50 Monate Betriebserfahrung

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50 Monate Betriebserfahrung
IEWT 2005: 4. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien „Energiesysteme der Zukunft“
50 MONATE BETRIEBSERFAHRUNG DER
ARGE-BRENNSTOFFZELLE MIT
SOFC- UND PEM-BRENNSTOFFZELLEN-HEIZGERÄTEN
Dipl.-Ing. Heinrich Wilk, Energie AG OÖ, A-4021 Linz Böhmerwaldstrasse 3,
Tel. ++43-732 9000 3514, e-mail: [email protected]
Ing. Rudolf Zappe, Erdgas OÖ GmbH & Co KG, A-4030 Linz, Neubauzeile 99,
Tel. ++43 732 9011 171, e-mail: [email protected]
Ing. Johannes Kraus, Erdgas OÖ GmbH & Co KG, A-4030 Linz, Neubauzeile 99,
Tel. ++43 732 9011 174, e-mail: [email protected]
1. Motivation und zentrale Fragestellung
Traditionell übernehmen Energie AG OÖ und Erdgas OÖ bei der Entwicklung neuer
Energietechniken eine Vorreiterrolle. So auch bei den jüngsten Innovationsprojekten: Im Mai
2001 gründeten die Energie AG OÖ und die OÖ Ferngas AG zwecks Nutzung von
Synergieeffekten die Arbeitsgemeinschaft Brennstoffzelle. Die Ziele der ARGE-BZ sind die
Errichtung von Pilotanlagen, das Sammeln von Erfahrungen im Betrieb von Brennstoffzellen,
das Initiieren von praxisorientierten Weiterentwicklungen und die Erleichterung des
Markteintritts innovativer Energietechnologien. Die Erfahrungen, die die ARGE-BZ aus den
Innovationsprojekten in Zusammenarbeit mit den Herstellerfirmen Sulzer Hexis AG und Vaillant
GmbH sammeln konnte, werden ausgewertet und analysiert. Kunden der ARGE-Partner
profitieren bei der Energieberatung also stets von den neuesten Erkenntnissen.
Abb. 1: Sulzer Hexis HXS1000: P el. 1 kW
Vaillant EURO 2: P el. 4,6 kW
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2. Wahl der Technologie
In der derzeitigen Entwicklungsphase steht die Brennstoffzellen-Technik erst am Beginn der
praktischen Einsatzmöglichkeiten. Trotzdem wird ihr heute schon von international anerkannten
Fachleuten und der EU eine wichtige Position in der Energieversorgung von morgen zugesichert.
Die ARGE-BZ sieht im betrachteten Leistungsbereich von einigen kW die SOFC- und die PEMBrennstoffzellen derzeit als die aussichtsreichsten Technologien für den stationären Einsatz an.
Stärken
PEM
Schwächen
Materialtechnisch gut beherrschbarer Wärmeauskopplung
derzeit
nur
für
Temperatur-Bereich im Stack von 50 - Niedertemperaturanwendungen geeignet:
90 °C
TRL max. 55 °C
Leistung schnell modulierbar
externer
max.
el.
Wirkungsgrad
Kleinleistungsbereich von ca. 30 %
Wasserdampf
-
Reformer,
im arbeitet bei ca. 700 °C, mehrstufige COFeinreinigung erforderlich
Stack-Abwärme ist nicht nutzbar für den
Kaltstart in 2 Stunden möglich
endothermen Reformierprozess
Abschalten
bei
zu
kleinem
PEM-Material noch sehr teuer (Pt-Kat.)
Wasserhaushalt der Membrane ist kritisch
Wärmebedarf ist kein Problem
Stack derzeit meist nicht aus Europa
SOFC
einfachere Brennstoffaufbereitung durch Stacktemperatur von 900 °C erfordert
internes Reforming, auf den Zellen kein spezielle und teure Materialien, z.B: spez.
Platin als Katalysator erforderlich
Chromlegierungen für Bipolarplatten
Stackabwärme nutzbar für endothermen Kaltstart dauert 8 - 12 Stunden
Reformierprozess
max.
el.
Auskühlvorgänge
Wirkungsgrad
auf
Leistungsverlust führen
höherem Begrenzte Zahl von thermischen Zyklen
Temperaturniveau möglich, Vorteil für
betriebliche Prozesse
weitgehend
europäisches
Abschaltungen
im oder Fehlern können zu bleibendem
Kleinleistungsbereich von ca. 40 %
Wärmeauskopplung
nach
Know-how
(Sulzer)
Tab. 1: Technologievergleich, Brennstoffzellen-Heizgeräte
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Beide Technologien haben Stärken und Schwächen. Bei der Wasseraufbereitung ist bei beiden
Konzepten ein gewisser Aufwand erforderlich (Deionat). Sulzer will daher bei der neuen Serie
ab 2005 vom Wasserdampfreformer auf den Partial Oxidation Reformer umsteigen. Wegen der
umfassenden Praxiserfahrungen auf dem Gebiet der Brennstoffzellen-Heizgeräte entschieden wir
uns 2001 für die Firmen Sulzer und Vaillant. Sie haben derzeit rund 100 Anlagen (Sulzer) bzw.
mehr als 50 Anlagen (Vaillant) im Praxistest. Das ist weltweit – abgesehen von der legendären
ONSI (PAFC 200 kW), die es auf über 200 Stück brachte, jedoch nicht mehr weiter entwickelt
wird - eine beachtliche Zahl. Die Firmen haben professionelle Betreuungsteams und setzen die
Betriebserfahrungen fortlaufend in Verbesserungen der Geräte um. Ausschlaggebend für unsere
Entscheidung war auch die CE Zertifizierung bei Sulzer und Vaillant nach positiv absolvierten
DVGW- und TÜV-Prüfungen
Abb. 2: Sulzer HXS1000: SOFC-Stack 1 kW
Vaillant EURO 2: PEM-Stack 4,6 kW
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3. Anlagenbeschreibung
3.1: Das SOFC-Projekt in Attnang-Puchheim
Nach längerer Partnersuche begannen wir im Jahr 2000 unsere Aktivitäten mit einer 1 kW
Hochtemperatur SOFC-Brennstoffzellenanlage der Firma Sulzer aus Winterthur in der Schweiz.
Sulzer war zu diesem Zeitpunkt - und ist immer noch - der einzige SOFC-Anbieter in diesem
Leistungsbereich mit der von uns geforderten Professionalität und Erfahrung. Sulzer hat bis
heute rund 110 Brennstoffzellen-Heizgeräte vom Typ HXS1000 Premiere hergestellt. Eigentlich
ist die Anlage für ein Einfamilienhaus konzipiert. Wegen des innovativen Baukonzepts, der
leichteren Zugänglichkeit/Erreichbarkeit, der besseren Testbedingungen und der vorhandenen
Seminar-Infrastruktur haben wir das Technologiezentrum Salzkammergut in Attnang-Puchheim
als Aufstellungsort für die erste stationäre Kleinleistungsbrennstoffzelle Österreichs gewählt.
Seit Jänner 2002 unterstützt das Brennstoffzellen-Heizgerät die Wärme- und Stromversorgung
des Gebäudes in dem bei 22 Firmen ca. 55 Mitarbeiter tätig sind.
Abb. 3: Technologiezentrum Salzkammergut in Attnang-Puchheim
Objekt-Daten: (Neubau, Baujahr 2000)
Beheizte Fläche 1.500 m2: Büros, Werkstätten, Seminarräume, Cafeteria
Heizlast 90 kW: Gasbrennwertkessel 14 bis 135 kW modulierend,
Heizkreise: TVL=65°C / TRL=57°C bei –2 °C Außentemperatur, Gasbedarf ca. 19.500 m3/Jahr
Brennstoffzellen-Heizgerät über hydraulische Weiche in das Heizsystem integriert
Warmwasserspeicher: 200 Liter, mit Warmwasser-Zirkulationsleitung
Gesamter Kaltwasserbedarf: 739 Liter/Tag Æ ca. 13 Liter/Person.Tag (Mittelwerte)
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Kenndaten Brennstoffzellen-Heizgerät Sulzer Hexis HXS 1000 PREMIERE:
Elektrische Leistung
1,0 kW max.
Thermische Leistung Brennstoffzelle
2,5 kW max.
Thermische Leistung Zusatzheizgerät
12, 16, 22 kW (bei uns deaktiviert)
Elektrischer Wirkungsgrad
dzt. 25 %
Gesamtwirkungsgrad
ca. 80 %
Wasseraufbereitung für den Reformer: Papier-Feinfilter und Ionenaustauscher-Patrone,
Wasserbedarf ca. 0,48 Liter/Stunde
Erdgasbetrieb, Wasserdampf Reformer, Erdgas-Entschwefelung mit Aktivkohle, CE-Zertifikat
Stack, ohne
VacuumIsolierhaube
Zusatzheizkessel
Regelung
Speicher
Heizwasser
USV
Wechselrichter
Ionenaustauscher
Schwefelfilter
Abb. 4: Brennstoffzellen-Heizgerät HXS 1000, 3D-Schema Sulzer Hexis 2004 [12]
3.2: Das PEM-Projekt in Dietachdorf/Steyr
Als zweites ARGE-BZ-Pilotprojekt wurde im Landgasthof „Wirt im Feld“ - mit über 100
Hotelbetten - die erste oberösterreichische Brennstoffzellen-Anlage für die gewerbliche Nutzung
installiert. Das Brennstoffzellen-Heizgerät EURO 2 stammt von Vaillant/Remscheid und basiert
auf der PEM-Technologie der US-Firma PLUG-POWER.
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Abb. 5: Wirt im Feld, Fam. Schweinschwaller, Dietachdorf/Steyr
Objekt-Daten:
Gasthof / Hotel, 40 Betten im Altbau, 50 Betten im Neubau, 8.000 Übernachtungen/Jahr
Gaststätte, Bar, großer Saal, Seminarräume, Hotelzimmer
4 Gasbrennwertkessel Vaillant ecoVIT, mit je 45 kW modulierend
Altbau: Radiatorenheizung TVL = 55°C bei -3 °C Außentemperatur
Gasbezug ca. 70.000 m3/Jahr, davon 30.000 m3/ Jahr im Altbau (2003: 24.300 m3)
Strombezug 2003: 168.000 kWh
Brennstoffzellen-Heizgerät zur Rücklaufanhebung in das Heizsystem integriert
Brauchwarmwasserspeicher: 500 Liter, Zirkulationsleitung, Vorspeicher: 500 Liter
Kenndaten Brennstoffzellen-Heizgerät Vaillant EURO 2:
Elektrische Leistung
1,5 - 4,6 kW
Thermische Leistung
3 – 11 kW (bei TVL/RL = 40/30°C)
Elektrischer Wirkungsgrad
dzt. 30 % max.
Gesamtwirkungsgrad
82 %
Erdgasbetrieb, autothermer Wasserdampf Reformer, Erdgas-Entschwefelung mit Aktivkohle
Wasseraufbereitung für den Reformer: Ionenaustauscher und Umkehrosmosefilter
max. Rücklauftemperatur: 55°C,
CE-Zertifikat: 2003, DVGW
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Abb. 6: Brennstoffzellen-Heizgerät von Vaillant, Ansicht und Schema
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4. Betriebsergebnisse der Testanlagen
4.1 Sulzer Hexis HXS 1000
Das Brennstoffzellen-Heizgerät wurde von Anbeginn an auf Dauerbetrieb eingestellt. Wir
wollten bei unserem ersten BZ-Projekt das zeitliche Verhalten der Brennstoffzelle sehen und
nicht die Besonderheiten des Klimas. Wir haben deshalb die von der Außentemperatur geführte
Steuerung auf einen Fixwert eingestellt. Die Anlage ist nun schon 3 Jahre in Betrieb. Mit
Stichtag 31.12.04 ergibt das eine gesamte Kalender-Zeit von 25.758 Stunden. Davon betrug die
Betriebszeit mit Gaszufuhr 21.784 Stunden. Die Differenz erklärt sich aus den organisatorischen
Abläufen die zwischen den Betriebsperioden der einzelnen Stacks erforderlich waren (Zeit für
Verbesserungen, terminliche Abstimmung, zeitliche Verfügbarkeit der Mitarbeiter/Monteure,
Spedition, Zoll etc.). Die Zeitdauer mit Stromproduktion und Netzeinspeisung betrug insgesamt
20.474 Stunden. Daraus errechnet sich eine technische Verfügbarkeit von 94 %.
Gasverbrauch:
7.635 m3
Hu=8,58 kWh/m3 bei 35°C und h=420 m
Wärmeproduktion:
44.974 kWh
Nutzungsgrad therm. = 68 %
Stromproduktion brutto:
10.331 kWh
Nutzungsgrad el. brutto = 15,8 %
Stromeinspeisung netto:
8.153 kWh
Nutzungsgrad el. netto = 12,5 %
Zur Ermittlung der Netto-Stromeinspeisung haben wir von der Brutto-Stromproduktion der
Brennstoffzelle am Ausgang des Wechselrichters den Eigenbedarf der Steuer-Elektronik von ca.
100 W abgezogen. Das ist bei dieser Anlage möglich weil beide Strompfade getrennt
herausgeführt sind und über Wechselstrom-Zähler einzeln gemessen werden.
Ein zusätzlicher Strombedarf entsteht durch die elektrische Stackheizung, die beim Anfahren der
Anlage bis zum Erreichen der Stack-Betriebstemperatur eingeschaltet ist. Diese Heizung wird
auch bei Störungen aktiv um die Zeit bis zur Reparatur ohne Abkühlung überbrücken zu können.
Insgesamt benötigte die el. Heizung 1.650 kWh aus dem Stromnetz. Dieser Energieeintrag
kommt mit einem gewissen Wirkungsgrad (ca. 70 % ) der Wärmelieferung zu Gute.
Der aktuelle und bislang beste Stack ergab folgende Messdaten über die letzten 7010 Stunden:
Gasverbrauch:
2.643 m3
Hu=8,58 kWh/m3 bei 35°C und h=420 m
Wärmeproduktion:
14.307 kWh
Nutzungsgrad therm. = 63,1 %
Stromproduktion brutto:
4.530 kWh
Nutzungsgrad el. brutto = 20 %
Stromeinspeisung netto:
3.829 kWh
Nutzungsgrad el. netto = 16,9 %
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Der anfängliche Maximalwert des elektr. Wirkungsgrades betrug 27 % brutto und 24 % netto.
Unsere Anlage war eine der Ersten die 2001 in dieser Vor-Serie gebaut wurden. In den
vergangenen 3 Jahren hat Sulzer die technische Verfügbarkeit des Gesamtsystems massiv
verbessert. Beim derzeit aktuellen Stack liegt sie bei 99 %. Beim ersten Stack betrug sie noch
80 %. Verbesserungen waren an der Gasdosierung, der Wasserdosierung und der Steuersoftware
notwendig. Mittlerweilen sind vom Typ HXS 1000 rund 100 Anlagen in Europa in Betrieb.
An der Weiterentwicklung des Stacks und speziell an der Verbesserung der Leistungskonstanz
hat Sulzer Hexis mit großem Engagement gearbeitet. Es stellten sich auch entsprechende Erfolge
ein. Bei unserem ersten Stack lag die Degradation noch bei ca. 45 % / 1000 Stunden und die
Lebensdauer bei rund 1.600 Betriebsstunden. Beim aktuellen Stack konnte die Degradation auf
5,5 % / 1000 Stunden heruntergedrückt werden. Dieser Stack ist heute seit fast einem Jahr in
Betrieb und hat immer noch eine DC-Leistung von 600 W. Möglich wurden die Verbesserungen
durch die Weiterentwicklung der Zellen. Spezielle Beschichtungen von Anode und Kathode
wurden erprobt. Insbesondere an den Bipolarplatten arbeiteten die Forscher von Sulzer Hexis.
Sie werden aus einer Chromverbindung durch Pressen und Sintern von Plansee in Tirol
hergestellt.
Abb. 7: Sulzer Hexis HXS 1000: Fortschritte bei der Weiterentwicklung der Haltbarkeit der
Brennstoffzellenstapel. Quelle: Sulzer Hexis, 2004 [12]
Wirkungsgrad [%] -->
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90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Eta gesamt
Eta therm.
Eta elektr.
16.3.24.3.
7.4.30.4
18.5.21.6.
1.8.20.8.
16.9.5.10.
4.11.19.11
2.1221.12
31.1212.1.
Abb. 8: Sulzer HXS 1000: Nutzungsgrade beim aktuellen Stack vom 16.3.04 bis zum Stichtag
31.12.04, beim elektr. Wirkungsgrad wurde die Brutto-Stromproduktion herangezogen [x]
Das Zusammenspiel mit dem Heizsystem des Technologiezentrums funktioniert gut. Speziell im
Winter gibt es genug Abnahme für die Brennstoffzellen-Wärmeproduktion. In der warmen
Jahreszeit ist die zentrale Warmwasserbereitung der einzige Wärmenutzer. Wir haben gelernt,
dass in Bürogebäuden der Wasserverbrauch in der Praxis generell gering ist. Der gemessene
Kaltwasserverbrauch betrug nur 13 Liter/Mitarbeiter und Tag. Die Wärmeabnahme im Sommer
war also nicht optimal. Man sieht das auch an den niedrigeren Werten des therm.
Nutzungsgrades in der Abb. 8.
Als Abhilfe hätte man das Gerät abschalten können
( Æ 1 Thermozyklus / Jahr) oder mit Teillast betreiben, was wir aber nicht wollten (siehe oben).
4.2 Betriebsergebnisse Brennstoffzellen-Heizgerät EURO2 von Vaillant
Das Brennstoffzellen-Heizgerät unterstützt die Heizung und die Warmwasserbereitung des
Gasthaus- und Hotelbetriebes „Wirt im Feld“. Der Einsatz des Brennstoffzellen-Heizgerätes
erfolgt über einen eigenen Regler, der auch das Zusammenspiel mit den 4 bestehenden Vaillant
Kesseln organisieren soll. Bei geringem Wärmebedarf wird die Brennstoffzelle in der Leistung
reduziert. Um die BZ-Laufzeit zu verlängern wurde im Kaltwasserstrang ein 500 Liter
Vorspeicher installiert. Wenn die Raumheizung keine Wärme braucht wird über ein
Mehrwegeventil der Vorspeicher für das Brauchwarmwasser aufgeheizt.
Die Anlage ist nun schon seit dem 16.2.2004 in Betrieb. Mit Stichtag 31.12.04 ergibt das eine
gesamte Kalender-Zeit von 7.662 Stunden. Davon betrug die Betriebszeit mit Gaszufuhr und
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Stromproduktion 4.591 Stunden. Für das erste Jahr errechnet sich der Anteil der Zeiten mit
Stromeinspeisung zu 60 % (siehe Abb. 9). Ein kleinerer Teil der Stillstandszeiten entstand in der
heizfreien Zeit durch zu geringe Wärmeabnahme der Warmwasserbereitung. Zu manchen
Tageszeiten z.B. am Nachmittag und nach Mitternacht ist der Warmwasserverbrauch sehr
gering. Die elektr. Leistung der Brennstoffzelle wurde dann auf bis zu 1,5 kW reduziert und
wenn auch das nicht reichte ganz abgeschaltet. Ein weiterer Stillstandsanteil wurde durch zu
hohe Rücklauftemperaturen verursacht. Diese ergaben sich dadurch, dass ein Frischluftheizer für
die
Gaststube
mit
großem
Wasserdurchsatz
die
Rücklauftemperatur
fast
auf
die
Vorlauftemperatur anhob. Unser Hydraulikspezialist hat dieses Problem durch den Einbau eines
temperaturgeregelten Bypasses behoben.
6.641 m3
Gasverbrauch:
Hu = 9,3 kWh/m3
Wärmeproduktion:
34.371 kWh
Nutzungsgrad therm. = 55,7 %
Stromproduktion netto:
14.526 kWh
Nutzungsgrad el. = 23,5 %
Strombezug BZ-Gerät:
387 kWh
Stromeinspeisung netto:
14.139 kWh
Nutzungsgrad el. netto = 22,9 %
Betrachtet man nur die Zeiträume mit Dauerbetrieb ohne Startvorgänge so erhält man bei einem
neuen Stack elektrische Wirkungsgrade zwischen rund 27 und 28 % [x]. Jeder Startvorgang
benötigt Gas und Strom liefert aber ca. 2 Stunden lang keinen Strom sondern nur Wärme, was
den elektr. Nutzungsgrad bei mehreren Abschaltungen etwas absenkt.
Anteil der Zeiten mit Stromeinspeisung %
100
80
81
80
74
72
81
90
78
66
60
38
40
22
20
Abb. 9: Anteil der Zeiten mit Stromeinspeisung (Feb. 04: Betrieb ab 17.2.2004)
Dez.04
Nov.04
Okt.04
Sep.04
Aug.04
Jul.04
Mai.04
Apr.04
Mär.04
Feb.04
0
Jun.04
1,4
IEWT 2005: 4. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien „Energiesysteme der Zukunft“
Elektrischer System-Nutzungsgrad %
26,0 26,2
23,8
25,1 24,2 24,6
23,5
20,5
20
15
10
20,6 20,1
Dez.04
Nov.04
Okt.04
Sep.04
Aug.04
Mai.04
Apr.04
Mär.04
Feb.04
5
0
Jul.04
7,5
Jun.04
30
25
Abb. 10: Monatswerte des elektrischen Nutzungsgrades, berechnet aus Zählerdaten [x]
Bei diesem BZ-Heizgerät werden die inneren Stromverbräuche intern direkt vom
Wechselrichterausgang
abgezweigt.
Messtechnisch
zugänglich
ist
nur
die
Netto-
Stromproduktion. Die Netto-Einspeisung ermittelt sich durch Abzug des Strombezugs des BZHeizgerätes von der Netto-Stromerzeugung. Der Strombezug entsteht unter anderem durch die
elektrische Heizung die beim Start den Reformer auf Temperatur bringt und die Stromaufnahme
von Pumpen, Gebläsen sowie der elektronischen Steuerung. Wenn die Brennstoffzelle den
Normalbetrieb erreicht und Strom produziert wird der Eigenbedarf intern abgedeckt.
In der Anfangsphase sammelte sich in der Abgasführung zum Kamin Kondensat in einer von
außen nicht sichtbaren Senke an. Durch den reduzierten Querschnitt schaltete die Brennstoffzelle
wegen des Ansprechens der Drucküberwachung immer wieder ab. Der Fehler wurde nach
längerem Suchen entdeckt und vom Installateur behoben. Durch die Abwärme stieg die
Temperatur im BZ-Aufstellungsraum trotz Lüfter auf bis zu 30 °C an. Dadurch erreichte auch
der Wechselrichter zu hohe Temperaturen. Eine Änderung in der Kühlluftführung brachte
Abhilfe. Der Ausfall einer internen Pumpe konnte durch Sicherungstausch behoben werden. Die
Steuerungssoftware musste unter Anderem bezüglich der Vorspeicherladung modifiziert werden.
Auch das Zusammenspiel von BZ und den 4 Kesseln wurde optimiert. Besonders im Sommer ist
es natürlich wichtig, dass die Anforderung des Warmwasserspeichers zuerst von der
Brennstoffzelle umgesetzt wird und nicht von den wesentlich leistungsfähigeren Kesseln.
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Im ersten Betriebsjahr wurde ein Stackwechsel nach 2.300 Stunden durchgeführt. Es konnte eine
Wirkungsgradverschlechterung von ca. 2,9 % / 1.000 Std. festgestellt werden. Diese kann durch
Degradation oder durch geänderte Betriebsbedingungen hervorgerufen worden sein. Der genaue
Grund für das relativ frühe Ende des Stacks ist noch unklar, es dürfte aber möglicherweise von
den Folgen einer Fehlfunktion einer Rückschlagklappe verursacht worden sein. Der zweite Stack
ist bis jetzt 4.500 Stunden im Einsatz (-5,9 % / 1.000 Stunden). Nach Herstellerangaben liegt die
Stacklebensdauer je nach Betriebsbedingungen in der Regel zwischen 4.000 und 6.000 Sunden.
21.12.2004
07.12.2004
23.11.2004
09.11.2004
26.10.2004
12.10.2004
28.09.2004
14.09.2004
31.08.2004
17.08.2004
03.08.2004
20.07.2004
06.07.2004
22.06.2004
08.06.2004
25.05.2004
11.05.2004
27.04.2004
13.04.2004
30.03.2004
16.03.2004
eta ges.
eta th.
eta el.
02.03.2004
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
17.02.2004
% -->
Nutzungsgrade EURO 2
Abb. 11: Zeitverlauf der Nutzungsgrade im Betrieb der EURO 2 in Dietachdorf, berechnet aus
den Ablesewerten der Gas- und Stromzähler, Realbetrieb inkl. Starts und Stops [x]
5. Bewertung der bisherigen Ergebnisse
Unsere beiden Anlagen wurden von äußerst professionellen Firmen nach dem heutigen Stand der
Technik entwickelt, produziert und in Betrieb gesetzt. Die CE-Zertifikate von renommierten
Prüfinstituten bestätigen das. Gut geschulte Teams der Lieferfirmen betreuen die Anlagen vor
Ort. Dennoch muss man feststellen, dass es sich hier um eine junge Technik handelt, die bis zur
Serienreife noch mehrere Jahre an Weiterentwicklung und Perfektionierung benötigen wird: Der
von den Herstellern angegebene Zeithorizont 2010 erscheint realistisch. Bei beiden Anlagen
konnten wir miterleben wie sich die Verfügbarkeit und die Wirkungsgrade mit jedem
Optimierungsschritt – zu denen auch die ARGE-BZ ihren Anteil leisten durfte - verbessert
haben. Dieser Prozess lebt besonders von den vielen Rückmeldungen aus den Pilotanlagen in
Kundenhand. Die Labortests liefern bis zu einem gewissen Grad leider nur Ergebnisse unter
„geschützten“ Bedingungen. Die Einbindung in das bestehende Hydrauliksystem jeder
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individuellen Heizanlage ist eine eigene Herausforderung: Das Zusammenspiel von Heizkessel
und Brennstoffzelle-Heizgerät muss unbedingt optimal abgestimmt werden. Das Fachhandwerk
und die Programmierer der Steuerungssoftware haben hier eine wichtige Aufgabe. Wir haben die
Erfahrung gemacht, dass auch große Gebäude wie das Technologiezentrum und der „Wirt im
Feld“ im Sommer zeitweise fast gar keinen Wärmebedarf haben. Im Landgasthof hätte man
natürlich einen noch größeren Warmwasserspeicher installieren können. Bei Ein- und
Mehrfamilienhäusern ist dieser Umstand sicher noch gravierender. Dort ist die Modulierbarkeit
der BZ-Anlage ein besonders wichtiges Thema.
6. Schlussfolgerungen und Ausblick
Die Integration von Brennstoffzellen in das Energiesystem von Gebäuden wird von anerkannten
Experten wegen ihrer Effizienz und umweltschonenden Betriebsweise, aber auch als Beitrag zur
Vision „Virtuelles Kraftwerk“ als Option für die Energiebereitstellung der Zukunft gesehen.
Brennstoffzellen eignen sich als Kraft-Wärme-Kopplung gut für die dezentrale Versorgung von
Kundenanlagen mit Strom und Wärme. Alle namhaften Hersteller von Heizgeräten wie Vaillant,
Buderus, Viessmann, die Baxi-Group und Andere befassen sich deshalb heute intensiv mit dem
Thema Brennstoffzellen-Heizgerät. Die stationäre Brennstoffzelle auf Erdgasbasis steht in
diesem Kleinleistungsbereich aber in Konkurrenz zu anderen Marktteilnehmern wie den
bestehenden Gasmotor-BHKW (z.B. Senertec 4,6 kW bzw. EcoPower/Vaillant 4,6 kW), aber
künftig vielleicht auch zu den Stirling-Aggregaten (z.B. Solo 9 kW) und Mikrogasturbinen (z.B.
Capstone, Turbec etc.).
Die dezentrale, parallele Bereitstellung von Wärme und Strom ist eine faszinierende Aufgabe.
Die technischen Grundlagen zeigen jedoch, dass es bei kleinen Einheiten generell schwieriger ist
den Eigenverbrauch, den Nutzungsgrad und die Geräte- bzw. Wartungskosten rasch in den Griff
zu bekommen. Für die Wirtschaftlichkeit aller dezentralen BHKW-Anlagen braucht man
Objekte die möglichst Winter und Sommer ausreichend Wärme und Strom benötigen.
Die Brennstoffzelle hat langfristig gute Chancen alle diese Anforderungen zu erfüllen: Sie hat
ein hohes Potential auch bei kleinen Einheiten einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Technik der Brennstoffzellen-Heizgeräte einen
beachtlichen Entwicklungsstand erreicht hat. Zur künftigen Markteinführung müssen noch viele
Herausforderungen angenommen werden. Als wesentlichste Punkte sehen wir dabei:
•
Reduzierung der Komplexität und Senkung der Kosten
•
Lebensdauer, Zuverlässigkeit und Wirkungsgrade verbessern, el. Eigenbedarf reduzieren
•
Optimierung der Steuerungssoftware und der konventionellen Komponenten
•
hydraulische Einbindung und Steuerung/Regelung optimieren
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Die ARGE-Brennstoffzelle und ihre Partner haben in den letzten Jahren einiges zu einer
positiven Entwicklung beigetragen und sind bereit dies auch weiterhin zu tun.
7. Literatur
1) Haiböck, Zappe (OÖ Ferngas), Stockenreitner, Wilk (Energie AG OÖ)
„Das oberösterreichische Brennstoffzellenprojekt“, VEÖ Journal, Juni 2001
2) Wilk H., Energie AG, „Brennstoffzellen: Betriebsweisen und Systemeinbindung aus Sicht
eines EVU“, Vortrag: Symposium „Biogas - Brennstoffzellensysteme“, bmvit und E.V.A.,
PROFACTOR Steyr, 15. Mai 2001
3) Tagungsband Symposium “Zukunft Wasserstoff - Forum Brennstoffzelle”, 14./15. 10. 2003,
Eigentümer Verleger und Herausgeber: Energie AG OÖ, A-4021 Linz und Erdgas OÖ
4) U. Wagner, C. Hutter, Th. Krammer, TU-München, Inst. für Energiewirtschaft,
Simulation eines Einfamilienhauses mit einer Brennstoffzelle (1 kW el.)
5) Steinecker W., „Das Projekt der Energie AG: Erste Erfahrungen in Österreich mit der Sulzer
Hexis SOFC“, Ueberreuter Managerakademie, Wien, 20. 3. 2003
6) Rechberger N., „Brennstoffzellen - die Technologie des 21. Jahrhunderts“, Ueberreuter
Managerakademie Wien, 26./27. 2. 2002
7) Wilk, Zappe, Kraus, "Integrated Fuel Cell Energy Systems for Building Applications 48 Months of Experience with SOFC and PEMFC Systems", Workshop Profactor 1/05, Steyr
8) Dorninger, Zappe, „Natural- and biogas: basic-energy sources for stationary fuel-cells“,
Workshop Profactor Jänner 2005, Steyr
9) Emad Batawi, Cyril Voisard, Ueli Weissen, Jan Hoffmann, Yvonne Sikora u. Jeanette Frei
Sulzer Hexis AG, “Materials Development at Sulzer Hexis for the Provision of a Combined Heat
and Power SOFC System”, European Fuel Cell Forum 2004, Luzern
10) Alexander Schuler, Sulzer Hexis AG, „An intermediate report on the way to a near-series
Sulzer Hexis fuel cell system“, European Fuel Cell Forum 2004, Luzern
11) Björn Pietzak, Harald Raak, Sulzer Hexis AG, “Die 1 kW SOFC-Brennstoffzelle zur Stromund Wärmeerzeugung in Einfamilienhäusern”, Publikation 2004
12) Harald Raak, Sulzer Hexis AG „The 1 kW SOFC Fuel Cell Power and Heat Generation in
Single Family Homes“, The Fuel Cell World, Lucerne 2004
[13] Rudolf Zappe, Erdgas OÖ, „Innovationsprojekt Brennstoffzellen: Erfahrungsbericht,
Chancen und Risken“, WKO, Wien, Jänner 2005
[x] Alle gezeigten Ergebnisse der Betriebsmessungen sind mit gewissen Unsicherheiten behaftet:
Der Stromzähler hat eine Genauigkeit von 0,5 % der Gaszähler von 2 %. Die Umrechnung von
gemessenen Gasmengen am Gaszähler auf Heizwert Hu erfolgte mit Annäherungsmethoden je
nach mittlerer Temperatur des Gaszähleraufstellungsraumes und der Höhenlage des Standortes

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