Thema Osteoporose - Das Pius
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Thema Osteoporose - Das Pius
DAS MAGAZIN des Pius-Hospital Oldenburg pius A K T U E L L 2. 2007 Seite 4 Thema Osteoporose Seite 12 Kompetenzzentrum Lunge Seite 16 Tierische Helfer Liebe Leserinnen und Leser, HOF APOTHEKE und schon ist der Sommer beinahe wieder zu Ende. Eigentlich hat er in diesem Jahr gar nicht so richtig stattgefunden. Hoffentlich haben Sie die Stunden ohne Regen aber trotzdem nutzen können und sich reichlich an der frischen Luft bewegt. Dann haben Sie nämlich das bestmögliche zur Vorbeugung gegen Osteoporose getan. Wir brauchen Sonne und Bewegung, und zwar in jedem Alter, um unsere Knochen zu stärken. Ihr Ansprechpartner für: Was Sie sonst noch tun können, um sich möglichst vor den schlimmen Folgen des Knochenschwundes zu schützen, lesen Sie in unserem Titel-Thema. Osteoporose ist inzwischen schon fast eine Volkskrankheit. Bitte nutzen Sie die Vorsorge-Untersuchungen, die leider bisher noch nicht von den Krankenkassen übernommen werden. Und, wie gesagt, gehen Sie viel an die frische Luft. Fachkompetente Beratung in allen Gesundheitsfragen P r ü f u n g d e r N e b e n - u n d We c h s e l wirkungen Ihrer Arzneimittel Dabei kann Ihnen vielleicht auch ein Haustier behilflich sein. Die Verantwortung für ein Tier hilft, den inneren Schweinehund zu überwinden – und sich damit selbst Gutes zu tun. In unserem Artikel über „Tierische Helfer“ erfahren Sie, wie manche Tiere erfolgreich zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden. Reisemedizin Gezielte Tipps und Ratschläge Insgesamt hoffen wir, Ihnen wieder eine abwechslungsreiche, lesenswerte und informative PIA zusammengestellt zu haben. Vielleicht erleben wir ja noch ein paar Sonnentage, und Sie können sie draußen auf dem Balkon oder wenigstens am offenen Fenster lesen. Professionelle Pflegeund Make-up-Beratung Wir wünschen Ihnen gute Unterhaltung Zuverlässigen und schnellen Lieferservice IMPRESSUM Ihre Elisabeth Sandbrink Auf einen Blick 4 Osteoporose: Wenn Knochen knacken 8 Historie: Arabische Heilkunde 10 Ernährungsberatung: Fettarm 12 Abteilungen stellen sich vor: Pneumologie 15 Pius intern: Personalien – Kurz notiert 16 Tierische Helfer 18 Brustkrebs – Was Frauen wirklich wissen wollen 19 Fachfortbildung: Neue Erkenntnisse zur Krebstherapie 20 Pflege: Mit Kompetenz und Zuneigung 22 Kunst und Kultur 24 „Das Leben leben kann man nur vorwärts …“ HERAUSGEBER Pius-Hospital Oldenburg (v. i. S. P.) Georgstraße 12, 26121 Oldenburg KONTAKT [email protected] www.pius-hospital.de CHEFREDAKTION Isabelle Yeginer REDAKTION Angelika Fricke, Elisabeth Sandbrink, Michael Dernoscheck, Sabine Böhmer FOTOS Robert Geipel L a n g e S t r a ß e 7 7 · 2 612 2 O l d e n b u r g Te l e f o n ( 0 4 41 ) 2 71 3 2 · F a x ( 0 4 41 ) 9 9 8 7 5 0 5 w w w. h o f - a p o t h e k e - o l d e n b u r g . d e BERATUNG, GESTALTUNG, REALISIERUNG Schwanke/Raasch graphik design, Hannover Rudolf Schwanke, Michael Dernoscheck 2.2007 | 3 GESPRÄCHSTHEMA Die Weltgesundheits-Organisation WHO hat das Jahrzehnt der Knochen und Gelenke ausgerufen. Aus gutem Grund. Krankheiten des Bewegungsapparates werden immer mehr zum Gesundheitsrisiko Nummer 1. Schon heute gibt es bei uns mehr Osteoporose-Kranke als Diabetiker. d WENN KNOCHEN KNACKEN Volkskrankheit Osteoporose 4 | 2.2007 Und alle 3,5 Minuten bricht in Deutschland ein Rückenwirbel. ie Krankheit kommt schleichend, und das ist das Tückische an ihr. Wer sie verstehen will, muss eine Vorstellung von der Struktur der Knochen haben. „Knochen gewinnen ihre Stabilität durch eine starke verzweigte Bälkchen-Struktur“, erklärt der Orthopäde Rainer de Barse am Rande des Patientenforums „gesund zu wissen“ im Pius-Hospital. „Beim gesunden Knochen sind alle Balken relativ stark und lassen nur wenige Zwischenräume. Wenn Sie hingegen das Röntgenbild eines Osteoporose-Knochens betrachten, haben Sie das Gefühl, da pfeift der Wind durch das Gebälk. Die ursprünglichen Strukturen des Knochens bestehen immer noch, aber die Bälkchen sind immer dünner geworden. Jahrelang geht das gut, hält das Netzwerk die Stabilität, obwohl es in sich immer weniger wird. Aber eines Tages kommt der Moment, wo alles in sich zusammenbricht. Dann reicht schon eine kleine Erschütterung und der Knochen bricht.“ Tatsächlich kommt es vor, dass Osteoporose-Patienten sich einfach beim Husten oder Niesen eine Rippenfraktur zuziehen. Oder dass Wirbel brechen, weil man eben einen Wäschekorb aus dem Keller holen wollte. Der Grund für den „Knochenschwund“ wie die Osteoporose im Volksmund heißt, ist ein veränderter Knochenstoffwechsel. „Knochen sind wie alle anderen Organe des Körpers ein lebendiges Gewebe“, erklärt Prof. Dr. Djordje Lazovic, Direktor der Klinik für Orthopädie im Pius-Hospital. „Zellen werden aufgebaut, üben eine Weile ihre tragende Funktion aus, werden wieder abgebaut und neue Zellen entstehen. Bis zu unserem 30. Lebensjahr etwa bauen wir mehr Knochenmasse auf als wir abbauen. Wir werden also körperlich immer stabiler. Ab dem 40. Lebensjahr hingegen überwiegt der Abbau.“ Mit steigendem Alter steigt deshalb das Risiko, eine Osteoporose zu entwickeln. Besonders bei Frauen geht der Abbau nach der Meno-Pause zum Teil rasant. Gesundheitsexperten schätzen, dass jede 3. Frau über 60 und sogar zwei Drittel aller Frauen über 70 von Osteoporose betroffen sind. Männer haben von Natur aus eine höhere Knochendichte als Frauen und stehen deshalb deutlich sicherer da. Nur etwa 20 Prozent aller Osteoporose-Patienten sind Männer. Eine mögliche Erklärung für diesen Unterschied könnten die Geschlechtshormone liefern. Offensichtlich schützt Östrogen (bei Frauen) und Testosteron (bei Männern) vor einem allzu starken Knochenabbau. Weil bei Frauen die Östrogen-Produktion in den Wechseljahren zum Erliegen kommt, Männer aber bis ins hohe Alter Testosteron ausschütten, leiden sie seltener unter Knochenschwund. Und wenn doch, dann sind meistens äußere Faktoren schuld: zu hoher Alkohol- oder Zigarettenkonsum oder die Einnahme von bestimmten Medikamenten, die den Knochenabbau begünstigen. „Osteoporose war schon immer vor allem eine Frauenkrankheit“, unterstreicht Djordje Lazovic. „Aber es ist zumindest ein großer Fortschritt, dass sie inzwischen überhaupt als Krankheit anerkannt wurde. Bis vor zwei-drei Jahrzehnten galt es als ganz normale Alterserscheinung, dass unsere Großmütter mit den Jahren immer kleiner wurden.“ Viele wussten nicht, dass sich ihre Wirbelsäule immer weiter verkürzte, weil die einzelnen Wirbel buchstäblich einbrachen. Der Brustkorb sackte nach unten. Im Extremfall landete der untere Rippenbogen schließlich auf den Beckenknochen. Auch der so genannte „Witwenbuckel“ ist eine Folge von Wirbelbrüchen und gehört zum Erscheinungsbild der Osteoporose“, so Lazovic. „Heute wissen wir, dass dies kein gottgegebenes Schicksal ist. Es ist nicht gottgegeben, dass Knochen im Alter immer häufiger brechen. Osteoporose kann erkannt und behandelt werden. Es gibt heutzutage sehr gute Medikamente, die den Verlauf zumindest aufhalten können.“ Aber auch heute noch dauert es häufig zu lange, bis betroffene Frauen zum Arzt ge- hen. Sie leiden meist schon über mehrere Monate unter Rückenschmerzen, haben aber den genauen Moment, als ein Wirbel brach, oft nicht wahrgenommen. Der Hausarzt wird erst einmal Wärme und Schmerztabletten verschreiben. Therapien, die für einen gewisse Zeit tatsächlich helfen. Wenn es jedoch anhaltend nicht besser wird, muss dringend eine Röntgenuntersuchung gemacht werden. Oft fällt erst dann auf, dass ein oder mehrere Rückenwirbel gebrochen sind. Im Krankenhaus wird der Rücken stabilisiert. In manchen Fällen kann eine kleine, minimal-invasive Operation, die so genannte Kyphoplastie, schnell die Schmerzen nehmen. Auf jeden Fall bekommen die betroffenen Patientinnen ein Korsett angepasst, das weitere Wirbelbrüche verhindern soll. „Und natürlich gibt es Medikamente, die einen weiteren Knochenabbau bremsen können“, verspricht Djordje Lazovic. „Aber die medikamentöse Therapie hätte besser schon sehr viel früher eingesetzt werden sollen. Man kann gegen Osteoporose etwas tun, bevor überhaupt die ersten Knochen brechen.“ Je früher Osteoporose erkannt wird, desto besser kann sie behandelt werden. „Dafür muss die Krankheit in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden“, verlangt Rainer de Barse. Viele niedergelassene Orthopäden verfügen über die Instrumente, Osteoporose in einem sehr frühen Stadium zu diagnostizieren. Zentrales Thema ist dabei die so genannte Knochendichte-Messung (DXA). Sie gibt zuverlässig Auskunft über die Stabilität der Knochen. Wenn regelmäßig eine Knochendichtemessung gemacht wird, gibt sie außerdem einen Überblick über die Geschwindigkeit des Abbaus. „Wir empfehlen grundsätzlich jeder Frau über 60, eine Knochendichtemessung zu machen“, so Rainer de Barse. „Je nachdem, wie das Ergebnis ausfällt, raten wir ihr dann, vielleicht in ein, zwei, oder fünf Jahren wieder nachsehen zu lassen.“ 2.2007 | 5 GESPRÄCHSTHEMA Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Knochendichte zu bestimmen. Die weltweit am weitesten verbreitete Methode ist die so genannten Dualröntgen-Absorptiometrie (DXA), die bei geringer Strahlenbelastung eine kurze und schmerzlose Messung an Wirbelsäule oder Schenkelhals ermöglicht. Durch den Einsatz von Röntgenstrahlung wird der aktuelle Kalzium-Gehalt des Knochens gemessen und mit dem durchschnittlichen Kalzium-Gehalt bei einer jungen Frau verglichen, bei der der Knochenabbau noch nicht begonnen hat. Die Abweichung des eigenen Wertes vom Vergleichswert wird T-Wert genannt. Die Weltgesundheitsorganisation hat für diesen T-Wert folgende Richtschnur festgelegt: ❚ Ist der T-Wert größer als -1, ist die Knochendichte normal. ❚ Bei einem T-Wert zwischen -1 und -2,5 liegt eine Vorstufe der Osteoporose vor, die so genannte Osteopenie. ❚ Ein T-Wert von unter -2,5 weist auf eine Osteoporose hin. Der Dachverband der Deutschen Osteologischen Gesellschaften hat Leitlinien erlassen, die sich ausschließlich an den Ergebnissen der nach DXA-Methoden ermittelten Knochendichte orientieren. Die Leitlinien geben Behandlungsrichtlinien für die einzelnen Stadien und unterschiedlichen Formen der Osteoporose vor. Interview mit Klinikdirektor Prof. Dr. Djordje Lazovic ❯❯ Ist Osteoporose eine Volkskrankheit? ❮❮ Lazovic: In gewisser Weise kann man es so bezeichnen. Allein in Deutschland sind gut sechs Millionen Menschen davon betroffen. Und, was vielen Menschen immer noch nicht so richtig klar ist: Osteoporose ist tatsächlich eine Krankheit. Knochen müssen nicht zwangsläufig im Alter immer häufiger brechen, und vor allem muss die Wirbelsäule nicht nach und nach in sich zusammensacken und solche Schmerzen verursachen, dass der Patient sich schließlich nicht mehr rühren kann. ❯❯ Sondern? ❮❮ Lazovic: Osteoporose kann erkannt und behandelt werden. ❯❯ Und das wird sie nicht? ❮❮ Lazovic: In Europa kommt es zu gut 430.000 Wirbelbrüchen pro Jahr, die durch Osteoporose bedingt sind. Aber nur gut die Hälfte davon wird überhaupt diagnostiziert. Und selbst wenn wir es mit eindeutigen Diagnosen zu tun haben, wird allzu häufig nur das Symptom – also der jeweilige Knochenbruch – behandelt. Nicht aber die Grunderkrankung, die Osteoporose selbst. ❯❯ Was muss sich da ändern? ❮❮ Lazovic: Wir Ärzte in Krankenhäusern und niedergelassenen Praxen müssen Hand in Hand arbeiten. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Patienten besser und ausführlicher über die Krankheit an sich und ihre Folgen aufgeklärt werden. Und sie müssen wissen, dass sie etwas gegen die Krankheit tun können. ❯❯ Welche Schritte empfehlen Sie konkret? ❮❮ Lazovic: Vor allem frühzeitige Vorsorgeuntersuchungen. Wer rechtzeitig zur Hormon- und Knochendichtemessung geht, kann möglicherweise mit einer Behandlung beginnen, bevor es zu ersten Knochenbrüchen kommt. Mit modernen Medikamenten können wir den Krankheitsverlauf zumindest deutlich abschwächen. Im Krankenhaus sehen wir dann hoffentlich nur noch die wenigsten Osteoporose-Patienten. ❯❯ Woran liegt es, dass Patienten die Vorsorgemöglichkeiten nicht ausschöpfen? ❮❮ Lazovic: Leider zahlt die Krankenkasse die Knochendichtemessung nur, wenn es bereits zu einem oder mehreren Knochenbrüchen gekommen ist, also ein begründeter Verdacht auf Osteoporose besteht. ❯❯ Raten Sie Patienten, die Vorsorgeuntersuchung selbst zu finanzieren? ❮❮ Lazovic: Eine Knochendichtemessung kostet beim Niedergelassenen Orthopäden um die 46 Euro. Das ist nicht die Welt. Aber ich finde trotzdem, dass der Osteoporose-Check ebenso eine Kassenleistung sein sollte wie die vorbeugende Blutdruck- oder Zucker-Diagnose. Schließlich ist es auch im Interesse der Allgemeinheit. Denn die Kosten, die durch vermeidbare Knochenbrüche und Pflegebedürftigkeit bei zu spät erkannter Osteoporose führen, sind nicht zu unterschätzen. 6 | 2.2007 „Wenn der Knochenschwund erst im Entstehen ist, kann es zunächst einmal ausreichen, die Lebensgewohnheiten zu ändern“, macht Rainer de Barse seinen Patienten Mut. „Achten Sie vor allem auf eine kalziumreiche Ernährung und bewegen Sie sich viel an der frischen Luft.“ Kalzium ist der wichtigste Bestandteil des Knochens. Der Körper benötigt rund 1.000 mg davon pro Tag. Besonders reich an Kalzium sind Milch und Milchprodukte, Salate und Gemüsesorten wie Rucola, grüner Kohl oder Broccoli und bestimmte natriumarme Mineralwasser. Bewegung regt den Knochenaufbau an. Und das Sonnenlicht, das unser Körper bei Aktivitäten außerhalb geschlossener Räume aufnimmt, hilft dem Körper, Vitamin D zu produzieren, das ebenfalls für den Knochenstoffwechsel unverzichtbar ist. Denn Vitamin D ist nötig, damit Kalzium überhaupt vom Körper aufgenommen werden kann. „In orientalischen Ländern erleben wir recht häufig Osteoporose bei Frauen“, berichtet Rainer de Barse, um die Bedeutung des Sonnenlichtes zu verdeutlichen. „Zwar gibt es dort Sonne satt – doch die Frauen, die sich aus religiösen Gründen komplett verschleiern, möglichst noch in Schwarz, bekommen nichts davon ab.“ Vitamin D wird zusätzlich auch über die Nahrung gewonnen. Reich an Vitamin D sind Fisch (z.B. Sardinen, Thunfisch), bzw. der aus Fisch gewonnene Lebertran, Eier, Pilze und manche Margarine. „Sie sollten übrigens ruhig schon in jungen Jahren auf kalziumreiche Ernährung, Bewegung und Sonnenlicht achten“, empfiehlt de Barse. „Je mehr Substanz Sie aufgebaut haben, bevor der Abbau beginnt, desto länger können Sie beschwerdefrei leben.“ Wie wichtig seine Empfehlungen sind, zeigen übrigens neue Zahlen aus Amerika: „Wir erleben dort immer mehr Kinder, die an Osteoporose erkranken. Das sind die Kids, die den ganzen Tag vor dem Computer hängen, also weder Bewegung noch Sonnenlicht genießen, und sich ausschließlich von Cola und Fastfood ernähren.“ Hamburger und Co. verhindern nämlich durch ihren hohen Phosphorgehalt, dass Kalzium in den Knochen eingelagert wird. Besonders viel Phosphor ist in Schweinefleisch, Wurstwaren, Schmelzkäse, koffeinhaltigen Getränken wie Kaffee oder Cola und in den Konservierungsstoffen von Fertiglebensmitteln enthalten. Auch Kakao, Schokolade, schwarzer Tee und Nüsse blockieren die Kalziumaufnahme. Sie enthalten Oxalsäure, die Kalziumionen bindet. „Vermeiden Sie außerdem Salz im Übermaß, Fett und vor allem Alkohol und Nikotin“, „Vermeiden Sie außerdem Salz im Übermaß, Fett und vor allem Alkohol und Nikotin“, rät Rainer de Barse. Alkohol sorgt bereits in geringen Mengen dafür, dass der Körper zu viel Kalzium ausscheidet. Langjährige Alkoholiker haben deshalb ein vielfach erhöhtes Risiko an Osteoporose zu erkranken. Ebenso erhöhen manche Medikamente das Osteoporose-Risiko. Insbesondere, wer über einen längeren Zeitraum Kortison einnehmen muss – zum Beispiel weil er unter Rheuma oder unter Asthma leidet -, sollte sich begleitend Kalzium- und Vitamin DPräparate verschreiben lassen. Kalzium und Vitamin D-Präparate und so viel wie möglich Bewegung und Sonnenlicht sind die Basis-Therapie in jedem Stadium der Osteoporose. Dazu können gezielt Medikamente gegeben werden, die den Knochenabbau bremsen. Am häufigsten werden Medikamente mit Bisphosphonaten als Wirkstoff verordnet. Sie haben relativ wenige Nebenwirkungen, sind in der Regel gut verträglich und auch über viele Jahre zuverlässig wirksam. Bisphosphonate bremsen den Knochenabbau, indem sie die für die dafür zuständigen Osteoklasten hemmen, und stärken die Knochenstruktur. Und auch noch andere Wirkstoffe können bei Osteoporose erfolgreich eingesetzt werden. Zum Beispiel ❚ selektive Estrogen-Rezeptor-Modulatoren (SERMs), die die Wirkung des Geschlechtshormons Östrogen nachahmen. ❚ das körpereigene Hormon Calcitonin, das den Knochenabbau hemmt und zugleich schmerzstillende Wirkung hat. ❚ Strontium-Ranelat, das den Knochenabbau hemmt und die Struktur der Knochen stabilisiert. All diese Wirkstoffe verursachen zum teil auch unangenehme Nebenwirkungen, des- halb muss immer sorgfältig abgewogen werden, welche Therapie in Frage kommt. „Wir setzen solche Medikamente heute viel gezielter ein als früher“, betont de Barse. „Ein Knochendichte T-Wert von -2,5 oder schlechter bedeutet heute noch nicht unbedingt, dass Sie Medikamente nehmen müssen. Wir schätzen Ihr persönliches Risiko ab und beziehen es in die Entscheidung über eine individuelle Therapie mit ein. Wichtig ist, dass Sie eine MedikamentenTherapie, wenn wir sie beginnen, auch über Jahre konsequent fortführen. Richtig angewandt können wir mit Medikamenten das Knochenbruch-Risiko um bis zu 50 Prozent senken.“ Und das bedeutet deutlich weniger Schmerzen, deutlich bessere Mobilität und deutlich weniger Krankenhaus-Aufenthalte. „Im Krankenhaus bekommen wir Osteoporose-Patienten vor allem dann zu sehen, wenn alle Medikamenten-Therapien nicht ausgereicht haben, bzw. wenn die Vorbeugeuntersuchungen und medikamentösen Möglichkeiten nicht konsequent ausgeschöpft wurden“, bestätigt Djordje Lazovic. Und dann wird es häufig richtig ernst für die Patienten. Ein Oberschenkel-Halsbruch kann ggf. eine vorübergehende Pflegebedürftigkeit bedeuten. Und auch Wirbelbrüche schränken die Lebensqualität meistens erheblich ein. „Das vorherrschende Gefühl bei diesen Patienten ist häufig Angst“, schildert Sozialarbeiterin Doris Ziervogel. „Sie erleben den Knochenbruch als plötzlichen Einbruch in ihrem Leben, sie fragen sich: ‘Welcher Knochen bricht als nächster und zu welchem Zeitpunkt?, Werde ich mit dauerhaften Schmerzen leben müssen?, Werde ich durch die Osteoporose pflegebedürftig werden?’“ Doris Ziervogel und ihre Kollegin Ulrike Schmidt-Baumscheiper nehmen sich bei Bedarf Zeit, um mit den Patienten die neue Situation zu besprechen. Ein Teil der Veränderung ist zum Beispiel das bereits im Krankenhaus verordnete und dort durch Mitarbeiter eines Sanitätshauses individuell angepasste Stützkorsett. Es ist so konstruiert, dass es die Wirbelsäule vor ruckartigen Bewegungen und Belastungen schützt und den Körper stabilisiert. „Wenn der Patient das Korsett wirklich konsequent trägt, kann das durchaus auch wieder ein Mehr an Lebensqualität bedeuten“, betont Ulrike Schmidt-Baumscheiper. Vielen betroffenen Patienten helfen die Sozialarbeiterinnen auch, ihre Lebenssituation nach dem Krankenhausaufenthalt neu zu überdenken, zum Beispiel bei der Frage ‘Wieviel Unterstützung brauche ich in Zukunft?’ „Viele Patienten machen sich Sorgen, dass sie Schwierigkeiten haben werden, den Alltag ohne Hilfe zu bewältigen. Gleichzeitig befürchten sie, ein ‚Pflegefall' zu werden“, erlebt Doris Ziervogel immer wieder in den Gesprächen. „Wir besprechen mit dem Patienten gemeinsam realistische Lösungen, die so viel Selbständigkeit wie möglich und so viel Unterstützung wie notwendig bieten.“ In manchen Situationen reichen vorübergehende ambulante Hilfen, in anderen Fällen können auch stationäre Versorgungen erforderlich werden. Wünschenswert ist auch eine Beteiligung der Angehörigen bei der Weiterversorgung. „Natürlich unterstützen wir die Patienten auch bei den notwendigen Antragsverfahren für die gemeinsam mit ihnen geplante Weiterversorgung.“, erklärt Ulrike Schmidt-Baumscheiper. 2.2007 | 7 HISTORIE Arabische Heilkunde „Allah hat keine Krankheit herabkommen lassen, ohne dass Er für sie zugleich ein Heilmittel herabkommen ließ” Während das christliche Abendland im sprichwörtlichen „finsteren Mittelalter“ steckte, erlebten in den arabisch beeinflussten Gebieten Naturwissenschaft, Forschung und Lehre eine strahlende Blütezeit. Noch bis ins 17. Jahrhundert gehörten die Werke arabischer Ärzte zur Pflichtlektüre jedes Medizin-Studenten. Arabische Heilkunde w ir schreiben das Jahr 1192. Englands strahlender König Richard Löwenherz hat ein Heer von Kreuzrittern ins Heilige Land geführt und lagert vor Jerusalem, das er gelobt hat, aus der Hand des Sultans Saladin zu befreien. Doch kurz vor dem Ziel droht der kämpferische König zu scheitern. Eine seltsame Krankheit hat ihn niedergestreckt. Er kann sich kaum mehr von seinem Krankenlager erheben. Jetzt bietet sich für Saladin die Gelegenheit, die Kreuzfahrer endgültig zu besiegen. Aber er nutzt die Schwäche seines Widersachers nicht aus. Stattdessen sendet er seine besten Mediziner in das Lager der Christen. Und die können tatsächlich helfen. Richard Löwenherz leidet an Skorbut, einer Krankheit, die durch akuten VitaminC-Mangel hervorgerufen wird. Saladins Ärzte verordnen ihm frisches Obst, und kurz darauf ist der Kreuzfahrer-König wieder gesund und munter. So schön diese Geschichte auch ist, sie gehört vermutlich ins Reich der Legenden. Immerhin: Sie könnte wahr sein. Sultan Saladin war gemeinhin als ritterlicher Fürst bekannt. Und die arabischen Mediziner waren die besten der damals bekannten Welt. In großen Städten wie Bagdad, Damaskus oder Isfahan gab es bereits seit mehr als zweihundert Jahren Krankenhäuser mit verschiedenen Fachabteilungen und zahlreichen Ärzten, die nicht nur heilten, sondern auch lehrten. Seit dem 6. Jahrhundert nach Christus erlebten Wissenschaft und Kultur im Nahen Osten eine Blütezeit. Das große Interesse gerade für den Fachbereich der Medizin ist vermutlich auf einen der Hadiths – der überlieferten Aussprüche des Propheten Mohamed selbst – zurück zu führen: »Allah hat keine Krankheit herabkommen lassen, ohne dass Er für sie zugleich ein Heilmittel herabkommen ließ«, soll Mohamed ver- 8 | 2.2007 kündet haben. Er war überzeugt, dass jede Krankheit heilbar ist, der Mensch müsse nur das jeweils passende Heilmittel entdecken. Daran also arbeiteten die Ärzte im arabischen Sprachraum mit Unterstützung ihrer jeweiligen Fürsten. Dabei spielte es übrigens nur eine untergeordnete Rolle, ob sie selbst dem muslimischen Glauben angehörten, Juden oder Christen waren. Das Zentrum ihrer Forschung und Lehre war die arabische Welt. Im christlichen Abendland wären sie womöglich als Ketzer verurteilt worden. Und ihre Schriften waren auf Arabisch abgefasst. Grundlage der Arabischen Medizin bildeten zum einen die Überlieferungen antiker Heilkundiger, zum Beispiel des Hippokrates oder Galens. Ebenso aber kannten die arabischen Wissenschaftler auch die Grundlagen der ägyptischen, persischen und indischen Heilkunde und hatten sogar Erkenntnisse aus der Chinesischen Medizin schriftlich niedergelegt. Auf dieser Basis entwickelten sie ein wissenschaftliches Gesundheitssystem, in dem eine ausgeklügelte Anamnese und Diagnostik ebenso von Bedeutung war wie ein enormes Heilpflanzenwissen und die Weiterentwicklung durch eigene und fremde Erfahrungen. Arabische Ärzte setzten Kaffeepulver gegen Mandelentzündung, Ruhr und schwerheilende Wunden ein, empfahlen Kampfer für das Herz, Weihrauch zur Stärkung des Geistes und verwendeten bei Operationen bereits eine Narkose aus Haschisch und Bilsenkraut. Die ärztliche Visite war fester Bestandteil des Krankenhausalltags. Patienten wurden immer sowohl nach ihrem körperlichen wie auch nach ihrem geistigen Wohlbefinden befragt. Die berühmtesten Ärzte hielten ihre medizinischen Erkenntnisse schriftlich fest und setzten damit bleibende Maßstäbe für die spätere Entwicklung in Europa und der Neuen Welt. Noch heute spricht man von einigen von ihnen mit Ehrfurcht: An Abu Bakr Muhammad bin Zakariya al Razi (865 – 925 n. Chr.), in Europa kurz Rhazes genannt, erinnert zum Beispiel ein Denkmal auf dem medizinischen Campus der Pariser Universität. Er schrieb umfangreiche Werke zur Anatomie, Chirurgie und Toxikologie. Er war der Erste, der die Pocken und die Masern beschrieb und die Vermutung formulierte, dass die Ursache für Infektionskrankheiten im Blut liegen könnte. Sein wichtigster Verdienst ist jedoch, dass er sich – mehr als 800 Jahre vor dem Zeitalter der Aufklärung in Europa – dafür stark machte, herrschende Dogmen immer wieder in Frage zu stellen und durch „wissenschaftlichen Augenschein“, also die gründliche Beobachtung und Analyse von Tatsachen, zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Die Kenntnis von Tatsachen war auch für Abul Qasim-Halaf ibn al Abbas az Zahrawi (er lebte um die Jahrtausendwende) die unbedingte Voraussetzung, bevor ein Arzt zur Tat schreiten durfte. Insbesondere galt Abulcasis, wie er im Abendland genannt wurde, als Spezialist für Chirurgie „Wer sie ausüben will, muss sich daher zunächst mit der Anatomie vertraut machen […] muss sich Kenntnis der Knochen, Nerven, Muskeln […] verschaffen“ verlangte er in seinen Schriften, die noch im 18. Jahrhundert als Standardwerke in der Ausbildung europäischer Chirurgen eingesetzt wurden. Das gesamte pharmakologische Wissen der damaligen Zeit fasste der Arzt und Botaniker Ibn Al Baitar (1197 – 1248 n. Chr.) für die Nachwelt zusammen. Sein Arzneimittelheilkunde-Buch führt über 1.400 pflanzliche Wirkstoffe auf. Dabei verließ er sich nicht nur auf das, was er aus den Schriften anderer Gelehrter zusammentragen konnte. Vielmehr reiste Ibn al Baitar selbst jahrelang durch Spanien, Nordafrika und Kleinasien, um die beschriebenen Pflanzen und ihre Wirkung selbst in Augenschein zu nehmen. Selbst den Blutkreislauf entdeckte ein arabischer Arzt rund 400 Jahre bevor er in Europa offiziell beschrieben wurde. Der Ägypter Ibn Ain Nafis (1210 – 1288 n. Chr.) er- forschte und dokumentierte erstmals in der bekannten Geschichte den Herz-LungenKreislauf und beschrieb das Herz als den zentralen Motor zweier Kreisläufe, der das Blut zu den Organen bringt und über den Lungen-Kreislauf mit Sauerstoff – Ibn Nafis nannte ihn „Vitalkraft“ – auffrischt. Der wohl bekannteste arabische Arzt war Hakim Ibn Sina (980 – 1037 n. Chr.), der in Europa als Avicenna berühmt wurde. Sein fünfbändiger „Kanon der Medizin“ ist das umfassendste, systematischste Werk der Arabischen Medizin. Es widmet sich allen damals bekannten Facetten der Heilkunde und wurde bereits 1257 ins Hebräische, wenig später ins Lateinische übersetzt. Avicenna hat die medizinische Wissenschaft bis ins 18. Jahrhundert hinein entscheidend geprägt. Durch die Kreuzzüge und vor allem über das von den Mauren besetzte Spanien gelangte das Arabische Wissen nach und nach auch in das mittelalterliche Europa. Dort nämlich, wo die Welten aufeinander prallten, fanden Christen, Juden und Muslime neben blutigen Gefechten immer wieder die Gelegenheit zum respektvollen Austausch. Im besetzten Spanien lebten Zugehörige aller drei Religionen sogar über Jahrhunderte friedlich zusammen. So konnten in Toledo und Cordoba „multikulturelle“ Zentren der Wissenschaft und die bedeutendsten Übersetzerschulen der damaligen Zeit entstehen. Abendländische Mönche übersetzten die Arabischen Schriften, und in den europäischen Klostergärten breiteten sich die mitgebrachten Heilkräuter aus dem Orient aus. 2.2007 | 9 Fettarm Falsche Ernährung birgt mehr Gesundheitsrisiken als wir uns eingestehen wollen. Die Ernährungsberaterinnen im Pius-Hospital haben deshalb ihr Angebot erweitert und bieten eine regelmäßige Ernährungssprechstunde für Mitarbeiter und Patienten an. PIA hat die Gelegenheit wahrgenommen und ein Gespräch mit der leitenden Diätassistentin Beate Reinert geführt. SERVICE ❯❯ PIA: „Fett macht fett“ – kann man das so pauschal sagen. ❮❮ Beate Reinert: Das kommt – wie immer – auf die Menge an, die man davon verzehrt. Richtig ist: Unter den drei Nährstoffen Fett, Kohlenhydrate und Eiweiß hat Fett den höchsten Energiegehalt. Nämlich 930 Kilokalorien (kcal) auf 100 Gramm. ❯❯ PIA: Kann man sich nicht dann am besten einfach fettfrei ernähren? ❮❮ Beate Reinert: Nein. Fette sind lebensnotwendig und ein wichtiger Bestandteil unserer Lebensmittel. Unser Organismus benötigt Fette ❚ für den ständigen Aufbau neuer Körperzellen ❚ für die Versorgung mit lebensnotwendigen Fettsäuren ❚ als Lieferant der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K und für deren Aufnahme. ❯❯ PIA: Was sollten wir also tun? ❮❮ Beate Reinert: Wir sollten darauf achten, uns fettarm – nicht fettfrei – zu ernähren. ❯❯ PIA: Müssen wir also auf alles Leckere in Zukunft verzichten? ❮❮ Beate Reinert: Ganz im Gegenteil. Wir raten unseren Patienten, die Ernährung gerade mit Hilfe ihrer Lieblingsgerichte umzustellen. Gehen Sie einfach alle Zutaten durch und probieren Sie aus, wo Sie Fett sparen können und dabei den Geschmack erhalten. ❚ Verwenden Sie zum Beispiel weniger Fett als im Rezept angegeben. Wenn dort z.B. sechs Esslöffel Öl stehen, reichen in Wirklichkeit schon ein oder zwei Löffel. ❚ Würzen Sie nach Lust und Laune. Frische Kräuter verleihen vielen Gerichten den letzten Pfiff. ❚ Verändern Sie die Gar-Methoden: Statt Braten oder Frittieren lieber Grillen, Dünsten oder im Backofen garen. ❚ Und last but not least können Sie besonders fetthaltige Zutaten durch fettärmere Varianten austauschen. Nehmen Sie zum Beispiel fettarme Milch statt Vollmilch, Magerjoghurt statt Sahnejoghurt. Ersetzten Sie fettes Fleisch durch mageres, bevorzugen Sie Forelle und Scholle statt Aal und Makrele. ❯❯ PIA: Haben Sie da ein paar praktische Beispiele? ❮❮ Beate Reinert: Ja, ich habe Ihnen mal drei Rezepte mitgebracht, bei denen Sie durch fettarme Zubereitung die Kalorienmenge auf ein gutes Drittel reduzieren können. FETTVERGLEICH verschiedener Gerichte Fettreich Fettarm Putengeschnetzeltes 400 g Putenbrust 2 EL Öl 200 g Champignons 250 ml Sahne 10 g Mehl Kräuter, Gewürze Fett (g) 3,5 20 0,6 79,2 0,1 0 kcal 367 179 30 772 34 0 400 g Putenbrust Mineralwasser 200 g Champignons 250 ml Milch, 1,5% Fett 10 g Mehl Kräuter, Gewürze Fett (g) 3,5 0 0,6 3,7 0,1 0 kcal 367 0 30 117 34 0 Gesamt pro Person 103,4 25,8 1.382 345 Gesamt pro Person 7,9 3,9 548 137 Erbsensuppe 250 g Erbsen 2 EL Öl 100 g Speck 500 g Bockwurst 300 g Gemüse 250 g Kartoffeln 500 ml Fleischbrühe Fett (g) 1,8 20 65 126,5 1 0,3 6,4 kcal 650 179 621 1385 106 160 75 Gesamt pro Person 221 55,25 3.176 794 250 g Erbsen 100 g Schinken, roh Fett (g) kcal 1,8 650 2,9 150 300 g Gemüse 250 g Kartoffeln 500 ml Gemüsebrühe 1 0,3 2 106 160 30 Gesamt pro Person 8 2 1.096 274 Quarkcreme mit Erdbeeren NEU IM PIUS: Individuelle Ernährungsberatung für Patienten und Mitarbeiter Die Ernährungsberaterin Andrea Heuermann bietet jeden Mittwoch von 8 bis 13 Uhr im kleinen Raum der Cafeteria kostenlos Beratungen an. Auch Ernährungsvorträge werden angeboten. Terminvereinbarung unter Tel: 229 1141. 10 | 2 . 2 0 0 7 500 g Sahnequark 100 ml Sahne 1 EL Zitronensaft 1 P. Vanillezucker 50 g Zucker 400 g Erdbeeren Fett (g) 25,5 31,7 0 0 0 0,8 kcal 550 309 4 20 200 132 500 g Magerquark Mineralwasser 1 EL Zitronensaft 1 P. Vanillezucker Süßstoff 400 g Erdbeeren Fett (g) 1,5 0 0 0 0 0,8 kcal 365 0 4 20 0 132 Gesamt pro Person 58 14,5 1215 303 Gesamt pro Person 2,3 0,6 521 130 EXPERTEN-TIPP Wussten Sie … … dass der Begriff „Fett in Trockenmasse“ (F. i. Tr.) nicht den absoluten Fettgehalt angibt? Die Angabe „Fett in Trockenmasse“ allein sagt nichts über den absoluten Fettgehalt eines Käses aus. Vielmehr gibt sie an, wie hoch der Fettanteil des jeweiligen Käses wäre, wenn man ihm zuvor alles Wasser entziehen würde. Tatsächlich ist der Wassergehalt in den verschiedenen Käsesorten aber unterschiedlich hoch. So ist es zu erklären, dass ein Doppelrahmfrischkäse mit 60 % F. i. Tr. in Wirklichkeit weniger Fett enthält als ein Schnittkäse mit 45 % F. i. Tr. Und beide bestehen nicht aus so viel Fett in Gramm wie die Prozentangabe suggeriert. In 100 g Gouda mit 48 % F. i. Tr. stecken nur etwa 28,8 g Fett. In einem Frischkäse mit 60 % F. i. Tr. nicht mehr als 18 g. Als Faustformel für den absoluten Fettgehalt auf 100g multipliziert man die Prozentzahl für Fett in Trockenmasse ❚ Bei Frischkäse mit 0,3 ❚ Bei Weichkäse mit 0,5 ❚ Bei Schnittkäse mit 0,6 ❚ Und bei Hartkäse mit 0,7 2 . 2 0 0 7 | 11 Anfang der Fünfziger Jahre war Peter P. ein erfolgreicher Sportler. Und noch mit über 60 Jahren zog er bewundernde Blicke auf sich, wenn er – sonnengebräunt – seine Bahnen kraulte und die meisten Dreißigjährigen alt aussehen ließ. In den Fünfziger Jahren hatte er sich auch das Rauchen angewöhnt. Nur selten sah man ihn ohne Zigarette. Meist zündete er die nächste an, bevor er die vorherige zu Ende geraucht hatte. An besonders hektischen Tagen fand man manchmal in verschiedenen Zimmern noch brennende Zigaretten in einem Aschenbecher, während er – genüsslich rauchend – zu einem Spaziergang aufgebrochen war. Kompetenzzentrum LUNGE w arnungen vor den Gefahren des Rauchens wies er entschieden zurück. Sollten die Mahner ihm erst einmal nachmachen, was er an Kondition und Kraft zu bieten hatte. „Von wegen, Rauchen macht krank“, lachte er herzhaft. „Ich rauche seit fünfzig Jahren und habe immer noch keinen Krebs. Andere müssen vielleicht aufpassen. Ich nicht.“ Husten, na ja, o.k., am Morgen musste er immer ein bisschen Schleim abhusten. Aber nach der ersten Zigarette war alles wieder im Lot. Selbst sein Hausarzt musste einsehen, dass er Recht hatte. Bei jeder Routine-Untersuchung waren die Werte perfekt: Herz, Gewicht, Zucker, Cholesterin. Was kann man sich sonst noch wünschen? Es kam ganz plötzlich, dass die Kondition nachließ. Er hielt es zunächst für eine Alterserscheinung und beschloss, etwas kürzer zu treten. Doch es wurde nicht besser. Im Gegenteil. Schließlich rang er schon bei der geringsten Belastung nach Luft. Als er sich zusätzlich eine Erkältung einfing, fürchtete er, zu ersticken. Im Krankenhaus bekam er 24 Stunden lang über eine Nasensonde Sauerstoff zugeführt und erhielt schleimlösende und bronchienerweiternde Medikamente sowie ein Antibiotikum gegen die akute Infektion. Inzwischen steht die Diagnose fest: COPD – eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, bei der die Bronchien sich immer weiter verengen. „Die Krankheit entsteht schleichend über mehrere Jahrzehnte“, erklärt die Pneumologin Dr. Regina Prenzel, Direktorin der Klinik für Innere Medizin im Pius-Hospital. „Die meisten Patienten haben jahrelang Husten. Aber erst, wenn die Atemnot einsetzt, gehen sie zum Arzt.“ Zu diesem Zeitpunkt hat die COPD in der Regel jedoch schon ein Stadium erreicht, in dem sie sehr schnell schlimmer wird. Ein kleiner Infekt kann die ohnehin verengten Bronchien so stark verstopfen, dass tatsächlich ein Erstickungsgefühl entsteht. „In so einem akuten Fall hilft nur eins: Schnell medizinische Hilfe“, meint Regina Prenzel. „Unsere Hauptaufgabe als Lungenfachärzte ist es aber, die Krankheit dauerhaft so zu behandeln, dass diese ganz schlimmen Symptome nicht auftreten.“ Menschen wie Peter P. verbringen dazu ein paar Tage auf der Station 3A, wo sie von Schwester Iris Möller-Murken und ihrem Team betreut werden. Die Station ist hell und großzügig in sonnigen Farben gestal- 12 | 2 . 2 0 0 7 ABTEILUNGEN STELLEN SICH VOR Regina Prenzel: „Unsere Hauptaufgabe als Lungenfachärzte ist es aber, die Krankheit dauerhaft so zu behandeln, dass diese ganz schlimmen Symptome nicht auftreten.“ tet. Nicht, wie man sich ein Krankenhaus vorstellt, sondern mit einer Atmosphäre von Weite und Freiheit. „Patienten, deren Atemwege eingeengt sind, brauchen das Gefühl, Raum zum Atmen zu haben“, betonen die Krankenschwestern. Sie wissen genau, welche Ängste und Beschwerden die Krankheit mit sich bringt. Und sie können in beiden Fällen helfen. Sie zeigen zum Beispiel, wie man mit bestimmten Körperhaltungen das Atmen erleichtert. Sie helfen, die Medikamente richtig einzunehmen und sie begleiten Patienten zu allen Untersuchungen, die bei einer Lungen-Erkrankung anstehen: Lungenfunktion, EKG, Röntgen, Spirometrie, Ganzkörperplethysmographie und ggf. auch zur Bronchoskopie. Auf Basis all dieser Untersuchungen schlagen die behandelnden Ärzte eine abgestimmte Therapie vor, die im Idealfall aus bronchienerweiternden und schleimlösenden Medikamenten, Vorbeugung vor Infekten, zum Beispiel durch Impfung, und Bewegungs- und Atemtherapie besteht. „COPD-Patienten haben ein Problem mit dem Ausatmen, nicht mit dem Einatmen“, erklärt Regina Prenzel. „Weil sie verengte Bronchien haben, dauert das Ausatmen länger. Sie müssen lernen, sich diese Zeit zu nehmen. Eine bewährte Technik dafür ist die sogenannte ‚Lippenbremse'“ Bei dieser Atemtechnik geht es darum die Luft beim Ausatmen gezielt durch die leicht geschlossenen Lippen zu führen. Unter Einsatz der Lippenbremse kann man sogar wieder sportlich aktiv werden. Wichtig ist nur, die Belastung ganz langsam zu steigern. Und immer richtig auszuatmen. Die im Krankenhaus begonnene Therapie sollte nach der Entlassung von einem niedergelassenen Pneumologen begleitet und fortgesetzt werden. Lungenpatienten in Oldenburg sind, was dies angeht, besonders gut aufgehoben. Denn niedergelassene Fachärzte und ihre Kollegen im Krankenhaus haben ein enges Netzwerk gebildet. Sie tauschen regelmäßig Kenntnisse aus, organisieren gemeinsame Fortbildungen und Patienteninformationsveranstaltungen und können sich in vielen Fällen auf dem kurzen Dienstweg über die individuelle Situation ihrer Patienten auf dem Laufenden halten. Dies gilt selbstverständlich auch für andere Lungenerkrankungen, die Hand in Hand im Krankenhaus und bei den Niedergelassenen Fachärzten behandelt werden. Das Pius-Hospital betreibt die einzige Krankenhaus-Fachabteilung für Pneumologie in Oldenburg und deckt das gesamte Spektrum ab. Das heißt, jeder Mensch, dessen Atemvolumen durch eine Krankheit oder Verletzung eingeschränkt ist, findet hier eine differenzierte Diagnose und aktive Hilfe. Die Pneumologie im Pius-Hospital ist unter anderem spezialisiert auf ❚ obstruktive Lungenerkrankungen wie COPD, Asthma und Lungenemphysem ❚ die Diagnostik und Therapie von Tumorerkrankungen ❚ fibrotische Lungenerkrankungen wie Lungenfibrose, Sarkoidose, Rheuma-Lunge und andere ❚ Schlafmedizin ❚ akute Erkrankungen, wie Lungenentzündung oder Tuberkulose. 2 . 2 0 0 7 | 13 PIUS INTERN Die Atmosphäre von Licht und Weite ist auch in der Funktionsabteilung der Inneren Klinik vorherrschend. Hier werden Lungenpatienten buchstäblich auf Herz und Nieren durchgecheckt. Tatsächlich gehören kardiologische Untersuchungen routinemäßig dazu. Schließlich ist die Lunge für den Gasaustausch im Blut – Sauerstoff gegen Kohlendioxid – zuständig. Wenn das Atemvolumen eingeschränkt ist, sinkt der Sauerstoffgehalt im Blut, und das bedeutet, dass das Herz kräftiger pumpen muss um dennoch alle Organe mit dem lebenswichtigen Gas zu versorgen. „Ab einem Sauerstoffdruck von unter 55 mm Hg im Blut steigt auch der Blutdruck im Lungenkreislauf gefährlich an und die rechte Herzseite wird verstärkt belastet“, erläutert Regina Prenzel. Neben dem Versagen der Atemmuskulatur ist Rechtsherzversagen die häufigste Todesursache bei Lungenerkrankungen. Im Mittelpunkt eines pneumologischen Krankenhaus-Aufenthaltes stehen jedoch die Untersuchungen und Eingriffe an der Lunge. Dabei arbeitet die Pneumologie im Pius-Hospital eng mit der Thoraxchirurgie im Pius-Hospital zusammen (s. PIA 1/2007). Prenzel: „Wir Pneumologen machen alle Eingriffe, für die wir den Brustkorb nicht öffnen müssen. In erster Linie sind das Bronchoskopien, bei denen wir Zellproben entnehmen, aber auch beispielsweise Sekret absaugen, die Bronchien weiten, bzw. einen Stent zur dauerhaften Erweiterung einlegen, oder Tumore so weit abtragen, dass die Patienten wieder frei atmen können.“ Eine Bronchoskopie ist die Spiegelung der Atemwege mittels Video-Endoskopie. Dafür wird ein dünner, biegsamer Schlauch in den Mund eingeführt. „Mit einer speziellen Optik können wir auf einem Bildschirm Luftröhre und Bronchien genau betrachten“, beschreibt Oberarzt Dr. Hans-Georg Dercken „Dadurch können wir zum Beispiel schon frühe Stadien von Tumorerkrankungen entdecken und behandeln. – Und dabei ist die Untersuchung relativ wenig belastend. Die Bronchoskopie-Vorrichtung ist so dünn, dass der Patient während der gesamten Untersuchung normal und ohne Beeinträchtigung weiteratmen kann.“ Bronchoskopien können bei allen Erkrankungen der Lunge hilfreich angewandt werden. Zentraler Bestandteil jeder Lungenuntersuchung sind hingegen die speziellen Methoden der Lungenfunktions-Prü- 14 | 2 . 2 0 0 7 fung, mit der die Atemmechanik, der Gasaustausch und andere Leistungen der Lunge bestimmt werden. Dazu gehören zum Beispiel ❚ die Spirometrie und die Ganzkörperplethysmographie, die Auskunft über das Lungenvolumen und den Atemwegswiderstand geben. ❚ Durch eine Blutgasanalyse und das Verfahren der ❚ CO-Diffusion wird der Gasaustausch gemessen, d.h. wie viel Sauerstoff von der Lunge auch tatsächlich ins Blut gelangt, und wie gut die Abgabe von „verbrauchtem Sauerstoff“ in Form von Kohlendioxid funktioniert. ❚ Um das Ausmaß einer Lungenerkrankung bzw. die Leistungsreserven der Lunge vor allem vor operativen Eingriffen zu bestimmen, wird eine Spiro-Ergometrie gemacht, die den Atemzug, das Atemvolumen und den Gasaustausch unter verschiedenen Belastungen misst. ❚ Zur sicheren Diagnose von Asthma gehören außerdem so genannte Provokationstests, bei denen die Reaktion der Lunge auf unterschiedliche Reizstoffe getestet wird. Beatmungstherapie auch für zu Hause Ist die Lungenfunktion eines Patienten dauerhaft schlecht, empfehlen ihm die Ärzte vielleicht zusätzlich zur medikamentösen Therapie eine regelmäßige Beatmung, die sie im Krankenhaus ausprobieren und später auch zu Hause fortsetzen können. Bewährt ist zum Beispiel die so genannte intermittierende Selbstbeatmung (ISB), bei der über eine Maske – also ohne einen Tubus in der Luftröhre – über mehrere Stunden am Tag oder in der Nacht künstlich Luft zugeführt wird. „Diese Maske entlastet Ihre Atemmuskeln und macht Sie insgesamt leistungsfähiger“, erklärt Hans-Georg Dercken. „Wir verschreiben sie zum Beispiel bei fortgeschrittener COPD, aber auch wenn die Atmung durch Krankheiten des Bewegungsapparates oder durch neurologische Erkrankungen eingeschränkt ist, zum Beispiel bei Muskeldystrophie oder ALS. Auch wer zeitweise oder dauerhaft konzentrierten Sauerstoff braucht, bekommt die entsprechenden Geräte für zu Hause verschrieben. Im Eingangsbereich des PiusHospitals ist ein Atem-Center stationiert, in dem es alle Hilfsmittel gibt, von der Atemmaske über Inhalationssysteme bis hin zu Sauerstoff, Flüssigsauerstoff und ganzen Beatmungssystemen. Beatmung über eine Maske ist in vielen Fällen auch die Lösung, wenn die Atmung im Schlaf aussetzt. Diese „obstruktive Schlafapnoe“ genannte Erkrankung kann Ursache für nächtliches Schnarchen sein. Wegen der Atemstillstände bekommen die Patienten beim Schlafen nicht durchgehend genügend Sauerstoff. Sie schlafen dadurch nicht tief genug und leiden tagsüber unter extremer Müdigkeit. Etwa vier Prozent der Männer und zwei Prozent der Frauen zwischen 30 und 60 leiden unter dieser nächtlichen Atemstörung. Den meisten von ihnen kann nach heutigem Erkenntnisstand der Medizin geholfen werden. – Je früher, desto besser, denn Schlafapnoe-Patienten haben ein deutlich erhöhtes Unfallrisiko und sind gefährdet, was Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall angeht. Die Pneumologie im Pius-Hospital ist offiziell anerkannter Spezialist für Schlafmedizin und Heimbeatmung und betreibt ein akkreditiertes Schlaflabor. „Die meisten unserer Patienten mit Schlafapnoe sind von der so genannten NaCPAP-Therapie begeistert“, erklärt Regina Prenzel. „Dafür setzen wir ein kleines Überdruckgerät mit Nasenmaske ein, das die regelmäßige Atmung während des Schlafes unterstützt. – Die meisten Patienten gewöhnen sich schnell an dieses kleine Gerät und spüren nach oft jahrelanger bleierner Müdigkeit plötzlich wieder neue Lebensgeister.“ Kurz notiert Personalien Geschäftsführer Dr. Robert Riefenstahl (Bild 0ben, rechts) hat nach 15 Jahren das Pius-Hospital Oldenburg zum 1. Juli 2007 verlassen und tritt eine Stelle als Geschäftsführer in dem Berliner Unternehmen „id“ an. Er werde in diesem Jahr 50 Jahre alt und habe immer den Wunsch gehabt, sich noch einmal stärker mit allgemeinen Fragestellungen der Krankenhaus- und Gesundheitsökonomie zu beschäftigen und Krankenhaus-übergreifend zu arbeiten, begründet Robert Riefenstahl seine Entscheidung für den Wechsel. An seinem neuen Arbeitsplatz werde er überwiegend als Berater in einem internationalen Umfeld tätig sein. Dennoch falle ihm der Abschied äußerst schwer. „Ich habe mich in Oldenburg und insbesondere im Pius-Hospital immer sehr wohl gefühlt“, bestätigt er. „Wir haben uns im Laufe der gemeinsamen Jahre zu einem Team zusammengefunden, das sehr vertrauensvoll, sehr persönlich und sehr eng miteinander arbeitet, was mir immer sehr wichtig war.“ +++ Die bisherige Kaufmännische Direktorin und Gründungsmitglied der PIA-Redaktion Dipl.-Kffr. Elisabeth Sandbrink (Bild oben, links) hat als Wunschkandidatin aller Verantwortlichen zum 1. Juli 2007 die Geschäftsführung im Pius-Hospital übernommen. Auch sie gehört bereits seit 15 Jahren zur Führungsriege des Krankenhauses. „Ich habe mich, wenn man so will, erneut für das Pius-Hospital entschieden, weil wir hier in einem verantwortungsbewussten Team arbeiten, das wie ich großen Wert auf eine kontinuierliche qualitative Weiterentwicklung legt. Wir haben schon viel erreicht und sind für die Zukunft gut aufgestellt. In den kommenden Monaten und Jahren möchte ich weiter daran feilen, dass wir die Prozesse im Krankenhaus und die Qualität optimieren.“ Für die Patienten bedeute dies, dass sie immer auf dem bestmöglichen medizinischen, wissenschaftlichen und technischen Niveau behandelt würden, und zugleich weiterhin auf die für das Pius-Hospital charakteristische menschliche Wärme zählen könnten. „Wir müssen dafür vor allem neue Wege finden, wie wir mit dem kostbaren Gut Zeit sorgsam umgehen“, so Sandbrink. „Wenn es uns gelingt, werden sowohl unsere Patienten als auch unsere Mitarbeiter davon profitieren.“ +++ Zu ihrem Nachfolger als Kaufmännischer Direktor hat Elisabeth Sandbrink den bisherigen Leiter der Wirtschaftsabteilung, Dipl. Kfm. Erich Thunhorst (Bild unten), berufen, mit dem sie seit Jahren „vertrauensvoll und erfolgreich“ zusammenarbeitet. „Er kennt das Pius-Hospital von der kaufmännischen Seite her besser als jeder andere. Alle großen und kleinen Investitionen der letzten eineinhalb Jahrzehnte sind von ihm federführend begleitet worden. Und er ist nicht nur fachlich sondern auch menschlich unser Wunschkandidat.“ Vor seinem Betriebswirtschafts-Studium mit besonderem Schwerpunkt auf Einrichtungen des Gesundheitswesens hat Erich Thunhorst eine kaufmännische Ausbildung abgeschlossen. „Er ist also ein Mann sowohl der Praxis als auch der Theorie“, so Sandbrink. „Diese Tatsache erweist sich im Krankenhausalltag und insbesondere in Zeiten des Umbruchs im Gesundheitswesen immer wieder als äußerst hilfreich.“ Japanische Fachärzte zu Gast im Pius-Hospital: Fünf Fachärzte aus renommierten japanischen Krankenhäusern waren im Juni zu Gast in der Klinik für Orthopädie im Pius-Hospital. Unter Anleitung von Klinikdirektor Prof. Dr. Djordje Lazovic nahmen sie an Hüftimplantationen teil und trainierten am praktischen Beispiel, mit dem hierfür entwickelten Computergestützten Navigations-Gerät umzugehen. Die Orthopädische Klinik im Pius-Hospital ist weltweit führend auf dem Gebiet der hüft-orthopädischen NavigationsChirurgie. +++ Neueste EKG-Technologie: Im Rahmen einer Fachfortbildung für Kardiologen im Pius-Hospital wurde zum ersten Mal in Norddeutschland eine neue EKG-Technologie, die so genannte 3-D-Echo-Kardiographie, vorgestellt. Die neue Technologie stellt mit einer Aufnahme das ganze Herz in seinen tatsächlichen Ausmessungen dreidimensional dar und ermöglicht zudem, einzelne Segmente im Detail zu betrachten. So können sehr viel präzisere objektive Aussagen zum Beispiel über die Durchblutung der Herzwand oder die Funktion der Herzklappen gemacht werden, als dies bisher möglich war. Mit Hilfe des 3-D-EKG können erstmals die Herzklappen in Bewegung bildrealistisch dargestellt werden. „Nicht einmal Chirurgen, die am Herzen operieren, haben die Herzklappen bisher so betrachten können", erklärt Pius-Oberarzt Dr. Steffen Kosian, „denn bevor sie zum Skalpell greifen, muss das Herz stillgelegt werden.“+++ Internationaler Kongress in Slowenien: Als Vorsitzender des Internationalen wissenschaftlichen Komitees der Europäischen Gesellschaft für gynäkologische minimal-invasive Chirurgie zeichnet Prof. Dr. Dr. Rudy-Leon De Wilde, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Pius-Hospital verantwortlich für das Programm zum Jahreskongress der Gesellschaft vom 5. bis 8. September in Portoroz in Slowenien. Fachärzte für gynäkologische Chirurgie aus über 20 Europäischen Ländern und aus Russland, der Türkei, Georgien und Israel werden in Portoroz erwartet. +++ Streiken und Gutes tun: Positive Auswirkungen hatte der Streik bei der Telekom für die Deutsche Knochenmarkspenderdatei DKMS: 43 Oldenburger Mitarbeiter nutzten den Arbeitsausstand für einen Besuch im DKMS-Stützpunkt im Pius-Hospital, wo sie sich als Stammzellenspender typisieren ließen. +++ Mike nach Stammzellentransplantation wieder zu Hause: Der an einer seltenen Form der Leukämie erkrankte Mike S. hat über die DKMS einen Stammzellenspender gefunden (PIA berichtete) und ist nach erfolgreicher Transplantation inzwischen wieder zu Hause. Er feierte im Juli seinen 18. Geburtstag und plant, bald wieder am Training seiner Fußballmannschaft im VfB Oldenburg teilzunehmen. Feierstunde Mit Blumen und einer kleinen Feierstunde bedankt sich das Pius-Hospital bei langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Jubilare, die geehrt wurden, sind 10 Jahre,15 Jahre oder sogar 40 Jahre im Dienst. Herzlichen Glückwunsch! 2 . 2 0 0 7 | 15 GANZHEITLICH Mehr als nur treue Begleiter – Tiere als Therapiehelfer Ähnlich wie bei Hildegard M. sind Tiere oft die besten Freunde des Menschen. Aber sie können noch mehr: Speziell ausgebildete Therapie-Hunde helfen zum Beispiel Patienten mit Demenz oder autistischen Kindern, Kontakt zu ihrer Umwelt aufzunehmen, besonders geschulte Pferde können behinderten Menschen den Umgang mit ihrem Handicap erleichtern. Diese sogenannten tiergestützten Therapien sind alternativmedizinische Behandlungsmethoden, die zum Teil bereits seit medizinischen Einsatz keimfrei gezüchtet werden, besetzt. Diese Maden ernähren sich nahezu ausschließlich von nekrotischem Material. Die Wundbeläge sind daher eine ideale Nahrungsquelle für sie. Neben der Förderung der Wundheilung wird das Nachwachsen von frischem Gewebe durch im Speichel der Maden enthaltene Stoffe begünstigt. Blutegeltherapie – kleine Blutsauger mit großer Wirkung Die Blutegeltherapie zählt als so genannte Ausleitungsmethode zu den alternativen Ob es der Familienhund zum Kuscheln und Liebhaben ist, oder medizinisch verordneter Kontakt zu tierischen Therapiehelfern: Die Beziehung zu diesen Mitgeschöpfen kann auf vielfältigste Weise stärken und fördern. Tierische HELFER … mehr als nur „Balsam für die Seele“ „Ich war gezwungen, meine gewohnte Umgebung zu verlassen und wusste nicht, was mich erwartet. Am schwersten ist es mir gefallen, meine Wohnung aufzugeben, in der ich 30 Jahre lang gelebt habe und damit viele Dinge, die mit Erinnerungen verbunden sind. Ohne „Prinz“ hätte ich diesen Schritt bestimmt nicht gewagt.“ 16 | 2 . 2 0 0 7 d ie 86-jährige Hildegard M. ist vor zwei Monaten in ein Seniorenheim gezogen. Und mit ihr der achtjährige Yorkshire-Terrier „Prinz“. Viele ältere Menschen haben Angst davor, „ins Heim“ zu gehen. Kann jedoch das Haustier mit umziehen, bleibt ein wichtiger Bezugs- und Lebensmittelpunkt erhalten. Die Betroffenen fühlen sich so weniger allein und oftmals wird durch das geliebte Tier die Kontaktaufnahme mit anderen Bewohnern und Mitarbeitern erleichtert. Immer mehr Einrichtungen erlauben mittlerweile das Halten von Haustieren. Dies kann vor allem auch in Krisensituationen wie beispielsweise Krankheit oder dem Verlust von Mitmenschen eine große Hilfe darstellen. Haustiere sind auf die Liebe und Fürsorge des Menschen angewiesen. Die Besitzer erfahren dadurch, dass sie noch gebraucht werden. Untersuchungen haben ergeben, dass Haustiere einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität im Alter leisten können. Wer beabsichtigt, sein Haustier bei einem Umzug in ein Altenheim oder eine anderweitige Einrichtung mitzunehmen, sollte sich jedoch vorab informieren, ob dies auch möglich ist und wenn ja, unter welchen Bedingungen. Beim Bundesverband Tierschutz ist eine Liste von Seniorenheimen erhältlich, die Tierhaltung positiv gegenüberstehen. dem späten 18. Jahrhundert angewandt werden. Neben Hunden, die Blinde, Gehörlose oder in der Bewegungsfreiheit eingeschränkte Menschen begleiten, gibt es heute auch Hunde, die aufgrund ihrer Ausbildung imstande sind, Diabetes-Patienten vor Unterzuckerung zu warnen oder Epilepsie-Patienten einen drohenden Anfall anzuzeigen. Heilverfahren der traditionellen europäischen Medizin. Die Ausleitung soll die Körpersäfte entgiften und entschlacken. Die speziell und unter sterilen Bedingungen gezüchteten Blutegel werden direkt auf die Haut gesetzt und saugen geringe Mengen Blut aus dem Körper. Durch dabei abgegebene Sekrete lösen sie weitere therapeutische Effekte aus. Diese Therapie wird unter anderem bei Gicht, Entzündungsvorgän- gen, venösen Erkrankungen sowie rheumatischen Krankheitserscheinungen erfolgreich eingesetzt. Putzerfische – Hilfe für kranke Haut In den Flüssen Jordaniens, küstennahen Flüssen im Norden Syriens und im Süden der Türkei kommt eine bestimmte karpfenähnliche Fischart vor: Diese sogenannten „Putzerfische“(Garra Rufa) befreien in der Natur andere Fische von Unreinheiten und Parasiten. Seit mehreren hundert Jahren werden auch Menschen mit Hauterkrankungen wie Neurodermitis, Schuppenflechte oder Psoriasis erfolgreich mit dieser Therapie behandelt, indem sie ihre erkrankten Hautstellen von den Fischen reinigen lassen. Die Tiere sondern dabei ein Enzym ab, das z.B. bei Psoriasiserkrankungen das zu schnelle und immer wiederkehrende Nachschuppen der Haut korrigiert und den Heilungsprozess begünstigt. Kurzum: Die enge und wechselseitige Beziehung zwischen Mensch und Tier ist so wichtig wie hilfreich. Ob es der Familienhund zum Kuscheln und Liebhaben ist, oder medizinisch verordneter Kontakt zu tierischen Therapiehelfern: Die Beziehung zu diesen Mitgeschöpfen kann auf vielfältigste Weise stärken und fördern. Therapeutisches Reiten – Krankengymnastik auf dem Pferd Es gibt mehrere Arten des Therapeutischen Reitens. Die bekannteste ist die Hippotherapie, die Krankengymnastik von körperlich und geistig behinderten Menschen auf dem Pferd. Dabei macht man sich die Tatsache zu Nutze, dass Pferde und Menschen einen ähnlichen Schritt-Rhythmus haben. Bewegt sich das Pferd im Schritt, übertragen sich die sanften, rhythmischen Bewegungen des Tieres auf den Reiter. So sollen Muskeln trainiert werden, die der Behinderte sonst nicht nutzt. Außerdem werden Gleichgewichts- und Koordinationssinn geschult. Maden, Blutegel und Co. – tierische Helfer in der Medizin Auch in der Medizin spielen tierische Helfer wieder eine größer werdende Rolle. In den vergangenen Jahren erleben Behandlungsmethoden, die bereits vor mehreren hundert Jahren angewendet wurden, dann aber fast in Vergessenheit gerieten, eine Revolution. Dazu gehört die sogenannte Madentherapie: Dabei werden schlecht heilende oder chronische Wunden mit Maden einer bestimmten Goldfliegenart, die für den Weitere Informationen ■ Tiere helfen Menschen e.V. Der Verein besucht mit Tieren u. a. Seniorenheime, Kliniken und Kinderheime. Außerdem bietet er Beratung für tiergestützte Aktivitäten und Therapien an und stellt Kontakt zu Fachleuten her. www.thmev.de ■ Tiere als Therapie e.V. Verein zur Erforschung und Förderung der therapeutischen Wirkung der Mensch-Tier-Beziehung. www.tierealstherapie.org 2 . 2 0 0 7 | 17 PARTNER Brustkrebs ist nach wie vor die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Und, auch wenn die Prognosen von Jahr zu Jahr besser werden, immer noch die zweithäufigste Todesursache nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Forum Brustkrebs. Eine der größten Veranstaltungen des Jahres ist das große Patientinnen-Forum, das im vorigen Jahr von Ärzten des Pius-Hospitals ins Leben gerufen und organisiert wurde und wegen des großen Erfolges in diesem Jahr nun zum zweiten Mal unter Beteiligung des Forums Brustkrebs und außerdem der Brustzentren in Aurich und Westerstede, des Tumorzentrum Weser-Ems und Mitgliedern von Selbsthilfegruppen stattfand. Brustkrebs – Was Frauen wirklich wissen wollen Gemeinsames Patientinnen-Forum für Betroffene, Angehörige und Freunde Ein Knoten in der Brust und die dazu gehörige unheilvolle Diagnose ist deshalb für jede Patientin ein Riesen-Schock. Fragen über Fragen schießen plötzlich in den Kopf und dazu die Erkenntnis der eigenen Machtlosigkeit. „Obwohl das Thema Krebs in aller Munde ist – in dem Moment, wo Du selbst betroffen bist, weißt Du erst, dass Du eigentlich gar nichts weißt“ stellt die Psychologin Dagmar Lienau von der Krebsberatungsstelle im Gesundheitsamt der Stadt Oldenburg immer wieder fest. Und leider hilft das Internet auch nur bedingt weiter. Viele Informationen, die durch das WorldWide-Web schwirren sind eher verwirrend als erhellend. „Brustkrebs ist eine ganz individuelle Krankheit und jede Frau hat ihren ganz eigenen Weg, damit umzugehen“, fährt Dagmar Lienau fort. „Wir helfen auf verschiedenen Ebenen, den persönlichen Weg zu finden.“ 18 | 2 . 2 0 0 7 „Wir“, das sind die Psychologin Lienau, ihre Kollegin aus der Gleichstellungsstelle der Stadt Oldenburg, Kornelia Ehrhardt, Mitarbeiterinnen von Beratungsstellen, Ärztinnen und Ärzte aus Krankenhäusern und niedergelassenen Praxen und eine Reihe kompetenter Patientinnen. Gemeinsam haben sie vor mittlerweile sieben Jahren das „Forum Brustkrebs“ gegründet. Hier tauschen sich betroffene Frauen und Behandelnde aus. Hier stellen Mediziner sich bewusst den Fragen und Bedürfnissen von Patientinnen und geben Antworten, klären Missverständnisse auf, nehmen Anregungen an. Auch das Oldenburger Brustzentrum PiusHospital und das Brustzentrum Oldenburg im Klinikum Oldenburg sind Mitglieder im Frauen mit Brustkrebs, interessierte Freunde, Angehörige, Ehemänner und Lebenspartner konnten sich fünf Stunden lang im zentral gelegenen Kulturzentrum PFL geballt informieren. „Wir haben offensichtlich etwas richtig gemacht und den Nerv getroffen. Wir haben im Vorfeld nachgefragt, was betroffene Frauen wirklich wissen wollen und dann haben wir zu den Themen und Wünschen, die uns zum Beispiel aus den Selbsthilfegruppen gemeldet wurden, kompetente Referenten gesucht.“, freut sich Prof. Dr. Dr. Rudy Leon De Wilde, Leiter des Oldenburger Brustzentrums Pius-Hospital. So ist ein breit gefächertes Informationsprogramm mit Vorträgen, Workshops, Info-Ständen und Angeboten für Einzelgespräche entstanden. Das Programm lieferte fundierte Fachinformationen in allgemeinverständlicher Sprache zu medizinischen und sozialen Themen. Zum Beispiel über adjuvante systemische Therapien, operative Möglichkeiten, Mammographie-Screening, Naturheilverfahren und Sozialberatung. Darüber hinaus gab es einen Schwerpunkt „Brustkrebs und Bewegung“ mit einer Filmvorführung und konkreten Übungen aus der Traditionellen Chinesischen Medizin. „Eine ganze Reihe fundierter Studien belegt, dass Bewegung gerade auch in den Phasen der belastenden Chemo- und Strahlentherapie äußerst hilfreich ist“, erläutert Dagmar Lienau. „Die Frauen gönnen sich, etwas für sich zu tun und erleben unmittelbar, dass sie sich trotz der Krankheit mit ihrem Körper ein Stück weit wohl fühlen können.“ Zum Wohlfühlen trug auch der gemeinsame MittagsImbiss bei, der zum Veranstaltungsprogramm gehörte. Das Oldenburger Brustzentrum Pius-Hospital ist das älteste der vier Brustzentren in Nordwest-Deutschland und mit über 300 Brustkrebs-Erstoperationen pro Jahr auch das größte. Es ist seit 14 Jahren interdisziplinär und nach nachprüfbaren Qualitätsmaßstäben organisiert, seit drei Jahren offiziell zertifiziert. Die operierenden Ärzte am Oldenburger Brustzentrum sind zertifizierte Brust-Chirurgen. Neue Erkenntnisse zur KREBSTHERAPIE Nur drei Wochen, nachdem in den USA die neuesten Erkenntnisse zur Krebstherapie vorgestellt wurden, werden sie in der Region Weser-Ems bereits flächendeckend umgesetzt. Auf einer hochkarätigen Fachfortbildung an der Oldenburger Universität informierten führende Spezialisten aus Oldenburg, Bremen und Osnabrück interessierte Kollegen. „Die Prognosen von vielen Krebserkrankungen sehen in 2007 deutlich günstiger aus“, fasst Prof. Dr. Frank Griesinger, Direktor der Abteilung für internistische Onkologie in der Klinik für Strahlentherapie und internistische Onkologie im PiusHospital, zusammen. „Bei nahezu allen Krebsarten haben sich die Behandlungsmöglichkeiten deutlich verbessert. Und alle Therapien, die wir in Oldenburg vorgestellt haben, werden in der Region bereits angewandt oder stehen spätestens in wenigen Wochen zur Verfügung.“ Einige Therapien wurden unter Mitwirkung von Oldenburger Krankenhäusern mitentwickelt: Prof. Claus-Henning Köhne, Direktor der Klinik für Onkologie und Hämatologie am Klinikum Oldenburg, war federführend an einer internationalen Studie über den Einsatz von Antikörpern bei Darmkrebs beteiligt. Frank Griesinger beteiligte sich an einer internationalen Studie über Antikörper bei Lungenkrebs. Beide Studien wurden auf dem Kongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) vor 40.000 Fachärzten aus aller Welt erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. „Antikörper richten sich gezielt gegen spezifische Strukturen der Tumor-Zellen“, erklärt Claus-Henning Köhne. „Sie blockieren zum Beispiel einen Wachstumsrezeptor, oder sie schneiden den Tumor von der Blutversorgung ab, „trocknen ihn also förmlich aus“. Wir haben mit einem Antikörper, der auf das Wachstum der Tumorzelle wirkt, bei über 6.000 DarmkrebsPatienten mit Metastasen so gute Ergebnisse erzielt, dass man schon von einem Durchbruch sprechen kann.“ Frank Griesinger berichtet von ähnlich überzeugenden Ergebnisse bei Lungenkrebsstudien mit einem Wirkstoff, der die Blutversorgung des Tumors blockiert, und ergänzt: „Die zielgerichtete Therapie mit Antikörpern wird jeweils parallel zu einer Chemotherapie angewendet. Die Erfahrung aus unseren Studien belegt, dass die Antikörpertherapie teilweise sogar zusätzlich die Effektivität der Chemotherapie verstärkt.“ Antikörper kommen auch bei zahlreichen anderen Krebsarten erfolgreich zum Einsatz, unter anderem bei einigen Lymphomen und Leukämien, wie Prof. Pflüger und Prof. Hertenstein aus Bremen in ihren Vorträgen darstellten, und etwa ein Drittel aller Brustkrebs-Erkrankungen. Darüber hinaus konnten Onkologen aus aller Welt auf dem ASCO-Kongress auf deutliche Verbesserungen bei bereits etablierten Therapien verweisen. Insbesondere wurden viele Medikamente zur Chemotherapie so weiterentwickelt, dass weniger unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. In anderen Bereichen erwiesen sich Medikamente, die für eine bestimmte Krebsart zugelassen sind, auch bei anderen Tumoren als wirksam. „Insgesamt erleben wir, dass wir Tumoren heute auch beim dritten oder vierten Rückfall häufig noch wirksam begegnen können“, resümiert Prof. Joachim Hartlapp vom Klinikum Osnabrück. „Wir können viele Krebsarten zwar immer noch nicht heilen. Aber die moderne Medizin ermöglicht inzwischen ein deutlich längeres Leben mit Krebs und vor allem bei erheblich verbesserter Lebensqualität.“ Man könne quasi von einer zunehmenden „Chronifizierung“ des Krebses sprechen, ergänzt Prof. Dr. Stefan Frühauf von der Paracelsus-Klinik in Osnabrück. Ziel sei es, dass Patienten irgendwann so mit einer Krebserkrankung leben könnten wie heute schon beispielsweise Diabetiker. Diese seien zwar lebenslang auf Medikamente angewiesen, könnten aber über Jahrzehnte ein weitgehend uneingeschränktes Leben mit hoher Lebensqualität führen. Es ist geplant, die Veranstaltung nächstes Jahr unter der Ägide der drei regionalen Tumorzentren Weser-Ems, Osnabrück und der Bremer Krebsgesellschaft unter der Leitung der Direktoren der sechs Krankenhäuser in Bremen, Oldenburg und Osnabrück fortzuführen. Erfolgreiche Kooperation: Prof. Dr. med. Claus-Henning Köhne vom Klinikum Oldenburg (li.) und Prof. Dr. med. Frank Griesinger (re.) vom Pius-Hospital richteten gemeinsam die Fachfortbildung an der Uni Oldenburg aus. 2 . 2 0 0 7 | 19 PFLEGE Kann man eine tröstende Umarmung oder ein Gespräch nüchtern in „Arbeitszeit“ umrechnen? – Natürlich nicht. gehören, fühlen sich die Patienten hier wohl. „Sie sollen sich nicht nur physisch sondern auch psychisch bei uns aufgefangen fühlen und Vertrauen und Achtung spüren“, betont Andrea Carstens. „Wir gehen dabei flexibel auf die individuellen Interessen und Gewohnheiten jedes einzelnen Patienten ein und kombinieren sie mit unserer fachlichen Kompetenz.“ Und dennoch ist die zwischenmenschliche Beziehung zu den Patienten der Dreh- und Angelpunkt in der professionellen Pflege. Gerade auf einer onkologischen Station. Davon ist Schwester Andrea Carstens zutiefst überzeugt. Sie arbeitet seit sieben Jahren auf der onkologischen Station 1C im Pius-Hospital. Seit Mai 2007 ist sie examinierte Fachkrankenschwester für Onkologie. u Nach bestandenem Fach-Examen: Schwester Andrea Carstens m dies zu erreichen hat Schwester Andrea zwei Jahre lang neben ihrer täglichen Arbeit im Pius-Hospital an einer berufsbegleitenden Fachweiterbildung teilgenommen, insgesamt 800 Stunden theoretischen Unterricht und mehr als 1.400 Stunden Praktikum abgeleistet, eine 30 Seiten starke Facharbeit verfasst und mündliche und schriftliche Examensprüfungen abgelegt. „Das war natürlich sehr anstrengend“, gibt sie zu. „Aber ich wusste ja, warum ich diese Weiterbildung mache: Weil ich mir auch in Zukunft keine andere Arbeit als die mit onkologischen Patienten vorstellen kann, und weil ich möchte, dass wir im Umgang mit unseren Patienten auf das bestmögliche Fachwissen zurückgreifen können.“ Die Liebe zum Fachbereich Onkologie habe sie bereits während der allgemeinen Ausbildung zur Krankenschwester entdeckt, berichtet Andrea Carstens. „Damals war ich zur Weihnachtszeit hier auf der Station, und die ganz besondere Atmosphäre, die ich hier erlebt habe, hat mich nicht wieder los gelassen.“ Wer als Besucher oder Patient auf die Station EC oder 1C kommt, kann Schwester Andreas Wahrnehmung bestätigen: Hier herrscht ein Geist von Geborgenheit, eine Ruhe jenseits der Geschäftigkeit des Krankenhausalltags, die sich sofort überträgt. Die Türen zu den Patientenzimmern stehen – wenn dies den Patienten recht ist – offen, ebenso wie die Türen zu den Dienstzimmern der Schwestern. Obwohl beide Stationen im ältesten Gebäudeteil des PiusHospitals liegen und von den räumlichen Gegebenheiten nicht zu den Attraktivsten MIT KOMPETENZ und Zuneigung Die Ausbildung zur Fachpflegekraft legt den Schwerpunkt ausdrücklich auf beides: auf ganzheitliche Betreuung wie Schwester Andrea sie beschreibt und umfassendes fachliches Wissen auf verschiedenen Ebenen. Der theoretische Unterricht vermittelt Kenntnisse in der spezifischen onkologischen Pflege – die Gabe und Überwachung von Chemotherapeutika, Infusionstherapie, Vorbereitung und Durchführung der Bestrahlung – als auch medizinische Grundlagen zum Beispiel über neue Therapieformen, über Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten, Symptome bei bestimmten Tumorarten und Linderungsmöglichkeiten. Darüber hinaus standen Psychologie, Rechts- und Betriebswirtschaft, Pädagogik und Organisation auf dem Lernprogramm. Und immer wieder die Orientierung auf den Patienten. „Die Diagnose Krebs hat Auswirkungen auf fast alle Lebensbereiche“, erklärt Andrea Carstens. „Unsere Patienten stehen unerwartet vor existenziellen Fragen: Was soll ich meinen Kindern sagen? Kann ich jemals wieder arbeiten? Werde ich überhaupt überleben? – Sie fühlen sich häufig im Familienleben nicht mehr als vollwertig dazugehörig und müssen neben all diesem mit aggressiven Therapien und der Angst vor Nebenwirkungen fertig werden. – Es ist deshalb unerlässlich, dass wir ihnen neben der notwendigen Betreuung vor allem helfen, ihr Selbstwertgefühl zu stärken.“ Pflege-Experten sprechen in diesem Zusammenhang davon „Ressourcen zu aktivieren“. Jeder Mensch hat persönliche Stärken, die auch in den schwierigsten Situationen noch vorhanden und abrufbar sind. Dies können zum Beispiel bestimmte positive Charaktereigenschaften sein wie Kommunikationsfähigkeit, Optimismus oder andere soziale Kompetenzen, es können ganz praktische Fähigkeiten und Fertigkeiten sein oder auch positive Erinnerungen oder emotionale Zustände. Um die individuellen Ressourcen eines Patienten zu motivieren, arbeiten die Pflegenden eng mit anderen Berufsgruppen, allen voran mit den Ärzten der eigenen Klinik und anderer 20 | 2 . 2 0 0 7 Fachkliniken im Pius-Hospital, mit Physiotherapeuten, Psycho-Onkologen, Seelsorgern und Sozialarbeitern oder mit ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen zusammen und beziehen von Anfang an auch die Angehörigen mit ein, damit auch nach dem Krankenhausaufenthalt die positive Stärkung weitergeführt werden kann. „Diese Kompetenzen haben wir natürlich alle auf der Station“, meint Andrea Carstens, „so betrachtet sind wir also alle FachPflegekräfte“. Trotzdem wurde sie auch von ihrer Stationsleiterin, Schwester Gabriele Bohmann-Kemper ausdrücklich darin bestärkt, die Fachweiterbildung zu ab- die in der Pflege wichtig sind. Über enterale Ernährung z.B. (s. PIA II/2005) über Sturzprophylaxe (s. PIA I/2006), über Dekubitusprophylaxe (s. PIA II/2003), über Pflegehilfsmittel, Kinästhetik (s. PIA III/2004) Inkontinenz, Stillen (s. PIA I/2004), über Diabetes (s. PIA II/2006) oder über die spezielle Betreuung von Frauen mit Brustkrebs. Ebenso wurden Experten für EDV oder für das FallpauschalenSystem ausgebildet. „All diese Themen sind so komplex, dass längst nicht mehr jeder alles darüber wissen kann“, schildert Irmgard Marischen. „Deshalb haben wir einzelne Mitarbeiter dazu ermutigt, sich ein besonders qualifiziertes Fachwissen in ei- „Die Patienten sollen sich nicht nur physisch sondern auch psychisch bei uns aufgefangen fühlen und Vertrauen und Achtung spüren.“ solvieren. „Man lernt eine Menge zusätzlicher Aspekte in der Ausbildung“, erläutert Bohmann-Kemper. „Besonders gut finde ich auch, dass Praktikums-Einsätze in anderen Institutionen zur Ausbildung gehören. So lernen die Kolleginnen und Kollegen Situationen aus dem Lebensalltag der Patienten kennen, die wir im Krankenhaus gar nicht miterleben.“ Die Fachausbildung in der OnkologiePflege gehört zum „Pflege-Experten-Programm“, das Pflegedirektorin Irmgard Marischen am Pius-Hospital etabliert hat. In den vergangenen Jahren hat sie immer wieder gezielt Mitarbeiterinnen in berufsbegleitende Weiterbildungsprogramme vermittelt. Sie sammeln dort Spezialwissen über unterschiedlichste Themenbereiche, nem bestimmten Bereich zuzulegen. Wir übernehmen die Kosten und stellen sie für die Weiterbildung frei. Dafür stellen sie uns nach erfolgreicher Abschlussprüfung ihr Fachwissen zur Verfügung.“ Sie arbeiten also weiter in ihrem normalen Stationsdienst. Doch wenn irgendwo im Krankenhaus eine Frage auftaucht, die mit ihrem Fachgebiet zu tun hat, helfen sie, sie zu lösen. Bei Schwester Andrea Carstens hat die Fachweiterbildung genau diesen Effekt gehabt. „Ich wünsche mir, dass ich durch mein erworbenes Wissen unser Team weiter stärken kann, und dass wir weiterhin unsere onkologischen Patienten kompetent, würdevoll und menschlich pflegen.“ 2 . 2 0 0 7 | 21 KUNST UND KULTUR Als Thomas Alva Edison 1877 den Phonographen erfand, glaubten selbst Gelehrte, dies sei ein fauler Trick. – Ein Gerät zum Aufzeichnen und wiedergeben von Klängen? Völlig unmöglich! Wer nicht lesen kann, DARF HöREN! Edison musste einen Bauchredner engagiert haben, der alle zum Narren hielt …130 Jahre später ist Edisons „Trick“ bis zur Perfektion fortentwickelt worden. Heute finden wir ganze Werke der Weltliteratur auf ein paar kleinen Tonträgern. Wer Shakespeare, Goethe, die Bibel genießen will – oder den neuesten Abenteuer-Roman braucht nicht mehr dicke Wälzer zu schleppen oder verzweifelt nach der Brille zu suchen. Stattdessen sollte er mit der Fernbedienung des CD-Players umgehen können – oder zumindest jemanden kennen, der das kann … Kurz: Das Hörbuch setzt sich immer mehr durch. Als Ergänzung zur traditionellen Lektüre, betonen Bücherfreunde und Bibliothekare. „Die meisten ziehen immer noch das Buch dem Hörbuch vor“, stellt Sylvia Hoheisel, Leiterin der Pius-Bücherei fest. „Zum Hörbuch greift man dann, wenn man durch eine andere Tätigkeit oder eine spezielle Situation vom Lesen abgehalten wird.“ Viele hören Hörbücher beim Spülen, beim Saubermachen oder beim Autofahren. „Die Alternative wäre in diesem Moment, nicht, ein Buch zu lesen, sondern gar keine Literatur aufzunehmen“, so Hoheisel. Hörbücher gibt es in verschiedenen Ausführungen: Zum Beispiel als inszenierte Hörspiel-Fassung. Diese sind ähnlich wie Literatur-Verfilmungen häufig auf einige Schwerpunkte reduziert, bieten dafür aber eine ganz eigene Atmosphäre. Oder als Lesungen in gekürzter oder ungekürzter Fassung. In allen Fällen hängt das Hör-Erlebnis entscheidend von den Sprechern ab. „Wenn jemand nicht gut liest, verliere ich sofort das Interesse“, erklärt Sylvia Hoheisel. „An einem gut gemachten Hörbuch hingegen kann ich mich richtig festhören.“ GENUSS unter der Glaskuppel Direkt im Pius-Hospital liegt die Cafeteria im Atrium. Hier genießen nicht nur Besucher und Mitarbeiter gerne! Das vielseitige Angebot reicht vom täglichen Frühstücksbuffet, über einen umfangreichen Mittagstisch bis hin zu Kaffee und Kuchen sowie kleinen Snacks. Helle freundlichen Räume und die großzügige Sonnenterrasse laden zum Verweilen ein. Wir haben für jeden Geschmack das Richtige! Auch in der Patienten-Bücherei macht die Bibliothekarin genau diese Erfahrung. Die meisten möchten lieber lesen als hören. Doch wer auf Grund der Krankheit nicht lesen kann, oder wem es auf die Dauer zu anstrengend wird, dem kann Sylvia Hoheisel mit hochwertiger Literatur im Hör-Format aushelfen. Im ersten Halbjahr 2007 nahmen über 600 Patienten dieses Angebot gerne an. NEUE HÖRBÜCHER aus der Pius-Bücherei Christa-Maria Zimmermann: Gefangen im Packeis – Hörspielbearbeitung Ein spannendes Abenteuer-Hörspiel, das auf einer wahren Begebenheit beruht. Erzählt wird die Geschichte der Shackleton-Expedition aus der Sicht des 16-jährigen Peter Blackborrow, der sich als blinder Passagier auf das Schiff des britischen Polarforschers Ernest Shackleton geschmuggelt hat. Im Oktober 1914 bricht die Endurance zu ihrer Forschungsreise in die Arktis auf. Doch bevor die Expedition das arktische Festland erreicht, wird das Schiff vom Packeis eingeschlossen. – Uwe Friedrichs als Erzähler lässt die dramatischen Ereignisse in der Arktis lebendig werden. Lars Brandt: Andenken – Lesung Die Patientenbibliothek im Pius-Hospital befindet sich im Erdgeschoss, Raum E.560 gegenüber der Onkologischen Ambulanz und ist montags bis freitags jeweils von 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr geöffnet. Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pius-Hospitals sind als Leser willkommen. Die Bibliothekarin Sylvia Hoheisel kommt außerdem mit dem Bücherwagen auf die Stationen. 22 | 2 . 2 0 0 7 Im Oktober 1992 starb mit Willy Brandt einer der wichtigsten Politiker der Bundesrepublik. Sein Sohn Lars hat nun ein Erinnerungsbuch veröffentlicht, das sich abhebt von den vielen anderen Publikationen über diesen großen Mann. In „Andenken“ geht es nicht um Politik oder Biographie, sondern um das Verhältnis zwischen Vater und Sohn. Ausgehend von einzelnen Momenten – Kindheitserinnerungen an das Berlin des Bürgermeisters Brandt, das gemeinsame Angeln bis hin zum Besuch am Krankenbett, zeigt der Autor seinen Vater in den privatesten Augenblicken. Nicht kritiklos, aber doch mit großer Zuneigung für den Mann mit all seinen Widersprüchen. Der Schauspieler Sebastian Koch liest die ungekürzte Fassung des Buches mit großer Ruhe. Lars Brandt, geb. 1951 in Berlin, lebt in Bonn. Er macht Filme, schreibt Texte und malt Bilder. Eric Malpass: Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung – Lesung Morgens um sieben scheint das Leben der Großfamilie Pentecost eine reine Idylle zu sein. Auf ihrem Die Patientenbibliothek im Pius-Hospital befindet sich in der 1. Etage im Zimmer 106 englischen Landgut pflegen die Familienmitglieder ihre eigenwilligen Charaktere und werden daund ist montags bis freitags jeweils von 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr geöffnet. Auch Mitarbei vom achtjährigen Gaylord genau beobachtet. Trotz aller Exzentrik hält die Familie zusammen, beiterinnen und Mitarbeiter des Pius-Hospitals sind als Leser willkommen. Die Biblioauch wenn sie sich dann und wann gehörig auf die Nerven geht. Als Gaylord von Freund Willie bethekarin Sylvia Hoheisel kommt außerdem mit dem Bücherwagen auf die Stationen. droht wird, ist eine Tante rechtzeitig als Rettung zur Stelle. Bis heute hat die Geschichte nichts von ihrem Charme verloren, sondern sie gewinnt durch die stimmlichen Qualitäten des Sprechers Stephan Schwarz noch an Attraktivität. Ein heiterer Hörgenuss! Unsere aktuelle Mittagskarte finden Sie unter www.pius-hospital.de Cafeteria im Atrium Georgstraße 12, 26121 Oldenburg ÖFFNUNGSZEITEN: montags - freitags 8.00 - 18.30 Uhr samstags, sonn- und feiertags 8.30 - 18.00 Uhr Informieren Sie sich auch über unseren Partyservice, Ansprechpartner: Jürgen Reinert, Tel. 0441/229-11 40 „Das Leben leben kann man nur VORWäRTS ...“ SOZIALARBEITER JOSEF ROß ‘Und sie machten sich auf den Weg.’, dieses Thema eines diesjährigen Abiturgottesdienstes rief mir einen anderen Satz in Erinnerung. „Wie gut, dass wir nicht immer schon vorher wissen, was uns im Leben noch so passieren wird“. Ja, dann möchte so mancher von uns gar nicht mehr weitergehen wollen im Leben. Ich höre diesen Satz häufiger im Gespräch mit Angehörigen, wenn es darum geht, einen Weg zu finden, wie mit der radikalen Veränderung durch Krankheit umzugehen ist. Umso faszinierender finde ich anzusehen, dass Menschen, trotz des Wissens um die Gefährdung des eigenen Lebens, sich mutig auf den Weg machen: Sie absolvieren eine schulische oder berufliche Ausbildung, sie gründen eine Familie, gehen Beziehungen ein, bauen ein Haus, gehen auf Reisen und vieles mehr. Wir tun einfach so, als ob es die ständige Bedrohung des Lebens nicht gäbe. Und das ist auch gut so. Wenn wir nicht so täten, würden wir sicher manche Entscheidung nicht so mutig treffen können. Wer um die Gefährdung des Lebens weiß, weiß aber auch, dass es keine Garantie für alles Gelingen gibt. Von dem Philosophen Sören Kierkegaard ist der Spruch überliefert „Das Leben leben kann man nur vorwärts, das Leben verstehen nur rückwärts.“ Der Blick zurück mag einem manchmal jenes Maß an Dankbarkeit für das erhaltene Leben geben, das gleichzeitig wieder ermutigt, sich auch auf die Entwicklungen einzulassen, die zwar nicht ‚gewünscht', aber dennoch Teil meines Lebens geworden sind oder noch werden können. Die Kunst des Lebens besteht darin, diese Spannung auszuhalten und zu gestalten: mutig vorwärts zu leben und doch vielleicht morgen zu wissen, dass es anders gekommen ist.