedigung an Telefonsex oder Sex per Chat im Internet
finden, aber wenn es keiner nutzen würde, wäre die Zeitung nicht voll mit
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
218
diesbezüglichen Anzeigen. Die Sex-Süchte sollten wir also auch in unsere Liste
aufnehmen.
Den Trader belasten natürlich Genussgifte und Nahrungsdefizite. Der intelligente
Trader meidet es zwar fortlaufend Nachrichtensender laufen zu haben, aber die
Informations-Sucht und die damit zusammenhängende Überwältigung von der InfoFlut stellen schon ein bekanntes Problem da.
Wer schon einmal versucht hat von einer Sucht loszukommen, weiß wie uneinfach
das ist. Jeder sollte einmal das Rauchen aufgehört haben. Das macht einen
verständnisvoller gegenüber anderen Süchtigen und fördert die Demut. Indes ist
Nikotin auch eines der am schnellsten und tiefgreifendsten Sucht-Gifte. Wer es
geschafft hat vom Rauchen loszukommen, schafft auch alles andere.
Aber was ist es genau bei den Süchten, bei denen kein Gift uns durch einen
physiologischen Prozess zur Einnahme zwingt? Was bringt uns dazu wieder und
wieder zu kaufen, Computer-Games zu spielen oder Trades einzugehen, die nicht
im Handelsplan enthalten waren?
18.4.
Die Psychologie der Süchte
Der psychologische Hintergrund ist folgender (und der physiologische Prozess bei
den Genussgiften und Substanzen ist nur ein Zusatz.):
Sie versuchen sich eine Ersatzbefriedigung zu verschaffen, mit der Sie ein
unerfülltes Bedürfnis befriedigen wollen. Die Ersatzbefriedigung gaukelt aber nur
vorübergehend diese Befriedigung vor und ist nicht wirklich eine Erfüllung. So
stehen Sie nach kurzer Zeit wieder vor der Entscheidung: Unternehme ich die
Anstrengung, die nötig ist um das Bedürfnis effektiv zu befriedigen, oder gebe ich
mich mit einer kurzfristigen und leicht zu erreichenden Ersatzbefriedigung
zufrieden? Es sieht für uns so aus, dass der Aufwand, der nötig ist um einen
Sexualpartner zu finden, und all die Konsequenzen und Verpflichtungen, die das
mit sich bringt, nicht lohnt im Vergleich zur Onanie. Letztendlich geht es doch nur
um ein kurzzeitiges gutes Gefühl in ein paar Schleimhäuten.
Befriedigende Sozialkontakte beinhalten aber weit mehr als nur Erregung von
Schleimhäuten. Es ist sogar eventuell eher umgekehrt. Wir fühlen uns
minderwertig und versuchen das durch exzessives Sexualverhalten zu
kompensieren.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
219
Das ist bei genauerer Betrachtung meist das Muster: Ein soziales Bedürfnis des
Inneren Kindes ist traumatisiert oder sehr unbefriedigt und das Unterbewusstsein
greift als Ersatz auf die Befriedigung eines physiologischen Bedürfnisses zurück,
dessen Befriedigung bekannt und möglich ist.
Der sich mit Süßigkeiten vollstopfende hat keinen physiologischen Hunger. Er
erfüllt sich aber so den sozialen oder psychologischen Hunger nach Zuwendung,
Nähe und Liebe.
So bekommt das Innere Tier die Oberhand und wird sie erst wieder abgeben, wenn
das Innere Kind nachweisen kann, dass es dafür sorgen kann mit der Erfüllung der
sozialen Bedürfnisse auch die physiologischen besser zu erfüllen.
18.4.1.
Sucht als Endlosschleife des Weg-vons
Die Sucht-Strategie ist eine Endlos-Schleife. So sehr wir uns auch anstrengen, wir
kommen aus dem Verhalten nicht heraus. Zu den Fällen, wo der Ausstieg gelingt,
kommen wir gleich.
Was bewirkt die Endlos-Schleife? Wie kommt es, dass uns völlig klar ist, dass
Zocken unseren Börsenerfolg vernichtet und wir müssen es dennoch tun?
Das hängt zusammen mit den Problemen der in Kapitel 5 beschriebenen Weg-vonMotivation. Bei der Weg-von-Motivation kehren wir immer wieder zu dem zurück,
von dem wir weg wollen. Erinnert uns das nicht an das Suchtverhalten? Irgendwie
kehren wir immer dahin zurück, von wo wir weg wollen.
Was ist bei der Sucht der Motivator, von dem wir weg wollen?
Der Motivator (und dieser kann völlig unterbewusst sein) wird eine Unbefriedigung
in einem sozialen Bedürfnis sein. Wir strengen uns an Nicht-mehr-unbefriedigt zu
sein und landen immer wieder genau da.
Beispiel: Wir fühlen das Bedürfnis Zugehörigkeit zu gering erfüllt und fühlen uns
einsam. Der Motivator ist also „weg von Einsamkeit“. Um nicht mehr einsam zu
sein, können wir zum einen Menschen aufsuchen. Wenn wir dann die Abende mit
Leuten in der Kneipe zubringen, die auch nicht mehr einsam sein wollen, landen
wir bei der gemeinsamen Einsamkeit, die durch Alkohol und Nikotin betäubt wird.
Wenn wir der Einsamkeit allein entfliehen wollen, tun wir das z.B. durch das Lesen
der Zeitung. Ich lese über „meinen“ Fußballverein (HSV) und fühle mich zugehörig.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
220
Wenn mein Verein gewonnen hat, geht es mir besser. Wenn er verloren hat,
schlechter. Oder ist es umgekehrt? Wenn es mir gut geht und ich mich eh
zugehörig fühle, gewinnt auch der HSV? Und wenn ich mich einsam fühle, gewinnt
auch mein Verein nicht? In meinem Leben kann ich das betätigen. Es wäre mal
eine Untersuchung über die mentale und emotionale Verfassung von Gruppen von
Fußballfans wert. Bayern München scheint jedenfalls die erfülltesten und positiv
motiviertesten Fans zu haben und das spiegelt sich im Tabellenstand meist wieder.
Wir können uns mit einer Weg-von-Motivation aber auch zeitweise so anstrengen,
dass wir tatsächlich ganz nach oben kommen. Wir können diese Position dann
nutzen, um die Ursachen für die Unerfüllung für immer zu beseitigen. Meist ist uns
die aber ja gar nicht bewusst und wir bearbeiten auch nichts, sondern wir feiern
lieber. Wir stürzen dann aber genauso tief ab, wie wir gestiegen sind. Es ist daher
kaum vorstellbar, dass ein Verein aus dem Ruhrpott anhaltend zur Spitze gehören
wird. Die Entwicklung bei Borussia Dortmund gerade (2004) ist ein schönes
Beispiel, bzw. ein trauriges, da ich durchaus ein Sympathisant des Vereins bin.
Also: Die Ursache für Sucht ist eine Weg-von-Motivation.
•
Lebensrecht:
Nicht mehr unbedeutend sein.
•
Zuwendung:
Nicht mehr unerfüllt und hungrig sein.
•
Zugehörigkeit:
Nicht mehr einsam sein.
•
Respekt der Grenzen: Nicht mehr ungeschützt sein.
•
Raum für Ausdruck:
Nicht mehr eingeengt sein.
•
Unterstützung:
Nicht mehr hilflos sein.
•
Wertschätzung:
Nicht mehr minderwertig sein.
Wenn wir uns das so durchschauen, merken wir dass die Sucht ein Fan zu sein,
neben Zugehörigkeit auch alle andere Bedürfnisse ersatzbefriedigen kann.
Aber eben nicht wirklich. Eine Illusion bringt keine wirkliche Erfüllung, sondern nur
vorübergehende Betäubung und Beruhigung. Meist bringt die Sucht einen Verlust
an Wachsamkeit und/oder Energie mit sich. Das kann dazu führen, dass beim
nächsten Mal, an dem sich das Bedürfnis meldet, noch weniger Energie zum
Erreichen der Erfüllung da ist und noch leichter auf das Surrogat zugegriffen wird.
Es setzt eine teuflische Spirale, ein Teufelskreis, ein. Irgendwann müssen wir
anfangen uns gegen den Sog in die Tiefe zu stemmen und dann geht die restliche
Energie für das Stemmen drauf. Die Süchte aller Art sind die Grundlage für einen
Lebenskampf anstatt eines Lebenstanzes.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
221
Die Unerfüllung in einem sozialen Bedürfnis und die damit vermeintlich
verbundenen schlechteren Chancen des Überlebens und Vermehrens (denn wir
sind Herdentiere) war der erste Auslöser. Hier müssen wir ansetzen.
Die Resignation über die Erfüllbarkeit wird mit der Sucht betäubt. Das Innere Kind
resigniert und sagt zu dem Inneren Tier: „Ich kann nicht mehr, ich bekomme es
nicht. Mach du weiter!“ Das Innere Tier kennt aber nur Atmen, Fressen, Saufen,
Sex, Schlaf, Träumen, sich säubern und Schutz gegen Kälte oder Hitze und
physische Einwirkung suchen. Also produziert es ein Übermaß davon.
Spielsucht? Was macht da das Innere Tier?
Alle diese Spielsüchte sind Träumsüchte. Genauso auch das Spielen von
Computer-Games, eines meiner größten Laster. Ebenso ist das TV-Schauen eine
Träum-Sucht. Träumen ist wichtig. Es ist die Fähigkeit eine Welt zu erschaffen. Das
kleine Kind kennt keinen Unterschied zwischen Wachbewusstsein und
Unterbewusstsein. Eines Tages muss es die Erschaffung der Welt, die ja in der
Neurologie geschieht, abspeichern und teilweise auf „automatisch“ stellen. Im
Traum und Spiel werden dann Verbindungen zu neuen Teilen der Welt getestet und
hinzugefügt.
Wir können eine Zeit mit Schlafentzug überleben. Wenn aber die REM-Phase
(Rapid Eye Movement-Phase), in der geträumt wird, immer unterbrochen wird,
werden wir verrückt und können kein konsistentes Weltmodell mehr herstellen.
Wenn also ein soziales Bedürfnis unerfüllt ist, wird auf eine Erfüllung des Tieres
zurück gegriffen. Der Spielsüchtige liebt den Kitzel, die Aufregung, das Gefühl der
Macht über das Schicksal. Wenn ein Trader overtradet, dann will er den Markt
zwingen, ihm zu gehorchen und zu dienen. Welche Bedürfnisse sind also
wahrscheinlich unerfüllt? Machtlosigkeit kommt von Nicht-Respektierung der
Grenzen oder des Platzes. Langeweile kommt von mangelnder Anregung und
Unterstützung. Auch der innere Frust durch mangelhafte Befriedigung im Bedürfnis
nach Raum und Ausdruck wird bisweilen durch das Zocken beruhigt.
18.5.
Aussteigen aus Sucht
Die ersten beiden Schritte bei Sucht sind bekanntlich:
Erkennen/Zugeben/Eingestehen und Entzug.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
222
Wenn Sie also des öfteren Ihren Handelsplan übergehen und wild drauf los
zocken, sollten Sie sich mal im Spiegel betrachten und sich fragen: „Bin ich
eigentlich spielsüchtig?“
Wenn die Antwort Ihres Spiegelbildes lautet: „Könnte sein!“, dann sollten Sie
zumindest mal so tun, als ob Sie es wären.
Entzug ist dann hilfreich. Übergeben Sie das Trading für eine Weile dem Computer,
einem Angestellten, einem Vermögensverwalter, machen Sie eine Pause.
Gleichzeitig können Sie diese mentale Klärung durchführen, welche die Wurzeln
der Sucht freilegt und bereinigt.
Das Suchtverhalten wird bedingt durch eine Weg-von-Motivation bezüglich eines
sozialen Bedürfnisses. Es kann auch Süchte geben, die durch ein schlecht erfülltes
physiologisches Bedürfnis entstehen. Schlechte Nahrung (Pizza, Burger, Pasta),
die vor allem aus Weißmehl, Fett und Zucker besteht, gibt dem Körper nicht die
notwendige Qualität der Nahrung. Der Körper ist vorübergehend beruhigt und stellt
nach einiger Zeit der Verdauung fest, dass irgendwie immer noch Bedarf ist.
Sättigung ist nicht nur ein voller Magen, wichtiger ist ja die Versorgung mit
Vitaminen, Spurenelementen und eventuell auch Bio-Photonen. Der Körper
braucht weiter (davon mal abgesehen, dass Nahrungsmittel wie Chips mit
suchterzeugenden Komponenten versetzt sein können) und da die Verbindung
Hunger – Pizza nicht gekappt wurde, wird die nächste genommen. Wozu das führt,
kann man sich vor allem in Städten und Ortschaften der US-Südstaaten
anschauen.
Es muss also verstanden werden, was fehlt, und bewusst gemacht werden, dass
der Weg, der gewählt wurde, nicht wirklich Befriedigung bringt.
Was also vor allem fehlt bei suchtartigem Verhalten ist die Erfüllung eines sozialen
Bedürfnisses, also:
•
Lebensrecht
•
Zuwendung, Nährung
•
Zugehörigkeit
•
Respekt der Grenzen
•
Raum für Ausdruck
•
Unterstützung, Anregung
•
Wertschätzung, Anerkennung
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
223
Sie können eine Einschätzung vornehmen: Zu wieviel Prozent ist das jeweilige
Bedürfnis erfüllt? Beginnen Sie dann mit dem Bedürfnis, das unter 50% rangiert.
Wenn Sie sagen: „Alles voll erfüllt“, sollten Sie Ihr Leben mal von außen betrachten
und dann bewerten, wie erfüllt Ihr Inneres Kind diese Bedürfnisse findet. Es kann
durchaus sein, dass wir den ganzen Tag Umarmungen bekommen und unser
Inneres Kind sich dennoch als ungeliebt und ohne Zuwendung empfindet.
Da wir uns als Süchtige gern selbst beschummeln und in einer Traumwelt leben,
um nicht zu fühlen, dass da etwas fehlt und schmerzt, ist es meist sinnvoller die
Befreiung von einem Suchtverhalten mit einem kompromisslosen Coach
anzugehen.
Das Bedürfnis ist objektiv erfüllbar. Sie haben aber dereinst eine traumatische
Erfahrung der Untererfüllung verallgemeinert und Ihr Leben dementsprechend
eingerichtet.
Der Weg zur Sucht war also:
•
In der Kindheit oder einer anderen Zeit wird ein Bedürfnis mangelhaft
erfüllt.
•
Der Mensch muss mit der Unerfüllung umgehen und die Bedürftigkeit
zurückschrauben und kontrollieren und sich gegenüber dem Schmerz der
Unerfüllung gefühllos machen.
•
Er/sie speichert einen Glauben über die Welt ab: „Das gibt es hier nicht
ausreichend für mich!“
•
Das Bedürfnis ist aber objektiv vorhanden und menschlich. Für größere
Erfolge ist die Erfüllung aller Bedürfnisse unerlässlich.
•
Es entsteht eine Weg-von-Motivation, wie: „Ich will mich nicht mehr
minderwertig fühlen!“
•
Es werden Ersatzbestätigungen gesucht und angewendet.
•
Merke: Der Mensch, der sagt: „Ich will nicht mehr...!“, ist immer an dem orientiert,
von dem er/sie weg will und er/sie wird immer nur eine Version dessen bekommen
können, von dem er/sie weg will. Das wird aber nie wirklich befriedigen.
Der Weg zurück beinhaltet das Loslassen des eine besondere Situation
verallgemeinernden Glaubenssatzes und der damit verbundenen Emotionen.
Diese ist am besten mit der Technik aus dem vorherigen Kapitel, der Karma-Line,
durchzuführen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
224
Finden Sie die ursprüngliche Ursache für den Glauben, dass dieses Bedürfnis nicht
erfüllbar wäre. Es ist aus einer Erfahrung einer vergangenen Zeit hergeleitet und in
dieser Zeit musste sich Ihr Blickfeld verengen, aber Sie können jetzt die Erfüllung
wieder herstellen.
Die folgende Technik kann mit der Intervention der Karma-Line verbunden werden.
Es folgt dem Muster der Drop-Through-Techniken, die sehr machtvoll in der Lage
sind Selbstbegrenzungen aufzulösen.
18.6.
Der Drachen – Ausstieg aus dem Teufelskreis
Sucht ist anstrengend. Wir wollen von etwas weg und kämpfen und kämpfen und
kommen letztendlich doch immer schlechter dagegen an. Denn wir sind ja in der
Situation, weil uns etwas fehlt, und genau das fehlt uns, was wir bräuchten, um uns
davon zu befreien, dass uns das fehlt. Ein Teufelskreis.
Beispiel: Es fehlt Unterstützung. Bei den meisten Geldproblemen fehlt die
Unterstützung. Die Bank sagt: „Basel 2 und tschüß!“ Keine Unterstützung. Wir
suchen Unterstützung und müssten so auftreten und derartige Belege auch
vorweisen können, dass wir eigentlich der Bank ein Darlehen (welches die meisten
deutschen Banken gut gebrauchen könnten) geben könnten. Wenn man wirklich
etwas Unterstützung braucht, ist es schwer.
Wie kommen wir aus dem Teufelskreis heraus?.
Im Englischen heißen Teufelskreise „downward spirales“, abwärtsgerichtete
Spiralen. Sie sind wie Wasserstrudel. Wie kommt man aus einem Strudel heraus?
Es gibt nur eine Stelle, an der man aus einem Wasserstrudel heraus kommt: unten
am Grund. Da, wo der Strudel unten am Flussbett aufstößt, kann man ihn
verlassen.
So ist oft der Punkt, an dem man ganz unten ist oder nur noch die Wand hinter
einem, also am Extrem, genau der Punkt, an dem etwas entscheidend verändert
wird. Die Veränderung findet immer innen statt und meistens, wenn man aufhört
gegen den Sog anzukämpfen.
Nun wäre es evtl. ja nicht so gut, so lange zu warten bis man bankrott oder
todkrank ist. Es könnte ja auch ausreichend sein, mental und in einer Übung auf
den Grund des Teufelskreises zu gelangen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
225
Zur Umwandlung des Teufelskreises in einen „Engelskreis“ oder in einen
„Drachen“, einem Fabeltier, das in allen 4 Elementen (Wasser, Erde, Luft und
Feuer) sich bewegen kann, kann man sich einen Bodenanker auslegen, einen
„Circle of Excellence“ (siehe Kapitel 13), der als „Circle of Addiction & Compulsion“
beginnt und in einen „Circle of Dragon-Flight“ transformiert wird.
Stellen Sie sich, wenn Sie in diesem Kreis stehen, vor, dass Sie in einem Strudel
oder Sog stehen, der das Suchtverhalten (wie Zocken und Overtrading, Kaufsucht,
TV-Sucht) symbolisch darstellt.
Der Ausgang ist ganz unten. Sie werden sich also einige Male drehen müssen, bis
Sie unten sind. Ein Strudel dreht sich ja schließlich. Er dreht sich im Uhrzeigersinn.
Bei jeder Drehung können und sollen Sie etwas loslassen.
Als erstes lassen Sie das Gegenankämpfen los und lassen zu, dass der Strudel
Sie tiefer zieht.
Dann lassen Sie alle Betäubungen los, die eh nicht wirklich geholfen haben.
„Mit dieser Umdrehung lasse ich die Betäubung des Schmerzes der NichtErfüllung los!“
Dann lassen Sie alle Kompensationen los, mit denen Sie den Mangel überspielt
haben.
„Mit dieser Umdrehung lasse ich alle Kompensationen, die mir das Bedürfnis
ersatzweise befriedigen, los!“
Sie können auch alle Symptome, mit denen Ihr Inneres Kind sich gemeldet hatte,
los lassen.
„Mit diesen Umdrehungen lasse ich alle Symptome los, mit denen ich mich durch
meinen Körper signalisiert habe, dass ich etwas nicht bekomme!“
Auch das Ignorieren des Bedürfnisses kann davonziehen.
„Mit dieser Umdrehung lasse ich die Entsagung los und dass ich dieses Bedürfnis
nicht bräuchte!“
Und dann kann die Selfmade-Einstellung verschwinden. Es sind soziale
Bedürfnisse. Ohne andere Menschen sind diese nicht erfüllbar.
„Mit dieser Umdrehung lasse ich los, das sich es nicht von anderen bräuchte und
mir selbst besorgen könnte!“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
226
Die Hoffnung hilft uns auch nicht mehr.
„Mit dieser Umdrehung lasse ich die Hoffnung los. Die Hoffnung auf den Erretter,
auf Gott, auf einen Prinzen und auf eine Prinzessin, auf einen Vater und eine
Mutter. Sie werden nicht kommen!“
Das Bedürfnis ist da und es wäre unser Recht es voll erfüllt zu bekommen. Lassen
Sie das Zurückschrauben los.
„Mit dieser Umdrehung lasse ich jegliches Zurückschrauben des Bedürfnisses los
und lasse zu, dass ich es wirklich und vollkommen brauche, auch wenn ich es nie
bekommen werde!“
Mit der letzten Umdrehung stellen Sie sich vor, dass Sie die Erfüllung des
Bedürfnisses voll verlangen und nie, nie, nie die Erfüllung bekommen können und
was ist darunter und dann: darunter?
Lassen Sie sich so weit Ebene für Ebene hinuntersinken, bis sich die Begrenzung
aufgelöst hat und Sie einen Zustand von Erfüllung erreicht haben durch die
Einbettung im Sein als solchem.
•
Was könnten Sie riskieren zu tun, wenn es nicht mehr tiefer geht?
•
Welche Fähigkeit oder welches Wagnis würden Sie da eingehen?
•
Wie könnten Sie dieses im konkreten Leben tun?
•
Können Sie sich hier versprechen, das Wagnis einzugehen und etwas zu
riskieren?
Sie können sich dann wieder an die „Oberfläche“ entgegen dem Uhrzeigersinn
zurückdrehen und weiter. Dabei können Sie realisieren, dass das Bedürfnis für Sie
erfüllbar ist und immer erfüllt war.
Beschließen Sie, dass es Sie am besten unterstützt, wenn Sie sich an einen
disziplinierten Plan halten.
Mit der disziplinierten Durchführung eines Planes verwirklichen Sie Ihren Wert,
unterstützen Sie sich, drücken sich aus, sichern Sie Ihren Platz, bekommen Sie
Zugehörigkeit, Zuwendung und leben gemäß Ihrem Lebensrecht und Ihrer
Bestimmung!
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
227
19.0.
Der detaillierte Ablauf des „Gewinnen beginnt innen“Coachings
In diesem Kapitel 19 und seinen Unterkapiteln wollen wir Schritt für Schritt einen
Prozess durchlaufen. Durch einen strukturierten Fragenkatalog möchte ich Sie auf
den inneren Zustand hinführen, der die Verwirklichung einer Absicht unterstützt und
ermöglicht.
Die einzelnen Schritte dieses Ablaufes entspricht den Schritten, die in einem
„Gewinnen beginnt innen“-Training durchgeführt werden.
Ebenso werden diese Schritte im Coaching mit einzelnen Klienten durchgeführt.
Der Coach hat so einen Leitfaden. Das Diagramm kann bei der Abfolge helfen.
Der Ablauf ist das Ergebnis der jahrelangen Auseinandersetzung mit der mentalen
Seite des Erfolges. Mit einigen Ansätzen bin ich auf die Nase gefallen und will
Ihnen dieses ersparen oder erleichtern. Zweifellos lernen wir durch Not und
Misserfolg. Wir tun dieses als Menschen aber kollektiv und lernen daher effektiver,
wenn wir Erfahrungen austauschen.
Der Ablauf im Folgenden kann mit jeder Absicht durchgeführt werden. Wir werden
als Beispiel Trader-Beispiele wählen. Es kann aber ebenso mit Gesundheit,
Karriere, Liebe, Kreativität, ja sogar philosophischen oder spirituellen Absichten
durchgeführt werden.
Grundsätzlich hat der Ablauf 11 Schritte:
1. Formulierung der Absicht
2. Simulieren des angestrebten Zustandes
3. Assessment des gegenwärtigen Zustands
4. Sammeln von Hindernissen
5. Umwandlung von Schwächen (des Inneren Kindes)
6. Beachtung von Schwächen (des Inneren Tieres)
7. Integration von Einwänden (des Inneren Königs)
8. Alignment mit dem Höchsten Wertes (des Inneren Gottes)
9. Sammeln der Ressourcen
10. Planung, Strategie und Taktik
11. Abschluss und Wegbahnung
Die folgende Grafik mag den Weg verdeutlichen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
228
In den Seminaren malen wir diese auf ein Flipchart-Papier und legen Sie auf den
Boden, so dass wir die einzelnen Flächen als Bodenanker benutzen können. Wir
können uns in die Felder Notizen schreiben und Bilder malen. Von Feld 1 zu Feld
11 verläuft eine gedachte Time-Line, auf der wir die einzelnen Zeitabschnitte
nachvollziehen können.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
229
19.1.
Die Formulierung einer Absicht
19.1.1.
Die Motivationen und Aktionen auf den 5 Ebenen
19.1.2.
Die Crew des Königs
19.1.3.
19.1.1.
Die Willenserklärung des Königs
Die Motivationen und Aktionen auf den 5 Ebenen
Es beginnt mit einem Impuls. Etwas ist nicht so, wie wir es brauchen oder gern
hätten. Oder: Wir sind durch eine Information auf eine ganz neue Idee gekommen.
Dieser Impuls kann auf den 5 verschiedenen Inneren Ebenen eintreten und hat
dementsprechend sehr unterschiedlichen Charakter.
Auf der Ebene des Inneren Tieres ist es ein physiologischer Impuls, ein
körperliches Bedürfnis. Hunger, Müdigkeit, Kälte motivieren uns zu: „Ich brauche
eine Decke, ein Bier und ein paar Stunden Schlaf!“ Die auf die Zukunft gerichtete
Erklärung des Inneren Tieres ist ein physiologisches Bedürfnis.
Auf der Ebene des Kindes motiviert uns ein Mangel an sozialer Erfüllung. Wir
möchten deshalb Zugehörigkeit bestätigt wissen oder brauchen ein Lob oder eine
Hilfe. Das Kind hat einen Wunsch, motiviert durch ein soziales Bedürfnis.
Der Innere Akteur braucht Erlaubnis und Befähigung. Er möchte seine Rolle
erfüllen können und dürfen. Sie oder er verfolgt eine Absicht, die sie oder er
verwirklichen möchte. „Ich beabsichtige das Futures-Trading zu erlernen!“ Der
Akteur hat Absichten, die er verwirklichen möchte, und er strebt Ziele an.
Der Innere König hat eine Vision. Er sieht wie er durch eine Position in der
Gesellschaft und eventuell durch die Beeinflussung der Gesellschaft die
Bedürfnisse der Ebenen unter ihm besser erfüllen kann.
Er ist motiviert durch Werte.
Der Innere Gott kennt seine Bestimmung und hört auf ein Gewissen und möchte
entsprechend des Wissens um das, was mehr ist als Körper und Geist, leben.
Meistens befinden wir uns auf der Ebene des Inneren Akteurs, der dafür sorgt oder
sorgen soll eine Position zu erlangen, mit der die Bedürfnisse des Tieres und des
Kindes erfüllt werden können. Der tagtägliche Überlebenskampf in einer
komplexen Welt wird von den Inneren Akteuren durchgeführt.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
230
Wenn wir aber den Kopf ein wenig über den Tellerrand herausstrecken oder uns
auf eine höhere Position begeben, können wir vielleicht die Position des Inneren
Königs einnehmen und sehen, dass mit einer gewissen Willensanstrengung eine
bessere Ausgangslage erreicht werden könnte und der Akteur es sich erheblich
leichter machen könnte.
Die meisten Menschen erreichen die Ebene des Inneren König so gut wie gar nicht
und leben ein vorbestimmtes Leben. Wir können aber selbst in die Hand nehmen,
was wir lernen wollen und was wir anstreben wollen. Der Innere König ist der MetaAkteur.
Sie wollen Trading-Gewinne. Ihr Innerer Akteur soll Gewinne erzielen. Er soll
diszipliniert und überlegen und wach und schnell und super sein. Die nötige
Koordination all dieser Befähigungen kann und muss letztendlich die Ebene des
Inneren Königs unter Supervision nehmen.
Wir suchen also als erstes Formulierungen, die zu Kraftsätzen werden können.
Dazu müssen wir die Ebene identifizieren, auf welcher der Impuls besteht. Wir
wollen diesen Impuls in Verbindung zu einem Königlichen Willen bringen.
Beim Trading wird der Impuls von einem Akteur kommen, der Mitglied der Crew ist.
Dieses Crew-Mitglied braucht mehr Befähigung oder mehr Erlaubnis, bzw.
Direktive.
Es wendet sich an den Inneren König oder Captain und fragt: „Was machen wir
hier eigentlich? Wo geht es eigentlich hin? Was soll ich tun?“
19.1.2.
Die Crew des Königs
Der Innere König sagt also: „Ich will Futures-Trader sein und mit Futures-Trading
Gewinne machen!“
Er braucht Akteure, Krieger und Amazonen. Eine Mannschaft wie die eines
Raumschiffes bei der Fernsehserie „Star-Trek“.
Der König oder (besser: die Raumschiff-Kommandantin) braucht auf jeden Fall:
•
einen Steuermann
•
einen taktischen Offizier
•
einen medizinischen Coach
•
einen Maschinisten
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
231
•
einen Sicherheitsoffizier
•
eine Exo-Linguistin (auch: Kommunikationsoffizier)
Bei den Missionen der verschiedenen Sub-Serien meiner Lieblings-Fernseh-Welt
wird ein Aspekt gern vernachlässigt: das Geld. Wer bezahlt für die Raumschiffe
und Raumstationen? Wer kauft das Essen? Es scheint immer von allem genug da
zu sein. Aber es ist doch so, dass die „Sternenflotte“ die Orders gibt. Also wird
diese auch die nötigen Mittel zur Verfügung stellen. Es braucht also auch eine
Instanz, die für die Finanzierung sorgt.
Auf der Akteurs-Ebene wird das eher nur ein Buchhalter sein. Für die Finanzierung
einer so großen Unternehmung muss auf der Königs-Ebene gesorgt werden. Also:
Entweder ist die Kohle da für das Trading-Raumschiff oder es muss erst einmal der
Wille umgesetzt werden, genug Geld fürs Trading und die technischen
Einrichtungen und die Zeit zu haben. Eventuell geht der Trading-König erst einmal
zum Bankiers-König.
Ach ja, und es braucht einen Koch oder jemand, der die Messe oder Kantine
betreibt.
Übersetzt von Raumschiff-Welt auf Trader-Welt:
Steuermann
sitzt vor der Trading-Console und führt Trades aus
taktischer Offizier
entwickelt und prüft Trading-Ansätze
medizinischer Coach
überwacht die mentale und physische Fitness des Teams
Maschinist
sorgt für das Funktionieren der Hardware
Sicherheitsoffizier
sorgt für die rechtliche und steuerliche Unangreifbarkeit
der Unternehmung
Exo-Linguistin
vermittelt die Absicht und die Ergebnisse den „Aliens“
(Ehepartner, Vorfahren, Erben)
Buchhalter
führt ein Trading-Logbuch
Koch
kocht Kaffee und bestellt Pizza beim Pizza-Dienst (dies ist
ein (schlechter) Witz, Erfolgs-Trader essen biodynamische
Salate und Filet-Steaks, Krustentiere und Obst.)
Diese alle brauchen eindeutige Orders. Aber weiß der Kapitän oder die
Kommandantin des Raumschiffs auch, wo es hingeht?
19.1.3.
Die Willenserklärung des Königs
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
232
Er/sie braucht einen Schlachtplan und Kriterien, die ihm/ihr sagen, ob Erfolg
erreicht wurde.
Wie detailliert und präzise sollen diese Kriterien sein? Das ist eine schwierige
Frage. Es wird Fingerspitzengefühl brauchen und eine gleichzeitig präzise und
offene Formulierung (was immer das heißen soll).
Im weiteren wollen wir die Fragen zur Konkretisierung fragen:
•
Mit wem?
•
Wo?
•
Wann?
•
Wie?
•
Wie viel?
Also „Mit wem?“ In welchem sozialen Kontext wollen Sie diese Absicht
verwirklichen?
Da gibt es mehrere Möglichkeiten:
•
Sie mit sich selbst allein.
•
Im Kontakt mit einem bestimmten Menschen.
•
In Ihrer engeren Familie.
•
In Ihrer weiteren Familie, in Ihrem Freundeskreis.
•
Im Kontakt mit Ihren Kunden, Klienten, Mitgliedern.
•
In dieser Stadt, Gegend, Region, Kirche, Partei, Zunft, Gilde, Orden,
Gruppierung
•
In dieser Gesellschaft.
•
In der Menschheit.
•
In der Existenz als solcher.
Als Trader, der Gewinne machen möchte, machen Sie diese in einem bestimmten
sozialen Kontext. Das Geld, dass Sie gewinnen möchten, ist schon da. Es ist nur
noch im Besitz von anderen Menschen. Sie möchten also besser sein in einem
bestimmten Kontext. Dieser kann lokal begrenzt sein, z.B. wenn Sie Floor-Trader
an einem bestimmten Markt sind und mit den anderen „Locals“ traden. Wenn Sie
aber als Privattrader per elektronischer Durchgabe an einem Aktienindex-Future
handeln, dann ist es eine globale Gruppe von Finanzakteuren, mit der Sie handeln.
Also eine Untergesellschaft der Menschheit. Diese Kategorie ist ja relativ neu in
der Geschichte. Und sie ist relativ groß.
Wenn es darum geht Gewinne mit einer bestimmten Aktie zu machen, kann es
sein, dass die soziale Gruppe, mit der Sie Gewinne machen wollen, die der
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
233
deutschen Börsenspekulanten ist, was einer Gruppierung wie einer Zunft
entspricht.
Also: „Ich will als Trader Gewinne machen im globalen Finanzmarkt.“ Das können
alle Finanzmärkte sein oder aber die Aktienmärkte, die Futures-Märkte, die
Devisenmärkte oder ein bestimmter dieser Märkte. Je genauer Sie das bestimmen
umso besser. Aber nicht zu genau. Denn diese Finanzmärkte entwickeln sich ja in
diesen Zeiten rasant und Sie wollen offen bleiben für positive Erneuerungen.
Ein Trader-Ziel kann auch ein Ziel in einem kleineren Rahmen sein. Vielleicht
wollen Sie „nur“, dass Ihre Familie einverstanden ist und Sie unterstützt. Dann ist
das „mit wem“ auf diese gemünzt. Aber diese ist in dem Projekt des
„Gewinnerseins beim Trading“ nur eine Unterabsicht und wird an die Exo-Linguistin
aus der Mannschaft delegiert.
Der soziale Kontext, in dem Sie diese Absicht verwirklichen wollen, hat Kriterien.
Diese Kriterien müssen Sie erfüllen, um in diesem Kontext Erfolg zu haben.
In der Formulierung sollten weitere Aspekte enthalten sein. Es sollte
Quantifizierungen enthalten. Wann, Wo, wie viel.
„Ich will Futures-Trader sein und im Feld der globalen Futures-Trader Gewinne
machen!“
Wann?
Ab wann? Bis wann? Immer ? Manchmal? Periodisch?
„Ich will Futures-Trader sein und im Feld der globalen Futures-Trader ab Januar
2005 und bis ich mich 2020 als Multi-Millionär zur Ruhe setze kontinuierlich
Gewinne machen!“
Wo?
Da das ein globaler Markt ist und die interstellare Reise noch nicht entdeckt ist, ist
die Frage mit „Futures-Markt“ bereits hinreichend beantwortet. „Zur Ruhe setzen“
bräuchte natürlich einen Sitzplatz. Um die Absicht ging es aber in dieser Absicht
eigentlich nicht und der Ort wird sich für den Reichen finden.....Oder? Sollte es
schon jetzt konkreter gefasst werden, um attraktiv zu sein? Das kommt auf den
Klienten an. Die Perspektive über die Absicht hinaus sollte immer gegeben sein.
Sie braucht aber auch nicht zu konkret zu sein. Es sollte auf dieser Ebene auch
egal sein, ob das Trading-Desk in einer bestimmten Stadt oder Region steht.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
234
Zu erwähnen in dieser Diskussion wäre vielleicht, dass es zwei Arten von
Menschen gibt. In den bereits in Kapitel 2 besprochenen Myers-Briggs-Kategorien
geht es um Judger und Perceiver. Während Judger gern Schlusspunkte zur
Orientierung haben, brauchen Perceiver eher die Eröffnung neuer Möglichkeiten.
Für Perceiver würden wir „zur Ruhe setzen“ eher vage belassen. Für Judger wäre
es besser, es wäre klar, wo die Reise hingeht. „Setze ich mich auf meinem
Landsitz an der Ostseeküste zur Ruhe.“ „...setze ich mich auf meiner Farm in
Paraguay zur Ruhe.“
Wie viel?
„Kontinuierlich Gewinne“ sind schön. Das kann aber auch 1 Euro Gewinn sein.
Diese Absichtserklärung ist ja eine Mitteilung an uns selbst. Es ist ein Appell an
unsere unterbewusste Schöpferkraft. Diese verrichtet schon einen Riesenjob und
geht naturgemäß den Weg des geringsten Widerstandes.
„Im nächsten Monat mehr Geld“, ist immer ein Cent mehr im nächsten Monat. Es
wird nie nix erreicht. Wir müssen es quantifizieren. Wir müssen es mit messbaren
Größen belegen.
„Ich will Futures-Trader sein und im Feld der globalen Futures-Trader ab Januar
2005 und bis ich mich 2020 als Multi-Millionär zur Ruhe setze kontinuierlich so viel
Gewinne mache, dass ich alljährlich mehr als 20% Netto-Rendite erziele bei nie
mehr als 2 Verlustmonaten hintereinander“
Die Formulierung ist für einen „Kraftsatz“ evtl. ein wenig lang.
Wir können es auch so gestalten:
Absicht:
„Ich will Futures-Trader sein und im Feld der globalen FuturesTrader Gewinne machen!“
Mit wem:
In der globalen Futures-Markt-Welt
Wann:
Ab Januar 2005, bis 2020, kontinuierlich
Wo:
Global
Wie viel:
20% Rendite p.A., nie mehr als 2 Verlustmonate
Der Kapitän gibt der Mannschaft spezielle Aufträge (Gebote) und weist sie an die
benötigte Befähigung zu erlangen.
Es werden also Formulierungen benötigt für die Crew-Mitglieder, die Akteure.
Für den Steuermann soll folgender Satz gelten:
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
235
„Ich führe Handelssignale diszipliniert und an den Markt angepasst aus und gebe
dem taktischen Offizier und dem Captain Rückmeldung über die Durchführbarkeit
des taktischen und strategischen Handelsplans.“
„Diszipliniert“ ist ja meist das Zauberwort. Eventuell muss der Steuer-Akteur hierin
zusätzliche Befähigungen erlangen.
Als erstes formulieren wir für ihn einen Kraftsatz, und zwar in der Gegenwartsform
(ich bin, ich habe, ich tue), proaktiv hin-zu, selbst verursacht:
„Ich bin ein disziplinierter Ausführender von Signalen, welches das Handelssystem
auswirft!“
Und beantworten die Fragen: Mit wem, wann, wo, wie viel.
Mit wem:
Als Mitglied der inneren Trading-Crew im Umgang mit dem Markt.
Wann:
Ab sofort und immer.
Wo:
Vor dem Screen.
Wie viel:
Voll und ganz.
Die Expertise des Steuermanns liegt aber eventuell darin, die Handelssignale an
den Markt anzupassen. Die Anweisungen hierfür sollten aber auch hierfür eindeutig
sein und vom Captain vorgegeben werden. Der Steuermann kann die Order „at the
market“ eingeben oder als Angebot oder Nachfrage in das Orderbook stellen. Er
sollte sich aber keine Gedanken machen, ob es überhaupt eine gute Idee ist, den
Alpha-Quadranten wieder zu finden.
Diese Spezifikationen der Gebote sollten wir für alle benötigten Akteure
durchführen.
Wir führen dann für jeden einzelnen den weiteren Prozess durch. Aber erst einmal
für den Captain, den Trading-König.
Im gewählten Beispiel ist es eine Business-Absicht, die verwirklicht werden soll. Es
könnte auch eine Absicht aus einem anderen Lebensbereich sein und
dementsprechend andere Kriterien haben und eine andere Crew brauchen:
Ich unterscheide allgemein 7 Lebensbereiche:
•
Geld, Business
•
Gesundheit
•
Status
•
Liebe
•
Kreativität
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
236
•
Wissen
•
Spiritualität
Wenn der Innere König also sagt: „Ich will trotz meiner 50 Jahre optimale Fitness
erhalten!“, dann braucht er auch dafür einen disziplinierten Steuermann, der den
Weg in das Fitness-Studio findet.
Wenn die Absicht die nach der Großen Liebe ist, braucht es eher die Exo-Linguistin
in der Crew, welche die Kommunikation zu Lebensformen herstellen kann, die
attraktiv aber fremd sind.
Die jeweilige Willens- oder Absichtserklärung wird also erst einmal in das unterste
Feld des Diagramms eingetragen. Die anderen Felder werden wir im weiteren
Ablauf konkreter kennen lernen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
237
19.2.
Das Simulieren des angestrebten Zustands
19.2.1.
So tun als ob es erreicht wäre
19.2.2.
Evidenz
19.2.3.
Ökologie-Check
19.2.4.
Effekte
19.2.1.
So tun als ob es erreicht wäre
„Nichts ist so erfolgreich wie der Erfolg!“
Wir wollen uns deshalb im weiteren in diesen Zustand hineinbringen. Wir können
erst einmal so tun als ob. „Fake it, until you make it!“
Markieren Sie sich einen Platz im Raum. Dieser soll symbolisch den Punkt in der
Raum-Zeit markieren, an dem Sie die Absicht verwirklicht haben. Auf dem
Diagramm wäre es das Feld oben: „angestrebter Zustand“.
Stellen Sie sich auf diesen Platz und nehmen Sie eine Körperhaltung ein, welche
der verwirklichten Absicht entsprechen könnte. Lassen Sie in Ihrer inneren
Wahrnehmung zu, dass Sie sehen, hören, fühlen, riechen, schmecken, was Sie an
diesem Punkt in der Raum-Zeit wahrnehmen würden.
Wir werden im weiteren Verlauf einige Klärungen machen, die innere Widerstände
und Blockaden beseitigen, so dass diese sinnliche Wahrnehmung immer
plastischer und intensiver werden könnte.
Beachten Sie, dass es zum einen um eine innere Veränderung ging, in der Sie sich
in die Lage versetzen die Kriterien eines äußeren Kontextes zu erfüllen. Zum
anderen geht es darum, in diesem äußeren Kontext einen konkreten Erfolg zu
erzielen.
Es besteht eine Wechselwirkung, ein Feedback. Weil Sie sich gut fühlen und
dieses ausstrahlen, haben Sie Erfolg, der wiederum Ihren Zustand stärkt und so
schaukelt sich die positive Energie hoch. Das ist das Gegenteil von Teufelskreis.
„Nun ja“, werden Sie sagen. „Ich sitze vor meinem Computer und kein Schwein
sieht meine Ausstrahlung und ob ich nun gut gelaunt bin oder schlecht, hat auf die
Börsengewinne keinen Einfluss.“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
238
Wirklich? Auch wenn Sie ein mechanisches computerisiertes Handelssystem
kaufen, selbst schreiben, schreiben lassen, anwenden: Sie treffen Entscheidungen.
Sobald Sie während des Tradings Entscheidungen treffen müssen, kommt es
sowieso auf Ihren mentalen und emotionalen Zustand entscheidend an. Den sieht
zwar niemand. Aber an Ihrem Ergebnis des Handels wird abzulesen sein, ob Sie
überlegt strategisch gehandelt haben oder impulsiv unstrukturiert. Und wenn Ihr
Handeln Erfolg hat, wird der Teil ihrer Persönlichkeit gestärkt, der überlegen und
intelligent gehandelt hat und Sie werden so Ihren Erfolg verstärken und der Erfolg
Sie und das auf ewig weiter.
Also, während Sie so den Zustand der Verwirklichung einnehmen und sich darin
üben so zu tun als ob, wollen wir noch einige weitere Überlegungen anstellen.
Wir wollen als Beispiel für diesen Durchlauf die Absicht des Captains nehmen:
Absicht:
„Ich will Futures-Trader sein und im Feld der globalen FuturesTrader Gewinne machen!“
Mit wem:
In der globalen Futures-Markt-Welt
Wann:
Ab Januar 2005, bis 2020, kontinuierlich
Wo:
Global
Wie viel:
20% Rendite p.A., nie mehr als 2 Verlustmonate
Sie können den oberen Rand des Feldes „angestrebter Zustand“ mit „2020“
markieren und den unteren mit „2005“. Wie ist es, wenn Sie 2020 betreten?
19.2.2.
Evidenz
Wir wollen wissen, was der Beweis oder die Evidenz ist, dass Sie die
Verwirklichung der Absicht erreicht haben.
Was nehmen Sie genau wahr? Was ist anders als sonst? Was sagt Ihnen: „Jetzt ist
der Moment da, mir selbst auf die Schulter zu klopfen.“
Das sollte etwas eindeutiges, wahrnehmbares sein.
Was also sehen nehmen Sie wahr, sobald die Absicht voll verwirklicht ist?
Was sehen Sie dann? Kontoauszüge? Einen Arbeitsraum? Sie sich selbst?
Was hören Sie? Was sagen Sie zu sich selbst? Welche Musik spielt?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
239
Wie ist das Gefühl? Ist Ihnen wärmer als sonst oder kälter? Schwerer oder
leichter? Entspannter oder aufgeregter?
Gerüche und Geschmäcker sind uns seltener bewusst. aber gerade deshalb haben
sie großen Einfluss auf uns und besonders auf unser Unterbewusstsein. Machen
Sie sich in diesem Zustand gewahr, welchen Geruch Sie mit diesem wahrnehmen
oder mit diesem verbinden können.
Bevor Sie das zu sehr tun, wollen wir aber erst noch einmal überprüfen, ob Sie
diese Absicht tatsächlich und uneingeschränkt so verwirklichen wollen.
Die Überprüfung der sogenannten „Ökologie“ ist bei der Entwicklung von Visionen
wichtig. Denn es kann sein, dass wir etwas anstreben, was nicht zu uns passt.
Vielleicht haben wir es irgendwo gelesen oder sonst wie aufgeschnappt, dass man
so sein sollte. Im weiteren Verlauf werden wir uns mit Einwänden beschäftigen.
Diese erfragen wir jetzt gleich gewissermaßen auch. Wir können dann
entscheiden, ob wir unsere Absicht verändern wollen oder später den Einwand
bearbeiten. Also:
Wenn Sie sich also dort in dem Zustand befinden, in dem Sie Ihre Absicht
verwirklicht haben, mögen Sie sich bitte folgende 4 Fragen stellen und ein Gefühl
dafür überprüfen, ob diese eine Bedeutung haben.
19.2.3.
Ökologie-Check
Ökologie-Check:
•
Würden Sie evtl. etwas erhaltenswertes verlieren?
•
Würden Sie evtl. etwas erhaltenswertes nicht mehr bekommen?
•
Würden Sie evtl. etwas unerwünschtes bekommen?
•
Würden Sie evtl. etwas unerwünschtes nicht verlieren?
Und wenn Sie bei dieser Befragung merken, dass es evtl. unerwünschte
Nebeneffekte bei der Verwirklichung geben könnte, mögen Sie sich weiter fragen:
Wie wollen Sie evtl. Ihre Absicht so anpassen, dass keine unerwünschten
Nebeneffekte auftreten?
Oder wie wollen Sie sicher stellen, dass Sie Ihre Absicht voll verwirklichen und für
die Nebeneffekte Sorge tragen?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
240
Es werden im weiteren Verlauf die inneren Hindernisse bewusst werden. Diese
können Schwächen oder Einwände sein. Schreiben Sie sich diese auf Kärtchen
und wir werden uns um diese in einem späteren Kapitel kümmern.
Es könnte sein, dass Sie mit Erreichen der Absichtsverwirklichung feststellen, dass
Sie etwas verlieren.
Unser Beispielsatz aus dem vorherigen Kapitel lautete:
„Ich will Futures-Trader sein und im Feld der globalen Futures-Trader Gewinne
machen!“
Es könnte sein, dass Sie so in Ihr Trading involviert sind, dass Sie Kontakt und
Freunde verlieren. Evtl. sollte die Absicht variiert werden, dass Team und Zeit für
Freunde darin vorkommt.
19.2.4.
Effekte
Ein weiterer Ökologie-Check und auch eine Überleitung und Einbettung in einen
größeren Kontext ist die Frage nach den Effekten auf Ihr gesamtes Leben:
Und, wenn Sie diese Absicht so verwirklicht haben, wie wäre Ihr gesamtes
Leben dann verändert?
Sie stellen sich wieder auf den Platz, auf dem die Verwirklichung geankert ist, und
gehen einen Schritt weiter, voran in die Zukunft. Ist es gut für Ihr weiteres und
allgemeineres Leben, dass Sie das verwirklicht haben? Welche weiteren Absichten
können nun entwickelt und verwirklicht werden?
Wenn Sie nun merken, dass das zu Veränderungen in ihrem Leben führt, die Sie
nicht wollen, können Sie erst einmal Ihre Absicht evtl. variieren und anpassen.
Wenn Einwände hochkommen, die durch Veränderung der Formulierung nicht
aufgelöst werden können, schreiben Sie diese auf, so dass wir uns in Abschnitt
19.7. mit diesen befassen können und evtl. innere Konflikte ausgleichen können.
Sie sollten immer wieder in diesen Zustand gehen, den Wunschzustand. Sie
sollten es üben im Erfolg zu sein. Erfolg zieht Erfolg an. Und wenn man diesen
noch nicht hat, tut man eben möglichst gut so als ob.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
241
Solange wir den aktuellen Armani-Anzug noch nicht bezahlen könnten, kaufen wir
eben einen im Outlet oder aus der Kollektion vom letzten Jahr, der nur die Hälfte
kostet oder weniger.
Merkt der Geschäftspartner, dass die Rolex am Handgelenk ein Fake ist? Der
Kenner merkt es natürlich. Sie sollten nicht übertreiben und nicht imitieren. Es
sollte alles echt sein. Und Sie sollten die Möglichkeiten nutzen, Echtes günstig zu
bekommen, solange Sie sich noch nicht mehr leisten können.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
242
19.3.
Assessment des gegenwärtigen Zustands
19.3.1.
Assessment, Bilanz
19.3.2.
Mentale Repräsentation des Ist
19.3.3.
Out of Denial
19.3.1.
Assessment, Bilanz
Während des weiteren Verlaufs können Sie immer auf den guten Zustand, den Sie
bei der Verwirklichung der Absicht haben, zurückgreifen.
Auch wenn Sie nun den Ist-Zustand betrachten, der vielleicht noch nicht so
erfreulich ist: Verbleiben Sie so weit wie möglich im guten Zustand der
verwirklichten Absicht!
Wir wollen aus der Trance heraus, in der wir täglich leben. Dazu müssen wir uns
mit dem Zustand, wie dieser ist, konfrontieren. Wir dürfen nichts beschönigen und
nichts verdrängen. Das fällt leichter, wenn wir dabei in einem guten Zustand sind
und bleiben.
Eine Schwäche der klassischen Psychotherapie ist, dass sie problemorientiert
vorgeht. „Welche Probleme haben Sie?“, und schon stürzt der Klient ab und es
hängt vom Vertrauen zu dem Therapeuten ab, ob er nach den Sitzung wieder
hergestellt ist. Der Therapeut freut sich natürlich über soviel Macht und ist für die
Zeit der Sitzung aus der eigenen Einsamkeit und Sinnlosigkeit raus. Aber das kann
nicht der Weg sein.
In unserem Coaching versetzen wir den Klient in einen guten Zustand und bleiben
selbst in einem guten Zustand und sind lediglich ein Begleiter in der Erkundung
des Klienten. Wir können nichts für jemand Anderes tun. Jeder muss den Weg
selbst finden und selbst gehen. Und wir wollen niemand von uns abhängig
machen, denn die Abhängigen rufen nachts an und rächen sich indem sie
erfundene Probleme auf den Therapeuten abwälzen.
Also: Um die Absicht zu verwirklichen müssen wir uns den Ausgangspunkt genau
anschauen. Alles, was instabil ist, muss stabil gemacht werden. Alles, was wir uns
nicht anschauen mögen, müssen wir konfrontieren. Wenn der Start des Weges auf
wackligem Boden startet wird es ein wackliger Gang. Wollen Sie durch den Sumpf
waten oder auf einem festen Weg gehen?
Wie also sieht der gegenwärtige Zustand genau aus?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
243
So weit messbar, also: Zahlen auf den Tisch!
Bezogen auf unser Beispiel des erfolgreichen Futures-Trading: Wo stehen Sie mit
Ihrem Trading jetzt?
Vor allem aber dann: Wie stark ist die innere Überzeugung die Absicht
verwirklichen zu können?
19.3.2.
Mentale Repräsentation des Ist
Betreten oder berühren Sie das Ist-Feld des Diagramms und assoziieren Sie sich
mit dem gegenwärtigen Zustand.
Beantworten Sie dann einen Fragebogen zur Mentalen Repräsentation.
•
Wie sieht es jetzt aus? Und beachten Sie das inhaltliche Was mehr als das
strukturelle Wie.
•
Welche Stimmen, Geräusche, Melodien hören Sie jetzt und wie?
•
Welche Gefühle auf der Haut, im Bauch, in den Muskeln und Gelenken?
Welche Balance und welches Gewicht? Welcher Energiezustand?
•
Riecht es im Jetzt? Schmeckt es Ihnen?
Vergleichen Sie diese Repräsentation mit der des erwünschten Zustandes. Wo ist
der entscheidende Unterschied?
Sieht die Welt anders aus? Oder besser: Wie sieht die Welt anders aus? Fast
immer ist die Körperhaltung verändert. Vielleicht können Sie auch wahrnehmen,
dass und wie die Intensität der Geschmackswahrnehmung und der
Geruchswahrnehmung unterschiedlich ist.
Die Mentale Repräsentation kodiert einen emotionalen Zustand. Wie ist dieser im
Ist-Zustand? Wie ist er im beabsichtigten Zustand anders?
Was denken Sie über sich? Was sagen Sie zu sich?
Wir wollen lernen hinderliche Selbstgespräche, wie „Ich schaffe es nie!“, durch
unterstützende Sätze, wie „Wenn ich es mir vorstellen kann, kann ich es auch
erreichen!“, zu ersetzen.
19.3.3.
Out of Denial
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
244
„Denial“ bezeichnet den Zustand der Verdrängung, des Ignorierens. Das Verlassen
dieses Zustandes ist ein wesentlicher Schritt zur Veränderung, Heilung und
Verwirklichung.
Es kann sein, dass der gegenwärtige Zustand schmerzhaft ist und wir den
Schmerz betäuben und verdrängen müssen, um lebensfähig zu bleiben. Zumindest
denken wir, dass das eine erfolgversprechende Strategie ist.
Meist wird es eher so sein, dass die gegenwärtige Situation entstanden ist, weil ein
Schmerz seit langer Zeit verdrängt wird und uns diese Verdrängung die Wachheit
raubt, die wir brauchen um Erfolg haben zu können.
Verdrängung ist nicht nur Schläfrigkeit und Dämmerzustand. Es gibt eine ganze
Reihe Leute, die durch Hyperaktivität verdrängen. Ja, das scheint bei den heutigen
Kindern sogar die bevorzugte Verdrängungstaktik zu sein. Dauernd alarmiert zu
sein ist nicht gesund und hilft vor allem auch nicht gegen die Gefahr.
Es gibt nur einen Weg aus dem schmerzhaften Zustand. Wie es im Song von Peter
Gabriel heißt: „You gotta get in to get out!“ Du musst hinein, um heraus zu
kommen. Nur wer den Schmerz fühlt und ihn rauslässt, kann ihn loslassen.
Nun haben wir schon beschrieben, dass es mittlerweile Wege gibt, negative
Gefühle loszuwerden ohne Heulen, Schreien und lauten emotionalen Ausbruch.
Aber auch das ist umso wirksamer je intensiver das Gefühl zugelassen wurde.
Grundsätzlich ist es hilfreich in Umgebungen, die im Unterschied zu unserem
„normalen“ Umgang mit Schmerz diesen annehmen und akzeptieren, zum eigenen
Seelenzustand Kontakt aufzunehmen. Seelischer Schmerz ist nichts schlechtes. Er
führt uns in unsere Tiefen. In diesem Körper zu sein ist unweigerlich mit Schmerz
verbunden. Wir haben für die Erfahrung des Lebens vorübergehend die
Verbindung zu unserer wahren Natur aufgeben müssen.
Wir wollen also im Coaching und in Trainings durchaus einen Raum schaffen, in
dem das Fühlen und Zulassen von Schmerz zugelassen werden kann. Auch
gerade das oft in Therapien zu beobachtende voreilige und unnötige Umarmen,
Streicheln, Ansprechen und besorgte Beruhigen sollte verhindert werden, da es oft
den Prozess der inneren Öffnung abbricht.
Der erfolgreiche Trader braucht höchste Sensibilität und Wachsamkeit. Jede
Verdrängung und Betäubung ist hinderlich.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
245
Wer Spitzenleistung in dieser Welt vollbringen will, muss diese Welt in alle Tiefe
fühlen können und wollen.
Auf der Basis einer ungeschminkten Wahrnehmung des gegenwärtigen Zustandes
kann der Weg zu dem erwünschten Zustand gegangen werden.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
246
19.4.
Sammeln von Hindernissen
19.4.0.
Was könnte hindern?
19.4.1.
Aufteilen in „Kann-nichts“ und „Will-nichts“
Es empfiehlt sich während des gesamten Ablaufs alle Einwände und Hindernisse,
die hochkommen, auf kleine Kärtchen oder Zettel zu notieren. Sie können dann auf
den Dreiecken in der Mitte des Diagramms abgelegt werden und nacheinander
bearbeit werden. Wenn alle Kärtchen beseitigt sind, ist der Weg von dem
gegenwärtigen Zustand zu dem erwünschten Zustand sichtbar frei.
19.4.0.
Was könnte hindern?
Was hat bisher gehindert?
Was sind „Kann-nichts“ und „Will-nichts“?
Sie wissen, wo Sie hinwollen. Sie wissen, von wo Sie herkommen. Die
interessante Frage ist: Was verursachte, dass Sie diese Absicht bisher noch nicht
verwirklicht hatten?
Es könnte natürlich sein, dass Sie jetzt erstmalig die Möglichkeit sehen, eine
derartige Absicht zu verwirklichen. Sie wissen noch gar nicht welche Hindernisse
auftreten. Sie können in diesem Fall gern erst einmal an dieser Stelle die Lektüre
unterbrechen und hier weiterlesen, sobald Sie nicht weiterkommen. Sie werden
aber wahrscheinlich schon bei der Simulation des angestrebten Zustands einige
Kann-nichts und Will-nichts wahrgenommen haben.
Wahrscheinlich ist, dass Sie schon einiges versucht und unternommen haben. Wir
haben alle Erfahrung im Scheitern. Die Hindernisse auf dem Weg sind wichtig und
wertvoll. In genau diesen ist die Energie verborgen, die Sie zum Erreichen
brauchen.
Die inneren Hindernisse, und auch vermeintlich äußere Hindernisse beruhen auf
innerer Schöpfung, unterteile ich in „Kann-nichts“ und „Will-nichts“.
Sammeln Sie alles, was Sie von der Verwirklichung abhalten könnte. Schreiben Sie
jedes einzelne Hindernis auf eine Karte. Je mehr Sie finden, desto mehr Energie
können Sie durch Umwandlung dieser Hindernisse freisetzen.
19.4.1.
Aufteilen in „Kann-nichts“ und „Will-nichts“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
247
Wir wollen diese Hindernisse aufteilen in Schwächen und Einwände.
Schwächen sind Sätze, die mit „Ich kann die Absicht nicht verwirklichen, weil...“,
beginnen.
Einwände sind Sätze, die mit „Ich will die Absicht nicht wirklich voll verwirklichen,
weil....“, beginnen.
Die Schwäche ist durch einen Mangel verursacht. Etwas fehlt bisher. Der Einwand
ist motiviert durch einen Wert. Die Verwirklichung kollidiert mit einem Wert. Diese
Werte sind meist religiös-philosophisch oder sozialpolitisch formuliert. Es ist wichtig
diese zu beachten und wertzuschätzen. Sie wollen Ihre Absicht verwirklichen und
dennoch ein guter Mensch sein. „Guter Mensch“ in Ihren eigenen Kriterien
natürlich. Ihr Gewissen soll rein sein.
Es ist gleich, ob Sie mit den Einwänden, den Will-nichts, oder den Schwächen, den
Kann-nichts, beginnen bei der Ausräumung der Hindernisse. Wenn die höheren
Instanzen, wie der Innere Gott oder andere Innere Könige, nicht wollen, wird es
schwer. Wenn die unteren Instanzen des Inneren Tieres und des Inneren Kindes
meinen nicht zu können, wird es unmöglich.
Die Schwächen des Inneren Kindes sind es meist, die ein Projekt zum Scheitern
bringen. Fangen wir also mit diesen an. Wenn wir das Innere Kind so stark haben,
dass es alles erreichen könnte, und prinzipiell kann ein Kind alles erreichen, sind
wir der Verwirklichung nicht nur dieser Absicht ein entscheidendes Stück näher.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
248
19.5.
Umwandlung von Schwächen
19.5.1.
Selbsteinschätzung der Stärke
19.5.2.
Selbstüberzeugungen
19.5.3.
Zustände
19.5.3.1.
Erfüllung, Unerfüllung
19.5.3.2.
Resignation, Übertreibung, Kompensation, Betäubung
19.5.3.3.
Analyse der Beispielsätze
19.5.4.
Intervention Resignation
19.5.5.
Intervention Übertreibung
19.5.6.
Intervention Kompensation
19.5.1.
Selbsteinschätzung der Stärke
Sammeln Sie alle Schwächen, die Sie bisher am Verwirklichen der Absicht
gehindert haben und/oder die Sie in der Zukunft hindern könnten!
Schwächen: Das sind die „Kann-nichts!“. Das sind Sätze, die mit „ich kann nicht,
weil...“ beginnen.
•
„Ich kann nicht, weil ich etwas nicht tun kann...“
•
„Ich kann nicht, weil ich etwas nicht habe...“
•
„Ich kann nicht, weil ich etwas nicht bin...“
Wie findet man Schwächen heraus? Sagen Sie laut Ihre zu verwirklichende Absicht
und nehmen Sie wahr, mit wie viel Überzeugungskraft Sie diesen Satz sagen!
Sie können auch den Satz sagen und dabei einen Muskeltest machen. Testet der
Muskel stark oder schwach? Sie können einen derartigen Test besonders in
Hinblick auf die Bedürfnisse durchführen.
Sagen Sie Sätze in der folgenden Art und testen Sie! Statt des Muskeltests können
Sie auch durch einen kleinen Schubs das Hara, die Standfestigkeit des Getesteten,
überprüfen.
Hier die Sätze:
•
Ich bin es wert, meine Absicht (Absicht nennen) zu verwirklichen!
•
Ich bekomme die Unterstützung, die ich brauche, um meine Absicht zu
verwirklichen!
•
Ich habe den Raum, die Absicht zu verwirklichen!
•
Ich bekomme den Respekt, den ich brauche, um meine Absicht zu
verwirklichen!
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
249
•
Ich habe die Zugehörigkeit, um meine Absicht zu verwirklichen!
•
Ich bekomme die gebrauchte Zuwendung, um meine Absicht zu
verwirklichen!
•
Es ist mein Lebensrecht, meine Absicht zu verwirklichen!
Wenn Sie schwach testen, kommt Ihnen evtl. ein Satz in das Bewusstsein, der das
Gegenteil ausdrückt: „Ich habe nicht genug Unterstützung!“ „Ich bin es nicht wert!“
„Ich bekomme es nicht!“
Die Ursache für unseren Zustand wird in diesen Formulierungen außerhalb unserer
Kompetenz gesehen. Wir geben die Verantwortung für unsere Welt ab, machen
uns vom Schöpfer zum Opfer.
Sammeln Sie bitte derartige Sätze in Hinsicht auf die Verwirklichung der Absicht!
Das ist der erste Schritt und dann befreien Sie sich von diesen!
Zum Beispiel für die Absicht: „Ich will Futures-Trader sein und im Feld der globalen
Futures-Trader Gewinne machen!“
Was könnten die Kann-nichts sein?
•
„Ich kann nicht, ich habe nicht genug Selbstdisziplin.“
•
„Ich trinke zuviel Alkohol.“
•
„Ich bin nicht intelligent genug.“
•
„Ich würde als Millionär abheben.“
•
„Die Fonds haben Top-Handelssysteme mit Chaos-Theorie, Neuronalen
Netzen und Data-Mining. Da komme ich nicht gegen an!“
Anders als die Kann-nichts sind die Will-nichts, die Einwände. Diese sind nicht
durch Bedürfnisse sondern durch Werte motiviert.
„Ich würde als Millionär abheben!“, ist also eher kein Kann-nicht, sondern ein Willnicht. Derjenige, der dieses sagt, will kein überheblicher Snob sein, sondern er will
auf dem Boden bleiben. Der Wert ist „Anstand“ oder „Sozialkompetenz“. Und
eventuell riskiert er „Zugehörigkeit“ und es steckt ein Kann-nicht hinter dem Willnicht, das müsste im Einzelfall abgeschätzt werden.
Ordnen Sie also dementsprechend die gefundenen Sätze.
Als nächstes wollen wir herausfinden, welche Bedürfnisse mangelhaft erfüllt sind,
so dass die Schwäche entsteht.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
250
Also: Die Schwäche ist nicht etwas, wofür Sie sich schämen müssten. Es ist
vielmehr so, dass Sie es gelernt haben, dieses Bedürfnis als unerfüllbar zu sehen.
Dieses traf in einer Zeit zu, als Sie diese Bedürfnisse von außen erfüllt bekommen
mussten und nichts dafür tun konnten. Mittlerweile sind Sie durchaus in der Lage
für die Erfüllung des Bedürfnisses zu sorgen. Sie sehen die Welt nur mit einem
Filter aus früheren Zeiten, der erst bewusst gemacht und aufgelöst werden muss.
Welches unerfüllte Soziale Bedürfnis, welcher Mangel, könnte die Schwäche
verursachen?
„Nicht genug Selbstdisziplin...“
Was fehlt Ihnen?
•
Lebensrecht?
•
Zuwendung?
•
Zugehörigkeit?
•
Respekt?
•
Raum?
•
Unterstützung?
•
Wertschätzung?
Wir müssen also genau beobachten, was in dem Moment der Undiszipliniertheit in
uns vor sich geht. Es wird sich unser Inneres Kind melden und rufen: „Ich hab’ jetzt
keinen Bock mehr hier so still rumzusitzen. Ich will jetzt was erleben!“
Was fehlt dem Kind in dem Moment? Bei diesem Kind klingt es nach einem Mangel
in dem Bedürfnis „Raum für Ausdruck“.
Es kann aber auch sein, das die Undiszipliniertheit ein Hilferuf des Inneren Kindes
nach Unterstützung oder Zuwendung oder Zugehörigkeit ist. Das gilt es genau zu
beobachten und die Innere Welt zu befragen.
„Ich trinke zuviel Alkohol!“, ist ein Betäubungsverhalten. Wir müssten genauer
fragen: „Welchen Mangel betäuben Sie mit Alkohol?“ Es kann sein, dass der
Trader überfordert ist. Er müsste wissen, so denkt er, wo der Markt hingeht, aber
keiner sagt es ihm. Er fühlt sich ausgeschlossen. Entweder betäubt er nun den
Mangel an Zugehörigkeit zu Hause oder er geht in die Kneipe und betäubt
zusätzlich mit Pseudo-Kontakten. In Deutschland ist der Alkoholismus ja
sozusagen Teil der Kultur. So wird der Mangel an menschlicher Wärme und
Zugehörigkeit übertüncht.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
251
„Ich bin nicht intelligent genug!“ Welcher Mangel steckt hier dahinter? Oder ist es
etwa eine Einsicht? Dann ist es ein Einwand, ein Will-nicht. Gewinner im
Börsenhandel kann aber durchaus ohne Universitätsabschluss sein, vielleicht
sogar eher. „Ich bin nicht intelligent genug!“, deutet auf einen Mangel an
Wertschätzung hin oder auf einen Mangel an Unterstützung. Intelligenz kann man
ja kaufen oder erfragen.
„Ich komme nicht gegen die Fonds an!“ Dieser Satz dokumentiert erst einmal, dass
man seine Nische nicht gefunden hat und sich an den falschen Beutetieren
orientiert. Vielleicht hat sich derjenige, der diesen Satz sagt, noch nicht das
Lebensrecht in diesem Ozean der Börse genommen oder sich selbst gegeben.
Das deutet auf einen generellen Mangel im Bedürfnis „Lebensrecht“ hin. Vielleicht
fehlt auch Unterstützung.
19.5.2.
Selbstüberzeugungen
Diese Sätze sind Generalisierungen. Eine Erfahrung wurde aus dem Zeitraum, aus
dem sie stammen, genommen und auf das ganze Leben und die ganze Welt
übertragen. Eine derartige Generalisierung sollte hinterfragt werden. Es gibt
automatisierte Verallgemeinerungen, die sinnvoll sind. Wir haben gelernt, dass die
Herdplatte heiß sein kann, und fassen sie nicht an oder nur vorsichtig. Wir sollten
dennoch alle erlernten Dinge über diese Welt immer wieder überprüfen, denn die
Welt ändert sich rasant.
Derartige Sätze können als „Selbstüberzeugungen“ bezeichnet werden. Im
psychologischen Sprachgebrauch hat sich auch das amerikanische „Belief“
verbreitet. Dieses wird meist mit „Glaubensatz“ übersetzt, was durch den Anklang
an religiösen Glauben nicht immer geeignet sein muss.
„Selbstüberzeugungen“, die uns einschränken und am Erfolg hindern, sollten wir
auflösen. Positive Selbstüberzeugungen können auch einschränkend sein, oft
dienen sie als Kompensation. Wir sollten gar keine Beliefs über uns haben und uns
jeder Situation im Leben wieder neu anpassen.
Das Auflösen der Beliefs ist also ein zentraler Schritt im Coaching. Wir haben das
bereits in Kapitel 8 besprochen.
19.5.3.
Zustände
Bevor wir diesen auflösen, wollen wir aber noch genauer herausfinden, welcher
Zustand mit dem Mangel und der Schwächung einhergeht.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
252
Denn wir wollen ja von einem Zustand der Schwäche zu einem Zustand der
Stärke gelangen.
Die emotionalen Zustände kodieren unsere Herangehensweise zur Erfüllung von
Bedürfnissen. Wir müssen nicht jedes Mal wieder eine Strategie entwickeln,
sondern wir entwickeln gewisse Grundeinstellungen, welche die Koordination von
Wahrnehmung und Verhalten verkürzen.
19.5.3.1.
Erfüllung, Unerfüllung
Wir kennen zu jedem der Grundbedürfnisse die beiden Grundzustände: erfüllter
Zustand – unerfüllter Zustand.
Bedürfnis
Lebensrecht
Zuwendung
Zugehörigkeit
Respekt des Platzes
Raum für Ausdruck
Unterstützung
Wertschätzung
erfüllter Zustand
Urvertrauen
Zufriedenheit
Liebe
Ruhe
Ausstrahlung
Zuversicht
Stolz
unerfüllter Zustand
seelischer Schmerz
Traurigkeit, Frustration
Kummer, Misstrauen
Unsicherheit
Enge, Ungeduld
Hilflosigkeit
Wertlosigkeit
Die Wahrnehmung eines unerfüllten Zustandes kann uns also auf das Bedürfnis
schließen lassen, das unerfüllt ist.
Normalerweise werden wir bei Unerfüllung einen proaktiven Zustand einschalten,
der uns zur Erfüllung bringt. Wir werden die Erfüllung aktiv anstreben.
Die proaktiven Zustände werden durch eine regulierende Emotion begrenzt, damit
wir in unserem nach außen gerichteten Impuls nicht über das Ziel hinausschießen
und an die Umgebung angepasst bleiben.
Bedürfnis
Lebensrecht
Zuwendung
Zugehörigkeit
Respekt des Platzes
Raum für Ausdruck
Unterstützung
Wertschätzung
proaktive Emotion
Sorge (care)
Verlangen, Begehren
Zuneigung
Aggression
Freude
Interesse, Eifer
Mut, Engagement
regulierende Emotion
Gelassenheit
Abwehr, Abscheu
Abneigung
Furcht, Vorsicht
Angst, Selbstbeherrschung
Geduld, Desinteresse
Scheu, Scham, Schuld
In diesem System können Störungen auftreten. Es kommt vor, dass die
regulierende Emotion generell stärker ist als die aktive Emotion und so verhindert,
dass die Erfüllung wirklich erreicht werden kann.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
253
Es kann vorkommen, dass die aktive Emotion dann generell Übertreibung
einsetzt, um die regulierende Kraft zu überpowern.
Es kann vorkommen, dass Resignation eintritt, da es ja eh nie erreicht wird.
Die Resignation wird oft durch eine Kompensation überspielt, damit niemand
merkt, dass wir bedürftig sind.
Die Resignation wird auch durch Betäubung schmerzfrei gestellt. Das Thema
haben wir bereits in Kapitel 18 beim Thema „Sucht“ behandelt.
Bei jedem dieser Zustände, dem generalisierten Kann-nicht, sollte also gefragt
werden: „Wie ist die regulierende Emotion stärker als die proaktive Emotion? Wann
ist das entstanden? Kann es jetzt losgelassen werden?“
19.5.3.2.
Resignation, Übertreibung, Kompensation, Betäubung
Bei der Betäubung, der Übertreibung und der Kompensation müssten wir erst
einmal wahrnehmen und eingestehen, dass Resignation, generalisiertes Kannnicht, vorhanden ist. Wir sind oft derart perfekt in unseren Abwehrmechanismen,
dass wir sie erst bemerken und eingestehen, wenn uns jemand darauf hinweist,
dem wir glauben müssen, weil uns das Abwehrverhalten schädigt.
Resignation, Übertreibung und Kompensation sind meist auch als bestimmte
Zustände oder Emotionen identifizierbar:
Bedürfnis
Lebensrecht
Resignation
Fatalismus,
Übertreibung
Sorgen (worry)
Kompensation
Völlerei, Wollust
Zuwendung
Selbstzerstörung
Depression, seel.
Gier, Habsucht
Geiz, Missgunst,
Zugehörigkeit
Verhungerung
Vereinsamung
Verehrung,
Neid
Eifersucht, Rache,
Respekt
Ohnmacht, Panik
Anhänglichkeit
Gereiztheit; Zorn
Hass
Hyperaktivität,
Raum für
Langeweile, Apathie
Überdrehtheit,
Redezwang
Sehnsucht,
Ausdruck
Unterstützung
Nachlässigkeit,
Destruktivität
Übereifer,
Tagträumerei
Trotz, Neugier,
Wertschätzung
Gleichgültigkeit
Unterwürfigkeit,
Besessenheit
Übermut,
Pessimismus
Großspurigkeit,
Selbstverleugnung
Besessenheit
Hochmut
Das generalisierte, auf „automatisch“ und „ewig“ gestellte Kann-nicht ist für die
Verwirklichung unserer Absicht problematisch. Dieses ist der Zustand der
Resignation. Übertreibung und Kompensation, wie auch die Betäubung, sind
Folge-Zustände. Diese sind evtl. erst einmal zu identifizieren und dann auf die
Resignation zurückzuführen, so dass wir diese dann auflösen können.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
254
Wir wollen in den proaktiven dynamischen Zustand kommen, um den Zustand der
Erfüllung des jeweiligen Bedürfnisses zu erreichen.
Stellen Sie also fest, aufgrund welcher Schwächung in welchem sozialen
Grundbedürfnis es hakt!
Beginnen Sie mit der Identifizierung des Bedürfnisses. Welcher Satz könnte vom
Charakter her der Schwäche zugrunde liegen?
Beispielsätze:
„Ich bin nicht gut genug!“
„Ich bekomme nicht genug Unterstützung!“
„Ich habe nicht genug Raum (Zeit)!“
„Es steht mir nicht zu! Ich bekomme nicht den nötigen Respekt!“
„Ich fühle mich ausgeschlossen!“
„Ich habe nicht genug Energie, Kraft!“
„Es ist mir nicht in die Wiege gelegt!“
Diese ist natürlich nicht die ganze Wahrheit. Es ist nur ein Teil in der Innenwelt, für
den dieses zutrifft. Aber durch dieses Schwäche wird evtl. die Verwirklichung der
Absicht torpediert. Eine Kette bricht am schwächsten Glied und wir sollten gerade
dann, wenn es um viel Geld geht, sicher sein, dass nichts bricht und alle Elemente
mitziehen können.
19.5.3.1.
Analyse der Beispielsätze
Bei den Beispielsätzen vom Anfang des Kapitels könnte zutreffen:
„Ich kann nicht, ich habe nicht genug Selbstdisziplin.“
Was fehlt? Was fehlt in dem Moment der Aufgabe der Disziplin? Zuwendung,
Unterstützung, Raum?
Welcher Satz würde in dem Moment zutreffen? „Ich gebe meine Selbstdisziplin in
dem Moment auf, wo ich mich zu sehr einsam und verlassen fühle!?“ Das wäre
dann ein Mangel in dem Bedürfnis der Zugehörigkeit.
„Ich trinke zuviel Alkohol.“
Alkohol ist hier eine Betäubung von welchem Bedürfnis, bzw. des Schmerzes der
Unerfüllung in diesem Bedürfnis? Vielleicht trinkt derjenige, der diesen Satz sagt,
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
255
immer dann ein Bier, wenn er sich unter Druck fühlt. Dann ist also der Respekt des
Raumes nicht gewährleistet.
„Ich bin nicht intelligent genug.“
Was fehlt? Unterstützung durch Intelligente? Trainer, Lehrer, Berater? Oder ist die
Intelligenz eigentlich da und wird blockiert durch ein Minderwertigkeitsgefühl?
„Die Fonds haben Top-Handelssysteme mit Chaos-Theorie, Neuronalen Netzen
und Data-Mining. Da komme ich nicht gegen an!“
Zu wenig Wert, zu wenig Unterstützung, zu wenig Raum, zu wenig (SelbstRespekt? Zu wenig Zugehörigkeit zur Börsenwelt? Zu wenig Zuwendung (holen sie
sich diese lieber woanders als von den Fonds!) Zu wenig Lebensrecht?
Wenn Sie das mangelhaft erfüllte Bedürfnis herausgefunden haben, sollten Sie
sich erst einmal die Betäubung des Schmerzes der Unerfüllung bewusst machen
und die Kompensation.
Im weiteren einige Fragenabfolgen und Interventionsvorschläge zu den jeweiligen
Zuständen.
Für den Zustand „Betäubung“ mögen Sie die Darstellung in Kapitel 18 noch einmal
lesen.
19.5.4.
Intervention Resignation
Am Beispiel Resignation in Bezug auf Wertschätzung.
Ursache: Die übermäßig regulierenden Emotionen Scham und Schuld haben zu
Resignation bezüglich der Selbst-Wertschätzung (Unterwürfigkeit,
Selbstverleugnung) und anhaltenden Wertlosigkeit-Gefühlen geführt.
Intervention bei Resignation:
1. Referenz Ideal:
Ermitteln Sie den Zustand der Erfüllung als Referenz (und um den Klienten erst
einmal in einen guten Zustand zu bringen.).
Beispiel: „Wann waren Sie mal ganz stolz auf sich?“
Oder: „Wie wäre es, wenn du ganz stolz und selbstbewusst wärest?“
2. Ermitteln des Zeitrahmens der Resignation:
(Resignation ist nicht angeboren, sondern zu einem bestimmten Zeitpunkt als
Zustand gewählt worden!)
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
256
„In welchem Kontext ist die Resignation erstmals aufgetreten? Von wem haben Sie
(hast du) die Erfüllung (z.B. Anerkennung) nicht bekommen können?“
Diese Wahrnehmung des Kann-nicht als etwas zeitliches, kann natürlich
besonders gut auch mit der Karma-Line oder der Time-Line durchgeführt werden.
3. Zurückführen der Resignation auf die regulierende Emotion:
„War die Resignation nicht die Folge von einer regulierenden Emotion (z.B. Scham
oder Schuld), die auf automatisch gestellt wurde?“
oder:
„Was war vor der Resignation? Scham oder Schuld (bzw. je nach Bedürfnis die
jeweiligen regulierenden Emotionen)?“
4. Wertschätzung der Regulation als Sicherung des Bedürfnisses und als
Schutz:
„Wie hat die regulierende Emotion (z.B. Scham/Schuld) Ihnen/dir damals eine
Mindesterfüllung des Bedürfnisses (z.B. Anerkennung) gesichert? Wie hat sie
Sie/dich geschützt?“
5. Anregung des erfüllten Zustandes als Meta-Ebene zur Regulation:
„Können Sie (Kannst du) stolz und selbstbewusst darauf sein, dass Sie sich (du
dich) schützen konnten (konntest)?“
6. Anregung der proaktiven Emotion mit Kontextbezug:
„Wie wollen Sie in dem Kontext, in dem Sie Ihre Absicht verwirklichen wollen, Ihren
Mut und Ihr Engagement so angemessen anpassen, dass Sie keine Schuld und
Scham brauchen?“
„Wie willst du in dem Kontext, in dem du deine Absicht verwirklichen willst, deinen
Mut und dein Engagement so angemessen anpassen, dass du keine Schuld und
Scham brauchst?“
7. Anregung der Meta-Emotion zur angemessenen Anpassung in einem
größeren Kontext:
„Die Meta-Emotion ist die Emotion auf der Akteurs-Ebene. Wie kann das Anstreben
der Wertschätzung (oder eines anderen Bedürfnisses) in einem größeren Rahmen
flexibel gestaltet werden?“
„Manchmal ist Souveränität angemessen, manchmal Bescheidenheit. Wollen Sie
dafür Verantwortung übernehmen?“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
257
8. Anregung der Trans-Emotion:
Die Trans-Emotion ist der Zustand zu dem Thema aus der Gottes-Sicht, der
existenziellen Sicht.
„Wert ist eine Konstruktion in unserer Gesellschaft. Als Teil des Ganzen sind alle
gleich wertvoll. Mit welcher Haltung können Sie (kannst du) als Teil des Ganzen
jenseits von Wert und Nicht-Wert leben?“
Von einer höheren Sicht aus betrachtet, löst sich die Begrenzung, das Kann-nicht,
leicht auf. Wir müssen nur erst einmal auf die höhere Ebene gelangen.
19.5.5.
Intervention Kompensation
Auch wieder am Beispiel für das Bedürfnis Wertschätzung. Der Weg ist
grundsätzlich ähnlich. Es muss nur ein erster Schritt der Identifizierung der
Kompensation vorgeschaltet werden. Wenn die Kompensation als Folge der
Überregulierung erkannt ist, kann schnell die Wurzel der fehlenden realen Erfüllung
gezogen werden.
Intervention bei Kompensation:
1. Kompensation feststellen:
„Sie wollen ja die Absicht verwirklichen und haben es bisher nicht.
Wenn Sie so großartig wären, dürfte es für Sie kein Problem sein.
Eigentlich aber fühlen Sie sich nicht gut genug.
Wofür fühlen Sie sich wertlos?“
Dann geht es weiter wie oben bei der Resignation:
2. Referenz Ideal:
„Wie wäre es, wenn Sie berechtigt ganz stolz und selbstbewusst wären?“
3. Ermitteln des Zeitrahmens:
„In welchem Kontext ist die Wertlosigkeit erstmals aufgetreten? Von wem haben
Sie die Anerkennung nicht bekommen können?“
4. Zurückführen der Kompensation auf die regulierende Emotion:
„War die Wertlosigkeit die Folge von Scham oder Schuld, die auf automatisch
gestellt wurde?“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
258
5. Wertschätzung der regulierenden Emotion als Sicherung des
Bedürfnisses:
„Wie hat die Scham/Schuld Ihnen damals Anerkennung verschafft? Wie hat diese
Sie vor Herabsetzung oder Übermut von da an geschützt?“
6. Anregung des erfüllten Zustandes als Meta-Ebene zur Regulation:
„Können Sie stolz darauf sein, dass Sie sich schützen konnten?“
7. Anregung der proaktiven Emotion mit Kontextbezug:
„Wie wollen Sie in dem Kontext, in dem Sie Ihre Absicht verwirklichen wollen, Ihren
Mut und Ihr Engagement so angemessen anpassen, dass Sie keine Schuld und
Scham brauchen?“
8. Anregung der Meta-Emotion zur angemessenen Anpassung in einem
größeren Kontext:
„Manchmal ist Souveränität angemessen, manchmal Bescheidenheit. Wollen Sie
dafür Verantwortung nehmen?“
9. Anregung der Trans-Emotion, die Gottes-Sicht:
„Wert ist eine Konstruktion in unserer Gesellschaft. Als Teil des Ganzen sind alle
gleich wertvoll. Mit welcher Haltung können Sie als Teil des Ganzen jenseits von
Wert und Nicht-Wert leben?“
19.5.6.
Intervention Übertreibung
Dasselbe Schema bei der Übertreibung, die letztendlich auch nur eine Reaktion
darauf ist, dass die regulierende Emotion stärker ist als die proaktive Emotion.
1. Feststellen der Übertreibung:
„Sie haben evtl. festgestellt, dass Ihr Auftreten mitunter von Ihrer Umwelt als
übertrieben oder störend empfunden wird. Was genau machen Sie zu viel, zu
stark, zu sehr?“
2. Rückführen der Übertreibung auf die einfache proaktive Emotion:
„Von welchem Zustand oder welcher Emotion ist die Übertreibung eine Form?“
3. Zeitrahmen:
„Wann ist die Übertreibung erstmalig eingetreten?“
4. Rückführen der Übertreibung auf Hemmung durch Über-Regulation:
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
259
„Liegt die Ursache für die Übertreibung darin begründet, dass Sie der zu starken
Kontrolle und Selbst-Regulation entgehen wollen?“
5. Wertschätzung der Überregulierung:
„Hat Sie die Überregulierung nicht damals geschützt?“
6. Anregung des erfüllten Zustandes:
„Können Sie die Überregulierung als eine Erfüllung des Bedürfnisses, das Sie sich
selbst gegeben haben, wahrnehmen?“
7. Anregung der proaktiven Emotion mit Kontextbezug:
„Wie können Sie heute die Erfüllung angehen?“
8. Anregung der Meta-Emotion:
„Wie können Sie diese in einem größeren Kontext flexibel gestalten?“
9. Anregung des Trans-Zustandes:
„Wie sieht es von der Höchsten Perspektive aus?“
Das Grundproblem ist also immer, dass die regulierende Emotion generell stärker
ist als die proaktive Emotion. Das war für eine Zeit im Leben als Schutz notwendig.
Er verhindert auf längere Zeit aber die Erfüllung eines lebensnotwendigen
Bedürfnisses. Die Folge sind Resignation, Übertreibung, Kompensation oder
Betäubung. Der erste Schritt der Intervention ist erst einmal das Erkennen der
nachfolgenden Abwehrstrategie. Dann muss die Überregulierung erkannt und
losgelassen werden.
Letztendlich aber war auch die Aufgabe, die zu der Überregulierung führte, wertvoll
und hat den Weg zu den höheren Ebenen angeregt.
Generell sollte man die 7 Bedürfnisse und die möglichen Einschränkungen in der
Erfüllung per Karma-Line klären. Dann sind alle proaktiven Emotionen stark und
jederzeit kann man selbst für die Erfüllung sorgen.
Es sind soziale Bedürfnisse. Sie brauchen als Kind und auch später andere
Menschen, die Ihnen diese gewähren. Aber es liegt in Ihrer Verantwortlichkeit und
Schöpferkraft eine Welt zu schaffen, in der dieses für Sie erfüllt wird.
Denn Sie sind es wert, und Alles ist zu Ihrer Unterstützung da, Sie haben genug
Platz und den Respekt Ihres Platzes; Sie gehören zu den Menschen, die etwas
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
260
verwirklichen und bekommen auch ohne dieses Zuwendung, denn all das ist Ihr
Lebensrecht!
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
261
19.6.
Beachtung von Schwächen des Inneren Tieres
Neben der Unerfüllung der sozialen Bedürfnisse kann auch eine Unerfüllung in den
physiologischen Bedürfnissen Ursache für Schwäche sein.
Eine markante Unerfüllung in diesen Bedürfnissen ist tödlich. Eine schlechte
Erfüllung hat möglicherweise gravierenden Einfluss.
Eine schlechte Erfüllung der physiologischen Bedürfnisse wird zwar meist auch
eine soziale Ursache haben. Wir sollten aber dieser Ebene durchaus gesonderte
Beachtung schenken.
Es gibt auch eine ungesunde Übererfüllung in diesen Bedürfnissen. Diese ist meist
bedingt durch Sucht. Bei der Sucht wird oft die Unerfüllung im sozialen Bedürfnis
mit einer Übererfüllung im physiologischen Bedürfnis überkompensiert.
Wir sollten also für unsere Grundbedürfnisse besonders wachsam sorgen. In der
traditionellen Trader-Welt war eher eine selbstzerstörerische Lebensweise die
Regel. Trader ohne Zigarette waren noch vor 15 Jahren undenkbar. Mittlerweile ist
die Wall Street fast nikotinfreie Zone. Es hat in der Welt und besonders bei den
Top-Performern ein Umdenken eingesetzt. Es ist halt bekannt, dass Gesundheit
eine gute Voraussetzung für richtige Entscheidungen ist.
Die physiologische Bedürfnisse sind:
•
Atem
•
Nahrung
•
Schlaf/Traum
•
Schutz gegen Infektion, Hygiene
•
konstante Temperatur
•
Schutz
•
Sex
Für den Trader ist also gute Luft wichtig. Der Abfall in der Leistungsfähigkeit durch
Nikotin (und Teer) im Einatem ist sicher.
Nahrung ist ein wichtiges Thema. Der Trader sollte eine auf sich zugeschnittene
Nahrung zu sich nehmen. Floor-Trader verlassen den Pit ja nicht einmal zum
Pinkeln. Nach der Trading-Session wird dann schnell eine Pizza verschlungen. Das
kann nicht gut sein.
Das wichtigste ist sicher: Wasser!
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
262
Guter entspannter Schlaf ist wichtig. Eventuell ist aber die wichtigste Komponente
am Schlaf die Traumphase. Die können wir auch in Entspannung und Hypnose
bekommen. Eine stündliche Kurz-Trance, eine kleine Tagträumerei, können da
auch hilfreich sein.
Gesundheit ist natürlich wichtig. Es ist zwar gut, dass wir das Trading heutzutage
auch dem Computer überlassen können, aber wir müssen ihn ja trotzdem
überwachen, programmieren, etc. Eine triefende Nase ist das nicht so gut für das
Keyboard.
Wie ist es mit Sex für Trader? Kann ein enthaltsamer Mönch erfolgreich traden?
Vielleicht ist ja der enthaltsame Mönch eh ein Märchen. Der normale Mann denkt
alle....ich habe die Zahl vergessen.. Sekunden an Sex. Es wäre sicher gut,
jedenfalls für die männlichen Trader, die Kurven des Charts als attraktiv zu
empfinden.
Das Innere Tier sollte satt sein, aber es sollte nicht überfressen sein.
Eine Überprüfung der Grundbedürfnisse ist bei ungenügender TradingPerformance durchaus sinnvoll, und nicht nur bei dieser.
Habe ich ausreichend frische Luft? Ist die Atemluft etwa „klimatisiert“?
Esse ich hochwertige Nahrung mit ausreichend Vitaminen und Spurenelementen?
Oder besteht diese aus denaturierten Bestandteilen wie Weißmehl, Weißzucker,
Konservierungsstoffen?
Trinke ich ausreichend Wasser? Kaffee, Tee und alkoholische Getränke
dehydrieren, das muss ausgeglichen werden.
Beachte ich den natürlichen Ablauf der Phasen des vegetativen Systems? Nach 90
Minuten im Sympathikus braucht das System 20 Minuten Parasympathikus. Also:
Alle 1,5 Stunden entspannen!
Ist der Schlaf gut? Habe ich zwischen Fernsehen und Bettruhe eine
Abschaltpause? Steht das Bett fernab der Elektroleitung, elektrischen Geräten und
Erdstrahlen, Wasseradern? Der Ort, an dem wir uns im Leben am meisten
aufhalten, ist das Bett!
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
263
Bin ich vor Infektionen geschützt? Sind die Abwehrkräfte gestärkt? Die
Abwehrkräfte brauchen Übung.
Ist es zu warm oder zu kalt?
Lässt die Kleidung gleichzeitig Schutz und guten Austausch mit der Außenluft zu?
Synthetische Kleidung ist da nicht so günstig. Das betrifft auch besonders die
Schuhe.
Die Baubiologie ist auch ein wichtiger Punkt. Es geht nicht nur darum ein Dach
über dem Kopf zu haben. Auch die Wände atmen und leben und wir in ihnen.
Beim Sex gehen die Meinungen auseinander. Es gibt bedeutende historische
Persönlichkeiten mit zumindest offiziell gar keinem Sexualleben, wie Immanuel
Kant, und welche mit intensivem Sexualleben, wie Goethe. Totale sexuelle
Enthaltung führt nicht zum individuellen Tod sondern zum Aussterben der Gattung
oder Rasse. Die Theorie des „Egoistische Gen“ des Sozialbiologen Richard
Dawkins, die besagt, dass wir einfach nur Vehikel für die Vermehrung und das
Überleben der Gene sind, würde letztendlich nahezu alle unsere Motivation auf
diese Interessen der Gene zurückführen. Ein Vehikel, das sich nicht fortpflanzt und
nur tradet, wird schnell das Interesse der Gene verlieren und damit die Lebensund Gewinnmotivation.
Eine andere zu beachtende Theorie der Sozialbiologe ist das „Handicap-Prinzip“.
Dieses haben die israelischen Wissenschaftler Zahavi und Zahavi propagiert. Es
besagt, dass im Kampf um Fortpflanzungspartner oft Handicap-Strategien
angewendet werden. Es ist unsinnig für das Überleben des Paradiesvogels, dass
er eine meterlangen kunterbunten Schweif hat. Er signalisiert damit aber dem
Weibchen: „Schau her, ich kann es mir leisten ein derartiges Handicap auf mich zu
nehmen. Ich bin soviel besser als die anderen hier!“ Zahavi und Zahavi können
dieses Prinzip auf alle Lebewesen und Lebensbereiche übertragen. Das erklärt
z.B. auch das Rauchen und modische Erscheinungen wie Piercing. Der sich selbst
schädigende demonstriert: „Ich bin besonders stark. Ich atme Gift und stinke und
bin doch noch am Leben!“
Als Trader müssen wir uns vor so etwas hüten. „Sieh her, ich brauche keine
Stopps! Wer nicht zittert, ist nicht wirklich gut!“ Trading beinhaltet Handicap genug.
Als Trader oder auch als Traderin sind sie auf der Bühne des Paarungsverhaltens
eh im Vorteil. Vermeiden sie also andere Handicaps für Ihr Inneres Tier. Geben Sie
sich das Beste und nur das Beste!
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
264
Wenn Sie feststellen, dass Sie nicht optimal für Ihr Inneres Tier sorgen, sollten Sie
überprüfen, von wem Sie dieses Verhalten erlernt haben. Und eine Karma-LineKlärung durchführen. Pizza und Zuckerwasser helfen nicht wirklich altes Karma
abzubauen, Sie sollten lieber viel Geld machen und karitative Projekte
unterstützen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
265
19.7.
Integration von Einwände
19.7.1.
Werte sind relativ
19.7.2.
Ermitteln der Einwände
19.7.3.
Vermitteln zwischen Absicht und Einwänden
Es kann vorkommen, ja es ist sogar meist so, dass ein „Ich will nicht...“ die
Verwirklichung blockiert. Dieses kann auch unbewusst sein und dann umso mehr
Macht haben.
Einwände sind motiviert durch Werte. Werte sind Kriterien, nach denen wir
Verhalten oder Einstellungen beurteilen. Sie entsprechen meist einem Weltbild
oder Weltmodell, welches aus einer religiösen oder politischen Philosophie
stammt.
Im Laufe der Menschheitsgeschichte haben sich Werte entwickelt und verändert.
Die Menschenrechte, die heute eine Leitidee in der globalen Bewertung von
Gesellschaftssystemen darstellen, waren zu Zeiten des 3ojährigen Krieges noch
nicht mal formuliert. Ja sogar das Motto der Französischen Revolution „Freiheit,
Gleichheit, Brüderlichkeit!“ war damals etwas Aufregendes.
Und es gibt auch heute noch viele Länder auf der Erde, wo es an Beachtung von
Menschenrechten und den Idealen der Französischen Revolution erheblich
mangelt.
Werte sind also relativ. Sie sind in verschiedenen Zeiten und gesellschaftlichen
Kontexten unterschiedlich.
Kann es einem Trader unmoralisch vorkommen, Gewinne zu machen? Oh ja, lesen
Sie einmal die Forderungen und Manifeste der Organisation der
Globalisierungskritiker „attac“. Gerade Derivat-Trader sind da das Übel schlechthin.
Wir könnten natürlich „attac“ als Haufen verblendeter Spinner abtun. Man kann
diesen meist jungen Leuten aber nicht absprechen, dass sie bereit sind
persönlichen Einsatz, motiviert durch anerkennenswerte Werte, zu bringen. Wenn
es tatsächlich so wäre, dass mein Gewinn im Futures-Kontrakt einem Kind in der
3.Welt die Nahrung raubt, würde mich das zweifellos sehr beeinflussen.
Wir müssen also diese Einwände in mehreren Stufen betrachten. Habe ich diese
Einwände? Sind sie begründet? Ist die Begründung plausibel oder beruht sie auf
einem Irrtum? Will ich trotz der zweifelhaften Moralität meine Absicht
verwirklichen? Wie kann ich beide verbinden?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
266
Manchmal müssen Abstriche bei der Moral gemacht werden, manchmal muss die
Absicht angepasst werden. Manchmal wird die Moral durch wohltätige Gaben
beruhigt.
19.7.1.
Werte sind relativ
Ein wesentlicher Punkt ist die Entwicklung der Werte im gesellschaftlichen Kontext.
Es wird zu untersuchen sein, ob das Werte-Modell dem sozialen
Gesellschaftskontext, in dem die Absicht verwirklicht werden soll, angepasst ist.
Die globale kapitalistische Welt, in der wir Futures traden, ist nach anderen Werten
gestrickt als unser Sozialstaat. Mildtätigkeit und soziale Absicherung gibt es hier
nicht. Dafür aber gibt es maximale Flexibilität. Möglicherweise gibt es aber noch
andere Wertestrukturen des staatsorientierten Denkens und Bewertens, die unser
Trading beeinflussen.
Unsere Ethik ist oft religiös bestimmt. Unsere Zugehörigkeit ist eventuell definiert
durch die Einhaltung der Regeln einer bestimmten religiösen Gruppierung. Auch
der Atheismus kann als Religion verstanden werden. Der materialistische
Atheismus ist in den Kreisen der Wissenschaftler in der westlichen Welt vermutlich
die am weitesten verbreitete Religion. Diese Menschen glauben an keinen Gott, sie
sind aber nicht notwendigerweise Marxisten. Ihre Werte stammen aus der
Vernunft. Wert ist, was das menschliche Zusammenleben vernünftig gestaltet.
In der Spieltheorie unterscheidet man zwischen Nullsummenspielen und NichtNullsummenspielen. Zero-Sum-Games und Non-Zero-Sum-Games. Letztendlich
wird man feststellen, dass es in der Natur fast ausschließlich
Nichtnullsummenspiele gibt und die einzigen bekannten Nullsummenspiele von
Menschen gemacht sind.
Eventuell kommt es bei der Bewertung und Betrachtung auf den Rahmen an, unter
dem man eine Interaktion betrachtet. Auf einem kleinen oder zeitlich engen
Rahmen kann eine Interaktion wie ein Nullsummenspiel sein, im größeren Kontext
ist sie aber ein Nichtnullsummenspiel.
So sind die Futures-Börsen als solche Nullsummenspiele. Was der eine verliert,
gewinnt der andere. Long-Kontrakte minus Short-Kontrakte ergibt immer Null. Im
größeren gesellschaftlichen Rahmen erfüllen Futures-Börsen indes die Aufgabe
der Risikoabsicherung, des Hedging. Produzenten, Händler und Verarbeiter
bekommen so Planungssicherheit und vermindern ihre Verluste. In der
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
267
ökonomischen Gesamtrechnung sind Futures-Börsen Bestandteil eines
Nichtnullsummenspiels.
Nichtnullsummenspiele sind nicht leicht zu verstehen. Wir sind sehr in der
Denkweise der Nullsummenspiele erzogen. Ein kooperativer Wettbewerb führt
dazu, das mal der eine und mal der andere gewinnt, aber das System als ganzes
wächst und gedeiht.
Aktien haben auch den Charakter von beidem. Im engen Rahmen steht dem
Kursgewinn bei der Aktie eine Verpflichtung der emittierenden Firma gegenüber,
auch wenn das oft übersehen wird. Das ist ein Nullsummenspiel. Es gibt Fälle wie
im Fall der Firma Mannesmann, wo der Gewinn der Aktionäre das Ende der Firma
bedeutet. Generell ist es aber ein Nichtnullsummenspiel: Aktionäre stellen Geld zur
Verfügung, so dass die Firma prosperiert und alle glücklich sind und ein
tatsächlicher, über das investierte Geld und die investierte Arbeit weit
hinausgehender, Gewinn entsteht.
Ethisches Verhalten ist also das, was sich in einer Gesellschaft als das der
Gesellschaft nützlichste heraus schält und in reinen
Nichtnullsummensgesellschaften wird es „Wie du mir so ich dir mit Wohlwollen
beim ersten Schritt“ sein.
Diese entspricht auch dem Kategorischen Imperativ von Kant. „Verhalte dich so,
dass es ein universales Gesetz für alle sein könnte, welches deinem Verhalten
entspricht.“ „Was du nicht willst, das man dir tu, füge keinem anderen zu!“, ist ein
entsprechendes Gesetz. Wenn alle das einhalten, blüht die Gesellschaft. Es kann
aber auch sein, dass es immer wieder Nonkonformisten geben muss, welche die
Gesellschaft aufwecken und neue Impulse geben.
19.7.2.
Ermitteln der Einwände
„Ich will Futures-Trader sein und im Feld der globalen Futures-Trader Gewinne
machen!“
Welche Einwände könnte es da geben? Welche „Will-nichts“?
„Ich möchte nicht, dass durch meine Trading-Gewinne, andere Verlust erleiden!“
Dann sind Sie im falschen Spiel.
Wenn Sie es akzeptieren können, dass andere Marktteilnehmer Verluste riskieren,
wie Sie selbst ja auch, können wir weiter reden.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
268
„Ich möchte nicht, dass durch meine Trading-Gewinne, bzw. durch die Verluste
anderer, unschuldige Menschen leiden müssen.“ Tja, wenn eine südostasiatische
Zentralbank die Devisenguthaben verzockt und dadurch die dortige Ökonomie
leidet und Sie hatten einen Gewinn, weil Sie long im Dollar waren, profitierten Sie
dann vom Leid des arbeitslosen Reispflanzers???
Wenn wir anfangen so zu rechnen, können wir keinerlei unternehmerisches Risiko
mehr eingehen. Nur Menschen, die angestellt sind oder als Beamte in Amt und
Lernanstalten (!) sitzen, denken dass ihr Gehalt auf Bäumen wächst oder durch
andere Wunder entsteht. Dass auch dieses Geld aus Gewinnen durch
unternehmerisches, gewinnorientiertes Handeln entsteht, verdrängen diese gerne.
Wenn die Staatsbediensteten die unternehmerisch handelnden Bürger so
drangsaliert haben, dass diese das Land verlassen oder die unternehmerische
Tätigkeit einstellen, merken sie es am eigenen Geldbeutel (und rufen
Schutzstaffeln gegen die „Schwarzarbeit“ und „Steuerflucht“ ins Leben).
Ist es möglich, dass jeder unternehmerisch und gewinnorientiert handelt und alle
Gewinner sind? Das wäre das oft geschmähte „neo-liberale“ oder anarchistische
Gesellschaftsmodell. Genau das müsste das Ideal sein und es gibt keinen Grund,
warum das nicht möglich sein sollte. In der idealen Gesellschaft werden die
Gewinnmargen sich zwar ausgleichen und nur zwischenzeitlich stark divergieren,
aber es muss nicht des einen Freud des anderen Leid sein.
Wenn aber ein Marktteilnehmer sich dumm verhält und wir davon profitieren,
sorgen wir nur dafür, dass die Werte gesamtgesellschaftlich erhalten bleiben. Die
Menschen oder Fonds, die Ende der 90er Jahre von der Unfähigkeit thailändischer
oder indonesischer Zentralbanker und Minister profitiert haben, werden das Geld
genauso wieder in die Länder gepumpt haben und den Anstieg der Aktien dieser
Länder (in einem Umfeld der weltweiten Baisse) bewirkt haben.
„Ich will Futures-Trader sein und im Feld der globalen Futures-Trader Gewinne
machen!“
Es könnte sein, dass Ihre Religion dagegen spricht. Dann müssen Sie entweder
den Gott wechseln oder die Absicht aufgeben. Genau das haben die Menschen im
15. und 16.Jahrhundert in Nord- und West-Europa gemacht: Zu Gunsten des
Profits die Religion geändert, Reformationen durchgeführt.
Jedenfalls: Ethik ist relativ. Es setzt sich die Ethik durch, die ihren Mitgliedern zu
einer überlegenen Position verhilft.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
269
19.7.3.
Vermitteln zwischen Absicht und Einwänden
Wenn Sie Einwände feststellen, führen Sie die in Kapitel 10 beschriebene PartsIntegration durch. Der Teil, der die Absicht verwirklichen will und der Teil, der
Einwände hat, wollen letztendlich dasselbe, das Beste für Sie. Es muss eine
Lösung gefunden werden, die beide Seiten zufrieden stellt. Das kann verhandelt
werden.
Nur wenn Sie versuchen die Einwände wegzudrängen oder zu überpowern, wird
es Probleme geben.
Sollte eine Einigung nicht erzielt werden, muss die Entscheidung an eine Höhere
Instanz, den Inneren Gott, übergeben werden. Dieser hat indes noch eine eigene
Agenda, die Bestimmung oder Lebensaufgabe. Nachdem wir uns im nächsten
Kapitel mit dieser auseinandergesetzt haben, können wir bei ungeklärten
Konflikten hierher zurückkehren und den Inneren Gott oder die Innere Weise Frau
befragen. Eventuell muss die Absicht abgebrochen werden, eventuell muss das
Weltbild und dessen Werte revidiert werden. Man sollte alle 7 Jahre das eigene
Weltbild überprüfen.
Am besten aber ist es, wenn unter Vermittlung der inneren Göttlichkeit eine
Vermittlung und Verhandlung Erfolg hat und ein Weg gefunden wird, in dem man
ein guter Mensch bleiben oder werden kann, gerade weil und indem man die
angestrebte Absicht verwirklicht.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
270
19.8.
Alignment mit dem Höchsten Wert
19.8.1.
Religionen, Philosophien und Höchster Wert
19.8.2.
Herausfinden der eigenen Bestimmung oder Lebensaufgabe
19.8.3.
Vereinbarung der Absicht mit dem Höchsten Wert
Wenn die Gewinne beim Trading dem widersprechen, was unser Innerer Gott als
unsere Bestimmung oder Lebensaufgabe kennt, werden wir es schwer haben.
Mit donnernder Stimme grollt er dann: „Du willst Gewinne, du Wurm?! Dafür habe
ich dich nicht zur Menschheit gesandt!“
Oder ist sie eine Innere Göttin? Vielleicht straft sie durch Schweigen und eisige
Blicke. Das kann schlimmer sein als das Grollen.
Bestimmung ist auch unser Höchster Wert. Das ist das, was uns am
allerwichtigsten ist. Glück, Liebe, Einssein mit Allem, Erleuchtung, Frieden,
Freiheit, Wahrheit, etc. Wir sollten diesen unseren Höchsten Wert kennen oder
eine Ahnung davon haben.
In den noch nicht der Natürlichkeit entfremdeten Kulturen wie bei den Indianern
oder Aborigines ist der Hauptteil der Initiation des Jugendlichen diese
Rückbesinnung auf die Bestimmung. Warum genau bin ich eigentlich
hergekommen? Die wiederentdeckte Bestimmung wird dann durch einen neuen
Namen symbolisiert.
Dieser Höchste Wert wird unterschiedlich sein bei verschiedenen Menschen. Er
wird unkonkret sein.
Der beabsichtige Bewusstseinsschritt in dem Leben kann auch klein sein. Vielleicht
geht es nur darum, endlich einmal, statt Rache zu üben, Vergebung zu versuchen.
Das, was wir nicht mitnehmen können, wird kaum zur Bestimmung gehören.
Unserem Inneren Gott wird es gleichgültig sein, ob wir Börsengewinne machen
oder Verluste, ob wir ein großes Auto fahren oder keines. Als erfolgreicher und
finanzstarker Mensch kann es eventuell sogar eher passieren die Bestimmung zu
verpassen oder zu vergessen denn als „Normaler“.
Die endgültige Lebensaufgabe ist so etwas wie „Eins-sein mit Allem“. Das klingt
wie Esoterik oder Religion. Es ist aber ganz eindeutig so, dass wir in den
Momenten des „Eins-sein mit Allem“ etwas besonderes verspüren. Jeder Mensch
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
271
erlebt diese Momenten von Erhabenheit und Verbundenheit und diese Momente
werden mit einem ganz besonders intensiven Glücksgefühl belohnt. Angenehme
Neurohormone werden ausgeschüttet, sobald die Energie nicht mehr so sehr für
den auf Unterschieden bedachten Verstand gebündelt wird, sondern der Fokus auf
„Alles ist Eins“ gerichtet wird.
19.8.1. Religionen, Philosophien und Höchster Wert
„Verhilft dieser Börsengewinn zum Einssein mit der Welt oder nicht?“ Das kann
also eine interessante Frage sein. Denn der Innere Gott ist durchaus mächtig und
kann das Gewinnen blockieren, wenn er der Meinung ist, dass der Gewinn vom
Pfad abführt.
Als erstes müssen wir also einen Weg finden, mit dem wir herausfinden, was
unsere Bestimmung ist, oder mit dem, was unser Innerer Gott denkt, dass es
unsere Bestimmung ist.
Dieses könnte auch die allererste Übung sein, bevor wir überhaupt anfangen uns
über irgendetwas Gedanken zu machen. Wir könnten unser gesamtes Leben
gemäß dieser Bestimmung ausrichten. Das wäre sicher ein Erfolgsweg. Viele
Menschen mit großem Erfolg haben früh erkannt, was ihre Berufung ist und sind
dieser unbeirrt gefolgt.
Es ist in unser Kultur nur unüblich geworden sich darüber Gedanken zu machen.
Wobei anzumerken ist, dass das Urchristentum durchaus von Reinkarnation und
mehreren Leben ausging und man ursprünglich durchaus mehr Varianten von
Bestimmung hatte als nur Gehorsam.
Wer nicht an Bestimmung glaubt (und vor allen wessen Innerer Gott nicht an
Bestimmung glaubt) macht einfach, was am meisten Spaß macht. Oder er /sie
macht das, wo er oder sie eben gerade gelandet ist, grundsätzlich mit vollem
Einsatz. Das ist durchaus auch ein Ansatz die Bestimmung zu leben.
Wenn man immer gerade das, was man macht, wie die Bestimmung macht,
mindert man die Gefahr die Bestimmung zu verpassen. Es wird schon bei den
Aktivitäten dabei sein. Vorausgesetzt natürlich, dass man die Aktivitäten variiert.
Materialisten, die nicht einmal denken, dass es Bewusstsein gibt, kennen doch
auch einen Höchsten Wert, für den sie Opfer zu bringen bereit sind. Das kann die
Arbeiterklasse sein oder der Fortschritt. Das kann die wissenschaftliche Erkenntnis
zum Wohle der Menschheit sein. Es gibt natürlich auch Menschen für die der
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
272
Höchste Wert finanzieller Reichtum ist. Ich kenne, ehrlich gesagt, niemanden
derartiges. Jeder Mensch hat mindestens eine Sache, für die sie oder er alles Geld
der Welt geben würde. Jeder Mensch hat Momente und Ahnungen von etwas
Höherem.
Es kann natürlich gut sein, dass die Menschen, die Ahnungen von etwas Höherem
haben, in der Evolution eher Fortpflanzungserfolg hatten als andere und daher alle
Ahnungen von etwas Höheren haben. Menschen, die irgendwie religiös sind, sind
eher bereit Opfer zu bringen und für die anderen da zu sein. Das schafft starke
Gesellschaften.
19.8.2.
Herausfinden der eigenen Bestimmung oder Lebensaufgabe
Ob es nun real ist oder nicht, wir müssen sicher sein, dass unsere Absicht nicht in
Konflikt ist mit unserer Höchsten Absicht. Wenn der Innere Gott oder der
Schutzengel sagt: „Ne, mein Bester. Das führt nun doch zu arg vom Wege ab!“,
wird es nichts werden.
Erinnern Sie sich an einen Moment oder eine Zeit in Ihrem Leben, welches Sie als
Höhepunkt oder als etwas ganz besonders bezeichnen würden. Was war in
diesem Moment da, was sonst nicht da ist? Was war nicht da, was sonst da ist?
Wenn Sie sich vorstellen, dass Sie am Ende Ihres Lebens sind und
zurückschauen. Was wäre es, das dieses Leben wert gemacht hätte? Was ist es,
das Sie mitnehmen könnten? Denn Geld und Wagen und Yacht und Status und
alles das, muss hier bleiben und beim nächsten Mal fangen Sie wieder von vorn
an. Das Prinzip der Grabbeigaben wurde mittlerweile verworfen...
Als anschauliche Geschichte stelle ich mir vor, dass wir vor dem Leben in ein
Buchungsbüro gehen, in dem wir Leben buchen können, wie eine Erfahrungsreise.
Da liegt also ein großer Katalog. Es sind Epochen und Zeiten angegeben. Dann
Orte. Dann bestimmte Elternkonstellationen. Eventuell noch bestimmte Ereignisse.
Wenn wir dann in den Körper eintreten, vergessen wir ein wenig, warum wir hier
sind. Aber so ähnlich wie in der Karibik am Strand, wo wir gerne vergessen, dass
es noch ein Büro gibt, zu dem wir zurück müssen, vergessen wir auch im Leben
nie ganz, warum wir hier sind und geben mit einem Mal all unser Geld und all
unsere Energie für etwas hin, was uns wirklich wichtig zu sein scheint.
Das kann ein Mensch sein, das kann eine Sache sein. „Ich habe mein ganzes Geld
einem Anlagebetrüger gegeben!“ Tja, was war Ihnen daran nun wichtig? Wir
müssen natürlich Blödheit und Bestimmung auseinander halten. Geben Sie Ihr
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
273
Geld nur unsinnigerweise weg, wenn dabei etwas in Ihrem Herzen passiert. Wobei
es durchaus sein kann, dass die Übung des Loslassens mit jeder Art von
Geldweggeben erreicht werden kann.
Sie könne die Karma-Line zur Unterstützung nehmen. Schweben Sie zurück zu
dem Punkt, an dem die Linie dieses Lebens beginnt. Das ist vor der Geburt, einige
Monate vor der Geburt. Nicht unbedingt der Moment der Empfängnis. Es wird
meistens erst später einen Eintritt der Seele geben. Kurz davor und nach dem
Leben davor mögen Sie über der Linie in die Höhe schweben. Dort gibt es eine
Ebene, auf der Sie die Region des Lebensbuchungsbüros finden. Vielleicht gibt es
dort Tour-Guides, mit denen Sie sich über das bevorstehende Leben beraten. Was
wird wichtig sein in dem zukünftigen Leben?
Generell ist aber zu sagen: Geld, Gesundheit und Erfolg als Unterstützung für die
Verwirklichung des Lebenssinns sind durchaus sinnvoll eingesetzt. Als reiner
Selbstzweck können Sie von dem Wichtigen ablenken.
19.8.3.
Vereinbarung der Absicht mit dem Höchsten Wert
Es wir also wichtig sein, dass Sie Ihrem Inneren Gott vermitteln, dass der TradingErfolg für Sie eine übergeordnete Bedeutung besitzt. Sie wollen das Geld, das
eingenommen wird, für etwas bestimmtes verwenden. Oder Sie wollen die
Erfahrungen, die Sie beim Trading machen als Übung für einen wacheren Zustand
nutzen. „Einssein mit Allem“ kann man ja durchaus gerade beim intensiven Trading
erleben.
Grundsätzlich ist der Weg auf dieser Ebene genauso wie im Abschnitt zuvor mit
den Einwänden. Sollte ein Konflikt vorliegen und es einen Inneren König, der Erfolg
beim Börsenhandel haben will, und einen Inneren Gott geben, der eher auf das
Erbetteln von Almosen steht, geben, muss die in Kapitel 10 beschriebene Technik
der Parts-Integration helfen.
Dabei ist es wichtig, dass der Innere Gott daran erinnert wird, was wirklich wichtig
ist. Und dann muss ein Weg gefunden werden, wie die Verwirklichung der Absicht
mit dem Segen des Inneren Höchsten angestrebt werden kann.
Es kann vorkommen, dass das Höchste: „Nein!“ sagt und dabei bleibt. Es kann
sein, dass diese Instanz als Weise Frau oder Magier auftritt und einfach weiß, dass
diese Absicht nichts für Sie ist. Es gibt Menschen, die springen auf den Börsenzug,
weil andere damit ja offensichtlich Spaß und Erfolg haben, und es ist nichts für sie.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
274
Dann ist es besser auf den eigenen Ratgeber zu hören, als die schmerzvolle
Erfahrung zu machen.
Die meisten Menschen der Erde beten eine Gottheit an und bauen sich dafür einen
Schrein oder Altar, verbrennen Räucherstäbchen und opfern Reiskörner. Das mutet
uns Vernunftmenschen zwar als naiv an, wir sollten uns aber auch einen Platz
schaffen, an dem wir Kontakt zu unserer eigenen Höchsten Instanz aufnehmen.
Aus der Höheren Sicht nehmen wir evtl. mehr wahr und treffen bessere
Entscheidungen.
Die Höchste Instanz ist nicht daran interessiert, ob wir die eine Aktie oder die
andere Aktie kaufen sollen. Sie kann Entscheidungen beraten unter existenziellen
Gesichtspunkten, angesichts des Todes. Sie möchte nicht, dass wir angesichts der
Zeitlichkeit unseres Lebens verpasste Chancen bedauern müssten.
Es wird einen Grund haben, dass Sie eine Absicht verwirklichen möchten. Die
Innere Göttlichkeit wird es daher gnädig prüfen und evtl. nach einigen
Verpflichtungen ihren Segen geben.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
275
19.9.
Sammeln der Ressourcen
Wenn alle Schwächen und Einwände ausgeräumt sind und Sie, bzw. Ihr Innerer
König und Ihr Innerer Gott, eindeutig wollen und Sie überzeugt sind, dass Sie auch
von der Seite ihres Inneren Kindes und Tieres her können, dann ist es Zeit den
Akteur, der ja die ganze Operation letztlich durchführen soll, mit den nötigen
Fähigkeiten und Utensilien auszustatten.
Dabei wird das meiste schon da sein und wurde bisher nur durch Schwächen und
Einwände blockiert.
Einiges indes ist als Fähigkeit in anderen Lebensbereichen vorhanden und es
müsste eine Verbindung hergestellt werden. Was beim Sport funktioniert (z.B.: an
Selbstdisziplin) kann ja auch im Trading angewendet werden.
Wenn Sie also ein Kann-nicht feststellen, das nicht auf einem Mangel in der
Erfüllung eines sozialen Bedürfnisses beruht, sondern darauf, dass Ihnen eine
Befähigung fehlt, wäre es sinnvoll zu fragen:
Haben Sie diese Fähigkeit in einem anderen Lebensbereich und können diese auf
den gewünschten übertragen?
Oder wollen und können Sie dieses irgendwo erlernen?
Bevor wir Techniken zum Übertragen oder Erlernen einer Fähigkeit anbieten,
möchten wir aber erst anregen, dass Sie eine Liste der vorhandenen Ressourcen
erstellen:
Im Zusammenhang der Verwirklichung dieser Absicht, welche Ressourcen in
diesen Breichen sind vorhanden?:
•
Fähigkeiten
•
Talente
•
Einstellungen
•
Kenntnisse
•
Charakterstärken
•
Kontakte
Beispiele:
Fähigkeiten sind: „Ich kann gut Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden!“ „Ich
kann gut Informationen im Internet besorgen!“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
276
Talente sind: „Sprachbegabung“, „schnelle Auffassungsgabe“, „gute Intuition“.
Einstellungen sind: „Optimismus“, „Ich will einfach!“
Kenntnisse: „Programmieren“, „Chart-Analyse“, „English“.
Charakterstärken: „Durchhaltevermögen“, „Spaß an Kommunikation“.
Kontakte: Alle Menschen, die einen weiter bringen könnten für diese
Verwirklichung. Da angeblich jeder Mensch jeden anderen Erdenbewohner über 6
Kontaktpersonen kennt („Ich kenne Tina, die kennt eine Friseuse bei Vidal
Sassoon, deren Chefin kennt den Chef-Stylisten in London, der kennt einen
Banker aus Hongkong, der hat einen Bruder in Peking und der kennt Hsing Ping,
dessen Fahrrad grade umfällt.), sollte auch für Sie ein Mentor erreichbar sein.
Es ist gut mal eine Liste anzulegen von all den Fähigkeiten, Talenten,
Einstellungen, Kenntnissen, Charakterstärken und Kontakten, die Sie besitzen.
Diese Liste wird länger sein, als Sie je gedacht haben.
Für die Übertragung einer Fähigkeit oder eines Verhaltens von einem
Lebensbereich in einen anderen, wäre eine gute Technik das Kollabieren
Neuronaler Attraktoren, wie in Kapitel 14 beschrieben:
Also Beispiel:
„Ich will Futures-Trader sein und im Feld der globalen Futures-Trader Gewinne
machen!“
Eventuell fehlt ihnen zum Gewinnmachen eine Ressource „Durchhaltevermögen“.
Es kann aber sein, dass Sie diese Ressource in anderen Bereichen durchaus zur
Verfügung haben. Es gibt sicher etwas, wo Sie durchhalten, weil Sie wissen, dass
es sich lohnt. Sie lesen sicher Kriminalromane bis zum Schluss, weil Sie wissen
wollen, wer der Täter ist. Sie fahren weite Wege, um zu einem bestimmten Ort zu
kommen. Sie halten einem Menschen die Treue, auch wenn dieser es ihnen
schwer macht.
Sie können in einem „Circle of Excellence“ einem kreisrunden Bodenanker diese
Erfahrungen von Durchhaltevermögen ankern. Dann gehen Sie mit dem Verhalten
„Futures-Trading“ in den Kreis und lassen diese Erfahrung sich mit den geladenen
Durchhaltevermögen verbinden. Die Fähigkeit ist da, sie ist bisher nur noch nicht in
diesem Bereich eingesetzt worden.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
277
Letztendlich gibt es immer die Ressource „Lernen“. Sie können jemand fragen, Sie
können Seminare und Trainings besuchen, Sie können Bücher wälzen. Sie können
sich vor allem jemand anschauen, der das, was Sie erreichen wollen, schon
erreicht hat und Sie über die Schulter schauen lässt.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
278
19.10.
Planung, Strategie
19.10.1.
Zwischenziele
19.10.2.
Controlling
19.10.3.
Selbstmanagement
19.10.4.
Erwartungs-Management
19.10.5.
Einsatz-Management
19.10.6.
Crew Management
Wenn Ihnen oder dem jeweiligen Coachee nun klar ist, wo es langfristig hin gehen
soll, die Hindernisse bearbeitet sind und auch die nötigen Ressourcen gefunden
wurden, braucht es detaillierte Planung und Strategie und Taktik,
Was beinhaltet Planung?
Wir brauchen Zwischenziele.
Das Erreichen der Zwischenziele gibt auch ein Feedback, eine Kontrolle, ob wir auf
dem Weg vorankommen.
Wir brauchen auch ein Controlling, das uns Feedback gibt und uns sagt, ob wir mit
uns und unseren Ressourcen umsichtig umgehen.
Wir brauchen eine Selbstmanagement-Strategie zum Umgang mit Rückschlägen
oder Seitwärtsphasen.
Wir brauchen eine Strategie, die uns sagt, wann wir Gas geben sollten und wann
wir vorsichtig agieren sollten: Einsatz-Management.
Wir müssten auch wissen, wann wir welchem Crew-Mitglied besondere
Aufmerksamkeit und besonders viel der Ressourcen geben wollen.
19.10.1.
Absicht:
Zwischenziele
„Ich will Futures-Trader sein und im Feld der globalen FuturesTrader Gewinne machen!“
Mit wem:
In der globalen Futures-Markt-Welt
Wann:
Ab Januar 2005, bis 2020, kontinuierlich
Wo:
Global
Wie viel:
20% Rendite p.A., nie mehr als 2 Verlustmonate
Die erste Absicht soll also erstmalig Januar 2005 verwirklicht sein.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
279
Nehmen wir an, dass der Zeitpunkt, von dem wir ausgehen, derjenige des
Schreibens dieses Abschnitts ist, Februar 2004.
Bis zum Januar 2005 wäre also einige Zwischenziele zu erreichen sein.
•
Ich muss das nötige Know-how erwerben.
•
Ich muss ein gewinnträchtiges Handelssystem entwickeln und testen.
•
Ich brauche ein Büro.
•
Ich brauche Quote-Zugang.
•
Ich muss wissen, wie mein Lebensunterhalt gesichert ist.
Das wären Zwischenschritte, die eventuell noch weiter unterteilbar sind.
Das Lernen geht in Schritten voran:
bis Ostern 2004:
Grundlagen des Futures-Handels und der
Handelssystementwicklung.
bis Juni 2004:
Grundlagen verschiedener Ansätze wie Trendfolge und
Zyklen.
bis September 2004:
Erlernen der Programmierung einer Plattform, wie
Dynamite Sentimentor.
bis Dezember 2004:
Backteten und Anpassen von Handelsideen.
Büro und Quote-Zugang müssen ja erst im Dezember 2004 stehen. Es sollten aber
ab September Angebote eingeholt werden.
Die zweite Absicht soll 2020 erreicht sein. Dafür wird es zu überprüfen sein, dass
der Jahresgewinn eine bestimmte Höhe erreicht. Diese muss so sein, dass 2020
eine Summe zusammen ist, die es ermöglicht von den Zinsen zu leben.
Bei einem monatlichen Aufwand von 6.000 Euro braucht man jährlich 72.000 Euro.
Wenn man davon ausgeht, dass es 5% Zinsen gibt, wäre eine Anlagesumme von
20 mal 72.000, also 1,44 Millionen Euro nötig.
Um in 15 Jahren 1,44 Millionen zu erzielen, muss ich im Jahr aufgerundet 100.000
Euro netto machen.
Es hängt jetzt von meinem Startkapital ab, ob das viel oder wenig ist. Da ich 25%
jährlicher Gewinn für möglich halte, bräuchte ich also ein Startkapital von 400.000
Euro, Kosten und Steuern nicht einberechnet.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
280
Also, es ist besonders wichtig: das Zwischenziel Startkapital.
19.10.2.
Controlling
Wir können in diesem Fall jeden Monat überprüfen, ob wir Gewinn machen und ob
unser Einsatz sich lohnt. Kosten für Trading sind ja sehr gefallen. Die steuerlichen
Aspekte sind in Deutschland weiterhin unklar. Es ist sicherlich zu überlegen, wie
man den Eigenhandel „steueroptimiert“ durchführen kann.
Ebenso braucht es Controlling bezüglich des eigenen Zustandes. Der Controller
muss sagen: „Eh, du brauchst Massage und Entspannung!“ Oder: „Du solltest
vielleicht noch mal deinen Trading-Coach fragen, wie das gemeint war mit den
Volatility-Breakouts!“
Es ist immer gut eine selbstkritische Instanz zu haben. Diese kann gern etwas
nörgelig sein. Wir dürfen ihr nur nie das Kommando geben. Wenn die
„Bedenkenträger“ die Führung haben, entsteht Stagnation.
Wenn Sie Zwischenziele haben und evtl. „Benchmarks“, an denen Sie den Erfolg
messen können, gibt es eine Gesprächsgrundlage mit dem inneren Controller.
Entweder müssen die Zeitrahmen neu angepasst werden oder es muss der
Einsatz erhöht werden.
19.10.3.
Selbstmanagement
Wir müssen in unserem taktischen Verhalten vor allem darauf achten, dass wir
selbst in einem guten Zustand verbleiben.
Dieses ist besonders wichtig in Phasen, wo es nicht so gut läuft.
Verluste und Verlustphasen sind unausweichlich. In einem Handelssystem sind sie
sozusagen einberechnet. Dasselbe gilt für Phasen, in denen nichts läuft und es
nicht voran geht.
Es ist wichtig, sich selbst und die eigenen Einstellungen und Aktionen immer
wieder distanziert, wie von außen, zu betrachten.
Gerade in schwierigen Phasen sollte man sich belohnen und aufmuntern. Wer sich
geißelt, weil er nicht das Tages-Low gekauft hat („Ach, wieder zu früh eingestiegen!
Ich hätte doch noch 5 Punkte besser reinkommen können!“), kann nur verlieren.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
281
Selbstmanagement bedeutet besonders: Immer wieder auf die Verwirklichung der
Absicht orientieren!
Insbesondere können wir die Erkenntnisse des Risiko- und Money-Managements
auch auf uns selbst anwenden.
Money-Management beantwortet die Frage: „Wieviel Einsatz bringe ich?“ Das kann
sich auf den Einsatz an der Börse (Wieviel Kontrakte?), wie auch auf den
persönlichen Einsatz beziehen.
Eine Unterabteilung ist: Position-Scaling: Wann verstärke, wann vermindere ich
Positionen?
Dann ist das Portfolio-Management wichtig: Wie verteile ich meine Aktivitäten so,
dass ich das Risiko vermindere, in dem ich auf mehrere Pferde setze, ohne mich
dabei zu verzetteln?
Wenn Sie als Daytrader mit Futures reich werden wollen, sollten Sie nebenher
auch noch 2 andere Businesses laufen haben, die sicher Geld bringen. Viele
Trader hedgen ihre Spekulation mit Börsenbriefen oder Informationsdiensten an
die weniger Erfahrenen ab. Besser ist etwas völlig branchenfremdes, das nicht
zuviel Aufmerksamkeit und Zeit braucht, bzw. von Angestellten durchgeführt
werden kann.
Als Hedge „Geld vom Staat“, also Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe, zu kassieren,
würde ich ablehnen. Almosen untergraben unser Selbstbewusstsein. Das
Sozialsystem ist eine asoziale Einrichtung, die Deutschland in eine Sackgasse
geführt hat. Wir sollten es weder unnötig unterstützen noch davon profitieren.
19.10.4.
Erwartungs-Management
Einer der wichtigsten Bestandteile des strategischen Selbstmanagements ist das
Erwartungs-Management. Wenn die Diskrepanz zwischen Erwartung, besonders
positiver Erwartung, und tatsächlichem Ergebnis zu groß ist, werden wir fehlerhafte
Beurteilungen machen.
Wir können die Erwartung selbst bestimmen, wenn wir wissen, wie wir diese
unterbewusst einstellen.
Wir müssen die Erwartung immer wieder auf „realistisch“ einstellen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
282
Die Erwartung wird durch eine Abgleichung zwischen einer Mentalen
Repräsentation der Erwartung und der Repräsentation des tatsächlichen Verlaufes
bestimmt.
Die Repräsentation der Erwartung sollte natürlich variabel sein und realistisch
angepasst. Die Zeiten ändern sich und mit ihr die Erwartung. Wir sollten bei gutem
Verlauf ruhig die Erwartung steigern und bei schlechtem senken. Es sollte nur mit
Bedacht geschehen und unter Berücksichtigung des Zeitrahmens.
Es ist wohl so, dass wir aus dem statistischen Mittel herausragenden Ergebnisse
und Vorkommnisse überbewerten und als Maßstab für die weitere Bewertung
nehmen.
Wir müssen also für eine sinnvolle Strategie die Ergebnisse statistisch erfassen
und einen Kursverlauf darstellen. Das moderne Instrument der Chart-Analyse, um
den Rahmen des statistischen Mittels grafisch zu erfassen, ist das nach dem
„Erfinder“ John Bollinger benannte „Bollinger–Band“. Die Grundeinstellung des
Bollinger-Bandes berechnet das Band auf einen Gleitenden Durchschnitt von 20
Zeiteinheiten (Tagen z.B.) mit 2 Standardabweichungen. Andere Zeiteinheiten und
andere Faktoren der Standardabweichung sind möglich.
Wir sollten nur darauf achten, dass unsere Erwartung an einem längerfristigen
Gleitenden Durchschnitt orientiert ist und so kurzfristige „Rausreißer“ aus der
Berechnung herausfallen.
In Kapitel 23 werde ich den genauen Ablauf in konkretem Detail anhand eines
Beispiels aus der Trader-Welt anschaulich darstellen.
19.10.5.
Einsatz-Management
Wir sollten in unseren strategischen Überlegung en auch planen, wie wir unseren
Einsatz steigern oder zurückhalten wollen.
Das Einsatz-Management entspricht dem Money-Management in der BörsenStrategie. Es gibt grundsätzlich zwei Ansätze im Money-Management: Martingale
und Anti-Martingale. Martingale: Bei Verlust billiger nachkaufen. Anti-Martingale:
Bei Gewinn aus dem gewonnenen heraus nachkaufen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
283
In der Fachliteratur zu diesen Strategien besteht zwar eine eindeutige Vorliebe für
Anti-Martingale, ich will aber nicht ausschließen, dass es Kontexte und Situationen
gibt, wo gerade Martingale erfolgreich sein kann.
Der Ausdruck Martingale kommt ja aus der Roulette-Forschung. Wahrscheinlich
war es ein Graf Martingale, der erstmals einfach nur immer auf „Rot“ setzte und
wenn „Rot“ verlor den Einsatz verdoppelte. Wenn irgendwann Rot gewann, hatte er
immer ein Stück gewonnen. Das kann bei 10 mal hintereinander Schwarz vom
Einsatz her schon recht teuer geworden sein, so dass der Fachmann eventuell Rot
und Schwarz systematisch oder zufällig wechseln wird. Die Wahrscheinlichkeit ist
eben, dass man jedes 2.Mal gewinnt. Da würde diese Strategie gut funktionieren.
Die Casinos haben dann ein Limit eingeführt, um das endlose Verdoppeln stoppen
zu können und der Martingale-Strategie den Garaus zu machen. Es wurden
ähnliche Strategien mit ähnlichem Charakter entwickelt, wie z.B. die d’AlembertProgression, bei der nur jeweils ein Stück beim nächsten Einsatz nach Verlust
hinzugefügt wird. Bei dieser wird der Einsatz etwas sanfter erhöht. Es ist aber auch
nicht so sicher wie bei Martingale, dass man in die Gewinnzone kommt.
Beim Roulette vor Einführung des Limits war also Martingale potenziell „der
Bringer“. An der Börse gibt es ein derartiges Tisch-Limit eigentlich nicht. Nun würde
uns 10maliges Verdoppeln schon in einen Bereich von erforderlicher Margin
bringen, den nur eine großer Hedge-Fonds aufbringen kann, aber eine
möglicherweise erfolgsträchtige Strategie könnte es sein.
Sehr viel wohler wäre mir indes mit einer Anti-Martingale-Strategie, die in
Gewinnphasen den Einsatz erhöht. Denn lange Verlustphasen können mich bei
Martingale über das Limit des Einsatzkapitals bringen und damit zum Totalverlust
und zur Erfahrung des Sprungs aus dem 20. oder 50.Stock.
Bei Anti-Martingale in einem Gewinntrend mache ich aus diesem richtig was.
Diese Strategie kann während eines Einsatzes und von Einsatz zu Einsatz
eingesetzt werden.
Wenn ich Anti-Martingale während des Einsatzes nutze, meist in der Form des
„Pyramidisierens“, muss ich bei einem gewissen Erfolgsstand mein Engagement
erhöhen. Wenn ich also neben meinen anderen Investitionen mal eine Zeitlang 5%
meines Anlagekapitals in Derivate gesteckt habe und das brachte gute Rendite,
kann ich mein Engagement dann auf 10% erhöhen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
284
Wenn ich eine Bekanntschaft beim Tanztee machen möchte und sie lächelt zurück,
kann ich sie zum Tanzen auffordern und bei diesem Tanz gewisse Körpersignale
deuten, die zu weiterem Erhöhen meines Einsatzes führen können oder nicht. Es
gibt auch die Martingale-Casanovas, die bei einem Korb ihren Einsatz des
Werbens und Anbaggerns verdoppeln und damit auch bisweilen Erfolg haben.
Fraglich ist, ob diese an allen „Märkten“, bzw. „Mägden“, auf diese Weise Erfolg
haben können.
Es kann auch Anti-Martingale per Handlung genutzt werden. Wenn ich 1 Daimler
nach Hongkong exportiert und mit Gewinn verkauft habe, kann ich es beim
nächsten Mal mit 2 Daimler versuchen.
Wie ist es also im Leben? Wenn es gut läuft, erhöhe den Einsatz!? Oder: Wenn es
schlecht läuft, erhöhe den Einsatz!?
Wir können natürlich gleich auf Meta-Ebene 1 gehen und sagen: „Das hängt vom
Kontext und den Bedingungen ab!“ Richtig.
Martingale im Leben bedeutet: Wenn es schlecht läuft, erhöhe ich den Einsatz, so
dass ich immer wieder nach vorne komme. Das ist es, was Fußballtrainer von ihren
Spielern fordern, wenn sie gegen den Abstieg kämpfen: „Ihr faulen Schlaffis, zeigt
mehr Einsatz!“ Das klingt vernünftig. Es gibt aber auch Trainer und Situationen, die
sagen: „Wir haben eh kein Chance in dieser Liga. Lasst es uns mit Anstand, aber
ohne Verletzungen und neue Schulden, über die Bühne bringen. Lieber erster in
der 2. Liga als letzter in der 1. In der 2. erholen wir uns dann und steigen im
nächsten Jahr mit Bravour auf!“ Einer der intelligentesten Trainer in der deutschen
Fußball-Bundesliga verfährt nach diesem Prinzip seit einigen Jahren trotz eines im
Vergleich zu den Großvereinen knappen Budgets recht gut. Ich meine Volker Finke
vom Freiburger FC. Trotz einiger Abstiege ist er nie entlassen worden und steht
immer wieder gut im Mittelfeld der ersten Liga. Andere Vereine, die sich mit aller
Macht gegen den Abstieg aus der 1.Liga gestemmt haben, haben sich dabei so
verausgabt, dass sie auch in der 2.Liga keine Kraft mehr hatten und heute in der
Amateur-Liga vor sich in dümpeln, wie z.B. einer meiner Heimatvereine, der
legendäre FC St.Pauli. Mitentscheidend für den Erfolg von Herrn Finke ist natürlich
die Bereitschaft seines Vereinsvorstandes und Präsidenten die begrenzten
Möglichkeiten des Vereins zu erkennen und mit den Abstiegen entspannt zu
bleiben.
Die Kunst liegt wohl darin, die Chancen richtig zu berechnen. Habe ich eine
Mannschaft, die ihren Einsatz erhöhen muss, um Erfolg zu haben oder habe ich
eine, die einfach nicht gut genug ist? Wenn ich im oberen Drittel bin und habe
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
285
einige Verletzungen zu beklagen, ist es sinnvoll sich auf einige Niederlagen
einzustellen und das Saisonziel etwas herunterzuschrauben, also Anti-Martingale.
Wenn ich im oberen Drittel bin und bin am Abfallen und es kommen ein paar
leichte Gegner, ist es sinnvoll den Einsatz zu erhöhen und mit Biss und
Angriffslaune die Position wieder zu verbessern.
So ist es auch im Leben mit der Anpassung des Einsatzes. Auf einer Meta-Ebene1
muss ich bestimmen, ob ich in einer Situation bin, in der die Erhöhung des
Einsatzes angesagt ist oder die Verringerung.
19.10.6.
Crew Management
An dieser Stelle ist auch der Punkt, wo wir überprüfen, ob unsere Crew harmoniert
und ob jedes Mitglied der Crew den zugewiesenen Job durchführen kann. Sollte
das nicht der Fall sein, muss für dieses Crew-Mitglied dieser Ablauf, also:
•
Formulierung der Absicht,
•
Simulieren der Absicht und Überprüfen der Effekte und Ökologie
•
Assessment des Ist-Zustandes
•
Sammeln der Schwächen und Einwände
•
Umwandeln der Schwächen
•
Integration der Einwände
•
Sammeln der Ressourcen
•
Planung und Strategie
•
Inkorporieren der Absicht
durchgeführt werden.
Konflikte innerhalb der Crew werden am besten durch die Technik der PartsIntegration integriert.
Am besten ist ein Portfolio, wenn es gering korrelierend ist. Das heißt: Wenn die
eine Anlage eine Verlustphase hat, sollte eine andere gerade ihre Gewinnphase
haben. Der sog. Portfolio-Effekt tritt ein, wenn die maximale Verlustphase des
Portfolios kleiner ist als die Summe der Verluste der einzelnen Anlagen. In einem
gut sortierten Portfolio ist der maximal auftretende Verlust der Durchschnitt der
einzelnen Bestandteile des Portfolios. Wenn die Bestandteile die Verlustphase
gleichzeitig haben, ist der größte gemeinsame Verlust die Summe der
Einzelverluste und das wäre ungünstiger.
Wie in einem Portfolio sollte es auch in einer Crew sein: Wenn der eine mal
schwächelt, fangen die anderen das durch größerer Leistung auf.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
286
19.11.
Abschluss und Wegbahnung
19.11.1.
Perception Control
19.11.2.
Das M-Feld formen
19.11.3.
Wegbahnung
19.11.1.
Perception Control
Erstellen Sie nun bitte noch einmal Repräsentationen von gegenwärtigem Zustand
und erwünschtem Zustand. Welche Qualität bestimmt den Unterschied?
Was genau ist anders in der Struktur der Wahrnehmung von gegenwärtigem
Zustand und erwünschtem Zustand?
Wir möchten letztendlich auf eine Driver-Qualität kommen. Um auf diese zu
kommen, müssen wir uns erst die Einzelkomponenten bewusst machen.
•
Wie sieht es aus im gegenwärtigen Zustand und im angestrebten Zustand?
•
Wie hört es sich an im gegenwärtigen Zustand und im angestrebten
Zustand?
•
Wie fühlt es sich an im gegenwärtigen Zustand und im angestrebten
Zustand?
•
Wie riecht es, schmeckt es im gegenwärtigen Zustand und im
angestrebten Zustand?
Eine Qualität wird ganz besonders den Unterschied machen.
Die von dem amerikanischen Psychologen William T. Powers in den 70er Jahren
als Teilgebiet der Psychologie begründete Perception Control Theory hat
nachgewiesen, dass wir unser Verhalten meist über eine einzige
Wahrnehmungskomponente steuern.
Wenn wir eine so komplexe Tätigkeit wie Autofahren ausführen, führen wir dieses
meist ohne weiteres Nachdenken wie automatisch durch. Wir werden über eine
einzige Wahrnehmung das Ganze steuern, so dass wir nebenbei uns noch
unterhalten oder dem Radio zuhören können. Diese einzige Wahrnehmung wird je
nach Vorliebe unterschiedlich sein. Der eher visuell orientierte Mensch wird die
Geschwindigkeit der vorbeiziehenden Landschaft scannen. Der auditive hört eher
auf die Fahrgeräusche. Der somato-sensorische Mensch fühlt es im Sitzorgan oder
am Luftzug.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
287
So können auch Sie feststellen, welche Komponente besonders den Unterschied
kodiert, so dass Sie sich bei der Überprüfung: „Bin ich noch auf dem Weg?“ auf
diese konzentrieren können.
Sie können auch ganz besonders diese Komponente benutzen, um sich in den
Erfolgszustand zu bringen. Über die Mentale Repräsentation und ihre Qualitäten
können Sie den eigenen Zustand zumindest vorübergehend bestimmen.
19.11.2.
Das M-Feld formen
Ich erwähnte in einem früheren Kapitel bereits das M-Feld.
Merkwürdige Begebenheiten brachten den englischen Biologen Rupert Sheldrake
1981 dazu einen neuen Begriff in die wissenschaftliche Diskussion einzuführen:
das Morphogenetische Feld, auch Morph-Feld oder M-Feld.
Die Ur-Begebenheit war die Beobachtung, dass Tiere, die etwas lernen die erlernte
Fähigkeit schneller an weit entfernte Artgenossen zu übertragen scheinen, als es
ihrer Kommunikationstechnologie entsprechen würde. Oft geschehen diese
Übertragungen innerhalb eines Tages. Finken in Neuseeland können
Milchflaschendeckel aufpicken und am nächsten Tag können die in Irland das
auch. Afrikanische Affen lernen Wurzeln zu waschen und die in Borneo tun das am
anderen Tag auch. Hierfür gibt es viele Beispiele.
Ein Informationsfeld, das die Mitglieder einer Spezies verbindet, würde viele dieser
Vorkommnisse erklären. Es könnte so sein, dass unser Gehirn nur ein Empfänger
und Sender einer riesigen Datenbank, eben dem M-Feld, ist. Es wäre doch
unwahrscheinlich, wenn unsere Festplatte und unser RAM in unserem BioComputer in der Lage wäre fortwährend ein vollständiges Weltmodell und auch
noch ein historisches Weltmodell mit einer vollständigen Repräsentation der
gesamten Historie zu erschaffen.
Sheldrake interessiert sich mittlerweile besonders auch für Sachen wie Telepathie
und andere Phänomene der Feinwahrnehmung. Einiges ist nur zu erklären über
die Theorie des M-Feldes, des Zugangs jeden einzelnen Lebewesens zu einer
Informations-Matrix.
Wenn wir im Bus sitzen und jemand aus den hinteren Reihen fokussiert sich auf
unseren Nacken, werden wir es irgendwann merken und uns umschauen. Es
könnte sein, dass wir Zugang zu einem Gesamtwelt-Modell im M-Feld haben und
die für uns relevanten Fakten von unserem inneren Empfänger fortwährend
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
288
downgeloadet werden. Potenziell wüssten wir alles über jeden Menschen.
Derjenige aber, der uns in den Nacken starrt, wird auf den inneren Bildschirm oder
besser : Sinnesschirm, gebracht, um eine somato-sensorische Überprüfung zu
ermöglichen und ihm gegebenenfalls auf die Fresse hauen zu können. Es könnte
auch sein, dass wir an das M-Feld gezielt senden können und diesem Menschen
unbemerkt eine Stressattacke beifügen, so dass er das Starren sein lässt und wir
ihn ohne Aufmerksamkeit zu erregen seine Grenzen aufzeigen können.
Genauso funktionieren alle mentalen Kräfte. Es gibt eine Jahrtausende alte Kultur
der Beeinflussung des M-Feldes: die Magie. Dabei meinen wir nicht die
Bühnenshow in Las Vegas, sondern die weiße, graue und schwarze Magie der
Beeinflussung der Materie und des Geistes. Religionen sind Magie-Zirkel. Durch
die Rituale soll die Umwelt beeinflusst werden und das eigene Glück gewährleistet
werden.
Wir sollten unsere Absicht so in das M-Feld pflanzen oder es senden, dass es dort
sich verbreitet und alle Menschen wissen, dass wir das wollen und dafür gehen.
Wenn die Welt weiß, was unser Wille ist, kann sie sich diesem fügen.
Bei einer modernen Sportsveranstaltung werden alle Teilnehmer in irgendeiner
Weise mentale Techniken anwenden. Dennoch gewinnt nur einer oder eine. Die
mentale Technik muss auch noch im M-Feld auf die anderen Teilnehmer einwirken.
Es wird sozusagen vor dem tatsächlichen Skisprung oder Formel1-Wettfahrt im MFeld ausgefochten, wer Gewinner wird.
In jeder Gruppe gibt es mehrere Rollen: der Anführer, der Kraftprotz, der
Spaßmacher, der Schlaumeier. Wenn man nun Gruppen bildet aus Anführern,
werden diese sich wieder in das Rollen-Schema aufteilen. Es kann nur einer
Anführer sein und ein anderer ehemaliger Anführer wird nun Spaßmacher sein.
Wie wissen wir um diese Rollen? Es ist alles vorher festgelegt im M-Feld.
Wir sollten also unseren Bio-Computer einschalten, das Interface zum M-Feld
aufbauen und empfangen/senden.
„Hallo Menschheit, ich bin der neue Star am Trader-Himmel!“, wäre ein gute
Nachricht, oder? Nun reicht es aber nicht diese einfach nur auszusenden oder
innerlich zu denken. Es braucht schon ein wenig mehr, damit sich diese Idee im MFeld so verbreitet, dass alle Menschen es bewusst oder unterbewusst mitkriegen.
Dafür machten die Magier, Hexen, Zeremonienmeister und Priester aller Zeiten
„Rituale“. Rituale und Zeremonien erzeugen einen energetisch machtvollen
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
289
Zustand. Aus diesem heraus an das M-Feld gesendetes erreicht es auch und formt
es.
Eine weitere Form des Rituals ist die „Anrufung“. Im M-Feld befinden sich
machtvolle Prinzipien, die dort quasi ein Eigenleben führen und in Zeiten des
wissenschaftsgläubigen Unglaubens gern mal einen Auftrag übernehmen. Das sind
die Götter, Engel und Dämonen. Diese sind natürlich umso mächtiger, je mehr
Menschen sie anrufen.
Je mehr Menschen sie anrufen, desto weniger können sie sich speziell um die
Wünsche des einzelnen kümmern. Das ist die andere Seite.
Wenn Sie so eine Wesenheit haben, die Ihnen Wünsche erfüllt, können Sie die
jetzt gerne anrufen. Vielleicht haben Sie einen Platz, an dem Sie diesem
machtvollen Prinzip etwas opfern, etwas darbieten, es ehren.
Ansonsten sollten Sie einfach Ihre Absicht wohlformuliert auf einen Zettel
schreiben und diesen dann den 5 Elementen übergeben. Reißen Sie ihn in kleine
Schnipsel. Verbrennen Sie einige, werfen Sie einige in den Fluss, lassen Sie einige
Schnipsel vom Wind davontragen, vergraben Sie einige in der Erde und senden
Sie die Idee in den Äther.
Sie können die Absicht auch symbolisch darstellen und ihr einen Platz bauen, eine
Art Altar. Dort bringen Sie ihr jeden Tag eine kleine Gabe. So energetisieren Sie
sich selbst die Hingabe an Ihre Absicht und zeigen sich selbst, dass Sie bereit sind
Opfer zu bringen und Einsatz zu zeigen.
Das eigentliche aber ist die Energie, die sie in die Absicht, oder besser: in den
Willen, investieren.
Es heißt, dass Wille Berge versetzen kann. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!“
Wie kommen wir in den Zustand von „absoluter Wille, der das M-Feld rockt“?
Dieser Wille ist ja eine Kraft der Inneren Königin, des Captains, der Chefin. Dieser
hat ein unbedingtes „Ja!“ zu dieser Verwirklichung. Wo sitzt seine oder ihre
Willenskraft?
Um diese Willenskraft stark zu machen, sollten wir unser Energielevel erhöhen.
Wenn wir mehr erreichen wollen, müssen wir uns mehr Energie als bisher
zulassen. Energie entwickeln wir besonders aus der Verbrennung von Sauerstoff,
Oxygen. Also brauchen wir mehr Atem.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
290
Machen Sie ein paar tiefe Atemzüge. Atmen Sie in Ihr Willenszentrum. Dieses ist in
Ihrem Solarplexus, dem Sonnengeflecht.
Nun müssen Sie sich hinstellen, alle Energie sammeln und über die Hände und
einen Ton ausstrahlen. Sie können sich dabei auf Ihre Absicht und den Willen diese
durchzusetzen konzentrieren. Mit Unerschütterlichkeit teilen Sie dem M-Feld und
der Welt mit, dass Sie das erreichen.
19.11.3.
Wegbahnung
Wir sollten den Weg schon mal im Versuchsmodus gehen. Das ist dasselbe wie
beim Spielen. Als Kind haben wir die soziale Kompetenz durch das Simulieren von
Situationen mit Puppen oder Figuren erworben.
Wir sollten vor allem in das Gefühl der Verwirklichung der Absicht kommen. Nichts
ist so erfolgreich wie der Erfolg. „Fake it until you make it!“ Denn als Erfolgreicher
ziehen wir Erfolg an. Solange er noch nicht in materieller Form da ist, können wir
zumindest so tun.
Wir können das Schema auf den Boden legen und uns in das Feld des
gegenwärtigen Zustands stellen. Die Strecke vorwärts in das Feld des zukünftigen
Zustandes soll die Zeit bis zur Realisierung symbolisieren.
Wir haben die Schwächen (Kann-nichts) und die Einwände (Will-nichts) bearbeitet
und geklärt. Der Weg ist also frei.
Wir haben Ressourcen gesammelt und ausreichend zur Verfügung. Wir haben
Zwischenziele und einen Plan.
Es kann nichts mehr schief gehen.
Sie können sich den Weg auch als Time-Line auf den Boden legen. Sie markieren
den jetzigen Zeitpunkt und den des Erreichens und gehen Schrittchen für
Schrittchen auf dieser markierten Linie. Jeder Schritt steht für einen Monat oder ein
Vierteljahr. Sie bemerken innerlich wie sich ihre Wahrnehmung verändert. Sie
bemerken Ereignisse. Sie bemerken vielleicht auch noch zu klärende
Schwierigkeiten. Vielleicht müssen einige Gespräche geführt werden. Vielleicht
muss jemand losgelassen oder entlassen werden. Vielleicht muss jemand um
Unterstützung gebeten werden.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
291
Sie können diese Simulation des Weges periodisch durchführen. Es verschafft
Überblick und lehrt dem eigenen Unterbewusstsein den Weg.
Wir hatten das Beispiel genommen: „Ich will Futures-Trader sein und im Feld der
globalen Futures-Trader Gewinne machen!“
Sie können diesen Prozess natürlich mit jeder Absicht durchführen und sollten
auch jedes Crew-Mitglied mit all seinen Absichten dementsprechend ausrichten.
Wenn innen Klarheit und Ausrichtung besteht und der Wille zur Verwirklichung
stark ist, kann alles erreicht werden. Letztendlich ist das Erreichen eine Anpassung
an einen äußeren Kontext. Diese Anpassung ist aber eine absichtsvolle
Anpassung. Wir wollen nicht einfach nur angepasst sein, sondern wollen so
mitschwimmen, dass wir unsere eigenen Intentionen besser durchsetzen können
und dem Fischschwarm unsere eigene Marke aufdrücken.
Wir wollen im großen Zeitrahmen offen und flexibel sein, ohne dabei die
Verwirklichung zu vernachlässigen. Im kürzeren Zeitrahmen wollen wir fokussiert
sein können auf unsere konkrete Aufgabe und diese den Kriterien entsprechend
umsetzen.
Die gekonnte Balance zwischen Fokussierung und Flexibilität ist die Kunst. Wir
wollen gleichzeitig den Rundumblick haben und doch unser Ziel genau anvisieren.
Es ist weniger wichtig anzukommen als die Herausforderung zu haben an sich
selbst zu arbeiten und sich zu vervollkommnen. Das Börsen-Trading ist die ideale
Herausforderung dafür.
Überleitung zu den weiteren Kapiteln:
In den Kapiteln 20 bis 26 werden Fallbeispiele besprochen. Diese behandeln
zumeist Kann-nichts oder sind Bestandteile der strategischen Umsetzung. Es sollte
ihnen also im konkreten Coaching die ersten Schritte aus diesem Ablauf
vorangegangen sein. Wohin geht’s du, woher kommst du? Wozu das Ganze? Das
sollte klar sein, um immer eine proaktive Ausrichtung beibehalten zu können und
auch um abschätzen zu können, dass da, wo der Coach dem Coachee hinhilft, er
auch wirklich hin will.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
292
20.
Fall 1: Blockade
„Guten Tag, Herr M., ich bin heute Ihr Trading-Coach. Was ist Ihr Thema?“
Häufige Antworten:
„Kann die Order nicht abschicken.“
„Kann die Position nicht schließen.“
Der häufigste Fall im Coaching von Tradern ist die Blockade. Der Trader kann
keine Trades durchführen, kann seine Order nicht abschicken.
Entweder ist der Trader nicht mehr in der Lage Trades zu eröffnen. Oder er bringt
nicht mehr die Kraft auf eine Position zu schließen. Weil der Verlust höher wäre,
als er ertragen kann, lässt er den Verlust bis zum Totalverlust laufen.
Wir wollen uns aber erst einmal vor allem mit der Blockade vor Eröffnung eines
Trades befassen. Diese kann sich ganz manifest körperlich äußern. Eine
unterbewusste Sperre verhinderte, den Hörer in die Hand zu nehmen, die Mouse
für den entscheidenden Mouseclick zu bedienen, die Hand am Floor zu heben.
Vorausgegangen ist meist eine Verlustphase, die unverdaut ist.
Bevor wir diese Blockade, die auf einem „Nein!“ im Unterbewusstsein beruht,
auflösen, wollen wir sicher stellen, dass der Trader-Klient einen Handelsplan hat,
der Aussicht hat. Das ist in den wenigsten Fällen der Fall. Wenn wir diesem Trader
die Blockade beseitigen, wird er weiter Verluste machen. Die Blockade ist also
sinnvoll und wir sollten sie solange belassen, bis dieser Trader einen Handelsplan
hat, der das Unterbewusstsein des Traders überzeugt.
Im Zusatz-Kapitel 27 ist dargestellt, was ein vollständiger Handelsplan ist. Bevor
ein Trader nicht einen solchen hat, sollte er blockiert bleiben. Dabei unterschätzen
die meisten, was ein vollständiger Handelsplan beinhaltet.
Solange es Entscheidungsspielraum gibt in dem Plan eines Traders, wird er sich
Möglichkeiten des Dilemmas und des Unentscheidbaren offen halten. Unsere
psychologische Disposition ist mitunter nicht so, dass wir entscheiden können. Wir
denken, wir entscheiden rational und kalkuliert. Das aber gibt es nicht. Wir erinnern
uns an Phineas Gigg, den Mann ohne emotionales Zentrum. Wir entscheiden
emotional und unsere heutige emotionale Entscheidung ist geprägt von früheren
Erfahrungen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
293
Entscheidungen sollten außerhalb des Tradings gefunden werden. Während des
Tradings sollten wir nur ausführen. Der Feldherr macht seinen Plan am besten vor
dem Trading und optimiert diesen danach. In der Schlacht sollten wir den Plan
durchführen und nicht über ihn nachdenken. Da sind wir Krieger und kein Feldherr.
Lesen Sie also bitter erst Kapitel 27 über den vollständigen Handelsplan, bevor Sie
sich oder andere von einer Handelsblockade befreien.
Meist beruht die Blockade auf einem inneren Konflikt. Zwei Seiten unserer
Persönlichkeit bekriegen sich so, dass sie sich gegenseitig blockieren und wir zu
gar nichts kommen.
Die eine Seite sagt: „Ich muss traden. Ich will Gewinne machen. Ich weiß, dass es
geht. Unser Plan ist gut!“
Die andere Seite sagt: „Aber wir haben hart für dieses Geld gearbeitet. Wir
brauchen das Geld. Wir haben schon Verluste gemacht. Wir wollen nicht verlieren!
Wir können kein Risiko mehr eingehen!“
Und während diese beiden Seiten noch streiten, läuft der Markt davon.
Derartige Konflikte sind auch im täglichen Leben nicht unüblich. „Soll ich sie nun
ansprechen oder nicht?“ „Ach, das hat doch keinen Sinn, die ist bestimmt nur an
Porsche-Fahrern interessiert!“ Und schon war so ein Playboy schneller und ihr
flehender Blick um Kontakt mit einem Fahrer solider Mittelklasse wurde übersehen.
„Soll ich etwas für meine Gesundheit tun?“ „Sterben müssen wir eh. Gönn dir noch
ein Glas!“ „Aber ich will doch fit sein!“ „Ach komm, das eine Glas!“
Es gibt meist einen proaktiven und einen reaktiven Teil. Unsere moralische
Sympathie ist meist mit dem proaktiven Teil. Es ist aber oft so, dass die in dem
reaktiven Teil verborgene Energie den entscheidenden Impuls geben kann. Wir
sollten gerade dem blockierenden Teil Interesse entgegenbringen.
Gefährlicher ist die Blockade, die dazu führt, dass ein Verlusttrade nicht
geschlossen wird, weil der dann realisierte Verlust zu schmerzhaft wäre. Das kann
tödlich sein.
Wir haben eine Parts Integration mit einem derartigen inneren Konflikt („Lass uns
Schluss machen!“ „Nein, warte noch ein wenig ab, es dreht gleich!“) bereits in
Kapitel 10 dargestellt.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
294
Wichtig ist es, das jeweilige Verhalten von der dieses Verhalten motivierenden
Absicht zu trennen. Denn die Absicht ist immer unterstützend gemeint. Und es gibt
eine gemeinsame Absicht der Teile, die sich im Konflikt befinden, die sie nur
unterschiedlich verwirklichen.
Also:
„Ich traue mich nicht mehr in den Markt. Ich kann meine Trades nicht mehr
durchführen!“
„Wie genau hindern Sie sich?“
„Immer, wenn ich ein Signal von meiner Chart-Software bekomme und in den
Markt einsteigen will, sagt eine Stimme: ‚Warte noch!’, und dann ist die Situation
vorbei!“
„Also, eine Seite will den Trade machen und die andere Seite sagt: ‚Warte noch!’?“
„Ja, so ist es! Es wird immer schlimmer. Ich kann gar nichts mehr machen!“
„Legen Sie bitte zwei leere DIN-A4-Blätter vor sich auf den Tisch. Schreiben Sie
auf das eine ‚Trade-Macher’, oder wie Sie den nennen wollen, und auf das andere
‚Blockierer’.
Machen Sie sich bewusst, wie Sie diese beiden Seiten mental repräsentieren!
Füllen Sie einen der Fragebogen zur Mentalen Repräsentation zu diesen beiden
Seiten aus! In welcher Qualität unterscheiden sie sich besonders?“
„‚Machers’ visuelle Repräsentation ist heller und ‚Blockierer’ hat so einen Klotz im
Brustbereich.“
„Gut. Jetzt lassen Sie mal beide zu uns sprechen. Beginnen Sie doch mal mit
‚Macher’!“
„Also, ich weiß, dass im Markt was möglich ist und dass ich das auch kann!“
„Und ‚Blockierer’?“
„Das ist zuviel Geld, das wir riskieren, und sicher ist der Gewinn nicht und
eigentlich kann ich es mir nicht leisten etwas zu verlieren.“
„’Kann nicht’ oder ‚will nicht’?“
„Ich will nichts verlieren. Ich habe für das Geld gearbeitet, meine Vorfahren haben
für das Geld gearbeitet. Da steckt mehr Mühe drin, als dass man es mal so eben in
5 Minuten über die Klinge springen lassen kann.“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
295
„O.K., danke. Was sagt ‚Macher’ dazu?“
„Ne, so ist das ja nicht. Wir setzen ja Stopps. Und es ist doch einfach. Der Kurs
läuft ein bisschen und wir laufen mit.“
„Gut, bevor wir weiter streiten und verhandeln, möchte ich eine Frage stellen.
Beginnen wir mit dir, ‚Macher’. Was ist der Wert, der dein Verhalten motiviert? Was
ist dir wirklich wichtig? Schreiben Sie die Kriterien, die wir gleich finden, auf das
Blatt Papier.“
„Tja nun. Ich möchte ‚Gewinne’.“
„Und wofür sind Gewinne wichtig? Was geben sie dir?“
„Sie geben mir Freiheit. Ich brauche diesen blöden Job nicht mehr machen.“
„Gut, Freiheit also. Und wofür ist Freiheit wichtig?“
„Freiheit ist wichtig. Dann kann ich ‚Ich selbst’ sein.“
„‚Ich selbst’. Und was gibt dir ‚Ich selbst sein’?“
„‚Ich selbst sein’, was wichtigeres gibt es nicht.“
„Gut, danke. Und ‚Blockierer’. Was ist dir wichtig? Was motiviert dein Verhalten
des Blockens?“
„Ich blockiere, weil ich keine Verluste will!“
„Und was ist das, positiv ausgedrückt?“
„Wie meinst du ‚positiv’? ‚Keine Verluste’ ist doch was positives.“
„Ja, aber du hast es negativ, mit ‚keine’, ausgedrückt. Was wäre das positiv?“
„Na, ‚Sicherheit’.“
„O.K., ‚Sicherheit’. Und wofür ist Sicherheit wichtig?“
„Sicherheit gibt mir so ein rundes Gefühl. Sicherheit ist wichtig, um in dieser Welt
zu bestehen.“
„In dieser Welt bestehen. Wofür das?“
„Wenn ich in der Welt bestehe, erfahre ich mich und lerne, was es heißt, wirklich
„Ich selbst“ zu sein.“
„Ach, „Ich selbst sein“, das kommt mir bekannt vor. Will das ‚Macher’ nicht auch?“
„Ja, das will er auch. Klar.“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
296
„ ‚Macher’, hast du mitbekommen, dass ‚Blockierer’ auch ‚Ich selbst sein’ am
wichtigsten findet?“
„Ja, schon. Aber was soll dann das Blockieren? Das widerspricht sich.“
„Wieso? Es kann auch authentisch sein zu bremsen. Wenn es keine Bremsen
gäbe, würde der Zug immer über die Station hinausschießen.“
„Gut. Was heißt das nun?“
„Dass ihr beide im Endeffekt dasselbe wollt.“
„Ja, was nun. Trade oder nicht?“
„Fragen wir ‚Blockierer’. ‚Blockierer’, du hast gehört, dass ‚Macher’ auch „Ich selbst
sein’ am wichtigsten findet. Er tut das offensiv und du tust das defensiv.“
„Ja, das kann ich sehen.“
„Beide Verhalten sind Aspekte derselben Motivation. Es gibt ein Gaspedal und ein
Bremspedal.“
„Ja, O.K. Du willst mir sagen, dass ich blockieren soll, aber erst nachdem das Auto
losgefahren ist und wir auf eine Vorfahrtsstraße stoßen?“
„Ja, so ungefähr. Wir wollen aber wohl erst noch klären, ob das Auto für uns auch
geeignet ist. ‚Macher’, ‚Blockierer ist damit O.K. erst zu bremsen, nachdem du
losgefahren bist. Ich habe aber noch eine Frage: Bist du wirklich der Meinung,
dass du gewinnträchtige Trades startest?“
„Eigentlich schon.“
„Wie hoch ist die Trefferquote?“
„Nun....80%.“
„Das ist unrealistisch. Mit welchem Ansatz willst du das erreichen?“
„Momentum-Scalps.“
„O.K., du weißt das amerikanische Fachwort, das beeindruckt mich aber nicht
wirklich. Welche Stopps setzt du?“
„Eigentlich brauche ich keine Stopps.“
„Bei 80% Treffern gehen 2 von 10 Trades daneben. Wie begrenzt du deren
Verlust?“
„Ja, ich gehe dann raus.“
„Wann genau weißt du, dass es Zeit ist raus zu gehen?“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
297
„Ja, das sehe ich dann.“
„Das ist zu wenig und klingt gefährlich für mich. Wärest du bereit mit ‚Blockierer’
eine Exit-Strategie zu entwickeln, die genau definiert und berechnet ist?“
„Ja gut, ich muss wohl zustimmen.“
„Ja, das musst du, sonst geht die Totalblockade weiter. ‚Blockierer’ wärest du
bereit, mit ‚Macher’ vernünftige Stopps zu berechnen und dann die Strategie
starten zu lassen?“
„Ja, gerne. Es sollte aber vielleicht noch ermittelt werden, inwieweit dieses
‚Momentum Scalping’ überhaupt funktionieren kann.“
„Das ist richtig. Wie sieht es aus ‚Macher’?“
„Meinst du, dass es bessere Strategien gibt?“
„Das kommt drauf an. ‚Momentum Scalping’ ist was für sehr Rektionsschnelle. Bist
du sehr reaktionsschnell?“
„Na ja.“
„Tja, da wäre jetzt ein schnelles ‚Ja’ ein gutes Signal für Reaktionsschnelle
gewesen. Vielleicht solltest du dir gemeinsam mit ‚Blockierer’ eine etwas ruhigere
Strategie entwickeln, so dass Gewinnziele und Stopps genau aufeinander
abgestimmt werden können.“
„Ja gut, du hast wohl Recht. Ich werde ‚Blockierers’ Bedenken einbeziehen und mir
noch mal Gedanken machen.“
„Ist das für dich gut so, ‚Blockierer’?“
„Ja, ich bin zufrieden und zuversichtlich. Ich sehe so gute Möglichkeiten und
bekomme Lust aufs Trading.“
So kann der blockierende Konflikt in Verhandlung und potenzielle Lösung geführt
werden. Meistens blockiert ein Teil des Unterbewusstseins zu Recht. Jede Minute
länger bei der Entwicklung eines detaillierten und geprüften Handelsplans wird sich
auszahlen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
298
21.
Fall 2: Overtrading
„Was ist Ihr Problem?“
„Ich habe einen guten Handelsplan. Aber ich mache immer wieder Trades, die in
diesem nicht angezeigt sind. Dann mache ich Verluste und fange an meinen Plan
ganz über den Haufen zu werfen um die Verluste wieder reinzuholen und dann
geht der Stress los!“
„Sind Sie bei Ihrem Handelsplan immer engagiert oder meistens oder selten?“
„Meistens, würde ich sagen!“
„Ist die Zeit des Wartens auf ein Signal für Sie unangenehm?“
„Ja, schon. Wenn ich etwas anderes mache, verpasse ich bisweilen mein Signal
und das ist doppelt ärgerlich. Warten und konzentriert bleiben, ist schwer!“
„Und dann haben Sie irgendwann keinen Bock mehr zu warten und legen schon
mal los!“
„Ja, ich sage mir: Wenn du jetzt wartest, dass der Kurs auf den Preis geht, kannst
du ja auch schon jetzt kaufen und die Bewegung schon mal mitnehmen.“
„Und wie ist es beim Schließen des Trades? Gehen Sie da auch manchmal zu früh
raus und warten nicht geduldig ab?“
„Oh, ja natürlich!“
Spielsucht ist ein großes Problem. In unserer Zeit von „Brot und Spiele“ ist
Spielsucht ein gesellschaftliches Phänomen. Spielsucht kann ähnliche Symptome
hervorbringen wie eine Sucht, die durch Abhängigkeit von einem Rauschmittel oder
einem Beruhigungsmittel entsteht. Der Entzug von der Spielsucht ist ebenso nicht
einfach. Spielsüchtige veruntreuen Gelder, unterschlagen und betrügen. Denn die
Finanzierung der Sucht ist aufwendig. Spielsüchtige finden wir in den Spielcasinos,
auf Rennbahnen und natürlich an den Börsen. „Zocker“ ist der gängige Ausdruck
für Spielsüchtige.
Die Erfolgskurven der Zocker sind typische Weg-von-Kurven. Rauf und runter.
Leider ist ihr Money-Management meist so, dass sie bei der Kurve nach oben
vorsichtig agieren und bei der Bewegung nach unten voll engagiert sind, so dass
der Verlust dann immer wieder ein Totalverlust ist.
Die Ursache für die Sucht: Ein unbefriedigtes Bedürfnis wird durch das Spielen
oder Spekulieren ersatzbefriedigt. Die Ersatzbefriedigung bringt aber nur
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
299
Betäubung und Verdrängung und keine wirkliche Erfüllung, so dass das Bedürfnis
sich immer wieder meldet.
Es gibt dieses Verhalten sowohl bei Tradern, die alleine agieren, als auch in
Gesellschaft.
Das unbefriedigte Bedürfnis bei den Allein-Tradern wird Zugehörigkeit sein. Wer
„im Markt“ ist, ist nicht allein. Der positionierte Trader fühlt sich nicht als
Außenseiter.
Es gibt auch ein kollektives Verhalten des Verlierersein. In unserer
Sozialgesellschaft wird ein Milieu von Zugehörigkeit durch Verlierertum geschaffen.
Wenn Sie im Freundeskreis von Börsengewinnen erzählen, gelten sie als Prahler
und Aufschneider. Wenn Sie Verluste gemacht haben und wie alle leidend sind,
sind Sie den anderen wesentlich sympathischer.
Interessant ist es in Hausse-Phasen wie Ende der 90er Jahren. Wenn die
Gewinner so zunehmen, dass auch die notorischen Verlierer in den Markt
einsteigen müssen und die soziale Bremse nicht mehr funktioniert. So wird das
Szenario für den Crash geschaffen.
Unbefriedigte Bedürfnisse können zweierlei Natur sein: physiologisch und sozial.
Die fundamentalen physiologischen Bedürfnisse müssen erfüllt sein, sonst sterben
wir oder werden krank. Atem, Essen und Trinken, Schutz, Schlafen und Träumen,
Hygiene, konstante Temperatur.
Ein besonderes physiologisches Bedürfnis ist Sex. Wir sterben nicht, wenn wir
ohne Sex sind. Aber unsere Gattung stirbt aus, wenn sich keiner fortpflanzt. Also,
definitiv: Die Natur hat es so eingerichtet, dass wir leiden, wenn wir keinen Sex
haben.
Was hat die Börse mit Sex zu tun? Das können Sie nur selbst beantworten.
Sicherlich ist eine weibliche Herangehensweise langfristig profitabler. Frauen
wären wahrscheinlich die besseren Trader, es interessiert sie die Börse nur eher
selten. Männer werden halt schneller unruhig und brauchen Abwechslung. Das ist
das tief eingegrabene Programm der Fortpflanzung für die männliche Population:
Möglichst oft, möglichst viele.
Wenn für den Mann das Trading Sex-Ersatz ist, wird er zum „Möglichst oft,
möglichst viele“ neigen. Die Daytrading-Center sind also eine Art Swinger-Club.
Die Daytrader möchten „scalpen“. Jedes „Scalping“ gibt ihnen eine sexuelle
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
300
Aufregung. Leider ist es beim schnellen, kurzen Trading wie beim männlichen Sex:
Die Kohle ist weg.
Machen Sie sich bewusst, inwieweit Trading ein Sex-Ersatz ist und dass, sofern
Sie ein Mann sind, es in der Natur des Sex ist, mit leeren Taschen dazustehen.
Was sind die Auswege? Verändern Sie Ihren Sex. Es gibt in der asiatischen
Esoterik bekanntlich Techniken der Vermeidung des männlichen Orgasmus. Sie
müssen also zum Trading-Tantriker werden. Der erste Lernschritt im Tantra ist:
Nicht der Orgasmus ist das Ziel, sondern der Akt als solcher. Sex als Meditation.
Trading als Meditation.
Der einfachere Weg ist: die Dinge zu trennen. Sorgen Sie für ein erfülltes
Sexualleben und begreifen Sie Trading als Business, das Sie kalkuliert und cool
durchführen.
Trading kann und wird ebenso die Ersatzbefriedigung eines sozialen Bedürfnisses
sein.
„Ich muss dabei sein!“, dokumentiert einen Mangel an Zugehörigkeit. Wer einen
Trade im Markt hat, ist in der globalen Community der Trader dabei. Die kennen
Sie aber nicht persönlich und interessieren sich auch nur für Ihr Geld.
Der Zocker ist meist nur dabei verlorenes Geld wieder reinzuholen. Und wenn er
tatsächlich den Ausgleich geschafft hat, sagt er sich: „Nun will ich aber auch
Gewinn, damit sich die ganze Anstrengung gelohnt hat!“ Und damit geht es dann
meist wieder von vorne los.
Die Scham darüber, dass Geld verzockt wurde, einzugestehen und zu zeigen,
wäre ein befreiender Akt. In den Gruppen der Anonymen Alkoholiker (es gibt auch
„Gamblers Anonymous“) ist ein wichtiger Schritt der, bei dem sich der Teilnehmer
offenbart, „outet“. Durch die Anerkennung der Gruppe für diesen mutigen Schritt
wird die Scham zugelassen und gefühlt. Der nächste Schritt ist dann, dieses
Outing auch im ungeschützten Bereich der Angehörigen und Mitarbeiter zu tun und
den Verlust aus der Zocker-Zeit zu realisieren und den Entzug mit dem
Eingeständnis zu beginnen: „Es ist weg und ich bin nicht in der Lage, es je wieder
reinzuholen!“
Wenn Sie Verluste gemacht haben, die größer sind als das, was vertretbar und
erträglich ist: Stopp! Bevor Sie nicht aufgehört haben zu traden oder sonst wie um
Geld zu spielen, können Sie nicht in die Gewinnzone kommen. Sie müssen
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
301
unbedingt erst eine innere Reinigung vornehmen und Sie müssen Ihre
Finanzsituation konsolidieren und völlig im Griff haben.
Sie können nur Geld riskieren, welches 10% bis 20% Ihres Anlagekapitals darstellt.
Das restliche Anlagekapital sollte sichere Zinsen und Renditen einbringen.
Wo immer ein Risiko des Verlustes besteht, sollte dieses nur einen Teil des
Anlagekapitals betreffen, der verdaubar ist. Wenn Sie kein derartiges Anlagekapital
haben: Finger weg! Die Gefahr des Verzockens des Ersparten und hart
Erarbeiteten ist groß und Sie werden es wieder herausholen wollen und so
schnappt die Falle zu.
Wenn Sie Geld verloren haben und es schmerzt:
•
Was genau schmerzt? Ist es wirklich der Verlust von Geld, der schmerzt?
•
Der innere Mangel würde durch den Gewinn von Geld nicht beseitigt
werden.
•
Trennen Sie Trading und soziale Bedürfnisse. Trading erfüllt keine
Bedürfnisse. Es ist ein Sport für Erfüllte, die denen, die Erfüllung suchen,
die gnadenlose Wirklichkeit servieren.
„Sie machen also plötzliche Trades, die von Ihrem Handelsplan abweichen?“
„Ja, leider.“
„Erinnern Sie sich bitte mal an einen Moment, wo dieses passiert ist, genauer. Wie
war es genau?“
„Ich fühlte mich unruhig. Ich musste etwas tun.“
„Mussten Sie sich irgendwie Platz und Respekt verschaffen?“
„Ja, so kann man das nennen.“
Die Emotion der Unruhe weist auf eine Störung im sozialen Bedürfnis des
Respekts des Platzes und der Grenzen hin. Wenn dieses Bedürfnis erfüllt ist, fühlt
man innere Ruhe.
„Sicher ist Ihnen klar, dass Ihnen niemand Respekt zeigt, weil Sie einen Trade
gemacht haben, oder?“
„Hmm, aber es gibt schon das Gefühl, wer zu sein. ‚Ich bin im Markt’!“
„Könnte es sein, dass der Respekt Ihres Platzes und Ihrer Grenzen geschwächt
ist?“
„Wie meinen Sie das?“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
302
So eine Frage kann natürlich schon als respektlos aufgefasst werden. Wir müssen
also vorsichtig formulieren. Es kann helfen, den Klienten tiefer hineinzustoßen. Es
ist nur die Frage, ob er dann noch unser Klient bleiben will. Wir sollten nur mit
einem guten Kontakt zum Klienten diesen provozieren.
„Sie fühlen sich ja unsicher oder unruhig, bevor Sie Ihren Handelsplan
übergehen?“
„Ja, das stimmt.“
„Ich würde sagen, dass diese Unruhe nichts mit dem Markt zu tun hat, sondern mit
einer früheren Lebenssituationen, in der Sie sich unsicher über Ihren Platz fühlten
und evtl. unrespektiert.“
„Ach so. ja, das kann sein.“
„Wissen Sie, wann und wo das zuerst aufgetreten ist?“
„Nun ja, ich war der älteste Sohn und entsprach irgendwie nicht den Vorstellungen
meines Vaters. Als mein Bruder geboren wurde, bekam der mehr diese männliche
Unterstützung. Ich sollte wohl Mutters Sohn sein. Da fühlte ich mich schon nicht
respektiert, wenn mein Bruder etwas machen sollte oder durfte, was eigentlich mir
als Ältestem zugestanden hätte.“
„Ja, das kann einiges erklären. Sie spüren also immer diese Unruhe und sind sich
nicht sicher, ob Sie berechtigt sind Ihren Platz einzunehmen?“
„So in etwa, ja.“
„Gut, ich würde damit gerne eine Karma-Line-Klärung machen. Als erstes möchte
ich Sie nach der ursprünglichen Ursache befragen. Wir nehmen an, dass es ein
Erstereignis gegeben hat, an dem Sie zum ersten Mal, die für Ihr weiteres Leben
begrenzende Entscheidung getroffen haben: ‚Ich bekomme nicht den Respekt, den
ich als ältester Sohn verdiene!’ Wir wollen mal Ihre Intuition befragen, wann das
war. Wäre das O.K., das jetzt zu fragen?“
„Ja, das ist O.K.“
„Gut, wenn Sie es also intuitiv wüssten, und Ihr Unterbewusstsein wird auf eine
eigene Art antworten: Wann war die ursprüngliche Ursache für den Mangel an
Respekt. War diese Ursache vor, während oder nach der Geburt?“
„Mein Unterbewusstsein sagt: ‚Vor der Geburt.’“
„Im Mutterleib oder davor?“
„Im Mutterleib.“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
303
„Im wievielten Monat im Mutterleib? Lassen Sie eine Zahl hochkommen!“
„7.“
„Gut, nehmen Sie bitte Kontakt mit Ihrer Karma-Line auf. Schweben Sie über dem
Punkt ‚Gegenwart’ in die Höhe und zurück zu Position 1, fast über dem Ereignis,
das Ihr Unterbewusstsein als ursprüngliche Ursache kennt, dort im 7.Monat im
Mutterleib. Geben Sie mir ein Signal, sobald Sie dort sind.“
„Mm.“
„O.K. Dann gehen Sie zu Position 2 direkt über dem Ereignis, so dass Sie von dort
wahrnehmen können, was das Ereignis war. Das sind erst einmal nur Eindrücke,
Assoziationen und Gefühle. Es wird sich dann aber verdichten.“
„Ja, ich bin da bei meiner Mutter im Bauch. Meine Eltern haben ein Gespräch und
ich nehme das auf. Meine Mutter sagt, wie sehr sie sich darauf freut Mutter zu sein.
Mein Vater ist etwas zurückhaltend. Er liebt meine Mutter und er fühlt sich ein
wenig schuldig sie geschwängert zu haben und er beschließt, dass es ihr Kind sein
soll, auch wenn es ein Junge wird.“
„Er bringt also ein Opfer aus Liebe für Ihre Mutter. Das Opfer betrifft aber seine
Beziehung zu Ihnen.“
„Ja, so ist es.“
„Gut. Sie mögen jetzt alles Verstehen zu dieser Situation aufnehmen. Für welchem
Bewusstseinsschritt könnten Sie sich das so erschaffen haben? Was hat Ihnen
das für Ihr Leben gegeben?„
„Nun ja, ich bin nicht so ein Bastler und Fußballer und sonst wie typischer Junge
geworden, sondern habe mich eher für Kunst und Lesen interessiert. Und
eigentlich war das auch gut so. Ich liebe meinen Bruder zwar über alles, aber so
ein Raubein wie der und jedes Wochenende mit dem Motorrad unterwegs, wollte
ich auch nicht sein.“
„Gut, Sie mögen nun alles Lernen aufnehmen, welches in dieser Situation für Sie
enthalten war und dann zu Position 3 schweben. Das ist weiter zurück in die
Vergangenheit, höher und Sie drehen sich so, dass Sie Richtung Gegenwart
schauen, dort über Ihrer Karma-Line. Wie ist es dort?“
„Gut. Alles O.K.!“
„Wie ist es dort mit Ihrem Platz und dem Respekt?“
„Kein Thema. Ich bin der Erstgeborene, aber ich muss mich nicht so verhalten.“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
304
„Sie mögen sich nun vorstellen, dass aus den Tiefen des Weltalls eine Energie zu
Ihnen strömt, eine Energie von Sicherheit und Respekt. Diese können Sie durch
sich hindurch leiten, hinunter auf das jüngere Du dort im 7. Monat unten auf der
Karma-Line.“
„Gut, das fühlt sich gut an. So wird es rund.“
„Sie mögen dann bitte hinunter schweben in das jüngere Du hinein, dort unten auf
der Karma-Line. Sie mögen bitte überprüfen, dass die Erinnerung nun ohne einen
emotionalen Stress ist und Sie es einfach als eine Erinnerung aufnehmen können.“
„Ja, das ist O.K.“
„Schweben Sie nun wieder zu Position 3, vor oder gegenwartsferner zu dem
Ereignis, höher und mit Blickrichtung zur Gegenwart. Bitte schweben Sie nun
zurück zur Gegenwart. Auf dem Weg zurück mag Ihr Unterbewusstsein alles
Lernen aus mit diesem in Verbindung stehenden Ereignissen aufnehmen und alle
unerwünschten Emotionen loslassen. Das kann es ganz automatisch auf dem Weg
machen, bis Sie wieder hier sind.“
„Ja.“
„Unterbrechen wir kurz. Glauben Sie, dass Raumfahrt in Überlichtgeschwindigkeit
möglich sein wird?“
„Wie bei WARP 7? Keine Ahnung.“
„Ich habe auch keine. Gehen Sie nun bitte noch einmal mit Ihrer Karma-Line in
Verbindung. Gehen Sie an ein Ereignis aus jüngerer Vergangenheit, an dem Sie
sonst diese Unruhe hatten und stellen Sie fest, ob sich der Zustand geändert hat.“
„Ja, ich fühle mich entspannt.“
„Gehen Sie nun an ein Ereignis in der nahen Zukunft auf der Karma-Line. Sie
sitzen und warten auf ein Signal Ihrer Handelssoftware. Wie ist das?“
„Ich sitze und warte. Ich werde unruhig. Ich sage mir, dass es O.K. ist, nichts zu tun
und richtige Jungs auch warten und inaktiv sein könnnen sollten.“
„Bravo. Dann kehren Sie bitte zum Punkt Gegenwart zurück. Seien Sie bitte wieder
ganz Hier und Jetzt!“
Bei stärkerer Spiel-Sucht können auch die Drachen-Kreise anwenden und den
Klienten erfahren lassen, wie es ganz ohne Respekt ist und darunter.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
305
Der Klient muss lernen sich den Respekt woanders zu holen. Der Klient soll
erkennen, dass es in der Kindheit Missachtung seines Platzes und Ranges gab, er
oder sie nun als Erwachsener aber für den Platz selbst sorgen kann.
Es wäre gut, wenn sich der Klient einen Bodenanker oder einen Circle of
Excellence um seinen Trading-Platz schafft, in dem Respekt des Platzes und der
Grenzen geladen ist. Zusätzlich kann er sich seine „Heldenauszeichnungen“ auf
den Schreibtisch stellen und sie ihre „Mutterschafts-Orden“.
Es ist hilfreich Anker zu haben, an den man sich in schwachen Zeiten wieder
aufladen kann. Was bestätigt Ihnen Ihren Wert und Ihren Rang? Das kann auch ein
ganz ungewöhnliches Symbol sein. Und evtl. fühlt sich die Frau mit einem
Blumenstrauß von ihrem Liebsten auf dem Tisch besonders hoch im Rang und der
Mann mit den Bildern seiner Sprösslinge.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
306
22.
Fall 3: Kaufen am High, Selling am Low
„Ich verkaufe immer am Low und kaufe am High. Ich bin zu blöd!“
„Wenn Sie sich mal an eine Situation aus dem vergangenen Monat erinnern
mögen, in der das so war. Haben Sie eine?“
Als erstes wollen wir herausfinden, wie genau der Klient es macht, das blöde
Verhalten. Denn jeder hat da seinen ureigenen Weg.
„Ja, also letzte Woche, da habe ich einen Gold-Future bei 360 gekauft. Heute ist
der Preis bei 330. Dabei wusste ich doch, dass der Goldpreis übertrieben
gestiegen war. Aber ich musste. Gestern habe ich mich mit 30 Punkten Verlust
ausstoppen lassen. Wahrscheinlich steigt er nun wieder!“
„Kennen Sie das: Sie liegen immer genau daneben!?“
„Ja, leider nur zu gut.“
„OK, erinnern Sie sich bitte an den Moment kurz bevor Sie den Gold-Kontrakt long
gegangen sind.
Wie war das?“
„Nun ja, ich habe Gold schon eine Zeit beobachtet. Gold kommt eigentlich von 280
Dollar per Unze und hat eine ziemliche Bewegung gemacht. Ich war teilweise
engagiert und habe Gewinne gemacht. Dann habe ich es ein wenig verpasst
frühzeitig wieder einzusteigen. Aber ich wusste, dass der beste Einstieg bei einem
Dip ist, wenn der Markt wieder zurückkommt. Aber der Markt stieg und stieg. Ich
wollte nicht mehr abseits stehen. Es könnte sein, dass der Markt nie wieder fällt.
Ich musste rein. Mein Kollege würde mich auslachen. ‚Was du machst doch immer
Gold und jetzt ist er über 400 und du bist nicht dabei?’ Ich musste rein und wusste
in dem Moment, dass das der falsche Moment war.“
„Gut, Sie haben gesagt: ‚Ich wollte nicht abseits stehen.“
„Ja, es war so, als ob nun alle Gold kaufen, nur ich nicht, der gesagt hatte, dass
Gold steigt. Ich musste doch auch dabei sein.“
„Und Sie wollten auch im Kontakt mit dem Kollegen die Oberhand behalten?“
„Ja, so wichtig war das auch nicht.“
„Aber auch so ähnlich, nicht wahr?“
„Hmm, eventuell.“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
307
„Wenn Sie dabei sein wollen, dann ist es ja eine an sich anonyme Masse von
Gold-Tradern, bei der Sie dabei sein wollen. Wenn Sie sich mal bewusst machen,
wie Sie diese innerlich darstellen, so dass Sie zu sagen können ‚Da muss ich jetzt
bei sein!’“
„Hmm, also eigentlich höre ich das!“
„Was hören Sie?“
„Da schwillt so ein Gemurmel an. So ein Chor: ‚Gold, Gold, Gold!’“
„Da müssen Sie dann mitsingen!?“
„Ja, ab einer bestimmten Lautstärke muss ich mitbrüllen!“
„Gut, und sehen Sie da auch etwas?“
„Nein, eigentlich nicht!“
„Aber versuchen Sie es sich mal bewusst zu machen. Da ist auch etwas zu sehen
von der brüllenden Masse!“
„Ja, da sind so Farben, so ein Haufen der größer wird!“
„Sehen sie genauer hin, wie sind die Details?“
„Hmm ja, es ist eine Masse schreiender Menschen, die mit den Armen fuchteln.“
„Was fühlen Sie, wenn Sie diese sehen?“
„Ich finde Sie ein wenig albern. Ein wenig abstoßend eigentlich.“
„Wenn Sie also zusätzlich zu dem Gebrülle oder Gemurmel auch etwas sehen ist
der Drang dabei zu sein, nicht mehr so groß?“
„Ja, das stimmt. Wenn ich die Masse sehe, will ich weniger oder nicht in den Chor
einstimmen. Bei Chören sind ja oft alle gleich gekleidet. Das widerstrebt mir. Ich
will anders aussehen.“
„Wenn also der Gold-Markt auf 360 steigt und alles brüllt: ‚Kaufen, kaufen, kaufen!’
und Sie die dann sehen, die da brüllen, hätten Sie eine Distanz?“
„Ja, das stimmt. Ich würde zögern.“
„Gezögert haben Sie ja auch vorher.“
„Aber das war anders. Das war ja auch richtig, wenn ich das von jetzt aus
betrachte. Für den ganz großen Move war der Markt noch nicht reif. Das habe ich
ja gewusst und bin dann trotzdem eingestiegen, als ich es nicht mehr ausgehalten
habe.“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
308
„Und nun müssten Sie raus und das könnte der Startschuss für die große Rallye
sein!?“
„So ist es!“
„Das wird oft so sein. Da könnte man ein Handelssystem draus machen. Erst
einsteigen, wenn die, welche beim ersten Zucken reingesprungen sind, raus
müssen.“
„Sehr witzig. Aber zutreffend. Wie würde man das sehen?“
„Es findet eine kleine Rallye statt, der Markt kommt zurück und macht dann einen
Dip nach unten, als die Stopps rausgefegt werden und dann geht es los.“
„Also einsteigen, wenn es nach der Korrektur einen Dip gibt?“
„Ja. Bei anhaltender Großtrendeinschätzung indes. Es muss ja nicht funktionieren
und es kann auch sein, dass die kleine Rallye ein Reinlocken vor dem großen
Bärenmarkt war.“
„Und, nun?“
„Erinnern Sie sich an die Situation: Sie hören den Chor, der Sie zum Einsteigen
auffordert. Es ist ein innerer Chor.“
„Ja, höre ich.“
„Und nun sehen Sie auch den Chor. Wollen Sie noch mitsingen?“
„Nein, irgendwie nicht. Ich habe Abstand.“
„Das ist die Anweisung: Bevor Sie in den Markt einsteigen, machen Sie eine
visuelle Überprüfung! Sehen Sie sich das innere Bild an und fragen Sie sich, ob
Sie tatsächlich mitsingen wollen!“
„Ja, visuell habe ich besseren Abstand!“
„Manchmal macht man Geld, in dem man mitsingt, manchmal wenn man draußen
bleibt. Die Entscheidung ist mit Überblick und Distanz am besten zu treffen.“
„Danke.“
Bei dieser Intervention wurde also die unterbewusste Strategie des Klienten
herausgefunden und um eine Komponente erweitert, so dass er mehr
Wahrnehmungsmöglichkeiten und damit Wahlmöglichkeiten zur Verfügung hat.
„Börse“ könnte so einfach sein: Kaufen am Low, verkaufen am High. Warum
machen wir es eher meist umgekehrt?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
309
Wie ist es „im Leben“? Gehen wir in den Film, in den alle gehen? Müssen wir
mitreden können? Oder schauen wir uns einen extravaganten Film an, der zum
Überraschungserfolg wird und können so im Gespräch mit unseren Arbeitskollegen
Punkte machen, weil wir sie darauf hingewiesen haben, dass das ein guter Film ist
und sie auf ihren Parties damit Punkte machen können, wenn sie über diesen
erzählen können, bevor es die Zeitungen tun? Nun, da die Kinoketten in ihrer
Marktstrategie streng trendfolgend vorgehen, ist es schwer geworden im KinoBusiness noch antizyklisch Erfolge zu erzielen.
Wie ist es mit der Mode? Laufen Sie hinterher oder denken Sie sich etwas neues
aus? Diejenigen, die mit Mode Geld machen, denken sich natürlich etwas neues
aus und müssen wiederum in dem Umfeld der Modemacher neues bringen ohne
sich völlig aus dem kulturellen Kontext entfernt zu haben. Als Käufer in den
Modeboutiquen können wir noch trendfolgend ein paar Punkte machen, indem wir
ein wenig vor den Käufern in den Kaufhäusern mit etwas herumlaufen, mit dem in
einigen Wochen alle herumlaufen. Aber etwas ganz neues starten, können
vermutlich nur einige geniale Modedesigner und einige geniale Nonkonformisten in
New York, London oder anderen Super-Metropolen.
Ich kenne mich modemäßig eher nur mit Herrenmode aus. Nehmen wir Sakkos. In
den letzten Jahren wechselte die Mode von Sakkos mit langem Revers und 2
Knöpfen über Sakkos mit 4 Knöpfen, von den zwei geschlossen wurden zu Sakkos
mit drei Knöpfen und kurzem Revers, von denen zwei geschlossen wurden. Als
Trainer stehe ich vor Menschen, die durchaus darauf achten, wie ich herumlaufe.
Ich habe drei Möglichkeiten: Ich kann immer genau ein Sakkos im gegenwärtigen
Modegeschmack tragen, ich kann an einer klassischen Linie konsequent
festhalten, z.B. englisch-konservativ oder klassisch-italienisch Armani. Oder ich
kann immer extravagante Designer-Sakkos tragen.
Wir werden alle drei Strategien bei Menschen in der Öffentlichkeit beobachten
können:
•
Moderatoren von Nachrichtensendungen nehmen meist den ersten Weg:
Modegeschmack folgen.
•
Politiker den zweiten: klassisch konstant.
•
Kino-, Musik und Ex-Sportstars den dritten: konstant extravagant.
Auf die Börse übertragen: Die ersten versuchen einen Trend früh zu treffen, die
zweiten machen immer dasselbe und vertrauen darauf, dass die Börse das auch
tut, die dritten machen immer was anderes und vertrauen darauf, dass die Börse
beeindruckt ist.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
310
Es geht also um das angemessene Verhalten in sozialen Kontexten.
Man kann mit konformem wie mit non-konformem Verhalten Erfolg haben. Es
kommt auf die Strategie an. Als Konformist sollte man schnell sein. Als NonKonformist sollte man beharrlich sein.
Wer als Non-Konformist einknickt und mit der Masse mitlaufen will, läuft Gefahr
doppelt zu verlieren. Wer als Konformist nicht rechzeitig den Abgrund wittert, macht
genau so viel Gewinn wie die Masse.
Wer Gewinn machen will, muss riskieren können etwas zu verpassen. Wer auf
jeder Party bis zuletzt mittanzt, wird nicht unbedingt zum Beliebtesten. Die
Beliebten sind schon in den Betten, wenn auch nicht allein.
Auf jeden Fall sollten Sie die Klärungen auf der Karma-Line von Angst und Gier
durchführen. Gelassenheit ist immer hilfreich um im richtigen Moment mitzutanzen
und im richtigen Moment tanzen zu lassen.
Bei dem Fall des Verkaufens am Low gibt es in der modernen Finanzwelt zwei
Motivationen: Gier und Angst. Gier, wenn man an diesem Punkt mit einem Derivat
„Short geht“, also eine neue Position durch Leerverkauf eröffnet. Es ist hingegen
Angst, wenn man eine bestehende Long-Position am Low schließt.
Gier und Angst sind an sich nichts schlechtes. Es sind Emotionen, die uns im
Leben schützen und weiterhelfen. Der richtig Gierige wird motiviert sein für
Gewinne. Der Vorsichtige wird Stopps einhalten.
Wir müssen uns nur davor hüten, dass alte, unverdaute Gefühle in einer
spannenden Situation aktiviert werden und unsere Entscheidung negativ
beeinflussen.
Vielleicht kennen wir die Panik aus einem anderen Zusammenhang. Dann sollten
wir auf jeden Fall eine Karma-Line-Klärung von Angst oder sogar Panik
durchführen, damit die alte Emotion aus dem System gelöst wird.
Gier ist ein gesteigertes Verlangen. Verlangen heißt: Etwas ist unbefriedigt. Der
Trade wird es nicht befriedigen können. Der Trade ist nur eine Droge. Der
Gelassene und Gleichmütige wird dem Gierigen überlegen sein.
Wie wird man gelassen und gleichmütig? Betrachten Sie die Situation in einem
ganz großen Rahmen. Chancen an der Börse gibt es fortwährend. Die Börse ist
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
311
manifestierte Chance. Eine verpasste Chance ist nichts wirklich schlimmes. Es
kommt eine neue.
Machen Sie jeden Morgen eine kleine Meditation, ein kleines Gebet:
„Ich habe das Recht mein Leben zu leben.
Ich bekomme, was ich brauche.
Ich gehöre dazu.
Mein Grenzen und mein Platz sind geachtet.
Ich habe ausreichend Raum.
Ich bekomme Unterstützung und Anregung.
Ich bin es wert.“
Oder selbst-verursacht aktiv:
„Ich gebe mir Anerkennung und Wertschätzung.
Ich gebe mir Unterstützung und suche mir Anregung.
Ich gebe mir den Raum für Ausdruck.
Ich gebe mir den Respekt meiner Grenzen und meines Platzes.
Ich gebe mir Zugehörigkeit.
Ich gebe mir Zuwendung und Nährung.
Ich gebe mir das Lebensrecht.“
Orientieren Sie sich so auf Ihre Erfüllung. Trading ist ein Geschäft. Es erfüllt keine
Bedürfnisse. Es bringt „nur“ Geld.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
312
23.
Fall 4: Ein Verlust macht viele Gewinne platt
Ich habe viele Trader erlebt und beobachtet. Alle handelten die Gelder ihrer
Kunden nach bestem Denken, denn je mehr Gewinne sie machten, desto mehr
Kommissionen und Gewinnbeteiligungen konnten sie erzielen und desto länger
konnten sie das Konto halten und daran verdienen.
Meist konnte ich die Positionen der Kundenberater als Kontra-Indikator nehmen,
denn über kurz oder lang landeten deren Kundenkonten immer im Verlust. Dabei
bemühten sich diese durchaus und bauten durch stetige Gewinne und kleine
Verluste die Konten auf. Wieso verloren sie dennoch? Es war immer ein einziger
Trade, bei dem sie den Ausstieg verpassten. Und dieser eine Trade lief derart ins
Minus, dass sich das Konto nicht mehr davon erholte. Wie konnte das passieren?
Wenn man sich ein wenig mit der Psychologie des Tradens beschäftigt, wird klar,
dass es nahezu unausweichlich ist, dass es so kommt. Die Ursache ist „Webers
Gesetz“. Dieser fand einer der Pioniere der Psycho-Physik, der Leipziger Professor
Ernst Heinrich Weber (1795-1878).
Webers Gesetz: Ein Stimulus wird im Vergleich zu dem vorhergehenden Stimulus
bewertet.
Wenn also ein Gewinn gemacht wird, wird der nächste Gewinn im Vergleich zu
diesem bewertet. Wir machen einen ersten Gewinn von 30 Punkten. Diese
beziehen wir auf 0, da der Trade davor ja ein Nulltrade war. 30 Punkte, z.B. im
DAX-Futures, soll ein guter Gewinn sein. Der nächste Trade wird nun in Bezug auf
diesen bewertet und nicht in Bezug auf 0. Wenn dieser auch 30 Punkte ist, wird er
uns nicht so glücklich machen wie der erste. Wir werden daher einen höheren
Gewinn anstreben. Ein kleinerer Gewinn wird uns eher ein wenig langweilen. Und
so ist es bei jedem folgenden Trade, so dass unsere Erwartung immer höher wird.
Und unsere Bereitschaft den Trade mit kleinem Verlust mitzunehmen wird genauso
abnehmen. Wir werden die Verluste immer geringer bewerten und unachtsam
werden.
Mit dem in den vorherigen Kapiteln, besonders die Techniken in Kapitel 11, 12, 15
und eventuell 17, dargestellten können wir es einrichten, dass wir unsere
Erwartungshaltung immer wieder auf 0 stellen oder den Möglichkeiten anpassen.
Wir wollen uns selbst so managen können, dass die Erwartung bezüglich des
Einzeltrades nicht mit dem Gewinn steigt, sondern immer wieder auf 0 gestellt ist.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
313
Eine ähnliche Dynamik haben wir ja auch in unserem Leben und ein
unausweichlich zu scheinender Lebensfrust stellt sich gerade bei erfolgreichen
Menschen ein. Wenn wir immer wieder mit der Erwartungshaltung des Anfängers
an die Sache frisch herangehen, können wir uns auch wie dieser über kleine
Erfolge freuen. Wir sind aber keine Anfänger, wir haben Erfahrung. Wir sollten
daher unsere kurzfristige Erwartungshaltung immer wieder „ent-webern“. Nur dann
ist unsere Erwartungshaltung frisch, offen und auch vorsichtig.
Also, wie genau?
Unsere Erwartung ist durch eine Mentale Repräsentation bestimmt. An dieser
messen wir die aktuelle Situation. Trifft das Ergebnis die Erwartung, sind wir
zufrieden, sonst eher nicht.
Erwartung und Ergebnis unterscheiden sich in einer (oder mehreren, aber eine
wird meist der „Driver“ sein) strukturellen Qualität. Diese ist individuell
unterschiedlich und wir wollen diese erst einmal herausfinden.
Nehmen wir erst einmal ein Beispiel aus dem Alltagsleben:
Vielleicht fahren Sie jeden Tag eine Strecke zu Ihrem Arbeitsplatz. Der Verkehr
wird unterschiedlich sein. Sie werden unterschiedlich lange brauchen.
Ich möchte bei diesem Beispiel meine Erfahrung als täglicher Pendler mit dem
Auto von einem südlichen Vorort Hamburgs über die Elbbrücken in die Hamburger
City nehmen. Sie können den Vorgang auf einen eigenen Erfahrungsbereich, in
dem Erwartung und Ergebnis in einer Wechselbeziehung stehen, übertragen.
Das tägliche Verkehrsaufkommen auf der Strecke ist recht unterschiedlich. Es gibt
gewisse saisonale Muster: Montags ist mehr Verkehr, in Ferienzeiten ist das
Aufkommen an PKWs deutlich geringer.
Die Erwartung, mit der ich morgens losfahre, hat natürlich keinen Einfluss darauf,
ob Stau ist oder nicht. Es hat aber Einfluss darauf, wie ich gestimmt bin. Wenn ich
realistisch und gut gestimmt bin, treffe ich bezüglich der genauen Strecke und der
Wahl der Spuren (die betreffenden Autobahn ist drei bis vierspurig und es gibt eine
Seitenstrecke, die ein Umweg ist, der bei Stau dennoch schneller ist) günstigere
Entscheidungen. Wenn ich mit dem Stau hadere, verkrampfe ich mich und finde
mich meist in der langsamsten Spur wieder.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
314
Es ist eventuell auch gleichgültig, ob die Stimmung einen Einfluss auf die Fahrtzeit
hat (diese kann eine halbe Stunde bis zu 90 Minuten betragen). Wenn meine
Stimmung auch bei Stau und langer Fahrtzeit bei Ankunft gut ist, kann ich den
weiteren Tag wohlgestimmt beginnen und das hilft natürlich beim Trading oder bei
unternehmerischen Entscheidungen oder bei der korrekten Bestellung eines
„Grande low-fat Latte Macchiato mit Extra-Shot to go“ im Balzac Coffee Shop.
Also: Wie genau ist und wie genau verändert sich die Mentale Repräsentation der
Erwartung an den morgendlichen Weg?
Vor dem inneren Auge sehe ich Autos auf der Strecke, ruhig fließend. Das Bild ist
eher hell, scharf, es ist Bewegung darin, das Bild ist leicht oval und groß und links
vorne vor mir.
Vor dem inneren Ohr höre ich ruhiges Motorengeräusch, es kommt eher von
hinten, ist andauernd, tief, monoton.
Das somato-sensorische Gefühl auf der Haut ist neutral. Auffällig ist das Gefühl
von Geschwindigkeit, ein propriozeptives oder kinesthetisches Körpergefühl. Eher
ruhig.
Gerüche oder Geschmäcker sind mit der Mentalen Repräsentation der Erwartung
nicht verbunden.
Wie ist nun die Mentale Repräsentation der Erwartung verändert nach einem Tag
mit einer Fahrt in Rekordzeit?
Es ist heller und das kinesthetische Gefühl ist schneller geworden. Das Bild ist
etwas weiter weg.
Und wie ist es nach einer Fahrt mit Staus?
Es ist dunkler geworden und näher dran und das kinesthetische Gefühl natürlich
stockend und langsam.
Wir checken nun dieses drei einzeln durch, um herauszufinden, welche Qualität
den entscheidenden Einfluss hat oder ob es zwei oder alle drei sind.
Wir gehen von der ersten, der neutralen Repräsentation aus. Nun verändern wir
lediglich die Helligkeit. Die Veränderung bleibt auf die Qualität begrenzt, der Rest
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
315
bleibt unverändert. Wir drehen die Helligkeits-Schraube zurück auf die vorherige
Einstellung.
Wir stellen dann die Entfernung des Bildes unterschiedlich ein. Wenn es näher ist,
verändert sich auch das kinesthetische Gefühl, die Bewegung stockt. Wenn es
weiter weg ist, wird die Bewegung fließender und schneller. Die Entfernung des
Bildes ist also der Driver. Wir stellen wieder die Ersteinstellung ein.
Was machen wir nun mit dem Wissen um den Driver? Das hängt davon ab, ob wir
unsere Erwartung an die Fahrt auf easy, neutral oder „Es wird Stau geben!“
einstellen wollen.
Eventuell sagen Sie: „Natürlich auf ‚easy’! Dann geht alles leichter!“ Aber so
einfach ist es nicht. Gerade der Erfolg bringt größte Gefahr. Denn es gibt Staus.
Wir wollen nicht so naiv sein zu glauben, dass wir „Parkplätze mental kreieren
könnten“, wie es einige Motivations-Gurus glauben machen möchten. Wir möchten
vielmehr mit jeder Situation und Herausforderung angemessen umgehen können.
Wenn wir die Erwartungs-Einstellung auf „easy“ stellen und es ist Stau, sind wir
enttäuscht. Die neutrale Einstellung ist günstiger. Wir können bei der konkreten
Wahrnehmung der Situation ja flexibel anpassen. Vor der Fahrt sollten wir für alle
Möglichkeiten offen sein. Mit der Einstellung der Entfernung der visuellen
Komponente der Erwartungs-Repräsentation können wir immer wieder auf
„neutral“ stellen.
Die neutrale Repräsentation sollten wir ganz genau ermitteln. Denn nach einer
flüssigen Fahrt oder nach einer ganzen Woche flüssiger Fahrt ist unsere Erwartung
naturgemäß optimistischer. Wenn dann das Straßenbauamt zu der Überzeugung
kommt, dass eine gute Gelegenheit gekommen ist, eine Spur zu sperren, um die
weißen Markierungen nachzuziehen, und so unverhofft ein schöner Stau produziert
wird, sind wir erbost und gehen nicht rechtzeitig auf die rechte Spur. Denn es war
die Spur ganz links, die gesperrt wurde, und die beiden linken Spuren mussten
einfädeln, während rechts die LKWs vorbeiziehen konnten. „War doch klar,
wussten wir doch, dass rechts schneller ist!“ Zu spät. Tun muss man.
Nachträgliches Besserwissen interessiert nicht.
Wir werden bei einer statistischen Untersuchung der Fahrtzeiten feststellen, dass
der Fahrer, der seine Erwartung immer wieder frisch auf neutral stellt, die besten
Zeiten erreichen wird.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
316
Der Fahrer mit der pessimistischen Erwartung wird sich zwar nie ärgern, aber er
wird zu verhalten bei freier Strecke sein.
Die Übung ist also einfach: Ich bestimme die neutrale Einstellung des Drivers, der
Entfernung des inneren Bildes, und stelle des Morgens diese immer wieder auf
diese Einstellung ein.
Wie können wir das auf das Trading übertragen?
Ganz einfach: Sie haben einen Handelsansatz entwickelt und wollen diesen
konsequent und diszipliniert durchführen. Wie sieht die Mentale Repräsentation der
Erwartung aus?
Sie werden für den Moment des Erfolgs eine symbolische Darstellung aus
visuellen, auditiven, somato-sensorischen, gustatorischen und olfaktorischen
Elementen haben. Notieren Sie diese.
Nun läuft der Trade in ihre Richtung und Sie machen einen Gewinn. Alles nach
Plan. Nehmen Sie nun wahr, wie die Mentale Repräsentation der Erwartung sich
verändert hat.
Stellen Sie die Repräsentation der Erwartung zurück auf den Ausgangszustand.
Stellen Sie sich nun vor, dass es gegen Sie läuft (was aber ja immer noch gemäß
des erarbeiteten Handelsansatzes ist, 100% Trefferquote gibt es nicht.) und Sie
einen Verlusttrade machen. Wie ist die Mentale Repräsentation nun? (Und stellen
Sie diese dann auf die Ausgangsstellung zurück.)
Welche Qualität genau macht den Unterschied? Vergleichen Sie die einzelnen
Qualitäten und überprüfen Sie die, die unterschiedlich sind, auf ihre DriverQualitäten.
Stellen Sie sich nun wieder vor, dass Sie einen Gewinn-Trade gemacht haben. Die
Mentale Repräsentation der Erwartung ist verändert. Jetzt machen Sie noch einmal
denselben Gewinn wie beim ersten. Ist die Freude genau so groß, größer oder
kleiner? Gemäß unserer Theorie sollte die Freude etwas kleiner geworden sein.
Unsere Erwartung wird größer und wir stumpfen ab, das ist natürlich. Es ist aber
für die Disziplin nicht hilfreich.
Gehen Sie wieder zurück zu: Repräsentation nach einem ersten Gewinn. Stellen
Sie nun die Erwartungs-Repräsentation wieder auf den neutralen Zustand des
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
317
Beginns. Stellen Sie sich nun vor, dass wieder ein Gewinn eintritt. Die Freude wird
gleich sein wie beim ersten Gewinn.
„Beginners Mind is Right Mind!“, heißt es im Zen-Buddhismus. „Anfänger-Geist ist
rechter Geist!“ Wir können uns per Bewusstheit der Driver-Qualität der ErwartungsRepräsentation diesen Geist einstellen.
Es wird sinnvoll sein zwischen kurzfristiger Erwartung und langfristiger Erwartung
zu unterscheiden.
Bei der kurzfristigen sollten wir das eben beschriebene Verfahren des Einstellens
auf neutralen Zustand wählen.
Bei der langfristigen Erwartung kommen die Erwägungen aus dem Kapitel 19
Abschnitt „Planung und Strategie“ zum Tragen. Da unsere Performance hoffentlich
kontinuierlich steigt, sollte auch unsere Erwartung bezüglich unseres JahresErgebnis steigen. Sonst bringen wir sie gemäß unserer Erwartung immer wieder
auf 0.
Wir sollten die langfristige Erwartung als Gleitenden Durchschnitt flexibel gestalten
und außerordentliche Ergebnisse im Positiven wie im Negativen vernachlässigen.
Vielleicht sollten wir die Erwartung in Erweiterung der Aussagen in 19.10. so
wählen, dass wir das obere Bollinger-Band als Richtung nehmen, um eine gewisse
positive Dynamik drin zu haben. Es könnte dann aber sein, dass uns DrawdownPhasen zu sehr frustrieren. Selbstverständlich sollten Sie sich selbst Gedanken
machen und die langfristige Erwartung selbst wählen und eventuell so die
Fähigkeit erlangen, diese flexibel der Umgebung und den Wahrnehmungen
derselben anzupassen.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
318
24.
Fall 5: Gewinne zu früh mitnehmen
„Ich habe ein Handelssystem, welches eigentlich ganz gut ist. Ich nehme nur die
Gewinner zu früh raus.“
„Es ist also kein mechanisches System, sondern Sie treffen die Ein- und
Ausstiegsentscheidung nach bestimmten Parametern?“
„Ja.“
„Sind die Parameter eindeutig oder haben Sie Interpretationsspielraum?“
Die Frage ist, ob das System für diesen Trader ungeeignet ist, ob er einfach nur
undiszipliniert ist oder ob das System gar kein volles System ist und er
„diskretionär“ handelt.
„Eigentlich habe ich ein Gewinnziel und einen Trailing-Stop. In der Ausführung ist
natürlich etwas Ermessenspielraum. Ich gehe aber immer eher zu früh raus.“
„O.K. Wussten Sie, dass das genau das ist, was zu erwarten ist? Dass wir als
Menschen so gestrickt sind, dass wir nicht anders können?“
„Nein, wieso?“
„Sie haben vielleicht von der psychologischen Trading-Theorie des Behavioral
Finance gehört. Darin gibt es die sogenannte „Prospect Theory“ von Kahnemann
und Tversky, für die Prof. Kahnemann übrigens den Nobelpreis 2002 bekam. Prof.
Tversky ist leider gestorben, bevor er diesen bekommen konnte. Die Prospect
Theory weist nach, dass der Schmerz über Verluste ungefähr dreimal so groß ist
wie die Freude am Gewinn. Wir bewerten also Verlust viel höher als Gewinne. Sie
werden also im Trading immer den potenziellen Gewinn und den potenziellen
Verlust abgleichen. Dabei werden Sie vermutlich auch den wieder entgangenen
Gewinn als potenziellen Verlust werten. Lassen Sie uns das mal erproben.“
„O.K.!“
„Stellen Sie sich vor, Sie sind bei 3000 in einer Trendbewegung long gegangen im
DAX. Sie haben einen Stop von 20 Punkten und möchten 60 Punkte Gewinn
mitnehmen.“
„Gut, kann ich mir vorstellen.“
„Das Gefühl von Gewinnchance und Verlustrisiko ist ausgeglichen, bzw. die
Gewinnchance ist größer als das Verlustrisiko?“
„Ja.“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
319
„Das ist ein optimistisches Gefühl?“
„Ja, ich bin erwartungsvoll gestimmt.“
„Gut, nun steigt der Kurs auf 3010.“
„Das fühlt sich gut an, der Kurs läuft in meine Richtung.“
„Der Kurs läuft auf 3020.“
„Noch besser.“
„Der Kurs fällt wieder auf 3010.“
„Hmm.“
„Der Kurs steigt auf 3020.“
„Ja.“
„Ist das positive Gefühl nun dasselbe positive Gefühl wie beim ersten Mal 3020?“
„Nein. Ich bin ein wenig unsicher geworden.“
„Der schon erreichte Gewinn könnte verloren gehen?“
„Ja. Ich will nichts verlieren.“
„Nun steigt der Kurs auf 3030.“
„Ich fühle mich auf eher schwankendem Grund, aber ich würde weiter drin bleiben.“
„Gut. Nun fällt der Kurs wieder auf 3020.“
„Uh.“
„Nun fällt er auf 3010.“
„Oh je.“
„Nun geht er auf 3020.“
„Ich würde rausgehen. Ja, ich gehe raus.“
„Danach geht er auf 3030, 3040, 3050, 3060.“
„Klar.“
„Als erstes sollten Sie sich keine Vorwürfe machen oder irgendwie negativ
beurteilen. Es ist das ganz natürliche menschliche Verhalten. Sie können gar nicht
anders. ‚Gewinne laufen lassen’ ist schwierig für uns.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
320
Wir wollen das mal herausarbeiten. Dann könne wir auch Techniken der Lösung
anbieten. Erinnern Sie bitte die Ausgangssituation. Sie hatten eine Erwartung an
möglichem Verlust von 20 Punkten und eine Erwartung von Gewinn, 60 Punkte.
„Wie fühlen Sie die beiden, bzw. wie nehmen Sie diese wahr?“
„Das Risiko ist so ein leicht mulmiges Gefühl im Solarplexus.
Die Chance auf Gewinn ist ein freudiges Gefühl in der Brust.“
„Ich nehme an, dass beide durch Bilder und Töne, Stimmen verbunden sind. Was
sehen Sie vor Ihrem inneren Auge, wenn Sie an das Risiko denken?“
„Ich sehe ein Zahl mit einem minus auf dem Kontoauszug und den Chart mit einer
Bewegung nach unten auf 2980.“
„Was hören sie, was sagen Sie zu sich selbst?“
„Hmm, so etwas wie ‚Schade’. Und ein Seufzer vielleicht.“
„Gut, nun zur Gewinnchance.“
„Da sehe ich den Chart gestiegen auf 3060 und ich sehe mich auf einer Veranda
beim entspannten Frühstück mit meiner Freundin und die Sonne scheint. Ich höre
Lachen.“
„Gut. Danke.
Das Helle bei dem Bild von Chance ist stärker als das Dunkel bei Risiko. Es gibt
also ein Gesamtbild aus der Mischung. Auf der einen Seite scheint die Sonne und
hinten in der Ferne sind ein paar Wolken?“
„Ja, so passt es.“
„Gut, gehen wir also auf 3010.“
„Die Sonne wird heller und die Wolken verblassen.“
„Gehen wir auf 3020.“
„Es wird schön warm.“
„Wieder auf 3010.“
„Oh. Jetzt sind da Wolken.“
„Sind da mehr oder weniger Wolken wie bei dem ersten Mal 3010?“
„Mehr.“
„Sind da mehr oder weniger Wolken wie beim Anfang bei 3000?“
„Ja genau so viele sind es!“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
321
„Das Verhältnis von Gewinn zu Chance wird also jetzt wie am Anfang bewertet.“
„Ja, irgendwie ja.“
Das Verhältnis am Anfang war 60:20, nun ist es auch 60:20. Es ist auf dem ganzen
Weg 60:20. Wir bewerten aber die Wahrscheinlichkeit unterschiedlich. Beim ersten
3010 hat sich die Wahrscheinlichkeit für die Chance scheinbar verbessert: Wir
zählen 10 Punkte hinzu und bei Risiko ab, also 70:10. Bei 3020 sind wir schon bei
80:0. Beim zweiten Mal 3010 zähen wir den entgangenen Gewinn dem Risiko
hinzu. Wir gehen nicht auf 70:10, sondern auf 60:20, weil wir zusätzlich zum
Neuberechnen den entgangenen Gewinn hinzurechnen. Das zweite mal 3020 ist
dann nur noch wie 70:10.
Wir sollten also bewusst die Mentalen Repräsentationen von Chance und Risiko
wieder herstellen.
Sie können auch ein kleines Experiment machen, besonders wenn Sie BehavioralFinance-Mensch sind: Stellen Sie sich vor, dass Sie 200 Punkte Gewinn machen
können und ermitteln Sie die Mentale Repräsentation von diesem Zustand des
Gewinnens.
Dann stellen Sie sich vor, dass Sie 200 Punkte Verlust machen. Wie ist die
Repräsentation? Was macht den Unterschied aus? Wie genau ist das eine die
Repräsentation von Gewinn und die andere die Repräsentation von Verlust?
Die 200 Punkte Verlust fühlen sich dreimal so schmerzend an wie die 200 Punkte
Gewinn freudig. Wie ist das durch die Repräsentationen kodiert?
Es könnte sein, dass die Verlustrepräsentation dreimal näher ist oder dreimal
dunkler oder dreimal lauter oder dreimal das, was den Unterschied ausmacht.
Nun, verändern Sie genau diese Komponente. Verändern Sie diese so, dass
Verlust und Gewinn gleich sind, gleich weit weg oder gleich hell/dunkel oder gleich
laut/leise oder was immer die unterscheidende Qualität ist.
Sind nun Schmerz und Freud gleich? Sie können es sogar umdrehen. Wenn
„Entfernung des Bildes“ die entscheidende Qualität ist: Machen Sie die
Repräsentation von 200 Punkte Gewinn 3 mal so nahe wie die von 200 Punkte
Verlust. Die Freude sollte nun größer als der Schmerz sein.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
322
Vorsicht. Die Grundeinstellung gemäß der Prospect Theory hat sich in einigen
tausend Jahren der Evolution gebildet und bestätigt. Wir sollten damit nicht
unbedacht umgehen. Sie können sich vorstellen, dass eine bleibende Veränderung
weitreichende Folgen für unser Verhalten haben könnte.
Im NLP (Neuro-Linguistischen Programmieren) ist die durch die Veränderung des
aus Mentalen Repräsentationen und deren Qualitäten bestehenden ProgrammCodes erwirkte Veränderung auf Einstellung und Verhalten erstmalig erprobt und
erforscht worden.
Von der Wissenschaftsseite her sollte für den Umgang mit Qualitäten besonders
die „Lehre von den Zeichen“, die Semiotik, für uns interessant sein. Hier gibt es
bereits Richtungen der Bio-Semiotik und Psycho-Semiotik. „Neuro-Semiotik“ wäre
evtl. ein Name für ein erweitertes, bzw. auf das Wesentliche konzentrierte, NLP.
Zurück zum Klienten:
„Also, Sie sind bei 3000, haben einen Stopp bei 20 Punkten Verlust und wollen 60
Punkte Gewinn mitnehmen.“
„Jo.“
„Nun geht der Kurs auf 3010. Die Sonne ist heller geworden und die Wolken
weniger.“
„Jo.“
„Machen Sie nun die Sonne wieder etwas dunkler und ein paar Wolken rein, so
dass die Repräsentation wieder wie bei 3000 ist.“
„Gut, mach ich.“
„Nun geht es auf 3020 und, nachdem Sie sich die Sache angeschaut haben,
machen Sie die Repräsentation wieder wie bei 3000.“
„Jo.“
„Machen Sie jetzt jedes Mal wieder wie bei 3000.“
„Geht los!“
„3010.“
„3020.“
„3030.“
„3020“
„3010“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
323
„3020.“
Und?“
„Watt? Und?“
„Gehen Sie nun raus?“
„Nö.“
„Wieso nicht?“
„Ich will doch 60 Punkte Gewinn. 60!“
„3030.“
„3040.“
„3050.“
„3060.“
„Das passt.“
Wir können es also üben und lernen und nach einigem Trainieren wird sich die
Einstellung des Verhältnisses von Gewinn und Verlust automatisch regeln.
Aber Obacht! Sobald Sie merken, dass Sie zu früh realisieren, müssen Sie das
wieder bewusst durchführen und überprüfen! Geht ja sekundenschnell, wenn man
weiß, wie es geht.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
324
25.
Fall 6: Ungünstige Zufälle
Unsere Macht eine Welt zu erschaffen ist eventuell größer, als wir denken. Dieser
Satz klingt widersprüchlich, denn es ist ja Denken, mit dem wir die Welt erschaffen.
Es müsste genauer heißen: Unsere unterbewusste Macht eine Welt zu erschaffen
ist größer, als wir bewusst denken.
Selbsterfüllende Prophezeiungen erzeugen genau das, was wir erwarten. Wir
fühlen uns gut, weil bestätigt. Nur leider sind die Prophezeiungen meist negativer
Art und wir fühlen uns dann gut und bestätigt, dass das Negative eintrifft und wir
eben nur arme Opfer sind und eigentlich keine Verantwortung haben. Dabei haben
wir genau die Verantwortung.
Was uns alarmieren sollte, sind „Zufälle“. Wenn Sie feststellen, dass es eine
Verkettung unglücklicher Zufälle gibt, die für Verluste verantwortlich ist, sollten Sie
sich das genauer anschauen.
So wie dieser Trader, wir nennen ihn Donald, der im Coaching klagte: „Immer,
wenn ich die Chance für einen Gewinntrade habe, fällt das Telefon aus!“
Ähnlichkeiten mit bekannten Personen aus Entenhausen sind rein zufällig.
„Bei Ihnen fällt also mitunter das Telefon aus?“
„Ja, es ist wie verhext. Bestimmt steckt Gundel Gaukeley dahinter. Andere Leute
haben keine Telefonausfälle. Mein Vetter Gustav, der Glückspilz, bekam sogar
einen TDSL-Freifahrtschein.“
„Und wenn Sie einen Verlust-Trade durchgeben wollen, funktioniert es?“
„Ja, blöderweise. Es ist nur bei den richtig guten Situationen am Markt, wo das
Telefon und meine Internetverbindung zusammenbricht.“
„Ich muss Sie vorwarnen, Herr Donald. Ich werde Ihnen sagen, dass Sie dafür
Verantwortung haben!“
„Ich. Aber nein. So ein Quatsch.“
„Wer sonst?“
„Na, die Telefongesellschaft!“
„Aber die Telefongesellschaft ist, wie solche Gesellschaften eben sind. Sie wird
Ihnen keinen Cent für Ihre entgangenen Gewinne zahlen.“
„Ne, keinen Cent. Die wissen noch nicht einmal, was Trading ist.“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
325
„Haben Sie es schon einmal mit einer anderen Gesellschaft versucht?“
„Ja. Natürlich. Dasselbe Spiel.“
„Es wird überall dasselbe Spiel sein. Es ist Ihre unterbewusste Schöpfung!“
„Wie meinen Sie das?“
„Ich denke, dass unsere Power größer ist, als wir denken. Wir beeinflussen die
Welt derart, dass wir Zufälle erschaffen. Das ist Magie. Leider ist es meist negativ
wirkende Magie, denn wir suchen Entschuldigungen für unser Versagen. Dieselbe
Kraft könnten wir positiv nutzen.“
„Dann könnte ich ja eine mentale Telekommunikations-Werkstatt anbieten, die
weltweit Verbindungen flickt.“ Donald wollte sich mit Ironie retten.
„Nein. Sie können nur Ihren eigenen Bereich erschaffen. Wenn andere
Entschuldigungen brauchen, müssen Sie denen das schon lassen. Es gibt
kollektive Schöpfungen und es ist natürlich sinnvoll, diese zu beeinflussen. Wir
sollten aber bei uns selbst anfangen, das ist das sinnvollste.“
„Ich weiß nicht.“
„Nun gut. Sie sind ja hier und nicht die Telefongesellschaft. Sie möchten etwas
verändert haben. Der einzige, der etwas verändern kann, sind Sie. Wenn Sie
zusätzlich zur Telefongesellschaft noch jemand suchen, den Sie für ihre Verluste
verantwortlich machen können, sind Sie bei mir falsch.“
„Na hören Sie.“
„Ja, das ist Ihre Einstellung. Irgendjemand anderes muss Schuld sein. Wollen Sie
Gewinne oder wollen Sie Entschuldigungen?“
„Na, Gewinne.“
„Sind Sie sich da wirklich so sicher? Lassen Sie uns einen Armtest machen.“
Muskeltests kenne ich aus der Kinesiologie. Sie geben untrügliche, bewusst kaum
beeinflussbare Signale. So gut wie ein Lügendetektor. Der Muskel hat eine
gewisse Kraft und Spannung und eine Energie fließt durch ihn hindurch. Wenn im
Kopf indes gleichzeitig ein Stressgedanke auftaucht, lässt die Aufmerksamkeit und
die Spannung für den Muskel nach.
Wenn der Gedanke keinen Stress bereitet, wird der Muskel einem Druck des
Testers standhalten. Ansonsten wird der Muskel schwach reagieren.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
326
Es kann jeder Muskel genommen werden. Es ist meist üblich den Trapezmuskel in
den Schultern zu nehmen. Diesen kann man durch Druck auf den ausgestreckten
Arm gut testen. Voraussetzung für ein gutes Testen ist, dass der Wasserhaushalt
des Klienten ausreichend ist und dass keine Störfelder durch elektrische Geräte
oder Quarzuhren bestehen.
Der Tester muss sich als erstes auf die Signale durch den Muskeltest kalibrieren.
Er stellt eine mit „Ja“ zu beantwortende Frage und stellt fest, wie es ist, wenn der
Muskel stark ist. Dann stellt er eine mit „Unzutreffend“ zu beantwortende Frage und
stellt fest, wie der Muskel schwach wird.
Es lohnt sich den Muskeltest zu erlernen.
Zurück zu Donald.
„Sagen Sie jetzt laut: ‚Ich bin Donald!’ und ich drücke dann auf den Arm und Sie
halten dagegen! Los!“
„Ich bin Donald!“
„Gut. Der Muskel hat stark getestet. Jetzt sagen Sie: ‚Ich bin Kater Karlo!“, und ich
teste wieder.’“
„Ich bin Kater Karlo!“
„Er hat wie erwartet schwach getestet. Und nun sagen Sie bitte laut: „Ich will
Gewinne!“
„Ich will Gewinne!“
„Ooops!“
„Sie haben zu stark gedrückt!“
„Donald, wann wollen Sie Verantwortung für Ihr Leben nehmen und nicht jemand
anderes für verantwortlich und schuldig erklären?“
„Das tue ich doch!“
„Dann übernehmen Sie auch Verantwortung dafür, dass Sie kein Gewinner sein
wollen. Erst wenn Sie das anerkennen, können wir dran arbeiten und es ändern.
Und dann geht auch wieder das Telefon!“
„Ich erkenne es an!“
„Gut, dann können wir weiter machen.“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
327
Wir können nun die Ursache für den Glauben, ein Verlierer zu sein, in der
Vergangenheit feststellen und auflösen oder verändern.
Wir können auch erst einmal Verhalten und Intention voneinander trennen.
„Donald, was gibt es Ihnen ein Verlierer zu sein?“
„Was es mir gibt? Das gibt mir nichts!“
„Für irgendetwas müssen Sie diese Verhalten oder diese Einstellung zu sich selbst
gewählt haben, ob bewusst oder unbewusst. Wofür könnte es gut sein?“
„Ich bin dann nicht angreifbar.“
„Nicht angreifbar?“
„Ja, man erwartet nichts soviel von mir und kann mich dann auch nicht dafür
angreifen, dass ich etwas nicht erreicht habe.“
„Ja, das verstehe ich. Der Verlierer hat nicht so viel zu verlieren. Du willst dich also
auf diese Weise schützen!?“
„Genau.“
„Aber: Schützt dich das wirklich? Wenn du nichts zu schützen hast, ist der Schutz
ja nicht viel wert.“
„Grumpf.“
„Wer könnte dich angreifen? Vor wem willst du dich schützen?“
„Vor den Leuten.“
„Ja, dann brauchst du aber auch nicht traden. Das bringt ja nur etwas, wenn du
gewinnst. Geld loswerden kannst du auch anders und hast mehr davon.“
„Das stimmt nun auch wieder.“
„Also: Wie wäre es Gewinner zu sein und dich schützen zu können und nicht
angreifbar zu sein?“
„Das wäre gut.“
„Dann lass uns das angehen. Wusstest du, dass es deine angeborene Natur ist,
Gewinner zu sein und Schutz zu haben?“
„Weiß nicht.“
„Ja, es ist unsere Natur. Du brauchst nichts tun, du brauchst nichts lernen, du
musst einfach nur so sein, wie du bist. Es gäbe aber einiges zu verlernen und
loszulassen. Wärest du dazu bereit?“
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
328
„An sich schon.“
„Als erstes wollen wir das mit dem Schutz angehen. Du hast also die Befürchtung
angegriffen zu werden?“
„Ja, hab’ ich.“
Wir arbeiten jetzt per Karma-Line die Traumatisierung des Bedürfnisses des
Respekts der Grenzen durch. Donald hat offensichtlich als Kind nicht so sein
dürfen, wie er ist. Hinzu kommt, dass er irgendwann beschlossen hat, Verlierer zu
sein. Diese begrenzende Entscheidung können wir auch per Karma-Line auflösen.
Eventuell sind beide Ursachen identisch,
Wir können dann die Selbst-Repräsentation als Trader verändern. Dazu ist es
hilfreich eine Sache zu finden, in der Donald gut ist. Schnattern und Schimpfen
zum Beispiel. Wir finden raus, welche strukturelle Qualität die Stärke kodiert und
passen die Trader-Repräsentation dementsprechend an. Das ist aber erst
ökologisch, wenn die Sache mit dem Schutz klar ist. Eventuell sollte Donald noch
ein paar Strategien üben, mit der er sich vor Anfeindungen schützen kann.
„Was sagst du, Donald, wenn jemand sagt: ‚ Eh, Donald, bist du jetzt großkotzig
geworden und willst als Trader Furore machen? Das ist doch nichts für dich?“
„Ich sage: Trading ist für Loser, denn nur die können mit Verlustphasen umgehen.“
„Ja, ich merke, du hast es begriffen, wie du dich zu schützen hast. Aber bist du nun
auch in der Lage Gewinne zu machen?“
„Mach den Armtest!“
Donald war nun mutig geworden. Er konnte die an der Börse
erfolgversprechendste Identität annehmen: der transformierte Verlierer. Das ist der
Mensch, der es kennt zu verlieren und damit umzugehen gelernt hat und nun
jenseits der Identitäten kühl und kalkuliert an die Börse herangeht und diese
einfach wie ein Fischer sieht, der zur Laichzeit seine Aalreuse in den Fluss hängt,
weil er weiß, dass die Aale diesen Weg nun mal nehmen müssen. Das ist
irgendwie langweilig, aber es nährt den Mann und die Familie. Aufregung holt sich
dieser als Zuschauer beim Boxkampf, wenn sich andere den Kopf einhauen.
Gewinnen lassen.
Wir machten also den Armtest mit Donald. Bei „Ich mache kontinuierlich Gewinne
beim Trading!“, testete der Muskel nun stark. Er weiß sich nun zu schützen, auch
gegen die Dagoberts und Gustav Gänse.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
329
26.
Fall 7: Stress, Burnout
„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel!“ Diesen berühmten Satz des Fußballtrainers
müssen natürlich auch Trader berücksichtigen.
Futures-Trading im kurzen Zeitrahmen ist ein Job der schnelle Entscheidungen.
Die Verarbeitung von sehr vielen Informationen verlangt volle Konzentration.
Es wird beim Trading reichlich Adrenalin ausgeschüttet und es ist nicht leicht nach
dem Trading von dem Pegel wieder herunterzukommen.
Wenn der an sich für Hochleistung positive Stress, der während des Tradings
aufgebaut wird, nicht wieder abgebaut wird, brennt der Trader auf kurz oder lang
aus. Es ist darauf zu achten, dass das innere System Zeit bekommt den Stress zu
verdauen.
Betäubungen wie Alkohol können da zwar helfen, bilden aber langfristig ein
zusätzliches Problem. Am besten ist Sport und Entspannung in Sauna und
Wellness-Bad.
Die vorgestellte zentrale Technik zum Abbau von Emotionen per Time-Line oder
Karma-Line kann sehr helfen.
Was passiert bei Stress genau?
In unser System einkodiert ist der Kampf- oder Fluchtreflex. Bei Bedrohung hauen
wir ab. Wenn es keinen Ausweg gibt, greifen wir an.
Diese Verhaltensweisen sind im sog. Mandelkern, der Amygdala, des
Zwischenhirns einprogrammiert. Die Verbindungen von der Amygdala zum Cortex
sind wesentlich stärker als umgekehrt. Die Angstimpulse sind wesentlicher leichter
und schneller im Denkapparat, als dass dieser den in der Amygdala gespeicherten
Reflex stoppen kann.
Wir können die Beeinflussung unserer Angstprogramme natürlich trainieren und so
zu einer Verstärkung der neuronale Bahnen vom Neo-Cortex zur Amygdala
stärken. Das sollten Sie unbedingt tun.
Was macht Ihnen alles Angst? Ist die Angst berechtigt, hilft Sie Ihnen? Oder ist die
Bedrohung nicht eigentlich weniger als lebensgefährlich?
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
330
Ob Sie eine Prüfung bestehen oder nicht, ob dieses ein Gewinntrade wird oder
nicht: Sterben werden Sie von einem Misserfolg nicht.
Das war in den Zeiten, in denen unsere Neurologie entstand, anders. Eine
Verzögerung oder falsche Einschätzung der Gefahr konnten tödlich sein. Bären
sind schnell. Wir sind heute noch genauso alarmiert. Wenn die Bären am Markt
angreifen, wird der uralte Reflex aufgerufen und wir fliehen oder fighten.
Der Stress ist also die Folge einer Fluchtreaktion. Es wird etwas als bedrohlich
wahrgenommen, die Nebennieren schütten Adrenalin aus, der Körper spannt sich
an, die Amygdala sendet: „Danger! Danger!“
Wenn wir unser Risiko-Management eingerichtet haben, kann uns eigentlich nichts
wirklich erschrecken. Wir haben unseren Handelsansatz so gewählt, dass das
maximale Risiko uns nicht schmerzt. Aber weiß das auch unser Inneres Kind?
„Spekulation, das ist gefährlich!“, hat unser Kind oft gehört. Das sagten die
Altvorderen, traditionell, konservativ, orthodox. Damit meinten sie die Investition in
Aktien. Die Spekulation in Derivaten würde die Altvorderen zum Ausflippen bringen.
„Aber Opa hat gesagt, dass nur Sparen gut ist!“ Ja, aber Opa wusste nicht, dass
Sparen mittlerweile ein sicheres Verlustgeschäft ist, da die Geldentwertungsrate
höher ist als der Sparzins. Man könnte nicht einmal sagen, dass es hochriskant ist.
Es ist das gleiche wie das Verbrennen von Geldscheinen, was eigentlich verboten
ist.
Aber beim Futures-Trading kann man natürlich mehr als das Sparbuch verlieren.
Ja klar, wenn man Margin und Einsatz gleich setzt. Wer 100.000 hat, 5.000 per
Kontrakt Margin braucht und dann 20 Kontrakte handelt, ist natürlich bei einem
„Risk of Ruin“ von 100% in Dauerpanik.
Wenn aber alles gut berechnet ist und dennoch Stress da ist? Wir müssen
natürlich Aufregung und Stress unterscheiden. Es soll natürlich interessant und
aufregend sein, das Trading. Sonst könnten wir ja auch für das Geld arbeiten
gehen.
Aber Stress? Flucht-Reaktion? Dann müssen wir das Innere Kind befragen, ob es
das Risiko vielleicht überschätzt und auf die falschen Ratgeber hört.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
331
Generell bei Stress: Aus der Inneren Ebene des Kindes verschwinden und in
Akteur oder besser noch in den Inneren König gehen! Aus einer weiteren
Perspektive sieht es anders aus.
Es gibt einige rein körperliche Maßnahmen, die bei Stress sofort ergriffen werden
können:
Klopfen der Thymusdrüse
Die Thymusdrüse kann durch leichtes Klopfen angeregt werden. Sie liegt im
oberen Brustbereich. 10 bis 12-maliges leichtes Klopfen mit der leichten Faust regt
sie an. Sie schüttet dann entspannende Neurohormone aus.
Ausgleich der Gehirnhälften
Stress entsteht meist durch Fixierung des Problems in der Gehirnhemisphäre,
welche Details verarbeitet. Das ist beim Rechtshänder die linke Hirnhälfte und
beim Linkshänder meist die rechte.
Eine Möglichkeit des Ausgleichs ist das de-fokussierte Sehen. Schauen Sie auf
einen Punkt an der Wand. Dann versuchen Sie, während Sie auf den Punkt
schauen, auch zu sehen, was in Richtung der Ohren links und rechts (gleichzeitig!)
liegt. Und schauen Sie über den Punkt an der Wand hinaus in die weiter Ferne!
In der Kinesiologie sind sog. Über-Kreuz-Bewegungen bekannt, die auch helfen,
die Hirnhälften zu integrieren. Fassen Sie mit der linken Hand an das rechte
Ohrläppchen und mit der rechten an das linke. Oder: Klopfen Sie abwechselnd mit
der rechten Hand auf das linke Knie und mit der linken auf das rechte Knie!
Darmwand entspannen
Emotionale Energie wird in der Darmwand verdaut. Wenn diese überlastet ist, baut
sich die Stressenergie auf. Setzen oder legen Sie sich also hin und legen Sie eine
Hand auf den Bauch. Atmen Sie in den Bauch und lassen Sie zu, dass sich der
Darm entspannt.
Karma-Line-Klärung
Generell aber, sollten die aufgelaufenen emotionalen Ladungen täglich mit einer
Karma-Line-Klärung geklärt werden. Die tägliche Karma-Wäsche erspart
Wiedergeburten! „Aber ich will doch ganz oft wiedergeboren werden!“, sagen Sie
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
332
vielleicht. „Vorsicht!“, kann der Wissende nur antworten: „Die Begeisterung für das
irdische Leben nimmt über die Inkarnationen ab und Sie wissen nicht, was es über
das irdische Leben hinaus gibt!“ Sie müssen natürlich die Kindermärchen von
einem Himmel mit langweiligem Harfenspielen und einer Hölle mit Fegefeuer
loslassen. Diese stammen aus dem Mittelalter und sind Märchen. Sie wissen ja
auch, dass interstellare Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit („Gehen Sie auf
WARP, Mr. Zulu!“) nicht möglich sind.
„Guten Tag, was gibt es?“
„Ich bin so müde und ausgebrannt.“
„Wie ist das entstanden?“
„Ich bin Daytrader und handle von morgens um 8.00 den Bund-Future bis abends
um 22.15 den E-mini-S&P.“
„Und wann entspannen Sie sich davon?“
„Entspannen? Das Trading ist meine Entspannung von der Familie. Mein Frau und
die 3 Kinder machen mich fertig!“
„Ja dann. Haben Sie schon mal über das Forex-Trading nachgedacht? Das geht
24 Stunden.“
Trading ist gut im Team, damit man beruhigt in Urlaub fahren kann, weil die
Kollegen auf den Markt aufpassen und man keine Situationen verpasst.
Trading ist gut mit einem mechanischen Handelssystem, welches stoisch den
Markt handelt ohne dass man fortwährend hyperwach sein muss.
Trading ist gut bei viel Ausgleich: Wellness, Massage, Sport, frische Luft. Man kann
ja den Markt per Handheld und SMS verfolgen. (Nein, bitte tun Sie das nicht!)
Sie werden den meisten Tradern überlegen sein und Gewinne machen! Denn
diese verlassen sich auf die altbewährten Methoden der Betäubung!
Als mit mental und emotional Fitness gewappneter Trader werden Sie den Inneren
Gewinner in der äußeren Welt manifestieren! Gewinnen fängt bei einem selbst an.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
333
27.
Zusatzkapitel: Der vollständige Handelsplan
27.1.
Die 8 Komponenten einer Börsenstrategie
27.2.
Trendfolge oder Antizyklisch
27.3.
Positions-Trading versus Daytrading
Die folgenden Angaben entstammen den Kursmaterialien des Futures-Kurses von
Grube Trainings GmbH. Über diesen erfahren Sie mehr unter www.futurestrainings.de.
Um überprüfen zu könne, ob wir dem Klienten tatsächlich die Blockade nehmen
wollen, müssen wir wissen, ob dieser einen vollständigen Handelsplan hat.
Ohne einen solchen können wir zwar die Blockade beseitigen. Es wird dann aber
Verluste geben und wir werden evtl. als Coach Gewissensbisse haben.
Ein vollständiger Handelsplan umfasst detaillierte Informationen zu folgenden 8
Punkten:
27.1.
Die 8 Komponenten einer Börsenstrategie
Die folgenden 8 Topics soll unser Handelsplan also umfassen und beantworten:
27.1.1.
Wahl der Börse
27.1.2.
Wahl des Marktes
27.1.3.
Szenarien, die einen Vorteil ermöglichen
27.1.4.
Entry (Eröffnung einer Position)
27.1.5.
Exit (Schließen einer Position)
27.1.6.
Risiko-Management
27.1.7.
Money-Management
27.1.8.
Psychologie der Selbst-Disziplin
Hier nun die Fragen in diesen Topics etwas detaillierter:
27.1.1.
Wahl der Börse
Börse soll hier allgemeiner gemeint sein: Art des Anlageinstruments, vielleicht
sogar: Lebensbereich. Denn der Ansatz ist eigentlich auf alle Lebenslagen
anzuwenden und da kaum ein komplexer, non-linearer Bereich so durchgearbeitet
ist wie die Börse (das ist der positive Effekt der Gier), gibt es hier auch fundierte
und erprobte Strategien für andere komplexe, non-lineare Bereiche, sprich: das
Leben.
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
334
Börse kann also sein:
•
Aktienbörse,
•
Devisenbörse,
•
Zinstitelbörse (bzw. Auktion),
•
Futuresbörse,
•
Optionsbörse,
•
Optionsscheinbörse,
•
Immobilienbörse,
•
Edelmetallbörse,
•
Energiebörsen (Strombörse, Rohölbörse),
•
Kunstbörse,
•
Und wo man sein Geld noch investieren kann, und wo Angebot und Nachfrage in
geregelter Form den Preis bestimmen.
Wir sollten unsere Börse kennen und wir sollten Börsen wählen, die fair organisiert
und einsehbar sind. Börsen, an denen der Investor die nötigen Informationen
bekommt und die Börsenmitglieder nicht ihren Informationsvorsprung ausnutzen.
Vor allem ist es auch wichtig, die Märkte an der jeweiligen Börse zu checken, denn
nur ein Markt mit ausreichender Liquidität und Volatilität ist für uns interessant und
profitabel handelbar.
Die großen Aktienbörsen der Welt sind natürlich geeignet, zumindest die, wo es
eine adäquate Börsenaufsicht und Gesetze gibt.
Bei der Devisenbörse ist das Hindernis, dass diese im Interbankenhandel für den
Normalanleger nicht zugänglich ist oder ab einer Mindesteinlage von einer Million
Dollar. Der Devisenhandel ist der umsatzstärkste Handel der Welt, täglich wird
über eine Billion Dollar gehandelt. Mittlerweile gibt es OnlineDevisenhandelsportale, welche die Depots der Einzelkunden über ein
Sammelkonto abwickeln. Man sollte sich hierbei vergewissern, dass der
Portalbetreiber nicht unbedingt die Gegenseite bei dem Trade übernimmt und
somit an unseren Verlusten interessiert ist.
Wenn die Gegenseite, also derjenige, der uns unseren Gewinn bezahlen soll, auch
über die Abläufe der Börse herrscht, ist unsere Chance ähnlich der bei den
Hütchenspielern auf der Straße: Man wird uns anfüttern und dann abziehen. Die
Bedingungen sind nur scheinbar fair. Das gilt im großen und ganzen auch für den
Claus David Grube Gewinnen beginnt innen
335
Optionsscheinhandel, sofern eine Bank Gegenseite und Anbieter des Handels
gleichzeitig ist.
Zu den Auktionen von Zinstiteln haben wir auch keinen direkten Zugang.
Futures- und Optionsbörsen sind dagegen sehr interessant. Die großen
Futuresbörsen in Chicago, New York, Frankfurt, Tokio, London sind wohl
organisiert, sehr liquide und lukrativ. Zu den Bedingungen an den jeweiligen
Märkten kommen wir gleich.
Die anderen angegebenen Börsen sind meist für den Insider nur zugänglich, wie
Stromhändler. Der Immobilienhandel ist bei abnehmender Bevölkerungszahl in
Westeuropa auch eher nicht unser Favorit. Kunst ist einer der lukrativsten Bereiche
der letzten Jahre, braucht aber natürlich sehr hohes Fachwissen.
Wir sollten evtl. eine schwierige Weltwirtschaftslage antizipieren, an dieser mit
Futures verdienen und den Gewinn beizeiten in gute Immobilien, Gold und Kunst
sichern.
27.1.2.
Markt
Der jeweilige Markt an einer Börse, an der wir tätig werden soll, muss bestimmte
Kriterien erfüllen, damit wir Gewinnchancen haben:
•
Liquidität
•
Volatilität
•
Transparenz
•
Fairness
Er muss liquide sein, so dass jederzeit Preise gestellt werden und nicht einzelne
große Teilnehmer die Preise in ihre Richtung treiben können.
Er muss volatil sein, d.h. es muss Preisbewegungen geben, mit denen Gewinne
erzielt werden können.
Es sollte ausreichend Informationen über den Markt geben. Diese sollten uns
frühzeitig zugänglich sein.
Vor allen auch hier: Wir wollen fair behandelt werden und brauchen Floor-Broker
oder Order-Routings, die gewährleisten, dass wir nicht durch Front-Running oder
Stopps-Fischen oder was es noch für Tricks gibt, abgezockt werden.
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27.1.3.
Szenarien
Als nächstes müssen wir überlegen, welche Gegebenheit wir an diesem Markt
ausnutzen wollen. Wie wollen wir einen Vorteil erlangen?
Diese Gegebenheiten wollen wir „Szenarien“ nennen.
Szenarien sollen ein Herzstück in dem strategischen Ansatz sein. Hier ein kurzer
Überblick:
Parasitäre Strategien:
Ausnutzen von Insider-Informationen.
Stopp-Preise, große Orders.
Attraktoren:
Preiszonen, zu denen der Markt
zurückkehrt, bei denen er auffälliges Verhalten
zeigt.
Ausbrüche, Breakouts:
Preisbewegungen, bei denen der Markt in
charakteristischen Mustern aus einer bisherigen
Zone ausbricht.
Trends:
Preisbewegungen in eine Richtung, die
andauern und rechtzeitig erkannt werden können.
(Letzteres ist der Knackpunkt.)
Chart-Muster:
Charakteristische, im Chart graphisch
sichtbare Preisbewegungen bei Trends und
Trendumkehr.
Fundamentales:
Nutzbares Wissen über Angebot und
Nachfrage in diesem Markt.
Saisonalitäten u. Zyklen:
Zu bestimmten Zeiten wiederkehrende
Preisentwicklungen.
Spreads, Intermarket:
Ausnutzen von Normalitäten und
Anormalitäten der Preisdifferenz zweier Märkte.
evtl. auch:
Behavioral Finance
27.1.4.
Ausnutzen massenpsychologischer Handicaps
Entry
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337
Aufgrund des Szenarios ergeben sich Einstiegs-Bedingungen. Wir müssen wissen,
wann wir in den Markt am besten einsteigen. Das ist je nach Szenario
unterschiedlich.
Es kann bei kurzfristig orientierten Trades von ausschlaggebender Bedeutung sein,
ob man mit ein paar Punkten besser oder schlechter in den Markt kommt.
Meist aber wird dem Entry zuviel Bedeutung beigemessen. Das Erkennen einer
Chance, eines gewinnträchtigen Szenarios, muss vor allem auch beinhalten, wann
und wie der Gewinn mitgenommen wird, bzw. der Verlust begrenzt wird.
27.1.5. Exits
Wir wollen wissen, wann wir unseren Trade beenden und wieder aussteigen.
Dies kann mit Gewinn und mit Verlust sein.
Wir wollen bei Eingehen des Trades wissen, wie viel wir riskieren können und
wollen! Wir wollen immer mit Stopps arbeiten und unseren Verlust begrenzen. Wir
wollen diese nicht mental setzen, sondern im Markt platzieren um nicht in der
Stresssituation überlebenswichtige Entscheidungen treffen zu müssen.
Ebenso wollen wir wissen, wann und wo wir aussteigen, wenn wir im Gewinn sind.
Nicht mitgenommene Gewinne sind auch Verluste und viele Strategien basieren
darauf, dass die Gewinne optimal realisiert werden.
27.1.6. Risiko-Management
Dieses Themenfeld beschäftigt sich vor allem auch mit der Begrenzung des
Risikos durch sinnvolle Aufteilung des Portfolios in verschiedene
Anlagemöglichkeiten und an verschiedenen Börsen. Wir nennen das PortfolioDesign.
Eine gut überlegte Diversifikation des Portfolios kann entscheidende Vorteile mit
sich bringen. Es tritt der „Portfolio-Effekt“ ein, wenn der gemeinsame Maximale
Drawdown geringer ist als die Summe der einzelnen Drawdowns.
Das Risiko sollte so gewählt werden, dass jeweils nur ein Prozentsatz, z.B. 5% des
Gesamtkontos riskiert wird.
27.1.7. Money-Management
Hier wollen wir wissen:
Wieviel Geld benötige ich?
Wieviel setze ich jeweils ein?
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Wie vermindere oder steigere ich meinen Einsatz?
Durch geschicktes Money-Management lässt sich ein entscheidender Vorteil
erzielen.
In der Fachliteratur, die(außer Gallacher: „Winner Take All“) zu sehr vom KellyCriterion und der unverständlichen Mathematik eines Ralph Vince beeindruckt ist,
wird meines Erachtens die Frage falsch herumgestellt. Wir sollten nicht fragen:
„Wie viele Kontrakte kann ich bei dieser Summe fahren?“, sondern „Wie viel Geld
brauche ich um diese Strategie zu fahren?“
27.1.8. Psychologie, mentales Coaching
Wir müssen in der Lage sein eine sinnvolle Strategie auch durchzuhalten. Sie
muss für uns zugeschnitten sein. Ein phlegmatischer Mensch sollte nicht gerade
Scalping im kurzfristigen Daytrading machen. Ein unruhiger Mensch sollte nicht
gerade monatelange Positionen in einem Agrarmarkt laufen lassen.
Wir brauchen eine gute Umgebung für unseren Handel. Das ist auch individuell
unterschiedlich: Der eine braucht Ruhe, der andere braucht andere Trader um sich
herum.
Futures-Trading ist Hochleistung und braucht volle Konzentration und Wachheit
und einen guten Stressabbau.
Also 8 Schritte, 8 Fragen:
•
An welcher Börse möchte ich spekulieren?
•
Welchen Markt dieser Börse möchte ich für mich nutzen?
•
Welches Szenario möchte ich ausnutzen?
•
Wann ist das Signal für einen Einstieg gegeben?
•
Wann steige ich aus?
•
Wie begrenze und verteile ich mein Risiko?
•
Wieviel Geld setze ich ein?
•
Wie diszipliniere ich mich und halte mich in guter Verfassung?
Wenn ich als Trader also weiß, an welchem Markt an welcher Börse ich welches
Szenario ausnutzen möchte, um kontinuierlich Profit zu machen, kann ich einen
detaillierten Handelsplan aufstellen und aus diesem ein Handelssystem bauen.
Ein Handelssystem hat genau definierte Prozeduren, welche bestimmen, wann ich
ein- und aussteige, sowie mit wie vielen Kontrakten ich wann im Markt bin. Ein weit
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339
entwickeltes Handelsprogramm umfasst mehrere Handelssysteme, so das auf
sinnvolle Art und Weise das Risiko verteilt und somit minimiert werden kann.
Grundsätzlich sind die in den Szenarien zu nutzenden Wahrscheinlichkeiten auf
verschiedene Art und Weise zu nutzen.
Es treten besonders zwei Unterscheidungen hervor:
•
Trendfolgend oder Antizyklisch, bzw. Konträr
•
Daytrading, Positions-Trading oder Swing-Trading
Es ist hierbei besonders zu beachten, dass der Ansatz auf die jeweilige Mentalität
des Traders zugeschnitten sein muss. Menschen sind verschieden, Trader sind
verschieden.
Auf Grund der diversen mentalen Handicaps, die den erfolgreichen Umgang mit
einem hochkomplexen, super-volatilen und rasanten Derivatmarkt erschweren,
sollte die Umsetzung des Handelssystems oder Handelsprogramms in ein
mechanisches System, welches die Trades automatisch ausführt, angestrebt
werden. Dieses ist heutzutage auch für den non-professionellen Trader möglich.
27.2.
Trendfolge oder Antizyklisch
27.2.1.
Trendfolge
Trendfolgeansätze reagieren auf eine bestimmte Preisentwicklung, indem eine
„kursbewegungskonforme“ Position eingenommen wird, d.h. dass der Trader eine
Fortsetzung der Kursbewegung antizipiert.
Trendfolgesysteme kaufen demzufolge nie am Tief und verkaufen nie am Hoch,
sondern erst wenn eine Kursbewegung schon eine gewisse Zeit besteht („Sie
springen auf den fahrenden Zug auf...“).
Da der Markt sich die überwiegende Zeit in Seitwärts- oder nur schwach
tendierenden Phasen befindet, ist eine solche Strategie mit vielen Verlusttrades
verbunden. Das Geld wird in wenigen starken Trendphasen verdient.
So kommt es häufig dazu, dass derartige Handelsansätze lange Verlustphasen
aufweisen, die aus der statistischen Wahrscheinlichkeit eines starken Trends
resultieren. Dieses gilt insbesondere dann, wenn der Trader nicht ein stark
diversifiziertes Portfolio handelt, denn selbiges ist die einzig wirkliche Möglichkeit,
die Drawdownphasen ein wenig abzufedern. Um ein gut diversifiziertes Portfolio
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340
trendfolgend zu handeln, ist allerdings einiges an Handelskapital von Nöten. Viele
größere Commodity Trading Advisors (Vermögensverwalter am Terminmarkt)
verwenden solche Strategien.
Trendfolgeansätze fordern dem Trader/Spekulanten also einige Qualitäten ab:
- in der Regel: ein recht großes Handelskonto
- „Nehmerqualitäten“!
Viele Trendfolgesysteme haben Trefferquoten von 30%, so dass es schon mal
vorkommen kann, dass es z.B. zu 8 aufeinander folgenden Verlustrades und dem
damit verbundenen Kapitalverlust kommen kann.
Überprüfen Sie sich doch mal selbst. Haben Sie die psychische Stärke auch noch
den neunten und zehnten Trade nach acht Verlierern einzugehen?
Den meisten kleineren Tradern, die sich für eine derartige Strategie entscheiden,
geht es so, dass sie nach z.B. acht Verlusttrades (was statistisch im
„Normalbereich“ liegt) den Handel abbrechen, nur um festzustellen, dass der
neunte Trade alle Verluste und mehr wett gemacht hätte. Dann fängt der Trader
wieder an zu handeln, hat drei Verlusttrades, hört auf, dann kommen zwei „dicke“
Gewinner, bei denen er nicht dabei ist, dann fängt er wieder an und erleidet zwei
Verlustrades... usw. usw. usw.
Trendfolgeansätze werden in der gängigen Tradingliteratur meist eher unkritisch
abgehandelt. Dort heißt es oft sinngemäß: „Sie müssen dem Trend folgen, dann
wird alles gut!“ Auf die notwendigen psychologischen Qualitäten und die
statistische Wahrscheinlichkeit eines wirklich nachhaltigen Trends wird hingegen
nicht hingewiesen.
27.2.2.
Antizyklisch
Antizyklische Ansätze versuchen hingegen tief zu kaufen und hoch zu verkaufen
(und umgekehrt).
Da sich der Markt die meiste Zeit nicht in Trendphasen befindet und dazu tendiert,
sich gewissermaßen selbst zu korrigieren, haben derartige Ansätze recht hohe
„Trefferquoten“ (z.B. 70%).
Das Verhältnis von durchschnittlichem Gewinn zu durchschnittlichem Verlust ist
allerdings meist deutlich schlechter als bei trendfolgenden Ansätzen.
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341
Eine potentielle Gefahr, die antizyklische Systeme gegenüber Trendfolgesystemen
immer haben, ist, dass sie sich nicht selbst korrigieren. Deshalb ist für den
antizyklischen Trader das Markttiming sehr wichtig. Er muss zur richtigen Zeit
einsteigen, einen Stopp-Preis sinnvoll wählen und seine Exit-Kriterien definieren.
Welche Ansätze sind bei den einzelnen Szenarien eher zu erwarten oder zu
entwickeln?:
Attraktoren:
Antizyklisch
Breakouts
Trendfolgend
Trends
Trendfolgend
Chartmuster
Antizyklisch
Fundamentales
Trendfolgend
Saisonalitäten, Zyklen
Antizyklisch und trendfolgend
Behavioral
Antizyklisch
Spreads
Antizyklisch
27.3.
Positions-Trading versus Daytrading
Die Strategien lassen sich sowohl im Positions-Trading als auch im Daytrading
anwenden.
Der Daytrader hält seine Position nicht über Nacht. Er vermeidet das
Übernachtrisiko. Einige Daytrader halten Ihre Position einige Stunden, andere viele
Minuten und andere agieren sehr kurzfristig am Markt (eventuell nur einige
Sekunden). Letztere nennt man auch Scalper.
Der klassische Positiontrader wiederum hält seine Position über mehrere Tage
oder Wochen. Oft handelt es sich hierbei um Trendfolger, die Ihre Trades auf Basis
der Fundamentalen Analyse abschließen.
Eine „Sonderform“ stellen die sogenannten Swingtrader dar. Diese versuchen
typischerweise kurzfristige Hoch und Tiefs (oft mittels Pattern Recognition) zu
erwischen und handeln eher antizyklisch. Sie halten Ihre Position in der Regel
zwischen einem und fünf Tagen.
Die meisten angehenden Trader wollen heutzutage Daytrading betreiben. Meistens
haben sie irgendwo gelesen, dass man dem Trend folgen soll und planen nun
trendfolgend zu „daytraden“, was in der Theorie gut klingt, doch in der Praxis einige
Schwierigkeiten mit sich bringt. Das Problem ist, dass es wirklich saubere
Trendtage nur sehr selten gibt und ein häufiges Ausgestopptwerden somit
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vorprogrammiert ist. Die klassische Trendfolge macht im Positiontrading mehr
Sinn, da es dort fundamentale Veränderungen sind, die den Markt langfristig
beeinflussen, was häufiger „sauberere“ Trends zur Folge hat. Ein Blick auf einen
Währungs- oder Crude-Oil-Chart verdeutlicht das schon. Ein Intradaychart sieht
„anders“ aus.
Deshalb sind wir der Meinung, dass im Daytrading ein antizyklischer Ansatz von
Vorteil ist. Dabei können die einzelnen Trades so gefiltert sein, dass nur die im
Großtrend zugelassen werden („Antizyklisch-im-Großtrend-Ansatz“).
Generell ist festzuhalten, dass ein Trendfolger „Nehmer“-Qualitäten braucht. Der
Konträrhändler hingegen braucht eher eine „Angler“-Mentalität. Er muss warten
können.
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343
1
Näheres über Taotrader Fond: www.taotrader.de
2
Näheres über NLP und Web-Links auf der Webseite von Grube Trainings GmbH, www.grube-trainings.de
3
Näheres zu Noëdo: www.noëdo.de
Näheres zu Behavioral Finance, die deutsche Behavioral Finance Group der Uni Mannheim:
www.behavioral-finance.de
Oder die kompetente Umsetzung: www.cognitrend.de
4
5
„Game Theory“, bzw. „Spieltheorie”, einfach in Suchmaschine eingeben. Zu erwähnen ist, dass 1994 auch
ein deutscher Professor den Nobelpreis in Ökonomie für Erkenntnisse in der Spieltheorie bekam: Prof.
Selten von der Uni Bonn. Seine Site:
http://www1.wiwi.uni-bonn.de/users/labor/www/people/selten/
5
Das Buch von Robert Axelrod ist online zu lesen unter:
http://pscs.physics.lsa.umich.edu/Software/CC/ECHome.html
6
7
Paul C. Martin: Die Kapitalismusschaukel, Langen/Müller, 1998
8
Gunnar Heinsohn/Otto Steiger: Geld, Zins und Eigentum, Metropolis 2002
9
Kinesiologie-Links: www.iak-freiburg.de/home/index.html,
www.kinesiologen.de
9
Link zum Systemischen Familienstellen nach Hellinger:
www.hellinger.com
10
mehr über Bioenergetik:
Wilhelm Reich: http://www.wilhelm-reich-gesellschaft.de/
Biodynamische Therapie nach Gerda Boyesen: www.biozen.de
Core-Therapy nach Pierrakos: http://www.coreenergeticevolution.com/
11
1
12
mehr Infos zu EMDR: www.emdr-institut.de
13
Wingwave: www.wingwave.de
mehr über Dr. Tad James und Time-Line und mehr: www.nlp.com
http://www.timelinetherapy.net
15
Ich hab einen Faible für Zahlenmagie und besonders für die Zahl 7. Es kann sein, dass es mehr oder
weniger Bedürfnisse oder andere Sortierungen gibt. In der Praxis hat sich die von mir gewählte Einteilung
aber seit einigen Jahren bewährt.
14
16
Robert Dilts’ Website: www.nlpu.com
17
Hypnose-Therapie nach Erickson: www.meg-hypnose.de
Grochowiak, ;Maier: Die Diamond-Technik in der Praxis, Junfermann Verlag, 2000, ISBN 3873874342.
Web-Site von Klaus Grochowiaks Institut: www.cnlpa.de
18
1
Der Philosoph dieser Diskussion ist David Chalmers. Auf seiner Website ist sehr viel Information zu dieser
aufregenden Diskussion: http://www.u.arizona.edu/~chalmers/
19
2
Perception Control Theory (PCT). Link: http://www.ed.uiuc.edu/csg/
Ein hervorragendes Buch mit einer detaillierten Darstellung der PCT und auch sonst wegweisend: Gary
Cziko: The Things We Do, MIT Press, 2000
Prof. Czikos Website mit einer Online-Version des Buches (das man dennoch kaufe sollte):
http://faculty.ed.uiuc.edu/g-cziko/
20
21
22
Joe McMoneagle’s Website: www.mceagle.com
Website von Dr. Roger Callahan und Thought Field Therapy: http://www.tftrx.com/
Das Konzept der „Holarchie“ wird von dem Philosophen Ken Wilber angewendet und in dem Buch „Eros
Kosmos Logos“ erklärt. Mehr dazu http://wilber.shambhala.com/index.cfm/
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