Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für

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Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für
Musterstellenbeschreibung für die
Version 2012-2
Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung
in Werkstätten für behinderte Menschen FAB
Präambel
Mit Wirkung vom 25.06.2001 ist basierend auf §47 des Berufsbildungsgesetztes
die Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss „Fachkraft zur
Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen“ erlassen
worden (Bundesgesetzblatt I.S.1239).
Am 26. März 2009 sind die Ausführungen der Behindertenrechtskonvention der
Vereinten Nationen rechtsverbindlich für die Bundesrepublik Deutschland
geworden.
Demnach sind Werkstätten für behinderte Menschen nach Artikel 26
Einrichtungen der Habilitation bzw. Rehabilitation. Teilhabe zu einem
selbstbestimmten und gleichgestellten Arbeitsleben beschreibt der Artikel 27
dieser Konvention.
Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung haben mittlerweile ihren
Einsatzbereich auch außerhalb der Werkstätten gefunden. Dabei geht ihr
Arbeitsfeld über eine umfassende berufliche und persönlichkeitsbildende
Förderung hinaus. Assistenz- und Entwicklungsleistungen für den Menschen mit
Behinderung werden daher im zukünftigen Fokus liegen.
BeFAB hat bereits im Jahr 2010 auf diese sich abzeichnende Entwicklung reagiert
und mit der „Fachkraft zur beruflichen Inklusion“ einen Vorschlag erarbeitet, wie
eine zukünftige Berufsbezeichnung aussehen könnte.
In dieser Musterstellenbeschreibung haben wir versucht, den aktuellen und
zukünftigen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Sie soll eine Orientierungshilfe
im Bereich der Werkstätten und sonstigen Organisationen/Projekten sein.
Stelleninhaber mit der Bezeichnung „Gruppenleiter in WfbM“ oder ähnliche
bezieht diese Beschreibung ebenso ein, wie die Fachkräfte, die ihren
Qualifikationsnachweis nach §9 Abs. 3 der Werkstättenverordnung über eine
„herkömmliche sonderpädagogische Zusatzqualifikation“ erworben haben.
Der Einfachheit halber bezeichnen wir hier die Fachkraft zur Arbeits- und
Berufsförderung mit dem Kürzel FAB. Für männlich formulierte Schreibweisen gilt
die weibliche Form gleichermaßen.
Der Begriff „Förderung“ ist in dieser Beschreibung mit der Begrifflichkeit
„Entwicklung“ gleichzusetzen. Menschen mit Behinderungen sind als Berechtigte
für Teilhabeleistungen als „Klienten“ zu betrachten. Der Anspruch der UN-BRK auf
Gleichwertigkeit von Menschen mit und ohne Behinderungen erhebt die Ambition
an die FAB nicht im erzieherischen Maße tätig zu sein, sondern
Unterstützungsleistung als Assistent zu geben. Dem Wunsch und Wahlrecht der
Menschen mit Behinderung muss hier eine große Bedeutung zugemessen werden.
1
Ziel der Stellenbeschreibung
Ziel des Stelleninhabers ist es Menschen mit Behinderungen eine Teilhabe am
Arbeitsleben und die Eingliederung in das Arbeitsleben zu ermöglichen. Dabei ist
der Inklusionsgedanke der Leitfaden des beruflichen Handelns.
Er soll dabei den Menschen mit Behinderung in die Lage versetzen, ein
Höchstmaß an Selbstbestimmung zu erreichen und zu bewahren, unter
Einbeziehung voller Teilhabe in allen Aspekten und Bereichen des Lebens.
Eine umfassende Förderung bzw. Entwicklung der körperlichen, geistigen,
sozialen und beruflichen Fähigkeiten ist dafür Voraussetzung.
Einsatzorte der FAB
Einsatzorte der FAB sind unter anderem:
- Werkstätten für behinderte Menschen nach § 136 SGB IX
- Integrationsprojekte nach § 132 SGB IX
- Projekte und Betriebe zur Unterstützten Beschäftigung
- Projekte und Betriebe zum Jobcoaching
- den Werkstätten vergleichbare Projekte und Betriebe in privater Rechtsform
- Projekte und Betriebe des Berufsbildungsbereichs in privater Rechtsform
Qualifikationsanforderungen der FAB
Der Stelleninhaber soll über den Abschluss eines staatlich anerkannten
Ausbildungsberufes als Facharbeiter, Geselle oder Meister verfügen, mit einer
mindestens zweijährigen Berufserfahrung in Industrie und Handwerk, sowie über
eine sonderpädagogische Zusatzqualifikation. (WerkstättenVO §9 Abs. 3)
Dabei ist eine ethische und empathische Eignung in der Begegnung mit
Menschen mit Behinderung Grundvoraussetzung.
Die Qualifikationsanforderungen können auch erfüllt werden, durch
- den Nachweis einer mindestens sechsjährigen Berufspraxis, wenn darin
mindestens sechs Monate lang Tätigkeiten ausgeübt worden sind, die
wesentliche Bezüge zu der Arbeit der Fachkraft zur Arbeits- und
Berufsförderung haben (FoBi – Verordnung FAB)
- wenn durch Vorlage von Zeugnissen, oder auf andere Weise, glaubhaft
gemacht werden kann, dass die Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen
den Tätigkeitsanforderungen einer FAB entsprechen (FoBi – Verordnung
FAB)
Auch entsprechende Berufsqualifikationen aus dem pädagogischen oder sozialen
Bereich können als ausreichend betrachtet werden, wenn die für eine Tätigkeit
als FAB zusätzlich erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten anderweitig
erworben worden sind (WerkstättenVO §9 Abs. 3).
2
Aufgaben der FAB
Das Aufgabenspektrum der FAB ist verknüpft mit unterschiedlichen
Kompetenzen, über die diese verfügen muss. Insbesondere sind das:
Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozialkompetenz, Individual- bzw.
persönliche Kompetenz, Strategische Kompetenz, interkulturelle Kompetenz
Alle Aufgaben der FAB sind unter Berücksichtigung einer gleichwertigen
Teilnahme und Teilhabe der Menschen mit Behinderung zu betrachten.
Viele Aufgaben- und Kompetenzbeispiele können unter mehreren
Kompetenzrubriken aufgeführt werden. Der Einfachheit und Überschaubarkeit
halber ist jedes Beispiel nur einmal aufgeführt.
Fachkompetenz:
- Planen des Teilhabe- und Rehabilitationsverlaufes
- Erkennen der Neigung und Eignung des Menschen mit Behinderungen
- Erstellen eines Profils des Menschen mit Behinderung über dessen
Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnisse und Bedürfnisse
- Feststellen, welcher Teilhabe- und Rehabilitationsort geeignet ist
- Bereitstellen von unterschiedlichen Arbeitsangeboten in Zusammenarbeit
mit externen Auftraggebern, Arbeitsvorbereitung, Vorrichtungsbau,
Qualitätsmanagement, sowie Bereichs-, Betriebs-, Werkstattleitungen
- Berücksichtigung des Datenschutzes inkl. angemessener Datenerhebung
- Überwachung der Einhaltung des Arbeits- und Umweltschutzes
- Handling der externen Auftragsabwicklung
- Erstellung von Beurteilungen für Entlohnungssysteme und –stufen für
Menschen mit Behinderungen, Tarifkenntnisse
- Befähigung als Bildungsbegleiter für Teilnehmer des Berufsbildungsbereich
- Assistenzbegleitung bei Maßnahmen der Unterstützten Beschäftigung
- Führen von Anwesenheits-, Urlaubs- und Praktikumslisten
- Berücksichtigung allgemeiner und behindertenspezifischer rechtlicher
Aspekte bei der Begleitung von Menschen mit Behinderungen
- Sicherstellen der Aufsichtspflicht
Methodenkompetenz
- Entwickeln beruflicher Maßnahmen und der Persönlichkeit
- Planen, durchführen, dokumentieren und bewerten von beruflichen
Bildungsmaßnahmen
- Beurteilen und dokumentieren von Arbeitsergebnissen und –fortschritten
- Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsabläufen unter Berücksichtigung
von Art und Schwere der Behinderung
- Anpassung von Arbeitsplätzen an den Bedürfnissen und Anforderungen des
allgemeinen Arbeitsmarktes
- Mitwirkung bei der Gestaltung von Arbeitsbegleitenden Maßnahmen
- Mitwirken bei der Anwendung von geeigneten Verfahren der
Arbeitsvorbereitung, Arbeitssteuerung und Arbeitskontrolle
Sozialkompetenz
- Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Menschen mit
Behinderungen und ihres Umfeldes durch Grundkenntnisse in
unterstützter und körperorientierter Kommunikation, Gebärdensprache
3
-
Kommunikation mit allen beteiligten Personen im Teilhabe-, Habilitationsund Rehabilitationsprozess
Kommunikation mit betrieblichen Interessenvertretungen (z.B.
Werkstattrat, Betriebsrat, Mitarbeitervertretungen)
Kommunikation mit Fachdiensten (medizinisch, pflegerisch, psychologisch,
therapeutisch, pädagogisch)
Fähigkeit Konflikte anzunehmen, zu verstehen und auf eine Lösung
hinzuwirken
Vermittlung von Arbeitstugenden und Sozialverhaltensregeln
Fähigkeit notwendige Kontakte zu knüpfen
Fähigkeit den Menschen mit Behinderungen zu motivieren
Moderieren von Gruppen
Individual- bzw. persönliche Kompetenz
- Fähigkeit sich selbst zu reflektieren und zu motivieren
- Einfühlungsvermögen
- Angemessen und ruhig auf Krisensituationen reagieren
- Methoden über den Umgang mit physischen und psychischen Belastungen
kennen und nutzen
- Sicherstellen der Verschwiegenheit und Diskretion
- Geduld bei der Kommunikation und im Umgang mit Menschen mit
Behinderungen, aufmerksam sein können
- Flexibel auf unterschiedliche und sich schnell ändernden Situationen
reagieren zu können
Strategische Kompetenz
- Fortschreibung einer Teilhabeplanung unter ganzheitlichen und
lebensplanerischen Aspekten
- Planen und unterstützen von Maßnahmen zum Wechsel auf einem
Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (evtl. mit Begleitung)
- Planen und unterstützen von Maßnahmen einer Unterstützten
Beschäftigung
- Vorbereitung und Unterstützung älterer Menschen mit Behinderungen auf
den Ruhestand
Interkulturelle Kompetenz
- Erkennen von Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen aus einem
anderen Kulturkreis
Nicht zum Aufgabenkreis der Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung gehören
Tätigkeiten aus den pflegerischen, medizinischen und therapeutischen Bereichen.
Hier sind die notwendigen und rechtlichen Kenntnisse nicht oder kaum
vorhanden und auch kein Bestandteil der Ausbildung zur FAB.
Damit sich die FAB nicht Haftungsansprüchen aussetzt (z.B. durch verkehrte
Medikamentenverabreichung) verweisen wir darauf, diese Arbeiten von
qualifizierten Fachpersonen ausführen zu lassen.
4
Über- und Unterstellungen der FAB
Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung besetzen den operativen
Schwerpunkt der Leistungserbringung zur Teilhabe am und im Arbeitsleben.
Dabei sind sie als Bestandteil eines interdisziplinären Teams auf gleicher
Augenhöhe mit anderen Berufs- und Funktionskräften. Dazu gehören u.a. Fachund Sozialdienste, Begleitende Dienste, Produktions- und Bereichsleitungen,
sowie Bereiche der Arbeitsvorbereitung, des Qualitätswesens und der
medizinischen, therapeutischen und pflegerischen Versorgung.
In Werkstätten sind die Werkstattleiter sowohl fachliche, als auch disziplinarische
Vorgesetzte. Eine Trennung dieser Bereiche ist für die Erledigung des
Aufgabenspektrums und der Ausübung der Kompetenzen nicht zu empfehlen, da
der Habilitations- und der Rehabilitationsauftrag nicht entkoppelt werden kann
mit dem des Arbeitsauftrages. Der gesamte Tätigkeitsbereich der FAB ist als ein
Tätigkeitsmerkmal zu bewerten!
Gleiches gilt auch für die FAB außerhalb von Werkstätten. Hier sind die Leiter der
Betriebe und Projekte fachliche und disziplinarische Vorgesetzte.
Eine Überstellung der FAB gegenüber anderen Berufsgruppen ist nicht
ausgeschlossen. Dabei kann es sich nur um Assistenzkräfte handeln, die im
Rahmen des Tätigkeitsbereiches der FAB Unterstützungsarbeiten leisten.
Pflege-, medizinische und therapeutische Kräfte sind nur den jeweiligen
Fachdienstleitungen unterstellt.
Menschen mit Behinderungen stehen in keinem Unterstellungs-, bzw.
Abhängigkeitsverhältnis zur FAB!
Tarifliche Abbildung
Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung arbeiten in unterschiedlichen
Betrieben, Dienststellen und Projekten. Es gibt kein einheitliches Tarifrecht in
privaten und öffentlichen Betrieben in Deutschland. Im Bereich der Kirchen
gelten größtenteils die Arbeitsrechtlichen Vertragsrichtlinien.
BeFAB betrachtet den TVÖD als „Leitwährung“ von Regelungen eines gerechten
Entgeltes für die FAB. Auf Grund der umfassenden Qualifikationen der FAB sehen
wir diese auf einer mindestens gleichen Vergütungsstufe wie zum Beispiel
Erzieher oder Heilerziehungspfleger.
Noch gibt es keine Entgeltordnung im TVÖD. Die FAB ist tariflich bisher nicht
abgebildet bzw. beschrieben worden. Auf Grund der Gleichwertigkeit zu andern
Berufsgruppen sehen wir eine Vergütung mindestens nach EG 9 bzw. S8/S10 als
notwendig und angemessen.
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Rechtliche Bestimmungen
Diese Musterstellenbeschreibung basiert auf aktuellen Verordnungen und
Gesetzen, sowie der UN-Behindertenrechtskonvention.
Insbesondere kommen hier zur Verwendung:
- Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss „Geprüfte
Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte
Menschen“ (BehWerkPrV)
- Werkstättenverordnung (WVO)
- Sozialgesetzbuch IX (SGB IX)
- Werkstättenmitwirkungsverordnung (WMVO)
- §38a SGB IX - Unterstützte Beschäftigung
- Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
- Fachkonzept für Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich in
Werkstätten für behinderte Menschen ( HEGA 06/10)
Sonstiger Hinweis:
Im Rahmen von Kosteneinsparungen wird der Stellenschlüssel der FAB von 1:6
im Berufsbildungsbereich und 1:12 im Arbeitsbereich und Berufsbildungsbereich
der Werkstätten (Werkstättenverordnung) zum Teil weit überdehnt.
Aus qualitativen Gründen und Arbeitssicherheitsaspekten ist eine Beachtung der
Schlüsselzahlen unbedingt erforderlich. Auf Grund des Aufgabenzuwachses der
FAB und einer personenzentrierten Arbeitsweise ist eine Anpassung der
Stellenschlüssel nach unten unbedingt notwendig!
Schlussbemerkungen
Diese Musterstellenbeschreibung ist nicht ausschließlich. Sie soll als
Orientierungs- und Diskussionshilfe dienen.
Nur eine „lebende“ und „vernetzte“ Stellenbeschreibung kann als wichtiges und
wesentliches Element der Personalentwicklung dienlich sein.
Ebenso muss sie fortgeschrieben und regelmäßig überprüft und aktualisiert
werden.
Kontakt:
BeFAB-Geschäftsstelle
Troppauplatz 5
96052 Bamberg
Tel: 0951/93710-40
Fax: 0951/93710-41
E-Mail: [email protected]
+ [email protected]
Internet: www.befab.eu
Bamberg 23. Juni 2012
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