Flugsicherheit

Transcrição

Flugsicherheit
Flugsicherheit
Ausgabe 04 / 2006
Fotografie: Guido Sonnenberg • Bildbearbeitung: www.schaltwerk.eu
Fachliche Mitteilungen für fliegende Verbände
Bundeswehr
Flugsicherheit
Heft 4 - November 2006 - 43. Jahrgang
Flugsicherheit
Neue Regelung für die Vergabe von
Flugsicherheitspreisen
Fachliche Mitteilung für fliegende Verbände
an Verbände/Einheiten mit bemannten Luftfahrzeugen
ie Flugsicherheitspreise sollen erfolgreiche Flugsicherheitsarbeit und die damit erreichten Leistungen anerkennend würdigen und
D
dokumentieren. Sie heben die Verdienste aller am Flugbetrieb mittelbar und unmittelbar beteiligter Personen und Dienststellen
lobend hervor.
Der Neuerlass der ZDv 19/6 „Die Behandlung von Unfällen und Zwischenfällen mit Militärischen Luftfahrzeugen“ und die verbesserte
Flugsicherheitslage erfordern eine Neufassung der Kriterien zur Vergabe der Preise.
Die Luftwaffe ist in Pilotfunktion verantwortlich für den Flugbetrieb in der Bundeswehr. Der Inspekteur der Luftwaffe vergibt in diesem
Rahmen Flugsicherheitspreise gemäß den folgenden Kriterien an alle fliegenden Verbände und Einheiten der Teilstreitkräfte/OrgBereiche.
Titelfoto: Guido Sonnenberg
Bildbearbeitung:
www.schaltwerk.net
„Flugsicherheit“, Fachliche Mitteilung
für fliegende Verbände der Bundeswehr
Editorial 1
Alle Jahre wieder ... oder: Wer sucht, der findet!
2
Wie sicher ist sicher?
8
Redaktion:
Hauptmann Klemens Löb,
Tel.: 02203- 9083124
Oberstleutnant Claus Maneth,
Tel.: 02203- 9083941
Luftwaffenkaserne 501/07
Postfach 906110
51127 Köln
Nichts ist sicher und nicht mal das ist sicher!
9
Herausgeber:
General Flugsicherheit in der Bundeswehr in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium der Verteidigung - Fü S I 1.
AIRPROX
12
Überlasteter Luftraum
18
Fatigue
22
[email protected]
[email protected]
Winterflugbetrieb 27
Gestaltung:
Hauptmann Klemens Löb
GenFlSichhBw
Personalien
32
Erscheinen:
dreimonatlich
Manuskripteinsendungen
sind direkt an die Schriftleitung zu richten. Vom Verfasser gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt
die Meinung der Schriftleitung oder des Herausgebers
dar. Es werden nur Beiträge abgedruckt, deren Verfasser mit einer weiteren Veröffentlichung einverstanden
sind. Weiterveröffentlichungen in Flugsicherheitspublikationen (mit Autoren- und Quellenangaben) sind
daher möglich und erwünscht.
Druck:
SZ Offsetdruck-Verlag Herbert W. Schallowetz GmbH
53757 Sankt Augustin
Neue Regelung der Vergabe von Flugsicherheitspreisen
33
Folgende Flugsicherheitspreise werden vergeben:
a)Die Flugsicherheitsurkunde – erstmalig nach drei aufeinander folgenden unfallfreien Kalenderjahren und anschließend für jedes
weitere unfallfreie Jahr.
b) Der Flugsicherheitspokal – für einen unfallfreien Zeitraum von fünf aufeinander folgenden Kalenderjahren.
Der Flugsicherheitspokal nach zehn unfallfreien Kalenderjahren wird gegenüber dem Pokal nach fünf unfallfreien Jahren im
Design hervorgehoben.
Die Vergabe der Preise wird beeinflusst von Flugunfällen und Bodenunfällen mit Luftfahrzeugen, wobei die in der ZDv
19/6 Nr. 113 und Nr. 115 festgelegten Definitionen maßgeblich sind.
Unfälle, an deren Zustandekommen der betroffene Verband/die betroffene Einheit nicht ursächlich beteiligt war, beenden oder unterbrechen unter gewissen Umständen nicht den bis dahin unfallfreien
Zeitraum. Die Entscheidung darüber liegt bei General Flugsicherheit Bw und wird
jeweils im Unfallabschlussbericht veröffentlicht.
Unfälle von Inübunghaltern werden dem Verband/
der Einheit zugerechnet, dem/der der Inübunghalter
zugeteilt ist.
Sind Angehörige mehrerer Verbände/Einheiten an
einem Unfall beteiligt, entscheidet GenFlSichhBw in
Abhängigkeit von der Ursachenfestlegung, wem der
Unfall zugeordnet wird.
Die Neuregelung zur Vergabe von Flugsicherheitspreisen tritt mit Wirkung vom 01.01.2007 in Kraft.
GenFlSichhBw legt Insp L bis zum 10.Januar eines jeden
Jahres die Übersicht der fliegenden Verbände/Einheiten
vor, die im Vorjahr die Leistungen für die Vergabe eines
Flugsicherheitspreises erbracht haben.
Die Übersicht wird im Jahresbericht und in der Zeitschrift
„Flugsicherheit“ veröffentlicht.
Editorial
KAUM ZU GLAUBEN,
aber wenn Sie diese Zeilen lesen,
neigt sich das Jahr 2006 seinem Ende
entgegen.
Unweigerlich beginnt man, bewusst oder unbewusst, Bilanz zu ziehen. Aus Sicht Flugsicherheit verbietet
sich dies vor Ablauf des 31. Dezember.
Abergläubig wie viele Flieger sind (zumindest ein wenig), lasse auch ich es
sein. Dabei weiß ich und wissen Sie
wie schnell sich eine durchaus positive
Bilanz ins Gegenteil verkehren kann.
Bei einigen „Happenings“ hatten wir
auch Glück, aber erfolgreiche Flugsicherheitsarbeit beruht nicht auf
Glück alleine, sondern baut auf Ihre
professionelle Arbeit. Hier darf es
kein Nachlassen geben. Wir alle sind
gefordert, jeder in seiner Funktion
und Position, seinen Beitrag zu
einem Höchstmaß an Flugsicherheit
zu leisten. Wenn man bedenkt, dass
rund 80% der Ursachen für Flugunfälle im Bereich „Human Factor“
liegen, und damit ist nicht nur die Besatzung gemeint, dann kann man erahnen wieviel Potential zur Erhöhung
der Flugsicherheit noch vorhanden
ist. Aber so einfach wie sich diese Rechung aufmachen lässt, ist sie nicht
zu begleichen. Sicherlich gibt es hier
einige Konstante wie z. B. gute Ausbildung, gute Arbeitsbedingungen,
gutes Betriebsklima, hohe Motivation,
Freude an der Arbeit etc. Eines aber
zieht sich wie ein roter Faden durch all
diese Begriffe, ich als Individuum. Eine
Stellschraube, aus meiner Erfahrung
und Überzeugung die wichtigste, halten dabei nur Sie selbst in Ihrer Hand.
Dabei darf Ihre Umgebung nicht aus
Ihrer Verantwortung entlassen werden, das aber steht auf einem anderen Blatt.
Auf jeden Fall ist jetzt die Gelegenheit zum Innehalten und Überlegen,
welche Orientierungspunkte wichtig
sind. Wo will ich hin, was kann ich
dazu beitragen und wie bringe ich meine Mitmenschen auf eine gemeinsame
Schiene? Nutzen Sie den Jahreswechsel für einen Neustart, um „Altlasten“
zu entsorgen und die Ihnen eventuell
vertrauten „Schwachstellen“ im Sinne
der Flugsicherheit zu entschärfen bzw.
den Weg für das Ziel (maximale Flugsicherheit) zu ebnen.
Die Autoren haben in dieser Ausgabe wieder viele Gedanken um das Thema Flugsicherheit kreisen lassen, gute
Beiträge aus dem Leben für das Leben.
Besonders möchte ich mich bei Herrn
Hauptfeldwebel Ingo Dierkes (LfzTAbt
152 Bentlage) bedanken, der mit Hilfe
seiner anschaulichen, detaillierten und
praxisnahen Illustrationen die Berichte
untermalt und somit einen äußert
wertvollen Beitrag zur Layout-Gestaltung der Zeitschrift beisteuert.
Im übrigen lassen sie sich nicht vom
Winter überraschen! Deshalb empfehle ich Ihnen den Artikel zum Thema Winterflugbetrieb „Es geht wieder
los!“ auf Seite 27.
Für die von Ihnen im Sinne der Flugsicherheit geleistete Arbeit des letzten
Jahres bedanke ich mich von dieser
Stelle aus.
Ihren Angehörigen und Ihnen wünsche ich ein besinnliches und schönes
Weihnachtsfest mit einem guten Start
ins neue Jahr.
Schmidt
Oberst i.G.
Flugsicherheit
Alle Jahre wieder ...
oder:
Wer sucht, der findet!
Es gibt Zeitgenossen,
die behaupten, die auf
dem Luftfahrzeugmuster C-160 Transall eingesetzten Luftfahrzeugladungsmeister (LLM)
hätten die feinsten
Nasen aller Besatzungsangehörigen weltweit.
Hier ist wohlgemerkt
nicht die Rede von den
Konturen, Längen, Breiten und Farben der Nasen, sondern von der
Geruchsempfindlichkeit.
So wird behauptet, die LLM
könnten ohne Weiteres die Oktanzahl
eines Benzins per Schnüffelprobe feststellen (und hätten damit gute Chancen in Thomas Gottschalks „Wetten,
dass ...!“); es geht auch das Gerücht
um, sie seien im Stande, den Hersteller
eines Dieselkraftstoffs in einem Atemzug zu ermitteln. Ganz „alten Hasen“
wird sogar nachgesagt, sie seien befähigt, Kerosin der Typen F-34, F-35 und
F-44 zweifelsfrei voneinander zu un
©
terscheiden, wenn auch nur ein Hauch
dieser Stoffe ihre Geruchsnerven umschmeichelt.
Bei so viel Sensitivität stellt sich
zwangsläufig die Frage nach dem Ursprung dieser Fähigkeit. Ältere Bundeswehrangehörige könnten auf die Idee
kommen, dies sei selbstverständlich
das Resultat solider Ausbildung, denn
wenn jemand tagtäglich Ladungsgüter
bewege (wovon die meisten ja verpackt sind), dann müsse er (also der
LLM) natürlich mit allen Sinnen jenseits
verpackungstechnischer Barrieren den
Inhalt „spüren“ können. Na ja, das ist
nicht ganz so, aber doch ähnlich. Um
genau zu sein: unsere LLM machen
so eine Art Ausbildung am Arbeits-
platz, denn nach nur wenigen Monaten ihres Einsatzes im Laderaum einer
Transall werden sie garantiert von Betriebsstoffgerüchen attackiert, die aus
unsachgemäß vorbereitetem Ladegut
austreten. Und im Laufe von Jahren
weiß man dann eben, womit man es
zu tun hat.
In der „Flugsicherheit“, Ausgabe
IV/2000 hatten wir auf Seite 9 ff bereits einmal über solche und ähnliche
Ereignisse berichtet. Aber das ist schon
lange her und heutzutage liegt die
Halbwertzeit von nüchternen Sachdarstellungen im Bereich weniger Tage.
Wer aber nun glaubt, GenFlSichhBw
habe mit der damaligen Veröffentlichung durchschlagende Verhütungs-
Illustration: HFw Ingo Dierkes, LfzTAbt 152 in Rheine - Bentlage
von Oberstleutnant Rüdiger Stein,
GenFlSichhBw
erfolge errungen, der wird enttäuscht
sein! Nach wie vor gehören die Geruchsattacken in den Laderäumen unserer Transporterflotte zwar nicht zum
täglichen, aber zu einem regelmäßig
wiederkehrenden Erlebnis.
Illustration: HFw Ingo Dierkes, LfzTAbt 152 in Rheine - Bentlage
Dazu einige Beispiele für die Ungläubigen:
Am 16.09.2004 hatte die Besatzung
einer C-160 den Auftrag, Zusatztanks
des Waffensystems PA 200 Tornado zu transportieren. Die Tanks wurden am Heimatflugplatz (der C-160)
an Bord genommen.
Der Versender hatte auf den Begleitpapieren vermerkt, die Tanks seien
zuvor entleert, gereinigt und gelüftet
worden. Die Deklaration als Gefahrgut
war nicht erfolgt.
Kurz nach dem Start des Luftfahrzeuges vernahm die Besatzung
derart starken Kerosingeruch, dass
die Durchführung des Notverfahrens
„Rauch- und Gasbeseitigung“ erforderlich und der Abbruch des Fluges
eingeleitet wurde.
Bei der Suche nach der Geruchsquelle identifizierte der Ladungsmeister eindeutig die Zusatztanks.
Die unverzügliche Landung auf
dem Startflugplatz erfolgte ohne weitere Probleme.
Wie kam es zu dem Ereignis?
Der Bedarfsträger (und Versender)
hatte sich in Ermangelung einer anderen Dokumentation nach der GAF
T.O. 6J-14-2VFW1-2 UNTERSCHALLAUSSEN-TANKS WRDT (War Reserved
Drop Tanks) gerichtet.
Dort ist im Abschnitt 9 „VORBEREITUNG ZUR INBETRIEBNAHME, LAGERUNG, KONSERVIERUNG UND VERPACKUNG; VERSAND“ unter lfd Nr
9-4 zu lesen: „Den Außentank innen
mit Korrosionsschutzmittel (VML 3)
durchspülen bzw. aussprühen und die
Öffnungen der Kraftstoff- und Druckluftleitungen ... mit Schutzkappen
verschließen.“ An anderer Stelle heißt
es: „Der Versand der Außentanks darf
nur gemäß 9-4 konserviert und verpackt im Ablage- und Transportgestell
(BPS 3) erfolgen und kann mit den
©
üblichen Transportmitteln durchgeführt werden.“ Es bleibt unklar, was
auch immer zu Zeiten der bemannten
Raumfahrt unter einem „üblichen
Transportmittel“ zu verstehen ist - für
den Lufttransport war die Vorbereitung der Tanks jedenfalls unzureichend. Zusätzlich war zumindest eine
der Schutzkappen undicht oder wurde
nicht oder nicht korrekt angebracht.
Diejenige Anweisung, aus der hervorgeht, dass die Tanks hätten entgast
werden müssen und wie dies zu geschehen hat, lag dem Bedarfsträger
nicht vor. Wo steht’s denn nun geschrieben? Zur Beantwortung der
Frage konsultieren wir das Flugbetriebshandbuch III/2 Kampfunterstützung-/Transportflugzeuge. Dort lesen
wir unter Nr 09663 Transport von
Tanks, Tankfahrzeugen, Triebwerken
und Zusatztanks: „Tanks, Tankfahrzeuge, Tankauflieger, Tankanhänger,
Triebwerke und auch Zusatztanks von
Luftfahrzeugen dürfen grundsätzlich
nur enttankt, gereinigt und entgast
transportiert werden.“ Aha! Jetzt wissen wir zwar immer noch nicht, wie
ein solcher Entgasungsprozess vonstatten gehen soll und wir haben auch
Schwierigkeiten zu glauben, dass ein
Tornado-Verband ein FBH einer artfremden Gattung bereithält. Aber wir
glauben, der Problematik näher zu
kommen, bis wir an der gleichen Textstelle weiterlesen. Dort heißt es: „Sie
(die Tanks) enthalten grundsätzlich jedoch gefahrgutführende Systeme, die
konstruktionsbedingt nicht zu reinigen
und zu entgasen sind.“
Halt, Moment mal! Grundsätzlich
soll man reinigen und entgasen, aber
ebenso grundsätzlich geht das gar
nicht? Is’ ja toll! Un’ nu? Nach einer
ausgeprägten Phase der Ratlosigkeit
entnehmen wir der gleichen Passage
im folgenden Satz, „...dass dies kein
Hinderungsgrund für die Durchführung des Lufttransportes darstelle,
sofern ein unbeabsichtigtes Austreten
von Kraftstoff verhindert wird.“ Gut
Flugsicherheit
- jetzt freuen wir uns wieder in der
festen Überzeugung, dass ein jeder so
gut reinigt und entgast, wie er kann.
Und als Schlusssatz steht dort
noch:“ Die Zuordnung nach IATADGR UN 3166 bzw. UN 3363 ist dann
vorzunehmen.“ Während wir noch
rätseln, welche zeitliche Abhängigkeit
sich mit dem Wörtchen „dann“
verbindet, wird uns klar,
dass wir etwas tiefer in die Materie
des Gefahrguttransportes einsteigen müssen, um diese
Abkürzungen und Zahlen und
vor allem das zu verstehen, was dahinter steckt. Also frisch auf!
Zu den Abkürzungen im Einzelnen:
IATA = International Air Transport Association, DGR – Dangerous Goods
Regulations, UN = United Nations,
3166 = Verbrennungsmotoren, 3363
= Gefahrgut in Maschinen/Geräten.
Das IATA-Dokument, das ca. 900
Seiten umfasst und dem alle diese Informationen zu entnehmen sind, ist
in deutscher Sprache verfügbar und
heißt dann „IATA Gefahrgutkatalog,
deutsch“. Die Inkraftsetzung für die
Bundeswehr erfolgte als „Allgemeiner Umdruck 208, Druckschriftencode
(DSK) SU 403 320 146“. Änderungen
zum o. a. Umdruck werden vom
Streitkräfteunterstützungskommando
in Form von Gefahrgutbriefen (AIGVerteiler: 3374 G) bekannt gemacht.
Die IATA veröffentlich jährlich eine
Neuausgabe der Vorschrift. Aus der
Zuordnung zu einer bestimmten UNNummer ergibt sich u. a. die Art der Verpackung des Gefahrgutes, die erlaubte
Transportmenge, die Art der äußeren
Kennzeichnung u. a. m.. Die UNNummer, die übrigens auch auf dem
Flugplanformular vermerkt wird, lässt
also stets den Rückschluss zu, welche
Gefahrgüter an Bord sind und welche
Maßnahmen folglich bei ungeplanten
Vorkommnissen zu treffen sind.
Schauen wir uns noch mal die oben
angebotenen Zuordnungen an. Zusatztanks könnten also nach UN 3166
als Verbrennungsmotoren deklariert
werden. Na-ja! Im obigen Falle nicht
unbedingt sonderlich naheliegend!
Aber wenn man’s tut, gilt wiederum
die IATA-eigene Verpackungsvorschrift
900. Und die
besagt u. a., dass
aus Kraftstofftanks
sämtlicher
Kraftstoff
abzulassen ist (natürlich
vor dem Transport) und dass die Tankkapper (wahrscheinlich sind Tankverschlüsse gemeint) fest aufzusetzen
sind. Von Entgasen steht hier nichts!
Vielleicht ist die Zuordnung nach
UN 3363 hilfreicher? Dann gilt die
Verpackungsvorschrift 916 und die
besagt zum einen, dass Leckagen
während des Transportes vermieden
werden müssen; zum andern müssen
Tanks so gut wie möglich geleert und
sicher abgedichtet werden. Und dann
steht dort noch, dass im Falle einer Undichtigkeit Absorptionsmaterial zum
Aufsaugen Teil der Verpackung sein
muss! Weiter heißt es, dass - wenn
die Außenverpackung nicht flüssigkeitsdicht ist - mit wirksamen Mitteln
(Plastiksäcke, Innenverkleidung) dafür
gesorgt werden muss, dass die Flüssigkeit bei einer Leckage zurückbehalten
wird. Und zusätzlich ist der Tank mit
einer starren Außenverpackung zu
versehen. Klingt alles ziemlich kompliziert! Dann doch lieber die Zuordnung
nach UN 3166! Da hat man’s doch etwas leichter! Wenn man’s sich schon
aussuchen kann.
Nur - der Problematik des Entgasens sind wir noch keinen Schritt näher gekommen.
Im Zuge unserer Recherche werden
wir dann der „Arbeitshilfe Arbeitssicherheit 2/2003“ des Streitkräfteunterstützungskommandos habhaft. In
der Betreffzeile des 14-seitigen Dokumentes steht: “Materialerhaltung an Tankfahrzeugen, Fahrzeugen
mit
Aufsetztanks
und
Tankcontainern“. Nun hat
Materialerhaltung mit
Lufttransport wenig zu tun
und ob ein Außentank
das gleiche ist wie ein
Tankcontainer, das darf
bezweifelt werden. Wir
legen die Arbeitshilfe aber nicht unbeachtet zur Seite, wegen Nichtanwendbarkeit etwa, sondern blättern hartnäckig die Seiten um, in der Hoffnung,
doch noch einen hilfreichen Hinweis
zur Lösung unseres Problems zu finden. Auf dem Wege dorthin stoßen wir
zunächst einmal unter der Überschrift
„Begriffsbestimmungen“ auf eine solche für „Tankbehälter“ und müssen
feststellen, dass Außentanks eines
Luftfahrzeuges keine Tankbehälter im
Sinne dieser Weisung sind. Hmm! Dafür bringen uns die Bestimmungen der
Begriffe „Reinigen“ und „Entgasen“
weiter. Danach gilt ein Behälter als
gereinigt, wenn man ihm mit Hochdruckreiniger, Lanze (?), Dampfstufe
und Igelköpfen (?) zu Leibe gerückt
ist! Eine solche Behandlung erinnert
uns teils an mittelalterliche Foltermethoden - einem Außentank kann man
sie sicherlich nicht angedeihen lassen.
Nun aber zum Entgasen! Wir erfahren,
dass ein Behälter als entgast bezeichnet werden darf, wenn die mit einem
Explosimeter (?) gemessene Gaskonzentration einen bestimmten Wert
(Gaskonzentration < 10 % untere Explosionsgrenze!?) nicht überschreitet.
Nach der Messung wird das Ergeb-
Bild von OSFw Pörner, FSM JaBoG 31 „B“
Überprüfung und Reinigung eines Buddy-Buddy-Pod Tornado
nis noch dokumentiert und gut is’!
Endlich! Das ist zwar nur eine grobe
Handlungsanweisung, aber immerhin
kommen wir dem Entgasungsprozedere langsam näher.
Motiviert und wissensdurstig möchten wir es jetzt ganz genau wissen.
Unsere Bemühungen, ein Grundlagendokument zu beschaffen, das den
oben nur diffus dargestellten Entgasungsvorgang und die Messung genauer beschreibt, werden schließlich
belohnt. Wir stoßen auf eine Technische Anweisung des (damaligen) Materialamtes der Luftwaffe - Kurztitel:
„Lufttransport von Kraftstoffzusatz-
tanks“. Bull’s eye! Nur: die Anweisung
stammt aus dem Jahre 1977! Aber
das Dokument ist noch gültig (TAIndex 1-2-TA-01 vom 28.02.2005;
DSK: L 700 2302 737; DschrKode: AF
0142). Voller Begeisterung lesen wir
die zweiseitige detaillierte Anleitung
zum Entgasen von Tanks und stutzen
erst, als wir die Liste des aufgeführten
und erforderlichen Sonderwerkzeugs
studieren. Da ist dann u. a. die Rede
von einem „Anwärmgerät Kärcher
(Otto-Motor-Antrieb)“ und von einem
„Explosimeter-Gasotrans“. Während
wir das bereits bekannte Explosimeter
als verschleißfestes Messgerät einstu-
fen, mit dem folglich über 30 Jahre
hinweg gearbeitet werden kann, kommen uns beim Anwärmgerät Kärcher
Zweifel und wir sehen uns schon auf
der Suche nach einem solchen Gerät
im Luftwaffenmuseum. Unsere Bedenken sind jedoch unbegründet - wir
finden heraus, dass es solche Geräte
in der Truppe gibt. Muss ja auch! Wie
soll man sonst entgasen?
Der Bericht über die mühsame Informationsbeschaffung nach diesem
„Initialzwischenfall“ wäre unvollständig, würden wir nicht noch kurz auf
den Schriftverkehr zwischen dem betroffenen Lufttransportverband und
einer Kommandobehörde mit Unterstützungsfunktion im karnevalistisch
geprägten Rheinland eingehen. Der
Verband, dereinst informationsdefizitär wie wir selbst, hatte sich kurz
nach dem Vorkommnis mit vier Fragen an die Behörde gewandt, um die
Begriffe des Reinigens und Entgasens
und der anschließenden Dokumentation klären zu lassen. Mittlerweile
zum Reinigungs- und Entgasungsexperte mutiert, darf uns der Inhalt des
Antwortschreibens nicht mehr überraschen. Lanze und Igelköpfe, untere Explosionsgrenze - alles OK und
dokumentieren darf nur, wer dafür
qualifiziert ist! Und das „Explosimeter-Gasotrans“ heißt nun „Multiwarn
Ex“ (VersNr: 6665-12-343-4307). Das
klingt auch sympathischer, denn warnen ist allemal besser als explodieren.
Nur die Quellenangaben machen uns
nervös. Denn wir werden nun mit „Berufsgenossenschaftlichen Regeln (BGR)
und Informationen (BGI)“ konfrontiert
und das lässt jeden militärischen Bezug vermissen. Da aber investigativer
Journalismus schon seit längerem
unser Hobby ist, schauen wir mal im
Intranet der Bw unter http://dbaug.
rzbw-strausberg.rue/scripts/thinsoportal.pl nach und landen im Themenportal „Arbeitsschutz, Umweltrecht,
Gefahrgut/Gefahrstoff, Brandschutz“.
Die Suche nach „BGI 874-Reinigen
Flugsicherheit
Zeitsprung - 9 Monate später!
Am 08.06.2005 nahm die Besatzung einer Transall ein sogenanntes „Speedboot“ der Marine für den
Transport über Souda (Kreta) ins afrikanische Dschibuti an Bord. Das Boot
war als Fahrzeug deklariert worden. In
dem 200 Liter fassenden Tank befanden sich noch ca. 60 Liter Dieselkraftstoff. Die Kraftstoffleitungen hatte
man vom Motor getrennt und nach
oben gebunden.
Nach der Zwischenlandung auf Kreta stellte die Besatzung fest, dass ein
Teil des Kraftstoffes aus der genannten Leitung ausgetreten und zwischen
den Bodenblechen der C-160 versickert war. In der Folge war die Reinigung des Luftfahrzeuges erforderlich.
Dazu musste technisches Personals
des Heimatverbandes eingeflogen
werden, das zur Erfüllung seiner Aufgabe einige Bodenbleche der C-160
ausbauen musste.
Insgesamt verzögerte sich der Weiterflug um mehrere Tage. Natürlich
vermisste derweil das Marinepersonal
in Dschibuti sein Speedboot schmerzlich. Geschmerzt hätte es auch den
Steuerzahler (also uns alle), wenn er
von dieser mustergültigen Aktion unsinniger Geldverschwendung wüsste,
denn die Aktion schlug mit einem hübschen 5-stelligen Betrag zu Buche.
Die posthume Klärung der tatsächlichen Ursache ist in diesem und ähnlich gelagerten Fällen fast unmöglich,
Bild von OSFw Pörner, FSM JaBoG 31 „B“
von Behälter“ verläuft zunächst erfolgreich, aber einen Hinweis auf Igelköpfe und Lanze finden wir nicht. Wir
versuchen’s mal mit „BGR 142-Luftfahrzeuginstandhaltung“, um einen
Hinweis auf die untere Explosionsgrenze zu finden. Fehlanzeige - wir
finden dieses Dokument nicht und geben entnervt auf! Uns dämmert auch,
dass es schwer einsehbar ist, dass ein
Soldat, der einen Außentank zum
Lufttransport vorbereiten soll, auf solche Quellen zurückgreifen sollte.
Restkraftstoffdrainage aus einem Kraftstoffzusatztank Tornado
denn das beteiligte Personal ist in der
Praxis nicht mehr erreichbar und kann
folglich auch nicht befragt werden.
Dem Verursacher dieses Zwischenfalls
kann lediglich ein gerüttelt Maß an
Unkenntnis unterstellt werden und es
wird wohl sein Geheimnis bleiben, warum er ausgerechnet jene Leitung offen legte, aus welcher am ehesten mit
dem Austritt von Kraftstoff zu rechnen
war. Bei Verzicht auf die Leitungstrennung wäre der Transport des Bootes
ereignislos vonstatten gegangen.
Im Zuge dieser Zwischenfallbearbeitung entspann sich die Diskussion, ob
denn ein Speedboot als Fahrzeug oder
eher als Bodendienstgerät (hmm?) zu
betrachten sei. Denn davon scheint
der zulässige Tankinhalt abhängig
zu sein. Ein Fahrzeug ist es ganz bestimmt, aber eben ein Wasserfahrzeug
(das mit einem Landfahrzeug angeliefert wurde, um in einem Luftfahrzeug
transportiert zu werden!). Das hilft
noch nicht wirklich weiter, denn der
Hintergrund der Diskussion waren einige Passagen aus dem schon genannten FBH III/2. Dort steht unter # 09660
geschrieben: „Grundsätzlich sind
Kraftfahrzeuge, Geräte auf Selbstfahrlafetten und motorgetriebene Bodendienstgeräte unter Einhaltung der Verpackungsvorschriften zu befördern.“
Dass Vorschriften eingehalten werden
müssen (grundsätzlich jedenfalls, also
nicht immer), ist klar. Aber hätte das
Speedboot am Ende verpackt werden
müssen? Christo lässt grüßen! Und
ist es ein Kraftfahrzeug? Zur Klärung
dieser Frage konsultieren wir das Internet unter Wikipedia.de. Dort heißt es:
„Als Kraftfahrzeug - Abkürzung: Kfz
- bezeichnet man jedes nicht an Gleise
gebundene Land- und meist Straßenfahrzeug, das sich mit Hilfe eines einoder angebauten Motors aus eigener
Kraft fortbewegt, um als Verkehrsmittel verwendet zu werden.“ Aha! Unser
Boot ist also kein Kfz. Gut zu wissen!
Noch mal zu FBH III/2. Dort regelt
# 09660 mit zwei Strichaufzählungen
den zulässigen Tankinhalt von Fahrzeugen mit Otto- und Dieselmotoren, wobei wir erkennen, dass unser
Boot korrekt betankt gewesen wäre,
wenn es ein Kraftfahrzeug wäre. Ist
es aber nicht. Die dritte Aufzählung
wendet sich den Bodendienstgeräten
zu; es heißt: “Verbrennungsmotorgetriebene Bodendienstgeräte sind
wie Kraftfahrzeuge zu behandeln.“
Jetzt freuen wir uns, kurzzeitig, denn
wenn das Boot ein Bodendienstgerät
wäre, wäre die Betankung OK gewesen. Aber hinter # 09661 „Transport
von motorgetriebenen Bodendienstgeräten“ lesen wir voller Entsetzen:
„Motorbetriebene Bodendienstgeräte sind zu enttanken.“ Hmm!? Nach
reiflicher Überlegung kommen wir zu
dem Schluss, dass dies nur solche Geräte sein können, die zwar von einem
Motor angetrieben werden, aber eben
nicht von einem Verbrennungsmotor,
die aber dennoch einen Tank besitzen,
den man folglich auch leeren (und
natürlich auch füllen) kann. Seit dem
machen wir uns Gedanken, welche
Geräte das wohl sein mögen!
Noch ein Zeitsprung - 6 Monate
später!
Im Dezember 2005 sollte eine zu
einem in Asien operierenden gemischten Einsatzverband gehörende C-160
zwei Außenzusatztanks des WS CH53 GS an Bord nehmen und zu einem
auf dem gleichen Kontinent liegenden
Flugplatz transportieren. Den für die
Vorbereitungen der Tanks verantwortlichen Technikern war aufgefallen, dass
die Handbücher der CH-53 GS keine
Hinweise enthielten, die Rückschlüsse
auf die vor der Verladung erforderlichen Arbeiten zuließen. Die Techniker
wandten sich hilfesuchend an den vor
Ort erreichbaren Einsatzoffizier der C-
Ein Marder wird in eine CH-53 verladen
160 Flotte und erhielten die Auskunft,
die Tanks seien gemäß FBH III/2, Ziffer
09663 zum Lufttransport vorzubereiten. Klarer Fall - hier kennen wir uns
aus! Die Tanks waren also zu leeren,
zu reinigen und zu entgasen! Grundsätzlich jedenfalls. Zumindest musste
verhindert werden, dass Kraftstoff
während des Lufttransportes austrat.
Und dann musste noch die Zuordnung
zu einer der genannte IATA-DGR UN...
oder UN...erfolgen.
Die Techniker öffneten nun die Ablassschrauben am Boden der Tanks,
woraufhin etliche Liter Restkraftstoff
austraten. In der Absicht, deutsche
Gründlichkeit walten zu lassen, drehten sie die Tanks noch hin und her und
belüfteten sie anschließend. Damit
glaubten sie, auch den Entgasungsprozess durchgeführt zu haben. Nun
wurden die Kraftstoff- und die Zuluftleitung noch mit Plastiktüten (!) abgeklebt, da andere Verschlüsse nicht
existierten.
Am 02.12.05 startete die Transall
mit den beiden Tanks an Bord und
guess what! Richtig! Nach einer Flugzeit von ca. 25 Minuten traten etliche
Liter Kerosin aus den Tanks aus und
versickerten zwischen den Bodenblechen des Laderaums. Der Erguss kam
erst zum Stillstand, als ein mitfliegender Techniker die Betankungsdeckel
der Zusatztanks öffnete und damit
einen Druckausgleich herbeiführte.
Dies verschlimmerte die mittlerweile
ohnehin starke Geruchsbelästigung
nicht weiter.
Da das Luftfahrzeug sich beim
Eintritt des Ereignisses näher am
Ziel- denn am Startflugplatz befand,
erfolgte auch dort die Landung und
bescherte der für Neuigkeiten stets
aufgeschlossenen Besatzung ein touristisches Highlight nahe der alten Seidenstraße.
Der Rest der Geschichte ist schnell
erzählt! Einfliegen technischen Personals, Entfernen der betroffenen Bodenbleche, Reinigen und nach 2 Lüftungstagen Rückkehr zum Startplatz.
Auch dieser Zwischenfall wäre leicht
vermeidbar gewesen - eine Anleitung
zur Vorbereitung zum Lufttransport
und einige Verschlussstöpsel hätten
genügt. Ein bisschen Kerosingeruch
im Laderaum hätte die Besatzung hingenommen, vor allem der LLM - damit
er seine Geruchsnerven weiter trainieren kann!
Dann bis zum nächsten Mal!
Flugsicherheit
Wie
sicher
ist sicher?
mit freundlicher Genehmigung von
Sandra Ciupka, Redaktion „transmission“, Mitarbeitermagazin der DFS
Das Sicherheitsniveau in
der Luftfahrt ist extrem
hoch und wird nur noch
von der Atomindustrie
erreicht. Wer sich nicht
an Normen und Regeln
hält, sondern das Risiko subjektiv einschätzt,
schwächt dieses hohe
Niveau. Die Flugsicher­
heitsabteilung der Lufthansa hat dazu einige
interessante Beispiele
zusammengestellt.
Wie sicher ist das Fliegen? Um diese
Frage zu beantworten, muss zunächst
einmal er­fasst werden, welche Risiken
auftreten und wie wahrscheinlich diese sind. Ebenso muss definiert sein,
welches Risiko für einen Flug­betrieb
akzeptabel ist. Zum modernen Risi­
komanagement gehört außerdem,
dass in der Regel knappe finanzielle
Mittel nicht dafür verschwendet werden, völlig unwahr­scheinliche Bedrohungen abzuwehren.
Die Abteilung Flugsicherheit der
Luft­hansa hat Flugunfallstatistiken
unterschied­licher Sparten der Zivilluftfahrt ausgewertet und die Unfallwahrscheinlichkeit bezogen auf ihren
Flugbetrieb ausgerechnet. Die größte
deutsche Fluggesellschaft fliegt heute rund 600.000 Legs (Strecke von A
nach B) im Jahr, bei einem jährlichen
Wachs­tum von einigen Prozentpunkten. Für Jets westlicher Bauart gilt ein
Unfallrisiko von eins zu einer Million
(10-6), Airlines im Wett­bewerbsumfeld
der LH fliegen mit einem Un­fallrisiko
von 10-7. Das heißt, bei zehn Millio­nen
Flügen ist mit einem Totalverlust zu
rech­nen. Bezogen auf die Lufthansa
würde dies einen Totalverlust etwa
alle zehn Jahre be­deuten. „Das bedeutet natürlich, dass die Unfallwahrscheinlichkeit für jeden einzel­nen Flug
verringert werden muss, damit bei
steigendem Verkehrsaufkommen das
Gesamtrisiko gering genug bleibt“,
heißt es in der LH-Publikation CF-Info.
Zielwert für die Lufthansa ist ein Risiko, das kleiner als eins zu zehn Millionen ist und zwar in der Summe aller
Risiken. Nimmt man zum Beispiel zehn
ein­zelne, sich ausschließende Risiken
wie etwa Runway Incursion, Tragflächenvereisung mit Strömungsabriss
oder fehlerhaft geflogene TCAS Resolution Advisory mit anschließender
Mid-Air-Collision, so ergibt sich daraus ein Risiko von zehn Mal 10-7, also
ein Risiko von eins zu einer Million
(10-6). „Die Einzelrisiken müssen deut­
lich unter 1 zu zehn Millionen liegen,
damit das erforderliche Sicherheitsni­
veau erreicht werden kann“, so die
LH-Si­cherheitsexperten.
Um dieses extrem hohe Niveau zu
errei­chen, gilt es, sich streng an Normen und Re­geln zu halten und das
Risiko niemals sub­jektiv einzuschätzen. Das Problem ist näm­lich, dass es
eine deutliche Diskrepanz zwi­schen
dem in der Luftfahrt erforderlichen
Si­cherheitsniveau und dem alltäglichen Le­bensrisiko gibt. So liegt die
Wahrscheinlich­keit, bei einem Autounfall verletzt zu werden, bei 42 Prozent, dabei ums Leben zu kom­men bei
einem Prozent. Mit einer 30-prozen­
tigen Wahrscheinlichkeit erkrankt ein
Bild: Helmut Huber, [email protected]
Mensch an einer schweren Krankheit.
In der CF-Info heißt es dazu: „Legt man
Sicher­heitsanforderungen zugrunde,
die LH benötigt, um wirtschaftlich als
Airline über­leben zu können, würde niemand mehr Fahr­rad fahren.“
Dies bedeutet allerdings auch, dass
sich Piloten, Fluglotsen oder Flugzeug­
mechaniker nicht auf ihr subjektives
Empfin­den verlassen können. „Dieses
trügerische Gefühl hat in der Luftfahrt
schon tausenden Passagieren und
Besatzungsmitgliedern das Leben gekostet.“ Dem Empfinden muss eine
auf Tatsachen beruhende (evidenzbasierte) Betrachtung gegenüberstehen.
Die LH­-Flugsicherheitsexperten führen
dazu ein sehr anschauliches Beispiel
an:
„Der These, man könne, wenn
das Wetter zu schlecht ist, bei einem
Non-Precision-Ap­proach etwas unter
das Minimum gehen, auch wenn die
Bahn nicht in Sicht ist, wird fol­gende
evidenzbasierte Betrachtung gegenübergestellt: Die Wahrscheinlichkeit,
bei diesem Manöver zu verunglücken,
liegt bei größer als 10-5. Das heißt,
dieses Manöver ist mehr als hundertmal so gefährlich wie das für uns mindestens erforderliche Risiko­niveau.“
So haben auch vermeintlich übertrieben vorsichtige Betriebsanweisungen ihren Sinn. Die evidenzbasierte
Betrachtung hilft aber auch, überflüssige Aktionen zur Risikover­meidung
zu identifizieren. Zum Beispiel: Ein Kapitän versucht mit erheblichem Aufwand (mehrfacher Anruf beim Flight
Manager) her­auszufinden, ob zwei
oder drei zu große Handgepäckstücke
zu Koffern erklärt und im Frachtraum
verstaut wurden - obwohl sich am tatsächlichem Startgewicht nichts geän­
dert hat.
Hätte die Lufthansa übrigens eine
Unfall­wahrscheinlichkeit wie die NASA
mit ihrem Space-Shuttle-Programm, so
würde die deut­sche Airline jährlich 35
Flugzeuge verlieren.
Nichts ist sicher
und nicht mal
das ist sicher!
Gedanken zu einem schwierigen Begriff
von Oberstleutnant Rüdiger Stein
GenFlSichhBw
Die Autorin des Artikels
„Wie sicher ist sicher?“
hat zur Erklärung des
Sicherheitsniveaus in der
zivilen Verkehrsluftfahrt
einen wissenschaftlichen
Ansatz gewählt. Dabei
geht es im Kern um die
berechenbare Eintrittswahrscheinlichkeit eines
Ereignisses, wonach das
Ergebnis als nüchterne,
interpretationsfrei Zahl
präsentiert wird. Da alle
Fluggesellschaften den
gleichen Berechnungsgrundlagen unterliegen,
sind die Resultate vergleichbar (Gut für die
Sicheren, ungut für die
Unsicheren!) und stellen
die Ausgangsbasis für
weitere Sicherheitsbemühungen dar.
Einen Tag nach dem Beinahezusammenstoß eines griechischen Verkehrsflugzeuges mit zwei F-4 F Phantom der griechischen Luftwaffe am
4. April 2006 beeilte sich ein deutsches
Nachrichtenmagazin unter der Überschrift „Flugunfall-Risiko“ mit der
Verbreitung folgender Internetinformation: „Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung hat errechnet, dass
man in der Bundesrepublik 67 Jahre
lang ununterbrochen fliegen müsste,
um jemals in einen Flugzeugunfall mit
Todesfolge zu geraten. Diese Zeitspanne ergibt sich aus dem Umstand, dass
sich etwa alle 588.000 Flugstunden
ein Flugzeugunglück ereignet.“
Dieses Zahlenspiel ist etwas griffiger
als die Formel 10-7 und klingt beruhigend! Zumindest für diejenigen, die
ausschließlich innerhalb der Grenzen
des Vaterlandes unterwegs sind.
Wesentlich detaillierter ist der Inhalt
einer Studie der britischen Sicherheitsberatungsagentur ADELARD aus dem
Jahre 2002. ADELARD hatte über einen Zeitraum von zehn Jahren (19912000) das Unfallgeschehen aller (zivilen
und militärischen) in Großbritannien
betriebenen Luftfahrzeuge untersucht
und dabei zugrunde gelegt, dass die
augenblickliche Unfallwahrscheinlichkeit auf der Trennlinie zwischen „tolerierbar“ und „nicht tolerierbar“ liegt,
also gerade noch so hingenommen
Flugsicherheit
wird. Die Forschungsarbeit berücksichtigte auch den zukünftigen gesellschaftlichen Wandel in Richtung
geringer ausgeprägter Toleranz.
gen wir immer und überall ein Höchstmaß an Sicherheit oder machen wir
unsere Ansprüche von Bedingungen
abhängig?
Die Wahrscheinlichkeit, durch einen
Flugunfall zu Tode zu kommen, wurde
auf den Zeitraum eines Jahres projiziert und getrennt für Besatzungen,
Viel- und Wenigflieger ermittelt.
Bei genauerem Hinsehen und mit
etwas Ehrlichkeit muss festgestellt
werden, dass unser Verhältnis zur Sicherheit durchaus widersprüchlich ist.
Dazu einige Beispiele:
Wir stellen einerseits die denkbar
höchsten Sicherheitsanforderungen
an die sogenannte Atomindustrie; auf
der anderen Seite sind wir felsenfest
überzeugt, eine Autobahnfahrt mit
Höchstgeschwindigkeit unbeschadet
zu überstehen. Und weil das Fahrzeug
vor uns die linke Spur partout nicht
Es ist unbekannt, welche Wirkung
diese Zahlen in Großbritannien hervor
gerufen haben. Es erscheint jedoch
angebracht, deutlich darauf hinzuweisen, dass beispielsweise ein Risiko von
1 zu 230 nicht etwa ein Ziel der Sicherheitsbemühungen ist, nur weil es gerade noch marginal toleriert wird. Das
Ziel liegt bei 1 zu 10.000!
Wenn aber die Luftfahrt ein solch
risikobehaftetes Umfeld darstellt, stellt
sich die Frage, wie stark unser Sicherheitsbedürfnis ausgeprägt ist. Verlan10
©
Illustration: HFw Ingo Dierkes, LfzTAbt 152 in Rheine - Bentlage
Demnach liegt das Todesrisiko für
die Besatzung eines strahlgetriebenen
Kampfflugzeuges bei 1 zu 230, für
eine Hubschrauberbesatzung bei 1
zu 390 und für die Crew eines mehrmotorigen Großflugzeuges noch bei
1 zu 640. Bei Ausbildungsflügen liegt
die Wahrscheinlichkeit bei 1 zu 1000.
Vielflieger riskieren ihr Leben ebenfalls
mit einer Wahrscheinlichkeit von 1
zu 1.000 und Wenigflieger sind noch
mit 1 zu 10.000 betroffen. Um im
Jahre 2010 die Toleranzgrenze nicht
zu überschreiten, müsste das Todesrisiko für Besatzungen auf 1 zu 770
sinken (außer bei Ausbildungsflügen),
im Jahre 2050 schon auf 1 zu 1.000.
Der Studie ist auch zu entnehmen,
dass augenblicklich das Todesrisiko
einer Besatzung gesellschaftlich allgemein akzeptiert wird, wenn die Wahrscheinlichkeit bei 1 zu 10.000 liegt,
der Tod eines Vielfliegers wird mit 1
zu 100.000 hingenommen, der eines
Wenigfliegers mit 1 zu 1.000.000.
freimachen will, drängeln wir noch ein
bisschen und scheren uns einen D...
um Sicherheitsabstände. Freie Fahrt
für freie Bürger!
Ein Luftfahrzeugführer besteht bei
der Übernahme seines Luftfahrzeuges
auf einem tadellosen technischen Zustand desselbigen, hat aber anschließend keine Skrupel, Sicherheitsmindesthöhen munter zu unterschreiten,
weil der Tiefstflug nun mal viel Spaß
macht.
Als „Häuslebauer“ (Wir setzen auf
die Toleranz der Schwaben!) überwachen wir penibel die Einhaltung aller
Bauvorschriften. Ist jedoch später eine
Glühbirne in der Deckenbeleuchtung
zu wechseln, so errichten wir abenteuerliche Hilfsgerüste, die mit Todesverachtung bestiegen werden, anstatt die
im Keller durchaus vorhandene Stehleiter zu benutzen. (Die meisten Unfälle ereignen sich im Haushalt. Warum
nur?)
Selbst die Anwohner unergiebiger
Quellflüsse und Rinnsale treffen mittlerweile Sicherheitsvorkehrungen, um
drohende Überschwemmungen und
damit den Verlust ihres gesamten
Hab und Gutes abzuwehren. Wenn
aber die eigenen Kinder nicht mal
schwimmen können, wird dies hingenommen. (Anmerk.: laut Statistischem
Landesamt kann nur jedes vierte Kind
in Deutschland schwimmen.)
Obwohl nachweislich nur jeder
zweite Nikotinkonsument älter als 70
Jahre wird, sind die Raucher diejenigen, die die langfristigsten Zukunftspläne schmieden und die stramm behaupten, mindestens einen Menschen
zu kennen (oder besser gesagt: gekannt zu haben), der trotz lebenslangem Drogenmissbrauches 95 Jahre alt
wurde, natürlich ohne ein einziges mal
ernsthaft krank gewesen zu sein.
Warum tun wir also wider jede Vernunft und besseres Wissen Dinge, die
uns (oder andere) akut oder latent gefährden?
Auf diese Frage gibt es mindestens
vier Antworten!
1.Das Motiv! Dazu hatten wir in der
„Flugsicherheit“ Ausgabe 01/2002
– Sonderausgabe Crew Ressource
Management, Seite 49ff. geschrieben. Wir empfehlen das Studium
dieser Seiten oder besser der gesamten Ausgabe anstatt uns hier zu
wiederholen.
2.Solange wir „die Dinge in der
Hand“ haben, glauben wir, den
Ausgang unseres Handelns bestimmen zu können. Kein Wunder also,
dass eine Luftfahrzeugbesatzung
stets mit einem besseren Gefühl an
Bord geht als die Passagiere, die den
erstgenannten „auf Gedeih und
Verderben“ ausgeliefert sind und
denen nur zu hoffen bleibt, dass die
Crew ihren Job ordentlich macht.
3.Wir hatten es doch nur gut gemeint! Stimmt zwar ziemlich häufig,
ist aber keine gute Ausrede, wenn’s
daneben geht. Der berühmte Unfallforscher James Reason hat gesagt, dass der Weg zu Unfällen mit
guten Absichten gepflastert ist.
Recht hat er!
4.Wir glauben an unsere Unverwundbarkeit! Es ist einleuchtend, dass
der „Häuslebauer“, der schon hundert mal erfolgreich auf den wackligen „Stühleturm“ kletterte, dies
auch in Zukunft tun wird. Er hat ja
den Beweis für die Sicherheit seines
Handelns oft genug geliefert. („Ich
weiß gar nicht, was ihr wollt! Seht
her – es geht doch!“) Daraus resultiert auch ein gerüttelt Maß an
Unbelehrbarkeit. Zusätzlich ist er
noch belohnt worden, denn er hat
sich den Gang in den Keller und das
mühsame Schleppen der Leiter erspart.
Viele Leser kannten den Luftfahrzeugführer, der beim Anflug schon
fast gewohnheitsmäßig unerlaubterweise unter die Entscheidungshöhe
ging und dafür gelegentlich belohnt
wurde, da er die Landung gerade
noch schaffte, während die Anderen
durchstarten und ihre Luftfahrzeuge
am Ausweichplatz parken mussten.
Einige kannten denjenigen, der öfters
mal ein bisschen tiefer flog als die Anderen und der dafür gelegentlich anerkennende Blicke von den Newcomer
in der Staffel erhielt. Seine Todesanzeige enthielt nur den üblichen Text:...in
Ausübung des Dienstes verstorben...
Von Heldentum war da nichts zu
lesen.
Den Schmerz seiner Witwe kennt
niemand!
Oscar Wilde hat gesagt:“Immer auf
dem Sprunge stehen – das nenne ich
leben. Von Sicherheit eingewiegt werden bedeutet sicheren Tod.“
Na ja! Das mag das Lebensmotto
Oscar Wildes gewesen sein.
Eugen Roth sagte humorvoll:“Das
Leben an sich ist lebensgefährlich!“
Stimmt!
Wir halten es lieber mit Wilhelm
von Humboldt:“Ohne Sicherheit vermag der Mensch weder seine Kräfte
auszubilden noch die Frucht derselben
zu genießen; denn ohne Sicherheit ist
keine Freiheit.“
Denken Sie mal d’rüber nach!
11
Flugsicherheit
AIRPROX
von Oberstleutnant Heribert Mennen,
GenFlSichhBw
Unbeabsichtigte Luftfahrzeugannäherung im
deutschen Luftraum
Meldung,
Untersuchung,
Bewertung und
Maßnahmen
Fliegen in Deutschland
ist sicher. So lautet das
Fazit der Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS)
nach Auswertung der
Statistiken für das Jahr
2005.
Im Linienverkehr gab es in Deutschland keine größeren Unfälle und die
Zahl der von der Aircraft Proximity
Evaluation Group (APEG)1 untersuchten Luftfahrzeugannäherungen
hat trotz des heute im Vergleich zu
Mitte der Siebzigerjahre fast viermal
so hohen Verkehrsaufkommen weiter
abgenommen.
In 2005 stufte die APEG lediglich
zwei Fälle in Kategorie A (unmittelbare
Gefährdung) und einen Fall in die Ka12
tegorie B (mittelbare Gefährdung) ein ein neuer Tiefstand. Keine einzige dieser Luftfahrzeugannäherungen wurde
durch die DFS verursacht. „Im Vergleich zu den rund 2,87 Millionen von
der DFS kontrollierten Flügen zeigen
diese Zahlen das exzellente Sicherheitsniveau im deutschen Luftraum
auf“2.
Ist das Fliegen in Deutschland wirklich so sicher, wie es den Anschein hat?
Sind wirklich alle Vorfälle erfasst? Wie
sind die Meldewege? Wer untersucht
und bewertet? Welche Konsequenzen
werden aus den Vorfällen gezogen?
Sind die bisherigen Strukturen und
Vorgehensweisen ausreichend oder
gibt es Verbesserungsbedarf?
Auf diese Fragen will ich nachfolgend eingehen und Ihnen auch meine
persönliche Bewertung hierzu nicht
vorenthalten.
Grundsätze und Vorgaben
Zunächst möchte ich auf unterschiedliche Definitionen hinweisen. Für
den zivilen Bereich gilt lt. § 5 Absatz 2
der Luftverkehrsordnung (LuftVO):
„Schwere Störungen“ beim Betrieb
ziviler Flugzeuge, Drehflügler, Ballone
und Luftschiffe in der Bundesrepublik
Deutschland sind durch den verantwortlichen Luftfahrzeugführer unverzüglich der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung zu melden.
Im Anhang zum „Gesetz über die
Untersuchung von Unfällen und Störungen bei dem Betrieb ziviler Luftfahrzeuge“ (FlUUG) wird auch ein
Fastzusammenstoß/gefährliche
Begegnung als „schwere Störung“ aufgelistet und wie folgt definiert:
Fastzusammenstoß/gefährliche
Begegnung:
Foto von Axel Fabeck
Gefährliche Annäherung von zwei
Luftfahrzeugen, bei der mindestens
ein Luftfahrzeug nach Instrumentenflugregeln betrieben wurde und
ein Ausweichmanöver erforderlich
war oder angemessen gewesen
wäre, um einen Zusammenstoß
oder eine gefährliche Situation zu
vermeiden.
Diese sind an den BFU-Beauftragten bei der DFS zu melden.
Ergänzend hierzu wird im Luftfahrthandbuch Deutschland ausgeführt:
„Informationen über Luftfahrzeugannäherungen, die nicht in diese
Kategorie fallen, bei denen sich
aber einer oder beide Luftfahrzeugführer gefährdet fühlen, dienen der
Luftverkehrssicherheit im Allgemeinen und sollten deswegen auch gemeldet werden“.
Die Meldung erfolgt ebenfalls an
die DFS.
Gemäß NATO-Standardisierungsabkommen STANAG 3750 FS (5. Ausgabe) lautet die Definition für Aircraft
Proximity (AIRPROX):
„A situation in which, in the opinion
of a pilot or air traffic services personal, the distance between aircraft as
well as their relative positions and
speed have been such that the safety of the aircraft involved may have
been compromised”.
Für den militärischen Flugbetrieb
der Bundeswehr ist „gefährliche Begegnung“ in Erweiterung der zivilen
Vorgaben wie folgt definiert (vgl. ZDv
19/2) :
Eine gefährliche Begegnung ist gegeben, wenn ein/eine LFF der Ansicht ist, dass sein/ihr Lfz durch die
Nähe eines anderen Lfz im Fluge
derart gefährdet wird, dass eindeutige Zusammenstoßgefahr besteht.
Gefährliche Begegnungen sind meldepflichtig.
Es ist müßig, sich darüber Gedanken zu machen, welche Definition die
sinnvollste ist.
In der Praxis werden von der APEG
nicht nur die Fälle behandelt, bei denen mindestens ein Luftfahrzeug nach
Instrumentenflugregeln
betrieben
wurde, sondern auch Vorfälle im ausschließlichen Sichtflugbetrieb.
Sowohl für den zivilen als auch den
militärischen Bereich wird im Übrigen
gefordert, vorab über Funk eine entsprechende Meldung zu übermitteln,
wenn man mit einer Flugverkehrskontrollstelle in Kontakt steht, damit
eine Untersuchung des Vorfalls unverzüglich eingeleitet werden kann.
Meldungen über gefährliche Begegnungen werden in der Bundeswehr
zentral durch das Luftwaffenamt Abteilung Flugbetrieb in der Bundeswehr
(LwA AbtFlBtrbBw) bearbeitet. Allerdings sind auch weitere Dienststellen
zu benachrichtigen3. Zum Zwecke der
präventiven Verhinderung von Unfällen und Zwischenfällen wird die Auswertung der Vorfälle von LwA AbtFlBtrbBw an General Flugsicherheit
in der Bundeswehr (GenFlSichhBw)
zur weiteren Verwendung übermittelt
und von dort ggf. weitere Maßnamen
eingeleitet.
Es ist nur noch das Meldeformular „AIR TRAFFIC INCIDENT REPORT
FORM“ der BesAnMilFS 2-100 M.A.
2.1 oder das Formblatt gemäß Luftfahrthandbuch Deutschland ENR.
1.14.7 ff zu verwenden.
Bei Vorkommnissen ohne Flugsicherungsrelevanz (z. B. Unterschreiten Mindestabstand bei Basic Fighter
Manoevres) gelten besondere Regelungen4.
LwA AbtFlBtrbBw wertet alle verfügbaren Unterlagen wie Aussagen
der Luftfahrzeugführer, Aussagen
von Lotsen und weiteren Zeugen,
Radaraufzeichnungen, Tonbandumschriften, Wettermeldungen, Berichte
über Systemausfälle von Lfz- und/oder
Bodeneinrichtungen usw. aus.
Ziel ist eine möglichst genaue Rekonstruktion des Vorfalls.
Wird ein Vorfall mit rein militärischer
Beteiligung zur Meldung gebracht,
findet die komplette Untersuchung
im eigenen Bereich statt. Eine erste
Bewertung wird auf der Grundlage
der APEG-Kriterien vorgenommen. Bei
ziviler Beteiligung wird die Untersuchung federführend von der Organisation (Bw, DFS oder EUROCONTROL)
untersucht, in dessen Zuständigkeitsbereich sich der Vorfall ereignete.
Risikokategorien
Nach Abschluss der Ermittlungen
wird der Vorfall in der APEG vorgestellt. Dieses Gremium, besetzt mit
Vertretern der Flugsicherung, der Allgemeinen- und der Verkehrsluftfahrt,
der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung und der Bundeswehr, stuft die
AIRPROX in eine der folgenden Risikokategorien5 ein und stellt die Faktoren
für ihre Ursache fest.
Kategorie „A“
Akute Zusammenstoßgefahr; Luftfahrzeugannäherung, bei der die
ernste Gefahr eines Zusammenstoßes bestand.
Kategorie „B“
Sicherheit nicht gewährleistet: Luftfahrzeugannäherung, bei der die
Sicherheit des Luftfahrzeuges hätte
gefährdet sein können.
Kategorie „C“
Keine Zusammenstoßgefahr: Luftfahrzeugannäherung, bei der keine
Gefahr eines Zusammenstoßes bestand.
Kategorie „D“
Risiko nicht ermittelt: Luftfahrzeugannäherung, bei der entweder
nicht ausreichende Informationen
für die Ermittlung des Risikos verfügbar waren oder bei der nicht
schlüssige oder widersprüchliche
Indizien die Ermittlung des Risikos
nicht zuließen.
13
Flugsicherheit
Ursachen
Aus den verursachenden Faktoren
können dann Erkenntnisse zur künftigen Vermeidung von AIRPROX abgeleitet werden, die durch die in der
APEG vertretenden Organisationen
den entsprechenden Luftraumnutzern zur Kenntnis gebracht werden. Es existiert eine Liste mit etwa
90 causal factors. Sie sind in die
Hauptgruppen airborne causes und
ground causes unterteilt. Airborne causes umfassen u. a. Fehler der
Luftfahrzeugbesatzung, Lfz-Systemausfälle in der Luft, Meteorologische
Ursachen und Umwelt. Ground causes
beinhalten u. a. Lotsenfehler, Mängel
an Flugsicherungsanlagen und Einrichtungen sowie Fehler, die dem Bereich
Organisation zuzuordnen sind.
Die causal factors sowie criteria
of risk categories orientieren sich an
Vorgaben von EUROCONTROL.
Für jede AIRPROX werden eine oder
mehrere Ursachen bestimmt. Diese
zeigen auf, wie es zur Entwicklung der
Ereignisse kam. Sie lassen Rückschlüsse auf Lehren zu, die zu ziehen sind.
Ähnlich wie bei Flugunfalluntersuchungen ist es nicht Aufgabe der
APEG, strafrechtliche oder ordnungswidrigkeitsrechtliche
Ermittlungen
durchzuführen. Vielmehr sollen ihre
Erkenntnisse den Prinzipien dienen,
aus Fehler zu lernen und die Teilnehmer am Luftverkehr für Problembereiche zu sensibilisieren.
14
Für den militärischen Bereich erstellt LwA AbtFlBtrbBw einen Abschlussbericht, der dem meldenden
Verband unter nachrichtlicher Beteiligung GenFlSichhBw und des Amtes
für Flugsicherung der Bundeswehr
(AFSBw) zugestellt wird. Sofern dies
aus der Ursachenermittlung ableitbar
ist, sollte der Bericht eine Sicherheitsempfehlung enthalten.
Historie
Geht man der Frage nach, ob die
bisherigen Strukturen und Vorgehensweise ausreichend sind oder ob es
Verbesserungsbedarf gibt, darf man
die Entwicklung des Melde- und Untersuchungswesens für Luftfahrzeugannäherungen in der Bundesrepublik
Deutschland nicht außer Acht lassen.
Auf Veranlassung der damaligen
„Ständigen Kommission für die Koordination des Luftverkehrs“ (SAL),
bestehend aus Vertretern des Bundesministeriums für Verkehr und des
Bundesministeriums für Verteidigung,
wurde 1962 das „Near Miss Commitee“ (NMC) gegründet und bei seiner
ersten Sitzung in „Air Miss Commitee“
(AMC) umbenannt.
Aufgrund des beängstigenden Anstiegs von Kollisionen in der Luft sowie
der Zahl gemeldeter Beinahezusammenstöße in den Siebzigerjahren wurde im Rahmen der Aufgabenstellung
des AMC die Behandlung gemeldeter
Vorfälle einem Expertenteam übertragen.
Jahr
Kontrollierte
Flüge gesamt
2005
2.866.000
2000
Im Jahre 1973 wurde die damalige
Arbeitsgruppe „TRACER“ der Bundesanstalt für Flugsicherung (BFS),
zuständig für die Ermittlung von Verursachern, durch Hinzuziehung der
Streitkräfte, Lufthansa/International
Air Transport Association (IATA) und
des Deutschen Aero Clubs (DAeC)
in die „Air Miss Evaluation Group“
(AMEG) umgewandelt. Den Vorsitz
der AMEG übernahm die BFS. Arbeitssprache war Englisch, da der AMEG
auch Vertreter der NATO-Luftstreitkräfte angehörten.
Obwohl von Kritikern wegen fehlender Weisungsbefugnis oft als „Debattierklub“ abgewertet, hat die APEG
mit ihrer Arbeit dazu beigetragen, dass
über die Jahre die Zahl der gefährlichen Begegnungen trotz steigender
Verkehrszahlen deutlich abgesenkt
werden konnte (siehe Auflistung).
Zu den von der AMEG initiierten
Maßnahmen gehörte u. a. die Erstellung einer kompletten Liste aller Segelfluggelände und der verbesserte
Informationsaustausch zwischen den
militärischen und zivilen Luftraumnutzern.
Nachdem Mitte der achtziger Jahre
von der ICAO neue Melde- und Untersuchungsverfahren empfohlen worden
waren, wurden die Strukturen nicht
zuletzt auf Initiative der IATA/Deutsche Lufthansa geändert. Wichtigste
Neuerung war die Schaffung eines
unabhängigen Status für die AMEG
gefährliche
Annäherungen
gefährliche
Annäherungen
gefährliche
Annäherungen
(Kategorie A)
(Kategorie B)
(A+B)
2
1
3
2.584.000
7
5
12
1995
2.034.000
13
10
23
1990
1.553.000
12
28
40
1985
1.012.000
17
31
48
1980
940.000
23
27
50
1975
744.000
104
106
210
mit formal festgelegten Rahmenrichtlinien. Chairman wurde ein Vertreter
der
Flugunfalluntersuchungsstelle
(FUS) des Luftfahrtbundesamtes, der
Vorgängerorganisation der heutigen
BFU. Eine weitere Neuerung war die
Anfertigung und Versendung eines
Ergebnisprotokolls der jeweiligen
AMEG-Sitzung, in dem nun durchaus
Empfehlungen, resultierend aus den
Ergebnissen der Untersuchungen und
Bewertungen, an die verschiedenen
betroffenen Adressaten gemacht werden durften.
Mitte der neunziger Jahre wurde
dann die Bezeichnung der Arbeitsgruppe in „Aircraft Proximity Evaluation Group“ (APEG) geändert.
Erfreulicherweise hat auch die früher erschreckend hohe Zahl der Zusammenstöße in der Luft zwischen
militärischen Luftfahrzeugen und Luftfahrzeugen der allgemeinen Luftfahrt
sehr deutlich abgenommen, wie der
Übersicht für den Zeitraum 1980 bis
heute zu entnehmen ist6:
Seit 1999 hat es glücklicherweise
keinen derartigen Zusammenstoß in
der Luft gegeben.
Dies ist sicherlich in erster Linie auf
den enormen Rückgang des militärischen Flugbetriebs in Deutschland als
Folge der Wiedervereinigung und der
damit einhergehenden Reduzierung
der Streitkräfte zurückzuführen.
17. September 1981
Kollision OV-10 mit Alouette II
Absturz, 3 Tote
28. Juli 1982
Kollision F-104G mit Jaguar
Lfz beschädigt
29. Juli 1982
Kollision CF-104 mit Piper (Motorflugzeug)
Absturz, 3 Tote
27. Juni 1983
Kollision Mirage 3R – P 68 (Motorflugzeug)
Absturz, 8 Tote
13. Juli 1984
AIRPROX Lightning F6 und A-10
Absturz Lightning, LFF getötet
13.August 1984
Kollision RF-4E mit C-172 (Motorflugzeug)
Absturz C-172, LFF getötet
08. November 1984
AIRPROX PA-200 und A-10
Aufgabe PA-200
18. Februar 1985
Kollision F-104G mit HarrierT.4
Absturz, 1 Toter
05. Juni 1985
Kollision F-15 mit Piper (Motorflugzeug)
Lfz beschädigt
13. August 1985
Kollision A-10 mit Segelflugzeug
Lfz beschädigt
17. Januar 1986
Kollision AH-1S mit OH58C
Absturz, 2 Tote
03. Oktober 1986
AIRPROX UH-60 und Segelflugzeug
Absturz UH-60, 3 Tote
26. Juli 1988
Kollision PA-200 mit Ranger M (Ultraleicht)
Absturz UL, LFF getötet
13. Januar 1989
Kollision PA-200 mit A-Jet
Absturz, 2 Tote
06. Juli 1989
Kollision F-4 mit Canberra
Lfz beschädigt
17. August 1989
Kollision PA-200 mit Cessna
Lfz beschädigt
05. Juni 1990
Kollision F-16D - H101 Salto (Segelflugzeug)
Absturz, ziviler LFF getötet
24. September 1991
AIRPROX RF-4E und C-152 (Motorflugzeug)
Absturz C-152, 2 Tote
07. Mai 1992
Kollision PA-200 mit Hängegleiter HPAT-156
Hängegleiter zerstört, LFF verl.
11. Juni 1996
Kollision F-4F mit Albatros (Ultraleicht)
Absturz UL, LFF getötet
23. Juni 1998
Kollision PA-200 mit DG-100G (Segelflugzeug)
Absturz DG-100, LFF getötet
25. August 1999
AIRPROX F-4F und Ikarus C-42 (Ultraleicht)
UL zerstört, Passagier verletzt
15
Flugsicherheit
Auswertung der AIRPROX-Meldungen mit militärischer Beteiligung
Betrachtet man den kontinuierlichen Rückgang der Zusammenstöße
in der Luft sowie der festgestellten
Luftfahrzeugannäherungen der Kategorie A (unmittelbare Gefährdung)
bzw. Kategorie B (mittelbare Gefährdung) bei gleichzeitig gestiegener Zahl
der kontrollierten Flüge in Deutschland, könnte man zur gleichen Sicherheitsbewertung wie die DFS kommen.
Offensichtlich greift die Präventionsarbeit der APEG und der darin vertretenen Organisationen. Die Zahl
der Vorfälle mit festgestelltem hohen
Gefährdungspotential erscheint so gering, dass man sie als vernachlässigbares „Restrisiko“ klassifizieren könnte.
Ein Blick „hinter die Kulissen“ bzw.
etwas tiefer in die Materie zeigt uns
jedoch, dass wir keinen Grund haben,
uns entspannt zurückzulehnen. Zudem
ist jeder einzelne Fall ein Fall zuviel!
Und es gibt berechtigten Grund anzunehmen, dass es weitaus mehr gefährliche Begegnungen gibt, als in der
offiziellen Statistik erfasst sind.
In einer Ausgabe von AIR CLUES,
dem Flugsicherheitsorgan der ROYAL
AIR FORCE, habe ich einmal einen Artikel zum gleichen Thema gelesen. Er
war überschrieben mit:
A MID AIR COULD SPOIL YOUR
WHOLE DAY. Eine ziemlich sarkastische Aussage, die aber das obige
Statement untermauert, dass jeder
einzelne Fall ein Fall zuviel ist.
GenFlSichhBw sind im Zeitraum
2002 bis 2005 insgesamt 157 AIRPROX mit militärischer Beteiligung bekannt (nicht alle davon sind der APEG
vorgetragen worden):
Jahr
Die häufigste Ursache von Luftfahrzeugannäherungen lag in später
Sichtung des Konfliktverkehrs, wenn
(und weil) sich zivile und militärische
Hochleistungsluftfahrzeuge und langsamere Hubschrauber, Leicht- oder
Segelflugzeuge (legal) im gleichen
Luftraum bewegten.
Es stellte sich zudem wieder einmal
heraus, dass nicht alle Luftraumnutzer mit den Verfahren im deutschen
Luftraum und den flugbetrieblichen
Besonderheiten des jeweils anderen
Luftverkehrsteilnehmers ausreichend
vertraut sind.
Weitergabe der Erkenntnisse
Wie schon erwähnt, bleibt es den in
der APEG vertretenen Organisationen
überlassen, ob und wie sie Erkenntnisse aus AIRPROX-Untersuchungen
an die am Flugbetrieb beteiligten Personen und Dienststellen weitergeben.
Die APEG betreibt keine eigenständige
Öffentlichkeitsarbeit. Pro Kalenderjahr
veröffentlicht die DFS lediglich eine zusammenfassende Bewertung der Vorfälle, ergänzt um einige exemplarische
AIRPROXES. Diese Zusammenfassung
ging bislang nur an ausgesuchte Empfänger; sie ist nicht im Internet veröffentlicht. Dort findet man nur einige
Statistiken mit wenigen Erläuterungen
zur Zusammensetzung und Arbeit der
APEG.
Die Mängel in der Darstellung nach
außen einschließlich das Fehlen eines
zeitgemäßen Internet-Auftritts hat
dazu geführt, dass die APEG (und ihre
verdienstvolle Arbeit) der Mehrzahl
der Luftraumnutzer gänzlich unbekannt ist.
Kategorie A
Kategorie B
Kategorie C
Kategorie D
Gesamt
2002
3 (5)
4
29
8
44 (46)
2003
4
1
24
8
37
2004
3
0
28
6
37
2005
3
0
25
9
37
Gesamt
1 3 (15)
5
106
31
155 (157)
7
16
Die bisherigen Meldungen für 2006
scheinen die Zahlen der Vorjahre zu
bestätigen.
Die Zahl der in Kategorie „A“ eingestuften Vorfälle wäre möglicherweise
höher, wenn bei einigen der letztlich
als „D“ eingestuften Luftfahrzeugannäherungen ausreichende Informationen zur Risikoermittlung vorgelegen
hätten.
Die hohe Zahl der in Kategorie
C eingestuften Vorfälle ist damit zu
erklären, dass vergleichsweise viele
Meldungen auf TCAS Resolution Advisories beruhen. Bei Durchsicht der Berichte entsteht oftmals der Eindruck,
dass Führer von Luftfahrzeugen, die
nicht mit TCAS ausgerüstet sind, über
dieses System nicht ausreichend informiert und entsprechend sensibilisiert
sind. Inzwischen sollte sich herumgesprochen haben, dass hohe Annäherungsraten auch dann eine TCAS RA
auslösen, wenn der Abstand vermeintlich noch recht groß ist!
Unverständlich (und unprofessionell) ist auch, dass in per NOTAM gesperrte Gebiete eingeflogen wurde.
Dies betraf übrigens nicht nur LFF der
allgemeinen Luftfahrt! Allein während
der Übung ELITE 2005 wurden insgesamt 112 Luftraumverletzungen festgestellt, glücklicherweise ohne Flugsicherheitsrelevanz.
Auffallend häufig kam es auch zu
Konfliktsituationen in MANIA’s und
TRA’s. Inzwischen sind die MANIA’s,
die bekanntlich keine geschützten
Lufträume waren, auf Betreiben GenFlSichhBw weggefallen bzw. in bestehende TRA’s integriert worden.
Lotsenfehler führten eher selten zu
Luftfahrzeugannäherungen.
Dies ist m. E. jedoch nicht dem Gremium anzulasten. Hier ist eindeutig
das BMVBS gefragt, die APEG aufzuwerten. Dies scheint jedoch bislang an
knappen Ressourcen und anders gesetzten Schwerpunkten (Stichworte:
Flugsicherungsgesetz und Kapitalprivatisierung, Aufbau des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung [BAF],
Zertifizierung usw.) zu scheitern.
Ich sehe jedoch das größte Manko
darin, dass die Gefahr einer Weitergabe der gewonnenen Erkenntnisse
auf sehr unterschiedlicher Art und
Weise besteht. Meine diesbezügliche
Recherche ergab eigentlich nur beim
DAeC ein positives Bild. Das Büro für
Flugsicherheit im DAeC hat zahlreiche
Flugsicherheitshinweise und Informationen veröffentlicht, die eindeutig und
nachvollziehbar auf Empfehlungen der
AMEG bzw. APEG beruhen.
Ich meine, dass es auch in der Bundeswehr Verbesserungsbedarf gibt.
Natürlich sind Erkenntnisse aus den
Untersuchungen weitergegeben worden und haben Einfluss auf fliegerische
Verfahren und Luftraumstrukturen
gehabt. Allerdings ist für den Außenstehenden nicht notwendigerweise zu
erkennen, dass eine Änderung u. U.
auf AIRPROX-Meldungen beruht. Es
sollte nicht nur der meldende LFF/Verband durch LwA AbtFlBtrbBw über
das Untersuchungsergebnis informiert
werden. Vielmehr sollten die Lehren
und Maßnahmen allen am Flugbetrieb
beteiligten Personen bekannt gegeben
werden.
Die Untersuchung, die Risikoklassifizierung und Ermittlung der Ursachen
machen langfristig nur Sinn, wenn
alle am Flugbetrieb beteiligten Personen gleichermaßen am Feed Back
beteiligt sind. Soll Flugunfallprävention dauerhaft erfolgreich sein, ist ein
entsprechendes Bewusstsein für eine
offene Meldekultur erforderlich. Diese kann durch ein umfassendes Feed
Back wirksam gefördert werden. Der
Meldende muss erleben, dass seine
Meldung Wirkung erzielt.
Durch mehr Transparenz ihrer Arbeit und Präsenz in der Öffentlichkeit
würde die Arbeit der APEG deutlich an
Gewicht gewinnen. Meines Ermessens
sollten die gewonnenen Erkenntnisse
nicht nur den im Gremium vertretenen
Organisationen zur Verfügung gestellt
werden, sondern auch durch die APEG
selbst veröffentlicht werden.
Unbeabsichtigte Luftfahrzeugannäherungen in Deutschland werden von einer Expertengruppe
untersucht, die sich aus Vertretern
des Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
(BMVBS), DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, Vereinigung Cockpit
(VC), Fluggesellschaften, allgemeine Luftfahrt, Bundeswehr (wahrgenommen durch LwA AbtFlBtrb),
Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) sowie EUROCONTROL zusammensetzt. Da
der durch die Internationale Luftfahrtorganisation ICAO definierte
englische Ausdruck für Luftfahrzeugannäherung „Aircraft Proximity“ oder kurz „AIRPROX“ gebräuchlicher ist, wird er auch für
Luftfahrzeugannäherungen
im
deutschen Luftraum verwendet.
1
siehe Internetauftritt der DFS
(www.dfs.de)
2
vgl. ZDv 19/2, FBH’s der TSK,
BesAnMilFS 2-100
3
vgl. ZDv 19/6 „Die Behandlung
von Unfällen und Zwischenfällen
mit militärischen Luftfahrzeugen“
sowie BesAnFlSichhBw 506/5504
4
Die nachfolgende Risikoklassifizierung entspricht auch der STANAG
3750 FS (5. Ausgabe)
5
Kollisionen zwischen Militärflugzeugen beim Luftkampftraining,
MASS ATTACK oder Formationsflug sind nicht aufgelistet
6
zu den von LwAAbtFlBtrbBw erfassten drei AIRPROX der Kategorie A in 2002 sind zwei Beinahe
- Kollisionen in der Platzrunde von
militärischen Flugplätzen zu addieren
7
17
Flugsicherheit
Überlasteter Luftraum
Tief fliegende UAV gefährden bemannte Luftfahrzeuge
Aus „Defense News“ vom
30. Januar 2006 - Technology Watch,
Innovations in Warfare
von GLENN W. GOODMAN JR.
Der vermehrte Einsatz
von kleinen unbemannten Luftfahrzeugen
(Unmanned Aerial Vehicles - UAVs) durch die
Kampfeinheiten von US
Army und Marine
Corps im Irak hat sich
Berichten aus dem Einsatzraum zufolge als
Gewinn für die militärischen Führer der
unteren Befehlsebene
erwiesen. Mit den UAV
verfügten diese militärischen Führer zum
ersten Mal über eine
eigene Fähigkeit, um
Beobachtungen aus der
Luft mit kurzer Reichweite über den nächsten Hügel oder ein paar
Häuserblöcke entfernt
durchführen zu können.
Der Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen stellt jedoch besonders bei
kurzfristigen Einsätzen eine Gefahr für
bemannte Luftfahrzeuge dar, die in
geringer Höhe fliegen. Es ist bereits zu
18
HANDGESTARTETE UAV IM IRAK
DRAGON EYE
Teilstreitkraft: US Marine Corps
Spannweite: 3,8 Fuß
Gewicht: 4,5 lb
Flughöhe max: 1.000 Fuß
Länge: 2,4 Fuß
Radius: 5 km
Flugdauer max: 60 Minuten
RAVEN
Teilstreitkraft: US Army
Spannweite: 4,3 Fuß
Gewicht: 4,2 lb
Flughöhe max: 1.000 m
Länge: 3,4 Fuß
Radius: 10 km
Flugdauer max: 90 Minuten
Zusammenstößen zwischen UAV und
Hubschraubern gekommen.
Die Teilstreitkräfte verfügen über
Mechanismen, um die Flüge von UAV
und bemannten Luftfahrzeugen zu
entflechten und damit das Risiko von
Zusammenstößen zu mindern, absolute Sicherheit können sie jedoch bei
weitem nicht garantieren. Die Teilstreitkräfte arbeiten jetzt an der Entwicklung zuverlässigerer Lösungen für
die Zukunft. Bis dahin bleiben die Risiken jedoch bestehen.
„Bisher haben wir Glück gehabt.
Einige Hubschrauber wurden getroffen, es wurde jedoch niemand verletzt. Ich fürchte den Tag, an dem es
passieren wird“, so Walter Buchanan,
Generalleutnant der US Air Force und
Kommandeur der Luftstreitkräfte des
US Central Command, auf der Konferenz der Defense News Media
Group über TSK-gemeinsame Kriegführung (Joint Warfare Conference)
am 26. Oktober. „Was mir Sorgen bereitet ist die Vorstellung, dass eines Tages eine meiner C-130 voll besetzt mit
Soldaten in geringer Höhe fliegt und
ein UAV - es braucht nicht einmal ein
großes zu sein - die Windschutzscheibe durchstößt“.
Bei den UAV, um die es hier geht,
handelt es sich um das Raven der
Army und das Dragon Eye des Marine
Corps. Die beiden als Rückenlast tragbaren Starrflügeldrohnen haben ein
Gewicht von vier bis fünf Pfund, eine
Flughöhe von 1.000 Fuß und sind so
konstruiert, dass sie bei der Landung
in einzelne Teile auseinander fallen,
die dann wieder zusammengesetzt
werden können. Die UAV übermitteln
ihr Überwachungsbildmaterial an eine
Laptop-PC-gestützte Bodenkontrollstation.
Mit Hilfe des globalen Positionsbestimmungssystems (GPS) fliegen die
UAV selbständig zu vorgegebenen
Wegepunkten, die während des Fluges
neu programmiert werden können.
Die kleinen Drohnen können auch
manuell mittels Sichtlinien-Funksignal
geflogen werden. Die Fa. AeroVironment in Monrovia, Kalifornien, stellt
beide Typen der batteriebetriebenen
Propeller-UAV her.
Mehr als 400 UAV des Typs Raven,
im vergangenen Jahr aus Mitteln der
Notfallreserve beschafft, werden derzeit von Bataillonskommandeuren und
Kompaniechefs der US Army im Irak
und in Afghanistan eingesetzt. Die 3.
Brigade der 101. Airborne Division,
die im Oktober letzten Jahres in den
Irak verlegt wurde, setzt UAV des Typs
Raven in allen Kompanien ein. UAVPersonal der Army zufolge werden die
Raven im Irak derzeit bis hinunter auf
Gruppen- und Zugebene eingesetzt.
Weitere kleine UAV des Typs Raven befinden sich im Zulauf. Im Oktober wählte die Army im Rahmen einer Ausschreibung das modernisierte
Raven B als Nachfolgemodell für ein
kleines UAV; die Teilstreitkraft plant
den Kauf von 1328 Systemen mit jeweils drei Luftfahrzeugen.
Im November 2003 bestellte das
Marine Corps 372 Dragon Eye-Systeme, jedes mit drei Luftfahrzeugen.
Die Lieferung begann im Mai 2004
und wird im Haushaltsjahr 2008 abgeschlossen sein.
„Wir haben mehr als 1.000 UAV
im Luftraum im Einsatz und damit das
Problem der Entflechtung vom übrigen Flugverkehr. Unsere UAV fliegen
in allen Flughöhen; die meisten fliegen jedoch unterhalb 3.000 Fuß, damit stellen sie vor allem für den Hubschrauberverkehr ein Problem dar“, so
Buchanan.
„Wir haben größere UAV, die in
größeren Höhen fliegen“, fügte er
hinzu, „und es ist zu Beinahe-Zusammenstößen zwischen UAV und AC130 Gunships sowie zwischen UAV
und Strahlkampfflugzeugen gekommen. Tatsächlich getroffen wurden
Hubschrauber jedoch in geringeren
Flughöhen von kleinen, tief fliegenden
UAV“.
Das US-Verteidigungsministerium
räumte bisher nur einen solchen Zusammenstoß öffentlich ein: im November 2004 stieß ein UAV des Typs
Raven über dem Irak mit einem Beobachtungshubschrauber des Typs
Kiowa Warrior zusammen, es gab
jedoch keine Verletzten oder größere
Sachschäden.
Luftraumordnung
Zur Entflechtung des Luftraums
werden von den US-Streitkräften
Luftraumordnungsbefehle (Airspace
Control Order - ACO) verwendet,
die zusammen mit dem täglichen Lufteinsatzbefehl (ATO) ausgegeben werden. Beide werden vom Combined
Air Operations Center (CAOC) der
Air Force in Al Udeid in Katar für die
Einsatzgebiete des US Central Command im Irak und in Afghanistan
erstellt. Im Luftraumordnungsbefehl
(ACO) werden die geplanten Flugstrecken der Luftfahrzeuge sowie andere
Maßnahmen zur Luftraumkoordinierung wie zum Beispiel Feuerverbotszonen (No-Fire Areas) festgelegt.
Buchanan zufolge zählen zu den
Verfahren, die im Luftraumordnungsbefehl vorgesehen sind, um den Einsatz von UAV vom übrigen Luftverkehr
zu entflechten, die vertikale Entflechtung, wobei einem UAV eine bestimmte Flughöhe zugewiesen wird,
die horizontale Entflechtung, wobei
Einschränkungen für geographisch
abgegrenzte Teile des Luftraums bestehen, sowie die zeitliche Entflechtung, wobei spezielle Zeitfenster für
UAV festgelegt werden.
Eines der Verfahren zur horizontalen Entflechtung besteht darin,
Luftraumbeschränkungszonen (ROZ)
auszuweisen. „Wir machen heute
folgendes: Wenn wir wissen, dass in
einem bestimmten geographischen
Gebiet von Hand gestartete UAV von
den Bodentruppen eingesetzt werden,
geben wir an alle Luftfahrzeugführer
von bemannten Luftfahrzeugen einen Luftraumordnungsbefehl mit folgendem Wortlaut heraus: „Im diesem
Gebiet herrscht starke UAV-Flugtätigkeit“ und teilen ihnen üblicherweise
mit „Wenn Sie in diesem Gebiet unterhalb einer Höhe von 3.000 Fuß fliegen, müssen sie zuerst mit jemandem
Kontakt aufnehmen, zum Beispiel mit
dem Verbindungsoffizier der Brigade“,
so Buchanan. „Er weiß, welche UAV
im Einsatz sind und wem sie gehören,
und er wird sie entweder landen oder
ausweichen lassen, so dass Sie in das
betreffende Gebiet einfliegen können“.
Die US Army bemüht sich um die
Verbesserung der Verfahren zur Entflechtung zwischen bemannten und
unbemannten Luftfahrzeugen.
„Es gibt derzeit kein automatisiertes System, das anzeigen könnte, wo
ein Raven im Einsatz ist“, so Bobby
Ellis, Product Director für Klein-UAVProgramme beim Redstone Arsenal
in Huntsville, Alabama.
Die Planungszellen auf Kompanieebene und darunter halten jedoch
Kontakt zu den Verbindungsoffizieren
der Bataillone und Brigaden sowie zu
den (verteilten) Luftraumordnungszellen der Army, um sie über geplante
UAV-Einsätze in Kenntnis zu setzen,
indem sie ihnen zum Beispiel mitteilen, dass ein kleines UAV in einem
bestimmten Bereich, innerhalb von
bestimmten höhenmäßigen und geographischen Begrenzungen sowie
innerhalb eines bestimmten Zeitraums
eingesetzt werden wird, so dass eine
Luftraumbeschränkungszone eingerichtet werden kann.
Der Vorteil der UAV vom Typ Raven
und Dragon Eye besteht darin, dass
sie in weniger als 10 Minuten vorbereitet und gestartet werden können,
selbst von Hausdächern in einer Stadt
aus, wenn eine Kampfeinheit rasche
Aufklärungsergebnisse über ein vor
19
Flugsicherheit
„Selbst wenn Sie keine Luftraumbeschränkungszone (ROZ) eingerichtet haben, bleibt die positive Kommunikation bestehen“, so Ellis. „Wenn
ein Gruppenführer auf feindlichen
Widerstand trifft und wirklich schnell
ein Raven starten muss, obwohl dies
nicht durch das formale Verfahren koordiniert wurde, kann er es auch auf
dem informellen Weg tun. Er meldet
sich über Funk und sagt: Wir müssen
ein Raven hochschicken und werden
es von Punkt A nach Punkt B und von
Zeitpunkt X bis Zeitpunkt Y einsetzen“.
20
Handgestartete ULfz der Bundeswehr:
System Aladin
Das Aufklärungssystem wird zur
verzugslosen optischen Aufklärung
im Nächstbereich eingesetzt. Bedingt
durch ihre konstruktiven Eigenschaften
ist sie hochmobil und an keine spezielle Infrastruktur gebunden. Die Transportkompatibilität des Systems ist für
die meisten militärischen Fahrzeuge
gegeben. Sowohl die Herstellung der
Einsatzbereitschaft wie auch der Einsatz kann von zwei Personen durchgeführt werden. Das Einsatzspektrum
umfasst Lage- und Zielaufklärung.
Hauptaufgaben:
- Gewinnen
von
echtzeitnahen
Aufklärungsergebnissen aus dem
Nächstbereich mittels abbildender
Sensoren,
- Erkennen und Identifizieren von
Personen, Personengruppen, Fahrzeugen bzw. allgemein Objekten
(Identifizierung nur bei Tag),
- Zeitlich begrenzte Aufklärung von
Räumen, Orten, Ortsteilen, Objekten und Aktivitäten,
- Verzugsarme Gewinnung umfangreicher, ergänzender Lageinformationen zur Erstellung eines aktuellen,
lokalen Lagebildes um die Fähigkeit
zur zeitgerechten Reaktion der eigenen Kräfte zu erhöhen und das
Duellrisiko zu minimieren.
Nebenaufgaben:
- Erkennen von auffälligen Nutzungsänderungen geplanter Marschstraßen,
- Aufklärung während der Annäherung in kritischen oder schwer einsehbaren Geländeteilen,
- Zeitlich begrenztes Überwachen
von Bewegungen und Bewegungsrichtungen von Personen, Personengruppen und sonstigen Objekten.
Das Seriensystem ALADIN wurde im
Oktober 2005 an die Truppe übergeben. Bis Ende 2008 wird die Bundeswehr teilstreitkraftübergreifend voraussichtlich 121 Ausstattungen, bestehend aus 1 Bodenkontrollstation
und 2 ULfz, verfügen.
Im Auslandseinsatz (ISAF/KONGO)
befinden sich derzeit 11 Systeme.
ALADIN Bediengerät
Tageslicht Videosensoraufnahme
Thermischer IR Videosensor
Alle Bilder vom System ALADIN sind von EMT Ingenieurgesellschaft Dipl.-Ing. Hartmut Euer mbH
ihr liegendes Gebiet benötigt. Wird
aber nicht ihr schneller Einsatz durch
die Planungs- und Anmeldeverfahren
behindert, die die Luftraumordnungsmaßnahmen offensichtlich fordern?
So verlangt zum Beispiel die derzeitige
Ständige Dienstanweisung der 101.
Airborne Division wie berichtet wird,
dass die Raven-Betreiber mindestens
24 Stunden vor dem Start des UAV einen Flugplan aufgeben.
„Es liegt jedoch auf der Hand“, so
Tim Owings, der Stellvertretende Projektleiter der US-Army für UAV-Systeme in Redstone, „dass Sie, wenn Ihre
Einheit angegriffen wird, das tun, was
Sie tun müssen“. In der Praxis wird,
wenn unsere Truppen eine bekannte
Stellung beziehen, die Einrichtung einer Luftraumbeschränkungszone kein
großes Problem darstellen, da diese
nur für einen begrenzten Zeitraum
eingerichtet wird und man innerhalb
dieses Zeitfensters die UAV jederzeit
nach Belieben einsetzen kann.
System Aladin
Spannweite: 1,46 Meter
Gewicht: 3,5 kg
Flughöhe max: 3.000 m
Aufklärungshöhe: 50 - 150 m GND
Radius: 5 km Radius von der BKS
Flugdauer max: 30 Minuten
Vmin - Vmax: 37 km/h - 70 km/h
Marschgeschwindigkeit: 55-60 km/h
Navigation: GPS
Autonome Flugführung mit manuellen Eingriffsmöglichkeitn
21
Flugsicherheit
Fatigue
Ermüdung von Luftfahrzeugbesatzungen bei Einsätzen im Nahen Osten
von Jim Van Wambeck, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion Mobility Forum
Ermüdung war immer
schon eine zwangsläufige Begleiterscheinung
bei länger dauernden
Ein sätzen. Ermüdung
wirkt sich negativ auf
alle Aspekte der Leistungsfähigkeit aus und
wurde im Zusammenhang mit über 200 Flugunfällen der Klasse A sowie unzähligen Bodenzwischenfällen genannt.
Kein anderer einzelner
Faktor ist schädlicher für
die Leistungsfähigkeit
im Dienst und außerhalb
des Dienstes und für die
Sicherheit unserer Kräfte.
GenLt (Dr.) George Peach Taylor Jr.,
Generalarzt der US Air Force
22
In Phasen mit extrem hohem Einsatztempo und ständigen Kampfeinsätzen stellt die Ermüdung der Besatzung ein Problem dar, das hinsichtlich
der sicheren Ausführung des taktischen Lufttransportauftrags besonderes Augenmerk verlangt. Lufttransporteinsätze bedeuten häufig einen
16-Stunden-Flugdiensttag und unter
ungünstigen Umständen kann er, falls
der Einsatz dies erfordert, noch länger
werden. Daraus folgt, dass die Ermüdung der Besatzung ein Thema ist, mit
dem sich die fliegenden Staffeln der
Luftfahrzeuge C-130, C-17 und C-5
ständig auseinandersetzen müssen.
Die Besatzungen, die innerhalb des
Operationsgebiets im Zuständigkeitsbereich (AOR) Naher Osten fliegen,
sehen sich zudem den zusätzlichen
Gefahren ausgesetzt, die das Einfliegen in Gebiete hoher Bedrohung mit
sich bringt. Feindselige Handlungen
erhöhen die Belastung für die Besatzungen und machen es erforderlich,
das Problem der Ermüdung der Besatzungen unter Kontrolle zu behalten.
Fatigue has always been an inherent part of sustained military operations. Fatigue has an adverse effect on
every aspect of performance and has
been cited in over 200 Class A aircraft
mishaps and countless ground incidents. No single factor is more detrimental to the on- and off-duty performance and safety of our force.
Lt Gen (Dr) George Peach Taylor Jr.,
Surgeon General of the Air Force
In the middle of an extremely high
operations tempo with combat missions a norm, crew fatigue is a crucial
consideration in safely executing the
tactical airlift mission. Airlift operations often entail a 16-hour duty day,
and under extenu­ating circumstances,
it may even be longer if the mission
dictates. Consequently, crew fatigue is
an issue that is continuously addressed
by flying squadrons operating C-130,
C-17, and C-5 aircraft. Crews flying
intratheater in the Middle East AOR
(Area of Responsibility) are faced with
the added hazards associated with fly­
ing into high threat areas. Hostile actions create further stress on the crews
and the need to stay on top of crew
fatigue issues.
U.S. Air Force photo by StaffSgt. Cherie Thurlby
U.S. Air Force photo by MasterSgt. Lance Cheung
LUFTTRANSPORTEINSÄTZE UND AUFTRÄGE
Bei der Planung für einen Einsatz
müssen viele Aspekte berücksichtigt
werden. Die Einsatzplaner können
einen Standardtag mit einer Einsatzdauer von weniger als 16 Stunden
planen und einen Zusatzbefehl (Frag
Order) mit den Einzelheiten zum Einsatz herausgeben, der drei oder vier
Zwischenlandungen in der Kampfzone
einschließen kann. Der Zusatzbefehl
enthält Einzelheiten zum Einsatz einschließlich von Streckenverlauf, an der
Flugstrecke liegenden Stützpunkten
sowie Material und Personal, das bei
jeder Zwischenlandung abgesetzt oder
aufgenommen wird.
Vor Beginn eines Einsatzes überprüft
der Kommandant den Zusatzbefehl
und entscheidet, ob der Auftrag realistischerweise in einem 16-StundenFlugdiensttag durchgeführt werden
kann. Der Kommandant trägt die volle
Verantwortung für die sichere Durchführung des Auftrags und verfügt auch
über die notwendige Autorität um zu
entscheiden, dass ein bestimmtes Einsatzprofil nicht so funktionieren kann,
wie es geplant wurde. So kann eine
Zwischenlandung gestrichen oder die
Flugstrecke geändert werden. Sicher-
heitsaspekte und Einsatzerfordernisse
müssen ständig gegeneinander abgewogen werden.
Übliche Lufttransporteinsätze innerhalb des Operationsgebiets reichen
von festgelegten Strecken für die Versorgungskette, die regelmäßig abgeflogen werden, bis zu Einzeleinsätzen,
bei denen ein bestimmter Nutzer das
Luftfahrzeug für den Transport von
Material oder Personal von einem
Punkt zu einem anderen anfordert.
Die Alarmierung für einen Lufttransporteinsatz erreicht die Besatzung im Allgemeinen in ihren Unterkünften. Die Besatzung meldet sich
zur Vorflugbesprechung und während
der Kommandant den Zusatzbefehl
überprüft und mit der Flugplanung
fortfährt, führen die übrigen Besatzungsmitglieder spezifische Flugvorbereitungsaufgaben aus.
C-130-GESCHWADER IM ZUSTÄNDIGKEITSBEREICH (AOR) NAHER OSTEN
„Die C-130-Geschwader befinden
sich seit den Ereignissen des 11.9.2001
fast ununterbrochen im Wüsteneinsatz“, so Capt. Steve Ayre, der Chef
der Flugsicherheit des 43. Airlift Wing
(Lufttransportgeschwader), Pope AFB,
AIRLIFT OPERATIONS AND MISSIONS
Planning for a mission involves
many considerations. Mission planners
may schedule a standard day to be under 16 hours and issue a Frag Order
containing the details of a mission that
may include three or four stops in the
combat zone. The Frag Order will specify the details of the mission including
the route for the mission, the bases on
the route, and the materiel and personnel that will be delivered or picked
up at each stop.
Prior to the start of the mission, the
aircraft commander reviews the Frag
Order and determines if the mission
can realistically be accomplished in a
16-hour duty day. The aircraft com­
mander has full responsibility for the
safe execution of the mission and also
has the authority to say that a particu­
lar mission profile will not work as pre­
sented. A stop on the route can be
dropped or the route can be altered.
Safety considerations are continuously weighed against mission requirements.
Typical airlift missions flown intra­
theater vary from set channel routes
that are flown regularly to single mis­
sions where a particular user will hire
the aircraft to transport materiel or
personnel from one point to another.
The crew is typically alerted for
an air­lift mission from their quarters.
The crew shows for the pre-departure
briefings, and while the aircraft com­
mander reviews the Frag Order and
continues flight planning, the other
crew members are performing specific
pre-flight duties.
C-130 WINGS IN THE MIDDLE EAST
AOR
“The C-130 wings have been in the
desert almost continuously since 911,” said Capt Steve Ayre, the Chief of
Flight Safety, 43rd Airlift Wing, Pope
AFB, NC. The 43 AW has two squad­
rons that rotate on a 4-month basis
to the Middle East AOR, and operates
23
North Carolina. Das 43. AW hat zwei
Staffeln, die auf 4-Monate-Basis im
Rotationsverfahren im AOR Naher Osten eingesetzt werden, und verfügt
über 34 Luftfahrzeuge des Typs C-130
Hercules mit 5.969 aktiven Soldaten.
Die C-130 wird überwiegend für
den taktischen Lufttransportauftrag innerhalb des AOR eingesetzt. Die C-17Geschwader und in geringerem Umfang die C-5-Geschwader führen neben den Flügen in das Operationsgebiet und zurück, dieselben Einsätze
innerhalb des AOR durch wie die C130. Da die C-130 fast ausschließlich
innerhalb des Bedrohungsbereichs
operieren, sind sie ständig den in diesem Umfeld herrschenden Gefahren
ausgesetzt. Diese andauernde Bedrohung unterscheidet die Einsätze der
C-130 von den anderen Luftfahrzeugen, die Lufttransportaufträge durchführen.
Die C-130 wird häufig zu Sanitätslufttransporten eingesetzt. Eine C-130
kann einen Sanitätslufttransport durchführen, wenn sie im Laderaum für einen solchen Einsatz umgerüstet ist. Es
24
dauert etwa 10 bis 20 Minuten, bis der
Laderaum des Luftfahrzeugs für einen
Sanitätslufttransport umgerüstet ist.
Im Allgemeinen steht ein bereits umgerüstetes Luftfahrzeug mit einer
Besatzung, die sich in Alarmbereitschaft befindet und auf den Befehl zur
Durchführung dieses Auftrags wartet,
auf der Rampe bereit.
Die Besatzung einer C-130 besteht
aus mindestens fünf Personen. Bei
Wüsteneinsätzen umfasst die Besatzung sechs Personen: Luftfahrzeugkommandant/Pilot, Kopilot, Bordmechaniker, Navigator sowie zwei
Bordwarte (Lademeister). In einer C130 hat jedes Besatzungsmitglied seine Aufgaben im Flug. Sind zwei Lademeister an Bord, kann einer während
des Landeanflugs und der Landung
an jeder Seite aus dem Luftfahrzeug
heraus mögliche Bedrohungen erkennen und die Gefahr über Bordsprechanlage oder Funk an den Führerraum
übermitteln. Der Lademeister ist auch
zuständig für die Überwachung der
Ladung bzw. der Passagiere während
des Fluges.
thirty-four C-130 Hercules aircraft with
5,969 active duty personnel.
The C-130 is primarily used to execute the tactical airlift mission inside
the AOR. The C-17, and to a lesser extent the C-5 wings, are flying some of
the same missions inside the AOR as
the C-130, in addition to flying back
and forth to the theater. With the C130 operating almost exclusively within the threat environment, they have
continuous exposure to the hazards
associated with that environment. This
continuous exposure is what distinguishes C-130 operations from that of
other airframes executing airlift missions.
The C-130 is used frequently for
Aeromedical Evacuation (AE) missions. A C-130 can fly an AE mission if
it is configured in the back for the mis­
sion. It takes about 10 to 20 minutes
to configure the back of the aircraft
for an AE mission. There is generally
a plane on the ramp that is already
configured and a crew that is on alert
status wait­ing for the call to execute
this mission.
U.S. Air Force photo by MasterSgt. Val Gempis
Flugsicherheit
U.S. Air Force photo by MasterSgt. Val Gempis
ERMÜDUNG DER BESATZUNG
Die Planungsgruppe plant einen
Standardtag grundsätzlich mit einer
Dauer von weniger als 16 Stunden,
unter bestimmten Voraussetzungen
kann jedoch eine Abweichung von
diesem 16-Stunden-Zeitraum beantragt werden. Dies gilt im Allgemeinen
für Fälle, in denen der Auftrag zu Ende
geführt werden muss, wie zum Beispiel bei einem Sanitätslufttransport.
„Aus persönlicher Sicht gewöhnt
man sich an den 16-Stunden-Flugdienst und entwickelt ein Bewusstsein, das uns in die Lage versetzt, den
Auftrag sicher zu Ende zu führen“,
so Ayre. „Bei einer Besatzung, die
Einsätze unter Wüstenbedingungen
fliegt, handelt es sich in der Regel
um eine feste Crew. Man bleibt dort
vier Monate und während dieser vier
Monate wird man wohl hauptsächlich
oder ständig mit derselben Gruppe
von sechs Leuten fliegen. Mit der Zeit
lernt man die anderen sehr gut einzuschätzen und erkennt deshalb, wenn
jemand nicht ganz auf der Höhe ist“.
Jedes Besatzungsmitglied kann sich jederzeit melden und, falls erforderlich,
einen Einsatz wegen Ermüdung ab-
kürzen lassen. Der geplante 16-Stunden-Tag hängt von einer ganzen Reihe
von Faktoren ab. Wartungsprobleme,
verspätete Ladungen, wetterbedingte
oder andere Verzögerungen können
die Durchführung des gesamten Auftrags, wie sie im Zusatzbefehl vorgesehen war, unmöglich machen. Der
eigentliche Auftrag ist nicht fest umrissen und wird ständig aktualisiert,
um geänderten Umständen Rechnung
zu tragen. Manchmal ist es möglich,
dass ein Besatzungsmitglied während
des Fluges ausruht, diese Möglichkeit
besteht jedoch nur im Horizontalflug
außerhalb des Bedrohungsbereichs,
das heißt nicht während kritischer
Phasen wie Start, Landeanflug oder
Landung.
Eines der Hauptprobleme, bezogen
auf Ermüdung, ist nicht die Länge des
Flugdiensttags sondern vielmehr die
Tatsache, dass die Besatzungen einen
16- bzw. in einigen Fällen einen 20Stunden-Tag fliegen, der vom üblichen
24-Stunden-Zyklus abweicht, an den
sie gewöhnt sind.
Ein 16-Stunden-Flugdiensttag bedeutet generell, dass vom Zeitpunkt
der Alarmierung für den Einsatz bis
The basic crew for a C-130 is five.
Aircrews in the desert consist of six
members: Aircraft Commander/Pilot,
Co-Pilot, Flight Engineer, Navigator,
and two Loadmasters. In the C-130,
every member of the crew has in-flight
duties. Two loadmasters permit one
looking out of each side of the plane
during approach and landing to spot
potential threats, and to communicate
the risk to the flight deck via intercom or radio. The loadmaster is also
responsible for monitoring the cargo/
passengers during the flight.
CREW FATIGUE
While the planning group generally
schedules the standard day to be under 16 hours, there are some circum­
stances where a waiver from the sixteen hour period can be requested. It
is generally a situation where the mission must be completed, such as an AE
mission.
“From a personal level you become
accustomed to the sixteen hour on­ duty
period and have a mind set that enables us to complete the mission safely,”
said Ayre. “When we go to the desert,
we generally fly as a hard crew. You will
25
26
sichere Einsätze im AOR Naher Osten
durchführen zu können.
Wo gilt welche Uhrzeit???
Ob Ihr Auftrag Sie nur „um den
Block“ oder rund um den Globus führt
– angesichts von 25 – 29 Zeitzonen
weltweit müssen Sie immer beachten,
dass Ihr Schlafzyklus gestört werden
kann.
be there for four months and for most
or all of those four months you will
probably fly with the same group of six
people. You get where you can read
each other well and you can tell when
another person is not up to speed.” At
any time, each crew member has the
ability to speak up and have a mission curtailed if necessary because of
fatigue. The planned sixteen-hour day
is dependent on a number of things.
Maintenance problems, delayed loads,
weather or other delays could make it
impractical to execute the entire mission as fragged. The overall mission is
very fluid and is constantly updated as
the circumstances change. There are
opportunities where one crewmember
could get rest during a flight, but that
opportunity only occurs during level
flight outside of the threat environment that is not during critical phases
such as takeoff, approach or landing.
One of the most significant prob­
lems relating to fatigue is not the
length of the duty day, it’s the fact that
crews are flying a sixteen-hour day and
in some cases, a twenty-hour day that
deviates from the standard 24-hour
cycle that they are accustomed to.
Flying a sixteen-hour day will generally result in a 24-hour or greater
time period from the time of the mission alert until the crew is able to rest,
thus making it very difficult to stay on
a normal sleep cycle. To combat the
inconsistent cycle, schedulers try to assign crews on a set schedule where a
crew that flies an early morning show­up time one day will be scheduled for
an early morning show-up time for the
next duty period.
The fact that the normal sleep
cycle is thrown off is an issue that is
addressed through planning. The mini­
mum time off after flying is twelve
hours before the next alert, allowing
an eight hour period of uninterrupted
crew rest. Sleeping when you would
normally be awake is a problem for
many people, even when acclimated
to a random schedule.
The 43 AW has an aerospace physi­
ologist who has done considerable
work on fatigue and work with sleep
patterns, etc. The studies relating to
crew fatigue have revealed that after a
person has been awake for “X” number of hours, that person’s cognitive
level can be equated to a relative blood
alco­hol content of “Y’: These studies
have provided additional insight into
the issues relating to crew fatigue and
helped crews become more aware of
the affect of fatigue on their abilities
and cognitive levels.
Dealing with the numerous vagaries of mission assignments and require­
ments, the 43 A Wand other units have
developed the methods and means for
addressing crew fatigue issues and
con­ducting safe missions in the Middle
East AOR.
It´s What Time Where???
Whether your mission takes you
around the block or around the globe,
with 25 – 29 time zones worldwide,
know that your sleep cycle be disrupted.
Hintergrundbild von Verena Frei, CH
zur Ruhephase für die Besatzung mindestens 24 Stunden vergehen, was
die Aufrechterhaltung eines normalen Schlafzyklus stark erschwert. Um
diesem gestörten Zyklus entgegenzuwirken, bemühen sich die Planer, die
Besatzungen nach einem festgelegten
Zeitplan einzuteilen, bei dem eine Besatzung, die an einem Tag am frühen
Morgen mit dem Dienst beginnt, auch
für den nächsten Tag am frühen Morgen zum Dienstbeginn eingeteilt wird.
Der Bruch des normalen Schlafzyklus ist ein Aspekt, dem bei der Planung
Rechnung getragen wird. Die dienstfreie Zeit nach einem Flug beträgt
mindestens 12 Stunden bis zur nächsten Alarmierung, womit der Besatzung eine ununterbrochene Ruhezeit
von acht Stunden ermöglicht wird. Zu
einer Zeit schlafen zu müssen, in der
sie sonst wach sind, bedeutet für viele
Menschen ein Problem, auch wenn sie
an einen unregelmäßigen Zeitplan gewöhnt sind.
Beim 43. Airlift Wing hat ein Flugphysiologe mit Arbeiten auf dem Gebiet der Ermüdung sowie der Schlafmuster beachtliche Ergebnisse erzielt.
Die Untersuchungen im Zusammenhang mit der Ermüdung von Luftfahrzeugbesatzungen haben ergeben,
dass die Erkenntnisfähigkeit eines
Menschen, der seit „X“ Stunden wach
ist, der mit einem relativen Blutalkoholgehalt von „Y“ gleichgesetzt werden kann. Diese Studien haben einen
zusätzlichen Einblick in die Problematik der Ermüdung von Luftfahrzeugbesatzungen ermöglicht und diesen
dazu verholfen, sich der Auswirkung
der Ermüdung auf ihre Leistungsfähigkeit und ihre Erkenntnisfähigkeit
bewusster zu werden.
Im Hinblick auf die vielen Unwägbarkeiten bei Einsatzeinteilungen und
-anforderungen haben das 43. Airlift
Wing und andere Einheiten Verfahren
und Mittel entwickelt, um die Problematik der Ermüdung von Luftfahrzeugbesatzungen zu bewältigen und
Foto von Thomas Grobosch, http//home.fotocommunity.de/tomy
Flugsicherheit
Es
geht
wieder los!
Eine aktuelle Zusammenfassung
der Belange des Umweltschutzes zum
Thema Winterflugbetrieb
von Herrn TROAR Joachim Hofferek,
SKUKdo ABC Abw SchAufg Grp II
Der Flugbetrieb in der
Wintersaison stellt den
Platzmeister und sein
Einsatzpersonal zur
Bewegungsflächenenteisung oft vor Probleme
vielfältiger Art. Sie sind
für die winterliche Flugsicherheit auf den Bewegungsflächen (BF) zuständig; dabei sind die
Belange des Umweltschutzes zu beachten
und zu erfüllen.
Dazu bedarf es einer fachlichen Ausund Weiterbildung. Diese wird z. Z.
neu gestaltet, eingerichtet und soll
noch dieses Jahr als Modelllehrgang
beginnen.
Grundlage dieser Ausbildung ist
die am 30.11.2005 in Kraft getretene
Fachliche Weisung des Streitkräfteunterstützungskommandos „Verfahren
zum Schutz der Bewegungsflächen
für Luftfahrzeuge der Bundeswehr vor
Vereisung und zur Enteisung“. Diese
legt die erforderlichen Verfahren sowohl den Geltungsbereich fest und
benennt die rechtlichen Rahmenbedingungen.
Bedingt durch den Einsatz chemischer Enteisungsmittel - flüssige
oder feste - wird die Umwelt belastet.
Diese werden mit Wasser, in einem
jeweils durch den Einsatzleiter - meist
Platzmeister - festgelegten Mischungs-
verhältnis, ausgebracht. Durch eine
Abwassersammelanlage aufgenommen wird das Abtaugemisch gemäß
den örtlichen Bedingungen zur Entsorgung in das örtliche Entwässerungssystem eingeleitet. Dies erfolgt als Direkt- oder Indirekteinleitung nach den
Vorgaben der jeweiligen Kommune.
Grundsätzlich besteht die Weisung:
Zuerst mechanische Räumung, wenn
dies nicht ausreicht dann chemische
Enteisung. (Räumen/Fräsen, Kehren,
Blasen, Streuen, Sprühen)
Zum Verständnis der Enteisungsbedingungen und der Enteisungsverfahren sind im Folgenden Auszüge aus
der oben benannten Weisung wiedergegeben:
(Diese Auszüge dienen nur zur Information und haben hier keine rechtliche Bedeutung.)
27
2. Vorbereitungen
Der Einsatzleiter berät den Dienststellenleiter, unter Berücksichtigung:
- des Einsatzauftrages,
- der unterschiedlichen Platzverhältnisse,
- der besonderen Wetterbedingungen,
- der Art der BF-Beläge und
- seiner Erfahrungen,
welche Maßnahmen einzuleiten sind,
um die Nutzbarkeit der BF sicherzustellen, bzw. so schnell wie möglich wiederherzustellen. Jeder Wintereinsatz
wird bei entsprechender Wetterlage
vom Dienststellenleiter angeordnet.
28
Der Fahrzeugverkehr auf noch nicht
geräumten BF ist auf Ausnahmefälle
zu beschränken, um festgefahrene
Schneespuren zu vermeiden. Das Befahren der trockenen und/oder vom
Schnee geräumten BF durch Fahrzeuge mit Gleitschutzketten ist grundsätzlich verboten.
Der Einsatzleiter hat bei kritischen
Wetterbedingungen:
- die BF zu beobachten, wenn ein
Luftfahrzeugeinsatz
erforderlich/
geplant ist,
- Kontakt zur zuständigen GeoInfoBSt zu halten; (Art und Umfang
der Zusammenarbeit sind schriftlich
festzuhalten) und
- das/die Einsatzkommando(s) über
Wetterlage und -entwicklung zu
unterrichten.
Er meldet Beginn und Ende eines
Wintereinsatzes an die Einsatzführung,
den Gefechtsstand und an die Flugsicherungskontrollstelle. Es ist sicherzustellen, dass Einsatzleiter und Einsatzkommando beim Wintereinsatz über
Funk von der Flugsicherungskontrollstelle erreichbar sind. Im Bedarfsfall
sind auch Lichtsignale einzusetzen.
3. Mechanische Räumung
Die BF für Luftfahrzeuge der Bundeswehr sind grundsätzlich mechanisch
zu räumen. Um Vereisungsgefahren zu
begegnen, sind nasse BF abzukehren
und abzublasen, wenn Temperaturen
unter dem Gefrierpunkt zu erwarten
sind. Für die Winterdienstmaßnahmen
auf BF stehen die in Anlage 4 näher
beschriebenen Geräte zur Verfügung.
Verwendungszweck, Leistungsdaten
und Einsatzgrundsätze sind den jeweiligen technischen Dienstvorschriften
zu entnehmen. Damit die Einsatzbereitschaft der Räum- und Enteisungsgeräte im Winterhalbjahr gewährleistet bleiben, sind diese grundsätzlich in
beheizten Hallen abzustellen.
Wurde anhaltender Schneefall vorhergesagt, ist nach Ermessen des verantwortlichen Einsatzleiters gemäß Befehlslage die mechanische Räumung
durchzuführen.
Schultern an Start-/Landebahn(en)
und -Rollstraßen sind in jedem Fall nur
mechanisch zu räumen.
Überrollstrecken (Overruns) sind
bis auf begründete Ausnahmefälle
nur mechanisch zu räumen. Ist im Bedarfsfall das Anhäufen von Schneewällen im Bereich der Abstellflächen
unumgänglich, so ist auf ausreichende
Sicherheitsabstände zu den Start-/
Landebahnen bzw. Rollstraßen zu
achten.
Im unmittelbaren Bereich der Start-/
Landebahnbefeuerung, der Notfanganlagen mit Umlenkrollen sowie der
Verankerung für das Netz und für die
Fuß- und Fanganlagenmarker hat das
Schneefreihalten durch Handräumung
zu erfolgen. Diese Maßnahmen gelten
gleichermaßen für die Beleuchtungskörper der Rollweg- und Liegeplatzbefeuerung. Bei nächtlichen Räumarbeiten bzw. bei schlechter Sicht sind
die Randbefeuerungen von Start- und
Landebahnen sowie den Rollwegen
und Liegeplätzen je nach Bedarf einzuschalten.
Vor Beginn des Flugbetriebes ist auf
den bearbeiteten BF eine Fremdkörperkontrolle bei gleichzeitiger Überprüfung der Befeuerungsanlagen auf
Beschädigung und Funktion durchzuführen. Notwendige Reparaturarbeiten sind unverzüglich zu melden/zu
veranlassen.
Nur durch mechanische Räumung
lassen sich Schnee- und/oder Eisreste
nicht immer restlos beseitigen. Die BF
sind nutzbar, wenn sie so weit von
Schnee und Eis gesäubert wurden,
dass eine ausreichende Griffigkeit für
einen gefahrlosen Flugbetrieb erreicht
ist. Die Freigabe erfolgt durch den
Flugsicherheitsoffizier.
Zur weiteren Verringerung möglicher Unfallgefahren bei noch vorhandenen Reif-, Schnee- und/oder
Eisresten in besonders gefährdeten
Bereichen (z. B. an Steigungen, in engen Kurven und an den Be- und Entladestellen) darf auf Anweisung des Ein-
Hintergrundbild von Verena Frei, CH
1. Aufträge / Einsatz
FlgH, Verbände, und/oder Dienststellen mit “Erlaubnis zur Ableitung des
Enteisungsabwassers“ (Direkteinleiterbescheid/Indirekteinleiterbescheid),
dürfen chemische Enteisungsmittel
einsetzen:
- bei Einsätzen von QRA, SAR und
MedEvac,
- bei militärischen Einsätzen im Rahmen von NATO- / UN-Missionen,
- bei Einsätzen zur Erfüllung besonderer Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland,
- bei humanitären Einsätzen und bei
Katastropheneinsätzen,
- auf Weisung/Genehmigung der zuständigen Höheren Kommandobehörde (HöhKdoBeh) für zwingend
erforderlichen Ausbildungs- und
Übungsflugbetrieb.
Es dürfen nur die jeweils benötigten
BF beaufschlagt werden. Hierbei sind
nur die an die aktuellen Wetterbedingungen angepassten BE-Mengen auszubringen.
Liegt eine Erlaubnis zur Ableitung des Enteisungsabwassers nicht
vor, darf der Dienststellenleiter nur
bei Vorliegen eines rechtfertigenden
Notstandes oder auf Weisung der
zuständigen HöhKdoBeh unter den
Voraussetzungen des § 17a WHG
die Anweisung zum Ausbringen von
chemischen Bewegungsflächenenteisungsmitteln erteilen.
Foto von Petra Bader
Flugsicherheit
satzleiters Sand bis Korngröße 3 mm
ausgebracht werden.
Achtung:
Diese Regelung gilt nur für die BF,
die nicht durch strahlgetriebene Luftfahrzeuge genutzt werden. Ausgebrachter Sand ist - soweit möglich mit Kehrmaschinen wieder aufzunehmen, wenn die Wetterverhältnisse
dies zulassen.
Wenn aufgrund vorhandener Reif-,
Schnee- und/oder Eisreste nach durchgeführter mechanischer Räumung ein
gefahrloser Friedensflugbetrieb nicht
möglich ist, und die Regelungen gem.
Abschnitt 3.4 „Einsatz chemischer Vereisungsschutz-/Enteisungsmittel
für
BF und BE“ dieser FachWsgSKUKdo
nicht anwendbar sind, muss der Flugbetrieb vorübergehend eingestellt
werden.
Die daraus resultierenden Einschränkungen bei Einsätzen sind hinzunehmen.
Einsatz chemischer Vereisungsschutz-/Enteisungsmittel:
Die Forderung nach einer lageangepassten Verfügbarkeit bestimmter
militärischer fliegerischer Kräfte kann
es erforderlich machen, die Nutzbarkeit der BF mit chemischen Mitteln zu
erhalten/wiederherzustellen, falls trotz
mechanischer Räumung ein sicherer
Flugbetrieb nicht möglich ist.
Grundsätze:
BE verändern bei Kontakt/Vermischung mit Grund- und/oder Oberflächenwasser deren natürliche Zusammensetzung. Ohne Erlaubnis der
zuständigen Wasserbehörde - Kommune oder Kreisbehörde (Direkteinleiterbescheid) bzw. des Betreibers der
Abwasserbehandlungsanlage
(Indirekteinleiterbescheid) - ist der Einsatz
von BE grundsätzlich verboten.
Eine Einleitung von Enteisungsabwasser in Oberflächengewässer oder
eine Versickerung in den Untergrund
ohne Erlaubnis kann deshalb strafrechtliche Konsequenzen (siehe Strafgesetzbuch §§ 324, 324a und 330) für
den Verantwortlichen haben.
Bei fehlender Erlaubnis nach dem
Wasserhaushaltsgesetz (Direkteinleiterbescheid) dürfen, unter Berücksichtigung der jeweiligen Länderwas-
sergesetze, nur kanalisierte BF mit
BE beaufschlagt werden, wenn eine
gezielte Sammlung des Enteisungsabwassers (z. B. in geeigneten Rückhaltebecken) möglich ist und eine Ableitung
zur Abwasserbehandlung durch die
Kommune/ggf. Betreiber der Abwasserbehandlungsanlage erlaubt wurde
(Indirekteinleiterbescheid).
Kanalisierte BF, die diesen Anforderungen entsprechen, sind auf den
Fliegerhorsten (FlgH) der Bundeswehr
in der Regel nicht vorhanden - außer
im Bereich der Hallenvorfelder.
Muss BE ohne Vorliegen einer wasserrechtlichen Erlaubnis zur Sicherstellung des Flugbetriebes bei rechtfertigendem Notstand (siehe Strafgesetzbuch § 34) ausgebracht werden,
ist durch den Dienststellenleiter bzw.
“Verantwortlichen auf dem Fliegerhorst“ dies durch einen gesonderten
Befehl festzulegen.
BE-Einsätze für den allgemeinen
Ausbildungs- bzw. Übungsflugbetrieb
(Routinedienst) sind grundsätzlich verboten.
29
Mit den Erlassen : BMVg – WV IV
2 – Az 63-30-04/01 vom 20.Dezember 2000 und BMVg – WV IV 2 – Az
63-30-04/01 vom 16. August 2001
werden als Ansprechstellen die Sachgebiete Geologie in den zuständigen
Geoinformationsstellen des Amtes für
Geoinformationswesen der Bundeswehr und der Produktverantwortliche
(WIWEB) benannt. Diese sind im Bedarfsfall zu beteiligen.
Durch die Auswahl geeigneter Produkte ist sicherzustellen, dass die von
BE ausgehenden organischen und
chemischen Belastungen minimiert
und dadurch die Umweltbelastungen
gering gehalten werden.
Bei Einhaltung dieser Voraussetzungen wird von der Genehmigung
des Antrages - ggf. unter Auflagen zur
Beweissicherung - ausgegangen. Es ist
darauf zu achten, dass die Belange des
Umweltschutzes/Gewässerschutzes
mit den Forderungen/Belastungen der
Auftragslage im Einklang stehen.
Als hilfreiche Unterlagen können
diese FachWsg sowie die zutreffenden
Sicherheitsdatenblätter und Abwas30
serpläne der Liegenschaft der genehmigenden Stelle vorgelegt werden. Im
Vorfeld der Antragsstellung sollte Tiefe und Umfang der Antragsunterlagen
mit der zuständigen Unteren Wasserbehörde abgestimmt werden.
Lehnen die Kommunen/Wasserbehörden Erlaubnisanträge zur Einleitung
von Enteisungsabwasser ab, ist SKUKdo ABCAbw/SchAufg GrpII - a.d.D. zu
informieren.
Ändert sich die Antragsgrundlage
der Einleitungserlaubnis oder eines
Wasserrechtsbescheides (z. B.: Einführung neuer BE, Aufträge/Einsätze u. a.),
ist dies der Kommune bzw. der zuständigen Wasserbehörde umgehend
über die StOV mitzuteilen.
Beteiligte Stellen bei der Antragsstellung zur Wasserrechtlichen Genehmigung sind:
- antragstellende Dienststelle,
- zuständige Standortverwaltung,
- AGeoBwGeoinformationsstelle
(Sachgebiet: Geologie),
- zuständige Wasserbehörde,
- Produktverantwortliche im WIWEB,
- SKUKdo ABCAbw/SchAufg Grp II
(nachrichtlich).
5.Verfahrensrichtlinien für den
Einsatz von Bewegungsflächenenteisungsmiteln
Zur sicheren Nutzung der BF ist
der ordnungsgemäße Zustand durch
den jeweiligen Einsatzleiter zu überwachen und sicher zu stellen. Hierbei
wird durch den Einsatz von Bremsreibungswert-Messgeräten die Qualität
der Überwachung optimiert.
Flüssige BE sind grundsätzlich vorbeugend (Anti-icing) einzusetzen, um
bei zu erwartender Eisbildung erhebliche BE-Menge einzusparen; besonders wenn keine festen BE (Granulat)
zur Verfügung stehen.
Bei bereits bestehender Eisschicht
ist die Wirkung der flüssigen BE we-
sentlich geringer, und das Entfernen
des Eises ist nur mit unverhältnismäßig
hohem Mitteleinsatz möglich. Es kann
sinnvoll sein, auf wiederkehrenden
Vereisungsschutz zu verzichten, wenn
die verfügbare Zeit zwischen Alarmierung und notwendigem Startzeitpunkt
ausreicht, eine sich bildende Vereisung durch Aufbringen von Granulat
- meist mit flüssigem BE angefeuchtet
als kombiniertem Einsatz - zu entfernen.
Bei Bodentemperaturen um oder
unter dem Gefrierpunkt sind BE immer
erst dann als Vereisungsschutz auszubringen, wenn Niederschlag - der zur
Vereisung führen kann - unmittelbar
bevorsteht bzw. ein Überfrieren gerade begonnen hat.
Achtung:
Bei tieferen Temperaturen als ca.
-10 °C sind die gebräuchlichen BE nur
noch in sehr hohen Konzentrationen
wirksam und sollen deshalb nicht mehr
eingesetzt werden. Ein erfahrenes Einsatzkommando ist ggf. in Bereitschaft
zu halten.
Die Ausbringmengen von BE richten
sich nach den jeweiligen Herstellerangaben unter Berücksichtigung von :
- aktuellen Wetterbedingungen wie
Niederschlag, Wind und Temperatur,
- BE-Art (flüssig, fest, kombiniert),
- Zustand der BF.
Flüssige BE sind nur unverdünnt anzuwenden.
Für die Einstellung der Ausbringmenge ist die Ausbringmengentabelle
zu nutzen. Sind Großflächenstreuautomaten mit wegeabhängiger, synchroner Ausbringmengensteuerung
vorhanden, erübrigt sich die Nutzung
der Tabelle. Das Ausbringen von BE
auf nicht mechanisch geräumten
Schneeflächen ist zu unterlassen. Bei
anhaltenden
Minustemperaturen,
trockenen BF und vorhergesagtem
Hintergrundbild von Verena Frei, CH
4. Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zur Einleitung von Enteisungsabwasser
Die Standortverwaltung - durch den
jeweiligen Dienststellenleiter aufgefordert - beantragt die erforderliche Erlaubnis zur Einleitung von Enteisungsabwasser bei der zuständigen zivilen
Stelle. Ändern sich die Bedingungen
zu einer erteilten Erlaubnis zur Einleitung von Enteisungsabwasser, sind
diese den zuständigen Stellen mitzuteilen und eine Anpassung ist ggf. zu
beantragen. Hierbei ist die Zusammenarbeit von Dienststelle, StOV und aller
beteiligten Stellen notwendig.
Der Auftrag der Dienststelle/des
Verbandes und die jeweiligen örtlichen Vorgaben/Bedingungen sind zu
berücksichtigen.
Foto von Andrea Muruszach
Flugsicherheit
Trockenschneefall sind keine BE auszubringen. Der Niederschlag ist mechanisch zu entfernen.
Unter Berücksichtigung der aktuellen Wettervorhersage darf nach
Bildung von Raureif und am Boden
festhaftender Schnee- oder Eisglätte
enteist werden (De-icing). Durch anschließende mechanische Räumung
ist ein erneutes Überfrieren zu verhindern.
Feste BE (Granulat) werden bei Eisbildung grundsätzlich angefeuchtet
eingesetzt. Die Einwirkzeit ist abhängig von :
- der Dicke der Eisschicht,
- der Eisart,
- der Temperatur am Boden.
Die Wirkung der BE wird durch
unterschiedliche Faktoren - wie z. B.:
Temperatur, Wind und BF-Oberflächenverhältnisse - beeinflusst. Der Einsatzleiter muss die Verhältnisse auf
„seinem Platz“ genau kennen, um bei
den unterschiedlichen Bedingungen
die jeweils optimale Ausbringmenge
und das wirksamste Mischungsverhältnis (feste zu flüssigen BE) festzulegen.
Das BE bildet mit dem abtauenden Eis/Restschnee das Abtaugemisch
und verdünnt sich. Dabei können die
auftauenden Eigenschaften verloren
gehen. Bei zu langer Einwirkzeit kann
daher der aufgetaute Niederschlag erneut gefrieren/anfrieren.
Jeder Einsatz chemischer BE ist auf
dem Vordruck „Nachweis über aufgebrachte Mengen chemischer Vereisungsschutzmittel“ zu erfassen und
nachzuweisen.
Der Einsatz ist zu dokumentieren
und den Wasserbehörden auf Verlangen vorzulegen.
Unmittelbar nach dem Einsatz von
BE sollen keine Starts von Luftfahrzeugen erfolgen, um die Bildung von
Verpuffungswolken
(Sichtbehinderung der Piloten) zu vermeiden, die
besonders bei Formationsstarts und
geringen Windgeschwindigkeiten auftreten können.
Konkrete zeitliche Vorgaben zum
„Enteisungsverfahren“ können wegen
der jeweils unterschiedlichen Parameter (Luftfahrzeugtyp, Windgeschwindigkeit, Luftfeuchtigkeit usw.) nicht
verbindlich gegeben werden.
Die regional zuständigen Geoinformationsstellen des Amtes für
Geoinformationswesen der Bundeswehr unterstützen die StOV bei den
erforderlichen Untersuchungen zur
Kontrolle des Grund- und Oberflächenwassers sowie des Bodens. Diese
Untersuchungen sind mit dem FlSichhOffz abzustimmen, unter Berücksichtigung, dass sie am Rande der BF erfolgen. Erforderliche Daten zur Erstellung
von Berichten durch die zuständige
StOV an die Landratsämter/Kommunen, sind auf Anfrage zur Verfügung
zu stellen.
Notwendige personelle und materielle Hilfeleistung ist durch die Verbände/Dienststellen sicher zu stellen.
SKUKdo Abteilung ABCAbw/SchAufg II
berät und unterstützt.
31
Flugsicherheit
Wir begrüßen ...
Oberstleutnant Karl-Friedrich Eppler lernte die Bundeswehr 1978 im LAR Roth kennen. Vor der fliegerischen Ausbildung in den Staaten absolvierte er seinen Offizierlehrgang an der OSLw in Fürstenfeldbruck. 1981 kam er als Waffensystemoffizier auf dem Waffensystem F-4F nach Deutschland zurück, wo er erst in der 1. Jagdstaffel des JG 71 „R“ in Wittmund
und anschließend in der 2. Staffel des JaboG 36 „W“ in Rheine Erfahrungen im Cockpit sammelte. 1987 absolvierte er die
Waffenlehrerausbildung in Kalifornien. Für ein Jahr war er im Ausbildungsschwarm Bremen beim LTG 62 tätig, bevor er
von 1990 an für ein Jahr seine erste Stabsverwendung als A3b beim Kdo 3. LwDiv in Kalkar erlebte. Von 1991 bis 1995
folgten Verwendungen als ESTO 1. und Staffelkapitän 2. Jagdstaffel JG 72 „W“ in Rheine. Dem Ruf der Hardthöhe folgend
war er von 1995 bis 1996 Referent BMVG P IV 2, gefolgt von einer dreijährigen Auslandsverwendung als Staffelkapitän
AusbStff F-4 Holloman AFB/NM USA. Wieder in Deutschland eingetroffen wurden die guten Sprachkenntnisse als Chief
Defensive OPS HQ AIRNORTH in Ramstein genutzt und im Anschluss eine Verwendung im Verband als stellvertretender
Kommandeur Flg Grp JG 71 „R“ angetreten. Bevor er die neue Stelle im Luftwaffenamt bei der Abteilung FlSichhBw als
Dezernatsleiter b übernahm, war er in Hamburg als Dozent FB FLL an der FüAk Bw aktiv. „Herzlich Willkommen“ und alles
Gute in der neuen Verwendung.
Oberstleutnant Andreas Henne hat zum 01.10.2006 das Dezernat c von Oberstleutnant Martin Weißenfels übernommen. Im Sommer 1979 begann er seine Laufbahn in der Bundeswehr mit der Grundausbildung in Bückeburg, gefolgt
vom Offizierlehrgang und dem Studium der Wirtschafts- und Organisationswissenschaften an der HsBw Hamburg. Die
fliegerische Ausbildung begann als Hubschrauberpilot auf AL II mit einer anschließenden Verwendung in der HFLgStff 2 in
Fritzlar. Für drei Jahre war er dann als Hörsaalleiter an der HFlgWaS Lehrgrp B in Bückeburg tätig, bevor er, nach seiner Umschulung auf Bell UH-1D und unmittelbar anschließender Musterausbildung CH-53, für vier Jahre zunächst als stv Schwarmführer
bzw Schwarmführer bei der 2., später bei der 1. FlgAbt 151 in Rheine eingesetzt wurde. Einer siebenmonatigen Zeit als
Staffelkapitän bei 2./351 in Mendig folgten drei Jahre bei 2. FlgAbt 151 in Rheine. In diesem Verband fand er anschließend
als S3 StOffz und stv AbtKdr seinen Wirkungsbereich. Der Ruf der Höheren Kommandobehörde führte ihn als HFlgStOffz
ins HFüKdo G3 Eins/Pl nach Koblenz. Es folgte eine Versetzung als AbtKdr FlgAbt 151 zurück nach Rheine und von dort zum
Luftwaffenamt AbtFlSichhBw. Während seiner Dienstzeit ist er für verschiedene Einsatzkontingente (das 3. Kontingent
IFOR in ZADAR/KROATIEN, das 3. Kontingent SFOR in RAJLOVAC/BOSNIEN-HERZOGOVINA, als S3StOffz/stv GeschwKdore
bei ISAF und als Kdr DtEinsKtgt (NRF 5) HumHi PAK in ISLAMABAD/PAKISTAN) eingesetzt gewesen. In der neuen Tätigkeit
wünschen wir viel Glück und ein „Herzliches Willkommen“.
Hauptmann Bernhard Schmotz ist seit dem 03.07.2006 im Dezernat d für die Lfz-Avionik zuständig. 1988 absolvierte
er seine Grundausbildung in Budel und wurde anschließend als Lfz-Störanlagenmechaniker beim JaboG 33 ausgebildet. Bis
1995 war er dort tätig, es schloss sich der zweijährige Besuch an der Fachschule für Elektrotechnik TSLw 1 an. Nach dem
Offizierlehrgang in Fürstenfeldbruck folgte eine Verwendung für vier Jahre als LfzEloOffz in der Elektronikstaffel beim
JaboG 33. Von 2002 bis zur Versetzung ins LwA war er beim FlgAusbZLw als LfzEloOffz und als PO Pers-Stan eingesetzt.
Nun hat er den Stuhl von Hauptmann Edgar Carl übernommen. Für den Einstieg im LwA wünschen wir viel Freude an der
vielschichtigen Arbeit und sagen auch hier ein „Herzlich Willkommen“.
Wir verabschieden ...
Oberstleutnant Alfred Weiss trat 1971 in die Bundeswehr ein und flog in seiner fliegerischen Ausbildung die Luftfahrzeugmuster T-37, T-38 und F-104. In den folgenden Jahren war er Pilot auf F-104 und Tornado im Jagdbombergeschwader 33 in Büchel und sammelte hier seine fliegerischen Erfahrungen. Als Staffelkapitän war er in der 1. Staffel
JaboG 32 in Lechfeld von 1987 bis 1990 tätig, gefolgt von der Verwendung als Skyguard-Einsatzleiter im Luftwaffenamt Abt
Flugbetrieb. 1993 kehrte er als Kommandeur Fliegende Gruppe in das JaboG 33 nach Büchel zurück. Im Anschluß übernahm
er für drei Jahre den Dienstposten im Fü L III 3 als Referent und war u. a. zuständig für die fliegerische Ausbildung Holloman.
Folgend an diese Stabsverwendung ging er wieder nach Büchel, diesmal als stv Kdore JaboG 33. In seine Laufbahn reihte sich
dann eine Versetzung nach Amerika ein, um dort als Kdr AusbGrp und stv KdrFlgAusbZLw zu wirken. 2004 übernahm er den
Dienstposten als Dezernatsleiter b bei GenFlSichhBw.
Für die zukünftige Aufgabe als Leiter des Verbindungskommandos Lw beim Flottenkommando in Glücksburg wünschen wir
viel Glück und Erfolg.
Nach einem Studium der Wirtschafts- und Organisationswissenschaften an der UniBw Hamburg schloss Oberstleutnant
Martin Weißenfels die fliegerische Ausbildung in Ft. Rucker, Alabama, und der HFlgWaS in Bückeburg ab. Als Hubschrauberpilot auf UH-1D folgten Verwendungen wie S3Offz im RgtSt, stv Schwarmführer und als Staffelkapitän der Stabsstaffel beim
HFlgRgt 6 (Hungriger Wolf). Mit der Versetzung zum HFlgRgt 35 in Mendig fand die Umschulung auf CH-53 G/GS statt und der
Einsatz als Schwarmführer, Einsatzstabsoffizier und Staffelkapitän. Von 1996 bis 2000 war er OpStOffz im HFüKdo G3 EinsFü
in Koblenz und anschließend KdrFlgAbt 151 in Rheine-Bentlage, gefolgt von einer Verwendung als stv Kdr mTrspHubschrRgt 15 am Standort. Nach dem Motto: „ ... den Dingen auf den Grund gehen, damit man daraus lernt“ war er für zwei Jahre
bei GenFlSichhBw als Dezernatsleiter c aktiv.
Er hat eine neue Herausforderung bei der Heeresfliegerwaffenschule als Kommandeur der Lehrgruppe B übernommen. Auf
dem weiteren Werdegang von dieser Stelle aus alles Gute.
32
Flugsicherheit
Heft 4 - November 2006 - 43. Jahrgang
Flugsicherheit
Neue Regelung für die Vergabe von
Flugsicherheitspreisen
Fachliche Mitteilung für fliegende Verbände
an Verbände/Einheiten mit bemannten Luftfahrzeugen
ie Flugsicherheitspreise sollen erfolgreiche Flugsicherheitsarbeit und die damit erreichten Leistungen anerkennend würdigen und
D
dokumentieren. Sie heben die Verdienste aller am Flugbetrieb mittelbar und unmittelbar beteiligter Personen und Dienststellen
lobend hervor.
Der Neuerlass der ZDv 19/6 „Die Behandlung von Unfällen und Zwischenfällen mit Militärischen Luftfahrzeugen“ und die verbesserte
Flugsicherheitslage erfordern eine Neufassung der Kriterien zur Vergabe der Preise.
Die Luftwaffe ist in Pilotfunktion verantwortlich für den Flugbetrieb in der Bundeswehr. Der Inspekteur der Luftwaffe vergibt in diesem
Rahmen Flugsicherheitspreise gemäß den folgenden Kriterien an alle fliegenden Verbände und Einheiten der Teilstreitkräfte/OrgBereiche.
Titelfoto: Guido Sonnenberg
Bildbearbeitung:
www.schaltwerk.net
„Flugsicherheit“, Fachliche Mitteilung
für fliegende Verbände der Bundeswehr
Editorial 1
Alle Jahre wieder ... oder: Wer sucht, der findet!
2
Wie sicher ist sicher?
8
Redaktion:
Hauptmann Klemens Löb,
Tel.: 02203- 9083124
Oberstleutnant Claus Maneth,
Tel.: 02203- 9083941
Luftwaffenkaserne 501/07
Postfach 906110
51127 Köln
Nichts ist sicher und nicht mal das ist sicher!
9
Herausgeber:
General Flugsicherheit in der Bundeswehr in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium der Verteidigung - Fü S I 1.
AIRPROX
12
Überlasteter Luftraum
18
Fatigue
22
[email protected]
[email protected]
Winterflugbetrieb 27
Gestaltung:
Hauptmann Klemens Löb
GenFlSichhBw
Personalien
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Erscheinen:
dreimonatlich
Manuskripteinsendungen
sind direkt an die Schriftleitung zu richten. Vom Verfasser gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt
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daher möglich und erwünscht.
Druck:
SZ Offsetdruck-Verlag Herbert W. Schallowetz GmbH
53757 Sankt Augustin
Neue Regelung der Vergabe von Flugsicherheitspreisen
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Folgende Flugsicherheitspreise werden vergeben:
a)Die Flugsicherheitsurkunde – erstmalig nach drei aufeinander folgenden unfallfreien Kalenderjahren und anschließend für jedes
weitere unfallfreie Jahr.
b) Der Flugsicherheitspokal – für einen unfallfreien Zeitraum von fünf aufeinander folgenden Kalenderjahren.
Der Flugsicherheitspokal nach zehn unfallfreien Kalenderjahren wird gegenüber dem Pokal nach fünf unfallfreien Jahren im
Design hervorgehoben.
Die Vergabe der Preise wird beeinflusst von Flugunfällen und Bodenunfällen mit Luftfahrzeugen, wobei die in der ZDv
19/6 Nr. 113 und Nr. 115 festgelegten Definitionen maßgeblich sind.
Unfälle, an deren Zustandekommen der betroffene Verband/die betroffene Einheit nicht ursächlich beteiligt war, beenden oder unterbrechen unter gewissen Umständen nicht den bis dahin unfallfreien
Zeitraum. Die Entscheidung darüber liegt bei General Flugsicherheit Bw und wird
jeweils im Unfallabschlussbericht veröffentlicht.
Unfälle von Inübunghaltern werden dem Verband/
der Einheit zugerechnet, dem/der der Inübunghalter
zugeteilt ist.
Sind Angehörige mehrerer Verbände/Einheiten an
einem Unfall beteiligt, entscheidet GenFlSichhBw in
Abhängigkeit von der Ursachenfestlegung, wem der
Unfall zugeordnet wird.
Die Neuregelung zur Vergabe von Flugsicherheitspreisen tritt mit Wirkung vom 01.01.2007 in Kraft.
GenFlSichhBw legt Insp L bis zum 10.Januar eines jeden
Jahres die Übersicht der fliegenden Verbände/Einheiten
vor, die im Vorjahr die Leistungen für die Vergabe eines
Flugsicherheitspreises erbracht haben.
Die Übersicht wird im Jahresbericht und in der Zeitschrift
„Flugsicherheit“ veröffentlicht.
Flugsicherheit
Ausgabe 04 / 2006
Fotografie: Guido Sonnenberg • Bildbearbeitung: www.schaltwerk.eu
Fachliche Mitteilungen für fliegende Verbände
Bundeswehr