Oft unterschätzt: Wirtschaftliche Verluste durch
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Oft unterschätzt: Wirtschaftliche Verluste durch
Oft unterschätzt: Wirtschaftliche Verluste durch Leberegelbefall Leberegelbefall verursacht Wachstumshemmung, Milchleistungsverminderung und Fruchtbarkeitsstörungen. Man schätzt, dass der Schweizer Landwirtschaft derzeit jährlich rund 50 Mio. Franken wegen der starken Verbreitung des grossen Leberegels in unseren Rindviehbeständen verloren gehen. jbg. Da meistens weder der grosse noch der kleine Leberegel (Dicrocoelium dendriticum; Lanzettegel) eindeutige Krankheitsbilder verursachen, wird ihre derzeitige Verbreitung verkannt. Eine Leberegelinfektion wird leicht übersehen. Häufig werden nur Fütterungsfehler für schlechte Milchleistung und Fruchtbarkeit oder mangelhaftes Jungtierwachstum verantwortlich gemacht. Aktuelle Untersuchungen belegen die weite Verbreitung beider Leberegelarten Eine Studie aus dem Tierspital Zürich schätzt den jährlich – nur durch den grossen Leberegel (Fasciola hepatica) – entstehenden wirtschaftlichen Schaden in der Schweiz auf mehr als 50 Mio Franken aus verminderten Milchund Mastleistungen, schlechter Fruchtbarkeit, höheren Besamungskosten und Leberkonfiskaten. Von Leberegeln können Rinder aller Altersgruppen (auch wiederholt) befallen werden. Aufgrund der extensiven Haltungsform sind besonders Mutterkuhherden gefährdet. In einer aktuellen Untersuchung wurden bei knapp 10% der Tiere, die in einem Ostschweizer Schlachthof geschlachtet wurden, grosse Leberegel gefunden. Von kleinen Leberegeln war sogar fast die Hälfte der Schlachttiere befallen. Der kleine Leberegel ist weit verbreitet Die Verbreitungsgebiete der Leberegel decken sich mit dem Lebensraum ihrer Zwischenwirte (z.B. Schnecken). Der kleine Leberegel ist in der Schweiz so stark verbreitet, weil seine Zwischenwirte trockene, sonnige Flächen mit kalkreichen Böden bevorzugen. Seine Eier werden von infizierten Tieren mit dem Kot, der von Landschnecken gefressen wird, ausgeschieden. In der Schnecke entwickeln und vermehren sich die Leberegellarven bis mehrere Tausende in Schleimballen ausgehustet werden. Diese werden von Ameisen aufgenommen. Die Larven wandern in deren Nervensystem und veranlassen die Ameisen dazu, sich an Futterpflanzen festzubeissen, damit die Rinder sie mitfressen. Im Rind wandern die jungen Egel vom Darm aus den Gallengang hinauf in die Leber. Die 5–10 mm langen, erwachsenen kleinen Leberegel ernähren sich dort von Absonderungen und Entzündungsprodukten. Sie lösen eine chronische Gallengangsentzündung aus, die auch bei starkem Befall ohne äusserliche Krankheitsanzeichen verläuft, aber deutlich entwicklungs- und leistungsmindernd ist. Die Hauptinfektionszeit für kleine Leberegel ist April bis Juni. Nasse Weiden sind optimal für den grossen Leberegel Zwischenwirt des grossen Leberegels ist eine Wasserschnecke, die in feuchten oder vernässten Weiden und Grünflächen lebt. Auch die Eier des grossen Leberegels werden von befallenen Rindern mit dem Kot ausgeschieden. Um sich weiterzuentwickeln, muss die geschlüpfte Larve durch eine Wasserschnecke aufgenommen werden. In ihr entwickelt und vermehrt sie sich. Am Ende des Entwicklungsprozesses verlassen die Larven die Schnecke, um sich an Pflanzen anzuheften, wo sie sich verkapseln. Die Rinder nehmen sie entweder mit dem Trinkwasser oder mit Grünfutter wieder auf. Kälte unterbricht die Entwicklung der Larven, die aber in den Schnecken überwintern können. Sie sind dann eine Gefahr zu Beginn der Weidesaison. Der grösste Infektionsdruck herrscht aber im Spätsommer, wenn sich die Larven in Jungschnecken stark vermehrt haben. Kümmern und Leistungsabfall sind typisch, deutliche Krankheitssymptome selten Da die grossen Leberegel die Darmwand durchbohren und frei durch die Bauchhöhle zur Leberoberfläche gelangen, ist ihre Schadwirkung stärker als die der kleinen Leberegel. Die grossen Leberegel wandern nach dem Durchdringen der Leberwand ca. 6 Wochen in der Leber umher und ernähren sich vom Lebergewebe. Dann setzen sie sich in den Gallengängen fest. Die 2–5 cm langen und ca. 1 cm breiten erwachsenen grossen Leberegel führen dort durch die permanente Schleimhautschädigung zur Verkalkung der Gallengänge. Akute Krankheitssymptome beim Befall mit Leberegeln kommen selten vor. Kümmern, ein raues Fell oder unspezifischer Durchfall können beim Rind auf Leberegel hinweisen. Weil Leberegel die Leistungsfähigkeit der Leber beeinträchtigen und entstandene Schäden irreparabel sind, sollten bei Symptomen wie reduzierte Leistungen, Krankheitsanfälligkeit, Gebärmutterentzündungen, Eierstocksstörungen oder schlechte Besamungsergebnisse bei laktierenden Kühen auch an Leberegel gedacht werden. Die Diagnose «Leberegelbefall» ist schwierig Die Fleischkontrolle ist die einfachste Art, Leberegel zu finden. Gehäufte Leberkonfiskate eines Betriebs müssen als Hinweis auf einen möglichen Leberegelbefall gewertet werden. Die Diagnose am lebenden Tier durch Eier im Akute Krankheitssymptome beim Befall mit Leberegeln kommen selten vor. Gehäufte Leberkonfiskate sollten deshalb als Hinweis auf einen möglichen Leberegelbefall gewertet werden Bild: J. Troxler, RAC Changins Versumpfte Fress- und Tränkestellen bieten ideale Bedingungen für die Entwicklung des grossen Leberegels und sollten deshalb so weit wie möglich vermieden werden Kot ist schwierig. Weil die Eier schubweise und erst 60 Tage nach der Infektion ausgeschieden werden, findet man nur bei rund 50% der infizierten Tiere Eier. Ein negatives Untersuchungsergebnis ist daher nicht gleich «leberegelfrei». Für den Nachweis müssen deshalb mehrere Kotproben untersucht werden. Die meisten Wurmmittel sind wirkungslos Betroffenen Betrieben wird empfohlen, Rinder zweimal im Jahr über längere Zeit systematisch gegen Leberegel zu behandeln: Im Februar, damit die Frühsommerweide nicht mit Parasiteneiern verseucht wird, und Ende Juli zur Unterbrechung der Infektionskette. Das einzige in der Schweiz derzeit verfügbare Mittel, das grosse Leberegel sicher abtötet, ist aber für laktierende Tiere nicht zugelassen. Die Behandlung von Kühen muss deshalb in der Galtphase geschehen. Weidehygiene ist der entscheidende Punkt Da die chemotherapeutische Bekämpfung des grossen Leberegels so schwierig ist, ist die Trockenlegung der Wiesen oder das Auszäunen von vernässten Stellen Angriff auf die «Stoffwechselzentrale» – v. a. der grosse Leberegel schädigt die Leber nachhaltig sehr wichtig. Versumpfte Tränkestellen bieten auch ideale Bedingungen für die Entwicklung des Leberegels. Eine hygienische Wasserversorgung aus Brunnen oder Wasserwagen und das Auszäunen von Gewässern, ca. 1,5 m vom Rand entfernt, ist entscheidend, weil eine Verbreitung der Egel auch durch Fliessgewässer möglich ist. Da Leberegellarven in Silage maximal 10 Tage lebensfähig sind, sollte man Gras von verseuchten Wiesen möglichst silieren. Heu muss ausreichend lange gelagert werden, da die Larven darin ca. 6 Monate infektionsfähig bleiben. Leberegel verursachen nach wie vor wirtschaftliche Schäden. Riskant ist: ➪ Eine extensive Haltung der Rinder ohne ausreichende Weidepflege ➪ Eine unzureichende Ursachenforschung bei gehäuftem Leistungsrückgang oder kümmernden Jungtieren ➪ Die Fehlinterpretation einer einmaligen (negativen) Kotuntersuchung auf Leberegeleier ➪ Die Missachtung gehäufter Leberkonfiskate als Hinweis auf Leberegelbefall ➪ Der Verlass auf eine systematische Bekämpfung von Magen-Darm-Würmern, die gegen Leberegel aber nicht wirkt. ➢ Bzgl. des grossen Leberegels ➪ Die Nutzung natürlicher Gewässer ohne ausreichende Einrichtungen zur Wasserversorgung weidender Rinder ➪ Eine mangelhafte Umzäunung von Gewässern und Sumpfstellen