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Mittwoch
MANNHEIMER
MANNHEIM
12. SEPTEMBER 2012
MORGEN
Aktion: 14 neue „Stolpersteine“ verlegt / Kleine Denkmäler für Mannheimer Nazi-Opfer an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet
Blumepeter: Monika Queissner
sammelt für Champagnerstand
Steine als
Mahnung und
Erinnerung
Bausteine
mit flüssigem
Inhalt
Er ist ein beliebter Treffpunkt beim
Blumepeterfest: der Champagnerstand. Da kann man es sich gutgehen lassen – und zugleich jenen
Menschen helfen, die nie im Leben
Champagner trinken. Möglich
macht das jetzt wieder FeuerioDame Monika Queissner. Sie hat die
„Bausteinaktion“ initiiert und schart
enorm engagiert prominente Mannheimer um sich, die jeweils einen
„Baustein“, sprich einen Karton
Das Projekt ist eine Idee des Künstlers Gunter Demnig, er hat es 1995
ins Leben gerufen. Zur Verlegung
der 14 neuen Steine war der Kölner
nach Mannheim gekommen, um die
kleinen Messingplatten persönlich
in die Bürgersteige einzulassen. In
der Langstraße, der Hebelstraße, der
Rathausstraße, der Collinistraße
und der Werderstraße sowie in den
Quadraten F 1 und U 1 und vor dem
Fröbel-Seminar versammelte sich
eine kleine Menschenmenge, um
der Aktion beizuwohnen und mit
dem Verlesen der Lebensläufe den
Opfern des Nationalsozialismus zu
gedenken.
„Die Stolpersteine werden vor
dem letzten selbst gewählten Wohnort oder der letzten Arbeitsstelle der
Opfer verlegt, um dort, wo sie gelebt
und gewirkt haben, an sie zu erinnern“, erklärt Elke Kammigan-Bentzinger von der Arbeitsgruppe Stolpersteine. In der ganzen Stadt erinnern nun knapp 80 der kleinen
Denkmäler im Boden an Mannheimer, die durch das Naziregime zu
Tode kamen. „Wir versuchen, etwas
über Opfer herauszufinden, außerdem treten immer wieder Menschen
an uns heran, die uns auf Verwandte
aufmerksam machen und sich für sie
einen Gedenkstein wünschen“.
Der Begriff Stolpersteine sei jedoch nicht wörtlich zu nehmen.
„Man soll natürlich nicht mit dem
Fuß an einem Hindernis auf dem
Gehweg hängenbleiben“, erklärt
Hans-Joachim Hirsch vom Stadtarchiv. Man solle gedanklich über den
Erinnerungsstein stolpern, kurz innehalten, die Inschrift lesen, der Opfer gedenken und dadurch auch daran erinnert werden, dass ein solches Regime nur dann verhindert
werden kann, wenn die Schrecken
Johanniter-Kurs
Städtebau: Architektenentwurf aus Schwetzingen gewinnt Wettbewerb um Neugestaltung eines Ladens am Käfertaler Stempelpark
Erste Hilfe
für den Hund
Ein Baumboulevard führt zum neuen Supermarkt
Von unserer Mitarbeiterin
Isabel Gebhardt
Im Jahr 1928 übernahm Paul Eppstein die Leitung der neu gegründeten Volkshochschule, lebte mit seiner Frau in der Collinistraße. Nur
fünf Jahre später, im Juni 1933, wurde er wieder entlassen – Grund: sein
jüdischer Glaube. Seit gestern erinnert ein Stolperstein vor dem damaligen Wohnhaus der Eppsteins an
das Schicksal des Juden, der im September 1944 im Konzentrationslager
Theresienstadt erschossen wurde.
„Es ist ein bewegendes Gefühl,
heute vor dem Haus zu stehen, in
dem er gewohnt hat“, sagt Rolf Michael Mayer, ein Verwandter von
Eppstein. Er war aus OberhausenRheinhausen nach Mannheim gekommen, um dabei zu sein, wie vor
dem früheren Wohnhaus von Paul
Eppstein ein symbolischer „Stolperstein“ verlegt wurde. Lange habe er
sich schon mit Lebensgeschichte
des gebürtigen Ludwigshafeners
auseinandergesetzt: „Ich freue
mich, dass in unserer Gesellschaft
etwas dafür getan wird, dass diese
Menschen nicht vergessen werden“.
Am letzten Wohnort
Am Sonntag, 16. September können
Hundebesitzer und Tierliebhaber
lernen, wie sie im Notfall mit einem
verletzten Tier umzugehen haben.
Die Johanniter bieten von 10 bis 16
Uhr den Kurs „Erste Hilfe am Hund“
an. Dabei werden Maßnahmen wie
Abtasten des Bauches, Anlegen einer
Maulschlinge oder das Verbinden einer Pfote simuliert. Ziel des Kurses
ist es, die Zeit zwischen Unfall und
Eintreffen des Notarztes möglichst
kompetent überbrücken zu können.
Anmeldung unter der Rufnummer
0621/48 30 30.
ige
Das Architekturbüro Lorentz aus
Schwetzingen hat mit seinem
städtebaulichen Konzept eines Boulevards unter Alleebäumen den
Wettbewerb um die Aufwertung von
Käfertals Ortsmitte gewonnen. Die
Allee entlang der Mannheimer Straße soll den Stempelpark, das Kulturhaus und den zukünftigen EdekaMarkt erschließen. „Diese Lösung ist
am kompaktesten und lässt sehr viel
Platz übrig“, kommentierte gestern
Klaus Elliger, der Leiter des Fachbereichs Städtebau, bei einem Pressegespräch. Nachbesserungsbedarf
sei aber vorhanden.
BLUMEPETER
Der Künstler Gunter Demnig passt einen Gedenkstein für die Jüdin Ricka Marx, die im Oktober 1940 verschleppt und 1941 im Lager
BILDER (2): IGE
Gurs starb, in den Bürgersteig vor ihrem letzten Wohnhaus in U1, 20 ein.
von damals nicht vergessen werden.
Seit 2007 versucht der Arbeitskreis
Stolpersteine gemeinsam mit dem
Stadtarchiv, die Lebensgeschichten
der Mannheimer Opfer aufzuarbeiten. „Juden, politisch Verfolgte, aus
religiösen Gründen Inhaftierte und
Opfer der Euthanasie – wir wollen
mit der Aktion allen Opfern gedenken“, sagt Hirsch.
Der nächste Termin steht bereits:
Im März 2013 sollen weitere Steine
verlegt werden. „Ein Mensch ist erst
vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, mahnt Gunter Demnig.
Fünf Architekturbüros hatten
sich an dem Wettbewerb beteiligt,
der laut Elliger erstmalig mit einem
Prozess der Bürgerbeteiligung kombiniert worden sei. Bürgermeister
Lothar Quast bezeichnete die Entscheidung der Jury als „wichtiges
Etappenziel“ auf dem Weg zur Neugestaltung des Käfertaler Ortszentrums, das die Belebung der Mannheimer Straße insgesamt sowie die
Steigerung der Aufenthaltsqualität
im Stempelpark mit dem Kulturhaus
als zentraler Einrichtung zum Ziel
habe. Weitere Maßnahmen in diesem Gesamtpaket sind die energeti-
„Stolpersteine“
쮿 Seit Mitte der 90er Jahre verlegt
Gunter Demnig die „Stolpersteine“ in
deutschen Städten und seit 2000
auch in anderen Ländern Europas.
쮿 In Mannheim kümmert sich der
Arbeitskreis Stolpersteine um die
Verlegung. Ein Stein kostet rund 100
Euro. Paten sind oftmals Privatleute,
Vereine oder Parteien.
쮿 Kontakt zu den Naturfreunden per
Mail: [email protected].
sche Sanierung des Kulturhauses
wie auch eine barrierefreie Querung
der B 38.
Am überzeugendsten gelang es
den Schwetzinger Architekten, den
neuen Vollsortimenter samt der erforderlichen Stellplätze in das bestehende Gefüge aus Stempelpark und
Kulturhaus zu integrieren und
gleichzeitig Käfertals Grüne Mitte
durch die Anlegung einer Baumallee
zur Mannheimer Straße hin zu öffnen. Das Kulturhaus selber werde in
seiner gesamten Ansichtsbreite zur
Mannheimer Straße hin freigestellt,
heißt es in dem Siegerentwurf.
Die Steine in der Langstraße erinnern an
die Familien Rogo und Dreyfuss.
Wünsche bleiben offen. So hätten
die Stadtplaner statt der geplanten
Holzfassade gerne eine Fortsetzung
der Klinkeroptik des Kulturhauses.
Die Anliefersituation sei ebenfalls
noch nicht zufriedenstellend gelöst,
so Elliger. Beeinträchtigungen sieht
hier auch Kulturhaus-Chef Hans
Hary. Nach Vorstellungen des Bezirksbeirates soll die Möglichkeit einer Tiefgarage geprüft werden, um
weiteren Platz für Stellplätze zu sparen. Wie Bürgermeister Quast mitteilte, sollen die Planungen bis Ende
2013 abgeschlossen sein, Baubeginn
wäre dann im Frühjahr 2014.
dir
„MM“–Aktion: Jennifer Kraußer und Julia Steinhauer stehen 86-jährigem Unfallopfer bei – und werden nun ausgezeichnet
Blutvergiftung
Helferinnen versorgen verletzte Seniorin
Klinikum will
bessere Therapie
Von unserem Redaktionsmitglied
Christine Maisch-Straub
Ein rücksichtsloser Radfahrer, der
eine betagte Dame umfährt und sich
einfach aus dem Staub macht, eine
Schwerverletzte, die mit Brüchen
und offenen Kopfwunden hilflos auf
der Straße liegt, und zwei junge
Frauen, die bei der 86-Jährigen Erste
Hilfe leisten: Weil sie einer Fremden
in Not tatkräftig zur Seite standen,
wurden Jennifer Kraußer und Julia
Steinhauer bei einer kleinen Feier-
stunde im TÜV Süd mit der Plakette
der „MM“-Aktion „Kavalier der Straße“ geehrt.
Es war einer jener drückend
schwülen Spätsommertage, als Helene Kraus mit ihrem Rad vom ReweMarkt in Richtung Rheinstraße unterwegs war. In der Unterführung
passierte es: Plötzlich kam ihr mit rasantem Tempo ein Radfahrer entgegen und stieße frontal mit der Seniorin zusammen. Durch den heftigen
Stoß fiel sie zu Boden und erlitt Kopfverletzungen. „Ich habe stark geblu-
Seniorin Helene Krause mit ihren beiden Retterinnen in Not: Jennifer Kraußer (li.) und
BILD: TRÖSTER
Julia Steinhauer.
21
tet, die Schmerzen waren höllisch
und es war unerträglich heiß, so um
die 30 Grad im Schatten“, erinnert
sich die Pfälzerin. Schließlich hatte
sie offene Wunden an den Beinen,
KAVALIER
DER STRASSE
ein gebrochenes Nasenbein sowie
am ganzen Körper Blutergüsse.
Doch der Radler machte nicht nur
keinen Anstalten, sich um das Unfallopfer zu kümmern – vielmehr beging er stattdessen Fahrerflucht.
Glücklicherweise kamen zwei
hilfsbereite Frauen vorbei. „Wir sahen die hilflose alte Dame. Der Rest
lief fast automatisch ab“, erzählt die
24 jährige Arzthelferin Jennifer Kraußer. Und die Kauffrau Julia Steinhauer ergänzt: „Da überlegt man
nicht lange und packt mit an, wo es
von nötig ist.“
Die zwei Schifferstädterinnen
verständigten sofort das Deutsche
Rote Kreuz, schilderten den Sachverhalt und kümmerten sich um die
Verletzte, bis ein Notarzt samt Krankenwagen eintraf. Auch die Polizeiinspektion Schifferstadt war mit ei-
nem Einsatzwagen vor Ort, nahm
Zeugenaussagen auf und fahndete
nach dem rücksichtslosen Radfahrer. Inzwischen ist die rüstige Rentnerin aus der Klinik entlassen und
wieder vollständig genesen. Und
voller Dankbarkeit für ihre Retterinnen in der Not: „Ohne die Hilfe der
beiden jungen Frauen hätte die Geschichte böse enden können.“
! SCHREIBEN SIE UNS!
쮿 Wenn auch Sie einen „Kavalier
der Straße“ kennen, schreiben Sie
an den
„Mannheimer Morgen“
„Kavalier der Straße“
z.Hd. von Heike Müller
Dudenstraße 12-26
68 167 Mannheim
쮿 Kontaktmöglichkeiten und Infor-
mationen gibt es auch über die
Internetadresse: kavalier-derstrasse.com
쮿 Der Aktion sind neben dem
„Mannheimer Morgen“ noch 37
weitere deutscheTageszeitungen
angeschlossen. mai
Der 13. September ist von einschlägigen medizinischen Fachgesellschaften zum „Welt-Sepsis-Tag“
ausgerufen worden. Bei dieser im
Volksmund auch Blutvergiftung genannten schweren Erkrankung handelt es sich um eine außer Kontrolle
geratene Entzündungsreaktion des
Körpers, die sofortiger intensivmedizinischer Behandlung bedarf. Die
Universitätsmedizin Mannheim ist
als eines von 17 Regionalzentren an
einem bundesweiten Kompetenznetz beteiligt und schließt sich daher
dem Bemühen an, die öffentliche
Aufmerksamkeit stärker auf diese
Erkrankung zu lenken. „Dieses Netzwerk hat zum Ziel, Diagnostik und
Therapie der Sepsis weiter zu verbessern,“ sagt Privat-Dozentin Dr.
Ursula Hoffmann, die das Mannheimer Regionalzentrum des vor zehn
Jahren gegründeten Netzwerks leitet. Die Expertin für Intensivmedizin
ist Oberärztin an der von Professor
Dr. med. Martin Borggrefe geleiteten
I. Medizinischen Universitätsklinik.
Die Sepsis stellt eine große Herausforderung für die Ärzte dar, da
sie aufgrund der Gefahr eines multiplen Organversagens häufig einen
tödlichen Ausgang nimmt.
red
Champagner“, bezahlen und so
kräftig mithelfen beim Gelingen des
großen Benefizfests, das der Feuerio
zugunsten der „MM“-Aktion „Wir
wollen helfen“ am Samstag, 29. September, rund um den Wasserturm
ausrichtet.
Jeweils einen Baustein zahlen bisher Bloomaul Peter Hofmann, Geschäftsführer der Firma Karl Berrang
GmbH, Mannheims Botschafter in
Stuttgart Prof. Dr. Dietmar von Hoyningen-Huene, Günter und Margit
Beier von der Firma Blumen-Beier,
Ursula Pistorius aus Mannheim, die
Firma T&K Wohnstudio Ludwigshafen, die Firma Gigaton von Axel Gutensohn aus Viernheim, die Firma
Immobilien Moeller GmbH, Mannheim, Werner Rummel, die Firma
Robert Steiner Importgroßhandel,
Karlheinz Schies sowie die Firma
Optik Born aus Mannheim – womit
das Grundgerüst des Champagnerstands steht. Fertig gebaut ist er aber
noch lange nicht – da darf man gerne
noch mitmachen!
Liefern wird ihn das Spezialgeschäft La Soiree Gourmande, und
zwar einen Grand Cru Champagner
aus einer der besten Lagen in der
Nähe von Reims. „Für uns eine tolle
Gelegenheit, das manchmal etwas
ramponierte Image von Champagner in Deutschland aufzubessern“,
so Inhaber Roland Isselhard, der zudem für die Tombola 24 Gutscheinen für ein Weinseminar am 25. Oktober, das er eigens ausrichtet, dazulegt.
pwr
i SPENDEN-ADRESSEN
Das Fest findet am
Samstag, 29. September
am Wasserturm statt.
Die Feuerio-Geschäftsstelle
in der Heppenheimer Straße 19,
68309 Mannheim-Käfertal,
ist Montag-Donnerstag 10-16 Uhr
und Freitag 10-13 Uhr besetzt.
Tel.: 0621/447700,
Fax 0621/406020,
Handy 0171/5837630,
E-Mail: [email protected],
Blumepeter-Spendenkonto:
Sparkasse Rhein-Neckar-Nord
(BLZ 670 505 05)
Kontonummer 30210026.
KALENDERBLATT
Vor 10 Jahren
Vor dem Schloss enthüllt Landesjustizminister Ulrich Goll ein Mahnmal
für NS-Justizopfer. Die Doppelstele
erinnert an 73 Menschen, die vom
Mannheimer
NS-Sondergericht
zum Tode verurteilt wurden.
Vor 25 Jahren
Teutsch Technikland präsentiert in
Anwesenheit von Bürgermeister Syren die Neuerungen der Funkausstellung – darunter eine Fünf-Stunden-Videokassette, eine VideoCompactdisc und Fernsehgeräte mit
extragroßem Bildschirm.
Vor 50 Jahren
Eine Fußgängerunterführung zwischen Theresienkrankenhaus und
AOK entsteht derzeit im Zuge der
Verbreiterung der Friedrich-EbertBrücke und ihrer zuführenden Straßen.