Augsburger Winterreise
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Augsburger Winterreise
Augsburger Winterreise Michael Fitz trägt zu dem Liederzyklus von Franz Schubert die Lebensgeschichten wohnungsloser und sozial ausgegrenzter Menschen aus Augsburg vor. Sonntag, 22. Januar 2012 um 19 Uhr Basilika St. Ulrich & Afra, Ulrichsplatz 1, 86150 Augsburg Eintritt frei / Spenden für die Wohnungslosenhilfe des SKM Augsburg www.deutsche –winterreise.de MITWIRKENDE: Sprecher: Michael Fitz, Schauspieler & Sänger Solisten: Christina Schmid (Sopran), Dirk Schneider (Bariton), Wolfgang Vetter (Alt) MusikerInnen: Hedayet Djeddikar, Eva-Maria Hodel Konzept, Organisation, Gestaltung & Redaktion: Stefan Weiller (www.deutsche-winterreise.de) Veranstalter: SKM Augsburg, Kath. Verband für soziale Dienste e.V. Schirmherrschaft: Dr. Andreas Magg, Direktor des Caritasverbandes für die Diözese Augsburg e.V. Prof. Dr. med. Gerhard Trabert, Sozialmediziner und Armutsforscher Begleitende Fotoausstellung Marco Petz, Student der Fachhochschule für Gestaltung Augsburg Gefördert durch: BeA Stiftung, Stiftung Winterreise, Paritätische St. Martinsstiftung Pfarrei St. Ulrich und Afra, Rübsamen GmbH & Co. KG, Grandel Ton- und Lichttechnik GmbH & Co. KG und Pianohaus Janos Projektbeschreibung Das Projekt „Deutsche Winterreise“ beschreibt die Einsamkeit in unseren Städten wie sie im Winter besonders von Obdachlosen erlebt wird. Kaum ein anderes Werk beschreibt diese sich immer weiter zuspitzende Gefühlslage besser als der Liederzyklus „Winterreise“ des Dichters Wilhelm Müller (1794–1827), kongenial vertont von Franz Schubert. So werden die Lebenserinnerungen von wohnungslosen und sozial ausgegrenzten Menschen gemeinsam mit dem Liederzyklus „Winterreise“ von Franz Schubert aufgeführt. Über das Medium Kunst wird eine im wahrsten Wortsinn „berührende“ Brücke geschlagen zwischen Menschen unterschiedlicher Schichten und Milieus. Das Kunstprojekt wirbt dabei um Solidarität, Verantwortung, Verständnis und Beistand für Menschen in sozialen Notlagen. Angesichts vieler Klischees und Vorbehalte gegenüber wohnungslosen und sozial ausgegrenzten Frauen und Männern fordert das Projekt zum Nachdenken über christliche und sozialstaatliche Verantwortung auf und lehnt Schuldzuweisungen und Verurteilungen ab. Der schmale Grat zwischen einem gesicherten Leben und einem Leben in Angst und Bedrängnis wird deutlich gemacht. Radikal, ungeschönt, aufrichtig und respektvoll trägt die Deutsche Winterreise das Leben von der Straße in Kirchen hinein. Die Aufführungen der "Deutschen Winterreise" gehen aber weit über einen Liederabend hinaus; sie werden zum eigenständigen, sich stetig wandelnden Kunstwerk zwischen Dokumentation, Lesung, Liederabend und Konzert. An jedem Ort neu, anders und mit sozial ausgegrenzten und wohnungslosen Menschen speziell erarbeitet, ermöglicht das Kunstprojekt von Stefan Weiller eine ungewohnte Sicht auf Menschen und ihre Städte. Jede Stadt hat ihre besondere Wintereise Für jeden Aufführungsort entstehen neue Texte, eine neue Regie, neue musikalische Bearbeitungen. Für jeden Ort wird die Winterreise neu interpretiert und im Zusammenwirken mit den unterschiedlichen Zwischentexten neu verstanden. Das Kernstück der jeweiligen Aufführung bilden die vom Initiator Stefan Weiller geschriebenen Texte. Sie entstehen jeweils vor Ort auf Grundlage von Interviews, die er mit wohnungslosen und sozial ausgegrenzten Menschen führt. Für die städtebezogenen Winterreisen hat Stefan Weiller bis November 2011 insgesamt 172 Interviews mit sozial ausgegrenzten Frauen und Männern geführt, davon 10 in Augsburg. Die Erfahrungen mit seinem Kunstprojekt in zahlreichen Großstädten und in einer Kleinstadt sind durchwegs positiv. Im Dezember 2011 wurde die „Deutsche Winterreise“ von der Evangelischen Kirche in Deutschland zum Projekt des Monats Dezember der Internetplattform „Kirche im Aufbruch“ erhoben. Augsburg erhält seine ganz eigene Winterreise. Am 22. Januar 2012 macht das Kunstprojekt Station in Augsburg. Bislang ungehörte Lebensgeschichten betroffener Menschen aus Augsburg erhalten durch die Stimme des bekannten Schauspielers Michael Fitz Gehör und Aufmerksamkeit.Die „Augsburger Winterreise“ nimmt ihre Zuhörer tief mit in die Gefühlswelt von ausgegrenzten Menschen - und will dabei vor allem eines zeigen: Es ist dasselbe Augsburg, wir sind eine gemeinsame Stadtgesellschaft, wir müssen nur hinschauen, um zu erkennen, das eines doch mit dem anderen zusammenhängt. Künstlerisches Niveau Jede Aufführung setzt neue musikalische Akzente. Die "Augsburger Winterreise" ist sozial anspruchsvoll und künstlerisch ambitioniert. Die Lieder werden von drei Solisten gesungen. Neben dem Klavier werden weitere Instrumente, u.a. Orgel und Cemballo, einbezogen. Die Raumregie hebt die Trennung zwischen Publikum und Akteuren auf. Die Umsetzung gestalten ausgebildete SängerInnen, jeweils mit einem professionellen Schauspieler. Für die Augsburger Winterreise engagiert sich der Schauspieler und Sänger Michael Fitz ehrenamtlich als Sprecher der Textpassagen. Textpassagen (Auswahl) „Die schönen Dinge umarmen dich. Und danach schlagen sie dich erbarmungslos nieder, wenn du sie verlierst. Alles kann ich verlieren. Ich bin auf ungesunde Art frei. Ich hänge an nichts mehr, weil ich weiß, ich werde es verlieren. Es schützt kein Titel, keine Ausbildung, keine Partnerschaft. Ich habe auf der Straße Leute kennengelernt, die hatten früher mal alles. Obacht, sag ich immer, gleich bist du dran.“ „Als Obdachloser hatte ich ein tolles Erlebnis. Im Januar. Es war kalt. Ich bin ins Leopold-MozartKonservatorium rein. Dort war es warm. Ich hatte Angst vor dem Rauswurf. Ich war ja nicht entsprechend gekleidet. Dann habe ich dieses kostenlose Konzert angehört. Wunderbar. Es ging gegen elf. Dann wurde es traurig: Es lag immer noch Schnee. Ich war immer noch draußen. Die Leute gingen nach Hause. Und ich hatte grad keins.“ „Früher war ich dünnhäutiger. Und nah am Wasser gebaut. Nach der Entlassung: Geheule. Nach der Scheidung: Geheule. Nach dem Wohnungsverlust: wieder Geheule. Dann legte ich mir einen Panzer zu. Wissen Sie, wenn Sie so oft betrogen wurden, oder sich zumindest so fühlten, wenn Sie so oft verlassen wurden, oder manchmal einfach spürten, dass es jetzt Zeit ist zu gehen, wenn Sie so oft gehofft haben, aber am Ende wieder eine Enttäuschung stand, dann müssen Sie lernen, Ihre Empfindungen zu kontrollieren. Sonst reißt sie jede Kleinigkeit noch tiefer ins Elend.“ „In der Früh stand ich auf, flanierte durch die Maximiliansstraße, zur Ulrichskirche, dort gehe ich ein und aus. In der Citygalerie habe ich mir das Elektronische angeschaut. Tolle Computer. Später habe ich im Kinoprogramm gestöbert. Drei Musketiere. Das habe ich als Kind gelesen. Sieben Euro Eintritt. Die Speisekarte vom Capitol durchgelesen. Lecker. Grüne Bäume. Schön anzuschauen. Das nächste Straßenrestaurant. Ich rätsele über mich selbst: Warum habe ich Neid auf den fettigen Schnitzelteller, über den sich gerade dieser Mann beugt? Erinnerungen an gebratene Sardellen. Noch besser als Schnitzel. Ein Flugangebot im Fenster: London 99 Euro. Sicher schön dort. Man darf das nicht falsch verstehen: Es ist in dem Sinne alles kein Verzicht. Es ist kein Muss. Aber da ist ein Wollen. Und das macht dich ganz krank.“ „Und da saß ich also vor diesem Arbeitsberater. Und ich fühlte mich so klein und hilflos. Und da sagte ich beinahe verzweifelt: „Ich weiß, was ich kann, und dass ich was kann.“ Und da fragte er: „Ja, aber wissen das auch die anderen?“ Und da merkte ich, dass ich ein Nichts bin, und dass die anderen darüber entscheiden, wie es mit mir weitergeht, und ob es überhaupt weiter geht. Und beruflich, da geht es mit mir halt nirgendwo hin. Nur mit meinem Leben, da geht es ständig abwärts. „ Kontakt Stefan Weiller, Brentanostr. 21, 60325 Frankfurt a. Main; Tel. 069 27 29 35 78; Email: [email protected] www.deutsche-winterreise.de Dr. Pia Haertinger, Presse & Öffentlichkeitsarbeit, SKM Augsburg Knut Bliesener, Sozialpädagoge; SKM Augsburg SKM Augsburg, Kath. Verband für soziale Dienste e.V. Klinkertorstr. 12 86152 Augsburg Tel. 0821 516569 Fax 0821 57087389 Email: [email protected] www.skm-augsburg.de