Continental Tyre in Petaling Jaya

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Continental Tyre in Petaling Jaya
Erfahrungsbericht Continental Tyre Petaling Jaya Malaysia
Vorwort
Dieser Bericht soll einen Eindruck von meinem drei monatigen Praktikum in Petaling
Jaya (PJ), Malaysia, geben. Er dient lediglich als Referenz wie ein Praktikum im
Ausland funktionieren kann, da ich aber die Arbeit anderer Praktikanten vor Ort
gesehen habe, kann ich mit relativer Sicherheit sagen, dass es nicht jedem
Studenten im Ausland so wünschenswert ergehen wird. Die Aussagen spiegeln
meine eigene Meinung wieder und müssen nicht mit denen von Continental
übereinstimmen.
Organisation
Mein Praktikum ist bereits in angenehmer Weise entstanden, bevor ich die Arbeit in
PJ begonnen habe. Über einen Freund kann ich die Stelle ohne weitere
Komplikationen wahrnehmen und so bereits weit im Voraus die Vorbereitungen
beginnen. Durch den Kontakt mit anderen Praktikanten ist jedoch die normale
Erfahrung eine Zusage im Zeitraum von vier Wochen vor Praktikumsbeginn. Sobald
mir die offizielle Zusage erteilt wurde, habe ich weitere Informationen über meinen
Aufenthalt inklusive meines Visums erhalten. Glücklicherweise hat die lokale Human
Resource Abteilung sich um meine Unterkunft und Visum gekümmert. Nach
erfolgreicher Applikation für das PROMOS Stipendium hat meine Reise am 02.
Januar 2016 begonnen.
Petaling Jaya liegt geografisch unmittelbar westlich von Kuala Lumpur,
prinzipiell kann aber beides zusammen als eine große Stadt mit ca. 8,5mio
Einwohnern verstanden werden. Meine Wohnung habe ich mir mit zwei anderen
Deutschen geteilt, insgesamt belief sich die Miete auf etwa die Hälfte der Kosten
einer Wohnung in Deutschland. Sie hat etwa zehn Auto Minuten weit von der Arbeit
entfernt gelegen, die Taxi und Uber Kosten haben wir unter uns Praktikanten geteilt.
Fremde Arbeitsweisen
Die Arbeit selbst hat unerwartet schwierig begonnen und sogleich die ersten
Erfahrungen des Miteinanders in einem Konzern außerhalb von Deutschland erwirkt.
Ich bin es vor diesem Praktikum gewohnt gewesen, dass alle Dinge zu Beginn
meines Schaffens an dem Arbeitsplatz aufgebaut und bereits eingerichtet sind. Bei
Continental in PJ ist das exakte Gegenteil der Fall gewesen, nicht nur musste ich auf
meinen Laptop ganze sechs Werktage warten, sondern nicht einmal Stifte oder
Papier wurden bereitgestellt. Die erste Verwunderung schwand, nachdem ich dem
HR und dem lokalen IT meine Bedenken äußerte: In Asien, insbesondere in
Malaysia, funktionieren die Abläufe nicht in der Weise, in der wir sie aus Deutschland
gewohnt sind. Man muss den Dingen wesentlich häufiger und intensiveren
Nachdruck verleihen, E-Mails alleine reichen selten aus. Am darauffolgenden zweiten
Arbeitstag habe ich dann noch einmal versucht den Mitarbeitern der lokalen IT mein
Anliegen zu darzulegen und zu priorisieren, was jedoch ohne Erfolg blieb. Nach
Absprache mit meinem Vorgesetzten habe ich nun zunächst unser Reifenportfolio
studiert, bevor ich am dritten Tag aus Verzweiflung meinen privaten Laptop
mitgebracht habe. Was in Deutschland durchaus eine Linie der Trennung zwischen
Freizeit und Arbeit wäre, die ich nicht überschreiten würde, wie etwa meine private
Telefonnummer preisgeben oder den privaten Laptop mit zur Arbeit bringen, hatte ich
mich nun entschlossen diese zu durchbrechen und meinem Vorgesetzten meinen
Enthusiasmus und meine Motivation zu demonstrieren, um endlich sinnvolle
Aufgaben zu bekommen. Dies wurde von Erfolg gekrönt, denn sogleich habe ich
meine erste anspruchsvolle Arbeitsaufgabe erhalten. Diese wertvolle Lektion hat
mein gesamtes Praktikum bereichert. Durch Kombination der Observierung der
lokalen Arbeitsweise, dass nämlich die Mitarbeiter langsam und unmotiviert, man
könnte gar von Lethargie sprechen, ihre Aufgaben erledigten, mit meiner Geste des
Entgegenkommens zur schnellen und entschlossenen Arbeitsaufnahme habe ich
sogleich einen überdurchschnittlichen Eindruck bei allen Beteiligten hinterlassen.
Dies habe ich dadurch ergänzt, dass ich besonders früh, in Asien bedeutet
besonders früh eine halbe bis dreiviertel Stunde früher, zur Arbeit vor allen anderen
wichtigen Parteien erschienen bin. Bereits nach einer Woche hatte ich mich besser
gestellt als die meisten Praktikanten, die dort bereits seit Monaten ihre Arbeit
erledigten. Ich kann diese Erfahrung allen, die in Asien arbeiten werden, ans Herz
legen, denn dort ist es (noch) relativ leicht sich besser zu stellen, indem man
täglichen Enthusiasmus mitbringt. Meiner wurde durch Anerkennung bis in die
Chefetage honoriert, wie sich später zeigen sollte.
Nach der ersten Woche hatte ich nun meine Aufgaben soweit bearbeitet, dass
ich bereits Resultate habe präsentieren können. Glücklicherweise habe ich
Vorwissen aus anderen Praktika einbringen können, besonders VBA ist hier gefragt
gewesen. Zur Überraschung meines Vorgesetzten hatte ich die Aufgaben, für die er
mir eigentlich mehrere Wochen eingeplant hatte, bereits nach wenigen Tagen
erledigt. Dies hat mir enorme Sympathiepunkte eingebracht, als Belohnung bin ich
des Öfteren zum Mittagessen von meinem Vorgesetzten eingeladen worden. Das
mag banal klingen, jedoch offeriert das Essengehen Einsichten in die lokale Kultur.
Bei diesen Geschäftsessen habe ich etwa Schweineohr oder Frosch probiert, keine
alltägliche Erfahrung.
In den folgenden Wochen habe ich weiter fleißig meine Arbeitseinstellung
unter Beweis gestellt. In meiner vierten Woche bei Continental ist dann der
Managing Direktor auf mich zugekommen und hat sich nach dem Stand meiner
derzeitigen Tätigkeiten erkundigt. Nach einem kurzen Gespräch hat er mich
eingeladen, einem Meeting der oberen Chefetage beizuwohnen. In diesem haben
einige Manager nicht wertschöpfende Aufgaben beschrieben, die sie gerne
automatisiert haben wollten. Hier habe ich mich dann bereitwillig gezeigt, diese
Projekte zu übernehmen und zu automatisieren bzw. zumindest den Start der
Programmierung zu organisieren. Dies stellte sich als schwieriger heraus als
gedacht, denn der Nachteil an einem internationalen Konzern ist, dass die Agilität
schwindet. In meinen vorherigen Praktika konnte man sich der Aufgaben sogleich
annehmen und wurde nicht durch Formulare oder andere Bürokratie behindert. Nun
galt es zunächst sich Informationen einzuholen, um Projekte für jede einzelne
Aufgabe zu erstellen. Ich habe ein sogenanntes „Project Requirements Document“
mit den individuellen Anforderungen geschrieben, nachdem ich mir bei jedem
Stakeholder Informationen eingeholt habe. Was sich zunächst trocken anhört, ist
ebenfalls eine reichhaltige Erfahrung gewesen. Sobald man von mehreren Akteuren
in einer fremden Kultur Erfahrungen einbringen muss, lernt man die unterschiedliche
Arbeitsweise erst wirklich auf einem tieferen Level kennen. Meine interkulturelle
Kompetenz wurde bei dieser Aufgabe am meisten auf die Probe gestellt. E-Mails
wurden meist spärlich, wenn überhaupt beantwortet. Und wenn man stundenlang,
manchmal sogar tagelang auf Antworten wartet, so kommt durchaus Verzweiflung
auf. Die Deadline des Vorgesetzten ist zwar nicht das Definitive, als das es in
Deutschland betrachtet wird, jedoch steht sie nichtsdestotrotz als solche im Raum
und eine Entschuldigung in der Version des Nichtantreffens der Gesprächspartner ist
auch in Asien nicht ausreichend. Diese Frustration hat mir besonders viel gelehrt,
unter anderem bin ich nun weitaus geduldiger und ich kann mich auf verschiedene
Arbeitsweisen einstellen. Ich versuche mich mehr in die Beteiligten
hineinzuversetzen und hake strategisch günstig nach.
Praktische Erfahrungen
Als ich schließlich mit den Projekten vorangekommen bin hat mich mein Vorgesetzter
als Belohnung für meinen Einsatz gefragt, ob ich mir nicht Reifenhändler vor Ort
anschauen wollte. Dies habe ich natürlich mit Freude als Abwechslung für die
tägliche Büroarbeit entgegengenommen. Meine Aufgabenstellung für die zweitätige
Begleitung der Verkaufsangestellten ist die Herausstellung der Schwierigkeiten des
derzeitigen Marktumfeldes im Reifenverkauf gewesen. Diese zielgerichteten Besuche
waren ein Novum für mich, der ich bisher nicht im Verkauf gearbeitet hatte, und
haben mir generell die Vorgehensweise bei einem Verkauf dargelegt und speziell die
Eigenheiten der asiatischen Weise des Geschäftemachens demonstriert, in der das
zentrale Element die Pflege der Beziehung zueinander ist. Diese Besuche der
Reifenhändler, die Endkunden bedienen, waren für mich sehr aufschlussreich und
haben meinen Blick für die Bestimmung von Zielverkaufsvolumina, sogenannten
Targets, geschärft. Zentrale Probleme für das Erreichen dieser Verkaufsziele habe
ich etwa im wachsender Konkurrenz und generell schrumpfender Nachfrage nach
Reifen identifiziert. Viel wichtiger war jedoch die Erkenntnis der operativen
Schwierigkeiten. So sind in diesem Feld des Verkaufs hauptsächlich chinesische
Zwischenhändler tätig, die ihre Eigenarten haben. Grundsätzlich wird viel geredet
von Seiten der Chinesen, sehr viel sogar. Feilschen wäre eine Untertreibung für das
Können der Außendienstangestellten. Es werden Gründe vorgeschoben, warum
nicht die gezielte Reifenzahl abgenommen werden kann, die schlichtweg erfunden
sind. Des Weiteren liegt ein großes Problem des Verkaufs in der hochwertigen
Preisklasse in der pünktlichen Bereitstellung der Ware. Eine Produktion kann nur
eine Reifenserie pro Zeiteinheit produzieren, obwohl dutzende verschiedene
zeitgleich gefordert werden. Gepaart mit der ständigen Bereitschaft von
Großhändlern, die zu jeder Zeit alle Reifen auf Lager haben, entsteht ein besonderer
Druck gegenüber dem Verkaufspersonal die direkte Abnahme von Continental den
Großhändlern vorzuziehen. Ich war beeindruckt wie viel Geschick und Muße man in
dieser Branche beweisen muss.
Bei dem Zusammensitzen mit meinem Vorgesetzten habe ich sogleich meine
Begeisterung von der Praxiserfahrung dargelegt. Sie ist komplett entgegengesetzt
meinen bisherigen Büroeinsichten gewesen. Hiermit möchte ich nicht ausdrücken,
dass ich nun meine Traumtätigkeit gefunden hatte, sondern vielmehr der Wichtigkeit
tatsächlicher Praxiserfahrung Nachdruck verleihen. Ich konnte die IT-Arbeit nun mit
realen Exempeln kombinieren und hatte so ein deutlich klareres Bild. Konsekutiv hat
mich mein Vorgesetzter sogleich eingeladen, mit ihm Händler außerhalb der Stadt in
anderen Provinzen Malaysias zu besuchen. Dies war ein erneuter Beweis dafür,
dass sich mein anfängliches Engagement belohnt hatte. Neben den mittlerweile nicht
mehr zählbaren bezahlten Mittagsessen durfte ich nun mit ihm zusammen Händler in
einer Entfernung von drei bis vier Autostunden besuchen. Was in Deutschland ein
Ding der Unmöglichkeit ist, denn Arbeit wird nur als solche und selten, wenn
überhaupt nur auf Betriebsfeiern als ein Zusammenkommen in der Freizeit
angesehen, ist in Malaysia ein durchaus nennenswerter Teil der Kultur. Es entstand
eine Art freundschaftliches Verhältnis ohne das ich nicht auf eine solche
mehrstündige Reise eingeladen worden wäre. In Deutschland etwa hätte ich ein
Flugticket in die Hand bekommen mit einem entsprechenden Termin. In Malaysia
jedoch bin auch auf fast eine Art „Roadtrip“ eingeladen worden. Es mag sein, dass
mein Verhältnis von meinen Vorgesetzten mir gegenüber ein wenig aufgesetzt
gewesen ist, denn ich bin ja über ihren Chef in das Unternehmen hineingekommen,
jedoch hat sich hinter all dem eine Kultur des Willkommen Heißens gezeigt, die ich
so in Deutschland bisher nicht vorgefunden habe.
Der Hochpunkt meines Praktikums bezogen auf meine Arbeitstätigkeiten war
die Einladung auf eine Tagung in einem Hotel außerhalb der Stad. Dieses hat
innerhalb der vorletzten Woche meiner Zeit in Malaysia stattgefunden und ist somit
eine Art der Wertschätzung meiner Arbeit bei CTPJM gewesen. In einem gehobenen
Hotel habe ich zwei Nächte und Tage mit der Chefetage verbringen dürfen, um die
zukünftige strategische Orientierung des Unternehmens zu diskutieren. Die Meetings
an den zwei Tagen wurden vom Managing Direktor Continentals BU Malaysia
geführt. Ich habe zu dieser zweitägigen Reise meinen Anzug mitgenommen in der
Vorstellung, dass dies ein sehr offizielles Meeting wird. Stattdessen habe ich alle
beteiligten Personen in weniger formeller Kleidung als im Büro vorgefunden. Meine
Verwunderung über dies wurde umso größer, als ich das Miteinander erlebte, das im
Büro bereits sehr kollegial trotz Hierarchien gewesen ist und sich nun wie unter guten
Freunden darstellte. Hier muss ich vielleicht noch hinzufügen, dass es für Continental
in Malaysia derzeit sehr gut aussieht und die Chefetage relativ komfortabel in die
Zukunft schauen kann, nichtsdestotrotz habe ich das Gefühl bekommen, dass dies
auch in schlechterem Marktumfeld so der Fall wäre. Während der Sitzungen konnte
ich generell wenig hinzufügen und hauptsächlich observieren. Dies war jedoch
zufriedenstellend genug, denn nahezu alles, was besprochen worden ist, konnte ich
in den theoretischen Inhalten meines Studiums reflektiert sehen. SWOT-Matrizen,
potenzielle Marktumfelder in der Zukunft, 5-Jahrepläne inklusive Ziele für das
kommende Jahre, etc. sind alles Dinge gewesen, die ich so in direkter praktischer
Anwendung meines theoretischen Wissens noch nicht vorgefunden hatte. Dies hat
mich sehr erfreut und hat mich zu noch mehr Elan und Enthusiasmus für den
restlichen Teil meines Studiums verleitet.
Nach den Meetings tagsüber bin ich zu einem Drink und einem mehrgängigen
Essen abends mit der Belegschaft eingeladen worden. Nicht nur die Tatsache, dass
ich ebenfalls an dieser Zusammenkunft teilhaben durfte, hat mich überrascht, denn
es waren ausschließlich Manager zugegen gewesen, sondern die Art und Weise des
Empfangs hat mir sehr imponiert. Es hat ein reger Austausch durchaus auch auf
persönlicher Ebene über den üblichen Smalltalk hinaus stattgefunden. Ich bin nicht
wie ein kurzzeitiger Praktikant oder ein in der Continental Maschine unerhebliches
Rädchen behandelt worden, sondern wie ein auf Augenhöhe wichtiger und
bedeutender Mitarbeiter oder gar Arbeitskollege. Dieses Empfinden ist hat sich
neben der Strategietagung auch sonst durch das gesamte Praktikum vollzogen. Trotz
all der intensiven und durchaus über den acht Stunden Tag hinaus merklichen
Arbeitsbelastung habe ich dadurch ein komfortables Arbeitsumfeld vorgefunden.
Nebst all den negativen Herausforderungen im nahezu lethargischen Umfeld eines
aus Controller Sicht ineffizient geführten globalen Konzerns haben eben diese
Ineffizienzen zu einer im Nachhinein sehr angenehmen Arbeitsweise geführt.
Darüber hinaus hat die schlechte Schulbildung der Malaysier es mir leicht gemacht
positiv durch mein vorheriges erworbenes Wissen hervorzustechen. Die
festgefahrene und unmotivierte Arbeitshaltung der Mitarbeiter hat mich mit wenig
mehr Aufwand ausgezeichnet dastehen lasse und kombiniert mit ein wenig Glück hat
sich eine unglaublich spannende sowie interessante Zeit ergeben.
Dies soll auch meine wichtigste Lektion aus dieser Zeit gewesen sein, dass
man seine Chancen nutzen muss. Hätte ich wie der Großteil der anderen
Praktikanten meine Zeit dort „abgesessen“, dann wäre ich nicht mit denselben
Erfahrungen nach Hause gekommen, dann wäre ich nicht zu Fieldtrips eingeladen
worden, dann hätte ich nicht an einer Strategie Tagung teilhaben dürfen, die mir
Motivation sogar über die Arbeit hinaus für mein Studium gegeben hat. Ich kann
jedem diese Lektion an die Hand geben, die nicht besser für meine Zeit in Malaysia
zutreffen könnte: Engagement, Einsatz und Motivation gepaart mit ein wenig Glück
resultieren in einer wesentlich spannenderen und intensiveren Arbeitserfahrung.
Über den Tellerrand hinausschauen
Aufgrund meiner guten Arbeit bin ich neben diversen Incentives auch mit freien
Tagen belohnt worden. Eigentlich sieht der Vertrag für ausländische Praktikanten
keine Urlaubstage über die Feiertage hinaus vor, was einem wenig Zeit für Reisen
außerhalb des Landes lässt. Ich durfte so jedoch drei weitere Länder und andere
Landschaften Malaysias entdecken. Mein erster Ausflug hat mich auf eine Insel
Malaysias mit dem Namen Penang geführt. Sie wird von ausnahmslos jedem
Einheimischen für ihre Qualität und Quantität der Variation an Essen gelobt, die auch
ich als phänomenal erleben durfte. In Malaysia herrscht generell ein Gleichgewicht
zwischen Indern, Chinesen und Malaysiern, das kulinarisch besonders auf Penang
zu spüren ist. Hier gibt es alle möglichen Variationen von Essen jede Minute des
Tages auszuprobieren. Das System des Speisens funktioniert komplett anders als
wir es in Deutschland kennen. Hierzulande geht man nur selten und dann nur zu
bekannten oder empfohlenen Restaurants speisen, dort jedoch gibt es zu jeder Zeit
des Tages an vielen verschiedenen Food Courts so viele Variationen, dass man nicht
mehr kochen möchte (zumindest, wenn man die Insel nur kurze Zeit besucht). Die
Preise sind so günstig, eine Nudelsuppe mit dem Namen Penang Laksa mit allerlei
Zutaten kostet umgerechnet knapp einen Euro, dass ich mehrere kleinere Mahlzeiten
wenigen größeren vorgezogen habe, um möglichst viele Geschmackserfahrungen zu
erleben. Da die Food Courts nahezu an jeder Straßenecke sind, muss man nicht
lange nach gutem Essen suchen. Bspw. hatte ich mir eine Wanderung im Naturpark
vorgenommen zu der ich in Deutschland Planung für den Proviant vorsehen müsste.
Dort jedoch habe ich an einer Straßenecke direkt am Eingang des Parks Reisecken
in Bananenblätter wickeln lassen, die mir ein leckeres Mittagessen am Zielpunkt
angekommen ermöglicht und zusammen weniger als ein paar Euro gekostet haben.
Natürlich hat es auf Penang noch mehr zu erleben gegeben, wie etwa eine
florierende Street Art in Form einer Graffiti Szene, peppige Museen sowie eine
ausgeprägte Kaffee Kultur, jedoch war für mich die Variation an Essen am
beeindruckensten. Ich wünsche mir diese Kultur für Deutschland, auch wenn ich
weiß, dass dieses System der Essensstände hier vermutlich nicht funktionieren
würde. Regularien haben ihre Vorteile, da man grundsätzlich in jedes Restaurant
hierzulande ohne Vorbehalte sicher sein Essen genießen kann, sie verhindern
gleichzeitig aber eine Essenskultur wie sie gerade auf Penang vorzufinden ist. Die
Erfahrung hat mein Interesse an den Essenskulturen anderer Länder genährt und
auch in Zukunft werde ich versuchen mich mehr damit auseinanderzusetzen.
Mein zweiter Trip hat mich nach Thailand geführt, nebst einem zweitägigen
Strandurlaub auf einer Insel habe ich mir Bangkok angeschaut. Ersterer Erholungsteil
ist auf die Erkundung von Thailands berühmten einsamen Stränden ausgelegt
gewesen, die jedoch nicht die Hoffnungen erfüllen konnte. Zu viele Touristen,
besonders viele Rucksack Erkunder kamen übrigens aus Deutschland und den
Vereinigten Staaten, haben die Strände mit Abfall und Lärm belästigt. Korallen sind
kaum mehr vorhanden gewesen, nur noch einige bunte Fische sind weiter entfernt
von den Küsten zu sehen gewesen. Auch die Fantasie eines Paradieses bezüglich
der Einwohner hatte sich schnell getrübt; Deutschland ähnliche Preise,
unfreundliches Personal und All-Inklusive Hotelanlagen waren die hauptsächlichen
Eindrücke. Für Bangkok selbst hatte ich keine hohen Anforderungen, auch diese
wurden enttäuscht. Ich hatte eine Großstadt mit vielen interessanten Turbulenzen
erwartet, fand jedoch eine Touristenhochburg mit dutzenden Feilschenden, die
jegliche Möglichkeit nutzten einen hellhäutigen Fremden zu hintergehen. So wurde
ein zu besichtigender Tempel von diversen Autorikscha Fahrern als geschlossen
angepriesen, für geringes Entgelt würde man jedoch zu anderen Attraktionen
gebracht. Meine einzige positive Erfahrung ist eine Radtour gewesen, die mich
außerhalb des Zentrums in die thailändische Kultur hineinschnuppern ließ.
Meine dritte Unternehmung hat mich nach Singapur geführt, das eine
willkommene Abwechslung zu dem alltäglichen Chaos in anderen südostasiatischen
Ländern gewesen ist. Der Stadtstaat, von Malaysiern als „the hospital“ bezeichnet,
hat noch effizienter als das getaktete Deutschland gewirkt. Ich habe eine extrem
saubere Stadt sowie eine Kultur erlebt, die am ehesten mit dem Adjektiv
funktionierend bezeichnet werden kann. Kaugummis etwa sind verboten, die
Einwohner sollen nicht in Versuchung kommen, diese auf dem Boden zu entsorgen.
Ein Brauchtum des absoluten Feilschens, wie es etwa in Thailand der Fall gewesen
ist, wäre hier ein Ding der Unmöglichkeit. Dies war eine erwünschte Variation zum
vorherigen „Schock“ eines durch Tourismus verkommenen Lands. Ich habe Singapur
trotz nur eines dreitägigen Besuchs in meine Liste als potentielle Stadt meines
späteren Arbeitslebens weit oben notiert. Die Atmosphäre ist ein wenig steril, hier
liegen die Malaysier durchaus richtig, doch gerade das erweckt zumindest temporär
ein angenehmes Lebensgefühl. Zudem sind die Einwohner überaus freundlich und
hilfsbereit; wie ein weiter entwickeltes Malaysia hat sich meine Erfahrung dargestellt.
Fazit
Die drei Monate haben meinen Reichtum an Erfahrungen in ungeahnter Weise
erweitert. Ich habe gelernt mich mit anderen Menschen trotz Unterschieden
zurechtzufinden sowie Geduld oder Nachdruck an den richtigen Stellen vorzulegen.
Jede Herausforderung hat mich weitergebracht und mir interkulturelle Kompetenzen
eindrucksvoll gelehrt. Sowohl die Arbeit selbst als auch die Kultur und das Land mit
all seinen Facetten hat mein Interesse geweckt mich weiter international zu
orientieren. Ich bin als Fremder gekommen und gehe mit einer internationalen
Familie und einer neuen Heimat. Dankbarkeit und auch ein wenig Stolz erfüllen mich,
wenn ich auf diese Zeit zurückblicke, die so unbegreiflich schnell vorüberging. Ich
muss gestehen, dass vor diesem Praktikum der vorwiegende Grund hauptsächlich
die Arbeitserfahrung sowie eine Auslandsstation als Erweiterung für den Lebenslauf
gewesen ist. Diese intertemporale Denkweise, nämlich das mein Streben
hauptsächlich auf meine Zukunft nach dem Studium ausgerichtet ist, werde ich nun
überdenken. Meine Lehre aus dieser Zeit ist die Gegenwart und den jetzigen Moment
in seiner Gänze mehr zu schätzen und intensiver wahrzunehmen. Anbei habe ich ein
Bild angefügt, das ein wenig die Endlosigkeit des Moments symbolisiert. Sie zeigt die
einzigartige Natur Malaysias, die so simpel wirkt und doch so komplex ist. Ich
schließe dieses Erfahrungsschreiben meiner Zeit in Malaysia mit Göthes Worten, die
mir nach dieser Erfahrung in Malaysia sehr aus dem Herzen sprechen: „Jeder
Zustand, ja jeder Augenblick ist von unendlichem Wert, denn er ist der Repräsentant
einer ganzen Ewigkeit.“