http://www.nomos-shop.de/productview.aspx?product=12886

Transcrição

http://www.nomos-shop.de/productview.aspx?product=12886
http://www.nomos-shop.de/productview.aspx?product=12886
Inhaltsverzeichnis
1.
Thema „Partizipation“ – eine Einordnung
Beate Bramstedt und Matthias Kron, Mainz 2010
13
2.
Einführung in das Thema
17
2.1 Wie ernst ist es uns mit dem „Kinder ernst nehmen?“
Eva Radlicki
17
2.2 Kinderbeteiligung – wie steht’s damit in Deutschland? Eine kurze
Bilanz
Roland Roth
3.
21
2.3 Kinder- und Menschenrechte – die Bedeutung der Beteiligung
Lothar Krappmann
27
2.4. Selbstwirksamkeit und Partizipation
Matthias Jerusalem
30
Kinderpartizipation – der verschränkte Blick
36
3.1 Interkulturelle Sportangebote und Medienkompetenz
3.1.1 Vorgestelltes Praxisprojekt: buntkicktgut – die internationale
Straßenfußballliga
3.1.2 Der verschränkte Blick: Medienpädagogik
Jürgen Lauffer
3.1.3 Der verschränkte Blick
38
3.2 Kommunale Stadtplanung und Empowerment
3.2.1 Vorgestelltes Praxisprojekt: Spielleitplanung Steinfurt
3.2.2 Der verschränkte Blick: Ressilienzforschung
Gerhard J. Suess
3.2.3 Der verschränkte Blick
47
47
47
3.3 Umweltbildung und Öffentlicher Raum
3.3.1 Vorgestelltes Praxisprojekt: Kinderwald Hannover
3.3.2 Der verschränkte Blick: Stadtplanung
Peter Apel
3.3.3 Der verschränkte Blick
53
53
53
38
38
45
52
59
9
http://www.nomos-shop.de/productview.aspx?product=12886
4.
3.4 Schule und Soziale Systeme
3.4.1 Vorgestelltes Projekt: Klassenrat der Grundschule Süd,
Landau
3.4.2 Der verschränkte Blick: Systemische Psychologie
Tom Levold
3.4.3 Der verschränkte Blick
61
3.5 Internetplattform & Positive Peer Culture
3.5.1 Vorgestelltes Praxisprojekt: www.spinxx.de
3.5.2 Der verschränkte Blick: Positive Peer Culture
Günther Opp
3.5.3 Der verschränkte Blick
65
65
65
3.6 Sportverein & soziale Nahräume
3.6.1 Vorgestelltes Praxisprojekt: Baumhausprojekt des SC
Nordwalde
3.6.2 Der verschränkte Blick: Familien- und
Sozialisationsforschung
Andreas Lange
3.6.3 Der verschränkte Blick
71
Schlaglichter
77
4.1 Beteiligung braucht Orientierung – Die Rolle der Erwachsenen
Bernhard Bueb
77
4.2 Beteiligen statt bevormunden – Politische Bildung im Interesse der
Kinder
Thomas Krüger
5.
10
61
61
63
69
71
71
75
82
4.3 Mitmischen statt Ausbaden
Ekin Deligöz
89
4.4 Der Nationale Aktionsplan für ein kindergerechtes Deutschland
Claudia Zinser/Max Roehrich
95
4.5 Qualität verpflichtet? Zur Qualität verpflichtet?
Jana Frädrich
103
4.6 NAP– Partizipation von Kindern und Jugendlichen
Martina Eisendle
108
Kinder ohne Einfluss?
Eine Studie der ZDF-Medienforschung zur Beteiligung von Kindern in
Familie, Schule und Wohnort in Deutschland 2009
Helmut Schneider, Waldemar Stange und Roland Roth
114
http://www.nomos-shop.de/productview.aspx?product=12886
5.1 Zur Relevanz der Beteiligung von Kindern
114
5.2. Zum Stand der Beteiligung von Kindern
5.2.1 Reflexion der bisherigen Forschung
5.2.2 Beteiligungspraxis von Kindern in Deutschland
117
117
119
5.3 Zentrale Befunde einer repräsentativen Studie zur Beteiligung von
Kindern in unterschiedlichen Lebensbereichen
5.3.1 Fragestellungen und Design der Untersuchung
5.3.2 Beschreibung der Stichproben
5.3.3 Zum Ausmaß der Mitbestimmung von Kindern in den
Lebensbereichen Familie, Schule und Wohnort
5.3.3.1 Mitbestimmung zu Hause
5.3.3.2 Mitbestimmung in der Schule
5.3.3.3 Mitbestimmung am Wohnort
5.3.3.4 Vergleichende Gegenüberstellung der Mitbestimmung
zu Hause, in der Schule und am Wohnort
5.3.4 Treiber und Bremser der Beteiligung von Kindern
5.3.4.1 Methodik
5.3.4.2 Ergebnisse für den Bereich Familie
5.3.4.3 Ergebnisse für den Bereich Schule
5.3.4.4 Ergebnisse für den Bereich Wohnort
5.3.4.5 Fazit zu den Einflussgrößen der
Mitbestimmungsintensität von Kindern
5.3.5 Zusammenfassende Würdigung der Untersuchungsergebnisse
6.
122
122
123
124
124
128
131
135
137
137
138
141
143
145
146
5.4. Schlussfolgerungen – was ist zu tun?
148
Anhang
153
6.1 Verzeichnis der Autoren
153
6.2 Literatur und Quellenverzeichnis
157
11
http://www.nomos-shop.de/productview.aspx?product=12886
2. Einführung in das Thema
2.1 Wie ernst ist es uns mit dem „Kinder ernst nehmen?“
Eva Radlicki
Ein Gedankenexperiment: Ein erwachsener Mensch hat ein persönliches Anliegen, für
das er sich stark macht. Er engagiert sich gegen Fluglärm, für eine Theater-AG an der
Schule seiner Tochter, er ist im Tierschutz aktiv oder er würde sich in Zeiten der Wirtschaftskrise für den Erhalt seines Arbeitsplatzes einsetzen und sich gemeinsam mit
Kolleginnen und Kollegen engagieren.
Die Reaktionen in der Öffentlichkeit, der Presse, aber auch bei den Adressaten seines Protests würden folgendermaßen ausfallen: „Es ist einfach erfrischend, wie sich
Herr Müller engagiert“. Oder: „Das war wirklich süß, wie Frau Becker vorgetragen
hat, dass sie diese Theater-AG haben möchte“. Oder: „Es ist doch einfach schön, wenn
Menschen einfach frech und frei heraus ihre Meinung sagen“.
Die Beispiele machen deutlich, dass die benutzten Attribute diesen Menschen und
sein Anliegen klein machen würden. Diejenigen, die Anliegen und Person beurteilen,
betrachten sich als überlegen, als klüger, als erfahrener – anders ausgedrückt: als erwachsener?
Selbst wenn wir glauben, dass wir Kinder gleichberechtigt gegenübertreten, dass
wir sie partizipieren lassen, dass wir ihre Anliegen ernst nehmen, benutzen wir als
Erwachsene häufig exakt diese Attribute, um das Engagement von Kindern zu beschreiben. Kinder stellen „freche“ Fragen, sie sind „erfrischend“ oder „süß“ – wenn
sie sich engagieren. Ob bewusst oder unbewusst, halten wir Kinder dadurch klein, wir
reden mit ihnen nicht wie mit gleichberechtigten Partnern und unterstützen sie auch in
ihrem Anliegen nicht, sondern weisen ihnen die Kinderecke zu.
Natürlich sind Kinder noch Kinder und Erwachsene eben erwachsen. Erwachsene
wissen mehr, haben mehr Erfahrung und können vielleicht einzelne Situationen besser
einschätzen. Aber auch ein Arzt weiß mehr über Körper und Gesundheit, als der Patient, trotzdem wünschen wir uns einen gleichberechtigten Dialog, wenn Ärzte mit uns
sprechen. Und fühlen uns zu Recht nicht ernst genommen, wenn der Arzt sich nicht
darauf einlässt.
Es ist an den Erwachsenen zu prüfen, ob sie die Anliegen von Kindern ernsthaft
hören wollen und, ob ihnen tatsächlich Instrumente und Selbstvertrauen gegeben werden, sich für ihre Dinge zu engagieren.
Demokratie bemisst sich auch daran, wie gut sie die Stimme der Schwächsten hört.
Für mich gehören starke und befähigte Kinder und ihre Stimme essenziell zu einer
demokratischen Gesellschaft.
17
http://www.nomos-shop.de/productview.aspx?product=12886
Aber was braucht es, um Kinder zu befähigen? Außer dass jede und jeder von uns
sich selber prüfen muss, inwieweit es uns ernst ist, mit dem „Kinder ernst nehmen“?
Als Redaktionsleiterin, die Informationsprogramme für Kinder verantwortet, heißt das
für mich, den Paragraph 17 der Kinderrechtskonvention der UN als Auftrag zu betrachten. Denn nur wer informiert ist, kann fundiert mitreden.
Für Erwachsene gibt es viele Informationsquellen: die Nachrichten, Zeitschriften
und Zeitungen, die Möglichkeit, sich im Internet zu informieren oder die Möglichkeit
der Bürgerhearings zu lokalen Fragen. Es ist ein gutes Bürgerrecht, über die Dinge
informiert zu werden, die uns betreffen – in einer Form, die verständlich ist. Dieses
Bürgerrecht gilt für alle Bürger, auch für die Kinder. Von daher ist es mir ein Herzensanliegen, dass Kinder beim ZDF Nachrichten bekommen, die ihnen eine reiche
und altersgerechte Quelle an profunden Informationen bieten. Um ihnen dabei zu helfen, sich eine Meinung zu bilden und ihre Umwelt aktiv gestalten zu können.
Nur wer informiert ist, kann mitreden
Information ist die Voraussetzung für tatsächliche Beteiligung, denn nur, wer informiert ist, kann substanziell mitreden. Nicht umsonst wird in autoritären oder diktatorischen Staaten die Presse kontrolliert. Den Bürgerinnen und Bürgern wird bewusst
Information vorenthalten, damit es möglichst schwer wird, sich eine eigene unabhängige Meinung zu bilden und bei politischen Prozessen mitzureden. So hält man Menschen unmündig.
Aber wir wollen ja, dass Kinder mitreden. Wie macht logo! das, Kinder so zu informieren, dass sie mitreden können?
Der direkte Kontakt mit den Zuschauern ist für die Redaktion Lebenselixier. Das
direkte Gespräch, Schulbesuche, E-Mails und Telefonate. Obwohl bei logo! Erwachsene Nachrichten für Kinder machen: Sie sprechen partnerschaftlich und gleichberechtigt mit den Zuschauern. Symmetrische Kommunikation findet statt. logo! belehrt
Kinder nicht, sondern eröffnet ihnen Perspektiven. Dafür müssen die Redakteurinnen
und Redakteure wissen, wie Kinder denken und fühlen.
Man muss also viel über Kinder wissen, um sie so zu informieren, dass sie mitreden
können. Die Redaktion erörtert täglich, welche Frage sich zu einem Thema – über das
man berichten möchte – aus der Kinderperspektive ableiten lässt.
Kinder haben feste moralische Maßstäbe und Werte, nach denen sie die Vorgänge
in ihrer Umgebung einordnen. Gerecht oder gemein, hilfsbereit oder egoistisch, fair
oder hinterhältig, beschützt oder hilflos, mächtig oder schwach – um nur ein paar Beispiele zu nennen. logo! holt die Kinder bei ihren Maßstäben und Werten ab. Jedes
Nachrichtenthema wird daraufhin überprüft, ob sich aus dem kindlichen Wertekodex
eine Frage dazu stellen lässt.
Wenn man sie fragt, sagen Kinder, dass Politik sie eigentlich nicht interessiert. Erst
wenn sie verstehen, was Politik mit ihrem Leben zu tun hat, wird sie für Kinder interessant. Deshalb ist es so wichtig für logo!, an der Erfahrungswelt und dem skizzierten
Wertekodex der Kinder anzusetzen. Wenn die entsprechende Frage aus der Kinder18
http://www.nomos-shop.de/productview.aspx?product=12886
perspektive gefunden ist, ist es die Aufgabe der Redaktion passende und kreative Ideen
zu einer kindgerechten Umsetzung zu suchen. Meistens findet die Erklärung der komplexen Sachverhalte in den so genannten „logo! Erklärstücken“ statt.
Der Erklärgegenstand wird inhaltlich reduziert und dann grafisch aufbereitet. Dafür
gilt es sehr gründlich zu recherchieren, denn um Informationen zu vereinfachen, ohne
dabei sachlich falsch zu werden, müssen die Redakteurinnen und Redakteure die Hintergründe sehr exakt kennen. Das Erklären findet zudem in angemessener Sprache statt
– klar und präzise – kurze Sätze. Sicherlich ist die Sprech-Haltung bei logo! gleichzeitig auch locker und die Wortwahl manchmal umgangssprachlich, da wo es passt.
Eine distanzierte Sprechhaltung weckt kein Interesse.
logo! erklärt aber nicht nur Fakten. Die Erfahrung hat gezeigt, nur was emotional
berührt, wird auch als relevant behalten. Von daher mischt logo! die sachlichen Erklärungen mit Hintergrundinformationen, berichtet von betroffenen Familien oder
Kindern. Sobald Kinder eine sachliche Erklärung mit einer persönlichen Geschichte
verknüpfen können, wird die Information sehr gut behalten, eingeordnet und rekapituliert.
Aktiv mitgestalten – Kinder als wirksam erleben
Erklärstücke sind ein wichtiger Teil von logo!, die Sendung beteiligt die Zuschauer
aber auch durch zwei feste Rubriken. Kinder spielen in der Sendung eine aktive Rolle.
Das eine sind die logo! Kinderreporter, die die „Großen“ dieser Welt interviewen.
Im Jahr 2009 war logo! im Bundestagswahlkampf mit den Kinderreportern bei allen
Parteispitzenkandidaten, aber auch Herrn Barroso, der Dalai Lama, Michael Ballack,
Königin Sylvia, Tokio Hotel wurden unter anderem von den Kinderreportern in die
Mangel genommen.
Es ist die Aufgabe der Redaktion, die Kinderreporter intensiv zu betreuen. Gemeinsam mit den Kindern wird Hintergrundwissen zu ihren Fragen gesammelt. Dann
wird mit ihnen in Rollenspielen ihr Interview geprobt; denn natürlich haben auch Kinder Respekt vor großen Namen. Daher ist es wichtig, ihnen das Selbstvertrauen und
die Sicherheit mit auf dem Weg zu geben, dass sie alles fragen dürfen und dass sie
nachfragen, wenn ihnen eine Antwort nicht ausreicht oder wenn sie etwas nicht verstehen.
Die Gesprächspartner müssen in ihrem Blick auf die Kinder ebenfalls durch die
Redaktion überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Denn es geht eben nicht
darum, dass ein paar „süße Kleine“ ein paar „freche“, „nette“ Fragen stellen. Es geht
auch nicht darum, dass sich der Befragte als kinderfreundlicher Politiker oder Promi
profilieren will oder kann. Vielmehr soll er oder sie den Kindern zuzuhören und ihnen
ehrlich und gleichberechtigt antworten. Dieser Part des Erwachsenenbriefings ist für
die Redaktion bei den Kinderreporterinterviews oft der schwerste.
Und die zweite Rubrik, in der Kinder aktiv mitgestalten, ist die logo! Redezeit, in
der Kinder vor laufender Kamera ihr Anliegen einem politisch Verantwortlichen vortragen und diskutieren können, welche Lösungsmöglichkeiten es gibt.
19
http://www.nomos-shop.de/productview.aspx?product=12886
Durch die logo! Redezeit und die logo! Kinderreporter wird das Verständnis für
demokratische Strukturen und Entscheidungsfindungen gestärkt. Die jungen Zuschauer sehen, dass Politik von Menschen gemacht wird, und können ihr Anliegen als einen
Teil von Politik begreifen.
Wenn Kinder vor dem Bildschirm erleben, dass Gleichaltrige mit politisch Verantwortlichen oder anderen Erwachsenen diskutieren, spiegelt ihnen das Wertschätzung
ihrer Fragen und Angelegenheiten. Dass die Kinder in der logo!-Sendung selbstbewusst und stark auftreten, hat über die Berichterstattung hinaus eine Signalwirkung
für die Zuschauer: Ihr könnt euch beteiligen, eure Fragen sind berechtigt, ihr seid
wichtig, genauso wichtig wie alle anderen Menschen, die in diesem Land leben –
genauso wichtig, wie die Erwachsenen.
logo! macht Kinder stark und macht ihnen Mut, sich einzumischen, mitzureden und
ihre Interessen zu artikulieren.
20
http://www.nomos-shop.de/productview.aspx?product=12886
2.2 Kinderbeteiligung – wie steht’s damit in Deutschland? Eine kurze Bilanz
Roland Roth
Die Überzeugung, dass Beteiligung keine Gnade, keine schöne und deshalb seltene
Sache, sondern ein zentrales Kinderrecht ist, setzt sich nur zögerlich durch. Am besten
sieht es noch in den Familien aus. Mit zunehmendem Alter beteiligen sich dort mehr
als die Hälfte bis zu Dreiviertel der Kinder an den für sie wichtigen Entscheidungen.
Mitsprache in der Familie ist eine Alltagserfahrung von vielen, wenn auch nicht allen
Kindern, die zu deren Zufriedenheit und Glück beiträgt. Weit weniger glücklich sind
sie in ihren Schulen. Beteiligung wird dort eher als Ausnahme erfahren und nur bei
unterrichtsfernen Themen gewährt (z.B. die Auswahl des Ziels der Klassenfahrt). Noch
etwas schlechter sieht es in den Kommunen aus. Nur eine kleine Minderheit (etwa
jedes 10. Kind) wird von deren Beteiligungsangeboten erreicht – und dies in zumeist
kurzfristigen Projekten mit unzulänglicher Unterstützung durch Erwachsene oder in
Kinderparlamenten, die nicht viel mehr als ein unverbindliches Probesitzen anzubieten
haben. Was zumeist fehlt, darin ist sich die große Mehrheit der Fachöffentlichkeit
einig, sind strukturelle Verankerungen und verbindliche rechtliche Regelungen.
Immerhin machen die zahlreichen guten Projekte deutlich, dass und wie wirksame
Beteiligung möglich ist. Dies gilt bereits für kleine Kinder, wie beteiligungsorientierte
Kita-Verfassungen in einem Modellprojekt in Schleswig-Holstein demonstriert haben,
setzt sich fort in den Initiativen für einflussreiche Schülerräte des 2007 beendeten
Bund-Länder-Programms „Demokratie lernen & leben“ und hört bei anspruchsvollen
kommunalen Kinder- und Jugendvertretungen mit eigenem Budget und Einfluss nicht
auf, wie z.B. dem Jugendstadtrat in Solingen. Diese positiven Beispiele können nicht
darüber hinwegtäuschen, dass wir es insgesamt mit einem sehr löchrigen Flickenteppich zu tun haben, wenn wir auf die Beteiligungslandschaft für Kinder und Jugendliche
schauen. „Zu selten, zu wenig, ohne Wirkung“ lautet auch die jüngste Bilanz des Bundesjugendkuratoriums in Sachen Partizipation, eine Stellungnahme, die bereits zu Beginn des Jahrzehnts ähnlich ausgefallen war. Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist so groß, dass nicht nur Kinderanwälte wie das Deutsche Kinderhilfswerk
darin einen „eklatanten Verstoß“ gegen Partizipationsrechte sehen, wie sie in der –
auch von der Bundesrepublik 1992 ratifizierten – Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen garantiert sind.
Ähnliche und schlechtere Befunde lassen sich sicher auch für einige Nachbarländer
finden. In Sachen Kinderbeteiligung scheint die Bundesrepublik bestenfalls Mittelmaß. Mutiger ist man zum Beispiel in Finnland, wo es seit einigen Jahren eine gesetzliche Verpflichtung für Kommunen gibt, Kinder und Jugendliche an den sie betreffenden Belangen zu beteiligen, die eine rege Praxis ausgelöst hat. Wie alle anderen
Einwohner auch, sollen Kinder unter anderem über das Angebot an sie betreffende
Dienste und Einrichtungen mitentscheiden. Österreich hat ein „Generationen Mainstreaming“ eingeführt, das Gesetze auf ihre Auswirkungen auf verschiedene Altersgruppen überprüft. In südafrikanischen Städten werden Haushalte danach aufgeschlüsselt, welche Altersgruppen in welchem Umfang von öffentlichen Mitteln profitieren.
21
http://www.nomos-shop.de/productview.aspx?product=12886
Brasilianische Städte haben Kinder und Jugendliche gezielt in die Aushandlung von
Bürgerhaushalten einbezogen oder ihnen gleich einen beachtlichen Teil ihrer Finanzen
zur Verfügung gestellt, die von Kinder- und Jugendvertretungen verwaltet werden.
Im jüngsten Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der Kinderrechte formuliert
das zuständige Bundesministerium für die kommunale Ebene kritisch, was in ähnlicher
Form für die Partizipation von Kindern und Jugendlichen insgesamt gelten kann:
„Meist beschränkt sich die Beteiligung in der Gemeinde ... auf einige wenige
Bereiche – Prototypen sind die Spielplatzgestaltung oder der Jugendtreff. Für
eine umfassende politische Beteiligung auch an konfliktträchtigeren Themen
wie Stadtentwicklung, Bauleitplanung, Verkehrsgestaltung oder Umweltfragen
fehlen oft noch Wille und Mut. Die Bereitschaft der Erwachsenen, Entscheidungsmacht mit den Kindern und Jugendlichen zu teilen, lässt sich deutlich
steigern.“ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
2006: 57)
Diese Barriere lässt sich auf allen politischen Ebenen beobachten. Die Herabsetzung
des Wahlalters auf Bundesebene könnte die Machtposition von Kindern ebenso verbessern wie die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz. Bislang hat sich nur ein
Bundesland (Schleswig-Holstein) durchringen können, die kommunale Kinder- und
Jugendbeteiligung als Pflichtaufgabe in der Gemeindeordnung zu verankern. In den
gesetzlichen Regelungen für die Einrichtungen, die den Alltag von Kindern stark prägen, wie zum Beispiel Kitas und Schulen, existieren zwar häufiger allgemeine Bekenntnisse zur Beteiligung, aber dort, wo es um verbindliche Regelungen und Mitsprache geht, bleiben Kinder zumeist randständig. Dies entspricht durchaus ihrer eigenen Wahrnehmung, wie neuere Befragungen verdeutlichen.
Dass nur wenige Bundesländer in die Ausbildung von Moderatoren investieren, die
gerade bei jüngeren Kindern notwendig sind, um immer wieder erfolgreiche Beteiligungsprozesse zu ermöglichen, zeigt, wie wenig bislang auf eine systematische Verankerung von Beteiligung in den Lehrplänen dieser Einrichtungen gesetzt wird.
In den letzten Jahren hat sich die Beteiligungsdebatte erneut belebt. Es ist zu hoffen,
dass sie tatsächlich nur in den „Kinderschuhen“ steckt, denn dann bestünde Hoffnung
auf anhaltendes Wachstum.
Gute Gründe für Mitwirkung.
Was heißt eigentlich Qualität in der Kinderpartizipation?
Die oben zitierte Defizitmeldung ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, wie wenig
Widerspruch gegen einen weiteren Ausbau von Beteiligungschancen für Kinder heute
noch geäußert wird. Im Gegenteil: „Wir werden die Partizipation von Kindern und
Jugendlichen von Anbeginn fördern und uns dafür einsetzen, dass Kinder und Jugendliche ihre Lebenswelten und die Gesellschaft ihrem Alter gemäß mitgestalten
können“. Diese Passage aus dem Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung
22
http://www.nomos-shop.de/productview.aspx?product=12886
könnte den Eindruck vermitteln, es brauchte keine starken Argumente für Kinderbeteiligung mehr. Wir haben verstanden! Die beschriebene Beteiligungslandschaft vermittelt einen gänzlich anderen Eindruck.
Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit wird mit einer wachsenden Zahl
von guten Argumenten für mehr Beteiligung traktiert. Insgesamt gibt es inzwischen
weit mehr davon, als eigentlich nötig sein sollten. Sie lassen sich unterscheiden in
funktionale Argumente, das heißt, an bestimmten Zielen orientiert und in eher systematische Argumente, die am Wohl des Kindes ausgerichtet sind, seinem Status als
Subjekt von Anfang an und die es gleichzeitig als sich entwickelndes Wesen ernst
nehmen. Die Kinderrechtskonvention spricht von „evolving capacities“ als dem einzig
in den Kindern selbst begründeten Maßstab, an dem sich Beteiligung zu orientieren
habe. Es geht in dieser wichtigsten systematischen Begründung um das Zusammenspiel der drei „P“s: Participation, Provision und Protection. – Sorge, Schutz und Beteiligung gehören danach zusammen. Die elterliche Sorge darf nicht entmündigen, im
Namen des Schutzes dürfen Kinderwünsche nicht einfach ausgehebelt werden. Es
braucht Aushandlungsprozesse, um die Spannungen zwischen diesen Prinzipien zu
bearbeiten, indem die Stimme der Kinder Gewicht erhält. Partizipation findet dort
Grenzen, wo zum Beispiel Selbstgefährdung droht.
Zu den systematischen Begründungen gehört sicherlich heute auch die des Demokratielernens, die allerdings eng mit der menschenrechtlichen Begründung verknüpft
ist. Erlebte Beteiligungserfahrungen und Aushandlungsprozesse, die dabei erworbenen sozialen Kompetenzen und zivilen Orientierungen (gewaltfreier Konfliktaustrag
etc.) bieten besondere Chancen zur Selbstverwirklichung und der Entfaltung der eigenen Kompetenzen. Schon frühzeitig zu lernen, sich zu engagieren, wird zur Grundlage einer aktiven Bürgerschaft, die heute als demokratisches Leitbild gilt. Diese Begründung lässt sich auch funktional lesen. Die Zukunftsfähigkeit demokratischer Gemeinwesen hängt demnach nicht zuletzt davon ab, ob Kinder und Jugendliche Demokratie leben und lernen können. Beteiligung von Anfang an dürfte hierfür die beste
Voraussetzung sein. Diese Sichtweise hat weitgehend die Vorstellung abgelöst, die
Beteiligung von Kindern sei – zu ihrem eigenen Schutz oder wegen fehlender Kompetenzen – auf Spielwiesen und auf Probehandeln zu begrenzen, denn ernst werde es
erst mit Volljährigkeit. Symbolische Beteiligungsformen gelten demgegenüber heute
als sicheres Mittel, um Verdrossenheit zu erzeugen und Beteiligung nachhaltig zu hintertreiben.
Zu den systematischen Begründungen gehört heute sicherlich auch die Verknüpfung von Bildungs- und Lernprozessen mit Selbstorganisation und Selbstregulierung.
Nur Beteiligung und Mitwirkung sichern demnach jenes Maß an Selbsttätigkeit, das
für die Qualität von Lernprozessen entscheidend ist. Dies ist eine Absage an Trichtermodelle oder Formen der pädagogischen Wissensvermittlung, die Kinder als passive
Empfänger betrachten. Diese Sicht des selbstregulierten Lernens knüpft zwar an ältere
Modelle der Reformpädagogik an, hat aber erst in jüngerer Zeit an Boden gewonnen
und zu einer Aufwertung der Bildungswirkung von Beteiligungsprozessen innerhalb
und außerhalb der Schule geführt.
23
http://www.nomos-shop.de/productview.aspx?product=12886
Auf dem Wege zu einer systematischen Begründung ist das Zusammenspiel von
Gesundheit und Beteiligung. In dem Maße wie Gesundheit nicht auf die Abwesenheit
von Krankheit reduziert, sondern als Wohlbefinden verstanden wird (wie in der Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation), gerät die Verfügung über den eigenen
Körper und die eigenen Lebensumstände in den Blick. Dafür ist Beteiligung und
Selbstbestimmung ein entscheidender Schlüssel. Gesundheits- und Selbsthilfebewegungen haben zur Ausbreitung dieses Gesundheitsverständnisses in den letzten Jahrzehnten erheblich beigetragen, ohne jedoch die klassische krankheitsorientierte Sicht
ablösen zu können.
An funktionalen Begründungen herrscht kein Mangel. Beteiligung kann Kinder zu
Experten in Planungsprozessen machen, deren Rat dazu beiträgt, Kindereinrichtungen,
Spielplätze und vieles andere mehr stärker an den Interessen der Nutzer zu orientieren.
Ihre aktive Beteiligung gilt zudem als Garantie gegen Vandalismus oder andere Formen der Verweigerung. Auf die Erwartung, dass aktive Beteiligung zur Prävention
beiträgt, bauen viele Gesundheitsprogramme und Aufklärungsprogramme. Demokratische Beteiligungserfahrungen werden als Prävention gegen die Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts ins Spiel gebracht. In Beteiligungsprozessen wird zudem jene
Anerkennungserfahrung erwartet, die vielfältige Präventionswirkungen entfalten soll.
Dies verweist gleichzeitig auf Partizipation als aktives Integrationsangebot, das heute
integrationspolitisch verstärkt in allen institutionellen Kontexten – vom Vereinssport
bis zu interreligiösen Trialogen – genutzt wird.
In Zeiten des demografischen Wandels werden Kinder (und ihre Eltern) zu einer
wichtigen Zielgruppe in der interkommunalen und regionalen Konkurrenz. Beteiligung wird als aktives Angebot gesehen, um die Kinderfreundlichkeit einer Kommune
oder eines Landes zu betonen und damit jüngere Bevölkerungsgruppen anzuziehen
oder zu halten.
Da Kinder und Jugendliche in unseren Gesellschaften zu einer Minderheit geworden
sind, wird mehr Partizipation als Mittel angesehen, um zu mehr Generationengerechtigkeit beizutragen, indem die Belange der nachwachsenden Generation verstärkt
sichtbar werden. In eine ähnliche Richtung weist auch die Sorge um die Innovationsfähigkeit unserer Gesellschaft und besonders der Wirtschaft. Die stärkere Beteiligung
von Kindern und Jugendlichen soll hier ein Gegengewicht zu demografischen Trends
schaffen.
Schließlich wird ein Mehr an Beteiligung und Selbstbestimmung von Kindern und
Jugendlichen als unabdingbar betrachtet, um ihnen Antworten auf gesellschaftliche
Umbrüche zu ermöglichen, für die in der Erwachsenenwelt keine Vorlagen existieren.
Das Spektrum dieser Herausforderungen reicht von ökologischen Krisen bis zu ökonomischen Umbrüchen, die Kindheit und Jugend heute zu Experimentierphasen in
einem weitgehend unbekannten und unbeherrschten Gelände machen. Jedenfalls taugen die verrinnenden Sicherheiten der Erwachsenenwelt immer weniger als Wegmarken für die nachwachsende Generation. Sie ist gezwungen, ihre eigenen Antworten zu
finden. Dies verlangt Partizipation und eigene Gestaltungsspielräume.
Meist finden sich Mischungen solcher Begründungen. Den systematischen Argumenten dürfte der Vorzug gebühren, denn sie sind robuster und weniger enttäu24
http://www.nomos-shop.de/productview.aspx?product=12886
schungsanfällig. Funktionale Argumente stehen stärker unter Bewährungs- und Erfolgsdruck. Außerdem gibt es für die dort ins Visier genommenen Probleme immer
auch andere, nicht auf Beteiligung setzende Antworten.
Gründe sind auch wichtig, wenn es um die Beurteilung von Beteiligungsqualität
geht. Funktionale Erwartungen enthalten Ziele, an denen sich das Gelingen von Beteiligungsprozessen zu bewähren hat. In einer eher systematischen Perspektive und mit
Blick auf eine Fülle misslungener oder nicht nachgefragter Beteiligungsangebote kann
heute als gesichert gelten, dass Kinder Beteiligung als umso gelungener erfahren,
n
n
n
n
n
je stärker sie Einfluss auf Themen und Ausgestaltung nehmen können,
je mehr Handlungsspielräume, Ressourcen und Unterstützung ihnen zur Verfügung stehen,
je stärker es um für sie bedeutsame Anliegen und reale Lösungen geht,
je mehr Unterstützung und Anerkennung sie dabei durch Erwachsene erfahren,
ohne bevormundet werden,
je mehr es gelingt, in überschaubaren Zeiträumen sichtbare Ergebnisse zu erzielen.
Können solche Voraussetzungen nicht garantiert werden, droht das Angebot von den
beteiligten Kindern als bloße Symbolik oder Instrumentalisierungsversuch erlebt zu
werden und damit, vielleicht sogar dauerhaft, abschreckend zu wirken.
Alles für, aber nichts durch die Kinder?
Der ‚Schonraum Kindheit’ und andere Mythen, die Partizipation verhindern
Kein Schonraum nirgends! Die „behütete“ Kindheit erscheint wie ein Bild aus fernen
Zeiten. Ohne zu konträren Diagnosen wie dem Schwinden, ja Verschwinden von
Kindheit und Jugend als geschützten Entwicklungsräumen (Chinesischlernen im Kindergarten, damit der Nachwuchs für den Konkurrenzkampf gerüstet ist) zu greifen,
sollten Erwachsene zur Kenntnis nehmen, dass Kinder heute vor Entwicklungsaufgaben und gesellschaftlichen Problembergen stehen, die anders gelagert sind. Was die
Erwachsenengeneration an sozialen Sicherheiten für garantiert halten konnte – vom
individuellen Aufstieg bis zur sicheren dynamischen Rente –, scheint heute unerreichbar, verlangt zumindest ganz andere individuelle Anstrengungen. Partizipation kann
als Versuch begriffen werden, dafür Räume und Handlungsmöglichkeiten freizugeben.
Deshalb wehren sich Kinder auch völlig zu Recht, wenn sie als „die Zukunft“ dargestellt werden. Sie wollen auch Gegenwart sein, das heißt im Hier und Heute Einfluss
nehmen, um ihre Anliegen, Wünsche, Probleme und Perspektiven einbringen zu können. Zukunft zu sein, enthält oft die Androhung, heute nichts zu sagen zu haben, warten
zu müssen, zuschauen zu sollen. Die Rede von der Zukunft soll das Abdrängen in
„Spielräume“, ins unverbindliche und folgenlose Probehandeln rechtfertigen. Die
Kehrseite der Vertröstung in die Zukunft ist die Weigerung der Erwachsenen Macht
abzugeben. Es fehlt das Vertrauen darauf, dass die Beteiligung von Kindern die gemeinsame Handlungsfähigkeit in Familien, in der Schule oder der Kommune steigern
kann, das heißt zu einem Machtzuwachs im Sinne von größerer Gestaltungsfähigkeit
25
http://www.nomos-shop.de/productview.aspx?product=12886
führen kann. Gelungene Beteiligungsprojekte und aktive Kinderparlamente machen
dies deutlich, wenn sie zum Beispiel selbst die Begleitung von neu ankommenden
Kindern und Jugendlichen durch Gleichaltrige organisieren, damit sie schneller heimisch werden, oder mit eigenen Netzseiten für eine Kinderöffentlichkeit sorgen, die
es zuvor nicht gab.
Dass die Überlassung von Gestaltungsspielräumen so schwer fällt, verweist auf ein
Einstellungsmuster, das vielen Erwachsenen den Weg zu mehr Kinderbeteiligung verstellt. Dies ist die Überzeugung, dass Kinder nicht ausreichend kompetent, erfahren,
verantwortlich, schlicht nicht erwachsen genug sind, um eine gewichtige Stimme zu
haben. „Adultismus“ nennt man dieses Vorurteil, das sich auf vielfältige Weise bestätigt sehen kann: durch halbherzige, unprofessionelle und misslungene Beteiligungsprozesse, durch fehlende Nachfrage bei den Kindern, durch unerwünschte Ergebnisse
etc. Solange Kinder und ihre Unterstützer Beteiligung nicht einfordern, spricht auch
der Status quo für den Adultismus, denn es geht ja offensichtlich auch ohne.
Solche Zirkel dürften nur durch den sanften Zwang rechtlicher Vorgaben aufzubrechen sein. Auf dem Wege zu Kinderrechten in der Verfassung oder der Ausgestaltung eines Schülerrats könnte jener argumentative Druck gestärkt werden, der dazu
führt, dass solche Rechte nicht ungenutzt in den Schubladen bleiben, sondern als ein
wichtiger Beitrag zu einer Bürgerdemokratie begriffen werden, für die Kinder- und
Jugendbeteiligung eine unabdingbare Voraussetzung darstellt.
Ein letzter Widerstand scheint nur noch schwach. Die Nachkriegsjahrzehnte der
Bundesrepublik waren durch ein konservatives Familienbild geprägt, das stark auf die
väterliche Autorität setzte und den übrigen Familienmitgliedern nachgeordnete Rollen
zuwies. Kinder sollten sich durch ihre Eltern, vor allem dem Vater, in allen Belangen
vertreten sehen. Eigene Kinderrechte wurden und werden in konservativen Kreisen
deshalb als „Angriff auf die Familie“ abgewehrt. Die vorliegenden sozialwissenschaftlichen Aussagen versichern, dass wir es heute überwiegend mit Verhandlungsfamilien zu tun haben, in denen auch Kinder eine Stimme haben. Jedenfalls kann der
Verweis auf konservative Familienmuster heute keine Rechtfertigung sein, an der
Weigerung festzuhalten, Kinderpartizipation in allen öffentlichen Bereichen zu ermöglichen.
26

Documentos relacionados