Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte

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Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte
Vergabe öffentlicher Aufträge
unterhalb der EU-Schwellenwerte
in Thüringen
(Handreichung für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen zur Klarstellung häufig
auftretender Fragen bei typischen Vergabevorgängen)
Stand: 01.01.2015
Der Auftrag liegt unter den aktuellen EU-Schwellenwerten, wenn der geschätzte
Gesamtauftragswert ohne Umsatzsteuer folgende Summen nicht übersteigt:
Bauauftrag
Lieferauftrag
Dienstleistungsauftrag
Für Auslobungsverfahren, die zu einem
Dienstleistungsauftrag führen sollen
5.186.000 EUR
207.000 EUR
207.000 EUR
207.000 EUR
Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb
der EU-Schwellenwerte in Thüringen
I. Grundlagen des Vergaberechts unterhalb
der EU-Schwellenwerte
1. Geltende
Rechtsvorschriften
Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte sind
das Thüringer Vergabegesetz, die Vorschriften der Vergabe- und
Vertragsordnungen und die Thüringer Verwaltungsvorschrift zur Vergabe
öffentlicher Aufträge anzuwenden.
Bei Vergaben, die auch für Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten von
Interesse sein können und somit Binnenmarktrelevanz haben, gelten zudem die
Grundfreiheiten des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
(AEUV) sowie die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und
der Transparenz, so dass nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ein
1
„angemessener Grad an Öffentlichkeit sicherzustellen“ ist.
2. Was ist ein
öffentlicher Auftrag?
Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge von öffentlichen Auftraggebern mit
Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die Liefer-, Bau- oder
Dienstleistungen zum Gegenstand haben, Baukonzessionen und
Auslobungsverfahren, die zu Dienstleistungsaufträgen führen sollen.
3. Vergabegrundsätze
Maßgebend für die Vergabe öffentlicher Aufträge sind nach den Vergabe- und
Vertragsordnungen folgende Vergabegrundsätze:
Wettbewerbsgrundsatz
– der Wettbewerbsgrundsatz; er verlangt, dass in einem formalisierten Verfahren
möglichst vielen Bietern die Gelegenheit gegeben wird, ihre Leistung anzubieten.
Deshalb genießt die Öffentliche Ausschreibung den Vorrang.
Transparenzgebot
– das Transparenzgebot; nur ein durchsichtiges und nachvollziehbares
Vergabeverfahren gewährleistet echten Wettbewerb.
Gleichbehandlungsgebot
– das Gleichbehandlungsgebot; es gebietet, alle Teilnehmer an einem VergabeVerfahren – ungeachtet ihrer Herkunft – gleich zu behandeln. Der Wettbewerb
darf insbesondere nicht auf Bewerber oder Bieter beschränkt werden, die in
bestimmten Bezirken ansässig sind.
Gebot der Eignung
– das Gebot der Eignung, Aufträge dürfen nur an fachkundige, leistungsfähige,
gesetzestreue und zuverlässige Unternehmer vergeben werden
Gebot der Losvergabe
– das Gebot der Losvergabe; umfangreiche Aufträge sind in einzelne Fach- und
Teillose aufzuteilen, um kleineren und mittleren Unternehmen die Möglichkeit zu
eröffnen, sich im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit zu bewerben.
Verhandlungsverbot
– das Verhandlungsverbot; die Vergabe- und Vertragsordnungen verbieten den
Auftraggebern, mit den Bietern bei Ausschreibungen zu
verhandeln. Gespräche mit Bietern zu dem Zweck, Zweifel über Angebote oder
Eignung auszuräumen, sind zulässig.
Gebot der
Wirtschaftlichkeit
– das Gebot der Wirtschaftlichkeit; der Zuschlag ist auf das wirtschaftlichste
Angebot zu erteilen. Der niedrigste Angebotspreis allein ist nicht entscheidend.
1
Vgl. hierzu die Mitteilung der Kommission vom 23.6.2006 zu Auslegungsfragen in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht, das für
die Vergabe öffentlicher Aufträge gilt, die nicht oder nur teilweise unter die Vergaberichtlinien fallen, ABlEU Nr. C 179 S. 2
sowie das EuGH, Urteil vom 20.5.2010, T-258/ 06, „Bundesrepublik Deutschland/Europäische Kommission“
II. Anzuwendende Rechtsvorschriften
1. Rechtliche Bindung
des Auftraggebers
in Thüringen
Bund, Länder und Kommunen sind an das Haushaltsrecht gebunden
– der Freistaat Thüringen an die Thüringer Landeshaushaltsordnung und
– die Gemeinden, Landkreise und ihre Körperschaften an die Thüringer
Gemeindehaushaltsverordnung bzw. Thüringer GemeindehaushaltsverordnungDoppik
Zuwendungsempfänger sind zur Anwendung des Vergaberechts verpflichtet, wenn
dies durch Allgemeine Nebenbestimmungen als Bestandteil des
Zuwendungsbescheids bzw. des Zuwendungsvertrags zur Auflage gemacht
wurde.
Dienststellen der
Landesverwaltung und
landesunmittelbare
Körperschaften,
Anstalten und Stiftungen
des öffentlichen Rechts
Es besteht eine Verpflichtung nach § 55 ThürLHO, bei der Vergabe von Aufträgen
grundsätzlich eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen. Beim Abschluss von
Verträgen ist dabei nach einheitlichen Richtlinien zu verfahren.
Folgende Rechtsvorschriften sind in ihrer jeweils geltenden Fassung zu beachten:
-
Gemeinden, Landkreise,
Zweckverbände,
Verwaltungsgemeinschaften und
kommunale
Körperschaften,
Anstalten und Stiftungen
öffentlichen Rechts
Es besteht eine Verpflichtung nach § 31 ThürGemHV bzw. § 24 ThürGemHVDoppik, dass bei der Vergabe von Aufträgen eine öffentliche Ausschreibung
vorausgehen muss, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere
Umstände ein anderes Vergabeverfahren zulassen. Entsprechendes gilt für die
Veräußerung oder die Überlassung der Nutzung von Gemeindevermögen.
Folgende Rechtsvorschriften sind in ihrer jeweils geltenden Fassung zu beachten:
-
Juristische Personen
des Privatrechts
„Beherrschte
Unternehmen“
Thüringer Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Thüringer
Vergabegesetz – ThürVgG) vom 18. April 2011
Thüringer Verwaltungsvorschrift zur Vergabe öffentlicher Aufträge –
ThürVVöA – (ThürStAnz Nr. 41/2014 S. 1299)
Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL)
Vergabe- und Vertragsordnungen für Bauleistungen (VOB)
Thüringer Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Thüringer
Vergabegesetz – ThürVgG) vom 18. April 2011
Thüringer Verwaltungsvorschrift zur Vergabe öffentlicher Aufträge –
ThürVVöA – (ThürStAnz Nr. 41/2014 S. 1299)
Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL)
Vergabe- und Vertragsordnungen für Bauleistungen (VOB)
Juristische Personen des Privatrechts, die die Voraussetzungen des § 98 Nr. 2
GWB erfüllen, haben folgende Rechtsvorschriften anzuwenden:
-
Thüringer Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Thüringer
Vergabegesetz – ThürVgG) vom 18. April 2011
Thüringer Verwaltungsvorschrift zur Vergabe öffentlicher Aufträge –
ThürVVöA – (ThürStAnz Nr. 41/2014 S. 1299)
Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL)
Vergabe- und Vertragsordnungen für Bauleistungen (VOB)
Zuwendungsempfänger
Die Anwendung des Vergaberechts wird auch den Empfängern
öffentlicher Zuwendungen zur Auflage gemacht, um eine sparsame und
wirtschaftliche Verwendung der Fördermittel zu gewährleisten.
Um nach § 44 Abs. 1 ThürLHO eine zweckentsprechende Verwendung von
Zuwendungen sicherzustellen, macht der Freistaat Thüringen Allgemeine
Nebenbestimmungen zum Bestandteil des Zuwendungsbescheids bzw. des
Zuwendungsvertrags:
– Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen
Förderung (ANBest-I),
– Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung
(ANBest-P),
– Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an
Gebietskörperschaften und Zusammenschlüsse von Gebietskörperschaften
(ANBest-Gk).
In diesen Allgemeinen Nebenbestimmungen wird dem Zuwendungsempfänger
unter anderem die Beachtung von Vergabevorschriften zur Auflage gemacht für
den Fall, dass er seinerseits Aufträge vergibt.
Institutionelle Zuwendungsempfänger
Einrichtungen, die institutionell gefördert werden, haben nach Maßgabe von Nr.
3.1 bzw. Nr. 3.2 ANBest-I bei einer Zuwendung von über 50.000 EUR die VOL/A
bzw. VOB/A anzuwenden.
Private Zuwendungsempfänger
Für private Zuwendungsempfänger gelten für Aufträge zur Erfüllung des
Zuwendungszwecks nach Maßgabe von Nr. 3.1 bzw. Nr. 3.2 ANBest-P bei einer
Zuwendung über 50.000 EUR ebenfalls die VOL/A bzw. VOB/A.
Kommunale Zuwendungsempfänger
Nach Nr. 3 ANBest-Gk ist bei der Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung des
Zuwendungszwecks das Vergaberecht zu beachten.
Das Thüringer Vergabegesetz und die Thüringer Verwaltungsvorschrift zur
Vergabe öffentlicher Aufträge sind zu beachten, sofern dies im
Zuwendungsbescheid durch die Bewilligungsbehörde zur Auflage erklärt wurde.
Zuwendungsempfänger, welche vom Anwendungsbereich des Thüringer
Vergabegesetzes nach § 2 ThürVgG erfasst werden, haben das Thüringer
Vergabegesetz und die Thüringer Verwaltungsvorschrift zur Vergabe öffentlicher
Aufträge in jedem Fall zu beachten.
2. Bestimmung der Art
des Auftragsgegenstands
Das Vergaberecht unterhalb der EU-Schwellenwerte beschränkt sich auf Bau-,
Liefer- und Dienstleistungsaufträge.
Bauaufträge
Bauleistungen sind Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt,
instand gehalten, geändert oder beseitigt wird (§ 1 VOB/A).
Lieferaufträge
Lieferungen haben die Beschaffung von Waren zum Gegenstand, insbesondere
durch Kauf oder Ratenkauf, Leasing, Miete oder Pacht mit oder ohne Kaufoption (§
1 VOL/A und vergleichsweise für den Oberschwellenbereich § 99 Abs. 2 GWB).
Dienstleistungsaufträge
Dienstleistungen sind diejenigen Leistungen, die weder Bauleistungen noch
Lieferungen sind (§ 1 VOL/A).
Inhouse-Geschäft
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH liegt kein öffentlicher Auftrag vor, wenn
der Auftraggeber über die betreffende Einrichtung eine Kontrolle wie über seine
eigenen Dienststellen ausübt, die betreffende Einrichtung im Wesentlichen (in
der Regel zu 90 %) für die Körperschaft oder die Körperschaften tätig ist, die
ihre Anteile innehaben, und an dieser Einrichtung keine Kapitalbeteiligung
2
Privater zu verzeichnen ist (vergaberechtsfreies Inhouse-Geschäft).
2
Das Inhouse-Geschäft wird vom EuGH in ständiger Rechtsprechung auch auf Dienstleistungskonzessionen
Ausnahmen
Auf die analoge Anwendung von § 100 Abs. 2 GWB wird hingewiesen, der eine
Reihe von Ausnahmen zum Anwendungsbereich regelt. Danach sind
beispielsweise Arbeitsverträge, Verträge über den Erwerb oder die Miete von oder
Rechten an Grundstücken vom Anwendungsbereich des Vergaberechts
ausgenommen.
3. Bestimmung der
anzuwendenden
Vergabe- und
Vertragsordnung für
den Auftrag
Für Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte gelten nach Maßgabe der
haushalts-oder zuwendungsrechtlichen Bindung des Auftraggebers folgende
Regelungen in den Vergabe- und Vertragsordnungen:
VOB/A
Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) – Teil A Abschnitt
1 ist für Bauaufträge anzuwenden.
VOL/A
Die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) – Teil A Abschnitt 1
ist für Lieferaufträge und gewerbliche Dienstleistungsaufträge anzuwenden.
Keine Anwendung der
VOF
Die Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) findet hingegen
bei Aufträgen unterhalb des EU-Schwellenwerts keine direkte Anwendung.
Dienstleistungen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im
Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen angeboten werden, können unterhalb des EUSchwellenwerts grundsätzlich freihändig vergeben werden. Dabei gelten die
allgemeinen haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und
Sparsamkeit. Die Thüringer Verwaltungsvorschrift zur Vergabe öffentlicher
Aufträge empfiehlt hierbei in Anlehnung an die Bestimmungen der VOF, einen
Leistungswettbewerb mit mindestens drei Bewerbern durchzuführen.
III. Wahl des Vergabeverfahrens
1. Die unterschiedlichen Verfahrensarten
Die Abschnitte 1 der VOB/A bzw. VOL/A sehen im Wesentlichen drei
unterschiedliche Verfahrensarten vor:
Die Öffentliche Ausschreibung, die Beschränkte Ausschreibung und die
Freihändige Vergabe.
Der Auftraggeber kann zwischen den Verfahrensarten nicht frei wählen. In
Abschnitt 1 der VOB/A bzw. VOL/A ist die Öffentliche Ausschreibung
die Regel. Die Beschränkte Ausschreibung und die Freihändige Vergabe
können nur unter bestimmten Voraussetzungen gewählt werden.
Öffentliche
Ausschreibung
Die Öffentliche Ausschreibung ist ein förmliches Verfahren, bei dem eine
unbeschränkte Zahl von Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert wird. Die
Öffentliche Ausschreibung muss stattfinden, soweit nicht die Natur des Geschäfts
oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. (Vorrang der
Öffentlichen Ausschreibung)
Beschränkte
Ausschreibung
Die Beschränkte Ausschreibung ist ein förmliches Verfahren, bei dem in der Regel
öffentlich zur Teilnahme (Teilnahmewettbewerb) und danach eine beschränkte
Zahl von Unternehmen zur Einreichung von Angeboten aufgefordert wird. Vor der
Aufforderung zur Angebotsabgabe ist die Eignung der Unternehmen zu prüfen.
Freihändige Vergabe
Bei der Freihändigen Vergabe wird der Auftrag ohne ein förmliches Verfahren
vergeben. Der Auftraggeber wendet sich mit oder auch ohne
Teilnahmewettbewerb an ausgewählte Unternehmen, um über die
Auftragsbedingungen zu verhandeln.
Die Freihändige Vergabe erfolgt im Wettbewerb unter Einholung von grundsätzlich
mindestens drei Vergleichsangeboten. Vor der Aufforderung zur Angebotsabgabe
ist die Eignung der Unternehmen zu prüfen. Die Freihändige Vergabe ist kein
Ausschreibungsverfahren.
angewendet, also auch auf Sachverhalte, die nicht in den Anwendungsbereich der EU-Vergaberichtlinien
fallen.
Direktkauf
Beim Direktkauf dürfen Liefer- und gewerbliche Dienstleistungsaufträge ohne ein
Vergabeverfahren direkt unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beschafft werden.
2. Wertgrenzen
In Anwendung des ThürVgG § 1 Abs. 2 Satz 2 wurden in der Thüringer
Verwaltungsvorschrift zur Vergabe öffentlicher Aufträge aus
Vereinfachungsgründen Wertgrenzen für den geschätzten Auftragswert festgelegt,
bis zu denen die Beschränkte Ausschreibung bzw. die Freihändige Vergabe
oder Direktkauf ohne Einzelbegründung des Ausnahmetatbestands, warum keine
Öffentliche Ausschreibung erfolgt, zulässig ist.
Die Schätzung des Gesamtauftragswerts für die Wertbestimmung erfolgt auch hier
netto (ohne Umsatzsteuer). Als Anhaltspunkt für die Schätzung kann sich an § 3
Vergabeverordnung orientiert werden.
Bauaufträge
Beschränkte Ausschreibung ohne weitere Einzelbegründung
-
bis 150.000 EUR Gesamtauftragswert
Freihändige Vergabe ohne weitere Einzelbegründung
Lieferaufträge und
Dienstleistungsaufträge
bis 50.000 EUR Gesamtauftragswert
Beschränkte Ausschreibung ohne weitere Einzelbegründung
-
bis 50.000 EUR Gesamtauftragswert
Freihändige Vergabe ohne weitere Einzelbegründung
-
bis 20.000 EUR Gesamtauftragswert
Direktkauf
-
bis 500 EUR Gesamtauftragswert
IV. Dokumentationspflicht
In Anwendung des § 20 in VOB/A und VOL/A ist das Vergabeverfahren von
Beginn an fortlaufend zu dokumentieren, so dass die einzelnen Stufen des
Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen
Entscheidungen festgehalten werden (siehe Anlage Checkliste VOLVergabevermerk)
V. Bekanntmachung
Die Bekanntmachung der Öffentlichen Ausschreibungen erfolgt nach § 12 VOB/A
und VOL/A z. B. in Tageszeitungen, amtlichen Veröffentlichungsblättern,
Fachzeitschriften oder Internetportalen. Der Kabinettbeschluss vom 20.07.1993,
wonach der Thüringer Staatsanzeiger als Veröffentlichungsblatt für Öffentliche
Ausschreibungen und öffentliche Teilnahmewettbewerbe bestimmt wurde, ist zu
beachten. Zusätzlich haben staatliche Auftraggeber im Sinne des § 2 Abs. 1
ThürVgG den § 3 (3) ThürVgG zu beachten, nach dem Ausschreibungen
öffentlicher Aufträge zusätzlich in elektronischer Form auf der zentralen
Landesvergabeplattform bekannt zu machen sind.
Bei Bauaufträgen besteht eine fortlaufende Vorabinformationspflicht der
Auftraggeber auf Internetportalen oder in ihren Beschafferprofilen über
beabsichtigte Beschränkte Ausschreibungen nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 VOB/A ab
einem voraussichtlichen Gesamtauftragswert von 25.000 EUR (ohne
Umsatzsteuer). Hierbei sind die zu veröffentlichenden Angaben nach § 19 Abs. 5
VOB/A zu beachten.
VI. Informationspflichten
Übersteigen die Gesamtauftragswerte 150.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) bei
Bauleistungen bzw. 50.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) bei Liefer- und
Dienstleistungen, so sind nach § 19 Abs. 1 ThürVgG die nicht berücksichtigten
Bieter über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen
werden soll und die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres
Angebots zu informieren. Weiterhin ist den nicht berücksichtigten Bietern im
Rahmen dieser Information auch der frühestmögliche Termin des
Vertragsschlusses mitzuteilen. Der Auftraggeber muss spätestens 7 Kalendertage
vor dem Vertragsabschluss die unterlegenen Bieter informieren.
Nach Zuschlagserteilung bei Bauaufträgen informiert der Auftraggeber auf
Internetportalen oder seinen Internetseiten für die Dauer von 6 Monaten nach § 20
Abs. 3 VOB/A über jeden mittels Beschränkter Ausschreibung ohne
Teilnahmewettbewerb ab einem Auftragswert von 25.000 EUR (ohne
Umsatzsteuer) und Freihändiger Vergabe ab einem Auftragswert von 15.000 EUR
(ohne Umsatzsteuer) vergebenen Auftrag.
Nach erfolgtem Zuschlag bei Lieferungen und Dienstleistungsaufträgen
informieren die Auftraggeber nach Beschränkten Ausschreibungen ohne
Teilnahmewettbewerb und Freihändigen Vergaben ohne Teilnahmewettbewerb für
die Dauer von 3 Monaten über jeden vergebenen Auftrag ab einem Auftragswert
von 25.000 EUR auf Internetportalen oder ihren Internetseiten gemäß § 19 Abs. 2
VOL/A.
VII. Rechtsschutz und
Nachprüfungsmöglichkeiten
Unterhalb der EU-Schwellenwerte ist eine gerichtliche Überprüfung des
Vergabeverfahrens auf Veranlassung des Bewerbers/Bieters grundsätzlich nicht
möglich.
Übersteigt der voraussichtliche Gesamtauftragswert bei Bauleistungen 150.000
EUR bzw. bei Dienstleistungen und Lieferungen 50.000 EUR, ist die
Vergabekammer des Freistaates Thüringen Nachprüfungsbehörde nach den
Bestimmungen des Thüringer Vergabegesetzes (§ 19 ThürVgG) bei
Beanstandungen nationaler Vergabeverfahren.
Hierbei muss der öffentliche Auftraggeber bei einer Beanstandung durch den
Bieter die Vergabekammer des Freistaates Thüringen durch Übersendung der
vollständigen Vergabeakten informieren, wenn der Beanstandung nicht abgeholfen
wird.
In § 19 Abs. 2 ThürVgG sind für den Verfahrensablauf bei Beanstandungen
verhältnismäßig kurze Fristen zu beachten. Diese hemmen aber auch für die Zeit
der Überprüfung (maximal 14 Kalendertage ab Unterrichtung der Vergabekammer
mittels Übersendung der vollständigen Vergabeakten) den Fortgang des
Vergabeverfahrens.
VIII. Sekundärer Rechtschutz
Weiterhin kann der Bewerber/Bieter die Rechtsaufsichtsbehörde bzw.
nächsthöhere Behörde der vergebenden Stelle um Prüfung ersuchen, hat jedoch
keinen Anspruch auf ein Einschreiten dieser Behörde.
Erfüllt die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde die Voraussetzungen eines
Verwaltungsaktes, kann unter bestimmten Voraussetzungen der öffentliche
Auftraggeber auf dem Verwaltungsrechtsweg dagegen vorgehen.
Abgesehen davon kann der Bieter wegen Verletzung von Vergabevorschriften
Schadensersatzansprüche aus einem vorvertraglichen Vertrauensverhältnis oder §
823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit z.B. den §§ 20, 33
GWB, insbesondere für die Kosten der Vorbereitung des Angebots oder die
Teilnahme am Vergabeverfahren vor den ordentlichen Gerichten geltend machen.
Diese sind an unanfechtbare Entscheidungen der Vergabekammer gebunden.
Die Rechtsprechung gewährt Rechtsschutz nach den § 13 GVG, §§ 935, 940 ZPO
im Rahmen einer einstweiligen Verfügung. Voraussetzung ist jedoch, dass
feststeht oder wenigstens glaubhaft gemacht ist, dass der öffentliche Auftraggeber
vorsätzlich das Recht bricht oder sonst in unredlicher Absicht oder willkürlich
vorzugehen droht.
Checkliste
VOL-Vergabevermerk bei nationalen Ausschreibungen
dokumentiert gemäß § 20 VOL/A die einzelnen Schritte des Auftraggebers von der Entscheidung einen Liefer- oder
Dienstleistungsauftrag zu beschaffen bis zur Auftragsvergabe bzw. Aufhebung der Ausschreibung.
1. Schritt: Bis zur Bekanntmachung, Versand
des Leistungsverzeichnisses
- Bezeichnung des Liefer- bzw. Dienstleistungsauftrages
- Schätzung des voraussichtlichen Auftragswertes
- Feststellung, dass Haushaltsmittel in entsprechender
Höhe zur Verfügung stehen.
- Prüfung der Anwendbarkeit des Thüringer Vergabegesetzes (ThürVgG)
- Wahl des Vergabeverfahrens festlegen (siehe § 3 Abs. 1
und Abs. 2 ThürVgG)
- Falls der Auftrag nicht öffentlich ausgeschrieben werden
soll, Begründung gemäß § 3 Abs. 2 VOL/A, warum vom
Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung gemäß § 3
VOL/A abgewichen werden soll und welche Art der
Vergabe warum durchgeführt werden soll.
- Falls der Auftrag nicht losweise vergeben werden kann,
Begründung, für das Abweichen von der Losvergabe
- Zeitliche Schiene für das Vergabeverfahren festlegen
und dokumentieren (Bekanntmachung, Angebotsfrist,
Zuschlags- und Bindefrist)
- Falls sehr kurze Fristen für die Erstellung der Angebote
erforderlich sind, Begründung für das Abweichen der
Fristen gemäß § 10 VOL/A
- Erstellung des Leistungsverzeichnisses gemäß § 7
VOL/A
- Dokumentation der Festlegung der Zuschlagskriterien
- Bekanntmachung, Versand der Vergabeunterlagen
(siehe § 3 Abs. 3 ThürVgG)
2. Schritt: Öffnung der Angebote
- Dokumentation der Angebotseröffnung durch zwei
Vertreter des Auftraggebers gemäß § 14 VOL/A
3. Schritt: Prüfung und Wertung der Angebote
- 1. Wertungsstufe - Formelle und rechnerische Prüfung
der Angebote
Vorlage der Formblätter nach dem ThürVgG
Dokumentation der Vollständigkeit der Angebote gemäß
§ 16 Abs. 2 VOL/A
Begründung, welche Angebote gemäß § 16 Abs. 3
VOL/A ausgeschlossen werden
Begründung, ob und warum eingereichte Nebenangebote (siehe § 8 Abs. 4 VOL/A) den geforderten
Mindestbedingungen
entsprechen und zur weiteren Wertung zugelassen
werden,
Feststellung der Vor- und Nachteile der zugelassenen
Nebenangebote im Verhältnis zu den Hauptangeboten
- 2. Wertungsstufe – persönliche und fachliche Eignung
der Bieter
Prüfung der Formblätter nach dem ThürVgG
Begründung, ob und warum Bieter gemäß § 16 Abs. 4
VOL/A ausgeschlossen werden, da die
Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 VOL/A vorliegen.
Dokumentation, dass die noch verbliebenen Bieter die
erforderliche Eignung besitzen, um die vertraglichen
Verpflichtungen zu erfüllen
- 3. Wertungsstufe – Angemessenheit der Preise (siehe
§ 14 ThürVgG)
Dokumentation, ob die angebotenen Preise angemessen
sind,
ggf. Aufklärung, wenn das Angebot mit dem niedrigsten
Preis mehr als 10% vom nächst niedrigsten Angebot
abweicht. Begründung gemäß § 16 Abs. 6 VOL/A, ob
und warum der Angebotspreis trotzdem angemessen ist.
- 4. Wertungsstufe – Ermittlung des wirtschaftlichsten
Angebotes (siehe § 8 ThürVgG)
Falls nicht der Preis als einziges Zuschlagskriterium
bekannt gemacht war, Gewichtung und Wertung der
bekannt gemachten Zuschlagskriterien zur Ermittlung
des wirtschaftlichsten Angebotes gemäß § 16 Abs. 7
und 8 VOL/A.
4. Schritt: Auftragserteilung oder Aufhebung der
Ausschreibung
- Begründung des Vergabevorschlages mit Entscheidung
durch den Auftraggeber, wenn er den Vergabevermerk
nicht selbst erstellt gemäß § 18 Abs. 1 VOL/A.
- Falls keines der eingereichten Angebote den Vorgaben
entspricht, Begründung, warum das Vergabeverfahren
gemäß § 17 Abs. 1 VOL/A aufzuheben ist.
5. Schritt: Information der Bieter
- Prüfung der Anwendbarkeit des § 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4
ThürVgG
- Annahme des wirtschaftlichsten Angebotes gemäß § 18
Abs. 2 VOL/A
- Ggf. bei einer Aufhebung des Vergabeverfahrens,
Benachrichtigung der Bieter und Nennung der Gründe für
die Aufhebung gemäß § 17 Abs. 2 VOL/A
- Ggf. Information der nicht berücksichtigten Bieter
innerhalb von 15 Tagen nach Eingang eines
entsprechenden Antrags gemäß § 19 VOL/A mit Nennung
der Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes sowie die
Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes als
auch den Namen des erfolgreichen Bieters
- Prüfung der Anwendbarkeit des § 19 Abs. 2 VOL/A
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