19621 BB NL Automobilindustrie Russland 2012
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19621 BB NL Automobilindustrie Russland 2012
April 2012 I. Ein attraktiver Markt Inhaltsübersicht Vorgeschichte Bis Mitte 2008 zeigte der russische Automobilmarkt einen rasanten Anstieg und hat zum Jahresende drei Mio. Automobilverkäufe überstiegen, was annähernd den Verkaufswerten des europaweit größten Marktes, Deutschland, entspricht. Dennoch hat die weltweite Wirtschaftskrise auch vor dem russischen Automobilmarkt nicht Halt gemacht. Nach einem bedeutenden Rückgang in 2009 hat die Zahl der Automobilverkäufe einen allmählichen Anstieg begonnen und steigt immer noch, bis sie sicher bald das Vorkrisenniveau erreichen wird. Der stetige Anstieg der Automobilverkäufe in Russland ist durch eine Reihe verschiedener Faktoren bedingt, insbesondere durch ein objektiv großes Marktvolumen sowie durch die in den letzten Jahren realisierten staatlichen Anreizprogramme zur Erteilung ermäßigter Kredite und zur Verschrottung von Autos, die dazu bestimmt sind, die Nachfrage nach in Russland hergestellten Automobilen zu erhöhen. Zur Gewährleistung der weiteren Entwicklung der Automobilindustrie in Russland und insbesondere für die Gewinnung ausländischer Investoren in diesem Bereich hat die Regierung einige spezielle Maßnahmen ergriffen. Sie basieren in erster Linie auf der Einführung einer Reihe von Zoll- und Steuerermäßigungen. Die grundlegenden Zollermäßigungen sind im Rahmen des Zollregimes der industriellen Montage und der Verwendung für den internen Verbrauch vorgesehen, je nachdem, welche dieser Varianten der Strukturierung der Tätigkeit vom Hersteller gewählt wurde. I. II. III. IV. V. Ein attraktiver Markt. Vorgeschichte Industrielle Montage Verarbeitung für den internen Verbrauch Sonderwirtschaftszonen Perspektiven Nachfolgend werden die wichtigsten Rahmenbedingungen für den Automobilsektor der Russischen Föderation dargestellt. II. Industrielle Montage Ein erfolgreiches Beispiel für die gesetzliche Unterstützung beim Aufbau einer lokalen Automobilproduktion ist die sog. industrielle Montage, die erstmals durch die Regierungsverordnungen Nr. 166 vom 29.03.2005 und Nr. 566 vom 16.09.2006 sowie die Anordnung Nr. 73/81/58n vom 15.04.2005 eingeführt wurde. Dieses Verfahren findet sowohl bei der Herstellung von Kraftfahrzeugen (PKW, LKW, Autobussen, Traktoren, Spezialfahrzeugen) als auch bei der Herstellung einzelner Komponenten Anwendung. Bis Mitte 2011 wurden dreißig Vereinbarungen mit führenden ausländischen und russischen Automobilherstellern mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von über sieben Trillionen US-Dollar abgeschlossen 1. Die Produktion folgender Automobilmarken wurde bereits aufgenommen oder wird gemäß den unterzeichneten Montagevereinbarungen demnächst realisiert 2. existiert geplant Russland Wsewoloshsk Schuschary St. Petersburg Nishnij Nowgorod Moskau Kaluga Uljanowsk Jelabuga Tartarstan Nabereshnyje Togliatti Tschelny Taganrog Wladiwostok 1 2 Seite 1 Seite 1 Seite 3 Seite 4 Seite 6 Bericht des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung Russlands vom 1.6.2011 (http://www.economy.gov.ru/minec/about/structure/deposobeczone/doc20110601_05) Eigene Angaben, zusammengestellt aus öffentlich zugänglichen Quellen Seite 2 Ab dem 10. November 2007 wurde der Abschluss von neuen Montagevereinbarungen im Zusammenhang mit der Vorbereitung Russlands auf den Beitritt zur WTO eingestellt. Am 24. Dezember 2010 wurden durch die Anordnung Nr. 678/1289/184n einige wesentliche Änderungen in die Anordnung Nr. 73/81/58n über die Festlegung des Zollregimes der industriellen Montage eingearbeitet. Der Ablauf der Frist für den Abschluss der Montagevereinbarungen mit den Autokomponentenherstellern wurde auf den 28. Februar 2011 festgesetzt. Somit findet das angeführte Zollregime heute auf folgende Hersteller Anwendung: ■ ■ ■ Automobilhersteller, welche die angeführten Vereinbarungen vor dem 10. November 2007 abgeschlossen haben oder die vor dem angegebenen Datum Absichtsvereinbarungen mit dem Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung der Russischen Föderation unterzeichnet haben; Autokomponentenhersteller, die bereits vor dem 28. Februar 2011 eine Montagevereinbarung unterzeichnet haben oder die Produktionseröffnung in Russland beabsichtigen (die entsprechende Absichtsvereinbarungen mit dem Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung der Russischen Föderation unterzeichnet haben); Automobil- und Autokomponentenhersteller auf der Grundlage der Vereinbarungen, die zum Zweck der sozialwirtschaftlichen Entwicklung einzelner Subjekte der Russischen Föderation gemäß den Aufträgen des Präsidenten und/oder der Regierung der Russischen Föderation (ohne Fristeinschränkung) abgeschlossen werden. 2.1 Vergünstigungen Bei der Vereinbarung des Regimes der industriellen Montage gelten ermäßigte Einfuhrzölle für Autokomponenten für die industrielle Montage. Für insgesamt 56 Warenpositionen sind die Zollsätze von 20 bis 5 Prozent auf 10 bis 0 Prozent gesenkt worden. April 2012 destens 25.000 Einheiten pro Jahr für Unternehmen, die vor dem 10. November 2007 Vereinbarungen über die industrielle Montage abgeschlossen bzw. Absichtsvereinbarungen mit dem Ministerium für die wirtschaftliche Entwicklung der Russischen Föderation unterzeichnet haben. Für Unternehmen, die eine Zusatzvereinbarung zur Vereinbarung über die industrielle Montage oder zur Absichtsvereinbarung auf Grundlage der Anordnung Nr. 678/1289/184n unterzeichnet haben, gilt die folgende obligatorische Anforderung an die industrielle Montage von Kraftfahrzeugen: Serienherstellung im Zweischichtbetrieb mit einer Produktionskapazität von mindestens 300.000 Einheiten pro Jahr unter der Voraussetzung der Errichtung einer neuen Produktionsstätte bzw. mindestens 350.000 Einheiten pro Jahr im Falle eines bereits bestehenden Betriebs. Dabei hat die Produktion folgende Technologieabläufe zu beinhalten: ■ Schweißen, Lackieren und Montage der Karosserie, ■ Montage der Ausrüstung des Innenraums, ■ Montage des Motors, der Lenkeinrichtung, der vorderen und hinteren Federung und des Auspuffsystems, ■ Montage der Elektroausrüstung der Elemente der Federung, ■ Montage der Außenelemente, ■ obligatorische Durchführung von Kontroll- und Testmaßnahmen in Bezug auf die fertigen Kraftfahrzeuge. Unter der industriellen Montage von Autokomponenten versteht man die serienmäßige Produktion von Kfz-Teilen im Zweischichtbetrieb, insbesondere die Herstellung von Verbrennungsmotoren, Getrieben und Antriebsachsen. Wurde der Vertrag über die industrielle Montage vor dem 1. Januar 2011 abgeschlossen, so müssen folgende Kriterien erfüllt werden: ■ Die Konstruktion eines Verbrennungsmotors mit einem Volumen bis 2,5 l muss die mechanische Bearbeitung von mindestens 4 Basisteilen, insbesondere des Zylinders, des Zylinderkopfes, der Kurbel- und der Nockenwelle, beinhalten. Sämtliche Warenpositionen werden im neuen Einheitlichen Zolltarif der Zollunion festgelegt, der am 2. Januar 2012 in Kraft getreten ist. Die Vergünstigungen gelten lediglich bis 2018, jedoch höchstens innerhalb von sechs Jahren. Im Zusammenhang mit dem Beitritt Russlands zur WTO werden die Bestimmungen bezüglich der Geltungsfristen der Vergünstigungen und der ermäßigten Einfuhrzollsätze geändert. Die Produktion eines Verbrennungsmotors mit einem Volumen von über 2,5 l muss die mechanische Bearbeitung von mindestens 2 Basiskomponenten, insbesondere des Zylinderblocks und des Zylinderkopfes, umfassen. Ferner muss die Produktion Kontrollen und Tests der Verbrennungsmotoren umfassen. 2.2 Anforderungen an den Produktionsvorgang Das Regime der industriellen Montage kann nur eingeführt werden, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Erforderlich ist die industrielle Montage von Kraftfahrzeugen als Serienherstellung im Zweischichtbetrieb mit einer Produktionskapazität von min- Bei der Herstellung von Verbrennungsmotoren mit einem Arbeitsvolumen von bis zu 2,5 l müssen jährlich mindestens 25.000 Einheiten, bei einem Volumen von über 2,5 l jährlich mindestens 15.000 Einheiten produziert werden. ■ Die Produktion von Getrieben mit einem Drehmoment von bis zu 30 kg x m muss eine Kapazität von mindestens 25.000 Einheiten, mit einem höheren Drehmoment eine Kapazität von mindestens 5.000 Einheiten jährlich erreichen. Seite 3 ■ Der Produktionszyklus muss die mechanische Bearbeitung von Getriebegehäuseteilen und deren Kontrolle enthalten. ■ Die Produktion von Antriebsachsen muss eine jährliche Kapazität von mindestens 5.000 Einheiten erreichen sowie die mechanische Bearbeitung der Transmission und deren Kontrolle beinhalten. ■ Die Herstellung anderer Fahrzeugmodule und Baueinheiten muss technische Vorgänge zur Bearbeitung von Elementen sowie Montage- und Kontrollprozesse umfassen. Wurde der Vertrag über die industrielle Montage nach dem 1. Januar 2011 abgeschlossen, so finden auf die Lokalisationsphasen und Produktionsabläufe im Rahmen der Montage verschiedener Typen von Autokomponenten Sonderbedingungen Anwendung. 2.3 Vereinbarung über die industrielle Montage Um in den Genuss der Vergünstigungen zu kommen, war der Abschluss einer Montagevereinbarung des Herstellers der Kraftfahrzeuge oder Komponenten mit dem Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung der Russischen Föderation erforderlich. Diese Vereinbarung musste insbesondere folgende Verpflichtungen des Produzenten beinhalten 3: ■ Gewährleistung einer bestimmten jährlichen Mindestproduktion. ■ Aufnahme der Produktion innerhalb von 18 Monaten bei bestehendem Betrieb oder innerhalb von 30 Monaten beim Neubau einer Produktionsstätte (anwendbar nur bei der Produktion von Kraftfahrzeugen). ■ Verpflichtung zur Verringerung des Anteils der Komponenten, die unter Inanspruchnahme von Vergünstigungen eingeführt werden, wonach der Wertanteil der aus dem Ausland eingeführten Komponenten nach Produktionsbeginn schrittweise zu reduzieren ist. Die letztere Verpflichtung zwingt die ausländischen Autoproduzenten, innerhalb von sechs bis sieben Jahren bis zu 30 Prozent ihrer Produktion zu lokalisieren und auf russische Produkte zurückzugreifen. Die Komponentenzulieferer haben zu berücksichtigen, dass je nach den Komponenten auch progressive (bis 45 Prozent) Zollsätze in Bezug auf die Lokalisierung bestehen. Für Unternehmen, die eine Zusatzvereinbarung zur Vereinbarung über die industrielle Montage auf Grund der Anordnung Nr. 678/1289/184n abgeschlossen haben, gelten Sonderbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Verbrennungsmotoren und Transmissionen. Beträgt ihr Lokalisierungsanteil 30 Prozent vom Gesamtproduktionsvolumen oder wurde die Produktionskapazität 3 April 2012 von 1.000.000 Einheiten erreicht, so sind 200.000 Einheiten mit den in Russland hergestellten Verbrennungsmotoren und Transmissionen auszustatten. Der Abschluss einer Zusatzvereinbarung zur Montagevereinbarung bedeutet die Übernahme zusätzlicher Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Lokalisierung der Produktion, einschließlich: ■ Erreichen der berechneten Produktionskapazität innerhalb von 48 Monaten im Falle des Neubaus einer Produktionsstätte (diese Anforderung ist ausschließlich auf die Produktion von Kraftfahrzeugen anwendbar) bzw. innerhalb von 36 Monaten bei einem bereits bestehenden Betrieb, ■ Errichtung eines Forschungs- und Experimentalzentrums innerhalb von 48 Monaten, ■ Gewährleistung der Produktion von gestanzten Komponenten, einschließlich gestanzter Karosserieteile, innerhalb von 48 Monaten. Der Hauptgrund für den Abschluss einer Zusatzvereinbarung zur Montagevereinbarung ist die Möglichkeit der Verlängerung der Geltungsdauer der Vergünstigungen auf bis zu acht Jahre. Die Einhaltung der angeführten Anforderungen ist problematisch, weil die russische Automobilindustrie vorher eine vertikale Integration von bis zu 80 Prozent aufwies, so dass es so gut wie keine russischen Zulieferer von Autokomponenten gab. Aus diesem Grund sind die Hersteller ernsthaft daran interessiert, für Russland ausländische Lieferanten zu gewinnen. Die Herstellung der Autokomponenten in Russland befindet sich in der Aufbauphase, was den Zulieferern die einmalige Möglichkeit bietet, auf diesem Markt festen Fuß zu fassen. Die ausländischen Unternehmen, die vorhaben, in den russischen Markt einzutreten, haben zu berücksichtigen, dass die oben dargestellten Lokalisierungsanforderungen in der Regel auch auf sämtliche Zulieferer der russischen Unternehmen anwendbar sind, die Montagevereinbarungen abgeschlossen haben. Im Ergebnis hat das ausländische Unternehmen bei der Fassung eines begründeten Beschlusses über den Aufbau einer Produktion in Russland und bei der Festlegung ihrer Besonderheiten mit dem potentiellen Käufer (z.B. dem Hersteller von Autokomponenten und/oder Automobilen) und den technischen Fachkräften zu klären, ob die Erfüllung der Lokalisierungsanforderungen im Hinblick auf die herzustellenden Autokomponenten gewährleistet werden kann. III. Verarbeitung für den internen Verbrauch Mit dem Erlass der Verordnung der Regierung der Russischen Föderation Nr. 565 „Über die Feststellung des Verzeichnisses der Waren, in Bezug auf die die Verarbeitung für den internen Ver- vgl. Gemeinsame Anordnung Nr. 73/81/58n vom 15.04.2005 (mit Änderungen vom 24.12.2010) Seite 4 brauch zulässig ist“ vom 12. Juli 2011 wurde den Automobil- und Komponentenherstellern die Möglichkeit geboten, ein besonderes Zollregime anzuwenden, das die Anwendung eines ermäßigten Einfuhrzolls erlaubt. Dieses Zollregime heißt „Verarbeitung für den internen Verbrauch“. Als Verarbeitung für den internen Verbrauch wird das Zollregime bezeichnet, bei dem die eingeführten ausländischen Waren für ihre Verarbeitung auf dem Zollgebiet der Zollunion innerhalb der festgelegten Fristen ohne Entrichtung von Zollgebühren verwendet werden. Nach Inverkehrbringen der durch die Verarbeitung hergestellten Erzeugnisse für den internen Verbrauch müssen die Zollgebühren entsprechend den auf die durch die Verarbeitung hergestellten Erzeugnisse anwendbaren Zollsätzen entrichtet werden. Die Verarbeitung von Waren für den internen Verbrauch ist nur im Hinblick auf ausländische Waren zulässig, deren Verzeichnis durch die Regierung Russlands festgelegt wird. Das angeführte Verzeichnis umfasst 46 Waren- und Warengruppenbezeichnungen, insbesondere einige Arten von Farbstoffen, Kunststoffen und Textilien, Schwarzmetallerzeugnissen, integrierten Mikroschaltelementen etc. Im Schreiben des Föderalen Zolldienstes Russlands Nr. 01-11/36528 vom 1. August 2011 wird erwähnt, dass das Verzeichnis zwecks Förderung der Produktion von Autokomponenten auf dem Gebiet der Russischen Föderation zusammengestellt wurde, jedoch enthält die Gesetzgebung keine Einschränkungen im Hinblick auf die Anwendung dieses Zollregimes auch in anderen Bereichen als der Autoindustrie. Die Verarbeitung von Waren für den internen Verbrauch ist unter folgenden Voraussetzungen zulässig: ■ es liegt eine Genehmigung der Zollbehörde vor 4; ■ die Höhe der Zollgebühren, die für die im Ergebnis der Verarbeitung entstandenen Erzeugnisse zu zahlen sind liegt unter der Höhe der Zollgebühren, die am Tag der Unterstellung der eingeführten Waren dem Zollregime der Verarbeitung für den internen Verbrauch zu zahlen gewesen wären, wenn sie für den internen Verbrauch hergestellt worden wären, ■ die Zollbehörden können die eingeführten Waren in den durch die Verarbeitung entstandenen Erzeugnissen wiedererkennen, ■ die durch die Verarbeitung entstandenen Erzeugnisse können nicht auf eine wirtschaftlich vorteilhafte Weise in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden. Zur Entscheidung der Frage, ob die Anwendung von Zollermäßigungen im Rahmen des angeführten Zollregimes zweckmäßig ist, wird empfohlen, vorab insbesondere die unten aufgeführten Punkte zu analysieren: 4 April 2012 ■ eventuelle Ersparnis von Zollgebühren, die mit den Kosten der Anwendung des Zollregimes (einschließlich des organisatorischen Aufwands für die Vorbereitung der Dokumente, die Berichterstattung etc.) zu vergleichen ist, ■ die Erfüllbarkeit der Anforderungen an die Anwendung des Zollregimes (z. B. eventuelle Schwierigkeiten bei der Identifizierung der eingeführten Rohstoffe und Materialien in den Fertigerzeugnissen) und die damit zusammenhängenden Risiken, ■ Erfüllbarkeit der Anforderungen an das Produktionsvolumen der im Ergebnis der Verarbeitung entstandenen Erzeugnisse, ■ steuerliche Folgen unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dieses Zollregime keine Freistellung der eingeführten Rohstoffe und Materialien von der Mehrwertsteuer vorsieht. Darüber hinaus ist die Möglichkeit der Anwendung des Zollregimes der Verarbeitung für den internen Verbrauch in jedem konkreten Fall aus der Sicht der Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteils zu prüfen, da bestimmte Einfuhrzollsätze für Fertigerzeugnisse im Zusammenhang mit dem Beitritt Russlands zur WTO herabgesetzt werden können, während die Einfuhrzollsätze für Rohstoffe, Komponenten und Materialien eventuell erhöht werden. IV. Sonderwirtschaftszonen Zur Förderung bestimmter Regionen und Industriezweige hat die russische Regierung Sonderwirtschaftszonen eingeführt. Dabei ist zwischen den beiden schon lange bestehenden Sonderwirtschaftszonen in Magadan am Pazifik bzw. in Kaliningrad an der Ostsee und den jüngst eingeführten Sonderwirtschaftszonen zu unterscheiden. 4.1 Allgemeine Sonderwirtschaftszonen Mit den allgemeinen Sonderwirtschaftszonen (SWZ) sollen Regionen und bestimmte Industriezweige (u.a. Forschung, Tourismus, Häfen, etc.) gefördert werden. Bisher sind bereits über ein Dutzend SWZ eingerichtet worden. Allerdings sind nur zwei gewerblich-industrielle SWZ für Investitionen im Produktionsbereich ausgewiesen worden. In einer von ihnen, in der SWZ „Alabuga“ in Tatarstan, soll die Produktion von Kraftfahrzeugen und Kfz-Teilen gefördert werden. Auf dem Territorium einer SWZ gelten Zoll- und Steuervergünstigungen für Residenten. Um den Residentenstatus zu erlangen, muss der Investor eine juristische Person mit Sitz in der SWZ gründen und mit der Verwaltung der SWZ eine Das Verfahren der Erteilung von Genehmigungen durch den Föderalen Zolldienst der Russischen Föderation wird durch die Anordnungen Nr. 1243 vom 15.06.2011 und Nr. 1839 vom 12.09.2011 geregelt. Seite 5 Investitionsvereinbarung abschließen. Darin muss er sich zu einer Investition von mindestens zehn Mio. Euro verpflichten. Auf dem Territorium jeder SWZ gilt ein besonderes Zollregime (sog. freie Zollzone), welches in Bezug auf den Residenten besondere Bestimmungen enthält: ■ Die Einfuhr ausländischer und russischer Waren zwecks Produktionstätigkeit in die SWZ ist nur zulässig, wenn die Waren in dem Antrag des Residenten aufgeführt waren und dies von der Zollbehörde genehmigt wurde. ■ Bei der Einfuhr ausländischer Waren in die SWZ sind weder Einfuhrzoll noch Mehrwertsteuer zu zahlen; bei der Ausfuhr ausländischer Waren und der daraus hergestellten Produkte aus der SWZ auf das restliche Gebiet der Russischen Föderation sind diese zu verzollen (je nach seiner Wahl kann der Resident Zollsätze für die eingeführten Waren oder für das daraus hergestellte Produkt entrichten), es sind Mehrwertsteuer und Akzisen zu zahlen. ■ ■ Werden russische Waren an einen Residenten veräußert, wird das Geschäft zollseitig wie ein Exportgeschäft behandelt (es sind keine Zollgebühren, jedoch Akzisen zu zahlen), bei der Ausfuhr der in die SWZ eingeführten russischen Waren aus der SWZ auf das restliche Gebiet der Russischen Föderation sind die Mehrwertsteuer und die Akzisen zu zahlen. Geschäfte zwischen Residenten der SWZ untereinander sind umsatzsteuerfrei. Des Weiteren gelten für Residenten einer SWZ einige Steuervergünstigungen: ■ ■ Freistellung von der Bodensteuer für fünf Jahre (Regelsatz: 1,5 Prozent), ■ Herabsetzung des Gewinnsteuersatzes für juristische Personen bis 15,5 Prozent (z.B. in der SWZ im Gebiet Lipezk 5, in der SWZ „Alabuga“ und in der SWZ in Tatarstan bis 1. Januar 2016 6); ■ Aussetzung der Verkehrssteuer für zehn Jahre ab dem Tag der Fahrzeugregistrierung, ■ sämtliche Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen sind in voller Höhe in der Besteuerungsperiode abzugsfähig, in der sie angefallen sind, Anwendbarkeit der beschleunigten Abschreibung für Besteuerungszwecke mit einem Maximalkoeffizienten von 2, 5 Örtliches Gesetz des Gebietes Lipezk Nr. 151-OZ vom 29.05.2008 6 Örtliches Gesetz der Republik Tatarstan Nr. 5-ZRT vom 10.02.2006 ein günstiger Pachtzinssatz (2 Prozent des Katasterwertes des Bodens pro Jahr). Zusätzlich sollen in den SWZ die Kosten durch die Beseitigung administrativer Hindernisse gesenkt werden. Den Investoren wird eine bessere Infrastruktur als in anderen Regionen zur Verfügung gestellt. Die Dauer des Sonderstatus als SWZ hat der Gesetzgeber auf 20 Jahre beschränkt. 4.2 Sonderwirtschaftszone „Alabuga“ Die SWZ „Alabuga“ erstreckt sich über 20 km2 in der Republik Tatarstan, etwa 800 km östlich von Moskau. Die SWZ wurde offiziell am 20. November 2007 eröffnet. Hier soll ein Cluster im Bereich des Fahrzeugbaus entstehen. In den nächsten fünf Jahren sollen etwa 350 Mio. US-Dollar in den Bau der Infrastruktur investiert werden. Für die Residenten der SWZ „Alabuga“ gelten zusätzliche lokale Vergünstigungen: ■ Die Unternehmensgewinnsteuer wird bis 1. Januar 2016 von 20 Prozent auf 15,5 Prozent gesenkt. ■ Alle Steuervorteile sind durch eine Status-quo-Regelung geschützt, können also durch die Gesetzgebung nicht verändert werden. Bis heute haben sich in der SWZ „Alabuga“ mehrere Unternehmen niedergelassen. Beispielhaft seien folgende Unternehmen erwähnt: ■ Sollers (früher Sewerstalawto) in Kooperation mit dem japanischen Fahrzeughersteller ISUZU Motors und der SOJITZ Group soll jährlich 25000 Lastkraftwagen herstellen. ■ ZAO „Polimatiz“, welche jährlich 17.000 t Polypropylenprodukte herstellt. Dieses Material wird für die Produktion von vielen KfzTeilen benötigt. ■ Das deutsche Chemieunternehmen „Preiss-Daimler“ begann im Jahr 2010 mit dem Bau eines Glasfaserwerkes. In Zusammenarbeit mit dem Ölförderer „Tatneft“ sollen Produkte für die Bau- und Automobilindustrie hergestellt werden. Freistellung von der Vermögensteuer für zehn Jahre (Regelsatz: 2,2 Prozent), ■ ■ April 2012 4.3 Sonderwirtschaftszone in Kaliningrad Die SWZ in der Region Kaliningrad wurde 1996 eingerichtet und durch ein Gesetz von 2006 für die Dauer von 25 Jahren neu organisiert. Sie erstreckt sich über das gesamte Gebiet der Region Kaliningrad. Seite 6 April 2012 Den Residenten der SWZ Kaliningrad werden ähnliche Zoll- und Steuervergünstigungen wie denen in einer allgemeinen SWZ eingeräumt. Auch hier muss der Investor den Residentenstatus erwerben, um in den Genuss der Vergünstigungen zu kommen. Dazu ist eine Gesellschaft in der Region zu gründen und ein Investitionsvertrag abzuschließen. Erforderlich sind Investitionen in Höhe von mindestens 4,1 Mio. Euro innerhalb von drei Jahren im Kaliningrader Gebiet. Eines der bekanntesten Investitionsprojekte in der Region Kaliningrad ist seit 1999 die Produktion von BMW durch die ZAO „Awtotor“. Sonstige in der Region gelegene Autoproduktionen sind Kia, Opel und GM. Hervorzuheben ist, dass für Ausländer bei der Einreise in die SWZ Erleichterungen gelten. Sie erhalten das Visum bei der Einreise unmittelbar an der russischen Grenze. Marke Betrieb, V. Perspektiven Es wird prognostiziert, dass der russische Automobilmarkt und die Automobilproduktion in Russland trotz der spürbaren Folgen der Weltwirtschaftskrise in überschaubarer Zukunft ihre dynamische Entwicklung wieder aufnehmen werden. So ist der Automobilabsatz im Jahre 2010 um 30% gestiegen, während die Verkäufe der ausländischen Hersteller prompt um 100% gestiegen sind. Es wird eine Verdoppelung der Autoindustriekennwerte prognostiziert, die bis 2017 3,5 Millionen Einheiten pro Jahr erreichen sollen. Gerade deswegen lassen sich viele Automobilhersteller von ihren Investitionsvorhaben nicht abbringen oder setzen diese bereits um 7: Modelle Inbetriebnahme Kapazität Standort Volkswagen (in Mio. EURO) VOLKSWAGEN VW Passat, VW Passat CC, Group Rus, VW Touareg, VW Tiguan, VW Jetta, Kaluga Investitionen 2007 150000 774 (potentiell) VW Golf A6, VW Multivan, VW Caddy Life, VW Polo Sedan, Skoda Octavia A5, Skoda Octavia Tour, Skoda Octavia Superb, Skoda Fabia, Audi A4, Audi A5, Audi Q5, Audi A6, Audi Q7 „GAZ Group“, VW Jetta k.A. Nishnij Nowgorod Mercedes-Benz 100000 200 (VW und Skoda) OOO Mercedes-Benz Actros, Axor, 2011 4500 11,8 „Mercedes-Benz Atego, Zetros Skoda Octavia, Skoda Yeti k.A. 100000 200 Jeep 2012 120000 850 (Baubeginn) (geplant) (geplant) 2004 k.A. 350 57765 257 Trucks Vostok“, Nabereshnyje Tschelny Skoda „GAZ Group“, Nishnij Nowgorod Fiat (VW und Skoda) St. Petersburg (geplant) General Motors Unternehmens- Hummer H3, Hummer H2, gruppe Chevrolet Trailblaser, Chevrolet Tahoe, „Avtotor“, Cadillac STS, Cadillac BLS, Kaliningrad Cadillac SRX, Cadillac Escalade, ZAO Chevrolet Niva, Chevrolet Viva Chevrolet Lacetti 2002 „GM-AVTOVAZ“, (2011) Togliatti OOO „General Chevrolet Captiva, Opel Antara, Motors Auto“, Chevrolet Cruze Schuschary bei St. Petersburg 7 Eigene Angaben, zusammengestellt aus öffentlich zugänglichen Quellen 2008 70000 (potentiell) 230 Seite 7 Marke April 2012 Betrieb, Modelle Inbetriebnahme Kapazität Standort Hyundai Investitionen (in Mio. EURO) OOO „TagAZ“, Hyundai Accent, Taganrog Hyundai Sonata, Hyundai Porter, 2001 180000 243 2010 100000 380 Hyundai Santa Fe Classic, Hyundai County, Hyundai Aero Town, Hyundai HD 500, Hyundai Elantra XD OOO „Hyundai Motor Hyundai Solaris, Kia Rio Manufacturing Rus“, 150000 St. Petersburg (potentiell) OOO „Kuzbassavto“, Hyundai Kuzbass 2010 Kemerowo BMW KIA Motors Konzern „Avtotor“, BMW 3 series, 5 series, 7 series, Kaliningrad BMW X5, BMW X6 1999 1200 10,7 (2011) (investiert) 10000 9 (potentiell) (geplant) 80000 200 Unternehmens- KIA Carnival, KIA Magentis, 2000 k.A. k.A. gruppe KIA Sportage, KIA Opirus, KIA Cee’d, 2000 k.A. k.A. „Avtotor“, KIA Carens, KIA Mohave, KIA Rio 125000 251 Kaliningrad Ford ZAO „Ford Ford Focus, Ford Mondeo 2002 Motor Company“, (potentiell) Wsewoloshsk 110000 (2011) JV „Ford-Sollers“, Ford Explorer, Ford Transit 2012 OAO „Avtoframos“, Renault Logan, Renault Sandero, 1998 Moskau Renault Duster ZAO „Volvo Vostok“, Renault Lander, Renault Kerax, Kaluga Renault Midlum, Renault Premium Route, k.A. 924 160000 292 Tatarstan Renault (potentiell) 2009 5000 100 14131 126 Renault Magnum Toyota OOO „Toyota Motor Toyota Camry 2007 Manufacturing (2011) Russia“, 20000 Schuschary bei (potentiell) St. Petersburg OOO SUV „SOLLERS-Far East“, 2012 30000 (geplant) (geplant) 2009 43200 k.A. Wladiwostok Nissan OOO „Nissan Nissan Teana, Nissan X-Trial, Manufacturing Rus“, Nissan Murano 152 (2011) St. Petersburg PSA – Mitsubishi PSA Peugeot Citroen Peugeot 308, Peugeot 4007, and Mitsubishi Citroen C4, Motors Corporation, C-Crosser Mitsubishi Outlander 2010 125000 470 (potentiell 300000) Kaluga MAN Truck & Bus OOO „MAN Truck and Bus RUS“ Schuschary bei St. Petersburg (geplant) k.A. 2012 6000 25 (geplant) (geplant) (geplant) Seite 8 April 2012 Marke Betrieb, Modelle Inbetriebnahme Kapazität OOO Ssang Yong Kyron, Ssang Yong Rexton, 2010 25000 k.A. „SOLLERS-Far East“, Ssang Yong Actyon and Actyon Sports k.A. k.A. k.A. k.A. ZAO „Volvo Vostok“, Volvo FH, Volvo FM, Volvo FE, 2009 10000 100 Kaluga Volvo FL JV „FUZO KAMAZ Mitsubishi Fuso CANTER 2010 k.A. 9 Scania Trucks 2010 5000 10 Standort Ssang Yong Investitionen (in Mio. EURO) Wladiwostok OOO Mazda „SOLLERS-Far East“, Wladiwostok (geplant) Volvo Mitsubishi Trucks Rus“ Nabereshnyje Tschelny, Tatarstan Scania OOO „Scania-Piter“, St. Petersburg (7500 potentiell) Erfahrungsgemäß ist der Erfolg eines Projektes durch die richtige Standortwahl, das Vorhandensein eines kompetenten Partners und die richtige Strukturierung der Geschäftsabwicklung bedingt. Heute sind viele Hersteller bereits im Land aktiv oder in konkreten Planungen, es fehlt jedoch noch an soliden Zulieferern. Hier eröffnen sich für die Zukunft enorme Marktchancen, da die Hersteller durch die industrielle Montage zur Lokalisierung gezwungen sind und kaum russische Zulieferer existieren. ■ steuerliche Beratung im Zusammenhang mit Zoll- und Mehrwertsteuerbefreiungen sowie Beratung bezüglich der Besonderheiten der regionalen Steuerveranlagungen und Gesetzgebung, ■ Vertretung von ausländischen Investoren gegenüber den staatlichen Behörden und Vertragspartnern. Autoren: BEITEN BURKHARDT BEITEN BURKHARDT ist in Russland mit Standorten in Moskau (seit 1992) und St. Petersburg (seit 1996) präsent und verfügt über langjährige Erfahrungen bei der rechtlichen und steuerlichen Beratung ausländischer Investoren in Russland. Im Rahmen der Umsetzung industrieller Investitionsprojekte, insbesondere im Bereich der Automobilproduktion, bietet BEITEN BURKHARDT folgende Unterstützung an: ■ rechtliche Beratung ausländischer Automobilproduzenten und Zulieferer beim Eintritt in den russischen Markt, ■ rechtliche Unterstützung beim Abschluss von Montagevereinbarungen, ■ rechtliche und steuerliche Unterstützung beim Produktionsaufbau, inklusive Erwerb von Immobilien (Greenfield und Brownfield); Beratung zu baurechtlichen Fragen, zur Einfuhr von Ausrüstung und zur Finanzierung, Natalia Wilke Partner, Leiterin der Repräsentanz in St. Petersburg E-Mail: [email protected] Weitere interessante Themen und Informationen zu unserer Expertise finden Sie in unserem Onlinebereich. Beratung bei der Gründung von Joint-Venture-Gesellschaften, BEITEN BURKHARDT · RECHTSANWÄLTE (ATTORNEYS-AT-LAW) MOSKAU · TURCHANINOV PER. 6/2 · 119034 MOSKAU · TEL.: +7 495 2329635 · FAX: +7 495 2329633 FALK TISCHENDORF · [email protected] ST. PETERSBURG · MARATA STR. 47-49 LIT. A, OFFICE 402 · 191002 ST. PETERSBURG · TEL.: +7 812 4496000 · FAX: +7 812 4496001 NATALIA WILKE · [email protected] WWW.BEITENBURKHARDT.COM 04/2012 ■ Anna Afanasyeva Partner, Steuer- und Zollrecht, E-Mail: [email protected]