Poolwissen und der Mythos von St. Pauli

Transcrição

Poolwissen und der Mythos von St. Pauli
PROFI
Roadshow Hamburg
Die Roadshow-Initiatoren stellten sich in luftiger Höhe zum Gruppenbild: (v.li) Roland Melichar (Rollo Solar), Dietmar Rogg
(Schmalenberger), Jürgen Treckmann (Eichenwald) und Markus Weber (Behncke).
Poolwissen und der Mythos von St. Pauli
Die 22. Auflage der Roadshow führte erstmals nach Hamburg, genauer gesagt nach St.
Pauli, in unmittelbärer Nähe zur legendären Reeperbahn. Die einladenden Firmen Behncke, Schmalenberger, Rollo Solar und Eichenwald deckten mit ihren Beiträgen das ganze
Spektrum von Distribution über Marketing bis hin zu Preis- und Produktpolitik ab. In
Schmidts Tivoli konnte man dann ein Stück Reeperbahn live erleben.
Fotos: Peter Lang, Schmidts Tivoli · Text: Peter Lang
Roadshow-Time in Hamburg, obwohl so ganz stimmte das nicht, wie der
Schwimmbadbauer Jürgen Riepe zu Beginn der Veranstaltung unweit der bekannten St. Pauli-Landungsbrücken erwähnte. Denn der Stadteil Altona, zu dem
auch St. Pauli gehört, war früher mal die
zweitgrößte Stadt Dänemarks und gehört
erst seit 1938 zur Hansestadt Hamburg.
Unabhängig von solchen historischen Details folgten wieder viele Schwimmbadbauer aus ganz Deutschland der Einladung der vier Firmen Behncke,
Schmalenberger, Rollo Solar und Eichenwald – diese hatten sich diesmal vorgenommen, zentrale Fragen von Vertrieb,
Marketing und Preisgestaltung den Schulungsteilnehmern nahezubringen und mit
aktuellen Themen aus ihren Firmen zu
kombinieren. Da das Thema Mehrwert ein
Grundgedanke der Roadshow ist, gab es
zudem attraktive Produktangebote sowie
natürlich eine Abendveranstaltung, die
ganz im Zeichen der Reeperbahn und ihrer originellen Charaktere stand. Ein ebenso amüsanter wie geistreicher Vortrag
22 SCHWIMMBAD + SAUNA PROFI 3/4-2016
über die Mythen der Wasseraufbereitung
von Martin Woelk (Tintometer) rundet die
zweitägige Veranstaltung Ende Januar ab.
Von neuen Distributoren und
bekannten Online-Händlern
Den Auftakt der Veranstaltung übernahm
Behncke-Geschäftsführer Markus Weber.
Als Hersteller (u.a. von Filteranlagen) und
Distributor von Maytronics und Dryden
Aqua widmete er sich dem Thema Distributionspolitik. Grundsätzlich könne man
zwischen direkten und indirekten Vertriebstrategien unterscheiden. Als erfolgreiches Beispiel für die erste Variante hob
Weber den spanischen Modekonzern Inditex hervor, der über seine eigenen ZaraFilialen die selbst designte und produzierte Ware direkt an den Endkunden bringt.
In der Schwimmbadbranche ist vornehmlich die zweite Form, der indirekte Vertrieb
über Groß- und Fachhändler die Regel.
Auch hier hat sich, insbesondere was die
nachlassende Bedeutung der Großhändler betrifft, in den letzten Jahren eine starke Wandlung vollzogen. Gleichzeitig sei
die Bedeutung des Onlinehandels stark
gestiegen. Gerade in Deutschland und
Großbritannien seri Online-Affinität der
Kunden sehr groß. Mit der Konsequenz,
das auch in der Poolbranche manche Produktgruppen stationär nicht mehr profitabel zu verkaufen seien. Behncke hat übrigens zusammen mit Schmalenberger und
Eichenwald vor kurzem mit einem USDistributor eine Vereinbarung zum Vertrieb ausgewählter Produkte auf dem
amerikanischen Markt getroffen.
Auch produktseitig gibt es Neuigkeiten
bei Behncke: Dies betrifft in erster Linie die
neue, technisch optimierte Filterlinie im
neuen Design, die 2016 die bisherigen
Behncke-Filter Bünde, Berlin und Dresden
ablöst. Besonders ans Herz legte Markus
Weber das neue Vertriebsprodukt DA-GEN
von Dryden Aqua. Der bislang auf Flockung und Filtration spezialisierte Hersteller aus Schottland widmet sich jetzt auch
den Themen Oxidation und Desinfektion.
Erstes Produkt ist das Hydrolyse-System
Dryden Aqua-Generator, das jetzt als zusätzliches Element in die „DAISY“-Wasser-
Im Seminarraum hoch
über den Dächern von
Hamburg: Gruppenbild
mit allen RoadshowTeilnehmern.
Direkt oder indirekt: Markus Weber verdeutlichte
unterschiedliche Vertriebsstrategien.
Preis oder Identität: Dietmar Rogg zeigte die Unterschiede zwischen Premium und Economy.
Die Referenten und Vertreter der vier veranstaltenden Unternehmen
sowie Wasseranalytiker
Martin Woelk (re.).
aufbereitung integriert wird.
Dem Thema Preispolitik ging Dietmar
Rogg, Geschäftsführer von Fluvo/Schmalenberger, in seinem Beitrag auf die Spur.
Rogg wies darauf hin, dass die Gestaltungsspielräume, den Preis als Marketinginstrument einzusetzen, immer geringer
würden. Gleichzeitig betonte Rogg, dass
die Märkte sich künftig immer mehr in
zwei Extreme ausdifferenzierten. Das Premium-Segment, in dem es dem Kunden
weniger um den Preis als um Identitätsstiftung ginge, sowie dem Economy-Bereich.
Hier wiederum entwickle sich das Segment Premium-Economy, in dem es sehr
wohl um höchste Qualität und den höchsten Preis gehe. Gerade aber im neuen
Premium-Segment gehe es in erster Linie
darum, für den Kunden einen Mehrwert
zu erzeugen – über Events, Inszenierungen, die Schaffung einer Community und
den Verkauf von Konzepten an Stelle von
Einzelprodukten.
Ganz klassisch hatte Dietmar Rogg auch
einige Mehrwert-Angebote aus dem eigenen Hause dabei. Die betrafen die Gegen-
stromanlage „X-Jet“ sowie die Unterwasserscheinwerfer-Serie „Luchs NT“, die eher
im Premium-Economy-Bereich angesiedelt seien. Für den Economy-Bereich empfahl Rogg die Pakete „X-Jet compact“ sowie „Luchs LED Basis“. Apropos
Preisgestaltung: Dank neuer Herstellungsverfahren und der Verwendung ressourcenschonender Gehäuse für die „Luchs“Scheinwerferlinie konnte Fluvo eine
deutliche Preissenkung für diese Produktkategorie vornehmen.
Ein Beispiel, wie man sich jenseits des Preises differenzieren könne, sei das Thema
Design. In diesem Zusammenhang erwähnte Dietmar Rogg die Gegenstromanlage „X-Jet“, die – wie schon die Schwalldusche „Cobra“ – inzwischen mit dem
begehrten Designpreis „Plus X Award“ ausgezeichnet wurde.
Den Abschluss des ersten Seminartages
bildete ein Vortrag von Martin Woelk, dem
langjährigen Vertriebsleiter des Wasseranalyse-Spezialisten Tintometer (Lovibond). „Eine starke Behauptung ist besser
als ein schwaches Argument“ – nach die-
Jürgen Treckmann von Eichenwald nahm die Lebensstil-Trends der Zukunft unter die Lupe.
Frank Deuss (li) und Felix Thormann erläuterten
den neuen Rohrmotor von Rollo Solar.
Keine Magie: Martin Woelk (Tintometer)
entlartvte so manchen Werbespruch als Unfug.
3/4-2016 SCHWIMMBAD + SAUNA PROFI 23
PROFI
Roadshow Hamburg
Schmidts Tivoli bietet Reeperbahn-Unterhaltung vom Feinsten. Seit der Uraufführung im September 2003 hat
sich das Musical „Heiße Ecke“ mit bislang rund 3500 Aufführungen zum Dauerbrenner entwickelt.
sem Motto agierten einige Firmen, die
sich mit Wasseraufbereitung beschäftigten und in ihren Werbeaussagen die Kunden in die Irre führten, so Woelk, der in
seinem amüsanten Vortrag aber natürlich
keine Namen nannte.
Mythen, Wunder und kosmische Informationen
Chemie werde allzu oft mit Alchemie vermischt, so der Wasseranalyse-Experte. Woelk entlarvte einige Werbebotschaften der
Branche als blanke Fehlinformation, so
etwa wenn Salz-Elektrolyse als chlorfreie
Desinfektionsmethode geadelt würde
oder das in hoher Konzentration die
Atemwege schädigende Ozon als natürliche Alternative dargestellt würde. Auch
dass UV-Licht allein eine ausreichende
Desinfektionswirkung entfalten könnte,
wies Martin Woelk ins Reich der Mythen.
Ganz obskur wird es, wenn Anbieter mit
kosmischen Informationen angereichertes Wasser als Allheilmittel verkaufen.
Auch wenn sich, wie Woelk süffisant anmerkt, die tatsächliche Wirkung mit naturwissenschaftlchen Mitteln derzeit nicht
nachweisen lasse. Martin Woelks Vortrag
machte auf höchst unterhaltsame Weisedeutlich, dass man so manche Werbebotschaft getrost ins Reich der Fabel verorten
muss. Frei nach dem Slogan: „Wir vollbringen wahre Wunder in der Wasseraufbereitung.“
Unterhaltsam ging es am Abend weiter.
Die Veranstalter hatten die Nähe zur Reeperbahn genutzt und in das Musical „Heiße Ecke“ eingeladen. Zuvor gab es eine
Stärkung im Nachtclub „Angie‘s“, der direkt
neben „Schmidts Tivoli“ liegt. Das seit 2003
ununterbrochen aufgeführte St. Pauli-Musical bot eine facettenreiche, mitunter frivole Darstellung des typischen Reeperbahn-Klientels: Von leichten Mädchen
über schwere Jungs bis hin zu den unvermeidlichen Abschiedstouren von Junggesellen.
Latte Macchiato-Familie, Tiger
Ladies und Grey Hoppers.
Am Ende der Veranstaltung erhielten all Teilnehmer ihre RoadshowUrkunde.
24 SCHWIMMBAD + SAUNA PROFI 3/4-2016
Spannende Charaktere standen auch im
Mittelpunkt des Vortrags von EichenwaldVertriebsleiter Jürgen Treckmann, der sich
zu Beginn des zweiten Tags dem Thema
Werbung/Kommunikation zuwandte. 96
Prozent aller Werbeansprachen verpuffen
wirkungslos, stellte Treckmann nüchtern
In Schmidts Tivoli erlebten die Roadshow-Teilnehmer einen unterhaltsamen Abend mit
dem Musical „Heiße
Ecke“. Zuvor gab es ein
Abendessen im benachbarten Nachtclub
„Angie‘s“ (links).
Die „Heiße Ecke“ gehört
zu den erfolgreichsten
deutschsprachigen Musicals. Die Darsteller
schlüpfen in über 50
Rollen – die typischen
Reeperbahn-Charaktere
werden unterhaltsamfrivol interpretiert.
fest. Trotzdem führe an Werbung kein Weg
vorbei. In der heutigen Zeit wird es aber
immer schwieriger, die Zielgruppen richtig anzusprechen. Entscheidend, so Treckmann, werde es sein, die sich ausdifferenzierenden Lebensstiltrends zu verstehen.
Treckmann nannte dazu einige Beispiele
für zukünftige Lebensstile: Da gibt es die
„emerging adults“, die in der Postadoleszent stehengebliebenen, stets unentschlossenen Lebenskünstler. Interessanter
für die Schwimmbadbranche seien aber
eher die konsumfreudige „Latte-Macchiato-Familie“ oder die extravaganten Selbst-
Bereits zum 22. Mal veranstalteten die befreundeten
Firmen Rollo Solar, Eichenwald, Behncke und Schmalenberger die Roadshow – erstmals in Hamburg.
darsteller der „Proll Professionals“. Auch die
aktiven Alten, „Greyhopper“ genannt,
könnten sich als attraktive Zielgruppe entpuppen, ebenso die beruflich erfolgreichen und sehr entscheidungsfreudigen
„Tiger Ladies“. Wichtig: Alle diese Gruppen
müssen individuell angesprochen werden.
Bei Eichenwald geht man in diesem jahr
ebenfalls neue Wege, was die Produktpalette betrifft. Mit „Splash Dunk“ hat man
einen Basketballkorb für den Pool im Angebot, auch eine neue Edelstahlrinne soll
hochwertige Anlagen bereichern.
Das Produkt und die Produktpolitik stand
auch im Zentrum des abschließenden Beitrags von Frank Deuss, dem Vertriebsleiter
von Rollo Solar. Produkte haben meist einen Grund- und einen Zusatznutzen.
Wirklich begehrenswert mache sie vor allem ein emotionaler oder sozialer Zusatznutzen. Deuss nannte als Beispiel die Marke Harley-Davidson. Hier werde kein
Motorrad verkauft, sondern ein Lebensgefühl. Dadurch sei die Marke praktisch nicht
kopierbar. Rollo Solar selbst hat in der letzten Zeit ebenfalls intensiv an seiner Produkt- und Markenpolitik gearbeitet. So
wurde vor kurzem eine neue, moderne
Homepage online geschaltet. Produktseitig ragt der neu entwickelte Rohrmotor
heraus, der erstmals auf der Aquanale vorgestellt wurde. Eines der Hauptmerkmale
des neuen Direktantriebs ist seine absolute Dichtheit – dazu wurden alle Antriebe
und Gehäuse mit Stickstoff befüllt. Mit einer Haltbarkeit von mindestens 3000
Stunden erreicht die Neuentwicklung
ebenfalls Spitzenwete in der Branche. Passend dazu oder auch als Nachrüstartikel
stellte Frank Deuss auch einen neuen
Schalter vor, der intuitiv bedient werden
kann. Eine LED-Anzeige zeigt den aktuellen Zustand der Anlage und hilft Fehlermeldungen sofort anzuzeigen. ��
Mehr Informationen
Behncke GmbH, Michael-Haslbeck-Straße 13,
85640 Putzbrunn, Tel.: 089/456917-0,
www.behncke.com
G. Eichenwald GmbH & Co. KG, Ruhrstraße 60,
41469 Neuss, Tel.: 02137/917870,
www.eichenwald.de
Rollo Solar Melichar GmbH, Josef Janker Ring 18,
83646 Bad Tölz, Tel.: 08041/792650,
www.rollo-solar.de
Schmalenberger GmbH + Co. KG,
Im Schelmen 9-11, 72072 Tübingen,
Tel.: 07071/70080, www.fluvo.de
3/4-2016 SCHWIMMBAD + SAUNA PROFI 25