Pestalozzi- Gymnasium Heidenau - Ganztägig Lernen

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Pestalozzi- Gymnasium Heidenau - Ganztägig Lernen
RAUM für veränderungen
PestalozziGymnasium
Heidenau
Pestalozzi-Gymnasium Heidenau
Schulform: Gymnasium
Organisationsform: offen
Schülerzahl: 540 (2011/12)
Ganztagsangebote seit: 2008
Rhythmisierungsmodell: Doppelstunden, Einzelstunden
Besonderheiten: betreute Freizeit (als Bestandteil des
Rhythmisierungskonzeptes)
„So, die Aufwärmung war prima – jetzt probieren wir noch ein paar Würfe“, ruft
Herr Kühnel seinen Schützlingen zu. Ihre Blicke, ihre Körperspannung verraten, dass
die Schüler ganz konzentriert bei der Sache sind. Vielleicht ist es kein Zufall, dass
wir bei unserer Stippvisite zuerst den Judokurs besuchen. Am Pestalozzi-Gymnasium
in Heidenau weiß man schließlich zu kämpfen. Denn obwohl die räumlichen Voraussetzungen alles andere als ideal sind, konnte ein ehrgeiziges GTA-Programm etabliert
werden. Durch den bereits geplanten Ergänzungsbau, der hoffentlich in naher
Zukunft realisiert werden kann, würde sich zusätzlicher Raum für Veränderungen
ergeben. Und den wüsste das Kollegium auch zu nutzen.
Vor vier Jahren erarbeiteten Schulleiter Uwe Beck sowie die GTA-Koordinatorin
Kerstin Steinert den ersten GTA-Antrag, ein Jahr später konnte die praktische Arbeit
aufgenommen werden. Der Impuls dazu kam aus der Diskussion heraus und von
verschiedenen Seiten: Kollegium, Elternrat, Schüler – alle hatten Lust auf eine Veränderung, alle waren involviert. Dazu Schulleiter Uwe Beck: „Für uns wäre es undenkbar, den Lehrern oder den Schülern etwas vor die Nase zu setzen und zu sagen: So
machen wir das jetzt. Dann wird mit den Füßen abgestimmt und nach einem Jahr
ist alles vorbei. Wir verfolgen hier eine Politik der kleinen Schritte. Aber diese Schritte
werden von allen mitgetragen und beruhen auf einem breiten Konsens.“ Und so
beschäftigte man sich in Heidenau intensiv mit den Modellen, die an anderen Schulen
praktiziert werden, wertete Erfahrungen aus und prüfte, was unter den spezifischen
Bedingungen am Pestalozzi-Gymnasium funktionieren könnte. Zu berücksichtigen
waren dabei die hohe Anzahl an Kindern aus dem Umland, die auf Linienbusse
angewiesen sind, zum anderen die schwierige Raumsituation – es gibt eine Außenstelle und es fehlen Vorbereitungs- wie auch Lagerräume.
Entschieden hat man sich letztlich für die Einführung des Doppelstundenprinzips
und offene Ganztagsangebote am Nachmittag, die sich auf die Bereiche Kunst,
Sport, Freizeit und individuelle Förderung verteilen. Hier reicht die Bandbreite von
Judo und Schach über den Gospelchor und Theater bis hin zu vertiefenden Sprachkursen in Englisch (Vorbereitung für das Cambridge Certificate) oder dem Angebot,
mit Spanisch eine dritte Fremdsprache zu erlernen. Die Förderangebote richten
sich an alle Schülerinnen und Schüler, wie die stellvertretende GTA-Koordinatorin
Ina Arndt unterstreicht: „Es wäre falsch, GTA automatisch mit Nachhilfe gleichzusetzen. Wir bemühen uns hier an der Schule sehr darum, auch die Stärksten ihres
Fachs zu fördern, indem wir sie mit Inhalten konfrontieren, die deutlich über den
Schulstoff hinausgehen.“ Die Ganztagsangebote beginnen aus organisatorischen
Gründen einheitlich um 14.30 Uhr – so können alle Kinder unabhängig vom jeweiligen Schulschluss die zusätzlichen Angebote wahrnehmen. Die Zeit bis dahin wird
mit einer betreuten Freizeit in der 7. Stunde und der Hausaufgabenzeit überbrückt,
beides dient auch der Rhythmisierung des Schultages.
In der betreuten Freizeit können sich die Kinder ein wenig erholen – schließlich muss
der reichhaltige Input des Vormittags auch verarbeitet werden. Die Praxis hat gezeigt,
dass der betreuten Freizeit auch eine große Bedeutung im Hinblick auf das soziale
Lernen zukommt. Kerstin Steinert erläutert diesen Aspekt: „Es mag zunächst erstaunlich klingen, aber wir haben beobachtet, dass viele Kinder mitunter einfach nicht
gelernt haben, wie sie ihre Freizeit sinnvoll gestalten können: Sie wissen nicht, wie
man spielt. Zusammen mit anderen Kindern wird das aber schnell besser und
wirkt sich im besten Falle sogar auf die Freizeit aus, die sie zu Hause verbringen.“
Hervorzuheben ist, dass auch Eltern für die Ausgestaltung der betreuten Freizeit
gewonnen werden konnten. Dieses ehrenamtliche Engagement hilft, die Kontinuität
der Betreuung abzusichern, trägt zur entspannten Atmosphäre bei, die typisch für
dieses Angebot ist, und setzt neue Akzente in der Betreuung.
GTA-Koordinatorin Kerstin
Steinert (rechts) und ihre
Stellvertreterin Ina Arndt
Ab der 8. Stunde können die Schülerinnen und Schüler dreimal pro Woche unter
Anleitung eines Lehrers Hausaufgaben erledigen. Die betreute Freizeit läuft in
dieser Zeit parallel weiter – so ist für eine konzentrierte Arbeitsatmosphäre gesorgt,
auch wenn mal nur ein geringes Pensum zu erledigen ist. Wer fertig ist, wechselt
in einen anderen Raum, um zu lesen oder noch ein wenig zu spielen. In der Praxis
gestaltet sich die Hausaufgabenzeit oft auch als individuelle Förderung für Schüler,
die ihre Lernziele so leichter erreichen. Deswegen kamen im laufenden Schuljahr
2011/2012 auch häufig jene Fachlehrer zum Einsatz, in deren Fächern der Bedarf
als besonders hoch eingeschätzt wurde – beispielsweise Mathematik. Ältere Schüler
nutzen die Zeit, um selbstständig an Projekten zu arbeiten. Dass die Schüler trotzdem noch Aufgaben mit nach Hause nehmen, gerade wenn es ums Üben oder Recherchieren geht, ist aus Sicht der GTA-Koordinatorinnen für die Ansprüche eines Gymnasiums normal und akzeptabel. In diesem Punkt sehen sie sich aber immer wieder
auch mit Erwartungen von Eltern konfrontiert, welche die Ganztagsangebote des
Gymnasiums als Fortsetzung des Horts ab der 5. Klasse fehlinterpretieren.
Eine weitere Erfahrung der Heidenauer ist, dass es kaum gelingt, Kurse über mehrere
Jahre hinweg als aufbauende Module anzubieten, wie es vor allem für Fremdsprachen wünschenswert wäre. Sehr gut geeignet sind sie dagegen, um sich über
eigene Stärken bewusst zu werden, sie zu erweitern und sich in verschiedenen
Bereichen auszuprobieren.
Den Gewinn aus der Netzwerkarbeit sehen die Heidenauer bei ihrer alltäglichen
Arbeit: „Der Austausch mit den anderen Schulen war wertvoll und hat uns in dem
bestätigt, was wir tun. Und gerade wenn es um die Formulierung von Wünschen
für unseren Neubau geht, müssen wir das Rad nicht neu erfinden, sondern können
auch auf die Praxiserfahrung anderer Schulen bauen – im Sinne von: Es wäre
schön, wenn ...“