- Die Mietervereinigung Österreichs

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- Die Mietervereinigung Österreichs
Nr. 3 ­Juli 2012
Wohnen & Recht
Von der Praxis für die Praxis
fachzeitschrift der Mietervereinigung Österreichs
• Änderungen am Wohnungseigentumsobjekt Checklisten
• Gastkommentar: Mag. Melanie Perchtold,
MMag. Florian Heindler
• Neueste Rechtsprechung zum Thema Wohnrecht
• Widmungsänderungen- Judikatur-Spiegel
editorial
Lenk
Wohnen und Wahrnehmung...
Kommentar - Anträge - Entscheidungen
Unsere Sinne können pro Sekunde ca. eine Million Eindrücke aufnehmen, doch nur drei davon dringen in unser Bewusstsein, der Rest
bleibt unbewusst. Unsere Wahrnehmung ist also sehr selektiv und der
Austausch miteinander dringend notwendig, um ein vollständigeres Bild zu erhalten.
Wohnungseigentum
Das Praktikerbuch stellt alle Neuerungen des Wohnrechtes der vergangenen
Jahre dar und teilt sich in einen Kommentarteil und einen umfangreichen
Entscheidungsteil. In diesem finden sich nach Paragraphen geordnet sämtliche
noch maßgeblichen Entscheidungen, die zu einer Materie ergangen sind. Die
der Mieter
Mag. Nadja Shah
Entscheidungen sind mit Leitsätzen versehen und nach ihrem Gegenstand
geordnet. Es ist daher ein rascher und zeitsparender Zugriff auf die maßgeblichen
Entscheidungen möglich. Zwischen Kommentarteil und Entscheidungssammlung
Damit wird aber auch der Begriff „Wahrheit“ sehr
relativ. So ein Faktum verunsichert natürlich, denn
es gibt keine Sicherheit. Niemand kann mit dem
Brustton der Überzeugung behaupten Recht zu haben, denn es gibt nur persönliche Sichtweisen und
Erfahrungen. Das ermöglicht aber auch Brücken zu
schlagen und Vielfalt als etwas Positives zu erleben.
finden sich Muster für alle im Bereiche des WEG gängigen Anträge.
Dr. Friederike Lenk war für viele Jahre Mitglied in einem wohnrechtlichen
Rechtsmittelsenat, sie ist nun Konsulentin der AVIA Law Group, Autorin
wohnrechtlicher Fachbücher und Artikel sowie Vortragende in Seminaren.
2010, 764 Seiten, gebunden
978-3-7046-5466-3
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NR. 02 | Juni 2012
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Angewendet auf das Thema „Wohnen und Recht“
zeigt es gleichzeitig, dass Modelle, die viele verschiedene Facetten des Wohnens erblühen lassen, erfolgreicher sind als Strategien, die nur auf eine Variante
setzen. Beispiele für gegenseitiges Ausspielen von
Sichtweisen gibt es ja genügend: Eigentum versus
Miete / Wohnen in der Stadt versus Land / Alt
versus Neu /Einfamilienhaus versus Mehrfamiliengebäude / kleine Bauten versus Hochhäuser.
Besonders in der EU und in der OECD ist das
einseitige Vorziehen von einigen wenigen Modellen ein nicht zu unterschätzender Faktor, wenn
es um die Weiterentwicklung des Wohnens geht.
So ordnet die OECD in ihren Studien Länder mit
vielen Mietwohnungen automatisch im Glücksranking abwärts, denn Miete wird negativ bewertet. (Die Schweiz müsste so gesehen das Land mit
den unglücklichsten Menschen in Europa sein,
denn dort leben auch die meisten MieterInnen).
Die EU wiederum hat keinerlei Kompetenzen,
wenn es um zivilrechtliche oder baurechtliche Aspekte geht. Es reichen aber der Primat des Wettbewerbs (im Grunde ja auch nur eine Sichtweise
der Wirtschaft) und das Thema „Energie“, um in
gewachsene Wohnstrukturen der einzelnen Staaten einzugreifen, oft mit negativen Folgen für
deren BewohnerInnen. Gerade das Thema „Wettbewerb“ und dessen Vorrangstellung vor allen
anderen Aspekten des menschlichen Zusammenlebens erscheint aber bei einem Thema, das zur
Daseinssicherung jedes Menschen gehört, fehl geleitet. Die EU hat in der Charta der Grundrechte
das Recht auf Eigentum aufgenommen, zum Thema „Wohnen“ findet sich aber nichts darin. Das
ist insofern bemerkenswert, als im Kapitel I von
der Würde des Menschen gesprochen wird. Dazu
gehört aber jedenfalls eine ausreichende und angemessene Wohnversorgung und die gerät immer
mehr in Gefahr. Wenn sich Eigentum (vor allem
durch die mathematische Zwangsläufigkeit der Zinsen und Zinseszinsen) in den Händen von wenigen
akkumuliert, dann entsteht ein Machtgefälle. Denn
der Handlungsspielraum dieser wenigen wird um
vieles größer als von jenen, die „eigentumslos“ sind.
Die Welt im Großen, aber auch Österreich im Kleinen befindet sich gerade an so einem Scheidepunkt:
Seitens der Arbeiterkammer gibt es Berechnung
zum Gesamtvermögen der ÖsterreicherInnen: So
sollen ca 10% der ÖsterreicherInnen über ca 68,2%
aller Geld, Immobilien- und Beteiligungsvermögen
verfügen. Der Rest verteilt sich unter 90% der ÖsterreicherInnen. Dazu kommt eine Steuerpolitik,
in der Erwerbseinkommen mit 92% aller Steuern
belastet werden, während Vermögen gerade bei
6% landen. Im Detail: Während sich 10% der ÖsterreicherInnen immerhin über 54% des Finanzvermögens erfreuen, teilen sich 90% die restlichen
46%, die ärmsten 10% haben knapp 1.500 Euro
bzw. 40% weniger als 14.100 Euro zur Verfügung.
Beim Immobilienvermögen sieht es noch schlechter aus: Hier verfügen bereits 1% über 22% bzw
20% über 75% des Immobilienvermögens, während 40% keinerlei haben. Eine gewisse Schieflage
in der Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit der
Menschen kann da wohl nicht geleugnet werden.
Ein Blick in die Geschichte des Wohnens der letzten 100 Jahre zeigt uns, dass wir uns - zumindest
in Österreich - wellenartig bewegen: Mal war es die
Zeit der VermieterInnen, mal jene der MieterInnen,
mal jene der Miete, mal jene des Eigentums. Im
Rückblick entsteht zumindest bei mir der Eindruck,
dass die Wellenumbrüche immer dann entstehen,
wenn es eine Seite oder Form des Wohnens „übertreibt“ und damit eine Gegenbewegung auslöst.
Wenn mich nicht alles täuscht, bewegt sich die Welle gerade zum Gipfel der VermieterInnen/Eigentumsseite hin. Die hätte es jetzt in der Hand, statt
der Wiederholung der Geschichte ein neues Kapitel
aufzuschlagen. Es könnte „Fair Wohnen“ heißen.
Impressum: Herausgeber: Mietervereinigung Österreichs, Reichsratsstraße 15, 1010 Wien. Tel.:050195, Fax DW 92000. Medieninhaber: Fair Wohnen Wohnmanagement GmbH, Reichsratsstraße 15, 1010 Wien. Tel.: 050195 -3312, E-mail: [email protected]. Redaktion: Mag. Nadja Shah, Mag. Michaela Schinnagl, Mag. Hans Sandrini,
Bakk. Julia Zdovc (Produktion). Hersteller: Print & Smile Agentur für Printconsulting Robert Winter e.U., Coverfoto: istock
Fachzeitschrift der Mietervereinigung Österreichs
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der Mieter
checklisten
checklisten
der Mieter
Änderungen am Wohnungseigentumsobjekt
eine Änderung an seinem im Wohnungseigentum stehenden Objekt (5
Ob 334/99z) erlangen möchte. Auch die nachträgliche Zustimmung zu
schon durchgeführten Veränderungen kann der Wohnungseigentümer
im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren begehren (5 Ob 72/05g; 5 Ob
104/09v). Eigentümerpartner können nur gemeinsam (5 Ob 90/90; 5 Ob
72/05g) ihr Antragsrecht ausüben, wobei es ausreichend ist, dass der andere noch im erstgerichtlichen Verfahren seine Zustimmung zum Antrag
erteilt und dem Verfahren beitritt (5 Ob 98/01z). Ansonsten wäre der
Antrag wegen Unschlüssigkeit abzuweisen.
Keine Antragsbefugnis steht dem schlichten Miteigentümer (5 Ob
212/01i; 5 Ob 38/08m) oder dem bloß vorgemerkten Wohnungseigentumsbewerber, für den die Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts noch nicht im Grundbuch angemerkt ist (5 Ob 232/01f), zu.
Rechtsdurchsetzung nach § 16 Abs 2 und 3 WEG im wohnungseigentumsrechtlichen Außerstreitverfahren
Mit der nachstehenden Aufstellung soll überblicksartig eine Orientierungshilfe
zu den verfahrensrechtlichen Grundlagen zur Durchsetzung von Änderungen am
Wohnungseigentumsobjekt und der Duldungspflicht der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren gegeben werden.
•
§ 16 Abs 2 iVm § 52 Abs 1 Z 2 WEG: Antrag des Wohnungseigentümers auf Ersatz der fehlenden
Zustimmung zu Änderungen auf seine Kosten an seinem Wohnungseigentumsobjekt und auf Duldung der von ihm geplanten oder durchgeführten Veränderungen
örtliche und sachliche
Zuständigkeit
Nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG entscheidet der Außerstreitrichter des Bezirksgerichtes, in dessen Sprengel die gegenständliche Liegenschaft gelegen ist.
Verfahrensgegenstand
Durchsetzung der Duldungsverpflichtung von wesentlichen und genehmigungsbedürftigen baulichen und rechtlichen Änderungen (einschließlich
Widmungsänderung) an der im Wohnungseigentum stehenden Wohnung
oder sonstigen Räumlichkeit inklusive des Zubehörs (5 Ob 334/99z), wenn
deren Kosten der Wohnungseigentümer trägt, soferne durch die geplante
Veränderung möglicherweise schutzwürdige Interessen der übrigen Teilhaber beeinträchtigt werden könnten (5 Ob 95/93; 5 Ob 213/04s) und die
Zustimmung auch nur eines Miteigentümers nicht erteilt wird.
Da solche wesentlichen Veränderungen der Zustimmung aller Miteigentümer bedürfen, ist der änderungswillige Wohnungseigentümer bei
Fehlen der Genehmigung auch nur eines einzigen Mit- und Wohnungseigentümers verpflichtet, sich diese fehlende Zustimmung durch eine
– auch nachträgliche (5 Ob 153/00m; 5 Ob 72/05g) – rechtsgestaltende
(5 Ob 67/85; 5 Ob 297/98g) Entscheidung des Außerstreitrichters (5 Ob
104/09v) ersetzen zu lassen, um nicht unerlaubterweise in Eigenmacht zu
handeln (5 Ob 56/07g).
Die fehlende Genehmigung durch einzelne Wohnungseigentümer kann
nämlich nicht durch einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft ersetzt werden (5 Ob 173/08i; 5 Ob 130/08s).
Im wohnungseigentumsrechtlichen Außerstreitverfahren nach § 52 Abs
1 Z 2 WEG können jedoch weder schwer wiegende Änderungen, die zu
einer totalen Um- und Neugestaltung verbunden mit gravierenden Eingriffen ins Allgemeingut führen (5 Ob 275/05k; 5 Ob 185/09f), noch die
Durchsetzung einer vertraglichen Vereinbarung (5 Ob 162/10z; 5 Ob
10/11y) Verfahrensgegenstand sein. Es wird im Anwendungsbereich
des § 52 Abs 1 Z 2 WEG im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nur
untersucht, ob das Änderungsrecht des änderungswilligen Wohnungseigentümers nach den Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 1 WEG ausgeübt
werden darf und diesen Kriterien entsprechend eine Duldungspflicht
der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer besteht (5 Ob 250/05h).
Aktivlegitimation
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Zur Antragseinbringung sachlegitimiert ist immer jener bücherliche
Wohnungseigentümer (5 Ob 70/99a), welcher eine Genehmigung für
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Parteistellung auf
Antragstellerseite
Voraussetzung für die aktive Antragslegitimation ist, dass der Miteigentumsanteil samt Wohnungseigentum für den Wohnungseigentümer aufrecht verbüchert ist (5 Ob 238/09z; 5 Ob 59/11d). Kommt es
während der Dauer des Gerichtsverfahrens auf Antragstellerseite zu
einem Verkauf der Miteigentumsanteile des Antragstellers, der auch
schon grundbücherlich durchgeführt ist, so verliert er dadurch seine
aktive Sachlegitimation (5 Ob 245/06z; 5 Ob 59/11d). Der Erwerber
ist jedoch von Amts wegen vom Gericht beizuziehen, um ihm die
Möglichkeit zu gewähren, den Antrag weiterhin aufrecht zu erhalten
(5 Ob 238/09z; 5 Ob 59/11d), sofern die Verfahrensführung auch für
ihn von Interesse ist.
Passivlegitimation
Passiv legitimiert (dh Antragsgegner im Verfahren) sind jene aktuellen
grundbücherlichen Mit- und Wohnungseigentümer, die die Änderungen
nicht dulden und ihre Genehmigung verweigert haben (5 Ob 11/04k).
Hinsichtlich jener Mit- und Wohnungseigentümer die ihre Zustimmung
erteilt haben, bzw. bei Veräußerung von Miteigentumsanteilen während
der Dauer des Gerichtsverfahrens auch hinsichtlich deren Rechtsnachfolger (LGZ Wien 1 R 101/10z) ist die Beiziehung als Verfahrenspartei nicht
zwingend erforderlich (5 Ob 11/04k; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und
Wohnrecht II (2011) § 52 WEG Rz 13).
Parteistellung auf
Antragsgegnerseite
Kommt es während der Dauer des Verfahrens auf Antragsgegnerseite
hinsichtlich eines Miteigentumsanteils zu einem Eigentümerwechsel,
endet die Parteistellung des ursprünglichen Mit- und Wohnungseigentümers mit der Löschung im Grundbuch und beginnt die Parteienstellung des Erwerbers mit seiner Eintragung als Miteigentümer im
Grundbuch (5 Ob 46/88; 5 Ob 85/11b). Das Gericht ist von Amts wegen verpflichtet, den neuen Miteigentümer vom Verfahren in Kenntnis zu setzen und diesem Gelegenheit zur Teilnahme zu geben. Dem
wird durch den in § 52 Abs 2 Z 4 WEG genannten Zustellvorgang
entsprochen (5 Ob 51/91).
Verwalter
Der Verwalter ist nicht als sonstige Verfahrenspartei iSd § 52 Abs 2 Z 1
WEG beizuziehen, da er in keinem unmittelbaren Rechtsverhältnis zu
den einzelnen Wohnungseigentümern steht (5 Ob 238/09z) und seine
Interessen durch die in Aussicht genommene Entscheidung auch nicht
unmittelbar berührt werden (5 Ob 59/11d).
Bestimmtheit des
Antragsbegehrens
Art und Weise der Durchführung der geplanten Veränderung müssen
genau beschrieben, gegebenenfalls auch mit Vorlage eines Bauansuchens
präzisiert werden (5 Ob 22/99t; 5 Ob 223/07s).
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der Mieter
gastkommentar
gastkommentar
der Mieter
§ 16 Abs 3 WEG (OGH vom 14.02.2012, 5 Ob 16/12g)
Aus der Entscheidungsbegründung:
Sachverhalt:
Noch vor Begründung des Wohnungseigentums
erwirkten die damals schlichten Miteigentümer
eine Baubewilligung für den Ausbau des Dachgeschosses. Der Rohdachboden (künftiger Dachausbau Top 7) steht im Wohnungseigentum des
Dr. B*****. Er betreibt nunmehr allein den Dachbodenausbau. Die Baubehörde verfügte eine Baueinstellung hinsichtlich der Fortführung des Dachgeschossausbaus, bis eine aus statischen Gründen
erforderliche Fundamentverstärkung hergestellt ist.
Dazu muss eine Stahlbetonplatte samt Bewehrung
im Magazin der Antragsgegnerin Top 2 und im
Keller Top 4 hergestellt werden. Die Antragsgegnerin verweigert die Zustimmung zur Errichtung der
Fundamentplatte, solange Dr. B***** sich nicht verpflichtet, die gesamten Kosten dafür allein zu tragen, sondern bisher nur deren Vorfinanzierung zugesagt hat. Mit dem verfahrenseinleitenden, auf
§ 16 Abs 3 WEG gestützten Antrag begehrt die
Eigentümergemeinschaft, die Antragsgegnerin
zur Duldung der Herstellung der Fundamentbetonplatte in Magazin Top 2 und Keller Top 4 zu
verpflichten. Als anspruchsbegründend wird im
verfahrenseinleitenden Antrag vorgebracht, die
Arbeiten seien zur Behebung ernster Schäden
und zur Erhaltung allgemeiner Teile der Liegenschaft erforderlich, um den damit behördlich angeordneten Maßnahmen zu entsprechen.
Beide Vorinstanzen wiesen dieses Duldungsbegehren ab. Die Notwendigkeit der Durchführung
von Arbeiten zur Schaffung eines bisher noch
nicht bestehenden Objekts sei nicht unter diese
Bestimmung zu subsumieren.
Der dagegen von der Antragstellerin erhobene
außerordentliche Revisionsrekurs erweist sich
als nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung:
Wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, besteht
die in § 16 Abs 3 zweiter Satz WEG normierte und
im Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG im Außerstreitverfahren durchzusetzende Duldungspflicht
nur in Zusammenhang mit der Erhaltung allgemeiner Teile der Liegenschaft und der Behebung
von ernsten Schäden des Hauses. Das ergibt sich
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nicht nur aus dem Wortlaut der Bestimmung des §
16 Abs 3 zweiter Satz WEG, sondern auch aus der
Systematik des § 16 WEG insgesamt. Während § 16
Abs 2 WEG, hier in Frage kommend insbesondere
§ 16 Abs 2 Z 3 WEG, dem änderungswilligen Wohnungseigentümer eine Antragstellung ermöglicht,
steht die Erzwingung der in § 16 Abs 3 zweiter Satz
WEG normierten Duldungspflicht ausschließlich
der Eigentümergemeinschaft zu, weil es dabei um
die Durchsetzung von Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung iSd § 28 Abs 1 Z 1 WEG geht.
Es steht nicht fest, dass die Errichtung der Betonfundamentierung zur Behebung eines Baugebrechens
erforderlich ist oder ansonsten eine Schadensgeneigtheit oder Funktionseinschränkung gegeben wäre.
Damit liegen die Voraussetzungen des § 16 Abs 3
zweiter Satz WEG nicht vor.
Soweit sich die Revisionsrekurswerberin auf den
Bescheid der Baubehörde beruft, ist aus den erstgerichtlichen Feststellungen deutlich, dass sich der
darin enthaltene „Auftrag“ ausschließlich auf die
Zulässigkeit der Weiterführung des Dachausbaus
bezieht, wofür die Errichtung der Betonfundamentplatte Voraussetzung ist. In Wahrheit handelt
es sich dabei auch nicht um einen Auftrag, sondern
eine Begründung der verfügten Baueinstellung.
Der von der Revisionsrekurswerberin zur Begründung ihres Standpunkts herangezogenen
Entscheidung 5 Ob 63/09i wobl 2011/91 lag nicht
nur ein anderer Verfahrensgegenstand, nämlich
ein Antrag von Wohnungseigentümern nach §
30 Abs 1 Z 1 iVm § 52 Abs 1 Z 3 WEG zugrunde,
sondern auch ein vom hier zu beurteilenden verschiedener Sachverhalt. In jenem Fall ging es um
die Behebung konkreter Mängel an allgemeinen
Teilen des Hauses, die durch einen Dachausbau
bewirkt worden waren. Unter Hinweis auf bestehende Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0116362)
hat der erkennende Senat in jenem Fall ausgesprochen, dass § 28 Abs 1 Z 1 WEG auch für die
Erhaltung eines geänderten Wohnungseigentumsobjekts gilt, selbst wenn die Änderung nur einem
einzigen Wohnungseigentümer zugute kommt.
Diese Aussage kann die Antragstellerin aber hier
mangels Vorliegens der Voraussetzungen des §
28 Abs 1 Z 1 WEG nicht für sich nutzbar machen.
Auf eine Vereinbarung (des Dachausbaus) hätte
die Antragstellerin ihr Begehren mangels dazu gegebener Sachlegitimation der Eigentümergemeinschaft ohnedies nicht stützen können.
Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1
AußStrG iVm § 52 Abs 2 WEG werden im Revisionsrekurs damit nicht releviert. Er war daher
zurückzuweisen.
Glosse:
Der fünfte Senat hatte sich in der vorliegenden
Rechtssache mit einem etwas kuriosen Antrag
nach § 16 Abs 3 WEG zu befassen. Obwohl offensichtlich kein ernster Schaden des Hauses
drohte, sondern vielmehr eine Baumaßnahme
im Rahmen eines Dachbodenausbaus notwendig
war, begehrte die Antragstellerin die Duldung der
Errichtung einer Fundamentplatte, welche von
der Baubehörde für die Fortführung des Dachbodenausbaus vorgeschrieben worden war. Der Senat wies den Antrag daher naturgemäß zurück.
Die dabei nicht relevierten Rechtsfragen stehen
aber durchaus im Interesse zahlreicher Eigentümergemeinschaften, weshalb ihnen im Rahmen
dieser Glosse, die glücklicherweise nicht wie der
fünfte Senat an die Behandlung der Antragstellung gebunden ist, Aufmerksamkeit geschenkt
werden soll. Aus formaler Sicht ist darauf hinzuweisen, dass § 16 Abs 3 WEG für die vorliegende Antragstellung nicht einschlägig war.
Die hier interessierende Ausgangsfrage lautet:
Muss eine Eigentümergemeinschaft den Ausbau eines Rohdachbodens dulden? § 16 Abs
2 Z 2 WEG regelt den Fall der Änderung eines
Wohnungseigentumsobjekts unter Inanspruchnahme der allgemeinen Teile einer Liegenschaft.
Ein Dachbodenausbau ohne eine derartige Inanspruchnahme ist nicht denkbar. Wird ein im
Wohnungseigentum stehender Dachboden ausgebaut, kommt es zu einer Änderung des Daches,
das einen allgemeinen Teil der Liegenschaft darstellt. Auch die darüber hinaus mit einem Dachbodenausbau zwangsläufig verbundenen baulichen
Maßnahmen, wie zB das Verlegen von Leitungen,
die Errichtung eines Liftes oder allfällige Änderungen des Stiegenhauses, berühren allgemeine
Teile. Der Dachbodenausbau ist daher nur dann
erzwingbar, wenn die Änderung der Übung des
Verkehrs entspräche oder einem wichtigen Interesse des ausbauwilligen Wohnungseigentümers
diente. Zusätzlich darf keine Schädigung des
Hauses, Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Miteigentümer, keine Beein-
trächtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, sowie keine Gefahr für die Sicherheit von
Personen, des Hauses oder von Sachen mit dem
Ausbau verbunden sein (§ 16 Abs 2 Z 1 WEG).
Bei einer Inanspruchnahme fremden Wohnungseigentums ist überdies eine Interessenabwägung nach § 16 Abs 2 Z 3 WEG vorzunehmen.
Mit der Frage der Verkehrsüblichkeit hatte sich
der OGH zuletzt in mehreren Fällen vor dem Hintergrund der Errichtung von Dachterrassen zu befassen. Hier spiegelt sich die große wirtschaftliche
Bedeutung dieser Frage wider. Den Gerichten wird
bei der Beurteilung der Frage, was der Übung des
Verkehrs entspricht, ein Ermessensspielraum zugestanden(1). Somit ist bei der Prüfung der Frage,
ob die Änderung eines Wohnungseigentumsobjekts aus Gründen der Verkehrsüblichkeit zulässig
ist, auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen(2).
In der Judikatur des OGH wurden dafür zuletzt
einige Maßstäbe präzisiert. Generell zählt die Ausstattung von Wohnungen oder Geschäftsräumen
mit Dachterrassen nicht zu den verkehrsüblichen
Änderungen, deren Vornahme unter Inanspruchnahme der allgemeinen Teile der Liegenschaft
gerichtlich durchgesetzt werden kann(3). Maßgeblich ist jedoch die bestimmte Beschaffenheit des
betreffenden Hauses und seines Umfeldes(4). Im
Hinblick auf den Ausbau von Rohdachböden, ist
vor dem Hintergrund der neuesten Judikatur zu
Dachterrassen in den meisten Fällen nicht von einer Verkehrsüblichkeit auszugehen, insbesondere
etwa dann, wenn, wie im Anlassfall, die Beschaffenheit des Fundaments des Hauses dem Ausbau
des Dachbodens gar nicht genügt. Wird der Ausbau
des Dachbodens aber von der zweiten Instanz als
verkehrsüblich angesehen, so kann diese Entscheidung beim OGH nur aufgrund einer Ermessensüberschreitung des Berufungsgerichts bekämpft
werden, was in der Regel zu verneinen sein wird(5).
Bei Fehlen der Verkehrsüblichkeit, kann das Vorliegen eines wichtigen Interesses des ausbauenden
Wohnungseigentümers, diesen zur Vornahme der
(1) 5 Ob 109/06z; 5 Ob 47/06g; 5 Ob 63/08p.
(2) RIS-Justiz RS0109643.
(3) RIS-Justiz RS0110976; aA dagegen für die grds Bejahung
der Verkehrsüblichkeit mit Hinweis auf 5 Ob 248/00g: Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, 5.
Lfg (2007) § 16 WEG Rz 46.
(4) Vgl 5 Ob 98/11i; 5 Ob 70/11x.
(5) 5 Ob 248/00g.
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gastkommentar
rechtsprechung
der Mieter
§ 3 MRG (OGH vom 20.03.2012, 5 Ob 24/12h)
Änderungen ermächtigen. Auch dies wird von
der Rechtsprechung vornehmlich nach den Umständen des Einzelfalls geprüft(6). Im Hinblick auf
Dachterrassen kommt es nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes darauf an, ob die beabsichtigte
Änderung dem Wohnungseigentümer eine dem
heute üblichen Standard entsprechende Nutzung
seines Objekts ermöglichen soll(7). Beim Ausbau
eines Rohdachbodens, der mit einer – nach § 16
Abs 2 Z 2 WEG an sich zulässigen – Widmungsänderung verbunden ist, erscheint dieser Maßstab zu streng. Die bloße Steigerung des Wohnund Verkehrswertes, lässt der OGH für die
Annahme eines wichtigen Interesses aber in der
Regel nicht genügen(8). Das Interesse an der Wertsteigerung ist dennoch maßgeblich, wenngleich
es nicht ausschließlich darauf ankommen darf.
Für den Erfolg im Verfahren über die Änderung
des Wohnungseigentumsobjektes unter Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft,
sind aber „wichtige“, über das selbstverständliche
Interesse des Eigentümers an einer Wertsteigerung seines Objektes hinausgehende, Interessen
notwendig(9). Wichtige Interessen können somit
nur in wenigen Einzelfällen die Zustimmung der
Miteigentümer zum Dachbodenausbau ersetzen.
Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, dass für den
Ausbau des Dachbodens jemals eine Zustimmung der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer vorgelegen hätte. Auch hinsichtlich der
Kostentragung dürfte die Antragstellerin keine
ausreichenden Zusagen gemacht haben. Dies ist
angesichts der bestehenden Rechtsprechung verwunderlich. Kommen Änderungen an gemeinsamen Teilen der Liegenschaft nur einem einzigen
Mit- oder Wohnungseigentümer zugute, so hat
dieser die diesbezüglichen Kosten zu tragen(10).
Dies gilt auch dann, wenn, wie vorliegend scheint,
die Verstärkung des Fundaments allein wegen
dem Ausbau des Dachbodens notwendig wird.
Eine etwaige Vereinbarung mit sämtlichen Wohnungseigentümern wäre im streitigen Rechtsweg
durchsetzbar. Ist eine solche nicht zu erlangen,
kann prozessual nur unter Berufung auf Verkehrsüblichkeit oder wichtige Interessen nach §
16 Abs 2 WEG im Außerstreitverfahren begehrt
werden, die Zustimmung durch Gerichtsbeschluss zu ersetzen. Dabei müssen überdies die
Bedingungen nach § 16 Abs 2 Z 1 WEG erfüllt
sein. Als Antragsgegner sind dabei alle Wohnungseigentümer zu führen. Wer als Antragsgegner der intendierten Änderung zustimmt,
dem ist im Hinblick auf die Verfahrenskosten zu
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empfehlen, diese Zustimmung auch zu erklären.
Im Anlassfall hätte auch ein korrekt gestellter Antrag nicht zu einem positiven Beschluss geführt.
Enthält jedoch der Wohnungseigentumsvertrag
eine Vereinbarung, wonach bestimmten Änderungen bereits zugestimmt wird, liegt die Zustimmung durch die Vereinbarung im Vertrag schon
vor. Verweigert ein Wohnungseigentümer in diesem Fall dennoch seine Zustimmung, so kann er
vom änderungswilligen Wohnungseigentümer im
streitigen Rechtsweg unter Berufung auf die vorliegende Vereinbarung im Wohnungseigentumsvertrag auf Erklärung seiner Zustimmung geklagt
werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die Vereinbarung im Wohnungseigentumsvertrag so
konkret abgebildet ist, dass sie sich auf die beabsichtigte Änderung bezieht(11). Eine derartige Bestimmung im Wohnungseigentumsvertrag, oder
eine gesonderte diesbezüglich Vereinbarung, ist
dann auch im streitigen Rechtsweg durchsetzbar(12).
Eine Änderung der aktuellen Rechtslage ist vielleicht in Bälde aus politischer Hinsicht zur weiteren Förderung der Schaffung von Wohnraum
über den Dächern der österreichischen Städte
erwünscht. Die Gerichte können sich dafür freilich nicht verwenden. Sie kümmern sich nicht
um das „Wesen der Dinge, sondern ausschließlich darum, unter welchen rechtlichen Begriff
dieselben zu subsum[m]ieren waren“(13).
Das Eindringen von Kanalgerüchen in ein Bestandobjekt entspricht ohne Zweifel nicht dem ortsüblichen Standard. Richtig ist jedoch, dass für die Qualifikation als Erhaltungsarbeit ein Mangel im Sinn einer Reparaturbedürftigkeit, einer
Einschränkung der Funktionsfähigkeit oder Brauchbarkeit oder zumindest einer
Schadensgeneigtheit feststehen muss. Dies ist hier auch der Fall.
Aus der Begründung:
Das Erstgericht trug der Antragsgegnerin gemäß §
6 Abs 1 MRG iVm § 3 MRG die Verlegung des Regeneinlaufs […] zumindest bis an die Außenecke
des Gebäudes sowie die damit in Zusammenhang
stehenden Vor- und Nacharbeiten auf. Die Regenrohreinmündung wirke faktisch als Kanalentlüftung (Hauptentlüftung), wodurch es im Inneren
des Objekts der Antragstellerin durch das Eindringen von Kanalgerüchen zu Geruchsbelästigungen
auch bei geschlossenem Fenster komme.
[…]Das Eindringen von Kanalgerüchen in ein
Bestandobjekt entspricht ohne Zweifel nicht dem
ortsüblichen Standard. Richtig ist jedoch, dass für
die Qualifikation als Erhaltungsarbeit ein Mangel
im Sinn einer Reparaturbedürftigkeit, einer Einschränkung der Funktionsfähigkeit oder Brauchbarkeit oder zumindest einer Schadensgeneigtheit
feststehen muss (RIS-Justiz RS0116998, RS0069944
[T8], 5 Ob 271/08a). Dies ist hier auch der Fall.
Nach den Feststellungen wirkt die unmittelbar unterhalb des Dachflächenfensters der Antragstellerin situierte Regenrinneneinmündung de facto als
Hauptentlüftung für die Fäkalleitungen, wodurch
es zu der festgestellten Geruchsbelästigung im Objekt der Antragstellerin kommt. Damit ist jedenfalls
eine Einschränkung der Funktionsfähigkeit der eigentlichen Hauptentlüftung gegeben. […]
Die Bauausführung entsprechend der Baubewilligung
begründet aber noch nicht das tatsächliche Funktionieren der (Haupt-)Entlüftung für das kombinierte
Regen- und Abwassersystem, sodass das Vorliegen
einer Baubewilligung den aufgetragenen Erhaltungsarbeiten auch nicht entgegengehalten werden kann.
[…] Dass die angeordnete Baumaßnahme wegen eines (dennoch) zu geringen seitlichen Abstands nicht
der nunmehr geltenden Ö-Norm entsprechen mag,
kann nicht dazu führen, dass sich die Antragsgegnerin insgesamt ihrer Erhaltungspflicht entledigt. […]
Mag. Melanie Perchtold,
MMag. Florian Heindler
§ 12a Abs 5 MRG (OGH vom 13.10.2011, 1 Ob 129/11v)
Mag. Melanie Perchtold ist Rechtsanwältin bei
Specht Rechtsanwalt GmbH.
MMag. Florian Heindler ist Rechtsanwaltsanwärter bei Specht Rechtsanwalt GmbH und Universitätsassistent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien.
(6) MwN 5 Ob 98/11i.
(7) MwN 5 Ob 98/11i.
(8) MwN 5 Ob 63/08p.
(9) 5 Ob 92/94; 5 Ob 269/98i.
(10 RIS-Justiz RS0116332.
(11) Tschütscher, WEG: Handbuch für die Praxis (2003) 151.
(12) Würth in Rummel3 § 16 WEG Rz 7.
(13) Thoma, Der Vertrag, Simplicissimus 5, 1901, 414.
Die Anhebung des Hauptmietzinses im Fall der Unternehmensverpachtung nach
§ 12a Abs 5 MRG ist - im Gegensatz zur Unternehmensveräußerung - nicht
befristet. Der Anlassfall der Verpachtung des im Bestandobjekt betriebenen
Unternehmens berechtigt den Vermieter, den gemäß § 12a MRG angehobenen
Hauptmietzins wertgesichert zu begehren, auch wenn im Mietvertrag dessen
Wertsicherung nicht vereinbart war.
Aus der Begründung:
Die Beklagten sind Mieter […] und hatten das in
diesen Räumlichkeiten als Gastgewerbe betriebene Unternehmen nach einer Unterbrechung wieder ab 1. 12. 2003 verpachtet. […] Eine Wertsicherung des Hauptmietzinses war nicht Gegenstand
des Klagebegehrens. Auch der Mietvertrag vom
27. 2. 1918 enthält keine Wertsicherungsklausel.
Die Kläger begehrten den rechnerisch unstrittigen Betrag […] als Differenz zwischen dem zum
Stichtag 1. 12. 2003 angemessenen Hauptmietzins
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der Mieter
rechtsprechung
und dem ab April 2007 um die Indexanpassung
aufgewerteten Betrag für die Zeit bis einschließlich Dezember 2009. Die Beklagten wendeten ein,
ein Begehren nach einer Wertsicherung wäre nur
berechtigt, wenn es mit dem Verlangen nach dem
angemessenen Hauptmietzins verbunden worden
oder aber eine Wertsicherung im zugrunde liegenden Mietvertrag vereinbart worden wäre. […]
Nach § 12a Abs 5 MRG darf der Hauptmieter einer
Geschäftsräumlichkeit das von ihm im Mietgegenstand betriebene Unternehmen ohne Rücksicht
auf entgegenstehende Vereinbarungen verpachten. Ist der bisherige Hauptmietzins niedriger als
der angemessene Hauptmietzins nach § 16 Abs 1
MRG, so kann der Vermieter für die Dauer der
Verpachtung die Anhebung des Hauptmietzinses
bis zu dem nach § 16 Abs 1 MRG zulässigen Betrag, jedoch unter Berücksichtigung der Art der
im Mietgegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit, verlangen. Der Vermieter kann die Rechtsfolgen der Verpachtung ab dem der Verpachtung folgenden Zinstermin geltend machen.[…]
Im Gegensatz zu § 12a Abs 2 MRG enthält § 12a
Abs 5 MRG keine Präklusivfrist für die Geltendmachung durch den Vermieter (Würth/Zingher/
Kovanyi, Miet- und Wohnrecht22 § 12a MRG Rz
23). Das Fehlen einer Befristungsregelung im Fall
der Unternehmensverpachtung kann nicht als
Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit angesehen werden (wie schon zu 4
Ob 3/09h = MietSlg 61.296 = wobl 2009/135, 382
rechtsprechung
[Aichberger-Beig] = immolex 2009/123, 341 [Pfiel]
dargelegt). Für eine Anwendung der Frist des § 12a
Abs 2 MRG im Wege der Analogie auch auf den
Anhebungsfall des § 12a Abs 5 MRG fehlt damit die
Grundlage, sodass das Wertsicherungsbegehren
des Hauptmieters aus dem Anlassfall der Unternehmensverpachtung (§ 12a Abs 5 MRG) im Fall
einer Antragstellung nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG weder zeitlich noch mit der Höhe des ursprünglichen
Anhebungsbegehrens begrenzt werden kann. Es
schadet daher auch nicht, wenn der Vermieter - wie
im vorliegenden Fall - zunächst ein Begehren auf
Zahlung der Differenz zum angemessenen Mietzins und erst danach, bei Vorliegen der gesetzlichen
Voraussetzungen, die Wertsicherung des angehobenen Betrags begehrt. Ihm gebührt die Wertsicherung entsprechend der gesetzmäßigen Geltendmachung für die restliche Dauer der Verpachtung.
Zusammengefasst ergibt sich somit, dass der Anlassfall der Verpachtung des im Bestandobjekt
betriebenen Unternehmens den Vermieter berechtigt, den gemäß § 12a MRG angehobenen Hauptmietzins wertgesichert zu begehren, auch wenn im
Mietvertrag dessen Wertsicherung nicht vereinbart war. Weil das Recht des Vermieters zur Anhebung des Mietzinses wegen Verpachtung (§ 12a
Abs 5 MRG) nicht befristet ist, kann die Wertsicherung des erhöhten Hauptmietzinses auch noch begehrt werden, wenn zuvor die Differenz zwischen
dem vertraglich vereinbarten und dem erhöhten
Hauptmietzins mit Leistungsklage begehrt worden
war. Der Revision ist damit ein Erfolg zu versagen.
§ 46 MRG (OGH vom 17.01.2012, 4 Ob 204/11w)
Ein Anhebungsfall gemäß § 46 MRG liegt vor, wenn zwar zunächst nur jeweils
begünstigte Personen eingetreten sind, sodass es zu keiner Anhebung kommen
konnte, diese Begünstigung aber nach dem 28. Februar 1994 (bei allen) weggefallen ist. Der Auszug der Mutter aus der Wohnung ohne konkrete Rückkehrabsicht
führt zum Wegfall der Privilegierung.
Aus der Begründung:
Die Eltern des Beklagten waren seit 1955 Mieter
einer Wohnung im Haus der Klägerin, in der nach
dem Tod des Vaters die Mutter und der Beklagte sowie seine zwei Geschwister verblieben. Die
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Schwester zog in der Folge aus. Nachdem die
Schwester des Beklagten 2003 einen Schlaganfall erlitten hatte, adaptierte die Mutter ein in
ihrem Eigentum stehendes Haus, um dort ihre
Tochter und ihre Enkelkinder betreuen zu können. Seither lebt sie dort, wo sie auch gemeldet
ist. Sie beabsichtigt, in die Wohnung zurückzukehren, sollte sie aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht mehr in der Lage sein, ihre
Tochter zu betreuen. Der Beklagte und sein
Bruder leben weiterhin in der Wohnung.
Die Klägerin begehrt vom Beklagten, rückwirkend ab Oktober 2006, die Bezahlung des Differenzbetrags zum für die Wohnung gemäß § 46
Abs 2 MRG zulässigen Mietzins. […]
Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten ist auch
im Fall des § 46 Abs 1 MRG eine Mietzinsanhebung dann zulässig, wenn sämtliche privilegierte
Personen die Wohnung auf Dauer verlassen haben oder - im Fall minderjähriger Kinder - volljährig geworden sind. Ein Anhebungsfall gemäß
§ 46 MRG liegt also auch dann vor, wenn zwar
zunächst nur jeweils begünstigte Personen eingetreten sind, sodass es zu keiner Anhebung kommen konnte, diese Begünstigung aber nach dem
28. Februar 1994 (bei allen) weggefallen ist. Mit
dem Auszug der Mutter verließ die letzte privilegierte Person die Wohnung, verlor der Beklagte
seine Privilegierung doch bereits vorher durch
Erreichen der Volljährigkeit (1983). Ob die Mutter ihre Mietrechte nach dem Tod des Ehegatten
oder bereits vorher nach dem Tod ihrer gleichfalls
der Mieter
dieselbe Wohnung bewohnenden Eltern erlangte,
ist ohne Relevanz. Dem Fall des Eintritts von privilegierten nahen Angehörigen gemäß § 46 Abs 1
MRG steht der Fall gleich, dass es neben dem verstorbenen Mieter, in dessen Mietrechte Angehörige gemäß § 14 Abs 2 MRG eintreten, noch einen
Mitmieter gibt.[…]
Unabhängig davon, ob die Privilegierung der
Mutter des Beklagten im Zeitpunkt des Ablebens ihres Ehegatten darin bestand, dass sie bereits Mitmieterin war oder Mitmietrechte durch
Eintritt in den Mietvertrag gemeinsam mit ihren
Kindern erlangte, fiel die Privilegierung (Hindernis für die Mietzinsanhebung) jedenfalls mit
ihrem Auszug aus der Wohnung 2003 weg. Der
ältere Bruder des Beklagten war bereits zum
Zeitpunkt des Ablebens seines Vaters volljährig,
der Beklagte erreichte die Volljährigkeit lange
vor dem Auszug seiner Mutter aus der Wohnung.
Dass der Auszug der Mutter aus der Wohnung
ohne konkrete Rückkehrabsicht zum Wegfall
der Privilegierung (Hindernis für die Mietzinsanhebung nach § 46 Abs 2 MRG) führte,
bezweifelt der Revisionswerber nicht mehr.
Da der Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermochte, war seine Revision zurückzuweisen.
§ 14 MRG (OGH vom 28.03.2012, 8 Ob 29/12s)
Der Mieter konnte die Wohnung in den letzten zwei Jahren vor seinem Tod wegen
seiner Krankheit nur mehr selten aufsuchen. Für die Beurteilung, ob die Eintrittsvoraussetzung des gemeinsamen Haushalts nach § 14 Abs 3 MRG vorliegt, schadet
bei krankheits- bzw pflegebedingter Abwesenheit auch eine lange Dauer der Abwesenheit nicht, sofern die Absicht, in die Wohnung zurückzukehren, fortbesteht.
Aus der Begründung:
Der gemeinsame Haushalt wird durch gewisse
durch die Lebensumstände bedingte, auf nicht
allzu lange Zeit berechnete Unterbrechungen des
Zusammenlebens nicht beendet, wohl aber bei
dauernder Trennung. Als Fälle einer nicht dauernden (nur kurzen) Trennung werden unter anderem
auswärtige Studien, Krankenhaus- und Erholungsaufenthalte und befristete Aufenthalte in einem Alters- oder Pflegeheim angesehen. Ob eine zeitlich
längere Abwesenheit bloß vorübergehend oder
auf Dauer ist, bestimmt sich nicht bloß nach ihrer
Dauer, vielmehr ist die Willensrichtung des Betroffenen ausschlaggebend. Bei krankheits- bzw pflegebedingter Abwesenheit schadet auch eine lange
Dauer der Abwesenheit für die Annahme des Fortbestehens des gemeinsamen Haushalts nicht, sofern die Absicht, in die Wohnung zurückzukehren,
fortbesteht. Eine Ausnahme kann unter Umständen dann in Betracht kommen, wenn die Verwirklichung dieser Absicht schlechthin unmöglich ist.
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der Mieter
rechtsprechung
In der Rechtsprechung wird in Fällen langer Abwesenheit von der Wohnung, in denen der Mieter in
ein Pflegeheim aufgenommen wurde und seinem
Willen zur Rückkehr in die Wohnung schicksalhaft
nicht mehr Ausdruck verleihen konnte, das heißt
angesichts seines schlechten oder bedrohlichen Gesundheitszustands nicht mehr in der Lage war, für
seine Belange geeignete Vorkehrungen zu treffen, im
Zweifel davon ausgegangen, dass er bei Änderung der
rechtsprechung
Sachlage in seine Wohnung zurückkehren will. Es
kommt daher nicht darauf an, ob zwischen der Aufnahme des Mieters in das Pflegeheim und dessen Ableben ein längerer Zeitraum verstrichen ist oder nicht.
Die Bejahung der Voraussetzungen für das Eintrittsrecht nach § 14 MRG durch die Vorinstanzen
ist somit durch die Rechtsprechung des Obersten
Gerichtshofs gedeckt.
§ 16 Abs 2 WEG (OGH vom 08.11.2011, 3 Ob 158/11y)
Kurzfristige Vermietung von als „Wohnung“ gewidmeten Eigentumsobjekten als
Ferienwohnungen in einem reinen Wohnhaus stellen eine „Änderung“ nach §
16 Abs 2 WEG dar und bedarf der Zustimmung aller Mitglieder der Eigentümergemeinschaft oder der Genehmigung durch den Außerstreitrichter in einem Verfahren
nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG.
Aus der Begründung:
Die Beklagten bewerben zehn ihrer elf Wohnungen
im Internet zur Vermietung als Ferienwohnung für
einen Mindestaufenthalt je nach Saison von drei
Nächten bis zu einer Woche. […]
Der in § 16 Abs 2 WEG 2002 verwendete Begriff „Änderungen“ ist sehr weit auszulegen
und erfasst demnach grundsätzlich auch alle
Umwidmungen; jede Änderung, die eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer
Wohnungseigentümer mit sich bringen könnte
(wofür also schon die Möglichkeit einer Beeinträchtigung genügt), bedarf der Zustimmung aller Mitglieder der Eigentümergemeinschaft oder
der Genehmigung durch den Außerstreitrichter
in einem Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG.
[…] Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die
ursprüngliche Widmung sämtlicher Wohnungseigentumsobjekte […] auf „Wohnung“ lautete.
[…] Mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 5 Ob 106/06h wurde klargestellt, dass dem
Wohnungseigentümer im Regelfall auch das Recht
zusteht, sein Objekt zu vermieten, ohne dass dies der
Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer bedürfte. Vorliegend steht fest, dass die Beklagten ihre
zehn Wohnungen mit insgesamt 34 Betten im Internet zur Vermietung als Ferienwohnung für einen
Mindestaufenthalt je nach Saison von drei Nächten
bis zu einer Woche, jedenfalls aber für kurzfristige
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Aufenthalte bewerben und an Kunden überlassen.
Dazu wird zwar keine Verpflegung angeboten, wohl
aber die Endreinigung des Objekts sowie die Beistellung und Reinigung der jeweils frisch bezogenen
Bettwäsche und der ebenso zur Verfügung gestellten
Handtücher. Angesichts dieser, über die bloße Überlassung einer Wohnmöglichkeit und damit über den
Vertragsinhalt eines reinen Bestandvertrags hinausgehenden Nebenleistungen und auch wegen der bloß
sehr kurzfristigen Dauer der Nutzung der möblierten
Wohnungen durch die Kunden der Beklagten, für die
erkennbar ein Pauschalentgelt pro Nacht verrechnet
wird, ist vom Abschluss von Beherbergungsverträgen auszugehen. Das entspricht aber nicht mehr der
relevanten Widmung dieser Eigentumsobjekte als
Wohnungen, weshalb dies deren Änderung bedeutet.
[…] Die mit der mehr als ein Drittel der Wohnungen
erfassenden Nutzung durch Abschluss von Beherbergungsverträgen auch bei nur halber Auslastung pro
Jahr zwangsläufig verbundene hohe Frequentierung
des Wohnhauses durch ständig wechselnde hausfremde Personen, die einem Hotelbetrieb sehr nahe
kommt, entspricht nämlich grundsätzlich nicht den
Erwartungen der Erwerber einer Eigentumswohnung bei Vertragsabschluss und deren Interessen in
einem ausschließlich zu Wohnzwecken gewidmeten
Gebäude. Sie ist daher geeignet, deren schutzwürdige
Interessen zu beeinträchtigen. Die Beantwortung
der Frage, ob eine Beeinträchtigung schutzwürdiger
Interessen anderer Wohnungseigentümer konkret
gegeben ist, hat nicht im vorliegenden Unterlassungsprozess zu erfolgen, sondern ist einem außerstreitigen
Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG iVm § 16 Abs 2
WEG vorbehalten. Im Prozess ist nur die Genehmigungsbedürftigkeit der Widmungsänderung zu prüfen. Es entspricht weiters ständiger Rechtsprechung,
der Mieter
dass die fehlende Zustimmung anderer Miteigentümer auch im Nachhinein durch einen Beschluss des
Außerstreitrichters ersetzt werden kann. Wegen der
rechtsgestaltenden Wirkung dieser Entscheidung
steht dem ein vorangegangenes Beseitigungs- oder
Unterlassungsurteil nicht entgegen (Würth in Rummel³ § 16 WEG Rz 6), weshalb den Beklagten diese Möglichkeit auch in Zukunft noch offen steht.
§ 20 Abs 1 ImmMV 1996 idF BGBl. II 268/2010,
(Verfassungsgerichtshof vom 05.03.2012, V8/11)
Keine Gesetzwidrigkeit der Festlegung eines Höchstprovisionssatzes bei befristeten Mietverträgen in der Immobilienmaklerverordnung.
Aus der Begründung:
Zur Gesetzwidrigkeit des § 20 Abs 1 letzter Satz Immobilienmaklerverordnung bringt die Antragstellerin vor, dass die durch die Novelle BGBl. II 268/2010
eingeführte Reduzierung der Höchstsätze der Provisionen für Immobilienmakler bei der Vermittlung
von nicht mehr als auf drei Jahre befristet vermieteten
Wohnungen und Einfamilienhäusern gegen „§ 69
Abs 2 Z 5 GewO iVm dem Grundrecht auf Erwerbsfreiheit und iVm dem Gleichheitssatz“ verstoße.[…]
Der Verfassungsgerichtshof hat in der Sache erwogen: Ziel der Novelle BGBl. II 268/2010 der Immobilienmaklerverordnung war - im Einklang mit der gesetzlichen Verordnungsermächtigung des § 69 Abs 2
GewO - die Entlastung der Wohnungssuchenden, die
im Hinblick auf die stete Steigerung der Bruttomonatsmieten für Wohnungen und Einfamilienhäuser
seit 1994 und angesichts der an diese Bruttomonatsmieten gebundenen Höchstprovisionssätze mit immer höheren Kosten zur Befriedigung ihrer Wohnbedürfnisse konfrontiert waren (vgl. Erläuterungen
zur Novelle BGBl. II 268/2010). […]
Das Mittel der Festlegung eines Höchstprovisionssatzes ist zur Erreichung des Ziels geeignet, schließt eine
solche Festlegung doch über die Höchstsätze hinausgehende Vereinbarungen aus. Die Festsetzung eines
Höchstprovisionssatzes ist aber auch adäquat. Zwar
bewirkt sie eine durchaus erhebliche Beschränkung
der Honorargestaltung durch den Immobilienmakler. Allerdings ist die Begrenzung mit einer Monatsmiete auf den Kreis jener Mietverträge beschränkt,
die auf nicht mehr als drei Jahre befristet sind, mithin
auf Verträge, bei denen der Nutzen für den Mieter
aus der Vermittlungstätigkeit typischerweise geringer
ist als bei länger oder nicht befristeten Mietverträgen,
zumal es dem Immobilienmakler unverändert möglich ist, mit dem Vermieter eine Provision von bis zu
drei Monatsmieten zu vereinbaren. […]
Im Besonderen schafft die Bestimmung keine unsachliche Differenzierung zwischen der Vermietung von
Geschäftsräumlichkeiten und unbefristet vermieteten
Wohnungen und Einfamilienhäusern einerseits und
auf höchstens drei Jahre befristet vermieteten Wohnungen und Einfamilienhäusern andererseits. […]
In einer Durchschnittsbetrachtung (ist) davon auszugehen, dass der Nutzen für den Mieter bei kürzer
befristeten Mietverträgen geringer und daher ein
niedrigerer Höchstprovisionssatz im Verhältnis zum
Mieter gerechtfertigt ist, dies zumal dann, wenn es
dem Immobilienmakler freisteht, vom Vermieter für
die Vermittlung desselben Objekts bis zu drei Bruttomonatsmieten zu verlangen.
Der Antrag auf Aufhebung des § 20 Abs 1 Immobilienmaklerverordnung ist daher abzuweisen.
[…] Die Entscheidung des Verordnungsgebers,
bei der Umwandlung eines befristeten Mietvertrages in einen unbefristeten Mietvertrag oder
der Verlängerung eines befristeten Mietvertrages
ein geringeres Ausmaß der Verdienstlichkeit des
Maklers anzunehmen und dementsprechend den
Provisionshöchstsatz auf einen halben monatlichen Bruttomietzins zu beschränken, bildet einen
verhältnismäßigen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und ist […] sachlich gerechtfertigt.
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Widmungsänderungen
Ein Wohnungseigentümer ist gemäß § 16 Abs 2 WEG grundsätzlich zu Änderungen an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine eigenen Kosten berechtigt.
Unter den Begriff der Änderung fallen dabei auch Widmungsänderungen im
weitesten Sinne (5 Ob 48/89).
Mag. Michaela Schinnagl
Bei Widmungsänderungen ist zwischen solchen,
die nicht genehmigungsbedürftig, und jenen, die
zustimmungspflichtig sind, zu unterscheiden. Für
geringfügige, an sich unwesentlichen Änderungen, die sich noch im Rahmen der ursprünglichen
Widmung bewegen, muss der Wohnungseigentümer keine Genehmigung der übrigen Mit- und
Wohnungseigentümer einholen. Diese genehmigungsfreien Veränderungen kann er somit durchführen, ohne mit den anderen Mit- und Wohnungseigentümern Rücksprache halten zu müssen.
Steht der Widmungsänderung seines Wohnungseigentumsobjekts jedoch eine wesentliche Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Mit- und
Wohnungseigentümer entgegen, bedarf es hinsichtlich dieser wesentlichen, genehmigungsbedürftigen Widmungsänderung an seinem Wohnungseigentumsobjekt der Zustimmung der übrigen (und
zwar aller) Mit- und Wohnungseigentümer (5 Ob
25/90). Andernfalls kann die Änderung nur unter
den Voraussetzungen des § 16 Abs 2 WEG und nur
auf seine Kosten durchgesetzt werden. Er muss also
– um nicht eigenmächtig zu agieren – die Genehmigung der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer
einholen oder die allenfalls unterbliebene Zustimmung durch den Außerstreitrichter ersetzen lassen.
Unter den Begriff der Widmungsänderung im
weitesten Sinne fällt nicht nur die Umwidmung
wie etwa von einem Lager in ein Büro oder einer
Geschäftsräumlichkeit in eine Wohnung, sondern
ist vielmehr auch die Umwandlung des Gegenstands und der Betriebsform eines im Wohnungseigentumsobjekt geführten Unternehmens als Widmungsänderung zu qualifizieren
(5 Ob 207/01d; 5 Ob 277/04d).
Auch solche Änderungen hinsichtlich der Verwendung sind genehmigungspflichtig, wenn die
schutzwürdigen Rechte und rechtlich geschützten
Interessen der Gemeinschaft oder eines einzelnen
Wohnungseigentümers dadurch wesentlich berührt
werden könnten (5 Ob 227/04z), und bedürfen daher der Erlaubnis durch die übrigen Mit- und Woh-
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nungseigentümer (5 Ob 402/97x). Maßgeblich für
die Widmung eines Wohnungseigentumsobjektes
ist immer die privatrechtliche Einigung zwischen
den Wohnungs- und Miteigentümern. Rückgriffe
darauf, welche vertragliche Einigung hinsichtlich
der gültigen und konkreten Nutzung eines Wohnungseigentumsobjekts getroffen wurde, geben etwa
der Wohnungseigentumsvertrag oder das Parifizierungsgutachten. Zu einer späteren einvernehmlichen
Abänderung der Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts kann es auch durch stillschweigende
Willenseinigung kommen, wenn bestimmte Benützungsverhältnisse bestehen und diese allen bekannt
sind und auch geduldet werden (5 Ob 2075/96z).
Wurde im Wohnungseigentumsvertrag eine spezifizierte Verwendung zu einem konkreten Verwendungszweck vereinbart, dann fällt nach der Rechtsprechung schon jede Änderung des Gegenstands
und der Betriebsform unter den Änderungsbegriff
des § 16 Abs 2 WEG. Dies bedeutet, dass die vom
Wohnungseigentümer geplante Widmungsänderung
seines Wohnungseigentumsobjekts der Zustimmung
aller übrigen Mit- und Wohnungseigentümer bedarf.
Widerspricht auch nur einer der Mit- und Wohnungseigentümer der beabsichtigten Maßnahme,
hat der betroffene Wohnungseigentümer in Folge die
Genehmigung durch den Außerstreitrichter für die
Widmungsänderung zu holen, um nicht eigenmächtig zu agieren (5 Ob 25/90). Würde die Widmungsänderung zu einer erheblichen Interessensbeeinträchtigung führen, ist die beabsichtige Änderung nicht
genehmigungsfähig und hat zu unterbleiben bzw. ist
diese rückgängig zu machen.
Wurde hingegen keine konkrete Geschäftswidmung vereinbart, werden solche Änderungen erst
genehmigungspflichtig, wenn dadurch die Grenzen der Verkehrsüblichkeit überschritten werden.
Denn wurde keine spezielle Widmung zwischen den
Wohnungseigentümern vereinbart, bedeutet dies,
dass man letztendlich den Wohnungseigentümer in
seiner Nutzungsmöglichkeit so wenig wie möglich
einengen wollte und sich mit jeglicher Verwendung
des Geschäftslokales einverstanden erklärt hat (5 Ob
122/05k). Man darf in diesen Fällen nur mehr die Genehmigung verweigern, wenn die Grenzen des Verkehrsüblichen überschritten wird (5 Ob 2075/96z).
• Schritt 1 der Überprüfung:
Für die Frage der Überschreitung der Grenze
der Verkehrsüblichkeit bzw. für die Zulässigkeit der Widmungsänderung ist in erster Linie
maßgeblich, hinsichtlich welcher tatsächlichen/
gültigen Verwendung/Widmung sich die Parteien des Wohnungseigentumsvertrages bei dessen
Abschluss oder Änderung geeinigt haben (5 Ob
402/97x; 5 Ob 207/01d).
• Schritt 2 der Überprüfung:
In einem weiteren Schritt wird man die gültige
Widmung mit der beabsichtigten Verwendung
vergleichen (5 Ob 207/01d) und prüfen müssen,
welche typischen Auswirkungen mit einer solchen Änderung üblicherweise einhergehen (5
Ob 2075/96z). Dabei ist eine Widmungsänderung
immer dann zustimmungsbedürftig, wenn durch
die Änderung der Geschäftstätigkeit schutzwürdige Interessen anderer Wohnungseigentümer
verletzt werden und dabei die Grenze der Verkehrsüblichkeit überschritten wird.
Bloße Möglichkeiten künftiger Beeinträchtigungen stellen keinen zulässigen Einwendungsgrund dar. Es wird aber immer eine auf den Einzelfall abzustellende Beurteilung geben müssen.
•
• Schritt 3 der Überprüfung:
Stellt sich im Rahmen des Vergleichs heraus, dass
die Widmungsänderung, etwa die Änderung der
Geschäftstätigkeit, im Rahmen des Verkehrsüblichen ist, dann ist die Änderung derart unwesentlich,
dass keine Genehmigungsbedürftigkeit iSd § 16 Abs
2 WEG besteht. Dh der betroffene Wohnungseigentümer kann sein Änderungsrecht ausüben, ohne die
Zustimmung der anderen Mit- und Wohnungseigentümer einholen zu müssen. Stellt sich im Rahmen
des Vergleichs heraus, dass die Widmungsänderung
nicht im Rahmen des Verkehrsüblichen liegt, ist
der betroffene Wohnungseigentümer verpflichtet,
die Zustimmung der anderen Mit- und Wohnungseigentümer einzuholen bzw. die Genehmigung den
Voraussetzungen des § 16 Abs 2 WEG entsprechend durch den Außerstreitrichter zu erlangen.
Bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Betriebsformänderung hat man sich nicht mit etwaigen
Unzukömmlichkeiten des aktuellen Betriebsinhabers auseinanderzusetzen. Es werden nur die
üblicherweise mit einer durchschnittlichen Betriebsführung verbundenen Auswirkungen bei
der geänderten Verwendung für den Vergleich
der gültigen Widmung zur beabsichtigten Änderung gegenübergestellt (5 Ob 2075/96z). Nur an
diesen Auswirkungen hat man sich zu orientieren und zu prüfen, ob die Grenzen der Verkehrsüblichkeit im Verhältnis zur gültigen Nutzung
überschritten werden oder nicht (5 Ob 122/05k).
Beispiele aus der Rechtsprechung: Zulässigkeit der Widmungsänderung bejaht
Art der
Widmungsänderung
Rechtsprechung
Umwidmung Büro
in Wohnung
5 Ob 83/11h
Die Änderung der Nutzung eines Büros zu
Wohnzwecken in einem Bürogebäude verletzt
keine schutzwürdigen Interessen der anderen
Miteigentümer. Der Einwand des AG (Nachtlokal), dass es zu Auseinandersetzungen mit den
Wohnungsmietern komme, ist unbedeutend,
da er als Betreiber eines Gastwirtschaftslokal an
sich verpflichtet ist, die ihm verwaltungsbehördlich erlaubten Grenzen nicht zu überschreiten.
Änderung der
Geschäftstätigkeit in
Pub-Cafe
5 Ob 2075/96z
War die bisherige Nutzung schon zu gastgewerblichen Zwecken möglich, dann führt die Nutzung als Pub zu keiner Interessensbeeinträch-
Begründung
Zulässigkeit der
Änderung bejaht
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tigung, auch wenn sich die Kundenfrequenz
erhöht und Lärm verursacht wird. Die Tätigkeit
ist im Rahmen der Widmung abgedeckt. Da ein
erfolgreicher Unternehmer sich immer den Erfordernissen des Marktes anpassen muss, sind
Änderungen im Rahmen des gewidmeten Geschäftskreises großzügig zu behandeln..
Änderung von
Geschäftsräumen als
Auslieferungslager
für Molkereiprodukte
zu Selbstbedienungsverbrauchermarkt
Bei gesamtheitlicher Betrachtung sind die Nachteile, insbesondere die für die Bewohner verbundenen Lärmbelästigungen bei der Warenauslieferung
und bei Kundenverkehr nicht weitaus erheblicher
als jene, die aus dem ursprünglichen Molkereibetrieb resultierten. Auch etwaige Geruchsbelästigungen bei Warenanlieferung sind im zumutbaren
Ausmaß, da auch schon jetzt mit dem Molkereibetrieb solche Belästigungen einhergegangen sind.
Umwidmung
Gastlokal in
gastgewerbliches
Vereinslokal
5 Ob 81/08k
Maßgeblich sind immer die tatsächlichen oder zu
befürchtenden Beeinträchtigungen, die mit der Änderung verbunden sind. Mit der Aufnahme eines
Gasthausbetriebs verbundene Beeinträchtigungen
müssen immer besonders stark ins Gewicht fallen.
Auf Grund der Feststellungen sind die Beeinträchtigungen durch das Vereinslokal unbedeutend.
Umwidmung Kino
in Supermarkt
LGZ Wien 41 R
506/87
Sind Miteigentümer bei Begründung des Wohnungseigentums mit jeglicher Art der Verwendung des Geschäftslokals einverstanden, so haben
sie auch Veränderungen von einem Kino in einen
Supermarkt hingenommen. Diese Veränderung
ist nicht bewilligungspflichtig. Ist eine bestimmte Verwendung/ein konkreter Geschäftsgegenstand vereinbart worden, so ist diese Widmungsänderung genehmigungsbedürftig und kann die
Zustimmung nur ersetzt werden, wenn es durch
den Betrieb als Supermarkt zu keiner wesentlichen Lärm- und Geruchsbelästigung kommt.
Künstleratelier in
Wohnung
Änderung Praxis
für Dermatologie
in den Betrieb einer
Kassenarztpraxis für
Allgemeinmedizin
Seite 16
5 Ob 73/87
5 Ob 24/07a
nicht bewilligungsbedürftig
5 Ob 172/10w
nicht bewilligungsbedürftig
Fachzeitschrift der Mietervereinigung Österreichs
Ist im Wohnungseigentumsvertrag ausdrücklich
festgehalten, dass das Wohnungseigentumsobjekt
auch zu üblicherweise in Wohnräumen ausgeübten gewerblichen oder sonstigen beruflichen Tätigkeiten genutzt werden kann, so handelt es sich
bei einer Nutzung als Künsteratelier um keine genehmigungspflichtige Widmungsänderung.
Mag auch eine Kassenpraxis vermutlich höhere Patientenfrequenz mit sich bringen, so ist es
trotzdem in der Grenze der Verkehrsüblichkeit,
da schon bisher der Hautarzt eine nicht geringfügige Patientenfrequenz aufwies. Etwaige Müllentsorgungsprobleme konnten nicht festgestellt
werden. Die behauptete Lärmbelästigung ist
nicht lebensnah. Wird ein Wohnungseigentumsobjekt bereits als Praxis einer Wahlärztin für
der Mieter
Dermatologie genutzt und geduldet, so ist eine
konkludente Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer erfolgt. Der generelle Betrieb
einer Arztpraxis im üblichen Rahmen umfasst
auch eine Kassenpraxis eines Allgemeinmediziners und ist daher nicht bewilligungspflichtig.
Geschäftsraum
Kiosk in Gastlokal
5 Ob 99/99s
Wenn im Wohnungseigentumsvertrag keine Spezifizierung der Widmung erfolgt ist, dann stellt die
Änderung der Geschäftstätigkeit „Gastlokal“ (Verkauf von Zeitungen, Süßigkeiten, belegten Brötchen, Getränke,etc) durch Fenster und ohne
Sitzplätze an Stelle der bisherigen Nutzung
als Kiosk keine eigenmächtige Änderung dar.
Gemischtwarenhandel (Kleinhandel mit
Nahrungsmitteln,
Parfümerie-, Waschund Haushaltsartikeln) in Bäckerei-Gastronomiefachgeschäft
(Einzelhandel mit Bäckereitheke, warmen
Speisen, auch Sonntag
vormittags offen)
5 Ob 227/04z
Im Wohnungseigentumsvertrag erfolgte die
Widmung des Objekts als Geschäftsraum, jedoch ohne weitere Konkretisierung. Auch wenn
sich die Öffnungszeiten geringfügig und das
Warensortiment ändern, wird die Grenze der
Verkehrsüblichkeit nicht überschritten, wenn
die Geschäftstätigkeit von ehemals einem Lebensmittelgeschäft in ein Backwarengeschäft
abgeändert wird. Insbesondere gab es schon
bisher ein gewisses Verkehrsaufkommen und
eine Personenfrequenz in dem Geschäft.
Widmung „solche
geschäftliche Tätigkeiten, die üblicherweise
in Wohnungen ausgeübt werden“- Arztbetrieb in Wohnung
5 Ob 380/97m
nicht bewilligungsbedürftig
Es liegt keine Widmungsänderung vor, wenn
der Wohnungseigentumsvertrag die geschäftliche Tätigkeit, die in Wohnungen üblicherweise
ausgeübt wird, zulässt. Beim Betrieb einer Ordination eines praktischen Arztes handelt es sich
um eine solche Tätigkeit, so dass in diesem Fall
nicht einmal eine Widmungsänderung erfolgt ist.
Umwidmung
Lebensmittelgeschäft
in tierärztliche Ordination (Kleintierpraxis mit ärztlichem
Notdienst)
5 Ob 402/97x
Widmung als Geschäftslokal ohne konkrete
Zweckwidmung. Da das bisherige Lebensmittelgeschäft eine wesentlich stärkere Kundenfrequenz
hatte und sich die Betriebszeiten nicht wesentlich
erhöhen und auch mit keiner wesentlichen Lärmbelästigung (maximal 20 Tiere/Tag) zu rechnen
ist, kommt es durch die neue Verwendungsart
zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung berechtigter Interessen der Wohnungseigentümer.
Umwidmung von
Fleischhauerei zu
Gastlokal
5 Ob 59/05w
Ein Geschäftslokal (Betriebsart Café) - in einer
Wohnhausanlage mit 400 Wohneinheiten und
mehreren anderen Imbissen etc. - mit einem ca
80 m² großen Gastraum und verwaltungsbehördlich genehmigten Öffnungszeiten bis 23.00
Uhr – also keinesfalls verkehrsunüblichen Zeiten – überschreitet nicht die Grenzen der Verkehrsüblichkeit, mag auch der Hausordnung
Ruhezeiten von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr vorsehen. Es liegt kein Fall einer zu genehmigenden
Widmungsänderung iSd § 16 Abs 2 WEG vor.
Fachzeitschrift der Mietervereinigung Österreichs
Seite 17
der Mieter
judikatur-spiegel
Geschäftslokal –
Imbissstube
5 Ob 122/05k
nicht bewilligungsbedürftig
Widmung im Wohnungseigentumsvertrag als
Geschäftslokal. Unter dem Begriff eines Geschäftslokals ist ganz allgemein ein der gewerblichen Nutzung dienendes Objekt zu verstehen.
Mit der Widmung als Geschäftslokal wird auch
das Gastgewerbe in der Betriebsart Imbissstube
für vereinbar gehalten.
Umwidmung von
Cafe mit Animierbetrieb in Cafe mit
Bordellbetrieb
LGZ Graz 3 R 4/05p
Befand sich im Wohnungseigentumsobjekt ein
bis 2.00 Uhr nachts geöffnetes Cafe mit Animierbetrieb, so ist die Umwidmung in ein Cafe
mit Bordellbetrieb zulässig, wenn die AG keine
Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen
darlegen können und in unmittelbarer Umgebung sich vergleichbare Lokale befinden.
Umwidmung Wohnung in Arztpraxis
•
LGZ Wien 41 R
130/94
Die Widmungsänderung in eine schlichte Arztpraxis, auch wenn dort mit radioaktiven Stoffen gearbeitet hat, ist zu dulden. Eine erhöhte
Frequenz durch Patienten stellt keine wesentliche Beeinträchtigung der Interessen der übrigen Wohnungseigentümer dar, da es auch in
Wohnungen Besucher gibt (Verwandte, Gäste).
Änderung Lebensmittelgeschäft in Gasthausbetrieb, wenn es
schon ein Gastlokal
im Haus gibt
5 Ob 69/92
Es handelt sich um eine wesentliche Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen eines Wohnungseigentümers, wenn sich im Haus schon
ein Gastgewerbebetrieb befindet und ein zweiter eröffnet werden soll. Insbesondere kann sich
dies für den WE, in dessen Objekt sich schon ein
Gastlokal befindet, wirtschaftlich negativ auswirken. Darüber hinaus erhöht ein Konkurrenzverhalten bei zwei gleichartigen Unternehmen
die Gefahr von Streitigkeiten. Ausnahme: Der
änderungswillige WE kann den Nachweis erbringen, dass sein wichtiges Interesse so groß ist,
dass die Verweigerung der Zustimmung ansonsten zu seiner Existenzgefährdung führen würde.
Umwidmung Wohnung in Augenarztpraxis
5 Ob 35/94
Der OGH billigt die Rechtsauffassung des Rekursgerichtes, dass die Umwidmung einer Wohnung in
eine Arztpraxis nur in Gebäuden zulässig ist, die
sowohl Wohn- als auch Geschäftszwecken dienen.
Im gegenständlichen Falle könnten Hausfremde
(Patienten) in den strikt vom Geschäftsbereich
abgetrennten Wohnbereich in den Obergeschossen gelangen und zu Belästigungen führen.
Umwidmung Verkaufsraum in Gaststättenbetrieb
LGZ Graz 3 R 65/95
War das Wohnungseigentumsobjekt als Verkaufsraum bezeichnet (Parifizierungsgutachten) und bisher als Zoohandlung genutzt, dann
stellt ein Gastgewerbebetrieb eine unzumutbare
Beeinträchtigung dar, da schon die Begleiterscheinungen eines durchschnittlichen Gastgewerbebetriebs mit Lärm und Alkoholisierten
im Verhältnis zur bisherigen Nutzung erheblich
ist, auch wenn es schon andere Lokale in der
Umgebung gibt. Weiters ist die Änderung der
Öffnungszeiten von 8.00-18.00 Uhr Verkaufsraum zu 8.00-22.00 Uhr Cafe nicht unbedeutend.
Umwidmung in
Barbetrieb
LGZ Wien 41 R
57/94
Ein Barbetrieb mit überdurchschnittlicher Größe
und Öffnungszeiten bis 2.00 oder 4.00 Uhr früh ist
mit erheblichen Lärmbelästigungen verbunden.
Diese Störungen betreffen auch WE im 3. und 4.
Stock, insbesondere im Sommer und da es bis dato
noch kein solches Unternehmen im Haus gibt.
Umwidmung Imbissstube in Gastlokal mit abendlichen
Barbetrieb
5 Ob 86/03p
Es steht auf Grund des Ist-Zustandes fest, dass es
in den späten Abendstunden (22.00 Uhr – 1.00
Uhr nachts) zu einer erheblichen Lärmbelästigung, Grölen, Aufschreien, Umwerfen von Stühlen
kommt. Es gibt auch noch Verschmutzungen der
allgemeinen Teile durch Notdurft, Zigarettenstummel und die Sperrstunde wurde von 22.00 Uhr spät
in die Morgenstunde verlegt, ohne dass die anderen WE dieser Verlängerung zugestimmt haben.
Die Zustimmung zu dieser anderwärtigen Verwendung wird nicht erteilt, weil damit erhebliche
Einbußen der Lebensqualität bzw. des Vermögens
der anderen Miteigentümern zu befürchten ist.
Beispiele aus der Rechtsprechung: Zulässigkeit der Widmungsänderung verneint
Art der
Widmungsänderung
Betrieb einer
Gesundenuntersuchungsstelle in einer
Wohnung
Änderung Büroräume
in Frühstückspension
Seite 18
judikatur-spiegel
Rechtsprechung
Begründung
Duldungspflicht
der übrigen Wohnungseigentümer
verneint
5 Ob 68/85
5 Ob 43/11a
Fachzeitschrift der Mietervereinigung Österreichs
Sind mit dem Betrieb einer Gesundenuntersuchungsstelle erhebliche Belästigungen (etwa Offenhaltung der Türe, Rauchen im Stiegenhaus,
Verunreinigungen, häufiges Anläuten bei den
Wohnungsnachbarn) verbunden, dann sind wesentliche Interessen der übrigen Wohnungseigentümer betroffen. Darüber hinaus muss von einer
hohen Besucherfrequenz ausgegangen werden.
Die einzelfallspezifische Zustimmung wird verneint, da mit der Änderung von Bürozwecken zu
Frühstückspension eine wesentliche Interessensbeeinträchtigung der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer einhergeht. Selbst wenn auch
in einem Büro an den Werktagen zu den Bürozeiten ein Parteienverkehr stattfindet, so gibt es
doch einen erheblichen Unterschied zur Nutzung
als Frühstückspension mit 20 Pensionszimmern.
Fachzeitschrift der Mietervereinigung Österreichs
der Mieter
Seite 19
2. Wiener
Wohnrechtstage
8. und 9. november 2012
www.wiener-wohnrechtstage.at
Österreichischer Mieter-,
siedler- und
WohnungseigentüMerbund