PDF-File - Schweizerische Botanische Gesellschaft

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PDF-File - Schweizerische Botanische Gesellschaft
Bern, den 2. Mai 2011
1. Rundschreiben 2011
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder
Zu den vielen erfreulichen Aktivitäten unserer Gesellschaft gehört die Förderung der botanischen
Artenkenntnis. Dazu gehört die Erarbeitung einer Zertifizierung, die gleichzeitig Anreiz und Auszeichnung
darstellt. Ich möchte in diesem Jahr unter unseren Mitgliedern ganz herzlich diejenigen begrüssen, die 2010
erfolgreich ein solches Zertifikat erworben haben und als Anerkennung von Seiten der SBG ein Jahr in den
Genuss der Mitgliedschaft unserer Gesellschaft kommen – um dann viele Jahre Mitglied zu bleiben.
Unsere Zeitschrift erscheint dieses Jahr zum ersten Mal unter dem Titel „Alpine Botany“. Sie finden die
Übersetzungen der sehr schönen englischsprachigen Artikel der ersten Ausgabe 2011 in diesem Rundbrief.
Auch in diesem Jahr bietet die SBG mit regionalen Gesellschaften Exkursionen an, am 2. Juli, am 16./17. Juli
und am 27. August, die die Möglichkeit bieten, neuen Pflanzen, Lebensräumen und Menschen zu
begegnen. Ich lade Sie ein, diese Möglichkeiten rege zu nutzen.
Am 8. Oktober wird die Jahresversammlung der SBG in Bern stattfinden mit einem naturschutzbiologischen
Symposium zum Thema der Kultivierung und Wiederansiedlung seltener Pflanzenarten der Schweiz. Ich
bitte die Interessierten, sich den Termin vorzumerken.
Mit den besten Wünschen für einen botanisch wie persönlich reichen Frühsommer und Sommer
Prof. Dr. Markus Fischer, Institut für Pflanzenwissenschaften, Universität Bern
SBG-Tagung und Jahresversammlung 2011
Die jährlichen Mitgliederversammlung unserer Gesellschaft wird dieses Jahr am 8. Oktober in Bern
stattfinden. Am Vormittag findet die Generalversammlung der SBG im Hörsaal des Instituts für
Pflanzenwissenschaften statt. Nach einer kurzen Mittagspause mit offeriertem Lunch führen wir die
wissenschaftliche Tagung unserer Gesellschaft zum Thema «Ex-situ Erhaltung und Wiederansiedlung von
Pflanzen in der Schweiz» durch. Die Teilnahme ist gratis. Die definitiven Angaben erhalten Sie im 2.
Rundschreiben 2011.
Exkursionen 2011
In diesem Jahr bieten wir Ihnen drei attraktive Exkursionen an. Diese werden von regionalen botanischen
Gesellschaften organisiert, die den SBG Mitgliedern dankenswerterweise die Teilnahme ermöglichen. Auf
diese Art und Weise können Sie mit Botanikern der regionalen Gesellschaften aus Basel, Zürich und Waadt
Bekanntschaft schliessen.
Sa. 2. Juli 2011
Felsflora und Moorvegetation auf der Ibergeregg
Exkursion organisiert durch die Zürcherische Botanische Gesellschaft unter der Leitung von Helen und
Meinrad Küchler.
Wanderung auf dem alten Schwyzer Weg von der Ibergeregg nach Oberiberg. Der alte Schwyzerweg ist ein
historischer Verkehrsweg, der im 14.Jhdt. angelegt wurde, um Oberiberg mit Schwyz zu verbinden. Der alte
Schwyzerweg führt durch die Moorlandschaft Ibergeregg und ist Zeuge für die traditionelle Bauweise von
Holzprügelwegen. Die Ibergeregg gilt als Biodiversitäts-Hotspot. Tatsächlich ist nicht nur die dortige Flora
reich; in dieser Gegend sind auf kleinstem Raum auch verschiedenste geologische Formationen
anzutreffen: von der Flyschzone über die Kalk- und Dolomit-Formationen der Iberger Klippen bis zum
ostalpinen Gipfel des Roggenstocks. Auf unserer Exkursion haben wir Gelegenheit, die Vegetation der KalkKlippen mit der Vegetation der Flach- und Hochmoore auf Flysch zu vergleichen. Auf den heissen
Kalkwänden des Chli Schijen (einer der Klippen) sind Arten anzutreffen, die sonst in wärmeren Gegenden
verbreitet sind (Hypericum coris, Coronilla vaginalis, Cotoneaster tomentosa, Erinus alpinus (siehe
Abbildung), Teucrium montanum, Globularia cordifolia, Potentilla caulescens). Die Flora der Moore ist an
anderweitig extreme Bedingungen angepasst: sie gedeihen in nährstoffarmer, kühler, in Hochmooren
zudem saurer Umgebung. Einige Arten haben für ihr hartes Leben im Moor besondere Fähigkeiten
entwickelt: Das Fettblatt (Pinguicula spp.) und der Sonnentau (Drosera spp.) fangen Insekten, um
zusätzliche Nährstoffe zu beschaffen, die Erikagewächse leben mit Mykorrhizapilzen zusammen, das
Pfeifengras und einige Sauergräser belüften den Torfboden, um ihn aufzuschliessen, die Torfmoose
(Sphagnum spp.) betreiben aktiven Ionentausch. Die Landschaft der Ibergeregg ist nicht nur von den
Naturgegebenheiten geprägt, sondern auch vom Einfluss des Menschen in Geschichte und Gegenwart. In
diesem Sinn führt uns der Alte Schwyzerweg nicht nur von der Passhöhe nach Oberiberg, sondern auch von
der Vergangenheit in die Gegenwart.
Treffpunkt: Ibergeregg Passhöhe, 9.45 Uhr. Für Anreise und Rückreise mit ÖV, siehe unten. Anmeldung:
keine Anmedung erforderlich.
Hinfahrt
Zürich HB
Arth-Goldau
Arth-Goldau
Schwyz Bahnhof
Schwyz Bahnhof (Bus 1 Richtung
Muotathal)
Schwyz Post
Schwyz Post (Bus 5 Richtung
Oberiberg)
Ibergeregg Passhöhe
ab 8:09
an 8:46
ab 8:52
an 8:59
Rückfahrt
Oberiberg (Tschalun)
Einsiedeln
Einsiedeln
Wädenswil
ab 16:47
an 17:25
ab 17:30
an 17:54
ab 9:06
an 9:10
Wädenswil
Zürich HB
ab 17:58
an 18:22
ab 9:11
an 9:39
Sa. 16.- So. 17. Juli 2011
Sunnbüel (Kandersteg) – Gemmi – Chindbettipass – Engstligenalp (Adelboden)
Exkursion der Basler Botanischen Gesellschaft geführt durch Roland Teuscher.
Wir wandern in den Helvetischen Decken, wir werden vor allem viele verschiedene Pflanzen der Kalkalpen
finden. Pflanzen der subalpinen und alpinen Zonen: Feuchtgebiete, Steinschutt und Geröllfluren,
Schneetälchen, Blaugras- und Rostseggenhalden, Nacktried- und Borstgrasrasen usw. Besonders
erwähnenswert: Kobresia simpliciuscula, Catabrosa aquatica, Crepis pygmaea, Androsace helvetica und
pubescens, Anemone baldensis, Campanula cenisia, viele verschiedene Saxifragen. Für Unermüdliche
Eriophorum angustifolium, latifolium, scheuchzeri und vaginatum, 4 verschiedene Wollgräser und Salix
caesia auf der Engstligenalp. Ab und zu wird der Bartgeier an der Gemmi und der Mauerläufer an den
Felsen des Chindbettihornes beobachtet. Vielleicht haben wir Glück.
Anreise
Mit Bahn: Es kann ein Rundreisebillett gelöst werden: Anreise: xy – Bergstation Sunnbüel (Kandersteg).
Rückreise ab Unter dem Birg (Adelboden) – xy. Von der Bergstation Engstligenalp (Adelboden) nach Unter
dem Birg (Adelboden) muss ein separates Billett für die Luftseilbahn gelöst werden.
Mit Auto: Empfehlung: Fahrt bis Spiez oder Frutigen. In Spiez hat es unter dem Bahnhof eine Einstellhalle,
in Frutigen einen Parkplatz beim Bahnhof. Ab Spiez oder Frutigen mit Bahn nach Kandersteg Sunnbüel und
zurück ab Unter dem Birg bis Spiez oder Frutigen. (Das Parkbillett beim Lösen am Bahnschalter abstempeln
lassen).Für Walliser, Tessiner, Waadtländer besteht die Möglichkeit eventuell über Sion - Leukerbad – nach
Gemmi zu gelangen.
Programm
Tag: Sunnbüel 1936m (www.sunnbuel.ch )(ob Kandersteg) nach Gemmi 2350m (www.gemmi.ch ). Reine
Wanderzeit ca. 2h30Min – Übernachten im Hotel Wildstrubel (Gemmi).
Tag: Gemmi – Daubensee 2200m – Rote Chumme – Chindbettipass 2623m – Engstligenalp 1946m
(Bergstation) mit Luftseilbahn nach Unter dem Birg Adelboden. Reine Wanderzeit 4h30Min bis 5h.
Bergtüchtigkeit ist Voraussetzung (teilweise steiler Auf- und Abstieg). Rückreise ab Unter dem Birg
entweder 16.05 mit Ankunft in Basel/Zürich ca. 19.00 oder 17.05 mit Ankunft in Basel/Zürich ca. 20.00.
Besammlung: Spätestens 11.00 im Bergrestaurant Sunnbüel (Bergstation Sunnbüel) Kandersteg
(Basel/Zürich ab ca. 07.00).
Unterkunft: Hotel Wildstrubel Gemmi, Halbpension, Dop.Zim. Sfr. 84.00, 4er Z. Sfr- 73.00, Matrazenlager
Sfr. 65.00. Diese Preise verstehen sich pro Person.
Ausrüstung: Nebst guter Bergausrüstung, Picknick und Getränke für 2 Tage
Anmeldungen bitte bis 25. Mai 2011 an, Max Seiler Mühlegasse 60, 4314 Zeiningen:
Anmeldung:
Name:
Strasse:
Vorname:
Plz.
Tel.
Ort:
Meldet zur Exkursion Gemmi 16./17. Juli …….Personen an: DZ  4-6er Zimmer  Matratzenlager 
Sa. 27. August 2011
Rossinière, Wildrosenparadies der Voralpen
Zweisprachige Exkursion des Cercle Vaudois de Botanique unter der Leitung von Christophe Bornand,
Franco Ciardo und Sandrine Jutzeler.
Das Pays-d‘Enhaut war schon seit jeher ein geeigneter Ort für das Studium der Rosen. Das magere und
trockene Substrat, wie auch das geschützte Klima dieses Voralpentals ist günstig für die Entwicklung einer
grossen Anzahl Wildrosenarten (Rosa spp.), sowohl thermophile Arten als auch montanere Arten wie z.B.
Rosa villosa oder R. dumalis. Auf dieser Exkursion werden wir die Gelegenheit haben 15 Wildrosenarten in
ihrem natürlichen Lebensraum zu studieren, also insgesamt mehr als die Hälfte der einheimischen
Rosenarten der Schweiz. Das Datum der Exkursion ist so gelegt, dass wir die Früchte gerade in einem für die
Bestimmung der Rosen idealen Reifestadium antreffen werden.
Mehrere Rosenarten, die in Rossinière vorkommen, sind extrem selten und gefährdet in der Schweiz, wie
z.B. R. mollis und R. elliptica. Diese Arten profitierten bis jetzt von einer extensiven Bewirtschaftung der
Weiden, obwohl dies aus Sicht der Bauern eine nicht erwünschte Verbuschung mit sich bringt. Aus
Naturschutzsicht waren spezielle Massnahmen nötig, um auf den Magerwiesen von Rossinière zu
verhindern, dass die Entbuschungsaktionen der Weiden nicht zur totalen Zerstörung der gefährdeten
Rosenarten führen. Auf diesem Ausflug werden wir somit auch die Gelegenheit haben, über das Problem
vom Schutz wertvoller Buscharten auf Magerwiesen nationaler Bedeutung zu sprechen.
Besammlung um 10.15 Uhr in Rossinière am Bahnhof.
TeilnehmerInnen, die von weit her kommen, können in Rossinière oder Château-d‘Oex übernachten. Es gibt
dort zahlreiche Hotels unterschiedlicher Preisklasse.
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Christophe Bornand (031 631 49
37).
Alpine Botany – Übersetzung der Abstracts
Der Einfluss von Marie Brockmann-Jerosch auf die Phylogeographie der Alpen
Marie Brockmann-Jerosch and her influence on Alpine phylogeography
Holderegger, R., Thiel-Egenter, C., and Parisod C.
Marie Brockmann-Jerosch schrieb zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts, teilweise in Zusammenarbeit
mit ihrem Mann Heinrich Brockmann-Jerosch, drei einflussreiche Übersichtsartikel zur Herkunft und
Geschichte der schweizerischen Alpenflora. Besonders interessierte sie sich für die verschiedenen Typen
und Lokalitäten von Eiszeit-Refugien alpiner Pflanzen. Sie fasste zusammen, dass es in den südlichen und
nördlichen Randalpen eiszeitliche Refugien gegeben hat und dass im Falle von an das Hochgebirge
angepassten Arten auch ein Überleben in Nunatak-Gebieten der vereisten zentralen Europäischen Alpen
möglich war. Im Gegensatz hierzu verwarf Marie Brockmann-Jerosch das Vorkommen von Glazialrelikten im
Flachland und in den Voralpen nördlich der Alpen: Sie führte diese auffälligen Vorkommen von
Alpenpflanzen auf postglaziale Samenausbreitung aus den Alpen und über grosse Distanzen hinweg zurück.
In diesem Artikel, geben wir zuerst einen kurzen Abriss über das Leben von Marie Brockmann-Jerosch und
zeigen dann, dass ihre Ansichten zur glazialen Geschichte der Alpenpflanzen durch die moderne
Phylogeographie im Wesentlichen unterstützt werden. Die Arbeiten Marie Brockmann-Jeroschs sind
deshalb heute noch intellektuell anregend und lesenswert.
Klimatische Einflussfakoren
Pflanzengesellschaften
auf
Pflanzeninteraktionen
und
–diversität
in
alpinen
Climatic drivers of plant-plant interactions and diversity in alpine communities
Zaal Kikvidze, Richard Michalet, Rob W. Brooker, Lohengrin A. Cavieres, Christopher J. Lortie, Francisco I.
Pugnaire and Ragan M. Callaway
Alpine Pflanzengesellschaften sind speziell geeignet, um die Stress-Gradienten Hypothese (SGH)
experimentell zu testen, welche voraussagt, dass in einem relativ produktiven Umfeld Konkurrenz zwischen
Nachbarn vorherrschen sollte, in einer harschen Umgebung jedoch Facilitation. Experimentelle Studien der
SGH entlang von Breiten- und Höhengradienten haben ergeben, dass gewisse klimatische Faktoren die
Pflanzeninteraktionen und Vegetationsstruktur beeinflussen. Allerdings stellt die SGH in ihrer bisherigen
Form ein konzeptionelles System dar, welches bestimmte Klimavariablen, wie z. B. Temperatur oder
Niederschlagsmenge, und Pflanzeninteraktionen oder Biodiversität nicht explizit miteinander verknüpft. In
dieser Studie untersuchen wir anhand von bereits publizierten Daten, ob biotische Pflanzeninteraktionen
und Diversität in alpinen Vegetationsgesellschaften durch bestimmte Klimafaktoren beeinflusst werden.
Wir analysierten meteorologische Daten mittels PCA, führten die geografische Breite als zusätzliche
Variable ein und benutzten Klima-Indices, welche Temperatur und Niederschlag während der
Vegetationsperiode in eine Variable zusammenfassen. Die Intensität der Konkurrenz zwischen Nachbarn
nahm in tiefen Lagen mit zunehmender geografischer Breite ab, während die Intensität der Facilitation
zwischen Nachbarn keinen Zusammenhang mit geografischer Breite zeigte. Die kleinräumige Artenstruktur
der Vegetationsgesellschaften zeigte dieselben Muster, was darauf hindeuten könnte, dass
Pflanzeninteraktionen diese Muster beeinflussen können. Unsere Ergebnisse quantifizieren, welche Rolle
die Temperaturverhältnisse für die Balance zwischen Konkurrenz und Facilitation zwischen Nachbarn
spielen und machen es möglich, dies in die SGH zu integrieren. Darüber hinaus fanden wir heraus, dass die
Pflanzendiversität einen positiven Zusammenhang mit einem unserer Klima-Indices zeigte, nämlich dem
Produkt von maximaler Temperatur und Niederschlagsmenge. Damit dieser Zusammenhang in die
bestehende SGH integriert werden kann, braucht es allerdings weitere Studien darüber, wie sich Wasserund Energieverfügbarkeit auf das Gleichgewicht zwischen Konkurrenz und Facilitation zwischen
Pflanzennachbarn auswirken.
Kälteste Orte auf der Erde mit Angiospermen-Pflanzenleben
Coldest places on earth with angiosperm plant life
Körner, C.
Die am höchsten gelegene Blütenpflanze, die je in Europa erfasst wurde, eine üppige Moosflora, einer der
kältesten Orte mit permanentem Tierleben (Springschwänze, Milben), und Anzeichen von MykorrhizaPilzen wurden nachgewiesen auf dem Gipfel des Doms (4545 m, Schweizer Zentralalpen) zwischen festem
Silikatgestein auf 4505-4543 m, 46° N. Polster von Saxifraga oppositifolia wurden auf 4505 bis 4507 m ü.M.
gefunden. Ein grosses Individuum (möglicherweise >30 Jahre alt) war in voller Blüte am 12. August 2009.
Die mit Hilfe der C14- Methode datierten ältesten Überreste des grössten Mooses, Tortula ruralis, lassen auf
einen 13 Jahreszyklus des Streuumsatzes schliessen. Die thermalen Bedingungen an diesem Aussenposten
von pflanzlichem Leben wurden mit Hilfe eines Miniatur-Datenloggers gemessen. Die Wachstumssaison im
2008/09 in diesem hoch gelegenen Mikrohabitat bestand aus 66 Tagen mit einer Tagesmitteltemperatur im
Wurzelbereich (2-3 cm unter der Bodenoberfläche) von >0 °C. Die Anzahl Gradstunden >0 °C während
dieser Zeitperiode betrug 4277 °h, was 178 °d (Gradtage) entspricht. Das absolute Winterminimum war 20.9 °C und das absolute Sommermaximum 18.1 °C. Die mittlere Temperatur während der
Wachstumsperiode war +2.6 °C. Alle Pflanzenteile, inklusive der Wurzel, erleben jede Nacht Temperaturen
unter 0 °C, sogar während der wärmsten Zeit des Jahres. An klaren Sommertagen können die Pflanzen
während mehrerer Stunden physiologisch aktiv sein und die minimalen Nachttemperaturen sind klar über
der Gefriertoleranz von Saxifraga oppositifolia im aktiven Zustand. Im Vergleich zu Klimadaten für andere
extreme Pflanzenhabitate in den Alpen, im Himalaya, in der Arktis und Antarktis, illustrieren diese Daten
die Lebensbedingungen des möglicherweise kältesten Ortes für Angiospermen-Pflanzenleben auf der Erde.
Die Stabilität von Artbildung im Quartär - eine Fallstudie mit Primula sect. Auricula
The stability of Quaternary speciation – a case study in Primula sect. Auricula
Kadereit, J.W., Goldner, H., Holstein, N., Schorr, G. and Zhang, L.-B.
Es ist postuliert worden, dass Artbildung in Primula sect. Auricula, die mit 25 Arten in den meisten
europäischen Hochgebirgen verbreitet ist, hauptsächlich in geographisch isolierten Glazialrefugien
stattgefunden hat. Wir untersuchen hier, ob die Integrität von Arten durch Hybridisierung nach Kontakt im
Holozän gefährdet ist. Um das zu tun, haben wir 1) die Literatur kritisch nach Berichten von Hybriden
durchsucht und die Ergebnisse durch eigene Beobachtungen ergänzt, 2) Hybridisierung zwischen den
wenigstens teilweise sympatrischen Arten zweier Artenpaare, P. hirsuta/P. daonensis und P. latifolia/P.
marginata, mit AFLPs und einer Admixtureanalyse untersucht, und 3) eine lange bekannte
Hybridpopulation von P. lutea × P. hirsuta im Wipptal/Österreich detailliert analysiert, um mögliche
Mechanismen reproduktiver Isolation zu identifizieren. Die Literaturstudie zeigte, dass 32
Hybridkombinationen von 63 Standorten berichtet wurden. In der Admixtureanalyse wurden jeweils zwei
Individuen pro Art von 524 untersuchten Individuen bei P. latifolia und P. marginata, und 21 Individuen von
234 untersuchten Individuen bei P. hirsuta identifiziert, die Zeichen von interspezifischer Hybridisierung
zeigen. Die Analyse von P. lutea × P. hirsuta-Hybridindividuen zeigte, dass diese reduzierte Pollen- und
Samenfertilität haben und auf solche Böden beschränkt sind, deren pH-Werte intermediär zwischen den
pH-Werten der Böden der Elternarten sind. Obgleich die Arten von P. sect. Auricula experimentell leicht
gekreuzt werden können, schließen wir, dass Hybridisierung in der Natur selten ist und die Arten stabil sind.
Reproduktive Isolation wird durch geographische und ökogeographische Isolation, edaphischen Ausschluss
von Hybriden von elterlichen Standorten (bei edaphischer Differenzierung der Elternarten) und reduzierte
Hybridfertilität erreicht.
Differentiation in Morphologie und Blühphänologie zwischen zwei Campanula thyrsoides L.
Unterarten
Differentiation in morphology and flowering phenology between two Campanula thyrsoides L. subspecies
J.F. Scheepens, Patrick Kuss, Jürg Stöcklin
Unterarten werden normalerweise charakterisiert durch Sets von morphologischen Diskontinuitäten. Mit
Hilfe von „common-garden“ Experimenten, untersuchten wir die genetische Differentiation von
morphologischen und phänologischen Merkmalen zwischen zwei geographisch disjunkten Unterarten von
Campanula thyrsoides L., i.e. subsp. thyrsoides (= C.* thyrsoides), die in den Europäischen Alpen und im Jura
vorkommt, sowie subsp. carniolica (= C.* carniolica), die in den Südostalpen und in den Dinariden
vorkommt. Neun von 16 untersuchten Merkmalen waren signifikant verschieden bei C.* thyrsoides und C.*
carniolica. Bei C.* carniolica war die Infloreszenzlänge 1.4-mal grösser und die oberirdische Biomasse 2.7mal grösser, während die Blütendichte signifikant geringer war. Ausserdem blühte Campanula* carniolica
später und die Blütenentwicklung fand von unten nach oben statt verglichen mit C.* thyrsoides, bei der die
Blütenentwicklung von oben nach unten erfolgte. Das Wachstum der Infloreszenz war indeterminiert und
die Blühzeit dauerte mehere Wochen bei C.* carniolica, während bei C.* thyrsoides determiniertes Blühen
auftrat, alle Blüten öffneten sich innerhalb von wenigen Tagen. Diese Differentiation in der Blühphänologie
ist wahrscheinlich adaptiv. Das submediterrane Klima begünstigt indeterminiertes Blühen bei C.* carniolica
und erlaubt so ein permanentes Wachstum der Infloreszenz während des ganzen Sommers bis die
Umweltbedingungen schlechter werden. Hingegen ist das determinierte und frühe Blühen von C.*
thyrsoides günstig während der kurzen Wachstumsperiode in den hochgelegenen Alpen, wo die
Samenproduktion gesichert werden muss bevor die Temperaturen wieder fallen. Das Überdauern der
Eiszeit in Glazialrefugien mit verschiedenen Klimata (alpin vs. submediterran) könnte diese regionale
Differentiation verursacht haben.
Phylogenetische Muster von Hochland- und Flachland-Pflanzenarten in Japan
Phylogeographic patterns of highland and lowland plant species in Japan
Takafumi Ohsawa and Yuji Ide
Als Ergebnis von ökologischen und historischen Faktoren weisen Pflanzenarten, die in Berggebieten
vorkommen, häuftig komplexe phylogeographische Strukturen auf. Das Ziel dieser Review ist, die
wichtigsten phylogeographischen Muster von Pflanzenarten im Japanischen Archipel basierend auf 63
bisherigen Studien zu identifizieren; insbesondere mit der Absicht, die Effekte von Bergen auf diese Muster
zu studieren. Wir klassifizierten die Arten in drei Gruppen basierend auf ihrer Verbreitung entlang von
Höhengradienten: alpin und subalpin; montan; und Flachland-Pflanzen. Die festgestellten Muster waren
divers, aber wir fanden spezielle ökologisch-historische Grenzen, die die Verteilung der Variation innerhalb
von Populationen beeinflussten und die zu einer klaren genetischen Differentiation bei alpinen/ supalpinen
und montanen Arten beitrugen. Viele alpine und subalpine Arten wiesen eine grössere Variation im
Hochland von Zentraljapan auf, und dasselbe war der Fall für dominante montane Arten in Zentral- und
Westjapan. Es wird davon ausgegangen, dass diese Gebiete während der letzten Eiszeit als Refugien
gedient haben. Einige andere Hochland-Arten überlebten sogar in kleinen Refugien in Nordjapan.
Regelmässig wurde genetische Differentiation gefunden zwischen den beiden Seiten des 38ºN
Breitengrades, zwischen der Japanischen Meer- und der Pazifischen Ozean - Seite des Landes und zwischen
den beiden Seiten der Tektonischen Linie Itoiga-Shizuoka. Anders als erwartet wurden bei Flachland-Arten
selten ausgeprägte Strukturen gefunden. Basierend auf den beobachteten Muster diskutieren wir mögliche
Gründe für die Unterschiede zwischen phylogeographischen Strukturen von verschiedenen Arten in
derselben Gruppe. Ausserdem werden die gefundenen phylogeographischen Muster verglichen mit
floristischen Strukturen im klassischen biogeographischen Sinn.
Aktuelles aus dem Datenzentrum Flora ZDSF
Revision der Roten Liste Gefässpflanzen: aktueller Stand der Arbeiten
Das Zentrum des Datenverbundnetzes der Schweizer Flora (ZDSF) führt aktuell im Auftrag des
Bundesamtes für Umwelt eine Revision der Roten Liste der Farn- und Blütenpflanzen der Schweiz durch
(die letzte Ausgabe wurde 2002 veröffentlicht).
Eines der Ziele der revidierten Roten Liste ist es, die Gefährdungskategorien der IUCN nach möglichst
objektiven Kriterien zuteilen zu können. Daher wird nach standardisierter Methode eine grosse Zahl
rezenter Funddaten im Feld erhoben. Konkret werden bekannte Fundstellen von rund 830 Zielarten durch
über 300 ehrenamtliche Mitarbeiter kontrolliert. Die Mitarbeiter sind auf 15 Arbeitsregionen verteilt und
werden jeweils von einem lokalen Koordinator betreut. Allerdings sind diese ehrenamtlichen
„Florawächter“ ziemlich ungleich über die Schweiz verteilt (Abb 1). Viele Interessierte Personen wohnen in
den grösseren Städten, während in anderen Regionen nur wenige Personen für das Projekt gewonnen
werden konnten.
Abb. 1. Florawächter in der Schweiz
Anhand der bisher erfassten Daten (aus dem
Pilotjahr 2010) konnten bereits erste Analysen
durchgeführt werden. Interessant ist beispielsweise
der Anteil der während den Rote Liste-Feldarbeiten
bestätigten Vorkommen verteilt auf die aktuellen
Gefährdungsklassen der gesuchten Arten (Abb. 2).
Daraus ist ersichtlich, dass weniger gefährdete Arten
verhältnismässig häufiger wiedergefunden werden
konnten. Für die Kategorien RE, LC und DD liegen
nur wenige Daten vor, diese Resultate sind
entsprechend vorsichtig zu betrachten.
Die in der Roten Liste von 2002 als RE (regional erloschen) eingestuften Arten und im Rahmen der Rote
Liste-Feldarbeiten (2010) wiedergefundenen Arten Botrychium matricariifolium, Arenaria gothica und
Isoëtes echinospora sind ebenso bemerkenswert wie die folgenden wieder-gefundenen, als CR (vom
Aussterben bedroht) eingestufte Arten: Allium rotundum, Androsace maxima, Anemone sylvestris,
Asplenium billotii, Asplenium foreziense, Betula humilis, Bidens radiata, Carex bohemica, C. praecox,
Carpesium cernuum, Draba
incana, Filago vulgaris, Lathyrus
aphaca, Legousia hybrida,
Lythrum
hyssopifolia,
Notholaena
marantae,
Polycnemum arvense, Salix
myrtilloides,
Schoenoplectus
triqueter, Sisymbrium supinum,
Trisetum cavanillesii, Veronica
acinifolia, V. anagalloides,
Xeranthemum annuum und X. Abb. 2 Anzahl und Anteil der bestätigten und nicht bestätigten Vorkommen pro
Gefährdungsklasse der Roten Liste 2002.
inapertum.
Wenn Sie an einer Teilnahme am Projekt interessiert sind, können Sie alle nötige Informationen auf diesen Webpage
finden: http://www.crsf.ch/?page=rotelistelaufendearbeiten
ZDSF | Projektteam Rote Liste
Publikationen
Metamorphosen im Pflanzenreich
Peer Schilperoord
Die Pflanzengestalt ist das Ergebnis mehrerer Arten von Metamorphosen – das ist das Fazit, das der Author
aus der Betrachtung höherer und niederer Pflanzen sowie verschiedener Bereiche der Pflanze zieht. Dabei
ist Goethes Ansatz zur Erklärung der Pflanzenmetamorphose nach wie vor aktuell, inhaltlich ergeben sich
durch die Forschungen der Molekulargenetik jedoch viele neue Perspektiven.
Auflage 2011 | 183 Seiten | Gebunden, mit zahlreichen Abbildungen | Verlag: Freies Geistesleben | ISBN
978-3-7725-2391-5
Lerndatenbank für Artenkenntnis
Die Abteilung Landschaftsarchitektur der Hochschule für Technik in Rapperswil hat 2010 für den Unterricht
und im Hinblick auf die Prüfungsvorbereitungen der Studierenden eine Lerndatenbank für Artenkenntnisse
entwickelt. Die Lerndatenbank wurde auf der Basis von FileMaker 9 und einer Lebensraum-Datei von
Delarze entwickelt, läuft als Runtime-Version aber unabhängig von Programmen und weiteren Dateien und
ist Freeware.
Den Beschrieb der Lerndatenbank und die Lerndatenbank selbst können unter folgendem Link
heruntergeladen werden: http://www.ilf.hsr.ch/Dienstleistungen.3529.0.html
Alpenblumenfonds der SBG
Seit 1980 verfügt die SBG über einen kleinen Fonds, aus dem kleinere Forschungsvorhaben der alpinen
Feldbotanik bezuschusst werden können. Mitglieder, die nicht an einer Hochschule tätig sind, können dem
SBG-Sekretariat ein Gesuch um einen Beitrag einreichen. In der Regel können aus dem Fonds Reise-,
Aufenthalts- und Materialkosten (teil)finanziert werden. Dafür stehen im Jahr maximal CHF 3000 zur
Verfügung.
Natürlich sind wir umgekehrt auch für Spenden für den Alpenblumenfonds dankbar, um diese Möglichkeit
noch möglichst lange bieten zu können.
Jahresbeitrag 2011
Das Funktionieren unserer Gesellschaft und die Herausgabe der Zeitschrift Alpine Botany sind auf Ihre
Mitgliederbeiträge angewiesen. Bitte vergessen Sie deshalb nicht, den Jahresbeitrag 2011 zu begleichen.
Herzlichen Dank.
Einzelmitglied:
Studierende, Doktorierende:
Kollektivmitglied:
CHF 50 (Ausland CHF 60))
CHF 25
CHF 150 (Ausland CHF 160)
Bitte überweisen Sie Ihren Mitgliederbeitrag innerhalb der nächsten 30 Tage mit beiliegenden
Einzahlungsschein: Postkonto: 80-15047-9, Schweiz. Botanische Gesellschaft, Zürich
Bitte:



Mitgliedername und Adresse deutlich schreiben.
Direkt via Post oder Bank überweisen und Bareinzahlungen vermeiden, denn sie verursachen der
SBG beträchtliche Gebühren.
Ehrenmitglieder, Freimitglieder, Mitglieder auf Lebenszeit und solche, die den Betrag bereits
bezahlt haben, ignorieren bitte den Einzahlungsschein.
Die internationalen Kontoangaben der SBG lauten:
1. BIC, Bank Identifier Code der Postfinance: POFICHBE
2. Bezeichnung: Swisspost, Postfinance, 3002 Bern
3. IBAN, International Bank Account Number der SBG: CH35 0900 0000 8001 5047 9
4. Kontoinhaber: Schweiz. Botanische Gesellschaft, Zürich
Bei Fragen wenden Sie sich bitte direct an das SBG Sekretariat. [email protected], 031 631
49 37
Impressum:
Schweizerische Botanische Gesellschaft (SBG)
Institut für Pflanzenwissenschaften, Universität Bern, Altenbergrain 21, CH-3013 Bern.
Präsident: Prof. Dr. Markus Fischer, E-Mail: [email protected].
Sekretariat: Christophe Bornand, E-Mail: [email protected].
Web: http://www.botanica-helvetica.ch oder http://sbg.scnatweb.ch.
1 Beilagen: Einzahlungsschein