The Cross-National Transfer of Human Resource Management
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The Cross-National Transfer of Human Resource Management
Personalforschung an Hochschulen (ZfP 4/2001) 503 Anne Tempel The Cross-national Transfer of Human Resource Management Practices in German and British Multinational Companies * Betreuer: Prof. Dr. Hartmut Wächter, Universität Trier Die Arbeit beschäftigt sich mit der grenzüberschreitenden Übertragung von Personalpraktiken in deutschen und britischen multinationalen Unternehmen. Vor dem Hintergrund der Debatte, ob multinationale Unternehmen grenzenlose Unternehmen sind, die frei von jeglichen Bindungen an bestimmte Länder und nationale Akteure ihre Standorte allein nach der Geschäftsstrategie aussuchen können oder ob sie nach wie vor nationale Unternehmen mit internationalen Tätigkeiten sind, wird der Einfluss des nationalen Kontexts von multinationalen Unternehmen auf ihre Personalpolitik untersucht. Basierend auf dem Konzept des „country-of-origin effect“ (Heimatlandeffekt) wird der Frage nachgegangen, inwieweit multinationale Unternehmen in ihrer Personalpolitik von der institutionellen Umwelt ihres Heimatlandes beeinflusst werden und versuchen die Personalpraktiken, die sich in ihrem Heimatland als sinnvoll erwiesen haben, auf ihre ausländischen Tochtergesellschaften im „host country“ (Gastland) zu übertragen. Der country-of-origin Effekt ist umso stärker, je unbeschränkter das betreffende Gastland ist. Unternehmen haben beim Eintritt in ein weniger beschränkendes „permissives“ System, wie Großbritannien, die Wahl, entweder Heimatlandpraktiken zu übertragen, weil sie als bewährt und gewohnt erscheinen, oder aber den Spielraum zu nutzen und neue Personalpraktiken auszuprobieren. Umgekehrt hat ein Unternehmen beim Eintritt in ein beschränkendes System, wie Deutschland, kaum eine andere Wahl als sich an die institutionellen Regulierungen anzupassen. Dort ist interessant zu untersuchen, inwieweit multinationale Unternehmen in der Lage sind, Heimatlandpraktiken trotz erheblicher institutioneller Beschränkungen zu verwirklichen. Es ist aber auch zu bedenken, dass multinationale Unternehmen auch wertvolle Erfahrungen von der Personalpolitik ihrer ausländischen Tochtergesellschaften sammeln können und diese Erfahrungen in der Gestaltung der Personalpolitik in ihrem Heimatland einfließen lassen können („learning effect“ oder Lerneffekt). In Bezug auf den Lerneffekt wird die Verknüpfung zwischen der Bereitschaft multinationaler Unternehmen zu lernen und dem sogenannten „dominance effect“ angenommen. Diese Effekte werden anhand von fünf Fallstudien bei der Gestaltung von Personalpraktiken in den Bereichen der Aus- und Weiterbildung, der betrieblichen Entgeltpolitik und der Arbeitnehmermitsprache in deutschen und britischen multinationalen Unternehmen der chemischen und pharmazeutischen Industrie untersucht. * Anne Tempel: The Cross-National Transfer of Human Resource Management Practices in German und British Multinational Companies. ISBN 3-87988-548-6, Rainer Hampp Verlag, München und Mering 2001, 295 S., DM 58.00, EURO 29.55. 504 Personalforschung an Hochschulen (ZfP 4/2001) Die Übertragung von Personalpraktiken in multinationalen Unternehmen wird theoretisch aus drei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Zunächst wird der Einfluss von institutionellen Umwelten auf die Übertragung von Personalpraktiken in multinationalen Unternehmen mit Hilfe des institutionellen Ansatzes von DiMaggio/Powell, des „National Business System“-Modells von Whitley und der ‚Industrial Relations’-Literatur theoretisch dargestellt. Diese Ansätze werden ergänzt durch die Annahme, dass nicht nur institutionelle Kräfte sondern auch Faktoren auf Unternehmensebene die Personalpolitik in multinationalen Unternehmen beeinflussen können. Unterschiede in der Struktur und in der Verteilung von Ressourcen und Macht in multinationalen Unternehmen und deren Auswirkungen auf die Personalpolitik werden diskutiert. Auf dieser Basis wird herausgearbeitet, in welchen Typen von multinationalen Unternehmen die Übertragung von Personalpraktiken am ausgeprägtesten sein sollte, welche Tochtergesellschaften dem Einfluss der Muttergesellschaft am meisten ausgesetzt sein werden, welche Tochtergesellschaften solchen Einfluss verhindern können und welche als Lernobjekte interessant sein werden. Der theoretische Teil der Arbeit wird mit einer Diskussion über die Mechanismen zur Übertragung von Personalpraktiken in multinationalen Unternehmen abgeschlossen. Dabei werden vor allem Personalrichtlinien und -strukturen, der internationale Transfer von Managern, Sozialisierungsmechanismen und „Best Practice“-Systeme betrachtet. Als Ergebnis der empirischen Untersuchung zeigt sich, dass die Personalpolitik der deutschen multinationalen Unternehmen in Großbritannien durch Anpassung an die permissive institutionelle Umwelt gekennzeichnet ist. Die drei untersuchten Unternehmen haben nicht versucht, Tarifverhandlungen mit Gewerkschaften, die Teilnahme an einem Ausbildungssystem ähnlich dem deutschen System, das in Großbritannien von der Deutsch-Britischen Handelskammer gegründet wurde, oder etwa die Gründung von Betriebsräten zu fördern. Trotzdem wird der Einfluss seitens der Muttergesellschaften auf die Personalpraktiken in Großbritannien festgestellt. Das wichtigste Beispiel dabei ist die Reduzierung der britischen Belegschaft in einem der Unternehmen hauptsächlich aus Gründen der fehlenden Mitwirkungsund Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmervertreter im Falle einer grundlegenden Veränderung eines Betriebes in Großbritannien im Gegensatz zu Deutschland und zum Schutz der Belegschaft in den deutschen Standorten des Unternehmens. Ferner zeigt sich, dass das permissive System der Arbeitsbeziehungen in Großbritannien nicht nur Vorteile für multinationalen Unternehmen hat, etwa im Sinne vieler Möglichkeiten zur Gestaltung der Personalpolitik, sondern auch Nachteile haben kann, wenn Personalpraktiken, die sich im Heimatland als sinnvoll erwiesen haben, im Gastland institutionell nicht unterstützt werden. Die Personalpolitik der britischen multinationalen Unternehmen in Deutschland ist gekennzeichnet sowohl durch die Verwirklichung einzelner Heimatlandpraktiken trotz der vorhandenen Beschränkungen und einen Verzicht auf Übertragung wegen der vorhandenen Beschränkungen. Die Untersuchung zeigt auch, wie das lokale Personalforschung an Hochschulen (ZfP 4/2001) 505 Management die Einschränkungen der Arbeitsbeziehungen als Machtressource gegenüber der Muttergesellschaft nutzt, um deren Einfluss entgegenzuwirken und wie multinationale Unternehmen Zugeständnisse vom lokalen Management und lokalen Arbeitnehmervertretern erreichen können. Schließlich konnte festgestellt werden, dass zwei der drei deutschen Unternehmen versucht haben, von der Personalpolitik ihrer britischen Tochtergesellschaften zu lernen. Im Gegensatz werden nur schwache Indikatoren des Lerneffekts in einer der britischen Unternehmen festgestellt. Durch die Untersuchung des Lerneffekts konnte die Verbindung zwischen der Bereitschaft multinationaler Unternehmen von ihren Tochtergesellschaften in „dominanten“ (in diesem Falle angelsächsischen) Systemen bestätigt werden. Durch die Auseinandersetzung mit dem country-of-origin Effekt Ansatz wird eine differenziertere Einsicht in die Personalpolitik multinationaler Unternehmen gewonnen werden, als dass dies bislang theoretisch erarbeitet worden war. Die empirischen Ergebnisse verdeutlichen den Einfluss institutioneller Umwelten auf die Übertragung von Personalpraktiken in multinationalen Unternehmen, zeigen aber auch, wie Akteure in Unternehmen die Unterschiede zwischen verschiedenen Umwelten zu ihrem eigenen Vorteil nutzen können.