geschäft - MOTO-DROM Motorradmarkt

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geschäft - MOTO-DROM Motorradmarkt
FIRMENPORTRÄT BÜSE
SPORT-
GESCHÄFT
Es gibt viele erfolgreiche Motorsportler. Und es gibt auch
viele erfolgreiche Unternehmer. Aber wenn es jemand schafft, in
beiden Sparten Erfolg zu haben, muss er schon ein ganz
besonderer Mensch sein. So wie Heino Büse (Text: Ingo Gach).
E
r legt Wert auf kurze Wege. Wer
nes Unternehmen zu gründen, das mit
Umwege nimmt, verliert nicht nur
Motorradzubehör handelt. Ein mutiger
Zeit, sondern verbraucht auch unSchritt, schließlich springt er ins kalte
nötige Energien. Heino Büse hat diese
Wasser. Aber Büse ist kein Träumer, sonPrämisse aus dem Endurosport in sein
dern ein scharfer Beobachter und intelliUnternehmen einfließen lassen, in der
genter Kaufmann. Als Kenner der Szene
freien Marktwirtschaft kann man sich
weiß er, dass beispielsweise Acerbis-ProUmwege schließlich auch nicht leisten.
dukte zu jener Zeit stark in Deutschland
Kaum jemand in Deutschland kann auf
gefragt sind – und hier vor allem die groeine erfolgreichere Karriere auf zwei
ßen Plastiktanks im Paris-Dakar-Look.
Rädern zurückblicken als Büse: zwölfmal
Büse ist der erste, der die Teile mit TÜV
Deutscher Meister, zweifacher Europahierzulande anbietet und sie werden ihm
meister, Gesamtsieger und weltbester
quasi aus der Hand gerissen. Sein bekannEinzelfahrer 1975 bei
ter Name hilft ihm
den Sixdays auf der Isle
natürlich und schnell
Kaum jemand
of Man, um nur die
kommen weitere Marwichtigsten Titel zu
ken hinzu. Büse bietet
kann auf eine ernennen. Weltmeister
nunmehr Bekleidung,
wurde er zwar nie, aber folgreichere Karriere
Helme und technisches
nur aus dem Grund,
Zubehör an.
auf zwei Rädern
weil die Enduro-WM
Heute gehört die
zurückblicken
erst seit 1990 ausgetraHeino Büse MX Import
gen wird, lange nach
GmbH zu den größten
Beendigung seiner akMotorradzubehör-Kettiven Sportlerlaufbahn. Ansonsten hätte
ten Europas. Allein in Deutschland gibt
er sicher ein paar Goldmedaillen mehr in
es mittlerweile 110 Stützpunkthändler
der Vitrine stehen.
und über 3.000 Händler in halb Europa.
Zwei Jahrzehnte lang ist »Düse-Büse«,
Besonders stark ist die Firma auch in den
wie viele ihn liebevoll nennen, eine domiBeneluxländern vertreten. Zum einen,
nante Persönlichkeit im deutschen Enweil man dort sehr Motocross- und
duro-Rennsport. Doch Büse ist nicht der
Enduro-affin ist, zum anderen liegt der
Typ, der sich nach dem Karriereende auf
Firmensitz in Roetgen unmittelbar an der
seinen Lorbeeren ausruht. Angestellt zu
belgischen Grenze.
sein liegt dem ehemaligen BerufssoldaBüse ist auf seine Art sicherlich ein
ten nicht und so beschließt 1984, ein eigePerfektionist, und als er seine Vorstellun-
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gen bei vielen Produkten nicht erfüllt sah,
gründete er auch noch sein eigenes Label.
Heute stellt Büse vor allem Textil- und
Lederbekleidung her. Der rührige Unternehmer erweist eine erstaunliche Kreativität. Er ist an der Entwicklung sämtlicher Produkte, ob Kombi, Stiefel, Helme
oder Handschuhe, stets involviert. Die
gesamte Design-Abteilung befindet sich
in der Firma, so dass er sich jederzeit über
die Fortschritte informieren und, wenn
nötig, korrigieren kann. Wie gesagt: Er
legt Wert auf kurze Wege.
Seine Philosophie ist es, hochwertige
Ware zu günstigen Preisen anzubieten.
»Wir sind sozusagen die Golfklasse: gute
Qualität zu fairen Preisen«, bringt Heino
Büse es auf den Punkt. Um diese Vorgabe
zu erfüllen, lässt er seit Mitte der 90er
Jahre in Vietnam fertigen. Er hat regelmäßig Kontrolleure vor Ort, die die hohen
Standards sichern. Tatsächlich bestätigen
unabhängige Tests immer wieder die Qualität von Büse-Produkten. So siegte beispielsweise die Protektorenweste »Belluno« in einem großen Vergleich: Beste
Schlagdämpfung und dazu noch angeHEINO BÜSE
Er gehört fraglos zu
den erfolgreichsten
Motorradrennfahrern
in Deutschland. Kaum
jemand kann mehr
nationale und internationale Titel vorweisen als Heino
Büse, 66 Jahre, der seinen Spitznamen
»Düse-Büse« zurecht erhielt. Sein größter
sportlicher Erfolg war mit Sicherheit der Gesamtsieg bei der Sechstagefahrt (Six-Days)
1975 auf der Isle of Man, wo er punktbester
Einzelfahrer wurde.
Mindestens genauso viel Lorbeeren hat sich
Büse in der freien Marktwirtschaft verdient:
Er hat aus dem Nichts ein europaweit operierendes Unternehmen aufgebaut, das Motorradzubehör über mehr als 3.000 Händler
vertreibt. Auch sein eigenes Label ist fast
jedem Motorradfahrer bekannt, unter dem er
vor allem Kombis, Jacken, Hosen, Stiefel und
Handschuhe produziert und deren Erfolg vor
allem auf das außergewöhnlich günstige
Preis-Leistungsverhältnis zurückzuführen ist.
Seit Beginn des Jahres hat er sich zwar aus
der Firmenleitung zurückgezogen, aber nur,
um sich intensiver um die Entwicklung neuer
Produkte zu kümmern.
Der Firmensitz im Eifelort Roetgen, direkt an der belgischen Grenze gelegen.
Von hier aus liefert Büse innerhalb von 24 Stunden jegliche Ware.
nehmer Tragekomfort – einer der vielen
Bestseller im Sortiment. Aber es gibt
immer etwas zu verbessern, meint der
Chef, und so kommt jetzt die »Belluno
II« in die Shops, die im Detail weiterentwickelt wurde.
Vielleicht liegt Büses Erfolgsgeheimnis darin, dass er zu seiner aktiven Zeit
als Endurosportler darauf angewiesen
war, zu improvisieren, kreativ zu sein, um
das Optimum aus Mensch und Maschine
zu holen. Auch heute noch fährt der dynamische 66-Jährige intensiv Motorrad,
überlegt, was er als Fahrer von einem Produkt erwartet und setzt seine Vorstellung
dann entsprechend um. Etwa bei der Endurojacke »STX-PRO«, die über SympaTex-Membran und eine Fleecejacke verfügt. »Die Idee dahinter war, dass man
sich bei einer Rast nicht mit der Jacke zum
Essen hinsetzen will, aber nur im Hemd
ist es oft zu kühl. Also haben wir uns für
eine elegante, herausnehmbare Fleecejacke entschieden«, erläutert Büse.
Das 4.000 qm große Warenlager befindet sich erwartungsgemäß ebenfalls direkt
am Firmensitz. In der riesigen Halle liegt
alles ordentlich sortiert zum Abruf bereit.
Büse ist stolz darauf, dass er innerhalb
von 24 Stunden liefern kann. Egal ob
Zündkerze oder komplette Auspuffanlage
– es muss alles parat liegen, genauso wie
einst beim Service während der Rennen,
nur so kann man vorne mitspielen.
Er sortiert Waren, die nicht exakt seinen Vorgaben entsprechen, gnadenlos aus.
Aber auch die anderen von ihm vertretenen Marken wie der US-Riese Scott
und der Helmhersteller Airoh laufen gut.
Sogar so gut, dass Büse ab dieser Saison
wieder in das Sport-Sponsoring einsteigt.
Gleich drei deutsche Motocross-Teams
wird er ausstatten: Kawasaki Pfeil, Honda
Waldmann und das von Hubert Nagl, Vater
des Vize-Weltmeisters Max Nagl, frisch
gegründete KTM Scott Racing Team.
Schließlich fühlt sich Heino Büse dem
Motorrad-Sport zutiefst verbunden und
freut sich, etwas von seinem Erfolg an
junge Fahrer weitergeben zu können. Wie
sehr sich das lohnen kann, zeigte sich einst
bei einem jungen Talent aus der Schweiz,
das Büse schon früh unterstützte. Der hoffnungsvolle Nachwuchsfahrer hieß Tom
Lüthi und wurde später bekanntlich Weltmeister in der 125er-GP-Klasse.
Seit dem Jahresbeginn 2011 hat sich
Heino Büse aus dem operativen Geschäft
zurückgezogen und es seinem Geschäftsführer Andreas Krummlauf übertragen.
Aber der Ruhestand ist nichts für den
immer noch energiegeladenen Sportsmann. Er will sich nun verstärkt der Entwicklung neuer Produkte widmen. Denn
eines hat er im Endurosport gelernt: Nur
wer ausdauernd und clever ist, hat zum
Schluss die Nase vorn.
Wenn beispielsweise das Leder einer
Kombi nicht so weich ist wie vereinbart,
geht sie postwendend in den Ausschuss.
»So etwas will ich meinen Kunden nicht
zumuten, wir haben einen guten Ruf zu
verlieren!«
Zu seinem Imperium gehört auch das
von ihm gegründete Helm-Label »Rocc«,
das vor allem die jungen Käufer anspricht.
Die Helme überzeugen
durch ein günstiges
Preis-Leistungs-Verhältnis. So gibt es beispielsweise den »Rocc
UNI« mit integrierter
Sonnenblende und regulierbarer Belüftung
für nur 89,95 Euro. Da
kann die Konkurrenz
kaum mithalten. Auf
die Frage, ob die Firma
Büse auch die Weltwirtschaftskrise und
den schrumpfenden
Motorradmarkt zu spüren bekommt, kann der
Chef nur den Kopf
schütteln: »Nein, im
Gegensatz zu einigen
Wettbewerbern können
wir uns nicht beklagen.« Das GolfklasseKonzept scheint aufzugehen, die Motorradfahrer reagieren kosten- Heino Büse war schon immer einer von der »schnellen
Truppe« – hier bei einem Rennen in den 70er Jahren.
bewusst.
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