Von Innovationen und Quantensprüngen

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Von Innovationen und Quantensprüngen
Titelthema
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Roland Treichel (seit 12/1973)
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Georg und Roselind Lohrmann (seit 12/
Von Innovationen
und Quantensprüngen
Sie sind schnell, überfliegen jeden Stau und können fast überall landen:
Mit den Jahren ist das Rettungsmittel Hubschrauber moderner und leistungsfähiger geworden,
und damit auch immer sicherer. Ein Blick ins Flottenbuch der DRF Luftrettung.
S
oll sich ein Hubschrauber für die Luftrettung eignen, muss er schnell, kompakt und wendig sein.
Idealerweise ist er wartungsarm sowie sparsam im
Kerosinverbrauch und hat eine große Reichweite. Zum
schonenden Transport von Patienten muss er vibrationsarm sein und der Rotor darf keinen zu großen
Durchmesser haben, damit Landungen auf kleinster
Fläche möglich sind.
In den vergangenen 40 Jahren sind die Anforderungen an die Luftrettungsmittel deutlich gestiegen. Der
erste Rettungshubschrauber, den die DRF Luftrettung
am 19. März 1973 auf dem Stuttgarter Flughafen in
Dienst stellt, ist eine Alouette III (Hersteller: Aérospatiale). Schon im Jahr darauf übernimmt die DRF
Luftrettung ihre erste BO 105 (Messerschmitt-Bölkow-Blohm, später Eurocopter). Als erster Zwei-Tonnen-Hubschrauber weltweit mit zwei Triebwerken
wird die BO 105 in Großserie gebaut. Eine Besonderheit dieses Typs ist das gelenklose Rotorsystem, das
eine hohe Manövrierfähigkeit und Steuerfolgsamkeit
mit sich brachte. „Ich bin die BO 105 sehr gerne geflogen, da sie wendiger als die anderen Muster ist und
unempfindlich gegen Seitenwind“, erinnert sich Andreas Helwig, seit 23 Jahren Pilot bei
Fotos: DRF Luftrettung
der DRF Luftrettung. Der erste Hubschrauber, den
Helwig für die DRF Luftrettung steuerte, war eine Bell
206 Long Ranger. Dieses Muster wurde jedoch aufgrund seiner geringen Größe und beschränkten Leistung nicht lange von der DRF Luftrettung eingesetzt.
Flottentausch auf eigene Kosten
Im April 1979 stellt die DRF Luftrettung die erste
BO 105 CBS mit einem verlängerten Innenraum in
Dienst. Diese Variante bietet mehr Platz für medizinische Geräte und eine größere Bewegungsfreiheit.
Jahrzehnte später wird im Zuge der Luftfahrtvorschriften JAR-OPS 3 für Luftrettungseinsätze eine generelle Zweimotorigkeit der Hubschrauber bei gleichzeitig stärkerer Einmotorenleistung gefordert. Da die
BO 105 diese Anforderung nicht erfüllen kann, muss
sie europaweit von den Luftrettungsbetreibern bis
Ende 2009 ausgetauscht und auf eigene Kosten durch
leistungsfähigere Maschinen ersetzt werden. Offizieller Nachfolger der BO 105 ist die EC 135. Im
September 1996 stellt die DRF Luftrettung die beiden
ersten, weltweit ausgelieferten EC 135
als Rettungshub-
/1973)
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Wilfried Hötker (seit 12/1973)
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schrauber in Dienst. Es ist die erste HubschrauberNeuentwicklung in Deutschland seit 25 Jahren, bei
der der Hersteller Eurocopter unter Mitwirkung der
DRF Luftrettung ein neues Konzept verfolgte: Erstmals sind beim Entwurf eines Hubschraubers Ideen
und Wünsche aus der Praxis eingeflossen. So entstand
ein lager- und gelenkloser Hauptrotor, dessen Rotorkopf im Mast integriert ist. Diese Konstruktion reduziert den Aufwand für Wartung und Instandhaltung
erheblich. Der ummantelte Heckrotor (Fenestron) bietet zusätzliche Sicherheit – besonders auch beim
Beladen des Hubschraubers durch die Heckklappe.
Durch die Verwendung von Faserverbundstoffen ist
die EC 135 weniger korrosionsanfällig und bringt
weniger Gewicht auf die Waage. Im Unterschied zur
BO 105 hat sie eine deutlich vergrößerte Zelle, was
für Notarzt und Rettungsassistent bei der Überwachung eines Patienten an Bord verbesserte Arbeitsbedingungen mit sich bringt. Ein Dämpfungssystem
zwischen Rotor und Rumpfbefestigung schluckt die
Schwingungen der Rotorblätter stärker als bei anderen Hubschraubertypen. So können Schwerverletzte
und Erkrankte noch schonender transportiert werden.
„Die EC 135 hat ein schnelleres Startverhalten, was
bei Notfalleinsätzen von Vorteil ist“,
erklärt Hubschrauberpilot Jörg
Redetzky. „Die neue Technik
(gelenkloser Rotor, verbesserte
Triebwerke) hat zu längeren
Wartungsintervallen geführt.
Frühere Hubschraubermodelle mussten bereits nach
100 bzw. 300
Luftrettung 4 || 2013
Klaus Bauer (seit 12/1973)
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Brigitte Bauer (seit 12/1973)
Stunden in die Wartung, heute gibt es bei
den neuen Mustern nur noch 500- und
1.000-Stunden-Kontrollen“, erinnert sich
Anton Eisner, der 1979 zur DRF Luftrettung kam und den Werftbetrieb in Rheinmünster mit aufgebaut hat. „Da die Hubschrauberzelle heute nicht mehr aus
Blech, sondern größtenteils aus
Kunststoff besteht, wiegt sie weniger
und ist weitestgehend wartungsfrei“, fährt der erfahrene Luftfahrtgeräteprüfer fort. Während
die Stärken der EC 135 bei Notfalleinsätzen zum Tragen
kommen, eignet sich die BK
117 ideal für Transporte
intensivpflichtiger Patienten zwischen Kliniken. „Die BK 117
hat einen erheblich größeren
Laderaum.
Das ist
beim
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Klaus Gern (seit 12/1973)
Transport von Intensivpatienten von Vorteil, da die
speziellen medizintechnischen Geräte Platz benötigen“, so Pilot Redetzky. „Im Unterschied zur EC 135
hat die BK 117 aufgrund ihres höheren Gewichts ein
trägeres Flugverhalten. Man könnte die BK mit einer
soliden Mittelklasse-Limousine vergleichen, während
die EC einen etwas sportlicheren Charakter hat. Mit
der BK muss man etwas früher Höhe und Fahrt abbauen, um sicher zu landen“, ergänzt Andreas Helwig.
Aus der BK 117 ging ein Hubschraubermodell hervor, das seit 2003 zur Flotte der DRF Luftrettung gehört: die EC 145. Konstruktionsbestandteile wie der
freiliegende Heckrotor zum Beispiel wurden von der
BK 117 übernommen, während wesentliche Elemente
der modernen Technik sowie das Cockpit der EC 135
entstammen.
Nächtliche Einsätze gewinnen an Bedeutung
Im Werftbetrieb
in Rheinmünster
werden die Flugzeuge und
EC-Hubschraubermuster der
DRF Luftrettung
gewartet. Dank
moderner Technik sind die Wartungsintervalle
Klaus W. Meyer-Reinecke (seit 12/1973
Luftrettung langjährige Erfahrung auf dem Gebiet
nächtlicher Transporte von Intensivpatienten zwischen
Kliniken mit. Darüber hinaus können die Besatzungen
auch während der Nacht zu Notfalleinsätzen alarmiert
werden. So sind acht Stationen der DRF Luftrettung
24 Stunden in Betrieb (Bad Berka, Berlin, Halle, Hannover, München, Nürnberg, Regensburg und Rendsburg). Ein Hubschraubermuster, das dabei in der Vergangenheit zum Einsatz kam, ist die Bell 412, die heu-
„
Wir haben großes Interesse daran, dass die
Besonderheiten der
HEMS-Fliegerei in der
europäischen Gesetzge-
„
bung verankert sind.
Jörg Baudach,
Flugbetriebsleiter
te noch an den Stationen in Bad Berka und Nürnberg
in Betrieb ist. „Sie wurde in der Vergangenheit häufig
eingesetzt, weil sie sehr viel Platz für Besatzung und
Patienten bietet“, erklärt Pilot Franz Ahollinger. Sie
wird sukzessive durch das moderne Muster EC 145
ersetzt, „der ideale Kompromiss zwischen der Bell
412 und der EC 135, da sie sich für Notfalleinsätze
ebenso eignet wie für Transporte zwischen Kliniken.“
Hinzu kommen hoch entwickelte Avioniksysteme wie
zum Beispiel die Cockpitdarstellung auf Monitoren.
Fotos: Jens Eber, DRF Luftrettung
länger geworden.
Bei der Entwicklung der EC 145 legten die Ingenieure von Eurocopter viel Wert auf Ökonomie und
Komfort. Der gelenklose Hauptrotor verzichtet auf
Schlag- und Schwenkgelenke, dadurch ist er leichter
und verschleißt weniger schnell. Durch ein aufwendiges Dämpfungs- und Stabilisierungssystem werden
die Vibrationen bei Start und Landung deutlich reduziert. Digitaler Autopilot und Wetterradar tragen beim
Nacht- und Instrumentenflug wesentlich zur Sicherheit bei. Das ist ein wichtiger Faktor, da die Luftrettungsbetreiber in Deutschland davon ausgehen, dass
nächtlichen Einsätzen in Zukunft eine wachsende Bedeutung zukommen wird. Nicht zuletzt bringt die DRF
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Foto: DRF Luftrettung
Titelthema
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Heinz Fuchs (seit 12/1973)
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Jan Zahradnicek (seit 12/1973)
„Das Glascockpit kann je nach Bedarf konfiguriert
werden und hat den Vorteil, dass der Pilot nur ein zentrales Instrument überwachen muss und nicht die Anzeigen diverser Rundinstrumente. Somit wird die Arbeitsbelastung der Cockpit-Crew reduziert“, fährt
Ahollinger fort.
Nicht zuletzt ist die EC 145 serienmäßig auf nächtliche Einsätze unter Verwendung von Nachtsichtbrillen vorbereitet. „Mit der Einführung von Nacht-
„
Mit der Erweiterung des
Werftbetriebs in Rheinmünster hat die DRF
Luftrettung in die Zukunft investiert.
Wolfgang Stein,
Fachbereichsleiter
Technik
„
sichtbrillen ist ein weiterer Stein zur Optimierung
der Luftrettung ins Rollen gekommen. Sie verstärken das vorhandene Restlicht während der Nacht,
sodass die Piloten im Flug eventuelle Hindernisse
besser erkennen können. Das erhöht die Flugsicherheit“, erklärt Ahollinger. Als erstes ziviles Luftfahrtunternehmen in Deutschland hat die zur DRF Luftrettung gehörende HDM Luftrettung die Erlaubnis
für den Einsatz von Nachtsichtbrillen (NVG) an der
Station München erhalten, wo seit Juli 2009 auch
NVGs eingesetzt werden. Im Frühjahr 2011 folgte
an der Regensburger Luftrettungsstation der NVGEinsatzbetrieb, Anfang 2012 in Berlin. Damit dürfen drei Stationen der DRF Luftrettung Nachtsichtbrillen einsetzen.
Auch das Zukunftsmodell EC 145 T2 – die ersten
Hubschrauber jenes Typs sollen 2014 an die DRF Luftrettung geliefert werden – ist für nächtliche Einsätze
optimiert. Er ist anstelle des konventionellen Heckrotors einer BK 117 mit einem leisen Fenestron ausgestattet und auch das Cockpit ist auf Nachtflugtauglichkeit ausgelegt. Hinzu kommt ein neu entwickeltes
Avioniksystem mit einem Vier-Achsen-Autopilot. Im
Unterschied zur BK 117 soll der Innenraum um rund
40 cm breiter und 80 cm länger sein.
Luftrettung 4 || 2013
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Klaus Schwindt (seit 12/1973)
Da für die EC
145 T2 bisher
keine medizinische Innenausstattung für
den Einsatz als
Rettungshubschrauber
(HEMS-Ein satz) realisiert
worden ist, sind
die DRF Luftrettung, die Firma
Bucher
Leichtbau AG
und die ADAC
Luftrettung
eine Kooperation eingegangen, um eine Ausstattung Acht Stationen
zu entwickeln, die einen gemeinsamen Standard der DRF Luftretdefinieren soll. Das Konzept sieht unter anderem tung sind rund
Einbau, Anordnung und Handhabung der Sitze, der um die Uhr in
Trage, von Ablagefächern oder auch Schränken inner- Betrieb. Nachts
halb der Hubschrauberkabine vor. Die Neuentwick- werden die Belung wird für einen weltweiten HEMS-Einsatz reali- satzungen zu
siert. Unter Berücksichtigung der Arbeitsabläufe im Transporten zwiHubschrauber spielt die Ergonomie dabei eine ent- schen Kliniken
scheidende Rolle. Ein neu entwickeltes Beladekon- alarmiert wie
zept soll die Entnahme der Materialien, die bei den auch zu NotfallEinsätzen mitgeführt werden, deutlich erleichtern. Da- einsätzen.
rüber hinaus wird ein neues einsatzorientiertes Beleuchtungskonzept die Sicherheit von Patient und
Crew steigern. Die Ausstattung wird flexibel und erweiterbar sein, damit alle Einsatzprofile – vom Intensivtransport bis zur Windenrettung – abgedeckt sind.
Die EC 145 T2 erfüllt darüber hinaus weitere wichtige Kriterien, die von der EU Verordnung 965/2012
gefordert werden: „Sie soll dank der verbesserten Einmotorenleistung die gesetzlichen Anforderungen der
Flugleistungsklasse 1 uneingeschränkt erfüllen“, so
Karl
Heinz
Heitmüller, SiUnser Video zeigt, wie Piloten der
cherheitsbeaufDRF Luftrettung die nächtliche
tragter der DRF
Einsatzumgebung durch eine
Nachtsichtbrille (NVG) wahrnehLuftrettung.
men: www.drf-luftrettung.de/
Diese EU-Vermagazin/1341
ordnung, die
Foto: DRF Luftrettung Patrick Seeger
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Foto: DRF Luftrettung
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Titelthema
Ernst Gillardon (seit 12/1973)
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Moderne
Flottenmitglieder
Angaben zur
Chance genutzt, da es in
den bereits bestehenden
Früher wurden für einRegelungen Vorschriften
zelne Instrumente mehgab, die in der Rettungsrere dicke Kabel benöfliegerei nicht immer
tigt. Heute wird mehr
realisierbar sind“, sagt
Information über zwei
Rüdiger Bosch, Leiter
Leitungen übermittelt.
Schulung der BesatAnton Eisner,
zungen. „Mittlerweile
Luftfahrtgeräteprüfer
müssen immer höhere
Forderungen und Auflagen der EASA (European Aviation Safety Agency) in
medizinischer, technischer und fliegerischer Hinsicht
erfüllt werden“, bestätigt Flugkapitän Udo Kordeuter,
„
Typ
EC 135
EC 145 T2
Learjet 45 XR
Hersteller
Eurocopter Deutschland GmbH
Eurocopter Deutschland GmbH
Learjet Inc./Bombardier
Wichita, USA
Haupteinsatz
HEMS-Einsätze: Notfalleinsätze, Patiententransporte
zwischen Kliniken, Transport
von Ärzteteams
HEMS-Einsätze: Notfalleinsätze, Patiententransporte
zwischen Kliniken, Transport
von Ärzteteams
Weltweite Ambulanzflüge.
Standardmäßig zwei voll ausgerüstete Intensiv-Plätze
Besatzung
Pilot, HEMS Crew Member
(Rettungsassistent), Notarzt
Zwei Piloten, HEMS Crew
Member, Notarzt
Zwei Piloten, Notarzt,
zwei Rettungsassistenten
Triebwerke (2)
Pratt & Whitney PW 206 B2
Turbomeca Arriel 2E
Honeywell (AlliedSignal Engines)
max. Leistung je
Triebwerk
743 PS
1.088 PS
1.588 kg Schub
Einsatzgeschwindigkeit
250 km/h
262 km/h
861 km/h
Reichweite
670 km
687 km
3.240 km
kompletten Flot-
max. Flughöhe
Bis ca. 6.000 m NN
Bis ca. 6.000 m NN
Bis ca. 15.545 m NN
te der DRF Luft-
max. Abfluggewicht
2.835 kg
3.650 kg
9.752 kg
Kraftstoffzuladung
710 Liter
911 Liter
3.424 Liter
min. Landefläche/
erforderliche
Start-/Landebahn
ca. 20 x 20 m
ca. 20 x 20 m
min. 1.536 m, abh. von Beladung, Höhe üb. NN, Temperatur
Abmessungen
Länge: 12,19 m
Höhe: 3,62 m
Breite: 2,65 m
Rotordurchmesser: 10,20 m
Länge: 13,63 m
Höhe: 4,00 m
Breite: 2,77 m
Rotordurchmesser: 11,00 m
Länge: 17,36 m
Höhe: 4,44 m
Spannweite: 14,72 m
1
rettung sowie
detaillierte Informationen zur
medizinischen
Ausstattung
finden Sie unter
www.drfluftrettung.de/
flotte
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Jürgen Thiel (seit 12/1973)
„
Foto: DRF Luftrettung
die Durchführungsbestimmungen für den gewerblichen Luftverkehrsbetrieb mit Flugzeugen
und Hubschraubern europaweit festlegt, tritt am
28.10.2014 in Kraft.
Auch Luftrettungsbetreiber wie die DRF Luftrettung müssen sich nach
diesen Bestimmungen
richten. Daher hatte die gemeinnützig tätige Organisation im Vorfeld die Möglichkeit, die geplanten
Gesetzestexte zu kommentieren. „Wir haben diese
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Voll beladen, zweimotorig
lll
lll
Wolfgang Timm (seit 12/1973)
der seit 13 Jahren bei der DRF Luftrettung ist. „Diese Auflagen werden immer anspruchsvoller. Ein Beispiel hierfür sind die veränderten Flugdienst- und Ruhezeiten. Um weiterhin Einsätze fliegen zu können,
sind mehr Besatzungsmitglieder erforderlich als bisher, was die Ambulanzflüge verteuert“, so Kordeuter.
Schon in den 1980er-Jahren hat die DRF Luftrettung
mit einem Lear 35A Patienten in die Heimat zurückgeholt. Kordeuter: „Neben dem Learjet 35A gehörte
für kurze Zeit auch ein Learjet 55 sowie ein King Air
Turboprop-Flugzeug zur Flotte.“
Im Unterschied zu den Anfangsjahren ist der Bedarf an der Durchführung von weltweiten Ambulanzeinsätzen gestiegen. Denn mittlerweile gehen
mehr Menschen privat und beruflich auf Reisen, auch
weil es günstiger geworden ist. Unternehmen schicken
ihre Mitarbeiter heute vermehrt ins Ausland. Damit
steigt auch die Zahl derer, die im Ausland verunfallen oder schwer erkranken und an Bord eines Ambulanzflugzeugs zurückgeholt werden müssen.
Folgen für die technische Ausstattung der Ambulanzflugzeuge hatte die Einführung des RVSM-Luftraums (Reduced Vertical Separation Minimum) im Januar 2002 als Folge des immer dichteren Luftverkehrs
in Europa. Zuvor mussten Flugzeuge einen vertikalen
Abstand von 2.000 Fuß oberhalb einer gewissen Flughöhe zueinander einhalten. Durch RVSM wurde der
Mindestabstand auf 1.000 Fuß herabgesetzt. „Voraussetzung hierfür war neben der Schulung der Besatzungen die Erfüllung der technischen Erfordernisse“,
so Kordeuter. Dank der heute sehr präzisen Navigationsgeräte darf in Ballungsräumen geflogen werden,
wo das Verkehrsaufkommen vergleichsweise hoch ist.
Kordeuter: „Die GPS-gestützten Navigationsgeräte
im Flugzeug erleichtern die bordseitige Navigation,
sodass die bodengebundene an Bedeutung verliert.“
Neu in der Flotte: Learjet 45 XR
Seit 2013 setzt die DRF Luftrettung für weltweite
Rückholungen außerdem einen Learjet 45 XR ein. Der
moderne Jet hat eine größere Kabine, sodass zwei
Patienten gleichzeitig transportiert werden können.
„Sofern es der gesundheitliche Zustand der Betroffenen zulässt, können wir die Transporte kombinieren, wenn z.B. ein Patient auf Teneriffa und ein weiterer auf Gran Canaria abgeholt und in sein HeimatLuftrettung 4 || 2013
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Armin Bloens (seit 12/1973)
Tablet PCs an
Bord: Die sogenannten Electronic Flight Bags
(links) enthalten
sämtliche Strecken- sowie
An- und Abflugkarten, Dokumentationen
sowie das Flugbetriebshandbuch. Sie gehören ebenso wie
die Navigationsgeräte (links) in
den Hubschraubern zur Gruppe
der digitalen
Helfer, die den
Besatzungen im
Fotos: Irina Wonneberg
Wolfgang Meißner (seit 12/1973)
Cockpit ihre Arbeit erleichtern.
land geflogen werden muss“, erläutert Udo Kordeuter. Ein weiterer Vorteil des neuen Flottenmitglieds ist
die einfachere Betankung: Es wird über einen einzigen
Tankstutzen betankt (Single Point Pressure Refueling),
an den alle Tanks angeschlossen sind, was Zeit spart,
die letztendlich den Patienten zugute kommt. Zudem
verfügt der Learjet 45 über ein modernes Glascockpit, in dem vier Bildschirme die konventionellen Instrumente ersetzen.
Die DRF Luftrettung hat über die Jahre hinweg investiert, wenn es erforderlich war. Sei es in neue
Hubschrauber(technik), in medizintechnische Geräte,
in die Ausbildung und Schulung ihrer Besatzungen,
in die Erweiterung der Kapazitäten am Standort Rheinmünster oder in die Modernisierung der Stationen.
Dabei ist sie niemals verschwenderisch mit Förderbeiträgen und Spenden umgegangen, um das Vertrauen der Menschen, die die DRF Luftrettung unterstützen, nicht zu enttäuschen. An dieser Politik wird sie
auch die nächsten 40 Jahre festhalten. Irina Wonneberg
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