Im Banne des magischen goldenen Bogens

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Im Banne des magischen goldenen Bogens
Jungfrau Zeitung - Im Banne des magischen goldenen Bogens
20.07.11 09:42
Mittwoch, 20. Juli 2011
Meiringen | 11. Juli 2011
Im Banne des magischen goldenen Bogens
Patricia Kopatchinskaja eröffnet die Musikfestwoche
Die 51. Musikfestwoche Meiringen steht unter dem Motto Magisch. Treffender
als mit der Meisterviolinistin Patricia Kopatchinskaja hätte sie nicht eröffnet
werden können. Für ihre Persönlichkeit und ihr atemberaubendes Spiel wurde
sie mit dem Goldenen Bogen ausgezeichnet.
Patricia Kopatchinskaja ist die
glückliche Empfängerin des
Goldenen Bogen.
Patricia Kopatchinskaja bedankt sich
mit einem Stück ihres Landsmannes
George Enescu.
Es kommt immer wieder vor, dass etwas einem Konzert der Musikfestwoche
Meiringen den Stempel aufdrückt und in der Erinnerung haftet. Es kann eine
spezielle Programmgestaltung, eine Komposition oder eine Interpretation sein.
Im Eröffnungskonzert der diesjährigen Musikfestwoche ist es die moldawische
Violinistin Patricia Kopatchinskaja. Mit ihrem urmusikalischen Naturell, ihrem
stupenden violinistischen Können und ihrer bedingungslosen Hingabe an den
Nachvollzug eines Werkes hat sie sich empor gearbeitet und zählt heute zur
Spitzengarde der Meister im Spiel des hoch differenzierten Streichinstruments.
So verwundert es nicht, dass die Michaelskirche bis auf den letzten Platz besetzt
war, das Publikum hingerissen ihrem Spiel lauschte und der Applaus kein Ende
nehmen wollte. Die Anerkennung fand seine Krönung in der Verleihung des
Goldenen Bogens durch den Präsidenten des Stiftungsrates der Geigenbauschule
Brienz, Professor Hellmut Thomke. Patricia Kopatchinskaja war hoch erfreut über
das Geschenk und die Auszeichnung und bedankte sich mit der Interpretation
einer Komposition ihres Landmannes George Enescu.
Zwei unterschiedliche Violinkonzerte
Mit Antonio Vivaldis «La tempesta di mare» und Karl Amadeus Hartmanns
«Concerto funebre» spielte Kopatchinskaja je ein Werk aus dem Spätbarock und
aus dem Zweiten Weltkrieg. Man war hoch gespannt auf die Interpretation der
Solistin, die in allen Epochen zuhause ist. Gerade die Moderne stösst bei ihr auf
eine besondere Vorliebe, widmet sie sich doch auch dem Komponieren. Bei
Vivaldi legte Patricia Kopatchinskaja ein Zeugnis der künstlerischen Freiheit ab,
indem sie dem Affekt des ersten Satzes, der dem Werk den Namen gab, auch
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die beiden folgenden Sätze anglich und unterordnete. Dabei verloren sie die von
Vivaldi angestrebte Gegensätzlichkeit und huldigten ebenfalls dem Aufruhr der
Gefühle in der Symbolik eines Meeressturmes. Das Einfügen eigener Kadenzen
modernster Prägung führte direkt in die Nähe und Verwandtschaft der zweiten
Darbietung, des Violinkonzertes des deutschen Komponisten Karl Amadeus
Hartmann. Dieser verarbeitete in seinem Werk das Leiden, den Zorn und die
Trauer, die das Naziregime mit dem Einmarsch in Polen hervorrief.
Kopatchinskajas Nachvollzug wurde zum Ereignis, ganz besonders dadurch, dass
das Werk den wenigsten bekannt war und durch seine Ursprünglichkeit gefangen
nahm.
Die Camerata Zürich mit ihrem Leiter Igor Karsko (links) im Schlussapplaus.
Ideale Begleiter
Mit der Camerata Zürich, das heisst mit fünf ersten, vier zweiten Violinen, drei
Bratschen, drei Celli und einem Kontrabass unter Leitung des Primgeigers Igor
Karsko, stand der Solistin ein untadeliges Ensemble zur Seite. Bereits vom
ersten Takt in Vivaldis Konzert wurde das innige Zusammengehen offenkundig,
und die Camerata löste ihre höchst anspruchsvolle Begleitaufgabe mit Bravour.
Nach der Pause erhielt sie die Gelegenheit zum eigenen solistischen Einsatz.
Tschaikowskis Streicherserenade op.48 aus dem Jahre 1881 hat bei
Kammerorchestern eine Vorzugsstellung, bietet sie in den vier Sätzen doch alles,
was die Interpreten reizt, satte Kantilenen, schwelgerische Tanzmelodien und
motivierendes Kräftemessen in der Mehrstimmigkeit. Mit ihrer hochkarätigen
Wiedergabe holte sich die Camerata den zweiten Riesenapplaus des Abends.
Hellmut Thomke verliest die Laudatio zur Verleihung des Goldenen Bogen an
die Geigerin Patricia Kopatchinskaja.
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Nationalrätin Christa Markwalder eröffnet die 51. Musikfestwoche Meiringen.
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ARTIKELINFO
Artikel Nr. 109721
11.07.2011, 17.00 Uhr
Autor/in: Samuel Wenger
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