Schädlinge und Nützlingseinsatz am Weihnachtsstern

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Schädlinge und Nützlingseinsatz am Weihnachtsstern
Schädlinge und Nützlingseinsatz am
Weihnachtsstern
Der Weihnachtsstern (Euphorbia pulcherrima) wurde von den
Medien lange Zeit als die Pflanze bezeichnet, die angeblich mit
besonders hohem Energie- und Pflanzenschutzmittelaufwand
produziert wird. Mittlerweile gibt es viele Sorten, die bei niedrigen
Temperaturen mit geringem Einsatz an Wachstumsregulatoren
und Fungiziden produziert werden können. Auf Insektizide kann
durch den Nützlingseinsatz häufig ganz verzichtet werden. Fungizideinsätze können durch eine sachgerechte Kulturführung reduziert werden. Die Schädlinge am Weihnachtsstern und die gegen
sie eingesetzten Nützlingsarten sowie weitere Aspekte des Nützlingseinsatzes werden hier abgehandelt.
1) Schädlings- und Nützlingsarten
Weiße Fliegen (Aleyrodidae, häufig Gemeine Gewächshaus Weiße Fliege
Trialeurodes vaporariorum und seltener Tabak Weiße Fliege Bemisia tabaci )
Diese kleinen Mottenschildläuse (ca. 2 mm) sind durch selbst aufgetragenen Wachsstaub hellweiß gefärbt. Ausgewachsene Tiere findet man häufig
unter den jüngeren Blättern. Die Jugendstadien sitzen tiefer auf der Pflanze.
Diese Hauptschädlinge an den Weihnachtssternen schädigen die Pflanzen
durch Nährstoffentzug und die Abgabe von klebrigem Honigtau. Auf dem
siedeln sich Schwärzepilze an. Solche Pflanzen sind nicht vermarktbar.
Schlupfwespe Encarsia formosa
Nymphen von Trialeurodes vaporariorum
(schwarz: parasitierte Individuen)
Gelbtafeleinsatz
Weiße Fliege Trialeurodes vaporariorum
Schlupfwespe Encarsia formosa
Der natürliche Gegenspieler von Trialeurodes vaporariorum ist die Schlupfwespe Encarsia formosa. Diese Wespe ist nur 0,7 mm groß, der Kopf und
die Brust sind dunkelgrün, der Hinterleib des Weibchens gelb gefärbt. Die
Männchen mit dunklem Hinterleib sind sehr selten. Die Weibchen legen
Eier ab Temperaturen von über 18 °C in die Jugendstadien der Weiße Fliege
Art ab, die dadurch abgetötet werden und sich schwarz färben. Aus einer
schwarz gefärbten Nymphe schlüpft später eine Schlupfwespe. Auch
durch die Aufnahme von Körperflüssigkeit töten sie Jugendstadien. Die
Wespe wirkt auch gegen Bemisia tabaci. Parasitierte Stadien färben sich
braun. In Poinsettien sollte eine E. formosa von Kulturbeginn an wöchentlich auf drei Pflanzen freigelassen werden. Bei Jungpflanzen können zu
Anfang auch höhere Schlupfwespenmengen sinnvoll sein. Eine stärkere
Belegung (Herdbelegung) von sichtbar mit Weißen Fliegen besetzten Pflanzen ist zu empfehlen. Beleimte Gelbtafeln sind eine Methode den Befall zu
überwachen. Speziell gegen die Weiße Fliege der Baumwolle werden noch
zwei weitere Schlupfwespen (Eretmocerus mundus und E. eremicus) angeboten. Beide Arten sind weniger gute Gegenspieler als E. formosa und
sollten stets mit dieser Wespe gemeinsam eingesetzt werden. In letzter Zeit
macht eine weitere Weiße Fliege von sich reden. Lecanoideus floccissimus
(Homoptera, Aleyrodidae) ist nicht mit den oben genannten Nützlingen
zu bekämpfen. In der Regel funktioniert der Schlupfwespeneinsatz an Poinsettien sehr gut. Nur wenn für
die Schlupfwespen unverträgliche Pflanzenschutzmittel angewandt wurden, kann es zu Misserfolgen
kommen (s. u.).
Trauermücken (Sciaridae, häufig Bradysia paupera)
Die schlanken Mücken werden häufig auch in Wohnungen lästig. Sie sind
mit langen Beinen ausgestattet. Neben langen, nach vorn gehaltenen Antennen zeichnet sie eine meist schwarze, artabhängig seltener braune oder
gelbe Färbung aus. Sie sind 1 bis 11 mm lang (B. paupera nur 3 mm). Sie
halten sich auf dem Substrat, in Spinnweben und unter Blättern auf. Trauermücken sind schlechte Flieger. Die durchscheinenden Eier werden einzeln
oder zu mehreren ins Substrat abgelegt. Die Larven, die sich hier oder im
pflanzlichen Material aufhalten, sind 5 bis 11 mm lang und weißlich durchTrauermücke Bradysia paupera
scheinend. Sie besitzen eine braune oder schwarze Kopfkapsel. Die Larven
schädigen in der Regel Stecklinge und Jungpflanzen. Stecklinge werden
ausgehöhlt und die Wurzeln der Jungpflanzen können geschädigt werden. Selten treten sie auch in den Stängeln
älterer Pflanzen auf. Die Mücken werden häufig durch Pilzwachstum an Pflanzen oder im Substrat angelockt.
Nematoden (Steinernema feltiae)
Insektenpathogene Nematoden der Arten Steinernema feltiae und S. carpocapsae
Diese Nematodenarten parasitieren die Trauermückenlarven und töten sie
ab. Abgetötete Larven färben sich weiß. Schon nach einer Woche kann die
parasitierte Trauermückenlarve bis auf die Kopfkapsel völlig verschwunden
sein. Nematoden lassen sich mit der Gießkanne, mit Saugpumpe und
Gießbrause, aber auch mit Geräten zur Einspeisung von Düngemitteln ausbringen. Sie sollten mit einer Aufwandmenge von 500.000 Tieren/m2 zu
Beginn der Kultur ausgebracht werden. Die Substrattemperatur sollte nicht
unter 12 °C liegen. Bei hartnäckigem Trauermückenauftreten kann zusätzlich
die Raubmilbe Hypoaspis spec. angewandt werden (200 bis 250 pro m2).
Sumpf- oder Salzfliegen (Ephidridae, häufig Scatophila variegata)
Die kleine schwarze Fliege (Körperlänge 3 bis 3,5 mm vom Kopf bis zur
Flügelspitze) unterscheidet sich von den Trauermücken durch die kurzen
Antennen, einen gedrungenen, kräftigen Körperbau und 5 helleren Flecken
auf den dunklen Flügeln. Sie sitzen auf den Blättern und fliegen bei
Annäherung von Menschen schnell elegant auf. Ihre Larven sind glänzend
weiß, besitzen keine Kopfkapsel und werden ca. 2,5 mm lang. Am Körperende zeigen sich charakteristisch gegabelte Luftröhren. Sie ernähren sich
Sumpffliege (Scatophila variegata)
von Algen und schädigen Pflanzen nicht. Die Fliegen können durch die
Abgabe kleiner schwarzer Kottröpfchen auf den Blättern auffallen. Sie lassen sich mit insektenpathogenen
Nematoden nicht bekämpfen. Die Reduzierung freier Wasserflächen oder die Algenbekämpfung vermindert die Zahl
der Sumpffliegen. Eine direkte Bekämpfung ist mit der Raubmilbe Hyposaspis spec. möglich.
Schmierläuse (Pseudococcidae, häufig Planococcus citri)
Schmierläuse treten seltener an Weihnachtssternen auf. Schmierläuse sind
bewegliche, mit grauem oder weißem Wachsstaub bedeckte Tiere, die als
ausgewachsene Weibchen 3 bis 5 mm groß werden können. Weibchen und
Jugendstadien sind ungeflügelt. Die Eier werden bei P. citri in auffällige
Wachswollhäufchen abgelegt. Schmierläuse sondern Honigtau ab, auf dem
sich Schwärzepilze ansiedeln. Der Nährstoffentzug schwächt die Pflanzen.
Schmierlaus Planococcus citri
C. montrouzieri frißt Pseudococcus citriEigelege
Australischer Marienkäfer (Cryptolaemus montrouzieri) und Schlupfwespen (Leptomastix dactylopii, Leptomastidea abnormis, L. epona und
Pseudaphycus maculipennis)
Diese natürlichen Gegenspieler lassen sich gegen Schmierläuse an Pflanzen in Innenräumen, in Botanischen Gärten etc. anwenden. Der Einsatz in
der Weihnachtssternproduktion ist in der Regel aber zu teuer. Einem
Schmierlausbefall sollte deshalb durch sorgfältige Hygiene vorgebeugt
werden (s. u.).
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Spinnmilben (Tetranychidae, häufig Tetranychus urticae, seltener Eotetranychus lewisi ), Blattläuse (Aphididae, häufig Aulacorthum solani ), Thripse
(Thripidae, häufig Frankliniella occidentalis).
Selten kann man Spinnmilben, Blattläuse und Thripse an den Poinsettien
finden. Eine Bekämpfung mit speziellen Gegenspielern (Phytoseiulus persimilis, Aphidoletes aphidimyza, Aphidius sp., Amblyseius cucumeris und
A. barkeri ) oder den Larven der Florfliege wird nur selten notwendig. Thripse
können zwar Schäden an Poinsettienblättern (Verfärbungen, Verkorkungen,
Mißbildungen) hervorrufen. Sie vermehren sich in nur geringem Umfang auf
dem Weihnachtsstern.
Spinnmilbe Tetranychus urticae
2) Hygienemaßnahmen
Vor dem Einstellen der Weihnachtssterne sollten im Gewächshaus alle Unkräuter, Bodendeckerarten und überständige Pflanzen entfernt werden. Sichtbar mit Weißen Fliegen befallene Stecklinge sollten sofort vernichtet
werden. Weiße Fliegen verlassen häufig in den Sommermonaten die Gewächshäuser und vermehren sich auf Unkräutern (z. B. Löwenzahn, Brennessel) in der näheren Umgebung. Von hier aus fliegen die Weißen Fliegen nach den
ersten kalten Nächten im September/Oktober zurück in die Gewächshäuser. Diese Unkräuter sollten möglichst
frühzeitig und regelmäßig entfernt werden. Die Topferde für die Poinsettienproduktion sollte zur Vermeidung von
Trauermückenbefall nicht feucht werden. Sie sollte deshalb unter einem Dach gelagert oder im Freien sorgfältig
gegen Regen und Feuchtigkeit geschützt werden.
3) Pflanzenschutzmitteleinsatz
Die Nematoden der Gattung Steinernema zur Bekämpfung der Trauermücken sind unempfindlich gegenüber den
meisten gespritzen Fungiziden und Insektiziden. Folgende schädigende Insektizide sollten nicht angewandt werden:
Curaterr Granulat bzw. Carbosip (Carbofuran), Neudosan Neu (Kali-Seife) und Tamaron (Methamidophos).
Die Schlupfwespe Encarsia formosa ist extrem empfindlich gegenüber einer großen Zahl von Insektiziden und
einigen wenigen Fungiziden. Die Anwendung dieser Mittel vor und während des Nützlingseinsatzes sollte dringend
vermieden werden. Besonders Insektizide wie Rody (Fenpropathrin), Confidor WG 70 (Imidacloprid), Mesurol flüssig
(Methiocarb) oder Tamaron (Methamidophos) wirken sehr negativ auf die Schlupfwespe und ihre Jugendstadien. Die
Anwendung von Fungiziden wie Baymat flüssig (Bitertanol), ROVRAL (Iprodion) und Previcur N (Propamocarp) (nur
gießen) ist mit dem Nützlingseinsatz vereinbar.
Einige Akarizide und Insektizide haben keine, eine schwache oder nur eine kurzfristig schädigende Wirkung auf
Nutzorganismen: Magister 200 SC (Fenazaquin), Torque (Fenbutatinoxid), Bactospeine XL, Dipel ES, Plenum
(Pymetrozin), CONSERVE (Spinosad), NeemAzal-T/S (Azadirachtin), Pirimor-Granulat zum Auflösen in Wasser
(Pirimicarb), Bladafum II (Sulfotep), NOMOLT (Teflubenzuron) u. a. Für eine notwendige Schädlingsbekämpfung an
den Pflanzen sollten nützlingsschonende Mittel anderen vorgezogen werden. Die Verträglichkeit der Mittel sollte
vorher an Einzelpflanzen erprobt werden. Vor einem Insektizid- oder Fungizideinsatz sollte wegen der möglichen
Nützlingsschädigung aber stets geprüft werden, ob es nicht andere Bekämpfungsmöglichkeiten, Kulturverfahren
(z. B. Ebbe-Flut, bedarfsgerechte Düngung etc.) oder weniger anfällige Poinsettiensorten gibt.
4) Wachstumsregler und Netzmittel
Der Einsatz von Wachstumsreglern lässt sich gut mit dem Nützlingseinsatz kombinieren. Einige neue Weihnachtssternsorten können ohne Einsatz von Wachstumsreglern kultiviert werden. Bedarfsgerechte Wasserversorgung und
bestimmte Temperaturprogramme (»Cool-Morning«, »Diff-Methode«) können Wachstumsregler ersetzen oder deren
Anwendungshäufigkeit verringern.
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5) Nützlingsproduzenten und-vertreiber in Deutschland
Die verschiedenen Nützlinge können bei Nützlingsproduzenten bzw. -vertreibern eingekauft werden. Hier folgt eine
Auswahl der Nützlingsproduzenten in Deutschland:
e-nema GmbH
Gesellschaft für biotechnischen und
biologischen Pflanzenschutz
Klausdorfer Str. 28-36
24223 Raisdorf
Tel.: (0 43 07) 8 25 90
Fax: (0 43 07) 82 96 14
E-mail: e-nema.biotec@t-online
Internet: http://www.e-nema.de
Nematodenarten
Katz Biotech Services
Industriestr. 38, 73642 Welzheim
Tel.: (0 71 82) 93 53 73
Fax: (0 71 82) 93 53 71
E-Mail:
[email protected]
Internet: http://landwirtschaft.
freepage.de/kbservices
sehr umfangreiches Nützlingsprogramm, Pflanzenstärkungsmittel
W. Neudorff GmbH KG
Abt. Nutzorganismen
Postfach 1209, 3 18 57 Emmerthal
Tel.: (01 80) 5 63 83 67
(1 min. = 0,12 €)
Fax: (0 51 55) 60 10
E-Mail: [email protected]
Internet: http://www.neudorff.de
sehr umfangreiches Nützlings- und
Pflanzenschutzprogramm
Re-natur GmbH
Charles-Ross-Weg 24
24601 Ruhwinkel
Tel.: (0 43 23) 90 10 0
Fax: (0 43 23) 90 10 33
E-Mail: [email protected]
Internet:
http://www.re-natur.de
umfangreiches Nützlingsprogramm
Sautter & Stepper GmbH
Rosenstr. 19, 72119 Ammerbuch
Tel.: (0 70 32) 95 78 30
Fax: (0 70 32) 95 78 50
E-Mail: [email protected]
Internet: http://www.nuetzlinge.de
sehr umfangreiches Nützlingsprogramm, biol. Pflanzenschutz- und
Pflanzenstärkungsmittel
STB Control
für Mensch und Umwelt
Schaltenbach 1
65326 Aarbergen
Tel.: (0 61 20) 90 08 70
Fax: (0 61 20) 90 08 71
E-Mail:
[email protected]
umfangreiches Nützlingsprogramm
Hatto Welte
Gartenbau, Biol. Pflanzenschutz
Maurershorn 10, 78479 Insel Reichenau, Tel.: (0 75 34) 71 90 oder
74 00, Fax: (0 75 34) 14 58
E-Mail: [email protected]
sehr umfangreiches Nützlingsprogramm
Wilhelm
Biol. Pflanzenschutz GmbH
Neue Heimat 25
74343 Sachsenheim
Tel.: (0 70 46) 23 86
Fax: (0 70 46) 1 21 98
umfangreiches Nützlingsprogramm
Öre Bio-Protect GmbH
Neuwührener Weg 26
24223 Raisdorf
Tel.: (0 43 07) 69 81
Fax: (0 43 07) 71 28
E-Mail: [email protected]
Internet: http://www.nuetzlinge.com
umfangreiches Nützlingsprogramm
Fragen zum Pflanzenschutz beantworten die zuständigen Ämter für Landwirtschaft, Landschafts- und Bodenkultur
(ÄLLB), die Fachberater für Obst- und Gartenbau an den Landratsämtern und die folgenden Dienststellen in BadenWürttemberg:
Regierungspräsidium Stuttgart
Ruppmannstr. 21
70565 Stuttgart
Tel.: (07 11) 9 04 29 12
Regierungspräsidium Tübingen
Konrad-Adenauer-Str. 20
72072 Tübingen
Tel.: (0 70 71) 7 57 33 44
Regierungspräsidium Karlsruhe
Schlossplatz 1-3
76131 Karlsruhe
Tel.: (07 21) 9 26 51 70
Bearbeiter: Dr. R. Albert , Dr. F. Merz Fotos: Landesanstalt für Pflanzenschutz
Layout: Ch. Allgaier Regierungspräsidium Freiburg
Bertoldstr. 43
79098 Freiburg
Tel.: (07 61) 2 08 13 04
Landesanstalt für Pflanzenschutz, Reinsburgstr. 107,
70197 Stuttgart, Tel.: (07 11) 6 64 24 00
allgaier communications, Rechbergstr. 8, 72074 Tübingen
Stand: Juni 2002
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