SR Vergaberecht Nachpruefungsinstanzen 2013
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SR Vergaberecht Nachpruefungsinstanzen 2013
Vergaberecht 2012/2013 (I) Entscheidungen der Nachprüfungsinstanzen im Überblick © BEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, 2013 Vergaberecht 2012/2013 (I) Entscheidungen der Nachprüfungsinstanzen im Überblick Liebe Auftraggeber, liebe Bieter, liebe Interessierte am Vergaberecht, Vergaberecht ist ganz wesentlich Praktikerrecht. Die Entscheidungen der Nachprüfungsinstanzen – außerhalb des GWB zunehmend der ordentlichen Gerichte – geben den Takt vor. Um Ihnen die Arbeit zu erleichtern, wollen wir Sie anhand einer Entscheidungsauswahl künftig regelmäßig über Entwicklungen der Rechtsprechung informieren. Die in dieser Ausgabe aufgenommenen knapp 200 Entscheidungen decken die wesentlichen Entwicklungen von 2012 bis Ende des 1. Quartals 2013 ab. 2012 war ein Jahr der Konsolidierung. „Revolutionäre“ Entscheidungen blieben aus. Das Vergaberecht wurde aber an zahlreichen Punkten von den Vergabekammern und Gerichten weiter entwickelt. Hinzuweisen ist insbesondere auf die Entscheidung des OLG München zur Baukonzessionsvergabe (Nr. 3), die Entscheidung des EuGH vom 7. Juni 2012 zur Auslegung zu Bereichsausnahmen bei Dual-Use-Gütern (Nr. 21), den grundlegenden Beschluss des OLG Düsseldorf zur Vergabepflicht von Abfällen zur Verwertung (Nr. 23) sowie seine mittlerweile gefestigte Rechtsprechung zu Rahmenvereinbarungen (Nrn. 15-17). Bei den sog. „vergabefremden“ Kriterien hat die Entscheidung des EuGH in der Sache EKO und Max Havlaar (Nr. 27, 44, 63) für viel Aufsehen gesorgt. Die Verfahrensanforderungen an das Verhandlungsverfahren sind in der Rechtsprechung weiter verschärft worden (Nrn. 32-37). Gleiches gilt für das beschleunigte Verfahren (Nr. 40). Das Bestimmungsrecht des Auftraggebers ist weiter gestärkt worden (Nrn. 44-47). Es ist mittlerweile auch der Dreh- und Angelpunkt bei Losvergaben (Nrn. 72-77). Die Anforderungen an die Bekanntmachung wurden erneut gesteigert; das betrifft v.a. Eignungsnachweise (Nr. 60, 88-91) aber auch Mindestbedingungen der Eignung oder besondere Vertragsbedingungen. Die seit Jahren diskutierte Problematik der „eignungsbezogenen“ Zuschlagskriterien ist jetzt auch für VOF-Vergaben entschieden; es darf sie nicht geben! Bei der Überprüfung von Ausschreibungsbedingungen und Vertragsbedingungen finden unterschiedliche Maßstäbe Anwendung, so dass ein besonders sorgfältiges Vorgehen unerlässlich ist (Nr. 80-86). Bei der Angebotsprüfung ist neben den „Klassikern“, wie Abweichungen von den Vergabeunterlagen v.a. die Nachforderung von Erklärungen trotz einer Entscheidung des BGH ein Unsicherheitsfaktor (Nrn. 118-121). Bei Vergabesperren und Selbstheilung des Bieters haben sich die Maßstäbe dagegen entscheidend präzisiert (auch wenn es immer auf den Einzelfall ankommt, vgl. Nrn. 127-130). Fehler, die bei Einleitung und Gestaltung eines Vergabeverfahrens durchlaufen sind, lassen sich über eine Aufhebung nur sehr eingeschränkt (u.U. schadensersatzpflichtig) reparieren (Nr. 146-150). Neben Heilungsoptionen wurden auch die Möglichkeiten zur Interimsvergabe weiter präzisiert (Nr. 201). Beim Rechtsschutz gab es v.a. 2012 wichtige, z.T. spektakuläre, Entscheidungen v.a. im Bereich des Unterschwellenrechtsschutzes (Nrn. 202-205) und bei Dienstleistungskonzessionen (Nrn. 212-218). Zum Nachprüfungsverfahren dominierten 2012/2013 ganz eindeutig Entscheidungen zu Verfahrensfragen, u. a. zu den Verfahrenskosten des Auftraggebers (Nr. 197), aber auch zur Rügepflicht (Nrn. 163-166). Wie wichtig das Vergaberecht geworden ist, zeigen abschließend die Entscheidungen des EuG zu Strukturhilfefondsmitteln beim Projekt Teltowkanalbegleitstrasse (Nr. 223) und des OVG NRW zum nationalen Förderrecht (Nr. 222). Hier hat sich mittlerweile als Standard etabliert, dass Vergabefehler auch noch Jahre später Förderungen kosten können. Nürnberg, im August 2013 Mit freundlichen Grüßen Berthold F. Mitrenga Inhalt I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. ANWENDUNGSBEREICH DER §§ 97 FF. GWB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Persönlicher Anwendungsbereich – Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 VK Berlin, Beschluss vom 14.10.2011 – VK-B 2-24/11 (Elektroinstallationsarbeiten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.11.2012 – 15 Verg 9/12 (Rahmenvereinbarung bildgebenden Geräten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Persönlicher Anwendungsbereich – Baukonzessionär (§ 98 Nr. 6 GWB). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 3 OLG München, Beschluss vom 05.04.2012 – Verg 3/12 (Hochschulcampus Garching) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Sachlicher Anwendungsbereich – Auftragswert (§ 3 VgV) . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 4 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 08.05.2012 – 11 Verg 2/12 (Rechtsberatung/Organisationsuntersuchung) . . . . . . . . . . . . . . . 4 5 OLG Dresden, Beschluss vom 24.07.2012 – Verg 2/12 (Beseitigung von Ölverunreinigungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 6 KG, Beschluss vom 28.09.2012 – Verg 10/12 (Ausgabeanlage – Umbau der Mensa) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 7 OLG München, Beschluss vom 31.10.2012 – Verg 19/12 (Kinderpalliativzentrum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 8 OLG München, Beschluss vom 31.01.2013 – Verg 31/12 (Ortsumgehung L.-K.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Sachlicher Anwendungsbereich – öffentlicher Auftrag (§ 99 GWB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 9 VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17.08.2012 – VK-SH 17/12 (Geschäftskomplex) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 10 EuGH, Urteil vom 19.12.2012 – Rs. C-159/11 (Azienda Sanitaria Locale di Lecce) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 11 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.01.2013 – Verg 26/12 (Erwerb und Betrieb Strom- und Gasnetze) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 12 OLG Schleswig, Beschluss vom 15.03.2013 – 1 Verg 4/12 (Parkpalette). . . . . 21 13 EuGH, Urteil vom 08.05.2013 – Rs. C-203/11 (Eric Libert u.a.) . . . . . . . . . . . . 24 Ausschreibungspflicht von Vertragsänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 14 VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.01.2013 – 2 VK LSA 40/12 (Wärme- und Stromlieferung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 15 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2012 – Verg 58/11 (Pharmarabattvertrag) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 16 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.04.2012 – Verg 95/12 (Rahmenvertrags Berufe.TV). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 17 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 – Verg 15/12 (Koordinationsvertrag Patientenversorgung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 18 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.11.2012 – 15 Verg 9/12 (Rahmenvereinbarung bildgebenden Geräten) . . . . . . . . . . . . . . 33 I 19 7. 8. II. III. 1. 2. 3. II OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.02.2013 – Verg 44/12 (Kopierer und Multifunktionsgeräte) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bereichsausnahmen (§§ 100, 100a, 100b GWB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 VK Bund, Beschluss vom 04.05.2012 – VK 3-30/12 (Wartungsdienstleistungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 EuGH, Urteil vom 07.06.2012 – Rs. C-615/10 (Insinööritoimisto InsTiimi Oy) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 – Verg 10/12 (SatWaS) . . . . . . . Ausschließliche Rechte/Inhouse – Vergabe/interkommunale Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.11.2012 – Verg 69/11 (Klärschlamm) . . . . 24 EuGH, Urteil vom 29.11.2012 – Rs. C-183/11 (Econord) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.01.2013 – Verg 56/12 (Betrieb von Informationssystemen der GKV) . . . . . . . . . . . . . . . . ANWENDBARE VERGABE- UND VERTRAGSORDNUNG/ ALLGEMEINE VERGABEGRUNDSÄTZE (§ 97 ABS. 1, 2 GWB) . . . . . . . . . . . . . . 26 OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.03.2012 – Verg W 13/11 (Landesweite Biotopkartierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 EuGH, Urteil vom 10.05.2012 – C-368/10 (EKO und Max Havelaar). . . . . . . . . 28 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 – Verg 10/12 (SatWaS) . . . . . . . VERFAHRENSARTEN NACH DEN §§ 97 FF. GWB/ FRISTEN FÜR EU-VERGABEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Offenes Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2012 – Verg 58/11 (Pharmarabattvertrag) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nichtoffenes Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.02.2012 – VII-Verg 75/11 (Unterhaltsreinigung, Außenreinigung, Winderdienst) . . . . . . . 31 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.05.2012 – Verg 3/12 (Bereitstellung und Bewertung von Nachrichtenmeldungen). . . . . . Verhandlungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 VK Lüneburg, Beschluss vom 04.01.2012 – vgk-54/2011 (Schulsanierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 VK Brandenburg, Beschluss vom 04.03.2012 – VK 5/12 (Ingenieurleistungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 VK Sachsen, Beschluss vom 16.05.2012 – 1/SVK/010-12 (Schienenfahrzeuge). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 VK Bund, Beschluss vom 23.07.2012 – VK 3-81/12 (Rahmenvertrag Reparatur- und Wartungsdienste) . . . . . . . . . . . . 36 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 – Verg 10/12 (SatWaS) . . . . . . . 37 VK Nordbayern, Beschluss vom 20.11.2012 – 21 VK-3194-26/12 (Beschaffung eines ….) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 EuG, Urteil vom 15.01.2013 – Rs. T-54/11 (Spanien ./. Kommission) . . . . . . . . 39 VK Bund, Beschluss vom 25.01.2013 – VK 3-5/13 (Rahmenvertrag Arzneimittel). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 37 37 38 40 41 41 44 46 48 48 49 50 53 53 53 53 53 55 56 56 62 63 65 66 67 68 68 4. 5. IV. 1. 2. 3. 4. 5. Beschleunigtes Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 VK Sachsen, Beschluss vom 10.02.2012 – 1/SVK/001-12 (Institutsgebäude, FR Physik). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren mit Teilnahmewettbewerb/Auswahlkritieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2011 – Verg 84/11 (Gebäude- und Glasreinigung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 VK Bund, Beschluss vom 25.01.2012 – VK 1-174/11 (Bewachungsdienstleistungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 VK Sachsen, Beschluss vom 10.02.2012 – 1/SVK/001-12 (Institutsgebäude, FR Physik). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 69 72 72 72 74 VERFAHRENSGESTALTUNG DURCH DEN AUFTRAGGEBER . . . . . . . . . . . . . . . 77 Bestimmungsrecht des Auftraggebers/ Produktneutrale Ausschreibung/Technische Spezifikationen . . . . . . . . . . . . . 77 44 EuGH, Urteil vom 10.05.2012 – C-368/10 (EKO und Max Havelaar). . . . . . . . . 77 45 VK Arnsberg, Beschluss vom 14.05.2012 – VK 6/12 (Umstellung Funktechnik). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 46 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2012 – Verg 7/12 (Anti-Grippe-Impfstoffe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 47 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 – Verg 10/12 (SatWaS) . . . . . . . 86 48 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.10.2012 – Verg 34/12 (Küchentechnik Ersatzbau Uni Bielefeld) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 49 VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.10.2012 – VK-SH 28/12 (Diktiergeräte). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 50 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.01.2013 – Verg 33/12 (Neubau Landesmuseum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 51 VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.01.2013 – 1 VK 44/12 (Metallbau/Fenster). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Preis-/Haushaltsrechtliche Anforderungen/Vergabereife . . . . . . . . . . . . . . . . 102 52 OLG München, Beschluss vom 20.03.2013 – Verg 5/13 (Akademie des bayerischen Bäckerhandwerks) . . . . . . . . . . . . . . . 102 53 OLG Koblenz, Beschluss vom 25.03.2013 – 5 U 1481/12 (Architektenvertrag mit Baukostenvereinbarung) . . . . . . . . . . . . 104 Wahl-/Alternativpositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 54 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.02.2012 – Verg 87/11 (Versicherungsdienstleistungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .106 Kalkulationsvorgaben/Preisvorgaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 55 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2012 – Verg 42/12 (Unterhaltsreinigung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 56 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.02.2013 – Verg 44/12 (Kopierer und Multifunktionsgeräte) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Zuschlags- und Bindefrist/Frist zur Abforderung von Angebotsunterlagen/Angebotserstellungsfrist. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 57 VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.03.2012 – VK-SH 3/12 (Briefpostdienste) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .109 58 VK Bund, Beschluss vom 05.10.2012 – VK 3-114/12 (Reinigungsdienstleistungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 59 VK Arnsberg, Beschluss vom 06.02.2013 – VK 21/12 (Rettungsdienstleistungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 III 6. 7. 7.1 7.2 7.3 8. 9. IV Vergabebekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 60 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.03.2012 – Verg 4/12 (Eignungskriterien). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Anforderungen an Zuschlagskriterien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Maßstab der Wirtschaftlichkeit im Sinne von § 97 Abs. 5 GWB . . . . . . . . . . . . . 116 61 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.02.2012 – 1 VK 07/11 (Neubau Kläranlage Lubmin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 62 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 – Verg 9/12 (Nachforderung Erklärungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 63 EuGH, Urteil vom 10.05.2012 – C-368/10 (EKO und Max Havelaar). . . . . . . . . 119 64 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.05.2012 – Verg 3/12 (Bereitstellung und Bewertung von Nachrichtenmeldungen). . . . . . 122 Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 65 VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.03.2012 – VK-SH 3/12 (Briefpostdienste) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 66 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.12.2012 – 15 Verg 10/12 (Tragwerksplanung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 67 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.01.2013 – Verg 35/12 (Gebäudereinigungsverträge) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Bekanntmachung (Transparenz) von Zuschlagskriterien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 68 OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.03.2012 – Verg W 13/11 (Landesweite Biotopkartierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 69 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 24.07.2012 – 11 Verg 6/12 (Reinigungsdienstleistungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 70 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013 – Verg 31/12 (Kommunalisierung von Versorgungsnetzen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 71 VK Hessen, Beschluss vom 21.03.2013 – 69d-VK-01/2013 (Solarkataster) . . . 132 Gesamtvergabe/Losaufteilung/Loslimitierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 72 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.01.2012 – Verg 103/11 (Rabattvereinbarung Ciclosporin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 73 VK Sachsen, Beschluss vom 10.02.2012 – 1/SVK/050-11 (Straßenbau, Lärmschutzwand) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 74 OLG Koblenz, Beschluss vom 04.04.2012 – 1 Verg 2/12 (Gebäudereinigungsleistungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 75 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 – Verg 100/11 (Drucker- und Multifunktionssysteme) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 76 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2012 – Verg 7/12 (Anti-Grippe-Impfstoffe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 77 OLG Schleswig, Beschluss vom 30.10.2012 – 1 Verg 5/12 (Postdienste) . . . . 141 78 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2012 – Verg 28/12 (Gebäudereinigung, Glasreinigung, Winterdienst) . . . . . . . . . . . . . 142 79 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013 – Verg 31/12 (Kommunalisierung von Versorgungsnetzen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Gestaltung der Ausschreibungsbedingungen/ Ungewöhnliches Wagnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 80 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2012 – Verg 90/11 (Zytostatika) . . . . . 146 81 VK Bund, Beschluss vom 21.06.2012 – VK 3-57/12 (Grippeimpfstoffe) . . . . . . 147 82 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 24.07.2012 – 11 Verg 6/12 (Reinigungsdienstleistungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 83 10. 11. 12. 12.1 12.2 12.3 13. 14. 15. V. OLG München, Beschluss vom 06.08.2012 – Verg 14/12 (Rest- und Sperrmüllabfuhr). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 84 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.02.2013 – Verg 44/12 (Kopierer und Multifunktionsgeräte) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Gestaltung der Vertragsbedingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 85 OLG Naumburg, Urteil vom 20.12.2012 – 2 U 92/12 (Grundhafter Ausbau der Kreisstraße) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Bedingungen für die Auftragsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 86 EuGH, Urteil vom 10.05.2012 – C-368/10 (EKO und Max Havelaar). . . . . . . . . 155 87 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.01.2013 – Verg 35/12 (Gebäudereinigungsverträge) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Eignungsnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Bekanntmachungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 88 VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.03.2012 – VK-SH 3/12 (Briefpostdienste) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Liste von Eignungsnachweisen in Vergabeunterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 89 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.11.2012 – Verg 8/12 (Wartung, Pflege- und Weiterentwicklung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Wettbewerbsoffene Ausgestaltung von Eignungsanforderungen. . . . . . . . . . . 161 90 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.09.2012 – Verg 108/11 (Briefdienstleistungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 91 EuGH, Urteil vom 18.10.2012 – Rs. C-218/11 (Édukövízig) . . . . . . . . . . . . . . . .164 Tariftreue-/Mindestlohnbestimmungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .166 92 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 24.07.2012 – 11 Verg 6/12 (Reinigungsdienstleistungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .166 Zulassung/Ausschluss von Nebenangeboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 93 VK Sachsen, Beschluss vom 05.03.2012 – 1/SVK/003-12 (Technisches Zentrum). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 94 BGH, Beschluss vom 23.01.2013 – X ZB 8/11 (Briefdienstleistungen). . . . . . . 171 Beteiligung von Projektanten am Vergabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 95 OLG Bremen, Beschluss vom 09.10.2012 – Verg 1/12 (Datenverarbeitung im Bereich Fahrgastinformation) . . . . . . . . . . . . 173 96 OLG München, Beschluss vom 11.04.2013 – Verg 2/13 (Neubau Portalklinik Campus Innenstadt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 AUSLEGUNG DER LEISTUNGSBESCHREIBUNG/ HINWEISPFLICHTEN/ABGABE DER ANGEBOTE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 97 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.02.2012 – 1 VK 07/11 (Neubau Kläranlage Lubmin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 98 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 – Verg 9/12 (Nachforderung Erklärungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 99 EuGH, Urteil vom 10.05.2012 – C-368/10 (EKO und Max Havelaar). . . . . . . . . 181 100 BGH, Urteil vom 20.11.2012 – X ZR 108/10 (Friedhofserweiterung). . . . . . . . .183 101 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013 – Verg 31/12 (Kommunalisierung von Versorgungsnetzen) . . . . . . . . . . . . . . . . .184 102 OLG Naumburg, Urteil vom 22.02.2013 – 12 U 120/12 (Umweltbundesamt Dessau). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 103 OLG München, Beschluss vom 04.04.2013 – Verg 4/13 (Ortsumgehung B.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 V VI. 1. 2. 3. 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 VI PRÜFUNG UND WERTUNG DER ANGEBOTE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Angebotsöffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 104 VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.01.2012 – 2 VK LSA 33/11 (Glas- und Unterhaltsreinigung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 105 VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.02.2013 – 1 VK LSA 21/12 (arbeitsmedizinische Betreuung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Feststellung des Angebotsinhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .194 106 OLG Koblenz, Beschluss vom 30.03.2012 – 1 Verg 1/12 (Evangelisches Krankenhaus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .194 107 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.11.2012 – Verg 38/12 (Klärschlammtransporte) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .196 Formelle der Prüfung der Angebote (1. Wertungsstufe) . . . . . . . . . . . . . . . . . .196 Fehlende/Unklare Erklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .196 108 VK Brandenburg, Beschluss vom 01.08.2011 – VK 22/11 (Endoskopiesystem) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .196 109 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.05.2012 – Verg 104/11 (Heeresflugplatz – Lüftungstechnische Anlagen) . . . . . . . . . . . . .198 110 VK Sachsen, Beschluss vom 15.11.2012 – 1/SVK/032-12 (Eigenverantwortlicher territorialer Winterdienst) . . . . . . . . . . . 199 Änderung der Vergabeunterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .200 111 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 21.02.2012 – 11 Verg 11/11 (Neubau Tunnel). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .200 112 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.02.2012 – 1 VK 07/11 (Neubau Kläranlage Lubmin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .203 113 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.05.2012 – Verg 104/11 (Heeresflugplatz – Lüftungstechnische Anlagen) . . . . . . . . . . . . .203 114 VK Bund, Beschluss vom 07.05.2012 – VK 3-33/12 (Profilgreifer) . . . . . . . . . .205 115 VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.02.2013 – 1 VK 1/13 (Straßenbauarbeiten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .206 Fehlende Preisangaben/Mischkalkulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .207 116 KG, Beschluss vom 14.08.2012 – Verg 8/12 (Fahrscheinautomaten) . . . . . . . .207 117 VK Thüringen, Beschluss vom 28.09.2012 – 250-4002-14693/2012-E-005-SM (Neubau Ortsumfahrung) . . . . . . . . . . . . . .209 Nachforderung fehlender Erklärungen und Nachweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 118 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 21.02.2012 – 11 Verg 11/11 (Neubau Tunnel). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 119 OLG Naumburg, Beschluss vom 23.02.2012 – 2 Verg 15/11 (Neubau Bundesstraße B 6n) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 120 VK Nordbayern, Beschluss vom 07.03.2012 – 21 VK-3194-03/12 (Lieferung von Nahrungsmitteln). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 121 BGH, Urteil vom 03.04.2012 – X ZR 130/10 (Kreisstraße) . . . . . . . . . . . . . . . . 214 122 LG Bonn, Urteil vom 16.01.2013 – 1 O 300/11 (Betoninstandsetzung) . . . . . . 217 123 OLG München, Beschluss vom 15.03.2012 – Verg 2/12 (Altlastensanierung + Tiefendrainage). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Ausschluss wegen Wettbewerbsverstößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 124 VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.03.2012 – 2 VK LSA 35/11 (Entsorgungsleistungen vorbelasteter Abfälle) . . . . . . . . . . . . 219 3.6 4. 4.1 4.2 4.3 4.4 5. 6. 6.1 6.2 6.3 2. Begründetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 125 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.05.2012 – Verg 3/12 (Bereitstellung und Bewertung von Nachrichtenmeldungen). . . . . . 221 126 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013 – Verg 31/12 (Kommunalisierung von Versorgungsnetzen) . . . . . . . . . . . . . . . . .222 Ausschluss wegen schwerer Verfehlung/Vergabesperren . . . . . . . . . . . . . . . . .225 127 VK Lüneburg, Beschluss vom 01.12.2011 – VgK-53/2011 (Fahrbahnreinigung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .225 128 KG, Urteil vom 08.12.2011 – 2 U 11/11 (Vergabesperre) . . . . . . . . . . . . . . . . . .227 129 VK Nordbayern, Beschluss vom 12.06.2012 – 21 VK-3194-10/12 (Parkett- und Bodenbelagsarbeiten) . . . . . . . . . . . . . . . . . .230 130 OLG München, Beschluss vom 05.10.2012 – Verg 15/12 (Grundschule G.-Straße) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .233 Eignungsprüfung (2. Wertungsstufe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .235 Ermittlungspflicht des Auftraggebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .235 131 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2011 – Verg 84/11 (Gebäude- und Glasreinigung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .235 Eignungsprofil wird nicht entsprochen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .236 132 EuGH, Urteil vom 10.05.2012 – C-368/10 (EKO und Max Havelaar). . . . . . . . .236 133 OLG Koblenz, Beschluss vom 13.06.2012 – 1 Verg 2/12 (Eignungsprofil). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .240 134 OLG Koblenz, Beschluss vom 25.09.2012 – 1 Verg 5/12 (Lieferung von Holzhackgut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .243 Vorsätzlich falsche Angaben zu eignungsrelevanten Umständen . . . . . . . . . . .244 135 OLG Hamm, Urteil vom 12.09.2012 – 12 U 50/12 (Erweiterung Industriepark). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .244 Insolvenz des Bieters/Nachunternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .245 136 OLG Schleswig, Beschluss vom 30.05.2012 – 1 Verg 2/12 (Tragspritzenfahrzeuge) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .245 137 OLG Celle, Beschluss vom 18.02.2013 – 13 Verg 1/13 (Fenster- und Fassadenbauten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .249 Ungewöhnlich niedriger Preis (3. Wertungsstufe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 138 EuGH, Urteil vom 29.03.2012 – Rs. C-599/10 (SAG ELV Slovensko a.s.). . . . . 251 Wertung der Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .254 Wertungsfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .254 139 VK Bund, Beschluss vom 29.03.2012 – VK 2-175/11 (Rahmenvertrag Entnahme Sedimente) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .254 140 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.10.2012 – Verg 1/12 (Planungsleistung Realschule). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .255 141 VK Lüneburg, Beschluss vom 23.11.2012 – VgK-43/2012 (Entsorgungsdienstleistungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .256 Prüfung und Bewertung von Losen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .258 142 VK Bund, Beschluss vom 31.01.2012 – VK 3-3/12 (Losbewertung) . . . . . . . . .258 Prüfung und Bewertung von Nebenangeboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .259 143 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.02.2012 – 1 VK 07/11 (Neubau Kläranlage Lubmin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .259 VII VII. 1. 2. 3. VIII. VERTRAGSSCHLUSS/VERTRAGSAUSLEGUNG/NACHTRÄGE . . . . . . . . . . . . .282 154 BGH, Urteil vom 06.09.2012 – VII ZR 193/10 (Asphaltmischgut) . . . . . . . . . . .282 155 OLG Zweibrücken, Urteil vom 01.10.2012 – 7 U 252/11 (Schülerbeförderungsbeitrag) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .286 156 BGH, Urteil vom 14.03.2013 – VII ZR 116/12 (Berufsausbildungszentrum) . . .288 157 BGH, Urteil vom 21.03.2013 – VII ZR 122/11 (Aushubmaterial) . . . . . . . . . . . .294 IX. RECHTSSCHUTZ DER WIRTSCHAFTSTEILNEHMER IM NACHPRÜFUNGSVERFAHREN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .297 Rügeobliegenheit (§ 107 Abs. 3 GWB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .297 Anlass für Einreichung einer Rüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .297 158 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2012 – Verg 67/11 (Pharmarabattverträge) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .297 159 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 28.02.2012 – 2 VK 8/11 (Sanierungsbeauftragter). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .299 160 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 – Verg 100/11 (Drucker- und Multifunktionssysteme) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .299 Inhaltliche Anforderungen an die Rüge/Rügen „ins Blaue“ . . . . . . . . . . . . . . . .301 161 OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.05.2012 – Verg W 5/12 . . . . . . . . . . . .301 Einreichung der Rüge/Rügezugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .302 162 VK Sachsen, Beschluss vom 11.04.2012 – 1/SVK/005-12 (Installation von Fernmeldetechnischen Anlagen). . . . . . . . . . .302 1. 1.1 1.2 1.3 VIII AUFKLÄRUNGSVERHANDLUNGEN/ AUFHEBUNG DES VERGABEVERFAHRENS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .261 Aufklärungsverhandlungen – Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .261 144 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 – Verg 61/11 (Moabiter Werder) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .261 Aufhebungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .266 145 OLG München, Beschluss vom 31.10.2012 – Verg 19/12 (Kinderpalliativzentrum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .266 Aufhebungsgründe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .266 146 VK Berlin, Beschluss vom 14.10.2011 – VK-B 2-24/11 (Elektroinstallationsarbeiten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .266 147 VK Bund, Beschluss vom 09.02.2012 – VK 3-6/12 (Vorbereitung und Eingliederung von Jugendlichen) . . . . . . . . . . . . 270 148 VK Brandenburg, Beschluss vom 02.04.2012 – VK 6/12 (Trockenbauarbeiten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 149 VK Bund, Beschluss vom 04.07.2012 – VK 1-64/12 (Rahmenvertrag Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen) . . . .273 150 OLG München, Beschluss vom 31.10.2012 – Verg 19/12 (Kinderpalliativzentrum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 151 BGH, Urteil vom 20.11.2012 – X ZR 108/10 (Friedhofserweiterung). . . . . . . . .275 152 VK Bund, Beschluss vom 25.01.2013 – VK 3-5/13 (Rahmenvertrag Arzneimittel). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .277 153 OLG München, Beschluss vom 04.04.2013 – Verg 4/13 (Ortsumgehung B.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .278 1.4 1.5 1.6 2. 3. 4. 5. 6. „Unverzüglichkeit“ i. S. d. i.S.d. § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB . . . . . . . . . . . . . . .303 163 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19.09.2011 – 1 VK 5/11 (Tischlerarbeiten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .303 164 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.02.2012 – VII-Verg 75/11 (Unterhaltsreinigung, Außenreinigung, Winderdienst) . . . . . . .304 165 VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.03.2012 – VK-SH 3/12 (Briefpostdienste) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .304 166 OLG München, Beschluss vom 06.08.2012 – Verg 14/12 (Rest- und Sperrmüllabfuhr). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .305 167 VK Hessen, Beschluss vom 21.03.2013 – 69d-VK-01/2013 (Solarkataster) . . .306 „Erkennbarkeit“ eines Vergabefehlers i.S.d. § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 2/3 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .307 168 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2011 – Verg 84/11 (Gebäude- und Glasreinigung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .307 169 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.12.2012 – 15 Verg 10/12 (Tragwerksplanung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .307 „Wartepflicht“ zwischen Rüge und Nachprüfungsantrag? . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 170 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.12.2012 – 15 Verg 10/12 (Tragwerksplanung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 Nachprüfungsverfahren (§§ 114 ff. GWB) – Zuständigkeit/Stellung Vergabekammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 171 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.05.2012 – Verg 3/12 (Bereitstellung und Bewertung von Nachrichtenmeldungen). . . . . . 313 172 VK Bund, Beschluss vom 25.05.2012 – VK 3-54/12 (Bundesauftragsverwaltung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 173 KG, Beschluss vom 13.09.2012 – Verg 4/12 (Rahmenvertrag) . . . . . . . . . . . . . 314 174 OLG München, Beschluss vom 18.10.2012 – Verg 13/12 (Hochschulcampus Garching) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 Nachprüfungsverfahren – Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 175 VK Münster, Beschluss vom 08.06.2012 – VK 6/12 (Erwerb und Betrieb Strom und Gasnetze) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 176 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2012 – Verg 7/12 (Anti-Grippe-Impfstoffe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 Nachprüfungsverfahren – Antragsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 177 OLG München, Beschluss vom 31.05.2012 – Verg 4/12 (Neubau einer Brücke) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 Nachprüfungsverfahren – Antragsbefugnis (§ 107 Abs. 2 GWG)/Kausalität von Vergabefehlern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .322 178 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.02.2012 – VII-Verg 75/11 (Unterhaltsreinigung, Außenreinigung, Winderdienst) . . . . . . .322 179 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.05.2012 – Verg 3/12 (Bereitstellung und Bewertung von Nachrichtenmeldungen). . . . . .323 180 VK Brandenburg, Beschluss vom 18.04.2012 – VK 9/12 (Fäkalwasser und Fäkalschlamm). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .324 181 VK Bund, Beschluss vom 21.06.2012 – VK 3-57/12 (Grippeimpfstoffe) . . . . . .325 Nachprüfungsverfahren – Akteneinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .326 182 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 21.02.2012 – 11 Verg 11/11 (Neubau Tunnel). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .326 IX 7. 8. 9. 10. 11. X. 1. 2. X Nachprüfungsverfahren – Entscheidungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .326 183 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.02.2012 – 1 VK 07/11 (Neubau Kläranlage Lubmin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .326 184 OLG München, Beschluss vom 31.01.2013 – Verg 31/12 (Ortsumgehung L.-K.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .327 Verfahren der sofortigen Beschwerde (§§ 116 ff. GWB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .329 185 OLG Naumburg, Beschluss vom 13.02.2012 – 2 Verg 14/11 (Beschwerderücknahme) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .329 186 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.02.2013 – Verg 47/12 (Willy-Brandt-Begegnungs- und Dialogschule) . . . . . . . . . . . . . . . .331 Kostentragung im Nachprüfungsverfahrens/ Allgemeines/Gegenstandswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .332 187 BGH, Beschluss vom 25.01.2012 – X ZB 3/11 (Rettungsdienstleistungen IV). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .332 188 OLG Naumburg, Beschluss vom 13.02.2012 – 2 Verg 14/11 (Beschwerderücknahme) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .335 189 OLG München, Beschluss vom 28.02.2012 – Verg 16/11 (Kostenfestsetzung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .337 190 OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.03.2012 – Verg W 2/12 (Abfalllogistik- und Entsorgungsdienstleistungen) . . . . . . . . . . . .338 191 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 11.04.2012 – 11 Verg 6/11 (Gebührenentscheidung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .339 192 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 13.04.2012 – 3 VK 5/11 (Seebrücke von Zinnowitz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .340 193 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.05.2012 – Verg 5/12 (Kostenbelastung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 194 OLG München, Beschluss vom 31.05.2012 – Verg 4/12 (Neubau einer Brücke) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .343 195 OLG Koblenz, Beschluss vom 31.05.2012 – 1 Verg 2/11 (Gebäudereinigungsleistungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .344 Verfahrenskosten (Anwaltskosten) des Auftraggebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . .345 196 OLG München, Beschluss vom 31.05.2012 – Verg 4/12 (Neubau einer Brücke) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .345 197 OLG Dresden, Beschluss vom 14.11.2012 – 1 Verg 8/11 (Rettungsdienstleistungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .346 Kostenfestsetzungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .348 198 OLG München, Beschluss vom 28.02.2012 – Verg 16/11 (Kostenfestsetzung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .348 REAKTIONSMÖGLICHKEITEN DES AUFTRAGGEBERS BEI VERGABEFEHLERN/NACHPRÜFUNGSANTRÄGEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . .349 Heilung von Vergabefehlern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .349 199 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.01.2013 – Verg 35/12 (Gebäudereinigungsverträge) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .349 Weitere Ausschlussgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .350 200 VK Bund, Beschluss vom 05.10.2012 – VK 3-111/12 (Reinigungsdienstleistungen). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .350 3. Interimsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .350 201 OLG Brandenburg, Beschluss vom 06.03.2012 – Verg W 16/11 (Betriebliche Altersvorsorge) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .350 XI. 1. VERGABEVERFAHREN „AUßERHALB“ DER §§ 97 FF. GWB . . . . . . . . . . . . . . . .352 Rechtschutz bei Unterschwellenvergaben/ „Verschätzung“ des Auftragswertes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .352 202 LG Bad Kreuznach, Beschluss vom 20.04.2012 – 2 O 77/12 (statische Ertüchtigung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .352 203 OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.06.2012 – 1 U 357/11 (Lichtsignalanlagen). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .355 204 OLG Dresden, Beschluss vom 24.07.2012 – Verg 2/12 (Beseitigung von Ölverunreinigungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .359 205 LG Wiesbaden, Beschluss vom 12.07.2012 – 4 O 17/12 (Rügepflicht) . . . . . . .360 206 OLG Brandenburg, Beschluss vom 10.12.2012 – 6 U 172/12 (DSK B 101 Ortsumgehung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .361 Verfahrensanforderungen bei Unterschwellenvergaben . . . . . . . . . . . . . . . . . .365 207 OLG Hamm, Urteil vom 12.09.2012 – 12 U 50/12 (Erweiterung Industriepark). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .365 Besonderheiten bei Vergaben nach der SektVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .366 208 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 – Verg 9/12 (Nachforderung Erklärungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .366 209 VK Sachsen, Beschluss vom 16.05.2012 – 1/SVK/010-12 (Schienenfahrzeuge). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .367 210 VK Sachsen, Beschluss vom 05.06.2012 – 1/SVK/012-12 (Neubauarbeiten Hauptwerkstatt Technischen Zentrum) . . . . .368 Besonderheiten bei SPNV-Vergaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 211 OLG Naumburg, Beschluss vom 06.12.2012 – 2 Verg 5/12 (Elektronetz Nord Sachsen-Anhalt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Vergabe von Dienstleistungskonzessionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 212 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2012 – Verg 37/11 (Freizeitzentrum West). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 213 BGH, Beschluss vom 18.06.2012 – X ZB 9/11 (Erfassung und Überlassung von Abfällen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 214 OLG Brandenburg, Beschluss vom 28.08.2012 – Verg W 19/11 (Dienstleistungskonzession Abwasser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .379 215 OLG Hamm, Urteil vom 26.09.2012 – 12 U 142/12 (Gemeindewerk „T“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .381 216 OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 29.01.2013 – 11 U 33/12 (Stadtmöblierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .385 217 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013 – Verg 31/12 (Kommunalisierung von Versorgungsnetzen) . . . . . . . . . . . . . . . . .388 218 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.02.2013 – 15 Verg 11/12 (Raststätten- und Tankstellenbetrieb) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .389 Zivilrechtliche Bieterverfahren (Grundstücksveräußerungen) . . . . . . . . . . . . .392 219 OLG Brandenburg, Urteil vom 24.04.2012 – 6 W 149/11 (Grundstück zur Sanierung und Neubebauung) . . . . . . . . . . . . . . .392 2. 3. 4. 5. 6. XI XII 7. Öffentlich-rechtliche Genehmigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .396 220 VG Halle, Urteil vom 22.03.2012 – 3 A 157/09 (Rettungsdienstleistungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .396 221 VG Karlsruhe, Beschluss vom 16.01.2013 – 3 K 2352/11 (automatisierte Rechtsdokumentation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .398 XII. VERGABERECHT UND FÖRDERRECHT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .401 222 OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.04.2012 – 4 A 1055/09 (Fernwärme-Übernahmestation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .401 223 EuG, Urteil vom 21.11.2012 – T-270/08 (Teltowkanalbegleitstraße) . . . . . . . . .404 224 BVerwG, Beschluss vom 13.02.2013 – 3 B 58.12 (Fernwärme-Übernahmestation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .408 I. ANWENDUNGSBEREICH DER §§ 97 FF. GWB 1. Persönlicher Anwendungsbereich – Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB 1 VK Berlin, Beschluss vom 14.10.2011 – VK-B 2-24/11 (Elektroinstallationsarbeiten) 1. Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ist die Vergabe von Elektroinstallationsarbeiten. Sie sind Teil der Instandsetzung und Modernisierung von insgesamt 703 Wohneinheiten. Mit Bekanntmachung im Amtsblatt der EU vom ... (Amtsblatt der EG 2011/S ...) schrieb die Antragsgegnerin, eine städtische Wohnungsbaugesellschaft, im offenen Verfahren die in insgesamt 32 Lose zerlegte Leistung aus. Einziges Zuschlagskriterium war der Preis. Das vorliegende Verfahren bezieht sich ausschließlich auf Los ... (... Bauabschnitt Elektro). (…) 2. II. Der zulässige Antrag ist in der Sache teilweise erfolgreich. 1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. 1.1 Die Antragsgegnerin ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Bei kommunalen Wohnungsbaugesellschaften reicht der gewachsene wettbewerbliche Druck auf dem Wohnungs-und Grundstücksmarkt nicht aus, um ihre Aufgabenwahrnehmung insgesamt als gewerblich zu klassifizieren. Denn anders als bei privaten Unternehmen am Markt, kann sich ein kommunaler Wohnungsversorger nicht dem in dem Gesellschaftsvertrag festgelegten Zweck durch wirtschaftliche Überlegungen entziehen (VK Schleswig-Holstein Beschl. v. 3.11.2004, Az. VK SH-28/04; VK Berlin Beschl. v. 26.08.2004, Az. VK-B-1 36/04). Die übrigen Voraussetzungen des § 98 Nr. 2 GWB liegen bei einem Wohnungsunternehmen vor (KG Beschl. v. 11.11.2004, Az. 2 Verg 16/04; Beschl. v. 13.11.2003, Az. 2 Verg 4/03; differenzierend: OLG Karlsruhe Urt. v. 17.4.2008, Az. 8 U 228/06). Demgemäß ordnet Kammer auch die Antragsgegnerin als öffentlichen Auftraggeber ein. 2 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.11.2012 – 15 Verg 9/12 (Rahmenvereinbarung bildgebenden Geräten) Die Vergabekammer hat mit Beschluss vom 12.07.2012 dem Nachprüfungsantrag stattgegeben, und das Vergabeverfahren aufgehoben. Das Vergabenachprüfungsverfahren sei statthaft. Zwar sei die Antragsgegnerin nicht selbst öffentlicher Auftraggeber 1 im Sinne von § 98 Nr. 1 bis 6 GWB, da sie als juristische Person des Privatrechts weder von ihren ca. 700 Vertragshäusern (Kliniken, Altenheime, Wohn- und Pflegeheimen, ambulante Pflegedienste, etc.) finanziert, noch in irgendeiner Form beeinflusst oder beherrscht werde, sondern vielmehr als unabhängiger Dienstleister diese Einrichtungen bei deren Beschaffungsvorhaben unterstütze. Allerdings handele sie jedenfalls auch als Stellvertreterin von zahlreichen Vertragshäusern mit öffentlicher Auftraggebereigenschaft im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB. Die Stellvertretereigenschaft ergebe sich nicht schon aus der öffentlichen Bekanntmachung der Ausschreibung, jedoch aus der Art der Durchführung. So sei es das Vertragsverständnis sowohl von Bietern als auch von der Antragsgegnerin gewesen, dass diese (die Antragsgegnerin) bei der Ausschreibung als Vertreter der jeweiligen Auftragsgeber handele. Vertragspartner der ausgeschriebenen Rahmenvereinbarung sollten die jeweiligen Bieter, welche den Zuschlag erhalten, auf der einen Seite, auf der anderen Seite die Vertragshäuser der Antragsgegnerin werden. Aufgrund dessen seien die Vergabevorschriften des 4. Teils des GWB anwendbar. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. A. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. 1. Der Anwendungsbereich des § 97 ff. GWB ist eröffnet. Zwar handelt es sich bei der Antragsgegnerin nicht um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 1 GWB. Allerdings ergibt sich aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin und den hierzu vorgelegten Unterlagen, dass sie das Vergabeverfahren im Namen ihrer Vertragshäuser führt, zu denen eine Vielzahl öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB zählen. 2. Persönlicher Anwendungsbereich – Baukonzessionär (§ 98 Nr. 6 GWB) 3 OLG München, Beschluss vom 05.04.2012 – Verg 3/12 (Hochschulcampus Garching) Der Freistaat Bayern schrieb 2007 eine Baukonzession für die Gestaltung der Neuen Mitte am Hochschulcampus G. aus. Diesen Auftrag erhielt die Antragsgegnerin im Jahr 2008. Die Antragsgegnerin lobte am 10.3.2011 einen Realisierungswettbewerb im Wege eines einstufigen nicht offenen Wettbewerbs aus. Eine europaweite Bekanntmachung erfolgte nicht. 2. Grundlegende rechtliche Ausführungen a). Die Antragsgegnerin ist öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 6 GWB. 2 aa) Nach § 98 Nr. 6 GWB sind öffentliche Auftraggeber „natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die mit Stellen, die unter die Nummern 1 bis 3 fallen, einen Vertrag über eine Baukonzession abgeschlossen haben, hinsichtlich der Verträge an Dritte“. Die Antragsgegnerin ist eine Person des privaten Rechts, welche mit dem Freistaat Bayern, einer Stelle des § 98 Nr. 1 GWB, einen Vertrag über eine Baukonzession abgeschlossen hat, nämlich die Vereinbarung vom 10.5./11.5.2011 einschließlich des Erbbaurechtsvertrags vom 10.5./11.5.2011. In der Bezugsurkunde heißt es wörtlich: „Der Freistaat Bayern beabsichtigt, die Aufenthaltsqualität auf dem Hochschulgelände in G. zu verbessern und die Wirksamkeit von Forschung und Lehre zu optimieren. Daher soll eine zentral gelegene Fläche von ca. 10.000 m² für die private Nutzung und Vermarktung durch einen Investor freigegeben werden. Investor ist die Antragsgegnerin (vom Senat eingefügt). Dem Investor soll das Recht eingeräumt werden, dort Gebäude unterschiedlicher Nutzungen mit insgesamt ca. 32.700 m² Bruttogeschossfläche zu planen, zu errichten und zu betreiben. Er ist verpflichtet, ... dem Freistaat Bayern Unterrichtsräume bereitzustellen und zur Nutzung auf der Grundlage der abzuschließenden Nutzungsvereinbarung zu überlassen. Grundlage der Nutzung durch den Investor soll ein auf 50 Jahre einzuräumendes Erbbaurecht sein.“ cc) § 98 Nr. 6 GWB enthält vom Wortlaut her keinerlei Begrenzungen im Hinblick auf die Art der zu vergebenden Aufträge. § 98 Nr. 6 GWB betrifft vielmehr alle Aufträge, welche der Baukonzessionär seinerseits zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Konzessionsvertrag erbringt, wenn er diejenigen Leistungen, die Gegenstand der Baukonzession sind, nicht selbst erbringt. Die Auftraggebereigenschaft des Baukonzessionärs gilt dabei hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen an Dritte; dies gilt aber notwendigerweise nur für solche Aufträge, die von dem Baukonzessionär gerade in dieser Eigenschaft und zur Erfüllung der ihm vom ursprünglichen Auftraggeber übertragenen Verpflichtungen vergeben werden. Aufträge an Dritte, die nicht der Erfüllung der Verpflichtungen des Baukonzessionärs aus der Baukonzession dienen, fallen nicht unter diese Auftraggebereigenschaft (Ziekow in Ziekow/Völlink Vergaberecht § 98 GWB Rn. 171). Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung, eine Flucht aus dem Vergaberecht durch die Vergabe von Baukonzessionen zu verhindern. Würde der Baukonzessionär nicht seinerseits zum öffentlichen Auftraggeber, so wäre die Vergabe von Bauleistungen auf dieser Stufe dem Wettbewerb entzogen; der Baukonzessionär fungiert quasi als verlängerter Arm des Konzessionsgebers (Ziekow aaO Rn. 172; Dreher in Immenga/Mestmäcker 4. Aufl. § 98 Rn. 199). b) Die Antragsgegnerin als öffentliche Auftraggeberin nach § 98 Nr. 6 GWB hat bei der Vergabe von Planungsleistungen, welche zu der ihr übertragenen Baukonzession zählen, die allgemeinen und grundlegenden Regeln des Vergaberechts zu beachten. 3 Von der Frage nach der Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber ist die Frage zu trennen, welche Vorschriften der Baukonzessionär bei der Vergabe von Aufträgen an Dritte anzuwenden hat. Einschlägig sind hier die Regelungen der §§ 5 und 6 VgV. Bei den Planungsleistungen handelt es sich um freiberufliche Leistungen, welche bei öffentlichen Auftraggebern in der Regel den Vorschriften der VOF unterfallen. Für die öffentlichen Auftraggeber des § 98 Nr. 6 GWB sieht § 5 VgV die Anwendung der VOF jedoch nicht vor, so dass für diese öffentlichen Auftraggeber bei der Vergabe von freiberuflichen Leistungen keine Bindung an die Vorschriften der VOF gegeben ist (Wieddekind in Willenbruch/Wieddekind § 5 VgV Rn. 1; Beurskens in PK Kartellvergaberecht § 5 VgV Rn. 3; ähnlich Dreher in Dreher/ Stockmann aaO § 98 Rn. 209). Es können aber auch nicht die in § 6 Abs. 1 VgV genannten Vorschriften der VOB/A in Betracht kommen, zum einen, weil keine Bauleistungen vergeben werden sollen, zum anderen, weil die Vorschriften der VOB/A auf die Vergabe von freiberuflichen Leistungen nicht passen, zumal der Leistungsgegenstand im voraus nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann. Damit scheidet auch eine analoge Anwendung von Vorschriften der VOL/A aus. Offensichtlich ist das Problem der getrennten Vergabe von Bauleistungen und Planungsleistungen durch Baukonzessionäre bisher nicht ausdrücklich geregelt worden. Doch bleibt im Oberschwellenbereich jedenfalls die Bindung an die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Vergabe, das sind zumindest die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Transparenzgebotes. Grundsätzlich kann aber gesagt werden, dass diese Bindung nicht weiter gehen kann als die Vorschriften der VOF selbst. 3. Sachlicher Anwendungsbereich – Auftragswert (§ 3 VgV) 4 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 08.05.2012 – 11 Verg 2/12 (Rechtsberatung/Organisationsuntersuchung) Der Antragsgegner hat gemäß Bekanntmachung vom 21.12.2011 den Auftrag der Vergaberechtlichen Überprüfung von Beschaffungsvorgängen und der Erstellung einer Organisationsuntersuchung über das für das Beschaffungswesen der ... zuständige Präsidium ... im Verhandlungsverfahren nach der VOF europaweit ausgeschrieben. Nach der Bekanntmachung war die losweise Vergabe von zwei Untersuchungsaufträgen beabsichtigt: Gegenstand des Loses 1 sollte die juristische Überprüfung von mindestens 25 Beschaffungsvorgängen aus den Jahren 2006 bis 2011 anhand der einschlägigen vergaberechtlichen Bestimmungen des EU-, Bundes- und Landesrechtes sein; die entsprechenden Vergabeverfahren sollten außerdem daraufhin untersucht werden, ob die jeweilige Vergabe unter Sicherstellung der gebotenen Transparenz und einer 4 hinreichenden Wettbewerbswirtschaftlichkeit erfolgt ist. Etwaige Rechtsverstöße sollten auf ihre Relevanz bewertet werden und es sollten Verbesserungsvorschläge für zukünftige Beschaffungsvorhaben unterbreitet werden. Gegenstand des Loses 2 sollte eine Organisationsuntersuchung des | sein, wobei die bestehenden Geschäftsabläufe, Prozesse und Strukturen, Ablauf- und Aufbauorganisation des ... sowie Schnittstellen bzw. Zuständigkeitsordnungen zwischen ... Ministerien und andern Stellen untersucht werden sollten. Die Ergebnisse der Falluntersuchung (Los 1) und die sich daraus ggf. ergebenden rechtlichen Implikationen sollten dabei berücksichtigt werden. Als zuständige Stelle für Rechtsbehelfs- und Nachprüfungsverfahren war die Vergabekammer des Landes Hessen angegeben. 2. Im Hinblick darauf hat eine Zusammenrechnung der Lose nach § 3 Abs. 7 Satz 3 VgV nur dann zu erfolgen, wenn „dieselbe freiberufliche Leistung“ vorliegt. Dies ist hinsichtlich der beiden hier gegenständlichen Leistungen nicht der Fall: (1) Los 1 umfasst eine rein rechtsberatende Tätigkeit, die zwingend durch Juristen durchzuführen ist, während es sich bei Los 2 um eine Organisationsberatung unter verwaltungstechnischen bzw. betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten handelt. Dass es sich hierbei grundsätzlich um verschiedenartige freiberufliche Leistungen handelt, wird auch von den Antragstellern nicht in Zweifel gezogen. (2) Allerdings entsprach es unter Geltung der mit § 3 Abs. 7 Sat2 3 VgV gleichlautenden Vorläufervorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 1 VOF 2006 (in Kraft bis zum 10.6.2010) vor allem für den Bereich von Architektenleistungen der herrschenden Meinung, dass Lose über an sich nicht gleichartige freiberufliche Leistungen dann zu addieren sind, wenn der Auftraggeber diese zusammenfassen und einheitlich vergeben will (vgl. Müller-Wrede, VOF, 3. Aufl., 2008, § 3 VOF Rdnr. 18ff; Weyand, Vergaberecht, § 3 VgV Rdnr. 5634 ff)).Diese Grundsätze hat das OLG München in der von den Antragsteilem in Bezug genommenen Entscheidung vom 28.4.2006 – Verg 6/06, (NZBau 2007, 59 – VergR 2006, 914) auch auf den Fall verschiedenartiger Beratungsleistungen angewandt. Der dortige Auftraggeber hatte für ein geplantes PPP-Projekt drei verschiedene Beratungsleistungen in drei Losen ausgeschrieben: wirtschaftliche, technische und juristische Beratung, Er hatte sich dabei vorbehalten, statt mehrerer Vertragspartner einen Berater bzw. eine Beratergemeinschaft zu wählen und sich ggf. ein alle Lose umfassendes Gesamtkonzept erarbeiten zu lassen. In diesem Fall hielt das OLG München eine Addition der Einzelauftragswerte für erforderlich, weil die Ausschreibung die Möglichkeit einer Vergabe aller Leistungen an einen „Generalberater“ beinhaltet habe. (3) Der vorliegende Fall ist hiermit jedoch nicht vergleichbar. Zwar hat der Antragsgegner die Möglichkeit von Bietergemeinschaften ebenso wie die 5 Möglichkeit, sich auf beide Lose zu bewerben, zugelassen (und damit implizit auch die Möglichkeit eröffnet, dass ein und derselbe Bieter den Zuschlag für beide Lose erhält). Dies allein führt jedoch noch nicht zu einer zwingenden Zusammenrechnung der Auftragswerte der beiden Lose, Die Vorschriften des § 3 Abs. 7 Satz 2 und 3 VgV würden ins Leere laufen, wenn man auch im Falle von Lieferauftragen nach der VOL und freiberuflichen Aufträgen nach der VOF ohne Rücksicht auf die Gleichartigkeit der Lieferungen bzw. freiberuflichen Leistungen bereits dann eine Zusammenrechnung vornehmen würde, wenn eine Bewerbung für mehrere Lose möglich ist. Denn wenn nicht bereits im Ausschreibungsverfahren ausdrücklich Mehrfachgebote ausgeschlossen werden, ist es bei jeder Ausschreibung denkbar, dass sich ein Bieter – sei es aufgrund eigener breiter Leistungspalette, sei es in Zusammenarbeit mit anderen als Subunternehmer bzw. als Bietergemeinschaft- auf mehr als ein Los bewirbt, auch wenn die ausgeschriebenen Lieferungen bzw. Leistungen nicht gleichartig sind. Zu der faktischen Möglichkeit des Mehrfachgebotes muss daher noch eine Entscheidung des Auftraggebers treten, diese Lose ggf. zu einem einheitlichen Auftrag zusammenzuführen. Erst dadurch werden die Lieferungen bzw. Leistungen gleichartig im Sinne der Verordnung. Eine solche Entscheidung des Auftraggebers, einen einheitlichen Auftrag zumindest in Erwägung zu ziehen, ist bei der streitgegenständlichen Ausschreibung nicht getroffen worden. Der Antragsgegner hat ausdrücklich die beabsichtigte „Vergabe von zwei Untersuchungsaufträgen“ bekannt gemacht, die getrennt voneinander zu bearbeiten sind und für die zwei getrennte Vertrage (deren Entwürfe sich bei den Unterlagen befinden und die den ausgewählten Bietern der zweiten Verfahrensstufe jeweils übersandt worden sind) vorgesehen sind. Anders als im Fall des OLG München geht es nicht um eine gleichzeitige Beratung auf verschiedenen Gebieten, so dass bereits die objektive Interessenlage einen „Generalberater nahelegte, sondern um zwei getrennte Untersuchungsaufträge, bei denen lediglich die Ergebnisse der ersten Untersuchung bei der zweiten, die zeitlich erst nach der ersten statt finden soll, mit berücksichtigt werden müssen. Eine weitergehende Verknüpfung der beiden Aufträge war nach dem erkennbaren Willen des Antragsgegners nicht beabsichtigt. Dass nach Abschnitt III. 1.3) der Auftragsbekanntmachung im Falle der Bewerbung einer Bietergemeinschaft die nach dieser Position geforderte Bietererklärung für beide Lose insgesamt abzugeben ist, wird antragsgegnerseits schlüssig mit Vereinfachungserwägungen begründet und lässt keinen Rückschluss auf eine – und sei es auch nur vorbehaltene – Absicht einer gemeinsamen Vergabe zu. 6 5 OLG Dresden, Beschluss vom 24.07.2012 – Verg 2/12 (Beseitigung von Ölverunreinigungen) II. Die Beschwerde ist begründet. Der Zulässigkeit des Nachprüfungsbegehrens der Antragstellerin steht aber auch nicht entgegen, dass der Auftragswert nach Maßgabe einer zumindest vertretbaren Schätzung des Auftraggebers den notwendigen Schwellenwert unterschreitet. Denn tatsächlich liegt der Auftragswert – deutlich – über 193.000,00 EUR. Das ergibt sich – ungeachtet dessen, dass die Antragstellerin den Wertansatz des Antragsgegners bei mehreren der verwendeten wertbestimmenden Faktoren nachvollziehbar beanstandet hat – schon allein daraus, dass der Antragsgegner seiner Schätzung eine für die ausgeschriebenen Reinigungsarbeiten anzusetzende Frischwassermenge von 300 cbm (also 300.000 Liter) zugrunde gelegt hat. Unstreitig wird dieses Frischwasser mit dem zu beseitigenden Öl in ein geschlossenes Reinigungssystem eingebracht, also eine Reinigungsmaschine, die das bei der Straßenreinigung entstehende Öl-Wasser-Gemisch aufnimmt, welches anschließend – darüber streiten die Beteiligten nicht (mehr) – fachgerecht entsorgt werden muss. Zwar muss die Entsorgungsmenge der Menge des eingesetzten Frischwassers nicht notwendig entsprechen. Der Vertreter der Beigeladenen hat in der Verhandlung vor dem Senat dazu ausgeführt, dass die Entsorgungsmenge insbesondere witterungsabhängig schwanken kann, von 50% bis 75% der Frischwassermenge bei sonnigem und heißem Wetter bis zu deutlich mehr als 100% bei regnerischem Wetter und nasser Straße. Der Antragsgegner hat seiner Wertschätzung aber lediglich eine Entsorgungsmenge von 3000 1 zugrunde gelegt, d. h. ein Verhältnis von 1 : 100 bezogen auf die eingesetzte Frischwassermenge. Eine auch nur ansatzweise wirklichkeitsnahe Menge hätte, selbst unter Heranziehung der für den Antragsgegner günstigsten Vergleichsgröße (siehe oben), 50-mal höher gelegen. Dies allein führt unter Heranziehung der vom Antragsgegner geschätzten Entsorgungskosten pro Mengeneinheit zu einer Erhöhung des Auftragswerts um rund 68.000,00 EUR oder etwas das 15-fache der Differenz zwischen dem Schwellenwert und dem vom Antragsgegner seiner Ausschreibung zugrunde gelegten Auftragswert. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat sich außer Stande, die vom Antragsgegner vorgenommene Schätzung noch als ordnungsgemäß einzustufen. Dabei ist zuzugeben, dass Auftraggeber bei der Ermittlung des Auftragswerts einen Beurteilungsspielraum haben, welcher der Kontrolle der Nachprüfungsorgane nur eingeschränkt zugänglich ist. Es handelt sich um eine ex ante zu treffende Prognose, die nicht dadurch ohne Weiteres sachwidrig wird, dass der Prognosewert sich durch nachfolgend gewonnene Erkenntnisse verschiebt. Der Auftraggeber ist aber gehalten, eine ordnungsgemäße Schätzung des Auftragswerts vorzunehmen. Fehlende Sachkenntnis des Auftraggebers rechtfertigt eine Wertschätzung, die (wie hier) 7 realistische Verhältnisse sogar drastisch verfehlt, jedenfalls dann nicht, wenn das für eine vertretbare Schätzung notwendige Wissen für den Auftraggeber zugänglich und auf zumutbare Weise zu beschaffen war. Ansonsten würde das überprüfungsfreie Schätzermessen des Auftraggebers proportional zu seiner Unkenntnis wachsen und völlige Ahnungslosigkeit jedes Schätzergebnis rechtfertigen, solange keine bewusste, manipulative oder sonst willkürliche Fehlschätzung vorliegt. Das hielte der Senat nicht für zutreffend. Eine im vorgenannten Sinne missbräuchlich falsche Schätzung des Auftragswerts durch den Auftraggeber ist nicht die einzige Grenze, an der eine nachträgliche Schätzungskontrolle möglich wird. Der Senat unterstellt dem Antragsgegner mit seiner Sichtweise daher auch nicht, sich in dieser Weise fehlerhaft verhalten zu haben. Dennoch ist die hier in Rede stehende Schätzung, mag sie auch guten Glaubens erfolgt sein, so weit von den tatsächlichen Verhältnissen entfernt, dass sie nicht mehr hinnehmbar ist. Das gilt jedenfalls angesichts der Tatsache, dass die zu einer realistischen Schätzung erforderlichen Kenntnisse, wie die übereinstimmenden Angaben der Beteiligten im Senatstermin gezeigt haben, am Markt ohne Weiteres zugänglich und – zumindest in einer Bandbreite, die für die hier in Rede stehende Größenordnung unschädlich ist – auch nicht umstritten waren. Dass die Schätzung der Entsorgungsmenge durch den Antragsgegner angesichts des von ihm ausgeschriebenen Reinigungskonzepts (geschlossenes System, siehe oben) nicht einmal nahe lag, hätte zudem zu zusätzlicher Erkundung und Verifizierung Anlass geben müssen, und dies erst recht angesichts dessen, dass bereits relativ geringfügige Mehrmengen zu einer offenkundigen Überschreitung des Schwellenwerts geführt hätten. Dass die Antragstellerin bei früheren Versuchen des Antragsgegners, das nämliche Beschaffungsvorhaben auszuschreiben, entsprechend realitätsferne Mengenansätze des Antragsgegners unbeanstandet gelassen haben mag, führt nicht dazu, dass die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsbegehren nunmehr präkludiert wäre oder nach Treu und Glauben dem Einwand der Verwirkung unterläge. Eine verfahrensrechtliche Regelung zum Ausschluss entscheidungserheblichen Tatsachenvortrags gibt es im vorliegenden Zusammenhang nicht. Ein Verwirkungseinwand mag grundsätzlich vorstellbar sein, wenn ein Bieter ein Ausschreibungsverhalten des Auftraggebers als falsch erkennt und dennoch ausdrücklich akzeptiert, um es dann ohne nachvollziehbaren Grund bei anderer Gelegenheit doch zu beanstanden. Ein solcher Sachverhalt ist hier indes weder vorgetragen noch sonst erkennbar. 6 KG, Beschluss vom 28.09.2012 – Verg 10/12 (Ausgabeanlage – Umbau der Mensa) 2. Der Vergabenachprüfungsantrag ist – nach derzeitigem Sach- und Streitstand sowie dessen naturgemäß vorläufiger Bewertung durch den Senat – unzulässig. 8 Denn der gemäß § 107 Abs. 1 GWB gestellte Antrag ist gemäß § 100 Abs. 1 GWB, § 2 Nr. 6 VgV unstatthaft, nachdem der streitgegenständliche Bauauftrag nicht einen Wert von 5.000.000 EUR erreicht. Letzteres ergibt sich aus Folgendem: a) Der streitgegenständliche Bauauftrag ist der ... im ... ausgeschriebene Auftrag ... Ausgabeanlage – Umbau der Mensa S... „ (Anlage ASt 1 zur Beschwerdeschrift). b) Der Wert dieses Auftrages beträgt, für sich allein genommen, gemäß § 3 Abs. 1 VgV ca. 400.000 EUR. bb) Eine Hinzurechnung ist auch nicht gemäß § 3 Abs. 7 VgV geboten. Denn die genannten, anderen Aufträge sind nicht „Lose“ des streitgegenständlichen Auftrages. Dies folgt im Ausgangspunkt aus dem Umstand, dass der Text der Ausschreibung ... Ausgabeanlage – Umbau der Mensa S... „ (Anlage ASt 1 zur Beschwerdeschrift) den streitgegenständlichen Auftrag nicht als „Los“ einer größeren Gesamtbaumaßnahme ausweist, sondern als einen für sich allein stehenden Einzelauftrag. Zwar kommt im Hinblick auf § 3 Abs. 2 VgV in Betracht, einen formal als Einzelauftrag ausgeschriebenen Bauauftrag vergaberechtlich als „Los“ einer Gesamtbaumaßnahme anzusehen, wenn einzelne Bauabschnitte ohne die anderen keine sinnvolle Funktionen erfüllen können (so Lausen in Heiermann/Zeiss/Blaufuß, Vergaberecht, 3. Aufl. 2011, § 2 Rdnr. 12; ähnlich: OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.08.2002 – Verg W 4/02, Leitsatz 1 und Rdnr. 66 f zit. nach Juris: „Aufteilung ist nicht durch objektive Gründe gerechtfertigt“). Die genannte Voraussetzung ist vorliegend jedoch nicht erfüllt. Denn die Nutzung einer neuen Essensausgabeanlage ist sinnvoll möglich, ohne dass die anderen, vorliegend in Rede stehenden Aufträge (d.h. Schaffung neuer Kälteanlagen/Kühlraumumbau, Malerarbeiten, Schaffung neuer Küchentechnik, Fliesen- und Natursteinarbeiten, Putzarbeiten und Tischlerarbeiten) ausgeführt sind. Zudem war die Aufteilung in verschiedene Einzelaufträge vorliegend objektiv gerechtfertigt, weil die Ausführung der verschiedenen Arbeiten unterschiedliche handwerkliche Leistungsfähigkeiten der Auftragnehmer voraussetzt und daher nicht ohne weiteres von einem einzigen Bauunternehmer erbracht werden konnte. 7 OLG München, Beschluss vom 31.10.2012 – Verg 19/12 (Kinderpalliativzentrum) 1. Der Weg zu den Nachprüfungsinstanzen ist eröffnet. a) Nach § 100 Abs. 1 GWB gelten die Regeln der §§ 97 ff. GWB für Aufträge, welche den jeweiligen Schwellenwert überschreiten. Der Schwellenwert für den ausgeschriebenen Bau- und Planungsauftrag lag zum Zeitpunkt der Ausschreibung nach § 2 Nr. 3 VgV bei 4.845.000 Euro. Nach § 3 Abs. 1 VgV ist bei der Schätzung des 9 Auftragswertes von der geschätzten Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung auszugehen. Ausschlaggebend ist die vom Auftraggeber vorgenommene Kostenschätzung vor Beginn des Ausschreibungsverfahrens, § 3 Abs. 9 VgV. Dieser Wert ist auch dann zugrunde zu legen, wenn sich im weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens zeigen sollte, dass der Wert der benötigten Leistung oberhalb oder unterhalb des maßgebenden Schwellenwertes liegt (OLG Düsseldorf vom 22.7.2010 – Verg 34/10). Den Auftragswert überprüfen die Nachprüfungsinstanzen von Amts wegen (Greb in Ziekow/Völlink Vergaberecht § 3 VgV Rn. 20). Die Schätzung des Auftragswerts ist dann korrekt, wenn alle ausgeschriebenen Positionen zu ordnungsgemäß ermittelten Preisen bei der Berechnung berücksichtigt worden sind. b) Nach diesen Grundsätzen ist die Schätzung des Auftragswertes durch den Antragsgegner vor Beginn des Ausschreibungsverfahrens nicht in Ordnung, weil sie die ausgeschriebenen Planungsleistungen nicht enthält, sondern lediglich die reinen Bauwerkskosten. Der Antragsgegner hat damit den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Es trifft zwar zu, dass Baunebenkosten grundsätzlich bei der Schwellenwertberechnung nicht zu berücksichtigen sein sollen (Herrmann in Ziekow/Völlink § 1a VOB/A Rn. 8), doch gilt dies nicht für den Fall, dass der Auftraggeber sowohl die Leistung als auch die Planung ausschreibt, weil sich der Auftrag bzw. der abzuschließende Vertrag dann auf beide Leistungsteile bezieht (VK Saarland vom 14.7.2010 – 1 VK 08/2010). Ausschlaggebend ist insoweit das auftragsgegenständliche Leistungsverzeichnis. Hier sind Planungsleistungen sowohl nach der Bekanntmachung, in welcher neben der Bauausführung auch die Planung ausgeschrieben worden ist, als auch nach der Leistungsbeschreibung, in welcher die Positionen der Kostengruppe 700 im Titel 9.7 im Einzelnen aufgeführt sind, jedenfalls zu einem gewissen Teil Bestandteil des ausgeschriebenen Auftrages. Der Senat konnte auch den Ausführungen des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung entnehmen, dass die Vergabe sich auf die Kostengruppen 300, 400, 500 und 700 beziehen sollte. Damit sind Planungsleistungen, welche im Titel 9.7 des LV enthalten und vom Auftragnehmer zu erbringen sind, zu den Bauausführungskosten bei der Schätzung des Auftragswertes hinzuzurechnen. Dies ist vom Antragsgegner offensichtlich übersehen worden. Er hat diese Planungsleistungen nicht bei den geschätzten Kosten für die GU-Leistung berücksichtigt, sondern außerhalb dieser Leistung mit pauschal ca. 1,1 Mio Euro bewertet. 8 OLG München, Beschluss vom 31.01.2013 – Verg 31/12 (Ortsumgehung L.-K.) Der Auftraggeber kann sich, wenn er eine Gesamtbaumaßnahme in mehrere Ausschreibungen unterteilt, jedenfalls dann nicht mehr auf die ursprüngliche Schätzung berufen, wenn sich die Sachlage erheblich geändert hat. 10 Die Prognose ist eine vorläufige Einschätzung, welche die Grundlage für die Bearbeitung und Durchführung der Ausschreibung bildet. Ändert sich im Lauf der Zeit die Schätzungsgrundlage, weil sich die Schätzungsparameter aufgrund neu gewonnener Erkenntnisse geändert haben, ist die Schätzung anzupassen. § 7 Abs. 9 VgV steht dem nicht entgegen. Der Wortlaut spricht von der „beabsichtigten“ Auftragsvergabe, lässt folglich eine Subsumtion auch des einzelnen Vergabeverfahrens einer Gesamtvergabe unter den Begriff zu. Könnte sich der Auftraggeber trotz wesentlicher Änderung der Verhältnisse nach wie vor auf die ursprüngliche Schätzung berufen, hätte dies zur Konsequenz, dass sich der Auftraggeber bis zur Gesamtabwicklung der Baumaßnahme auf eine offensichtlich falsche Schätzung berufen und eine europaweite Ausschreibung bewusst vermeiden könnte. Eine solche Folge ist nicht hinnehmbar; vielmehr sind erhebliche Änderungen zu berücksichtigen, wie bei anderen Prognoseentscheidungen des Auftraggebers auch, zum Beispiel bei der Beurteilung der Eignung (vgl. hierzu OLG München vom 22.11.2012 – Verg 22/12). 4. Sachlicher Anwendungsbereich – öffentlicher Auftrag (§ 99 GWB) 9 VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17.08.2012 – VK-SH 17/12 (Geschäftskomplex) 1. Eine Baukonzession im Sinne von § 99 Abs. 6 GWB scheidet grundsätzlich aus, wenn der Private ein unbefristetes Nutzungsrecht erhält. Dies ist insbesondere dann gegeben, wenn der Private das Eigentum an der streitgegenständlichen Anlage erwirbt. 2. Zur Frage des Vorliegens eines unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteils im Rahmen eines öffentlichen Bauauftrages. Hier hat die Antragsgegnerin keinen echten Beschaffungswillen, sondern lediglich ein städtebauliches Interesse an der Bereitstellung der streitgegenständlichen Parkplätze. Der Antragsgegnerin geht es vorrangig darum, den für Sie äußerst unbefriedigenden in privatem Dritteigentum befindlichen Leerstand inmitten des Marktplatzes zu beseitigen und diesen attraktiven Standort „wiederzubeleben“. Aus diesem Grund hat sie an der Realisierung des selbstständig und initiativ von der Beigeladenen entwickelten Investitionsprojekts ein großes Interesse. Die Realisierung dieses konkreten Projekts bringt zwingend den Abriss der bisherigen Parkpalette mit sich. Und aufgrund dieses zwingenden Abrisses hat sie ein Interesse daran, diese wegfallenden Parkplätze durch die geplanten wiederherzustellen. Dass die neu geplanten Parkplätze lediglich die bisherigen (und zukünftig wegfallenden) wiederherstellen sollen, wird auch daraus deutlich, dass es sich um die gleiche Anzahl von Parkplätzen handelt. So sollen die bisherigen [...] Stellplätze durch ebenso [...] Stellplätze ersetzt werden. 11 In diesem Zusammenhang ist noch einmal auf die Historie des Projekts hinzuweisen. Wie die Antragsgegnerin und die Beigeladene zur Überzeugung der Kammer ausgeführt haben, war es allein die Beigeladene, die die Idee zum Gesamtprojekt hatte und dieses schließlich immer weiterentwickelt hat. Sie bemühte sich selbstständig um den Erwerb der in Privateigentum stehenden Grundstücke und sicherte sich daran das Eigentum oder jedenfalls gesicherte Anwartschaften. Wie bereits angemerkt, dient dieses Projekt auf Seiten der Antragsgegnerin lediglich städtebaulichen Interessen. Dass dieses Projekt notwendigerweise den Abriss der bisherigen – ungeliebten – Parkpalette erfordert und die Beigeladene im Zuge des Neubaus die gleiche Anzahl an Parkplätzen auf dem – vom Standort her attraktiveren – Dach des neuen Einkaufszentrums wiederherstellen wird, ist für die Antragsgegnerin nichts weiter als eine günstige Gelegenheit. Wie in der mündlichen Verhandlung mehrfach betont, hätte die Antragsgegnerin niemals allein die Errichtung eines neuen Parkplatzes ausgeschrieben. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung auch bekundet, an einem solchen isolierten Bauauftrag kein Interesse zu haben. Der Antragsgegnerin geht es also ausschließlich um ihre städtebaulichen Interessen. Die Errichtung der Parkplätze dient lediglich der Aufrechterhaltung des status quo bezüglich des öffentlichen Parkplatzangebotes. Ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse an der Errichtung der Parkplätze liegt darin nicht. Doch selbst wenn man ein solches isoliertes Interesse an der Errichtung der Parkplätze annehmen sollte, wäre der maßgebliche Schwellenwert hier deutlich unterschritten. Ihr – unterstelltes – unmittelbares wirtschaftliches Interesse würde auch nicht, wie es für das Erreichen des Schwellenwertes erforderlich wäre, auf das Gesamtprojekt ausstrahlen (vgl. VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.01.2011 – 1 VK 67/10) oder das Gesamtprojekt „infizieren“. Nach Ansicht der erkennenden Kammer kommt es hierauf jedoch auch nicht an. Denn sie gelangt im Rahmen einer wertenden Beurteilung zu dem Ergebnis, dass die wirtschaftlichen Vorteile, die der Antragsgegnerin insoweit überhaupt nur erwachsen können, nicht die Annahme eines unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteils rechtfertigen. Im Verhältnis zum Gesamtbauvolumen von ca. [...] Mio. EUR handelte es sich bei den Baukosten für die [...] Parkplätze einschließlich der Zubringerstraßen um einen so untergeordneten Betrag, der es nicht rechtfertigt anzunehmen, dass die Antragsgegnerin ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse an der Errichtung des Gesamtkomplexes besitzt (vgl. VK Baden-Württemberg, a.a.O.). Der o.g. Gesamtbetrag der beizusteuernden Entschädigung der Stadt beläuft sich auf ca. [...]% des angegebenen Investitionsvolumens. Ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse ließe sich im Übrigen auch nicht damit begründen, dass der Antragsgegnerin aus dem Betrieb des Einkaufskomplexes Gewerbesteuereinnahmen zufließen. Die Umsetzung städtebaulicher Ziele in Anlehnung an 12 einen vorliegenden Bebauungsplan im Hinblick auf die Verwirklichung allgemeiner öffentlicher Interessen führt zu keinem unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil, wenn der betreffende Durchführungsvertrag mittelbar zu einem erhöhten Gewerbesteueraufkommen führt (VK Baden-Württemberg, a.a.O. unter Verweis auf OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9.6.2010 – VII-Verg 9/10). Im Übrigen dient das Vergaberecht nicht dazu, Investoren den Ankauf von interessanten öffentlichen Grundstücken zu ermöglichen. Insoweit kann es einer Gebietskörperschaft auch nicht zuzumuten sein, nur aufgrund ihres Eigentums an einem Schlüsselgrundstück ein darüberhinausgehendes privates Investorenvorhaben zu verhindern. Insbesondere muss die Stadt hier ihre „Sperrminorität“ nicht ausnutzen, um zu Lasten der initiativ tätigen Beigeladenen einen Wettbewerb um jeden Preis zu erzwingen, auch unter Einbeziehung fremden Dritteigentums. Das für das streitgegenständliche Vorhaben erforderliche Dritteigentum beträgt unbestritten [...]% ([...] qm). Die Flächen der Stadt betragen nur [...]%. 10 EuGH, Urteil vom 19.12.2012 – Rs. C-159/11 (Azienda Sanitaria Locale di Lecce) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs fallen jedoch zwei Arten von Aufträgen, die von öffentlichen Einrichtungen vergeben werden, nicht in den Anwendungsbereich des Vergaberechts der Union. Erstens handelt es sich um Verträge zwischen einer öffentlichen Einrichtung und einer rechtlich von dieser verschiedenen Person, wenn diese Einrichtung über die betreffende Person eine Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen und die genannte Person zugleich ihre Tätigkeiten im Wesentlichen für die Einrichtung oder die Einrichtungen ausübt, die ihre Anteile innehat bzw. innehaben (vgl. in diesem Sinne Urteil Teckal, Randnr. 50). Es steht allerdings fest, dass diese Ausnahme in einem Kontext wie dem des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar ist, da aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, dass die ASL keine Kontrolle über die Universität ausübt. Zweitens handelt es sich um Verträge, mit denen eine Zusammenarbeit von öffentlichen Einrichtungen bei der Wahrnehmung einer ihnen allen obliegenden öffentlichen Aufgabe vereinbart wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juni 2009, Kommission/ Deutschland, C-480/06, Slg. 2009, I-4747, Randnr. 37). In einem solchen Fall sind die unionsrechtlichen Vergabevorschriften nicht anwendbar, sofern solche Verträge ausschließlich zwischen öffentlichen Einrichtungen ohne Beteiligung Privater geschlossen werden, kein privater Dienstleistungserbringer besser gestellt wird als seine Wettbewerber und die darin vereinbarte Zusammenarbeit nur 13 durch Erfordernisse und Überlegungen bestimmt wird, die mit der Verfolgung von im öffentlichen Interesse liegenden Zielen zusammenhängen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Deutschland, Randnrn. 44 und 47). Zwar scheint, wie das vorlegende Gericht festgestellt hat, ein Vertrag wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende einige der in den beiden vorstehenden Randnummern des vorliegenden Urteils erwähnten Kriterien zu erfüllen, doch ist das Vergaberecht der Union nur dann nicht auf ihn anwendbar, wenn er alle diese Kriterien erfüllt. Hierzu scheint aus den Angaben in der Vorlageentscheidung erstens hervorzugehen, dass dieser Vertrag eine Reihe inhaltlicher Aspekte enthält, von denen ein erheblicher, ja überwiegender Teil in Tätigkeiten besteht, die im Allgemeinen von Ingenieuren oder Architekten ausgeübt werden und die, auch wenn sie auf einer wissenschaftlichen Grundlage beruhen, gleichwohl nicht mit wissenschaftlicher Forschung gleichzusetzen sind. Demnach hat es den Anschein, dass, anders als der Gerichtshof in Randnr. 37 des erwähnten Urteils Kommission/Deutschland feststellen konnte, mit der öffentlichen Aufgabe, die Gegenstand der mit diesem Vertrag vereinbarten Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen ist, keine der ASL und der Universität gemeinsam obliegende öffentliche Aufgabe wahrgenommen wird. Zweitens könnte der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vertrag zu einer Bevorzugung privater Unternehmen führen, wenn zu dem hochqualifizierten externen Personal, das die Universität laut Vertrag zur Durchführung bestimmter Leistungen heranziehen darf, private Dienstleistungserbringer zählen. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, sämtliche insoweit erforderlichen Nachforschungen anzustellen. Daher ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass das Recht der Union über die Vergabe öffentlicher Aufträge einer nationalen Regelung entgegensteht, die es erlaubt, ohne Ausschreibung einen Vertrag zu schließen, mit dem öffentliche Einrichtungen eine Zusammenarbeit vereinbaren, wenn – was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist – ein solcher Vertrag nicht die Wahrnehmung einer diesen Einrichtungen gemeinsam obliegenden öffentlichen Aufgabe zum Gegenstand hat, nicht nur durch Erfordernisse und Überlegungen bestimmt wird, die mit der Verfolgung von im öffentlichen Interesse liegenden Zielen zusammenhängen, oder geeignet ist, einen privaten Dienstleistungserbringer besser zu stellen als seine Wettbewerber. 14 11 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.01.2013 – Verg 26/12 (Erwerb und Betrieb Strom- und Gasnetze) 1. Bei der Beschaffung sog. strategischer Partnerschaften (ÖPP) durch kommunale Netzunternehmen besteht eine Ausschreibungspflicht nach GWB, wenn – ungeachtet des gewählten Beteiligungsmodells – der Vertrag jedenfalls (auch) Dienstleistungen zum Gegenstand hat, die wertmäßig den maßgebenden Schwellenwert erreichen oder übersteigen. 2. Die Entscheidung für eine Getrennt- oder Zusammenvergabe von Wegekonzession und Eingehung einer ÖPP unterliegt der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers. Deren Ausübung ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, sofern dafür sachlich gerechtfertigte Gründe vorliegen, die eine Ungleichbehandlung oder Diskriminierung von Bewerbern, und zwar allein wegen der Trennung der Verfahren, ausschließen. 3. Eine lediglich befürchtete oder vermutete Voreingenommenheit der Kommune bei der späteren Vergabe der Verteilnetzkonzession rechtfertigt keinen Eingriff in die Ausschreibung der ÖPP. 4. Bei Eingehung einer ÖPP sind zugesagte Renditen – als nach § 3 Abs. 2 KAV unzulässige Finanzleistungen – nur zu bewerten, wenn sie als eine spezifische Gegenleistung für die Einräumung von Wegenutzungsrechten vereinbart oder gewährt werden. 5. Bei der Vergabe dürfen – dieses mit Blick auf die finanzielle Situation der Kommune und eine Begrenzung ihrer unternehmerischen Risiken – auch wirtschaftliche Ziele sowie kommunale Einflussmöglichkeiten auf das gemeinsame Netzunternehmen berücksichtigt werden. 6. Eine marktbeherrschende Stellung der Kommune bei Wegenutzungsverträgen ist einer kommunalen Netzgesellschaft bei Ausschreibung einer strategischen Partnerschaft nicht zuzurechnen. Auf der Grundlage des Vortrags der Beigeladenen, der sich auf das Pachtvertragsmodell bezieht, ergibt sich rechtlich gesehen nichts anderes: § 99 Abs. 1 GWB stellt weder auf die zivilrechtliche Einordnung von Verträgen noch darauf ab, ob in der Übernahme einer Leistung im Sinn des § 99 Abs. 4 GWB ein wesentlicher oder der Hauptzweck des angestrebten Vertragsschlusses liegt. Der Vertrag muss lediglich Dienstleistungen zum Gegenstand haben, welche den maßgebenden Schwellenwert erreichen oder überschreiten (so BGH, Beschl. v. 1.2.2005 – X ZB 27/04, VergabeR 2005, 328, 332 f.). Dies ist, ohne dass es sich auf die Entscheidung ausgewirkt hat, von der Vergabekammer übersehen worden (VKB 16 f.). 15 Ob eine Ausschreibung gleichwohl ausnahmsweise dann keine Dienstleistungen betrifft, wenn die von dem Unternehmen zu erbringende Leistung wegen des rechtlichen und wirtschaftlichen Schwerpunkts des Vertrags nicht ins Gewicht fällt, braucht nicht entschieden zu werden. Mit Rücksicht darauf, dass öffentliche Beschaffungen, soweit sie nicht ausdrücklich vom Vergaberechtsregime ausgenommen sind, umfassend unter geregelten Wettbewerbsbedingungen stattzufinden haben, ist eine solche Ausnahme jedenfalls nur zu überlegen, wenn die Pflicht zur Dienstleistung völlig untergeordneter Art und deshalb auszuschließen ist, dass ihretwegen ein Vertrag eingegangen werden soll (so BGH a.a.O.). Das ist im Streitfall zu verneinen. Entgeltlichkeit ist auch bei einem Pachtmodell nicht erst anzunehmen, wenn feststeht, dass und gegebenenfalls inwieweit beim Pachtzins die Pflicht zu Dienstleistungen preismindernd berücksichtigt worden ist. Das Pachtvertragsmodell ist lediglich das rechtliche Mittel, dessen sich der Auftraggeber bedient, um die von ihm angestrebten Dienstleistungen zu beschaffen. Selbst wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung das Pachtelement im Vordergrund stünde, ist dies unerheblich. Ist es – wie hier – Mittel zur Beschaffung der Dienstleistung, ist der pachtrechtliche Aspekt ohne Bedeutung. Diese Betrachtungsweise entspricht dem Zweck des Vergaberechts. Es soll alle Beschaffungsvorgänge erfassen, die für den öffentlichen Auftraggeber mit einem geldwerten Aufwand verbunden sind (vgl. BGH a.a.O. 333 f.). b) Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. aa) Zum Ausschreibungskonzept: (1.) Die hinter der Antragsgegnerin stehenden Kommunen und die Antragsgegnerin haben sich im Streitfall dazu entschlossen, die aus Anlass des Auslaufens der Konzessionsverträge bei Strom- und Gasnetzen für erforderlich gehaltenen Ausschreibungen in einem zweistufigen Verfahren durchzuführen (doppelte/ getrennte Ausschreibung). Auf einer ersten Stufe soll über den „Einkauf“ einer strategischen Partnerschaft – im Rechtssinn die Gründung einer institutionalisierten öffentlich-privaten Partnerschaft, die ein Dienstleistungsauftrag ist – durch die Antragsgegnerin (eine interkommunale Netzgesellschaft) entschieden werden. Darum geht es in diesem Nachprüfungsverfahren. Auf einer zweiten Stufe wollen die betreffenden Kommunen alsdann die auslaufenden Wegenutzungsverträge – rechtlich gesehen Dienstleistungskonzessionen (§ 46 EnWG) – ausschreiben und vergeben, wobei keineswegs gesichert ist, dass die Antragsgegnerin, die sich darum ebenfalls bewerben will, die Konzessionen (überhaupt oder zu einem Teil) erlangen wird. Alternativ dazu hätten sich die beteiligten Kommunen freilich ebenfalls zu einer einheitlichen Auftragsvergabe entschließen können (so auch EuGH, Urt. v. 15.10.2009 – C-196/08, Acoset, VergabeR 2010, 478, 484, Rn. 58 ff.). Davon haben sie keinen Gebrauch gemacht. 16 Die Entscheidung für eine Getrennt- oder Zusammenvergabe unterliegt der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers, hier der beteiligten Kommunen und der Antragsgegnerin. Die Ausübung der Bestimmungsfreiheit ist dem Vergabeverfahren vorgelagert. Sie ist in Vergabenachprüfungsverfahren nur zu überprüfen, sofern es, und zwar mindestens im Sinn einer gebotenen Inzidentprüfung, eine vergaberechtliche Anknüpfungsnorm, gewissermaßen eine rechtliche „Einbruchstelle“ dafür, gibt (vgl. BGH, Beschl. v. 18.6.2012 – X ZB 9/11; OLG Düsseldorf in ständiger Rechtsprechung, vgl. zuletzt Beschl. v. 1.8.2012 – VII-Verg 105/11). Eine doppelte und die Prozeduren zeitlich verlängernde Ausschreibung kann verfahrensökonomisch ineffektiv sein. So bleibt der Ausschreibungsgewinner im vorliegenden Verfahren bis zum Abschluss der Konzessionsvergaben an die angebotenen und vereinbarten Leistungen grundsätzlich gebunden, obwohl sich die wirtschaftlichen Gegebenheiten (zum Beispiel aufgrund neu ergangener gesetzlicher Vorschriften) inzwischen geändert haben können. Dies kann neben der Dauer der Vergabeverfahren zu Rechtsunsicherheit sowie dazu führen, dass Unternehmen und öffentliche Stellen von einer Gründung – national sowie nach Unionsrecht förderungswürdiger – institutionalisierter öffentlich-privater Partnerschaften abgehalten werden (vgl. EuGH, Urt. v. 15.10.2009 – C-196/08, Acoset, Rn. 61 unter Bezugnahme auf Rn. 85 der Schlussanträge des Generalanwalts sowie auf Rn. 59, 46 bis 49 des Urteils), infolgedessen der Wettbewerb beeinträchtigt werden kann, und Bewerber um Konzessionsvergaben, und zwar allein wegen der Trennung der Vergabeverfahren, im Wettbewerb ungleich behandelt und diskriminiert werden können. Gesichtspunkte der Verfahrensökonomie geben als solche für eine vergaberechtliche Beanstandung indes nichts her. In dieser Weise hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union nicht argumentiert (vgl. EuGH, Urteil Acoset Rn. 58 f.). Er hat insofern lediglich bemerkt, eine Verdoppelung der Auswahlverfahren könne dazu führen, dass private Einrichtungen und öffentliche Stellen von der Gründung institutionalisierter öffentlich-privater Partnerschaften abgehalten werden (EuGH, Urteil Acoset Rn. 61 m.w.N.). Solches ist im Streitfall jedoch nicht zu besorgen und wird – abgesehen davon, dass sie selbst davon nicht nachteilig betroffen ist – von der Antragstellerin auch nicht geltend gemacht. An der Ausschreibung der Partnerschaft haben sich neben der Antragstellerin und der Beigeladenen zwei weitere branchenangehörige Unternehmen beteiligt. Dass dritte Unternehmen aufgrund der Trennung der Ausschreibungen an einer Teilnahme behindert worden sind, diese mithin einen Abschreckungseffekt entfaltet hat, ist bei der Sachlage nicht zu erkennen. Die beteiligten Kommunen und die Antragsgegnerin hätten die Eingehung einer öffentlich-privaten Partnerschaft und die Wegekonzessionen nach § 46 EnWG rechtlich zulässig allerdings auch zusammen ausschreiben können (so auch OLG Schleswig, Urt. v. 22.11.2012 – 16 U (Kart) 21/12; Vorinstanz: LG Kiel, Urt. v. 3.2.2012 – 14 O (Kart) 12/11). Unüberwindliche tatsächliche oder rechtliche Hindernisse hätten dem nicht im 17 Wege gestanden. Indes haben sich die beteiligten Kommunen und die Antragsgegnerin für getrennte Ausschreibungen entschieden. Dies ist vergaberechtlich jedenfalls nicht zu beanstanden, sofern dafür sachlich gerechtfertigte Gründe vorliegen, die eine Ungleichbehandlung oder Diskriminierung von Bewerbern, und zwar allein wegen der Trennung der Verfahren, ausschließen. Solche und letztlich auch von der Antragstellerin nicht angegriffene Gründe sind im Prozess von der Antragsgegnerin mit Erfolg geltend gemacht worden, und zwar: (2.) Der Vollständigkeit halber sei allerdings bemerkt, dass in Fällen der vorliegenden Art die anschließende Konzessionsvergabe nicht in der Form einer sog. In-houseVergabe an die Antragsgegnerin, ein dann gemischtwirtschaftliches Unternehmen, erfolgen darf – was die beteiligten Kommunen bislang freilich auch nicht vorhaben. Eine private Beteiligung am Kapital der Antragsgegnerin schließt eine In-house-Vergabe an diese aus, weil ein solches Verfahren dem am Kapital beteiligten Unternehmen einen Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten verschaffen würde (EuGH, Urteil Acoset Rn. 56; Urt. v. 11.1.2005 – C-26/03, Stadt Halle, VergabeR 2005, 43 Rn. 51). Auch sonst ist eine In-house-Vergabe bei Konzessionsvergaben nach § 46 EnWG ausgeschlossen. Das ergibt sich zwar noch nicht aus dem vom OLG Schleswig (Urt. v. 22.11.2012 – 16 U (Kart) 22/12, UA 36; Vorinstanz: LG Kiel, Urt. v. 4.1.2012 – 14 O (Kart) 83/10) herangezogenen Gesichtspunkt, wonach es bei den genannten Konzessionen am Element der „Tätigkeit im Wesentlichen für den Auftraggeber“ fehle, weil der Konzessionsnehmer Netzdienstleistungen nicht für den kommunalen Auftraggeber, sondern – zur allgemeinen Versorgung mit Elektrizität und Gas – ganz überwiegend für die in der Gemeinde ansässigen Nachfrager (Kunden und Letztverbraucher) erbringe. Die Regeln des In-house-Geschäfts sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie des Bundesgerichtshofs auch bei der Vergabe von (Dienstleistungs-)Konzessionen anzuwenden (vgl. zuletzt EuGH, Urt. v. 29.11.2012 – C-182 und 183/11, Rn. 26; BGH, Beschl. v. 8.2.2011 – X ZB 4/10, S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr, VergabeR 2011, 452 Rn. 27 ff.; ebenso: Egger, europäisches Vergaberecht Rn. 586). Anderenfalls wären zum Beispiel Verträge über Personenverkehrsdienste keine Dienstleistungsaufträge oder -kon-zessionen, weil die Dienste nicht vom öffentlichen Auftraggeber, sondern von Bürgern genutzt werden. Davon geht auch der europäische Gesetzgeber nicht aus (vgl. Art. 5 VO Nr. 1370/2007 über Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße). Jedoch ist eine In-house-Vergabe bei Wegenutzungsverträgen durch § 46 Abs. 4 EnWG ausgeschlossen, wonach die Absätze 2 und 3 dieser Vorschrift (die Ausschreibungspflicht betreffend) „für Eigenbetriebe der Gemeinden“ entsprechend anzuwenden sind (ebenso: Schwensfeier, in: Kermel (Hrsg.), Praxishandbuch der Konzessionsverträge und der Konzessionsabgaben, S. 223 ff., 233 ff.; OLG Schleswig, Urt. v. 22.11.2012 – 16 U (Kart) 21/12, UA 20; a.A. VG Oldenburg, Beschl. v. 17.7.2012 – 1 B 3594/12, BeckRS 2012, 53875 = IR 2012, 233; Haupt/Slawinski, IR 18 2012, 122; Byok/Graef/Faasch, NZBau 2012, 556, 559). Der nationale (genauso der europäische) Gesetzgeber kann die bei Beschaffungen an sich gegebenen Freiheiten des öffentlichen Auftraggebers sowie die vom Vergaberechtsregime bestehenden Ausnahmen – als solche haben die Regeln über das In-house-Geschäft zu gelten – beschränken. Für die Mitgliedstaaten gilt dies nur insoweit, als dadurch der vom EURecht intendierte Wettbewerb auf dem Gebiet des öffentlichen Beschaffungswesens nicht eingeschränkt werden darf. Indes wird durch die erwähnte Bestimmung des § 46 Abs. 4 EnWG der Wettbewerb um Netzkonzessionen nicht begrenzt, sondern erweitert, indem er durch einen Ausschluss der In-house-Ausnahme strengeren institutionellen Anforderungen unterworfen wird. Dies wird durch die Gesetzgebungsgeschichte bestätigt. Eine mit § 46 Abs. 4 des jetzigen EnWG 2005 übereinstimmende Vorschrift fand sich bereits in § 13 Abs. 4 EnWG 1998. Die Begründung des insoweit Gesetz gewordenen Regierungsentwurfs sagte dazu aus (BT-Drucks. 13/7274, S. 21 rechts): Ungewöhnliche Wagnisse oder unzumutbare Regelungen enthalten die Vergabeunterlagen danach nicht. Ungeachtet dessen weist die SektVO insoweit keine dem § 7 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A entsprechende Regelung auf (vgl. insoweit u.a OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.11.2011 – VII-Verg 90/11). Darauf, ob – wie die Antragstellerin behauptet – das Angebot der Beigeladenen ungewöhnliche Wagnisse enthält, kommt es nicht an. cc) Zur Angebotswertung Die Antragstellerin greift ebenfalls ohne Erfolg die Angebotswertung der Antragsgegnerin an. (1.) Der Vortrag, die Beigeladene habe bei ihrem Angebot preisrechtliche Bestimmungen der KAV missachtet sowie eine höhere als die für höchstzulässig zu erachtende Rendite (7%) versprochen und dürfe deshalb von der Antragsgegnerin nicht bezuschlagt werden, ist rechtlich unerheblich und beruht darüber hinaus auf bloßen Vermutungen, nämlich auf ihrer eigenen Ertragskalkulation, die auf das Angebot der Beigeladenen nicht übertragen werden kann. Lediglich vermuteten Vergaberechtsverstößen ist im Nachprüfungsverfahren nicht nachzugehen (vgl. BGH, Beschl. v. 26.9.2006 – X ZB 14/06, VergabeR 2007, 59, Rn. 39 m.w.N.). Genauso wenig kann festgestellt werden, das Angebot der Beigeladenen sei ungewöhnlich niedrig (§ 27 SektVO), so dass eine ordnungsgemäße Vertragsausführung nicht gewährleistet sei. Der diesbezügliche Vortrag der Antragstellerin gründet sich gleichfalls ausschließlich auf Mutmaßungen. (2.) Auch ist die Wertung des Angebots der Antragstellerin nicht zu beanstanden. Die Behauptung der Antragstellerin, ihr Angebot verdiene allein deswegen den Vorrang vor dem der Beigeladenen, weil sie, sie Antragstellerin, bislang alle Elektrizitätsversorgungsnetze sowie drei Gasnetze innehabe, die Beigeladene 19 hingegen lediglich fünf Gasnetze, ist unschlüssig. Die Antragstellerin hat dabei unberücksichtigt gelassen, dass das Zuschlagskriterium Sicherung der Netzübernahme nur zu einem geringeren Teil auf solche Gesichtspunkte abstellt (u.a. beim Kaufpreisrisiko), andere Wertungsfaktoren jedoch überwiegen. Ebenso liegt die Wertung der Antragsgegnerin beim Zuschlagskriterium Ausgestaltung der vertraglichen Regelungen, und zwar beim Unterkriterium Möglichkeit der Einflussnahme auf Investitionsentscheidungen, innerhalb der hinzunehmenden Wertungsbandbreite. Die Antragstellerin hat nach eigenem Vortrag insoweit Einschränkungen an der Einflussmöglichkeit der Kommunen oder ihrer Netzgesellschaften angebracht, welche die Einschaltung eines konzerneigenen Unternehmens bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Investitionen betreffen. Mit Rücksicht auf die an ihr bestehende gemeindliche Mehrheitsbeteiligung hat die Antragsgegnerin dies im Verhältnis zum Angebot der Beigeladenen als eine Beschränkung des kommunalen Einflusses bewerten dürfen. Unabhängig davon können die vorgenannten Beanstandungen die Antragstellerin ohnehin in keine bessere Angebotsposition versetzen. Der Bewertungsabstand zwischen den Angeboten der Beigeladenen und der Antragstellerin (ca. 91 zu ca. 57 von 100 erreichbaren Wertungspunkten) ist derart weit, dass die Antragstellerin diesen auch im Wege einer besseren Beurteilung ihres Angebots bei den vorgenannten Zuschlagskriterien keinesfalls aufholen kann. Ob das Angebot der Antragstellerin – wie die Beigeladene geltend macht – wegen einer unlauteren Informationsbeschaffung vom Wettbewerb auszuschließen ist, kann nach alledem dahingestellt bleiben. dd) Ergänzend ist zu einem von der Antragstellerin behaupteten und von der Vergabekammer angenommenen Verstoß der Antragsgegnerin gegen kartellrechtliche Normen, und zwar gegen das Missbrauchsverbot des § 19 GWB sowie gegen das Behinderungsverbot nach § 20 GWB, zu bemerken: Die Antragsgegnerin (diese bei der Vergabe einer ÖPP) und die an ihr beteiligten Kommunen (jene bei der Ausschreibung von Wegenutzungsverträgen) betätigen sich auf verschiedenen Märkten. Während die Antragsgegnerin auf einem sachlich und geografisch eher weit abzugrenzenden Markt um Dienstleistungen beim Betrieb von Strom- und Gasnetzen nachsucht, auf dem sie nach den Umständen nicht marktbeherrschend oder marktstark zu sein scheint, kommt den Kommunen bei der Vergabe von Wegekonzessionen möglicherweise eine marktbeherrschende Stellung zu – dies jedenfalls dann, wenn darauf die Rechtssätze der Schilderprägerentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24.9.2002 – KZR 4/01, Kommunaler Schilderprägebetrieb – angewendet werden (so der gemeinsame Leitfaden von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen und zum Wechsel des Konzessionsnehmers, Rn. 26 und bislang mehrere Entscheidungen des Bundes- 20 kartellamts) – was freilich noch einer näheren rechtlichen und hier nicht anzustellenden Prüfung bedarf. Die Marktstellung der Kommunen bei der Vergabe von Wegenutzungsrechten ist der Antragsgegnerin bei der Ausschreibung anders gearteter und auf einem anderen sachlichen Markt erbrachter Dienstleistungen nicht zuzurechnen. 12 OLG Schleswig, Beschluss vom 15.03.2013 – 1 Verg 4/12 (Parkpalette) Die sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist zurückzuweisen, denn die Vergabekammer hat dem Nachprüfungsantrag zu Recht den Erfolg versagt. Im Beschwerdeverfahren sind keine Gründe hervorgetreten, die eine andere Entscheidung begründen können. Die Beschwerdeanträge sind zum Teil unzulässig (unten 1.). Der Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der am 23. November 2012 und am 19. Dezember 2012 geschlossenen Verträge zwischen der Beschwerdegegnerin und der Beigeladenen bleibt ohne Erfolg (unten 2.). 1. Die mit dem ersten Hauptantrag und dem zweiten Hilfsantrag gestellten Feststellungsanträge der Beschwerdeführerin sind unzulässig. Die Anträge beziehen sich auf Vertragsverhandlungen über den beabsichtigten Kaufvertrag zwischen der Beschwerdegegnerin und der Beteiligten in Verbindung mit dem vorliegenden Durchführungsvertrag. Dem liegt offenbar die Vorstellung zugrunde, dass Vergaberechtsschutz gegen Vertragsverhandlungen erlangt werden kann. Das ist nicht der Fall. Einen „vorbeugenden“ Rechtsschutz sehen die §§ 101 b, 107 ff. GWB nicht vor (vgl. Kling, NZBau 2003, 23 ff.). Auf eine Feststellung gerichtete Anträge sieht das Gesetz in zwei Fällen vor: Nach § 101 b Abs. 2 GWB kann eine feststellende Entscheidung in Bezug auf abgeschlossene Verträge erfolgen, wenn vor deren Abschluss gegen die Informations- und Wartepflicht oder gegen die Pflicht zur Durchführung eines Vergabeverfahrens verstoßen worden ist. Weiter kann gem. § 123 Satz 3 GWB eine Feststellung darüber ergehen, ob ein Unternehmen durch den öffentlichen Auftraggeber in seinen Rechten verletzt ist. Ein Feststellungsbegehren in Bezug auf – noch – nicht abgeschlossene Verträge ist im gesetzlichen Rechtsschutzsystem nicht vorgesehen. Bei einem Streit über die Anwendbarkeit des Vergaberechts auf einen konkreten Vertragsschluss kann die diesbezügliche Klärung erst nach Vertragsschluss gerichtlich erreicht werden. das Risiko einer Unwirksamkeit des Vertrages liegt bei den Vertragsparteien. Das gilt auch bei einer verzögerten Information über sog. De-facto-Verträge; der Rechtsschutz der Bieter knüpft insoweit an die „Kenntnis“ der Bieter von dem (evtl.) Vergaberechtsverstoß an (§ 101 b Abs. 2 S. 1 GWB; vgl. OLG München, Beschl. v. 19.07.2012 – Verg 8/12, NZBau 2012, 715 [bei Juris Rn. 63]). 21 Das Gleiche gilt auch für zweiten Hauptantrag, der auf Untersagung eines „ausschreibungslosen“ Kaufvertragsabschlusses gerichtet ist, sowie für den dritten Hauptantrag, der die Feststellung erstrebt, dass die Beschwerdegegnerin bzgl. des Grundstücksverkaufs ein förmliches Vergabeverfahren durchzuführen hat. Die Frage, ob die Beschwerdegegnerin ein Vergabeverfahren durchzuführen hat, kann vor Vertragsschluss im Wege der Nachprüfung (mit den Wirkungen des § 115 Abs. 1 GWB) und nach „ausschreibungslosem“ Vertragsschluss unter den Voraussetzungen des § 101 b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 GWB überprüft werden. Einer selbständigen „Untersagung“ des Vertragsschlusses oder einer Feststellung im beantragten Sinne bedarf es nicht. Soweit nach § 123 Satz 3 GWB eine feststellende Entscheidung möglich ist, wird dies für den – hier gegebenen – Streit um die Frage, ob ein öffentlicher Auftrag i. S. d. § 99 Abs. 3 GWB vorliegt, durch die spezielle Rechtsschutzform des § 101 b GWB verdrängt. Der erste Hilfsantrag festzustellen, dass ein geschlossener Kaufvertrag in Verbindung mit dem vorliegenden Durchführungsvertrag von Anfang an unwirksam ist, entspricht der in § 101 b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 GWB vorgesehenen Rechtsschutzform. Dieser Antrag ist sachdienlich (vgl. § 120 Abs. 2, § 70 Abs. 2 GWB) und zulässig, nachdem die Beschwerdegegnerin und die Beigeladene am 19. Dezember 2012 einen Durchführungsvertrag (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB) sowie am 18. Juli 2012 bzw. am 23. November 2012 einen Vertrag über den Verkauf von Grundstücksflächen bzw. dessen Änderung abgeschlossen haben. Die Beigeladene wendet demgegenüber ein, die genannten Verträge seien (noch) nicht Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer gewesen. In der Tat ist der Grundstückskaufvertrag vom 18. Juli 2012 einen Monat vor der Entscheidung der Vergabekammer (aufschiebend bedingt) abgeschlossen worden und (erst) im Beschwerdeverfahren – am 23. November 2012 – geändert worden. Der Durchführungsvertrag vom 19. Dezember 2012 ist erst im Beschwerdeverfahren geschlossen worden. Der Durchführungsvertrag ist gem. § 12 Abs. 1 BauGB im Zusammenhang mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. ### der Stadt abgeschlossen worden. Es kann dahinstehen, inwieweit (von welchem Verfahrensstadium an) die Beigeladende diesen Bebauungsplan initiiert oder durch „ihr“ Projekt beeinflusst hat. Der Erlass dieses Bebauungsplans ist weder als Vertrag noch (gar) als öffentlicher Bauauftrag i. S. d. § 99 Abs. 3 GWB anzusehen; er ergeht als Satzung (§ 10 Abs. 1 BauGB) und ist Mittel zur Wahrnehmung der gemeindlichen Planungshoheit (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4. März 2009, VII-Verg 67/08, NZBau 2009, 334). Der Durchführungsvertrag vom 19.12.2012 dient der Umsetzung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans; auch er liegt im Rahmen der planungsrechtlichen Regelungsbefugnisse der Stadt. Die in § 3 Abs. 4 und § 7 des Vertrages vereinbarte Durchführungspflicht sichert das gesetzliche Ziel einer zügigen Realisierung der Planung. Die Beigeladene übernimmt darin als Vorhabenträgerin die Verpflichtung, das Vorhaben auf eigenes wirtschaftliches 22 Risiko innerhalb des vertraglich vereinbarten Zeitraums einschließlich der ggf. erforderlichen Erschließungsanlagen zu realisieren (vgl. Krautzberger, in: Battis u. a., BauGB, 2009, § 12 Rn. 5). Die vertragliche Übernahme der Durchführungsverpflichtung ist Voraussetzung für die Entstehung des „Baurechts“, also des in der speziellen Form des vorhabenbezogenen Bebauungsplans (§ 12 BauGB) begründeten Anspruchs, für die im Plan zugelassenen Vorhaben eine Baugenehmigung zu erhalten. Die Stadt kann einen (wirksamen) vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht erlassen, wenn sich der Vorhabenträger – hier: die Beigeladene – ihr gegenüber nicht verpflichtet, die im Plan zugelassenen Vorhaben innerhalb einer bestimmten Frist zu verwirklichen (vgl. VGH München, Urt. v. 24. Juli 2001, 1 N 00.1574, NVwZ-RR 2002, 260 ff.) oder – jedenfalls – ein dahingehendes verbindliches Vertragsangebot gegenüber der Stadt abgegeben hat (VGH Mannheim, Urt. v. 29. April 2009, 8 S 639/08, DVBl. 2009, 1110 [bei Juris Rn. 28]; Gatz, jurisPR-BVerwG 24/2011 Anm. 1). Diesen Vorgaben entsprechend ist die Durchführungspflicht in § 3 Abs. 4 und § 7 des Vertrages vereinbart worden. Die Erfüllung der Durchführungspflicht ist – entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin – nicht „einklagbar“. Nach § 12 Abs. 6 Satz 1 BauGB kann die Stadt auf den Fall einer ausbleibenden Erfüllung der Durchführungspflicht reagieren, indem sie den vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufhebt; diese Rechtsfolge ist gesetzlich als „Soll“-Vorschrift ausgestaltet (vgl. Krautzberger, a.a.O., § 12 Rn. 18, 42). Im Rahmen dieser „Soll“-Vorschrift bleibt Raum für die in § 15 des Durchführungsvertrages für den Fall von „Leistungsstörungen“ vorbehaltene „Berechtigung“ der Beschwerdegegnerin, „nach erfolgloser schriftlicher Abmahnung auf Kosten der [Beigeladenen] die Maßnahmen im Wege der Ersatzvornahme durchzuführen.“ Im Fall einer Ersatzvornahme würden die „unerledigten“ Maßnahmen von der Stadt anstelle und auf Rechnung der Beigeladenen im Rahmen des fortbestehenden Durchführungsvertrages ausgeführt werden (vgl. OVG Münster, Urt. v. 29. Juni 1992, 3 A 1079/91, NVwZ-RR 1993, 507 – zum Erschließungsvertrag). Die Stadt kann von dieser „Berechtigung“, die nach Ablauf der Durchführungsfrist (§ 3 Abs. 4 des Vertrages) fortbesteht, Gebrauch machen, muss dies aber nicht. Sie wird bei lebensnaher Betrachtung davon Abstand nehmen (und den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach § 12 Abs. 6 Satz 1 BauGB aufheben), wenn das Vorhaben selbst („###“) nicht realisiert werden kann und/oder die Beigeladene – absehbar – die (auch) für die Aufbringung der Kosten einer Ersatzvornahme erforderliche Leistungsfähigkeit verloren haben sollte. Ein Bauauftrag i. S. d. § 99 Abs. 3 GWB lässt sich auch aus den weiteren Bestimmungen des Durchführungsvertrages nicht entnehmen. Die Vereinbarungen zur Übernahme von Planungskosten (in § 3 Abs. 3, § 10 Abs. 1 und § 11 des Vertrages) und von Erschließungskosten (in § 12 Abs. 1 und § 13 Abs. 2 des Vertrages) sind von der planungsrechtlichen Regelung in § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB – ausdrücklich – gedeckt („Tragung der Planungs- und Erschließungskosten“); insofern gilt hier nichts anderes wie für städtebauliche Verträge nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB. Als Planungskosten sind auch die Kosten von (Verkehrs-)Gutachten anzuerkennen (vgl. Krautzberger, a.a.O., § 12 Rn. 20). 23 Der Inhalt eines Durchführungsvertrages nach § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB ist nicht „eng“ auf Vereinbarungen begrenzt, die der Realisierung des im vorhabenbezogenen Bebauungsplan geplanten Vorhabens dienen. Ergänzend kann auch all das zulässiger Inhalt eines Durchführungsvertrages sein, was Inhalt eines städtebaulichen Vertrages nach § 11 BauGB sein kann (vgl. Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB, Kommentar, 2010, § 12 Rn. 26). Das schließt insbesondere Vereinbarungen über solche (Lasten oder) Kosten ein, die „Voraussetzung oder Folge“ des Vorhabens sind (§ 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB). Die Beschwerdegegnerin kann im Rahmen ihrer planungsrechtlichen Regelungsbefugnis auch Vereinbarungen zu derartigen Kosten schließen. Die in § 10 Abs. 2 des Durchführungsvertrages vereinbarte Übernahme der Unterhaltungs- und Verkehrssicherungspflicht für die durchzuführenden Baumaßnahmen durch die Beigeladene ist als Folgelastenvereinbarung im genannten Sinne anzusehen. Das Gleiche gilt für die vereinbarte Überlassung, Erhaltung und Unterhaltung von 226 Stellplätzen (§ 6 Abs. 2, 3, 6 des Vertrages), die Neugestaltung der Passage ### (§ 7), die im Bereich öffentlicher Straßen durchzuführenden Arbeiten am Markt, an der Einmündung ###straße und in der ###straße sowie die (Wieder-)Herstellung von Geh- und Radwegen und Bushaltebuchten (§§ 12 – 13 des Vertrages). Die genannten Vereinbarungen betreffen unmittelbar durch das Projekt ### veranlasste Baumaßnahmen, die damit in einem engen räumlichen und funktionalen Zusammenhang stehen. Sie dienen der Verwirklichung eines allgemeinen städtebaulichen Interesses der Stadt. Der (vorliegende) Fall der Herstellung bzw. Umgestaltung von öffentlichen Straßen zur „Einbindung“ des Vorhabens in das vorhandene Straßennetz kann als geradezu „klassischer“ Anwendungsfall von Vereinbarungen angesehen werden, die den Rahmen des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB wahren (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 5. August 1996, 8 S 380/96, NVwZ 1997, 1021; Löhr, in Battis u. a., BauGB, § 11 Rn. 16). 13 EuGH, Urteil vom 08.05.2013 – Rs. C-203/11 (Eric Libert u.a.) Die Errichtung von Sozialwohnungen, die anschließend mit einer Preisdeckelung an eine öffentliche Einrichtung des sozialen Wohnungsbaus oder im Wege der Substitution des Dienstleistungserbringers, der die Wohnungen verwirklicht hat, durch diese Einrichtung verkauft werden müssen, fällt unter den Begriff des öffentlichen Bauauftrags in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 596/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009, wenn die in dieser Bestimmung vorgesehenen Kriterien erfüllt sind, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. 24 Zur elften Frage in der Rechtssache C 203/11 108. Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Errichtung von Sozialwohnungen, die anschließend mit einer Preisdeckelung an eine öffentliche Einrichtung des sozialen Wohnungsbaus oder im Wege der Substitution des Dienstleistungserbringers, der die Wohnungen verwirklicht hat, durch diese Einrichtung verkauft werden müssen, unter den Begriff des öffentlichen Bauauftrags in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 fällt. 109. Zur Beantwortung dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. b in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 ein öffentlicher Bauauftrag vorliegt, wenn vier Kriterien erfüllt sind, d. h., es muss ein schriftlicher Vertrag bestehen, der entgeltlich ist, zwischen einem Wirtschaftsteilnehmer und einem öffentlichen Auftraggeber geschlossen wurde und entweder die Ausführung oder gleichzeitig die Planung und die Ausführung von Bauvorhaben im Zusammenhang mit einer der in Anhang I dieser Richtlinie genannten Tätigkeiten oder eines Bauwerks oder die Erbringung einer Bauleistung durch Dritte, gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen zum Gegenstand hat. 110. Da der Gerichtshof nicht über alle notwendigen Informationen verfügt, anhand deren er überprüfen könnte, ob diese Kriterien im Ausgangsverfahren erfüllt sind, wird er sich hier folglich darauf beschränken, dem vorlegenden Gericht Hinweise zu geben, die ihm für die Vornahme dieser Beurteilung von Nutzen sein können. 111. Was insbesondere das Bestehen eines schriftlichen Vertrags angeht, ergibt sich aus der Vorlageentscheidung, dass der Verfassungsgerichtshof Zweifel daran zu haben scheint, ob dieses Kriterium im vorliegenden Fall erfüllt ist, da die soziale Auflage, die in der Verwirklichung von Sozialwohnungen besteht, nicht wirklich zwischen der Verwaltung und dem betroffenen Wirtschaftsteilnehmer vereinbart werde. Sie werde den Bauherren und Parzellierern nämlich unmittelbar durch das flämische Dekret auferlegt und finde auf sie aufgrund des bloßen Umstands Anwendung, dass sie Eigentümer von Grundstücken seien, für die sie eine Bau- oder Parzellierungsgenehmigung beantragten. 112. Wie vom Generalanwalt in Nr. 86 seiner Schlussanträge ausgeführt, setzt die Schlussfolgerung, dass zwischen einer Rechtsperson, die als öffentlicher Auftraggeber angesehen werden könnte, und einem Bauherrn oder Parzellierer eine gewisse Vertragsbeziehung besteht, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs voraus, dass zwischen der Verwaltung und dem betroffenen Wirtschaftsteilnehmer ein Erschließungsvertrag zur Festlegung der von Letzterem zu realisierenden Bauwerke und der diesbezüglichen Bedingungen geschlossen worden sein muss. 25 113. Ist ein solcher Vertrag unterzeichnet worden, kann allein der Umstand, dass die Errichtung von Sozialwohnungen unmittelbar durch die innerstaatliche Regelung vorgeschrieben wird und der Vertragspartner der Verwaltung notwendigerweise der Eigentümer der Baugrundstücke ist, der Beziehung zwischen der Verwaltung und dem betroffenen Wirtschaftsteilnehmer nicht ihren vertraglichen Charakter nehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2001, Ordine degli Architetti u. a., C 399/98, Slg. 2001, I 5409, Randnrn. 69 und 71). 5. Ausschreibungspflicht von Vertragsänderungen 14 VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.01.2013 – 2 VK LSA 40/12 (Wärme- und Stromlieferung) 1. Es wird festgestellt, dass die vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen vom ....10.2012 unwirksam sind. 2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, für den Fall, dass ihrerseits weiterhin Beschaffungsbedarf und Beschaffungsabsicht hinsichtlich der Leistungen der Wärmeversorgung und Stromlieferung besteht, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer ein transparentes Vergabeverfahren im Sinne der §§ 97 ff. GWB durchzuführen. Statthaftigkeit des Nachprüfungsantrages Der Nachprüfungsantrag ist darüber hinaus statthaft. Die vertraglichen Vereinbarungen vom ....10.2012 stellen einen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB dar, der den Regelungen des Kartellvergaberechts unterfällt. Hierzu im Einzelnen: Nach der vorgenannten Regelung sind öffentliche Aufträge Verträge von öffentlichen Auftraggebern mit Unternehmen, über die Beschaffung von Leistungen, die Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben. In diesem Sinne haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene zwei Verträge über die Wärme-und Stromlieferung geschlossen. Nach dem Willen der Parteien hatten diese Verträge eigenständigen Charakter. Zwar gingen die alten Verträge in die neuen Verträge über. Es sollten jedoch ausschließlich die Regelungen und Bestimmungen der neuen Verträge gelten (vgl. Präambeln der Verträge vom ....10.2012). Damit sind diese Verträge als öffentlicher Auftrag i.S des § 99 Abs. 1 GWB zu qualifizieren. Etwas anderes gilt auch nicht, wenn man entgegen dieser Auffassung die zuletzt unterzeichneten Verträge als Anpassung der ursprünglichen Verträge nebst Verlän- 26 gerung der Vertragslaufzeit ansieht. In diesem Fall hätten die Vertragsparteien den originären Vertrag in Gestalt seiner Ergänzung vom ....07.1997 wesentlich abgeändert. Eine derartige Vertragsänderung stellt eine Neuvergabe dar. Grundsätzlich ist eine Änderung in diesem Sinne beispielsweise bedeutsam, wenn sie die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebots erlaubt hätte, sofern sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wäre (vgl. EuGH vom 19.06.2008, Rs. C-454/06 Rn Nr. 35; OLG Düsseldorf vom 28.07.2011, Verg 20/11). Die erhebliche Verlängerung des Vertrages um weitere zehn Jahre hätte dazu geführt, dass die Bieter in dem Vergabeverfahren, das zum Abschluss des originären Vertrages führte, andere Preise in ihren Angeboten kalkuliert hätten. Diese hätten über einen wesentlich längeren Zeitraum die Gewähr, dass der Antragsgegner sich als Kunde vertraglich an sie bindet und die entsprechenden Leistungen abnimmt. Dies wirkt sich unmittelbar auf die Preisgestaltung aus. abnimmt. Dies wirkt sich unmittelbar auf die Preisgestaltung aus. Zwar hatten sich die Vertragsparteien im ursprünglichen Vertrag vom ............1995 die Möglichkeit vorbehalten, die Vertragslaufzeit einvernehmlich ein Jahr vor Vertragsende über die festgelegte Laufzeit zu verlängern (vgl. § 16 Nr. 3). Grundsätzlich sind Vertragsänderungen ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens zulässig, wenn aus dem Erstvertrag klar hervor geht, unter welchen Umständen und in welche Richtung der Vertrag modifiziert werden soll (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.). Vertragsverlängerungsoptionen sind statthaft, wenn sie hinsichtlich von Laufzeit und Anzahl hinreichend bestimmt sind (vgl. VK Sachsen vom 24.08.2007, 1/SVK/054-07; VK Bund vom 20.07.2005, VK 1 -62/05). Dies war im § 16 Nr. 3 des ursprünglichen Vertrages aus dem Jahr 1995 jedoch nicht festgelegt. Die Vertragsparteien hatten nicht geregelt, über welchen Zeitraum der Vertrag verlängert werden kann. Sie hatten auch nicht vereinbart, in welcher Anzahl von Vertragsverlängerungsoptionen Gebrauch gemacht werden kann. Darüber hinaus ist grundsätzlich dann von einem neuen Auftrag auszugehen, wenn die Verlängerung nur durch eine beiderseitige Willenserklärung zu Stande kommen kann (vgl. VK Baden-Württemberg vom 16.11.2004; 1 VK 69/04). Regelmäßig ist das beiderseitige Einvernehmen zwischen den Vertragsparteien nur dann erforderlich, wenn sich die Verlängerung nicht nur als unbedeutende Erweiterung der bisherigen Vertragsbeziehung darstellt, sondern wirtschaftlich dem Abschluss eines neuen Vertrages gleich kommt. So lag der Fall hier. Die Vertragslaufzeit konnte gemäß § 16 Nr. 3 des Vertrages nur durch eine entsprechende Vereinbarung der Vertragsparteien verlängert werden. Unabhängig hiervon war nach dieser vertraglichen Regelung eine Verlängerung der Laufzeit erst ein Jahr vor Vertragslaufende (hier am 30.06.2017) möglich. Die Vertragsparteien haben die Vertragsverlängerung jedoch bereits weit vorher im Jahre 2012 vereinbart. 27 6. Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen 15 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2012 – Verg 58/11 (Pharmarabattvertrag) 2. II. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. 1. Die Vergabekammer hat zutreffend entschieden, dass der angegriffene Vertrag als Rahmenvereinbarung über die Lieferung von Medikamenten der Nachprüfung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen unterliegt. a) Es ist allgemein anerkannt, dass nicht nur Liefer- und Dienstleistungsverträge als solche, sondern auch Rahmenvereinbarungen hierüber dem Vergaberecht unterliegen. Materiellrechtlich ergibt sich dies aus Art. 32 Abs. 2 UA 1 Richtlinie 2004/18/ EG. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ordnet Art. 1 Abs. 1 UA 2 Richtlinie 89/665/EWG (i.d.F. von Art. 1 Nr. 1 Richtlinie 2007/66/EG) eine Nachprüfung von Rahmenvereinbarungen durch die Vergabenachprüfungsinstanzen ausdrücklich an. Dass § 99 GWB Rahmenvereinbarungen nicht gesondert aufführt, ist vor dem Hintergrund der genannten Richtlinien unerheblich. b) Die Rahmenvereinbarung betrifft entgeltliche Lieferungen. Wie die Vergabekammer unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats und des LSG NRW zutreffend ausgeführt hat, sind die vorgesehenen Lieferungen ersichtlich entgeltlich. Der Pharmarabattvertrag regelt den Preis (genauer gesagt: einen Preisbestandteil) für die Medikamentenlieferungen. aa) Die Rahmenvereinbarung selbst muss nicht die Merkmale eines öffentlichen Auftrages im Sinne des Art. 1 Abs. 2 lit. a) der Richtlinie 2004/18/EG erfüllen. Art. 1 Abs. 5 der Richtlinie 2004/18/EG definiert eine Rahmenvereinbarung u.a. lediglich dahingehend, dass sie „zum Ziel hat, die Bedingungen für die Aufträge ... festzulegen ...“ (engl.: „the purpose of which is to establish the terms governing contracts ...“; frz.: „ayant pour objet d‘établir les termes régissant les marchés ...“). Es reicht mithin aus, wenn die Verträge, die durch die Rahmenvereinbarungen inhaltlich festgelegt sind, als öffentlicher Auftrag anzusehen sind. Die Auffassung der Beigeladenen zu 37., die Rahmenvereinbarung selbst, nicht erst der darauf beruhende Einzelvertrag, müsse entgeltlich sein, trifft damit nicht zu. Art. 32 Richtlinie 2004/18/EG enthält ein derartiges Merkmal nicht, sondern unterstellt in Abs. 2 UA 1 allgemein Rahmenvereinbarungen, die zu öffentlichen Aufträgen führen sollen, dem Vergaberecht (unklar in diesem Punkt allerdings LSG NRW, Beschluss 28 vom 14.04.2010 – L 21 Kr 69/09 SFB, NZBau 2010, 653). Auch der Wert einer Rahmenvereinbarung bemisst sich nach Art. 9 Abs. 9 Richtlinie 2004/18/EG, § 3 Abs. 6 VgV nicht nach dem Entgelt für den Abschluss der Rahmenvereinbarung, sondern nach dem voraussichtlichen Entgelt für die auf der Rahmenvereinbarung beruhenden Einzelverträge. bb) Der Einordnung als Rahmenvereinbarung im Sinne des Art. 32 Richtlinie 2004/18/ EG steht nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin Rabattverträge mit möglichst vielen Teilnehmern schließen möchte. II. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. 1. Die Ausschreibung leidet an folgenden Fehlern, die von der Antragsgegnerin – bei Anwendung des Vergaberechts – auch nicht geleugnet werden: a) Die Ausschreibung ist nicht in Lose aufgeteilt. Die Teilnehmer mussten vielmehr ihr gesamtes Portfolio anbieten, soweit es die im Anhang aufgeführten Wirkstoffe bzw. Wirkstoffkombinationen betraf. b) Die Konzern-Klausel des § 2a Abs. 5 des Vertrages ist vergaberechtswidrig. Auch wenn man die Klausel nicht so verstehen wollte, dass einem Konzernunternehmen Vertretungsmacht für sämtliche Konzernunternehmen zugebilligt wird (was letztlich gegen das Verbot eines Vertrages zulasten Dritter verstoßen würde), so verstößt die Klausel in jedem Fall gegen den Grundsatz, dass unter bestimmten Umständen ein Konzernunternehmen auch ohne andere Konzernunternehmen, ja sogar im Wettbewerb mit anderen Konzernunternehmen, sich an einem Vergabeverfahren beteiligen darf (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. April 2011 – VII-Verg 4/11, VergabeR 2011, 722 = NZBau 2011, 371 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH). Wenn die Antragsgegnerin mit einer derartigen Klausel vermeiden will, dass sich ein Konzernunternehmen den Wirkungen des Rabattvertrages dadurch entziehen kann, dass es den Vertrieb auf ein anderes, nicht vertragsgebundenes Konzernunternehmen verlagert, kann die Antragsgegnerin das nur dadurch erreichen, dass eine Verpflichtung des Auftragnehmers zur Lieferung für die gesamte Vertragslaufzeit in den Vertragstext aufgenommen wird. c) Die Antragsgegnerin hat nachträglich eine EU-Bekanntmachung veranlasst. Dies hat einen entsprechenden Vergaberechtsfehler geheilt. Allerdings sind die Vergabeunterlagen hinsichtlich der Frist nicht an die Bekanntmachung angepasst worden. d) Die vorgesehen unbefristete (wenn auch mit einem Kündigungsrecht versehene) Laufzeit ist mit § 130a Abs. 8 S. 6 SGB V (soll für eine Laufzeit von zwei Jahren 29 abgeschlossen werden) und § 4 Abs. 7 EG-VOL/A (= Art. 32 Abs. 2 UA 4 Richtlinie 2004/18/EG: darf – von Ausnahmefällen abgesehen – vier Jahre nicht überschreiten) nicht vereinbar. e) Die Voraussetzungen für die Nichtannahme eines Angebots in § 2a Abs. 2 S. 2 des Vertrages (wenn das Vertragsziel nicht erreicht wird) ist völlig unbestimmt. Erläuterungen dazu fehlen. Wann dies der Fall sein soll, bleibt daher unklar. Aus der Tatsache, dass die Antragsgegnerin ihre Versicherten möglichst vor einem Medikamentenwechsel bewahren will, könnte man schließen, dass sie von einem Vertragsschluss dann absehen will, wenn keine Angebote hinsichtlich der gängigsten Medikamente eingehen. Die Antragsgegnerin hat im Verhandlungstermin mitgeteilt, sie habe das Vergabeverfahren aufheben wollen, wenn nicht die aus ihrer Sicht notwendige Quote für eine Teilnahme erreicht worden sei. Wann dies jedoch der Fall sein sollte, ist unklar. 16 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.04.2012 – Verg 95/12 (Rahmenvertrags Berufe.TV) Die Antragsgegnerin schrieb mit EU-weiter Bekanntmachung vom 29.7.2011 im offenen Verfahren die Vergabe des „Rahmenvertrags Berufe.TV“ aus, dessen Gegenstand die Produktion von berufskundlichen und anderen Filmen sowie die Bereitstellung der Filme im Internet, für mobile Geräte und zum Abruf in ihren Berufsinformationszentren ist. Im Jahr sollen 40 bis 50 Filme produziert werden. Optional sollen die Entwicklung von neuen Filmformaten und die Weiterentwicklung von Berufe.net erfolgen. Die Vertragslaufzeit soll 72 Monate ab Auftragsvergabe betragen. 2. II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, aber unbegründet. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig und begründet. Hinsichtlich der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags wird auf die zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer verwiesen. Der Nachprüfungsantrag ist schon deshalb begründet, weil die Antragsgegnerin eine zu lange Vertragslaufzeit vorgesehen und diese nicht hinreichend gerechtfertigt hat. Ausweislich II.3) der EU-Bekanntmachung soll die Vertragslaufzeit 72 Monate ab dem Zeitpunkt der Auftragsvergabe betragen. Die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung darf jedoch vier Jahre grundsätzlich nicht überschreiten (siehe: Art. 31 Abs. 2 UA 4 Richtlinie 2004/18/EG, siehe auch: § 4 Abs. 1 S. 4 VOL/A und § 4 Abs. 7 EG VOL/A). Die Regellaufzeit bezweckt, dass das geschlossene System der Rahmenvereinbarung die Auftragsvergabe nur für einen begrenzten Zeitraum dem Wettbewerb entzieht. Die Laufzeitbegrenzung ist daher unauflösbar mit der spezifischen Systematik der Rahmenvereinbarung verknüpft, welche einerseits Effizienzgewinne ermöglicht, andererseits aber wettbewerbsbeschränkend wirkt. Insoweit konkretisiert die Vorschrift den all- 30 gemeinen Wettbewerbsgrundsatz. Soll die Vertragslaufzeit länger als vier Jahre betragen, muss der Auftraggeber diesen eng zu begrenzenden Sonderfall „aufgrund des Gegenstands der Rahmenvereinbarung“ rechtfertigen, wobei der Auftragsgegenstand oder andere besondere Umstände herangezogen werden können. Eine längere Dauer kann beispielsweise durch die Erforderlichkeit erheblicher Aufwendungen bei der Entwicklung des Vertragsgegenstandes gerechtfertigt werden, wenn dem Auftragnehmer mit Rücksicht darauf eine Amortisation zugestanden werden soll (siehe zum Ganzen: BayObLG, Beschluss vom 17.2.2005, Verg 27/04 „integrierte Leitstelle“; Zeise in Kulartz u.a., VOL/A, 2. A., § 4 VOL/A, Rdnr. 29 m.w.N., § 4 EG VOL/A, Rdnr. 57 m.w.N.; Ziekow in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 99 GWB, Rdnr. 23). Obwohl für die Rechtfertigung einer längeren Vertragsdauer prognostische Beurteilungen bedeutsam sein können, ist dem Auftraggeber kein – nur auf die Einhaltung seiner Grenzen – kontrollierbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt, so dass die Rechtfertigung einer längeren als vierjährigen Vertragsdauer im Nachprüfungsverfahren in vollem Umfang überprüft werden kann. Die Überprüfung erfolgt anhand der Gründe, die der Auftraggeber im Vergabevermerk nachvollziehbar zu dokumentieren hat (siehe auch: Erwägungsgrund 11 der Richtlinie 2004/18/EG a.E.). Gemessen daran reicht die schmale Begründung der Antragsgegnerin in der Bedarfsanforderung vom 17.6.2011 und der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nicht aus, um die die vierjährige Regellaufzeit um 50% übersteigende Vertragsdauer zu rechtfertigen. Es ist zwar zutreffend, dass eine längere Vertragsdauer die Fixkosten des Auftragnehmers reduziert und diesem ein wirtschaftlicheres Angebot ermöglicht. Dieser Umstand – der bei jeder Vergabe festzustellen sein dürfte – reicht im Streitfall aber nicht aus, um die Abweichung von der Regellaufzeit und eine daraus folgende Wettbewerbseinschränkung, die möglicherweise zu weniger und höherpreisigen Angeboten führt, zu rechtfertigen. Auch die Begründung, in der Startphase und durch den Auftragnehmerwechsel seien erhebliche Investitionen notwendig, ist letztlich nicht ausreichend und überzeugend. Dies zeigt unter anderem das Angebot der Antragstellerin, die für das so genannte Übergabemanagement lediglich Kosten in Höhe von 20.000 Euro angesetzt hat, die im Verhältnis zur Bruttoauftragssumme vernachlässigenswert niedrig sind. 17 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 – Verg 15/12 (Koordinationsvertrag Patientenversorgung) e) Entgegen der Meinung der Beigeladenen zu 2 ist mit dem am 7.10.2011 angebrachten Nachprüfungsantrag die 30-Tage-Frist des § 101b Abs. 2 Satz 1 GWB gewahrt worden. Danach kann die Unwirksamkeit eines Vertrages nach §101b Abs. 1 GWB nur festgestellt werden, wenn sie im Nachprüfungsverfahren innerhalb von 30 Kalendertagen ab Kenntnis des Verstoßes, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss geltend gemacht worden ist. Es kann dahinstehen, ob diese Bestimmung auch dann anzuwenden ist, wenn von der Vergabenachprüfungsinstanz – wie hier – lediglich auf Unterlassung der Ausfüh- 31 rung des Vertrags erkannt worden ist. Denn jedenfalls hat die Antragstellerin den Antrag gestellt, den zwischen den Beigeladenen geschlossenen Rahmenvertrag für unwirksam zu erklären, und ist die genannte Frist eingehalten worden. Art. 2f Abs. 1 Buchst. a Richtlinie 2007/66/EG gebietet richtlinienkonform eine einschränkende Auslegung des § 101b Abs. 2 Satz 1 GWB dahin, dass die Kenntnis des Antragstellers von dem als vergaberechtswidrig beanstandeten Vertragsschluss auf einer Information des Auftraggebers beruhen muss, mithin auf einer Auftragsbekanntgabe im Sinne des § 101b Abs. 2 Satz 2 GWB (nach näherer Maßgabe der Richtlinienvorschrift) oder auf einer Information nach § 101 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GWB (vgl. auch bereits OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.8.2011 – VII-Verg 33/11, BA 9). Eine Kenntniserlangung aufgrund eigener Recherchen des Antragstellers oder ihm von dritter Seite bei irgendeiner Gelegenheit zugetragener Informationen genügt nicht. Die Bemerkungen der Beigeladenen zu 2 hinsichtlich teilweiser „Lebensfremdheit“ der Richtlinienbestimmung des Art. 2f Abs. 1 lassen unberücksichtigt, dass die Mitgliedstaaten, sofern sie von der ihnen durch Art. 2f Abs. 1 Richtlinie 2007/66 eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen, die Nachprüfung mit der Einhaltung einer Frist durch den Antragsteller zu verknüpfen, an die dafür in der Richtlinie festgelegten Modalitäten gebunden sind. Im Streitfall hat die Antragstellerin aufgrund keiner der in Art. 2f Abs. 1 Buchst. a Richtlinie 2007/66 vorgesehenen Tatbestandsvarianten von dem als rechtswidrig beanstandeten Vertragsschluss erfahren, sondern durch anderweite Ermittlungen, deren Ausgangspunkt und Ergebnis dahinstehen können. 2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet. a) Infolge des Rahmenvertrags mit der Beigeladenen zu 2 und des Kooperationsvertrags vom 11./13.7.2011 – jeweils Verträgen mit einem Hersteller von Medizinprodukten (§ 140b Abs. 1 Nr. 9 SGB V) – sind im Rahmen der integrierten Versorgung von an Diabetes leidenden Versicherten der Antragsgegnerin (§ 140a SGB V) Bezugsverträge, nämlich öffentliche Lieferaufträge am Wettbewerb vorbei an die Beigeladene zu 2 vergeben worden. Ein geregeltes Vergabeverfahren hat – wie außer Streit steht – nicht stattgefunden. Darin liegt der Rechtsverstoß. Dadurch sind betragsmäßig erhebliche und den Auftragsschwellenwert übersteigende Aufträge auf lange Zeit dem Wettbewerb entzogen worden. Solche Praktiken sind geeignet, die Marktverhältnisse zu monopolisieren. Sie widersprechen dem Wettbewerbsprinzip des § 97 Abs. 1 GWB und des europäischen Rechts. Durch den Abschluss des IV-Vertrags mit der Beigeladenen zu 1 (dieses Handeln ist, weil nicht angegriffen, hier nicht zu erörtern) hat sich die Antragsgegnerin der sie bei den Folgeverträgen nach § 140b Abs. 1 SGB V grundsätzlich treffenden Ausschreibungspflicht entledigt. Darauf, ob sie auf den Inhalt der Kooperation mit der Beigelade- 32 nen zu 2 irgendeinen Einfluss genommen hat, kommt es für die Entscheidung nicht an. Mit dem IV-Vertrag hat die Antragsgegnerin zugelassen, dass die Beigeladene zu 1 die Folgeverträge, so auch die Rahmenvereinbarung mit der Beigeladenen zu 2, ohne eine vergaberechtliche Bindung vergeben kann. In der Ausnutzung der dazu gegebenen Möglichkeit liegt eine Umgehung des Vergaberechts. Darin liegt der Kern der vergaberechtlich zu treffenden Beanstandung: Denn entweder hatte die Antragsgegnerin Folgeverträge nach § 140b Abs. 1 SGB V als öffentlicher Auftraggeber in einem geregelten Vergabeverfahren selbst auszuschreiben. Oder sie hatte die Beigeladene zu 1 – sofern der mit ihr abgeschlossene Managementvertrag nicht schon seinerseits einer vorherigen Ausschreibung bedurfte, was freilich, weil dies nicht angegriffen ist, auf sich beruhen kann – jedenfalls zu verpflichten, die Auftragnehmer von Folgeverträgen, so auch eine Belieferung mit Blutzuckermessgeräten und Teststreifen betreffend, in einem geregelten Vergabeverfahren auszuwählen. Keinesfalls aber kann sich die gesetzliche Krankenkasse eines Managementvertrags bedienen, um ihren Beschaffungsbedarf zu decken und sich dabei eigenen Ausschreibungspflichten zu entziehen. Der Senat verkennt nicht die Aufgabenstellung, denen der Rahmen- und Kooperationsvertrag mit der Beigeladenen zu 2 unterlag. Es sollte bei der ohnehin gegebenen Komplexität der Versorgung von Diabetes-Patienten durch Schaffen und Bereitstellen eines einheitlichen Datenformats (in Form eines bestimmten Blutzuckermessgeräts) die Versorgung der Versicherten auf eine allen Beteiligten zugängliche und von ihnen verwertbare Datengrundlage umgestellt und zugleich sollten dadurch in diesem Bereich Kosteneinsparungen ermöglicht werden. Diese Intention ist wegen der Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers hinsichtlich des Beschaffungsgegenstands nicht zu kritisieren. Doch ist sie nicht vergaberechtskonform umgesetzt worden. Im Einklang mit dem Vergaberecht hätte die Antragsgegnerin (oder die Beigeladene zu 1) im Hinblick auf ein einheitliches Datenformat von Blutzuckermessgeräten entweder bestimmte technische Spezifikationen, was eher problematisch ist, vorgeben können (§ 8 Abs. 7 VOL/A-EG, Art 23 Abs. 8 Richtlinie 2004/18/EG). Oder sie hätte mit den ohnedies nur sehr wenigen Herstellern/Vertreibern von Blutzuckermessgeräten nach vorherigem Teilnahmewettbewerb zur Vereinheitlichung der Datengrundlagen ein Verhandlungsverfahren durchführen können (§ 3 Abs. 3 Buchst. b oder c VOL/A-EG). Das erklärte Ziel, Vereinfachungen und Kosteneinsparungen zu erreichen, musste bei einer vergaberechtskonformen Auftragsvergabe keineswegs aufgegeben werden. 18 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.11.2012 – 15 Verg 9/12 (Rahmenvereinbarung bildgebenden Geräten) Die Vergabekammer hat mit Beschluss vom 12.07.2012 dem Nachprüfungsantrag stattgegeben, und das Vergabeverfahren aufgehoben. Das Vergabenachprüfungsverfahren sei statthaft. Zwar sei die Antragsgegnerin nicht selbst öffentlicher Auf- 33 traggeber im Sinne von § 98 Nr. 1 bis 6 GWB, da sie als juristische Person des Privatrechts weder von ihren ca. 700 Vertragshäusern (Kliniken, Altenheime, Wohn- und Pflegeheimen, ambulante Pflegedienste, etc.) finanziert, noch in irgendeiner Form beeinflusst oder beherrscht werde, sondern vielmehr als unabhängiger Dienstleister diese Einrichtungen bei deren Beschaffungsvorhaben unterstütze. Allerdings handele sie jedenfalls auch als Stellvertreterin von zahlreichen Vertragshäusern mit öffentlicher Auftraggebereigenschaft im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB. Die Stellvertretereigenschaft ergebe sich nicht schon aus der öffentlichen Bekanntmachung der Ausschreibung, jedoch aus der Art der Durchführung. So sei es das Vertragsverständnis sowohl von Bietern als auch von der Antragsgegnerin gewesen, dass diese (die Antragsgegnerin) bei der Ausschreibung als Vertreter der jeweiligen Auftragsgeber handele. Vertragspartner der ausgeschriebenen Rahmenvereinbarung sollten die jeweiligen Bieter, welche den Zuschlag erhalten, auf der einen Seite, auf der anderen Seite die Vertragshäuser der Antragsgegnerin werden. Aufgrund dessen seien die Vergabevorschriften des 4. Teils des GWB anwendbar. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. A. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. 1. Der Anwendungsbereich des § 97 ff. GWB ist eröffnet. Zwar handelt es sich bei der Antragsgegnerin nicht um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 1 GWB. Allerdings ergibt sich aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin und den hierzu vorgelegten Unterlagen, dass sie das Vergabeverfahren im Namen ihrer Vertragshäuser führt, zu denen eine Vielzahl öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB zählen. B. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Antragstellerin ist in ihren Rechten auf einen fairen Wettbewerb und ein transparentes Verfahren gemäß § 97 Abs. 1 GWB sowie auf Gleichbehandlung gemäß § 97 Abs. 2 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 EG-VOL/A verletzt. 1. Die von der Antragsgegnerin gewählte Verfahrensgestaltung ist vergaberechtlich schon deshalb unzulässig, weil ein für die Rahmenvereinbarung ausreichend bestimmter Beschaffungsbedarf der Antragsgegnerin fehlt. Nach § 4 EG-VOL/A sind Rahmenvereinbarungen Aufträge, die ein oder mehrere Auftraggeber an ein oder mehrere Unternehmen vergeben können, um die Bedingungen für die Einzelaufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere über den in Aussicht genom- 34 menen Preis. Hintergrund ist die Bündelung von Einzelaufträgen in einem einzigen Vergabeverfahren. Um dies zu erreichen, muss die Durchführung eines Vergabeverfahrens zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung bis zur Zuschlagserteilung auf die Einzelaufträge nach den allgemeinen Regeln des Vergaberechts (Zeiss in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, 2. Auflage, Kommentar zur VOL/A, § 4 EG-VOL/A, Rn. 31; Poschmann in Müller-Wrede, Kommentar zu VOL/A, 3. Auflage, § 4 EGVOL/A, Rn. 52) erfolgen. Hierbei ist das in Aussicht genommene Auftragsvolumen so genau wie möglich zu ermitteln und bekannt zu geben, braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden (Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a.a.O., § 4 EG-VOL/A, Rn. 9). Insoweit ist das Verfahren bei Abschluss von Rahmenvereinbarung flexibler, allerdings muss der Vertragsgegenstand bereits so genau festgelegt werden, dass er ohne wesentliche Änderung als Grundlage für den Abruf der Einzelaufträge dienen kann. Hierbei ist grundsätzlich auch die von der Antragsgegnerin gewählte Fallgestaltung, keine Abnahmeverpflichtung einzugehen, sondern einseitig dem Auftraggeber eine Option einzuräumen, die er abrufen kann oder nicht, zulässig. (Zeiss in Kulartz/Marx/ Portz/Prieß, a.a.O., § 4 EG-VOL/A, Rn. 11). Allerdings hat die Antragsgegnerin keinen auch nur im Ansatz konkretisierten Beschaffungsbedarf bestimmt. Insoweit hat die Antragsgegnerin nämlich vorgetragen, der konkrete Investitionsbedarf der einzelnen Kliniken entstünde jeweils sehr kurzfristig und würde von deren jeweiligem situations- und budgetbezogenem Beschaffungsbedarf abhängen. Eine konkrete Definition der zu beschaffenden Leistung war schon nach dem eigenem Vorbringen der Antragsgegnerin damit nahezu unmöglich. Damit verbleibt als alleinige Zielsetzung, die Ermittlung eines Preises für die ausgeschriebenen Produkte. Dies ist jedoch für den Abschluss einer Rahmenvereinbarung nicht ausreichend, da der Ausschreibung kein konkreter, wenn auch noch in einzelnen Punkten offener Beschaffungsbedarf zugrunde lag, sondern vielmehr allgemeine Marktüberlegungen. 2. Darüber hinaus verstößt die Ausschreibung von Produkten der Firma Siemens gegen § 8 Abs. 7 EG-VOL/A. Die Verpflichtung des Auftraggebers zur sogenannten produktneutralen Ausschreibung ist Ausfluss des Wettbewerbsgrundsatzes; es sollen möglichst viele Bieter ihre Erzeugnisse anbieten können (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.6.2012 VII Verg 7/1; Beschluss vom 1.8.2012 VII Verg 10/12 -jeweils nach juris). Des Weiteren dient diese Verpflichtung der Durchsetzung der Warenverkehrsfreiheit (EuGH, Urteil vom 10.5.2012 – C-368/10; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.6.2012, a.a.O.). Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, eine Beschränkung des Wettbewerbs durch eine Festlegung im Vorfeld zu verhindern, weil damit der Zugang zum Vergabeverfahren und die Chancengleichheit der Bieter im Vergabeverfahren von vornherein empfindlich beeinträchtigt wäre. 35 § 8 Abs. 7 EG-VOL/A zielt darauf ab, den Marktzugang für alle Bieter offen zu halten und vor Beschränkungen des Wettbewerbs durch zu enge, auf bestimmte Produkte oder Bieter zugeschnittene Leistungsbeschreibungen zu schützen (Prieß in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a.a.O., § 8 EGVOL/A, Rn. 108). Zwar obliegt dem Auftraggeber die Bestimmung des Auftragsgegenstandes. Über die an die zu beschaffenden Gegenstände zu stellenden technischen und ästhetischen Anforderungen bestimmt der Auftraggeber, allerdings muss diese Anforderung objektiv auftrags- und sachbezogen sein (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2012, a.a.O.; Vergabekammer Bund, Beschluss vom 01.03.2012, VK 2 5/12 -nach juris, Rn. 96). Die insoweit von der Antragsgegnerin vorgebrachten Gründe rechtfertigen vorliegend die Ausschreibung von Produkten der Firma Siemens nicht. Es mag zwar sein, dass einzelne Vertragskliniken der Antragsgegnerin im Einzelfall Begründungselemente vorbringen können, die in den Anwendungsbereich von § 8 Abs. 7 Satz 1 EG-VOL/A fallen. Im Hinblick darauf, dass die Rahmenvereinbarung jedoch gebündelt für sämtliche Vertragspartner der Antragsgegnerin ausgeschrieben wurde, trifft dies in dieser Allgemeinheit jedoch keinesfalls zu. Keinesfalls ist der vorliegende Sachverhalt mit demjenigen vergleichbar, der der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Beschluss vom 27.06.2012 (a.a.O.; Vorinstanz: Vergabekammer Bund, Entscheidung vom 01.03.2012, a.a.O.) zu Grunde lag. Im dortigen Fall ging es um die Beschaffung von Impfstoff in Fertigspritzen, bei der ein konkreter Beschaffungsbedarf definiert und durch die Notwendigkeit der technischen Anforderungen begründet sowie durch einen ausreichenden Vergabevermerks dokumentiert war, ohne dass hierdurch andere Wirtschaftsteilnehmer diskriminiert wurden. Vorliegend fehlt es, wie bereits ausgeführt, bereits an einem konkret definierten Beschaffungsbedarf. Im Hinblick darauf kann auch offen bleiben, ob etwa die Bündelung von Beschaffungsnotwendigkeiten verschiedener Vertragspartner der Antragsgegnerin und die Aufteilung in entsprechende Lose unter Zuordnung jeweils eines Loses zu einem bestimmten Hersteller sowie eines weiteren Loses in Form produktneutraler Ausschreibung vergaberechtlich zulässig wäre. Unbehelflich ist auch der Einwand der Antragsgegnerin, der Abschluss der Einzelverträge in der zweiten Stufe stehe unter dem Vorbehalt, dass die Einzelabschlüsse nur von denjenigen Vertragspartnern vorgenommen werden können, die die entsprechenden Vorgaben nach § 8 Abs. 7 Satz 1 EG-VOL/A erfüllten. Denn die Wettbewerbsbeschränkung liegt bereits darin, dass sich Bieter, die nicht Produkte der Firma Siemens anbieten, an dem Verfahren nicht beteiligen können, obwohl die Voraussetzungen hierfür gar nicht für alle Vertragspartner der Antragsgegnerin und damit Auftraggeber vorliegen. Ob dann die Einzelverträge entsprechend den Vergabebestimmungen abgeschlossen werden, ist für diese dann aber nicht überprüfbar. 36 19 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.02.2013 – Verg 44/12 (Kopierer und Multifunktionsgeräte) 1. Zu Unrecht greift die Antragstellerin die Ausschreibung als intransparent an. Die Leistungsbeschreibung für die Auftragsvergabe ist hinreichend bestimmt. Insbesondere bedurfte es über die gemachten Mitteilungen hinaus keiner weitergehenden Bekanntgabe von Verbrauchszahlen aus der Vergangenheit. Aus diesem Grunde erschöpft sich der von der Antragstellerin wiederholt geäußerte Verdacht, der bisherige Auftragnehmer werde durch sein Wissen aus der vergangenen Auftragsdurchführung unter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz bevorzugt, in bloßen Vermutungen. Ist Auftragsgegenstand – wie hier – ein Rahmenvertrag, gelten die Gebote der Bestimmtheit, Eindeutigkeit und Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung nur eingeschränkt. Nach § 4 Abs. 1 EG VOL/A ist der in Aussicht genommene Vertragsumfang lediglich so genau wie möglich zu ermitteln und bekannt zu geben; er braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.04.2012 – VIIVerg 93/11 – juris Tz. 20). Angeboten bei Rahmenvereinbarungen wohnen – in der Natur der Sache liegend und abhängig vom in der Regel ungeklärten und nicht abschließend klärbaren Auftragsvolumen – erhebliche Kalkulationsrisiken inne, die typischerweise vom Bieter zu tragen sind. 7. Bereichsausnahmen (§§ 100, 100a, 100b GWB) 20 VK Bund, Beschluss vom 04.05.2012 – VK 3-30/12 (Wartungsdienstleistungen) 2. In rechtlicher Hinsicht ist Hauptstreitpunkt des Verfahrens die Frage, ob die Voraussetzungen von § 100 Abs. 8 Nr. 4 GWB vorliegen. Greift dieser Ausnahmetatbestand, so wäre das Nachprüfungsverfahren nicht statthaft, da der gesamte Vierte Teil des GWB einschließlich des dort geregelten Nachprüfungsverfahrens dann keine Anwendung fände. Zwar bezieht sich die genannte Bestimmung ausdrücklich auf nicht verteidigungs- oder sicherheitsrelevante Aufträge, so dass die hier in Rede stehende zivile Nutzung der zu beschaffenden Dienstleistung grundsätzlich in den Anwendungsbereich dieser Ausnahme fällt. Es erscheint allerdings nach derzeitiger Einschätzung der Vergabekammer durchaus als fraglich, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm wirklich erfüllt sind. Die Ag beruft sich hier auf das „...“, also das ..., als „internationales Abkommen“ im Sinne von § 100 Abs. 8 Nr. 4 GWB. Auch wenn man das ... als Abkommen in diesem Sinne akzeptieren würde – was aufgrund des militärischen Charakters 37 des Abkommens bereits fraglich ist – so ist jedenfalls bislang kein „gemeinsam zu verwirklichendes und zu tragendes Projekt“ der ...- Unterzeichnerstaaten erkennbar. Zwar hat die Ag in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar den Bedarf nach einer Kompatibilität von Hubschraubersystemen verschiedener ... dargelegt, da es durchaus gemeinsame Einsätze von ... Dies mag es in der Sache als sinnvoll erscheinen lassen, dass eine zentrale Stelle die Beschaffungen durchführt und so ein gewisses Maß an Vereinheitlichung sichergestellt werden kann. Der Ausnahmetatbestand greift aber nur dann, wenn die Unterzeichnerstaaten ein „gemeinsam zu verwirklichendes und zu tragendes Projekt“ durchführen. Ein gemeinsames Projekt der ... – Unterzeichnerstaaten unter Einsatz der ... – mag es in der Zukunft vielleicht irgendwann einmal geben; wollte man aber auf die abstrakte Möglichkeit eines Projekts abstellen, so käme dies einer erweiternden Anwendung von § 100 Abs. 8 Nr. 4 GWB gleich. Aufgrund des Ausnahmecharakters der Norm verbietet sich aber eine extensive Auslegung. Würde man dagegen auf das gesamte ... und die in diesem Zusammenhang vorhandenen internationalen Abkommen abstellen, so müsste dem ... seinerseits Projektcharakter zukommen, damit die Ausnahmevoraussetzungen greifen. Dies erscheint fraglich, da die Wartung, Pflege und Unterhaltung von Hubschraubersystemen eher als notwendige Folge der Nutzung von Hubschraubern und damit als nicht disponibel anzusehen ist; ein „Projekt“ im Sinne eines Vorhabens, zu dem man sich entschließt, dürfte hierin nicht liegen. 21 EuGH, Urteil vom 07.06.2012 – Rs. C-615/10 (Insinööritoimisto InsTiimi Oy) Art. 10 Richtlinie 2004/18/EG in Verbindung mit Art. 296 Abs. 1 Buchst. b EG ist dahin auszulegen, dass er einen Mitgliedstaat nur dann ermächtigt, einen öffentlichen Auftrag, den ein öffentlicher Auftraggeber im Verteidigungsbereich für die Beschaffung eines Gegenstands vergibt, der zwar eigens für militärische Zwecke verwendet werden soll, aber auch weitgehend gleichartige zivile Möglichkeiten der Nutzanwendung bietet, von den in der genannten Richtlinie vorgesehenen Verfahren auszunehmen, wenn dieser Gegenstand aufgrund seiner Eigenschaften – auch infolge substanzieller Veränderungen – als speziell für militärische Zwecke konzipiert und entwickelt angesehen werden kann; dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts. 2. Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 10 der Richtlinie 2004/18 in Verbindung mit Art. 296 Abs. 1 Buchst. b EG dahin auszulegen ist, dass er einen Mitgliedstaat ermächtigt, einen öffentlichen Auftrag, den ein öffentlicher Auftraggeber im Verteidigungsbereich für die Beschaffung eines Gegenstands vergibt, 38 der zwar eigens für militärische Zwecke verwendet werden soll, aber auch weitgehend gleichartige zivile Möglichkeiten der Nutzanwendung bietet, von den in der genannten Richtlinie vorgesehenen Verfahren auszunehmen. Aus Art. 10 der Richtlinie 2004/18 in Verbindung mit Art. 296 Abs. 1 Buchst. b EG ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten bei der Vergabe von Aufträgen im Verteidigungsbereich Maßnahmen ergreifen können, die von der erwähnten Richtlinie abweichen, soweit es um „den Handel“ mit „Waffen, Munition und Kriegsmaterial“ geht und diese Maßnahmen für die „Wahrung [der] wesentlichen Sicherheitsinteressen“ des betreffenden Mitgliedstaats erforderlich scheinen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmungen, wie es nach ständiger Rechtsprechung bei den Abweichungen von den Grundfreiheiten der Fall ist, eng auszulegen sind (vgl. u. a. in Bezug auf die in Art. 296 EG vorgesehenen Abweichungen Urteil vom 15. Dezember 2009, Kommission/Finnland, C-284/05, Slg. 2009, I-11705, Randnr. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). Abs. 1 Buchst. b dieses Artikels spricht zwar von Maßnahmen, die ein Mitgliedstaat als für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich ansieht, doch kann er nicht als Ermächtigung der Mitgliedstaaten ausgelegt werden, durch bloße Berufung auf diese Interessen von den Bestimmungen des EG-Vertrags abzuweichen (Urteil Kommission/Finnland, Randnr. 47). Die in der Liste des Rates vom 15. April 1958, auf die Art. 296 Abs. 2 EG ausdrücklich verweist, aufgeführten Arten von Produkten fallen grundsätzlich unter die in Abs. 1 Buchst. b dieses Artikels vorgesehene Ausnahmemöglichkeit. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob ein Produkt wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Drehtischanlage einer der Kategorien dieser Liste zugeordnet werden kann. Art. 296 Abs. 1 Buchst. b EG stellt allerdings klar, dass die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten demnach ergreifen dürfen, die Wettbewerbsbedingungen auf dem Gemeinsamen Markt hinsichtlich der nicht eigens für militärische Zwecke bestimmten Waren nicht beeinträchtigen dürfen. Folglich kann sich zum einen ein öffentlicher Auftraggeber nicht auf Art. 296 Abs. 1 Buchst. b EG berufen, um eine abweichende Maßnahme bei der Beschaffung eines Gegenstands zu rechtfertigen, der auf jeden Fall für zivile Zwecke gedacht ist und gegebenenfalls militärischen Zwecken dienen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. April 2008, Kommission/Italien, C-337/05, Slg. 2008, I-2173, Randnrn. 48 und 49). Zum anderen kann, auch wenn ein Produkt unter eine der in der Liste des Rates vom 15. April 1958 aufgeführten Kategorien von Materialien fallen sollte, diesem Produkt, sofern es weitgehend gleichartige technische Nutzanwendungen für zivile Zwecke gibt, 39 nur dann eine spezifisch militärische Zweckbestimmung im Sinne von Art. 296 EG zuerkannt werden, wenn es sich nicht nur um die vom öffentlichen Auftraggeber für das Produkt vorgesehene Verwendung handelt, sondern auch, wie die Generalanwältin in Nr. 48 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, um die Verwendung, die sich aus den Eigenschaften eines speziell zu solchen Zwecken konzipierten, entwickelten oder substanziell veränderten Ausrüstungsgegenstands ergibt. Insoweit ist nämlich festzustellen, dass aus den Worten „für militärische Zwecke“ in Nr. 11 dieser Liste sowie den Worten „soweit sie einen militärischen Charakter haben“ und „ausschließlich für ... entwickelte“ in den Nrn. 14 und 15 der Liste hervorgeht, dass die dort genannten Produkte objektiv einen spezifisch militärischen Charakter aufweisen müssen. 22 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 – Verg 10/12 (SatWaS) II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Nachprüfungsantrag ist von der Vergabekammer im Ergebnis zu Recht abgelehnt worden. 1. Der Nachprüfungsantrag ist allerdings statthaft und zulässig. bb) Ein Beschaffungsfall nach § 100 Abs. 2 Buchst. d GWB a. F., Unterbuchst. bb (besondere Sicherheitsmaßnahmen) oder cc (wesentliche Sicherheitsinteressen bei der Beschaffung von Informationstechnik oder Telekommunikationsanlagen) ist zu verneinen. Dabei handelt es sich im System des EU-Vergaberechts, aber auch des nationalen Rechts, und bei dem danach zu gewährleistenden Rechtsschutz für die am Auftrag interessierten Wirtschaftsteilnehmer um Ausnahmebestimmungen, die ihrer Rechtsnatur nach eng auszulegen sind. Daraus hat die Rechtsprechung jedenfalls in Bezug auf die Ausnahmetatbestände nach Unterbuchst. bb bis cc von § 100 Abs. 2 Buchst. d GWB a. F. das Erfordernis einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (Prüfung der Erforderlichkeit und Interessenabwägung) entnommen, wonach der öffentliche Auftraggeber vorher abzuwägen hat, ob den schutzwürdigen Sicherheitsbelangen – unter Aufrechterhaltung der Rechtsschutzmöglichkeiten der am Auftrag interessierten Wirtschaftsteilnehmer – nicht auch durch eine spezifische Gestaltung der Ausschreibungsbedingungen, insbesondere durch bestimmte Mindestanforderungen an die Eignung von Bewerbern oder Bietern, entsprochen werden kann. Das Verhältnismäßigkeitsgebot ist daraus abzuleiten, dass Ausnahmen von der durch die EU-Vergaberichtlinien (hier die Richtlinie 2004/18/EG) angestrebten erweiterten Zugänglichkeit des öffentlichen Beschaffungswesens für den Wettbewerb und von dem durch die Rechtsmittelrichtlinien garantierten Rechtsschutz nur in dem Umfang zu tolerie- 40 ren sind, wie durch Sicherheitsbelange Einschränkungen tatsächlich erforderlich sind. Anderenfalls würden die Verbindlichkeit und die effektive Durchsetzung des Unionsrechts (der „effet utile“) beeinträchtigt werden. Dem Erfordernis einer Verhältnismäßigkeitsprüfung hat der nationale Gesetzgeber durch den Wortlaut der Ausnahmebestimmungen nach § 100 Abs. 2 Buchst. d GWB Rechnung getragen („erfordert“, „gebieten“; vgl. im Übrigen zur Rspr.: EuGH, Urt. v. 7.6.2012 – C-615/10, InsTiimi, Rn. 45; Urt. v. 8.4.2008 – C-337/05, NZBau 2008, 401, Agusta-Hubschrauber, Rn. 2, 53; Urt. v. 2.10.2008 – C- 157/06, NZBau 2008, 401, Polizei- und Feuerwehrhubschrauber, Rn. 30, 31; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.2003 – Verg 61/02, VergabeR 2004, 371, Afghanistan-Flüge; Beschl. v. 30.3.2005 – VII-Verg 101/04, BND-Neubau; Beschl. v. 10.9.2009 – VII-Verg 12/09, VergabeR 2010, 83; Beschl. v. 12.7.2010 – VII-Verg 27/10, NZBau 2010, 778, Handgepäckkontrollanlagen; OLG Dresden, Beschl. v. 18.9.2009 – WVerg 3/09, VergabeR 2010, 90, BOS-Digitalfunk; OLG Celle, Beschl. v. 3.12.2009 – 13 Verg 14/09, VergabeR 2010, 230, Großleitstelle). Die Annahme eines Ausnahmefalls nach § 100 Abs. 2 Buchst. d GWB a. F., Unterbuchst. bb (besondere Sicherheitsmaßnahmen) oder cc (wesentliche Sicherheitsinteressen bei der Beschaffung von Informationstechnik oder Telekommunikationsanlagen) ist im Streitfall unverhältnismäßig. Sicherheitsbelangen hätte durch eine entsprechende Ausgestaltung der Vergabebedingungen (insbesondere bei Mindestanforderungen an die Eignung von Bewerbern/Bietern) genügt werden können. Aus diesem von ihr geteilten Grund hat die Vergabestelle erklärtermaßen davon abgesehen, sich auf eine Ausnahme nach § 100 Abs. 2 Buchst. d GWB zu berufen. Die gegenteiligen Ausführungen der Beigeladenen hat der Senat geprüft. Sie gehen an der Sache vorbei. 8. Ausschließliche Rechte/Inhouse – Vergabe/interkommunale Zusammenarbeit 23 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.11.2012 – Verg 69/11 (Klärschlamm) a) Die Ausnahmevorschrift des § 100 Abs. 2 Buchst. g) GWB (in seiner bis zum 13. Dezember 2011 geltenden Fassung) findet keine Anwendung. Der Kreis B... bzw. die Beigeladene haben kein auf Gesetz beruhendes ausschließliches Recht zur Erbringung der Leistung. Insbesondere besteht keine Pflicht der Antragsgegnerin als Abfallerzeugerin und -besitzerin, den Klärschlamm gemäß § 13 KrW-/AbfG (nunmehr § 17 Abs. 1 KrWG) dem Kreis B... als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger zu überlassen. Eine derartige Überlassungspflicht bestünde – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen – nur, wenn der Klärschlamm als Abfall zur Beseitigung im Sinne des Abs. 1 Satz 2 der 41 Vorschrift einzuordnen wäre. Dies ist, auch unter Zugrundelegung des Sachvortrags der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Antragsgegnerin, nicht der Fall. aa) Die Vergabenachprüfungsinstanzen sind nicht gehindert, die abfallrechtliche Einordnung des Klärschlamms als Abfall zur Beseitigung (mit der Folge einer Überlassungspflicht an den Kreis B... und einer Unanwendbarkeit des vierten Teils des GWB) oder als Abfall zur Verwertung (mit der Folge einer Ausschreibungspflicht für den Entsorgungsauftrag) vorzunehmen. Zwar sind Verletzungen außervergaberechtliche Normen im Vergabenachprüfungsverfahren grundsätzlich nicht zu überprüfen (vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 01.04.2011, 15 Verg 1/11). Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens können nur solche Beanstandungen sein, mit denen behauptet wird, der öffentliche Auftraggeber habe „in einem Vergabeverfahren“ (§ 104 Abs. 2 Satz 1 GWB) gegen „Bestimmungen über das Vergabeverfahren“ (§ 104 Abs. 2 Satz 1 GWB) verstoßen und den Antragsteller „durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften“ in seinen Rechten verletzt (§ 107 Abs. 2 Satz 1 GWB). So führt der Umstand, dass die „Abstimmungsvereinbarung“ hinsichtlich der Vereinbarung und Abrechnung eines privatrechtlichen Entgelts unmittelbar zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen möglicherweise zu beanstanden ist und nur der Kreis B... Gebühren von der Antragsgegnerin erheben dürfte (vgl. Senatsbeschluss v. 19.10.2011, VII Verg 51/11), nicht zu einer Zulässigkeit des Verfahrens vor den Vergabenachprüfungsinstanzen. Indes können außervergaberechtliche Vorschriften bei Vorliegen einer vergaberechtlichen Anknüpfungsnorm im Nachprüfungsverfahren entscheidungsrelevant werden. Im Streitfall ist entscheidend, ob die Ausnahmevorschrift des § 100 Abs. 2 Buchst. g) GWB a.F. greift, weil der Kreis B... bzw. die Beigeladene ein auf Gesetz – nämlich auf der abfallrechtlichen Vorschrift des § 13 KrW-/AbfG – beruhendes ausschließliches Recht zur Klärschlammentsorgung hat und aus diesem Grund der vierte Teil des GWB keine Anwendung findet, oder ob der Auftrag auszuschreiben gewesen wäre. Dass diese Prüfung den Vergabenachprüfungsinstanzen nicht verwehrt sein kann, liegt auf der Hand. Aus der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 1. April 2011 (15 Verg 1/11) ergibt sich nichts anderes; ebenso wenig ist eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 124 Abs. 2 GWB veranlasst. Eine Divergenz ist nur anzunehmen, wenn das mit der Beschwerdeentscheidung befasste Oberlandesgericht der tragenden Begründung seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt (vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 18.02.2003, X ZB 43/02, VergabeR 2003, 313, 314; BGH, Beschl. v. 18.05.2004, X ZB 7/04, VergabeR 2004, 473, 475; jeweils m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall. 42 Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit der Begründung, Bestimmungen aus dem Bereich der Abfallwirtschaft zählten nicht zu den Vergabevorschriften, die Antragsbefugnis einer Antragstellerin verneint, die sich darauf berufen hat, dass die Vergabestelle durch einen Hinweis in den Ausschreibungsunterlagen auf die sog. Autarkieverordnung des Landes Baden-Württemberg deutlich gemacht habe, dass diese Verordnung zur rechtsverbindlichen Vorgabe für das Vergabeverfahren gemacht werde; der Abfallwirtschaftsplanung komme keine drittschützende und damit auch keine bieterschützende Wirkung zu, vielmehr dienten die Vorschriften des Abfallrechts den Interessen der Allgemeinheit, so dass der einzelne Bieter sich nicht hierauf berufen könne. Im Streitfall hingegen geht es nicht primär um die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Klärschlamm nicht (selbst) zu verwerten. Zur Nachprüfung stellt die Antragstellerin vielmehr den Umstand, dass die Antragsgegnerin den der Beigeladenen erteilten Auftrag zur Entsorgung des Klärschlamms nicht ausgeschrieben hat. Abfallrechtliche Bestimmungen sind mithin im Rahmen der Frage zu prüfen, ob diese Vorgehensweise der Antragsgegnerin ausnahmsweise gemäß § 100 Abs. 2 Buchst. g) GWB a.F. zulässig war, weil – so ihre Rechtsauffassung – der Kreis B... bzw. die Beigeladene ein auf Gesetz – § 13 KrW-/AbfG – beruhendes ausschließliches Recht zur Erbringung der Leistung habe. bb) Die Abgrenzung, ob es sich bei dem Klärschlamm um Abfall zur Verwertung oder Abfall zur Beseitigung handelt, hat nach objektiven Kriterien zu erfolgen. Die Entscheidung der Antragsgegnerin, keine Verwertung vorzunehmen, sondern die Prüfung, ob eine Verwertung möglich ist, dem Kreis B... bzw. der Beigeladenen zu überlassen, ist vergaberechtlich unerheblich. § 100 Abs. 2 Buchst. g) GWB a.F. nimmt in Übereinstimmung mit Art. 18 der Richtlinie 2004/18/EG nur tatsächlich bestehende, nicht lediglich vermeintliche „Monopol“-Rechte von der Anwendung des Vergaberechts aus. Gleiches gilt, sollten beide Vertragsparteien bei Abschluss der „Abstimmungsvereinbarung“ von einer gesetzlichen Überlassungspflicht ausgegangen sein. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das vermeintliche Monopol des Kreises hoheitlich durchgesetzt werden könnte. Dies hat weder Einfluss auf die Einordnung des Abfalls als Abfall zur Verwertung oder Abfall zur Beseitigung noch auf die Zuständigkeit der Vergabenachprüfungsinstanzen; anderenfalls bestünde eine Rechtsschutzlücke. Bei einem Handeln des Kreises B... durch Verwaltungsakt hätte die Antragstellerin die Verwaltungsgerichte anrufen können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.10.2007, 7 B 34/07). Hier indes handelt es sich um eine konsensuale Lösung, zudem noch auf privatrechtlicher Ebene. Zur Prüfung, ob hierauf das Vergaberecht anwendbar ist und ggf. die Bestimmungen über das Vergaberecht verletzt sind, sind die Vergabenachprüfungsinstanzen zuständig. b) Die Anwendung des Vergaberechts ist des Weiteren nicht unter dem Gesichtspunkt einer In-house-Vergabe ausgeschlossen. Es fehlt bereits an der Voraus- 43 setzung einer Kontrolle des öffentlichen Auftraggebers (allein oder mit anderen Stellen der öffentlichen Hand) über den Auftragnehmer. Die Beigeladene wird nicht von der Antragsgegnerin, sondern ausschließlich vom Kreis B... beherrscht (vgl. für eine ähnliche Fallgestaltung Senatsbeschl. v. 06.07.2011, VII Verg 39/11). c) Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen einer vergaberechtsfreien interkommunalen Zusammenarbeit vor. Ob eine solche zwischen einer Gemeinde und der Eigengesellschaft einer anderen Gemeinde möglich ist (vgl. auch Senat, Beschl. v. 28.07.2011, VII Verg 20/11), braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden. Auch die weiteren Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Antragsgegnerin auf der einen Seite und die Beigeladene bzw. der Kreis B... auf der anderen Seite arbeiten nicht im Sinne der Entscheidung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 9. Juni 2009 (C-480/06, Rn. 37 ff.) zur gemeinsamen Erfüllung einer Aufgabe horizontal zusammen. Vielmehr handelt es sich um ein Vertikal-Verhältnis (Dienstleistung gegen Entgelt). 24 EuGH, Urteil vom 29.11.2012 – Rs. C-183/11 (Econord) In einem Fall, in dem mehrere öffentliche Stellen in ihrer Eigenschaft als öffentliche Auftraggeber gemeinsam eine Einrichtung zur Erfüllung ihrer Gemeinwohlaufgabe errichten oder eine öffentliche Stelle einer solchen Einrichtung beitritt, ist die durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgestellte Voraussetzung für die Befreiung dieser Stellen von ihrer Verpflichtung, ein Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge nach den Vorschriften des Unionsrechts durchzuführen, nämlich dass diese Stellen über die Einrichtung gemeinsam eine Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausüben, erfüllt, wenn jede dieser Stellen sowohl am Kapital als auch an den Leitungsorganen der Einrichtung beteiligt ist. Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten ergibt sich, dass die Comune di Varese ASPEM gründete, um auf ihrem Gebiet als „In-house“-Dienstleistungserbringerin öffentliche Dienstleistungen, insbesondere der Stadtreinigung, zu erbringen. Im maßgeblichen Zeitraum besaß die Comune di Varese an dieser Gesellschaft fast sämtliche Anteile, was ihr die Kontrolle über sie sicherte. Aufgrund einer Reihe im Jahr 2005 gefasster Beschlüsse wählten die Comune di Cagno und die Comune di Solbiate als bevorzugte Form der Erbringung des städtischen Reinigungsdienstes, insbesondere der Dienstleistung der Beseitigung von festen städtischen Abfällen, die in den Art. 30 und 113 Abs. 5 Buchst. c des Decreto legislativo Nr. 267/2000 vorgesehene Koordinierung mit anderen Gemeinden, genehmigten den Abschluss einer Vereinbarung mit der Comune di Varese über die entgeltliche Vergabe des städtischen Reinigungsdienstes an ASPEM und traten dieser als öffentliche Anteilseigner bei, indem sie sich durch Zeichnung jeweils einer Aktie an ihrem Grundkapital beteiligten. 44 Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten ergibt sich, dass das Grundkapital von ASPEM 173 785 Euro beträgt, das in ebenso viele Aktien mit einem Nennwert von jeweils 1 Euro aufgeteilt ist. Die Comune di Varese besitzt mit 173 467 Aktien die Kapitalmehrheit. Die übrigen 318 Aktien verteilen sich auf 36 Gemeinden der Provinz Varese, die jeweils zwischen 1 und 19 Aktien halten. Dies ist hier nicht der Fall. Denn das vorlegende Gericht fordert den Gerichtshof auf, seine Rechtsprechung zu der von mehreren Auftraggebern gemeinsam ausgeübten Kontrolle über eine von diesen gemeinsam gehaltene beauftragte Einrichtung zu erläutern sowie die Voraussetzungen, unter denen die Ausübung einer „Kontrolle wie über die eigenen Dienststellen“ in einem solchen Fall zu bejahen ist, eine Frage, die unbestreitbar mit dem Gegenstand der Ausgangsverfahren zusammenhängt. Der Gerichtshof ist außerdem der Ansicht, dass die in den vorliegenden Ersuchen enthaltenen rechtlichen und tatsächlichen Angaben ausreichen, um ihm eine zweckdienliche Beantwortung der vorgelegten Frage zu ermöglichen. Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine „Kontrolle wie über eigene Dienststellen“ vor, wenn die betreffende Einrichtung einer Kontrolle unterliegt, die es dem öffentlichen Auftraggeber ermöglicht, auf ihre Entscheidungen einzuwirken. Hierbei muss die Möglichkeit gegeben sein, sowohl auf die strategischen Ziele als auch auf die wichtigen Entscheidungen dieser Einrichtung ausschlaggebenden Einfluss zu nehmen (Urteile Parking Brixen, Randnr. 65, Coditel Brabant, Randnr. 28, und Sea, Randnr. 65). Mit anderen Worten muss der öffentliche Auftraggeber in der Lage sein, eine strukturelle und funktionelle Kontrolle über diese Einrichtung auszuüben (Urteil Kommission/Italien, Randnr. 26). Der Gerichtshof verlangt auch, dass diese Kontrolle wirksam ist (Urteil Coditel Brabant, Randnr. 46). Nach der Rechtsprechung kann bei Einschaltung einer von mehreren öffentlichen Stellen gemeinsam gehaltenen Einrichtung die „Kontrolle wie über die eigenen Dienststellen“ von diesen Stellen gemeinsam ausgeübt werden, ohne dass es notwendig wäre, dass diese Kontrolle von jeder von ihnen einzeln ausgeübt wird (in diesem Sinne Urteile Coditel Brabant, Randnrn. 47 und 50, sowie Sea, Randnr. 59). Infolgedessen kann in einem Fall, in dem eine öffentliche Stelle einer Aktiengesellschaft mit vollständig öffentlichem Kapital als Minderheitsgesellschafterin beitritt, um dieser Gesellschaft die Verwaltung einer öffentlichen Dienstleistung zu übertragen, die Kontrolle, die die öffentlichen Stellen als Gesellschafter der Gesellschaft über diese ausüben, dann, wenn die Kontrolle von diesen Stellen gemeinsam ausgeübt wird, als Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen angesehen werden (Urteil Sea, Randnr. 63). Unter diesen Umständen ist es, wenn mehrere öffentliche Stellen eine gemeinsame Einrichtung zur Erfüllung einer gemeinsamen Gemeinwohlaufgabe einschalten, zwar nicht unbedingt erforderlich, dass jede dieser Stellen allein ein individuelles Kontrollrecht über diese Einrichtung hat, doch darf die über die Einrichtung ausgeübte Kontrolle 45 nicht nur auf der Kontrollbefugnis der öffentlichen Stelle beruhen, die Mehrheitsaktionärin der betreffenden Einrichtung ist, da andernfalls das Konzept der gemeinsamen Kontrolle ausgehöhlt würde. Hat ein öffentlicher Auftraggeber innerhalb einer gemeinsam gehaltenen beauftragten Einrichtung eine Stellung inne, die ihm nicht die geringste Möglichkeit einer Beteiligung an der Kontrolle über diese Einrichtung sichert, würde damit nämlich einer Umgehung der unionsrechtlichen Vorschriften über öffentliche Aufträge und Dienstleistungskonzessionen Tür und Tor geöffnet, da ein rein formaler Beitritt zu einer solchen Einrichtung oder deren gemeinsamem Leitungsorgan diesen öffentlichen Auftraggeber von der Verpflichtung befreien würde, ein Ausschreibungsverfahren nach den Unionsvorschriften durchzuführen, obwohl er bei dieser Einrichtung in keiner Weise an der Ausübung der „Kontrolle wie über eigene Dienststellen“ beteiligt wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Juli 2005, Coname, C-231/03, Slg. 2005, I-7287, Randnr. 24). Daraus folgt, dass es in den Ausgangsverfahren Sache des vorlegenden Gerichts ist, zu prüfen, ob die Unterzeichnung der gesellschaftsrechtlichen Nebenvereinbarung durch die Comune di Cagno und die Comune di Solbiate, mit der ihnen das Recht eingeräumt wird, konsultiert zu werden, ein Mitglied des Aufsichtsrats und – im Einvernehmen mit den anderen an der Vereinbarung beteiligten Gemeinden – ein Mitglied des Verwaltungsrats zu ernennen, es diesen Gemeinden ermöglichen kann, tatsächlich zur Kontrolle von ASPEM beizutragen. 25 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.01.2013 – Verg 56/12 (Betrieb von Informationssystemen der GKV) Tritt eine öffentliche Stelle einer Aktiengesellschaft mit vollständig öffentlichem Kapital als Minderheitsgesellschafterin bei, um dieser Gesellschaft die Verwaltung einer öffentlichen Dienstleistung zu übertragen, kann die Kontrolle, die die öffentlichen Stellen als Gesellschafter über die Gesellschaft ausüben dann, wenn die Kontrolle von diesen Stellen gemeinsam ausgeübt wird, als Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen angesehen werden (EuGH, Urteil vom 10.09.2009, C-573/07 – Sea, Rn. 63). Unter diesen Umständen ist es, wenn mehrere öffentliche Stellen eine gemeinsame Einrichtung zur Erfüllung einer gemeinsamen Gemeinwohlaufgabe einschalten, zwar nicht unbedingt erforderlich, dass jede dieser Stellen ein individuelles Kontrollrecht über diese Einrichtung hat, doch darf die über die Einrichtung ausgeübte Kontrolle nicht nur auf der Kontrollbefugnis der öffentlichen Stelle beruhen, die Mehrheitsaktionärin der betreffenden Einrichtung ist, da anderenfalls das Konzept der individuellen Kontrolle ausgehöhlt würde. Hat ein öffentlicher Auftraggeber innerhalb einer gemeinsam gehaltenen beauftragten Einrichtung eine Stellung inne, die ihm nicht die geringste Möglichkeit einer Beteiligung an der Kontrolle über diese Einrichtung sichert, würde damit nämlich einer Umgehung der unionsrechtlichen Vorschriften über öffentliche 46 Aufträge und Dienstleistungskonzessionen Tür und Tor geöffnet, da ein rein formaler Beitritt zu einer solchen Einrichtung oder deren gemeinsamem Leitungsorgan diesen öffentlichen Auftraggeber von der Verpflichtung befreien würde, ein Ausschreibungsverfahren nach den Unionsvorschriften durchzuführen, obwohl er bei dieser Einrichtung in keiner Weise an der Ausübung der Kontrolle wie über eigenen Dienststellen beteiligt wäre (vgl. zum Vorstehenden insgesamt EuGH, Urteil vom 29.11.2012, C-182 und 183/11 – Econord, Rn. 29-33). Im Fall Econord war es danach Sache des vorlegenden Gerichts zu prüfen, ob die Unterzeichnung einer gesellschaftsrechtlichen Nebenvereinbarung, mit der den Minderheitsaktionären der Aktiengesellschaft das Recht eingeräumt wurde, ein Mitglied des Aufsichtsrats und – im Einvernehmen mit den anderen an der Vereinbarung beteiligten Gemeinden – ein Mitglied des Verwaltungsrats zu ernennen, es diesen Gemeinden ermöglichen konnte, tatsächlich zur Kontrolle der Auftragnehmerin beizutragen. Im Streitfall ergibt die erforderliche Gesamtschau aller Rechtsvorschriften und maßgeblichen Umstände des Einzelfalls (vgl. EuGH, Urteil vom 13.10.2005, C-458/03 – Parking Brixen, Rn. 65; Urteil vom 11.05.2006, C-340/04 – Carbotermo, Rn. 36), dass eine im Sinne der vorgenannten Maßstäbe ausreichende Beteiligung der Antragsgegnerin an den Leitungsorgangen der B... GmbH und damit mittelbar der Beigeladenen vorliegt, die es ihr ermöglicht, tatsächlich zur Kontrolle der Beigeladenen beizutragen. Anders als im Fall Econord wird die B... GmbH nicht von einem Mehrheitsgesellschafter dominiert, dem gegenüber die Minderheitsgesellschafter auch bei Bündelung ihrer Stimmen (im Fall Econord hielten die 36 Minderheitsbeteiligten 318 Aktien, die Mehrheitsaktionärin dagegen 173.467, vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts Villalón vom 19.07.2012, Rn. 9) keinerlei Einfluss ausüben können. Die aus der Gesellschafterliste der B... GmbH ersichtliche Verteilung der Gesellschaftsanteile ermöglicht auch den vielen kleinen Gesellschaftern eine Teilhabe an der Entscheidungsfindung in der Gesellschafterversammlung. Gleiches gilt für den Aufsichtsrat, der ausschließlich aus Vertretern der Gesellschafter besteht und dessen Sitzverteilung sich nach den an der Gesellschaft beteiligten Kassenarten (Betriebskrankenkassen, Innungskrankenkassen und Ersatzkassen) richtet. So können die Vertreter der jeweiligen Kassenarten u.a. mit Mehrheit der Stimmen ein Vetorecht ausüben (§ 5 Nr. 9 des Gesellschaftsvertrags der B... GmbH). Einer Beteiligung an der Geschäftsführung selbst bedarf es zur Ausübung der Kontrolle nicht. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Geschäftsführung den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegt. Dies ist hier der Fall. Der aus Vertretern der Gesellschafter bestellte Aufsichtsrat bestimmt den oder die Geschäftsführer (§ 4 Ziff. 1 des Gesellschaftsvertrags der B... GmbH); diese sind nach § 4 Ziff. 4 des Gesellschaftsvertrags an die Beschlüsse und Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden. Damit ist, ohne dass weitere besondere Umstände oder gesellschaftsrechtliche Nebenabreden erforderlich wären, im Sinne der EuGH-Rechtsprechung eine Beteiligung der Antragsgegnerin an den Leitungsorganen der Holding wie auch der Beigeladenen gegeben. 47 II. ANWENDBARE VERGABE- UND VERTRAGSORDNUNG/ALLGEMEINE VERGABEGRUNDSÄTZE (§ 97 ABS. 1, 2 GWB) 26 OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.03.2012 – Verg W 13/11 (Landesweite Biotopkartierung) 2) Der Nachprüfungsantrag ist auch überwiegend begründet. a) Er ist allerdings unbegründet, soweit die Antragstellerin die Wahl der Vergabeordnung der VOL/A beanstandet. Die Vergabe der Leistung musste nicht nach den Vorschriften der VOF erfolgen. Zutreffend hat die Vergabekammer die ausgeschriebenen Arbeiten der Erfassung und Kartierung von Biotopen und FFH-Lebensraumtypen als freiberufliche Dienstleistung angesehen. Bei den zu vergebenden Leistungen handelt sich um wissenschaftliche Tätigkeiten im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG und § 1 Abs. 2 PartGG, die – da sie von den Bietern selbständig ausgeübt werden – freiberufliche Tätigkeiten darstellen (vgl. BFH, Urteil v. 26.11. 1992, IV R 64/91, zitiert nach juris.de). Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VgV (i.d.F. v. 10.06.2010) haben öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen die Bestimmungen des 2. Abschnitts des Teils A der VOL/A (EG VOL/A) anzuwenden, sofern in den §§ 5 und 6 VgV nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 5 VgV ist auf freiberufliche Dienstleistungen die VOF nur anzuwenden, wenn ihr Gegenstand eine Aufgabe ist, deren Lösung nicht vorab eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann. Daraus folgt, dass auch für freiberufliche Dienstleistungen die Vergabeordnung der VOL/A vorrangig ist, sofern die Lösung der Aufgabe vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar ist (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss v. 20.09.2006, 1 Verg 3/06, VergabeR 2007, 110; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 21.04.2010, Verg 55/09, VergabeR 2011, 112). Dass dies für den vorliegend zu beurteilenden Auftrag der Fall ist, sieht der Senat nicht anders als die Vergabekammer. Bei der Beurteilung, welche Anforderungen an die „eindeutige und erschöpfende Beschreibbarkeit der Aufgabe“ zu stellen sind, ist auf den Zweck der Vorschrift des 48 § 5 VgV abzustellen, der darin liegt, den Anwendungsbereich des Verhandlungsverfahrens nach VOF gegenüber demjenigen des vorrangigen Verfahrens nach VOL/A abzugrenzen. Eine vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbare Lösung im Sinne von § 5 VgV liegt deshalb vor, wenn die Lösung so genau beschrieben werden kann, dass sie Gegenstand eines offenen oder nichtoffenen Verfahrens sein kann (vgl. OLG Saarbrücken a.a.O.; OLG München, Beschluss v. 28.04.2006, Verg 6/06; VergabeR 2006, 914). Das ist hier der Fall, denn es geht nicht darum, eine Problemstellung durch geistig-kreative Schöpfung einer noch zu findenden Lösung zuzuführen. Das zu erreichende Ziel der Biotoptkartierung liegt darin, die Ausstattung der Landschaft an Hand von abgrenzbaren Biotoptypen zu beschreiben. Zum Erreichen der vorgegebenen Lösung der Biotopkartierung sind die entsprechenden tatsächlichen Gegebenheiten der Natur zu untersuchen, deren Ergebnisse nach anerkannten wissenschaftlichen Maßstäben zu werten und bestimmten Kategorien der zu erfassenden Flächen zuzuordnen und schließlich in die Form einer digitalisierten Karte zu bringen. Ohne weiteres zutreffend hat die Antragstellerin selbst die Aufgabe bildhaft dahin beschrieben, dass die in der Natur vorzufindenden Gegebenheiten „in ein Schema zu pressen“ seien. Jenes „Schema“ steht fest, denn den Auftragnehmern ist vorgegeben, welche Flächen mit welchen Angaben zu erfassen sind. Ebenso stehen der zur Erreichung des Ziels einzuschlagende Weg und die anzuwendenden Methoden fest. Der Auftraggeber hat dies in der Leistungsbeschreibung und den Anlagen dazu bis in letzte Detail gehend erschöpfend beschrieben. Die Erfassung und Kartierung in vorgegebener Kartierungstiefe erfolgt auf der Grundlage des vom Auftraggeber vorgegebenen standardisierten Erfassungssystems. 27 EuGH, Urteil vom 10.05.2012 – C-368/10 (EKO und Max Havelaar) c) Zum behaupteten Verstoß gegen Art. 2 der Richtlinie 2004/18 Der Grundsatz der Transparenz bedeutet, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens klar, präzise und eindeutig in der Vergabebekanntmachung oder dem Lastenheft formuliert werden, so dass zum einen alle gebührend informierten und mit der üblichen Sorgfalt handelnden Bieter die genaue Bedeutung dieser Bedingungen und Modalitäten verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können und zum anderen der Auftraggeber tatsächlich überprüfen kann, ob die Angebote der Bieter die für den betreffenden Auftrag geltenden Kriterien erfüllen (vgl. u. a. Urteil vom 29. April 2004, Kommission/CAS Succhi di Frutta, C-496/99 P, Slg. 2004, I-3801). Wie die Generalanwältin in Nr. 146 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, weisen Anforderungen an die Einhaltung der „Kriterien der Nachhaltigkeit der Einkäufe und des gesellschaftlich verantwortlichen Verhaltens“ sowie die Verpflichtung, „zur Verbesserung der Nachhaltigkeit des Kaffeemarkts und zu einer umwelttechnisch, sozial 49 und wirtschaftlich verantwortlichen Kaffeeproduktion beizutragen“, nicht das Maß an Klarheit, Präzision und Eindeutigkeit auf, das alle gebührend informierten und mit der üblichen Sorgfalt handelnden Bieter in die Lage versetzte, sicher und in vollem Umfang zu wissen, welches die Kriterien sind, die diese Anforderungen umfassen. Dies gilt erst recht für die an die Bieter gerichtete Aufforderung, in ihrem Angebot anzugeben, auf welche Weise sie diese Kriterien erfüllen oder inwiefern sie zu den vom Auftraggeber in Bezug auf den Kaffeemarkt und die Kaffeeproduktion angestrebten Zielen beitragen, ohne dass ihnen insoweit konkrete Angaben zu den von ihnen zu erteilenden Auskünften gemacht werden. Daher hat die Provinz Nord-Holland eine Klausel aufgestellt, die die Transparenzverpflichtung nach Art. 2 der Richtlinie 2004/18 nicht wahrt, indem sie den Bietern in dem streitigen Lastenheft vorgeschrieben hat, die „Kriterien der Nachhaltigkeit der Einkäufe und des gesellschaftlich verantwortlichen Verhaltens“ einzuhalten, „zur Verbesserung der Nachhaltigkeit des Kaffeemarkts und zu einer umwelttechnisch, sozial und wirtschaftlich verantwortlichen Kaffeeproduktion beizutragen“ und in ihrem Angebot anzugeben, auf welche Weise sie die Kriterien erfüllen oder inwiefern sie zu den vom Auftraggeber in Bezug auf den Kaffeemarkt und die Kaffeeproduktion angestrebten Zielen beitragen. 28 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 – Verg 10/12 (SatWaS) II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Nachprüfungsantrag ist von der Vergabekammer im Ergebnis zu Recht abgelehnt worden. 1. Der Nachprüfungsantrag ist allerdings statthaft und zulässig. Im Streitfall hat die Prüfung einer Bereichsausnahme ausschließlich nach § 100 Abs. 2 Buchst. d GWB a. F., d. h. gemäß dem Rechtszustand vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des GWB für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit vom 7.12.2011 am 14.12.2011 und vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der Richtlinie 2009/81/EG zur Koordinierung der Vergabeverfahren in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit am 21.8.2011 (vgl. Art. 72 Abs. 1 Richtlinie 2009/81) zu erfolgen. Einer richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts oder einer unmittelbaren Anwendung von Richtlinienvorschriften (so die Vergabekammer) bedarf es nicht. aa) Zu einer Anwendung der Bestimmungen der Richtlinie 2009/81/EG ist die Vergabekammer nur aufgrund der Annahme gekommen, das Vergabeverfahren habe erst nach Ablauf der Frist zur Umsetzung dieser Richtlinie (am 21.8.2011) durch Angebotsaufforderung der Vergabestelle an die Beigeladene vom 31.8.2011 50 begonnen. Dies beruht indes auf einem Missverständnis bei dem für den Beginn des Vergabeverfahrens zugrunde zu legenden Begriff. Diesem Begriff hat im Sinn einer allgemeinen Meinung die Rechtsprechung der Vergabesenate von Anfang an ein materielles Verständnis zugrunde gelegt, wonach das Vergabeverfahren begonnen hat, wenn zwei Voraussetzungen kumulativ gegeben sind, und zwar (vgl. insoweit BayObLG, Beschl. v. 22.1.2002 – Verg 18/01, NZBau 2002, 397, 398; Beschl. v. 27.2.2003 – Verg 25/02, VergabeR 2003, 669, 670 f.; Beschl. v. 28.5.2003 – Verg 7/03, VergabeR 2003, 563, 564; OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.12.2003 – Verg W 8/03, VergabeR 2004, 773, 774; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.6.2001 – Verg 3/01, NZBau 2001, 696, 698; Beschl. v. 11.3.2002 – Verg 43/01, NZBau 2003, 55; Beschl. v. 12.1.2004 – VII-Verg 71/03, NZBau 2004, 343; Beschl. v. 9.12.2009 – VII-Verg 37/9; OLG Rostock, Beschl. v. 5.2.2003 – 17 Verg 14/02, NZBau 2003, 457, 458; Thüringer OLG, Beschl. v. 14.10.2003 – 6 Verg 5/03, VergabeR 2004, 113, 118; zuletzt KG, Beschl. v. 19.4.2012 – Verg 7/11, BA 12; Dittmann, in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 102 GWB Rn. 22): ■ Der öffentliche Auftraggeber entscheidet, einen gegenwärtigen oder künftigen Bedarf durch eine Beschaffung von Lieferungen, Dienst- oder Bauleistungen auf dem (Binnen-)Markt (und nicht durch Eigenleistung) zu decken (interner Beschaffungsentschluss), ■ und er ergreift nach außen hin (über interne Überlegungen und Vorbereitungen hinaus) bestimmte, wie auch immer geartete Maßnahmen, um den Auftragnehmer mit dem Ziel eines Vertragsabschlusses zu ermitteln oder bereits zu bestimmen (externe Umsetzung). Davon ist in der Vergangenheit das OLG Naumburg abgewichen (Beschl. v. 8.1.2003 – 1 Verg 7/02, NZBau 2003, 224, 226 = VergabeR 2003, 196). Es hat ein formelles Begriffsverständnis vertreten und im Interesse der Rechtssicherheit bestimmte konstitutiv wirkende förmliche Maßnahmen des Auftraggebers, in der Regel eine Vergabebekanntmachung, gefordert. Auf das Vorabentscheidungsersuchen des OLG Naumburg (a. a. O., die Auslegung von Vorschriften der Rechtsmittelrichtlinie betreffend) hat der EuGH einem materiellen Verständnis vom Beginn des Vergabeverfahrens den Vorzug gegeben (Urt. v. 11.1.2005 – C-26/03, Stadt Halle, NZBau 2005, 111 = VergabeR 2005, 44, Rn. 28, 30, 33 bis 35, 38 f.). Der formale Begriffsansatz ist dadurch im Bereich der vom vierten Teil des GWB erfassten Auftragsvergaben kraft verbindlicher Interpretation durch den Gerichtshof gegenstandslos geworden. Die zeitlich danach ergangene Entscheidung des OLG Naumburg vom 8.10.2009 (1 Verg 9/09) widerspricht der Auslegung der Rechtsmittelrichtlinie durch den Gerichtshof und ist – wie der Streitfall lehrt – für die Vergabe- und die Nachprüfungspraxis irreführend, soweit sie bei der Einleitung des Vergabeverfahrens weiterhin auf die Einhaltung gewisser Förmlichkeiten durch den öffentlichen Auftraggeber abgestellt sehen will. 51 Dem OLG Naumburg folgend hat die Vergabekammer für den Beginn des Vergabeverfahrens einen formalen Gesichtspunkt herangezogen, nämlich die an die Beigeladene gerichtete Aufforderung zur Einreichung eines Angebots vom 31.8.2011. Dies steht im Gegensatz zur Rechtsprechung des Gerichtshofs und der Vergabesenate der Oberlandesgerichte. Ein erneutes Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof ist nicht veranlasst. Die Angelegenheit ist aufgrund des Urteils des Gerichtshofs vom 11.1.2005 (a. a. O.) unionsrechtlich in der Weise geklärt, dass dergleichen Formalitäten für den Beginn des Vergabeverfahrens nicht maßgebend sind. Eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof scheidet aus, weil die unionsrechtlich zu beurteilende Rechtsfrage seiner Judikatur nicht unterliegt. Unabhängig davon ist die tatsächliche Beurteilung durch die Vergabekammer nicht mehr lebensnah zu nennen. Die Beigeladene ist von Beginn an – so auch die Antragstellerin (mit „Projektantenstatus“) – in die Entwicklung von MoWaS eingebunden und von der Vergabestelle als künftiger Auftragnehmer ausgewählt worden, womit das Vergabeverfahren spätestens Anfang des Jahres 2011 begonnen hat. Das bestätigt der Beschaffungsauftrag des Bedarfsträgers BBK vom 19.11.2010 an die Vergabestelle (der sich gegen einen „Providerwechsel“ bei MoWaS, m. a. W. für eine Beauftragung der Beigeladenen ausgesprochen hat). Darüber hinaus ist nicht recht vorstellbar, wie bei einem komplexen IT-Auftrag der vorliegenden Art auf die Angebotsaufforderung der Vergabestelle vom 31.8.2011 das Angebot der Beigeladenen bereits gut eine Woche danach, nämlich unter dem 9.9.2011, bei der Vergabestelle hat eingehen können, wenn mit ihr als Auftragnehmer nicht schon vorher alle wesentlichen Konditionen des Auftrags ausverhandelt gewesen sind. Gemessen an Art und Umfang des Auftrags sind die Verhandlungen zeitaufwändig gewesen. Sie sind lange Zeit vor August 2011 (wenn auch mit Zustimmung der Vergabestelle möglicherweise zunächst nur mit dem BBK) aufgenommen und allein mit der Beigeladenen geführt worden, weil diese den Auftrag hat erhalten sollen. Auf den in Auszügen in Fotokopie vorgelegten E-Mail-Verkehr zwischen der Vergabestelle und der Beigeladenen im Juli und August 2011 über Einzelheiten kommt es nicht an. 52 III. VERFAHRENSARTEN NACH DEN §§ 97 FF. GWB/FRISTEN FÜR EU-VERGABEN 1. Offenes Verfahren 29 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2012 – Verg 58/11 (Pharmarabattvertrag) f) Die Voraussetzungen für ein Verhandlungsverfahren liegen nicht vor. Die Antragsgegnerin hat in der EU-Bekanntmachung zwar ein offenes Verfahren angegeben. Durch die Möglichkeit der Bieter, unter bestimmten Umständen Vorschläge für Abänderungen zu machen, die zu Verhandlungen führen, kann es jedoch in ein Verhandlungsverfahren umschlagen. Dies stellt eine nicht zulässige Verfahrensart dar. 2. Nichtoffenes Verfahren 30 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.02.2012 – VII-Verg 75/11 (Unterhaltsreinigung, Außenreinigung, Winderdienst) Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer ist zulässig und begründet. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zu Unrecht wegen fehlender Antragsbefugnis als unzulässig zurückgewiesen. Infolgedessen ist der Antragsgegnerin die Erteilung eines Zuschlags zu untersagen. Bei fortbestehender Vergabeabsicht hat sie das Vergabeverfahren erneut europaweit bekannt zu machen und das offene Verfahren zu wählen. II. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Antragsgegnerin hat, wie der Senat bereits im Beschluss vom 25. August 2011 und in der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2012 ausgeführt hat, im Vergabeverfahren gegen § 101 Abs. 7 S. 1 GWB, § 4 VgV, § 3 Abs. 1 S. 1 EG VOL/A verstoßen, indem sie das nicht offene Verfahren anstatt des offenen Verfahrens gewählt hat. Das offene Verfahren ist der Regelfall, von dem nur in den gesetzlich zugelassenen Ausnahmefällen abgewichen werden kann. Ein gesetzlicher Ausnahmefall liegt jedoch nicht vor. 53 Die Antragstellerin kann sich nicht auf den eng auszulegenden Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 2 lit. b) EG VOL/A berufen. Sie hat nicht dargetan, dass der mit der Durchführung eines offenen Verfahrens verbundene Aufwand in einem Missverhältnis zum Auftragswert stehen würde. Der Bruttoauftragswert beträgt 1.200.000 Euro. Die Mehrkosten für die Durchführung eines offenen Verfahrens hat sie mit ca. 27.000 Euro beziffert. Dieser Betrag, unterstellt er wäre zutreffend, entspricht nur 2,25% des Auftragswerts. Von einem Missverhältnis kann daher nicht einmal im Ansatz die Rede sein. Es ist überdies höchst zweifelhaft, ob der Antragsgegnerin überhaupt Mehrkosten in dieser Höhe entstehen würden. Bei der Kalkulation der Mehrkosten ist sie nämlich davon ausgegangen, dass die Auswertung eines einzigen Angebots durch einen Dienstleister einen ganzen Arbeitstag in Anspruch nimmt, so dass bei zu erwartenden 30 zusätzlichen Angeboten 30 zusätzliche Arbeitstage zu je 900 Euro aufgewendet werden müssten. Aus praktischer Sicht erscheinen sowohl ein solcher Aufwertungsaufwand als auch die Vergütung angesichts des überschaubaren Vergabegegenstandes völlig übersetzt. Außerdem reduziert sich der unmittelbare Arbeitsaufwand der Antragsgegnerin, weil diese – wie sie selbst vorgetragen hat – bei der Wahl des offenen Verfahrens die bislang durch eigene Mitarbeiter vorgenommene Eignungsprüfung durch einen Dienstleister vornehmen lassen würde. Ferner ist davon auszugehen, dass in einem offenen Verfahren nicht nur mehr, sondern auch wirtschaftlichere Angebote eingehen würden, als in einem nicht offenen Verfahren, so dass die durch diese Verfahrenswahl entstehenden Mehrkosten voraussichtlich mindestens teilweise kompensiert werden können. Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf den Ausnahmefall des § 3 Abs. 2 lit. d) EG VOL/A berufen. Die Wahl eines offenen Verfahrens ist nicht unzweckmäßig. Zwar kann auch die Dringlichkeit einer Vergabe die Wahl eines nicht offenen Verfahrens begründen (vergleiche § 3 Abs. 3 Nr. 3 VOB/A). Unabhängig davon, dass zweifelhaft ist, ob die Wahl des nicht offenen Verfahrens gegenüber der Wahl eines offenen Verfahren überhaupt zu einer wesentlichen Beschleunigung des Zuschlags führen würde, ist der Zeitdruck maßgeblich darauf zurückzuführen, dass zwei frühere Vergabeverfahren aufgehoben werden mussten, weil Vergabefehler erkannt wurden. Die Auffassung der Vergabekammer, gestützt auf Kaelble (in Müller-Wrede, VOL/A, 3. Aufl., § 3 EG, Rdnr. 46), ein Auftraggeber könne sich auf die Dringlichkeit auch dann berufen, wenn er sie verursacht habe, ist abzulehnen (so auch Hausmann/von Hoff in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Aufl., § 3 EG VOL/A, Rdnr. 40; Kulartz in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOB/A, § 3, Rdnr. 55; Völlink in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 3 EG VOL/A, Rdnr. 10; § 3 VOB/A, Rdnr. 28). Dass dieses Erfordernis nicht genannt ist, ist darauf zurückzuführen, dass die Vorschrift keine Beispiele nennt. Im Übrigen ist auch bei § 20 EG VOL/A für eine rechtmäßige Aufhebung anerkannt, dass der Aufhebungsgrund nicht vom Auftraggeber schuldhaft verursacht worden sein darf. Dass die Antragstellerin bei der Wahl des offenen Verfahrens keine Zuschlagchance gehabt hätte, wie die Antragstellerin meint, weil sie mindestens drei Referenzen ver- 54 langt hätte, um die Eignung der Bieter zu überprüfen, was vergaberechtlich nicht zu beanstanden wäre (siehe: § 19 Abs. 5 EG VOL/A, § 7 Abs. 3 lit. a) EG VOL/A, siehe dazu auch Hausmann/von Hoff in Kulartz, a.a.O., § 7 EG VOL/A, Rdnr. 50ff), ist spekulativ und bedeutungslos. Es steht nämlich weder fest, dass die Antragsgegnerin tatsächlich mindestens drei Referenzen verlangt hätte, noch steht fest, dass die Antragstellerin drei Referenzen aus vergleichbaren Dienstleistungsaufträgen nicht vorlegen kann. Das Gegenteil hat sie im Senatstermin behauptet. Infolgedessen hat die Antragsgegnerin einen Zuschlag zu unterlassen. Sofern Ihre Vergabeabsicht fortbesteht, hat sie den festgestellten Vergaberechtsverstoß zu beseitigen, dazu das Verfahren zurückzuversetzen und es unter erneuter europaweiter Bekanntmachung im offenen Verfahren zu wiederholen. 31 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.05.2012 – Verg 3/12 (Bereitstellung und Bewertung von Nachrichtenmeldungen) e) Die der Antragstellerin gegebene Bieterinformation und die Angebotswertung deuten allerdings darauf hin, dass die Vergabestelle – einigermaßen unbegreiflich – trotz der ihr Insoweit durch den Senatsbeschluss vom 10.8.2011 (VII-Verg 36/11, BA 10 f. m.w.N.) zuteil gewordenen gegenteiligen Belehrung bei der erneuerten Wertung weiterhin Eignungsmerkmale für die Vergabeentscheidung herangezogen hat (insbesondere Erfahrungen und Kenntnisse der Bieter). Dies veranlasst ausnahmsweise jedoch keine Korrektur am Vergabeverfahren, denn dadurch sind die Auftragschancen der Antragstellerin unzweifelhaft nicht beeinträchtigt worden (vgl. zu diesem Element der Begründetheitsprüfung bei Nachprüfungsanträgen OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.10.2010 – VII-Verg 47/10; Beschl. v. 15.6.2010 VII-Verg 10/10; Beschl. v. 14.4.2010 – VHVerg 80/09, IBR 2010, 580, 582 VergabeR 2011, 78; OLG München, u.a. Beschl. v. 21.5.2010 Verg 2/10, VergabeR 2010, 992; ebenso: 1. Vergabekammer des Bundes im angefochtenen Beschluss vom 9.1.2012 – VK 1-162/11, BA 19; Herrmann, VergabeR 2011, 2 ff.; a.A. Müller-Wrede, NZBau 2011, 650; Mantler, VergabeR 2011, 82, 83 f.). Die Antragstellerin ist nach eigenem, unbestrittenem Vorbringen der größte unabhängige Informationsdienstleister in Deutschland und mit besten strukturellen Unternehmensvoraussetzungen für die Ausführung des Auftrags sowie ais bisheriger Auftragnehmer zudem mit Vorkenntnissen und Erfahrungen ausgestattet. Davon ausgehend ist die Antragstellerin durch eine erneute, vergaberechtlich unzulässige Bewertung von Eignungsmerkmalen (mithin aufgrund einer Rechtsverletzung) bei den Aussichten, den Auftrag zu erlangen, nicht schlechter gesteift, sondern gegenüber der Beigeladenen begünstigt worden, weil diese nicht in gleichem Maß wie die Antragstellerin über die für die Auftragsausführung benötigten Strukturen und Ressourcen sowie über Erfahrungen und (Vor)Kenntnisse verfügt. 55 3. Verhandlungsverfahren 32 VK Lüneburg, Beschluss vom 04.01.2012 – VgK-54/2011 (Schulsanierung) I. Nach EU-Vorinformation am ... 2010 hat die Stadt ... mit europaweiter Bekanntmachung vom ... 2010 als Auftraggeberin einen Dienstleistungsauftrag für „Planung, Bau und Zwischenfinanzierung für den Neubau des ... als Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnehmerwettbewerb ausgeschrieben. Gegenstand der ausgeschriebenen Leistung sind Planung und Neubau eines Schulgebäudes mit ca. 5.000 m² Nutzfläche auf Basis einer funktionalen Leistungsbeschreibung. Zum Leistungsumfang gehören auch der Abbruch eines vorhandenen Schulgebäudes, die Herstellung von Außenanlagen und die Bauzwischenfinanzierung. 2. II. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und überwiegend begründet. Die Antragsgegnerin hat gegen das Gebot zu Gleichbehandlung und Transparenz verstoßen. Es ist nicht erkennbar, dass vergleichbare Angebote gewertet worden sind. Die Antragsgegnerin hat in den Vergabeunterlagen für ihr Verhandlungsverfahren zwar Anforderungen an die zu erbringenden Leistungen gestellt, diese aber im Laufe der Verhandlungsrunden nicht präzisierend fortgeschrieben. Im Ergebnis fehlt es an einheitlichen und klaren Qualitätsstandards zur Sicherung einer Vergleichbarkeit der Angebote. In der Vergabeakte ist auch nicht dokumentiert, dass die Angebote bezüglich der Erfüllung von Mindeststandards überprüft worden sind. Statt der Vorgabe einheitlicher Grundlagen zur Angebotserarbeitung hat die Antragsgegnerin in ihre Aufforderungen zur Angebotsabgabe z. T. wertungsrelevante unterschiedliche Forderungen und Anregungen aufgenommen. Auf eine Bekanntgabe von Zwischenergebnissen hat sie verzichtet. Mit ihrer nicht transparenten individuellen Einflussnahme auf die Gestaltung der Hauptangebote und die Vorlage von Nebenangeboten hat sie die Chancengleichheit der Bieter, ein erfolgreiches Angebot abzugeben, beeinträchtigt, den Bietern eigene Handlungsspielräume für die Angebotserstellung genommen und damit den Wettbewerb beeinträchtigt. Vor Abschluss der Angebotswertung und Entscheidung über den Zuschlag hat sie schließlich vergaberechtswidrige Nachverhandlungen mit der Beigeladenen geführt. Die Chance auf einen Zuschlag setzt regelmäßig voraus, dass ein taugliches Angebot, wie im vorliegenden Fall das finale Angebot der Antragstellerin, abgegeben wurde. Weiterhin fehlt es an der Antragsbefugnis, wenn Gründe, die den Ausschluss der Antragstellerin gemäß § 107 Abs. 2 GWB tragen sollen, evident sind (OLG Schleswig, Beschluss vom 30.09.2010, 1 U 50/10). Das Angebot der Antragstellerin wurde nicht ausgeschlossen, sondern erhielt in der engeren Wahl des § 16 Abs. 6 Nr. 3 VOB/A nicht den Zuschlag. 56 Für die Entscheidung der Antraggegnerin war allein die Punktedifferenz der abschließenden Wertung des Angebotes der Beigeladenen zum Angebot der Antragstellerin maßgebend. Ob sich die dargestellte Rechtsverletzung bestätigt, insbesondere, ob die Antragstellerin tatsächlich von der Antragsgegnerin diskriminiert wurde bzw. die Antragsgegnerin die Informationen in der Weise weitergab, dass die Beigeladene gegenüber der Antragstellerin begünstigt werden konnte, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Antrages (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2006 – VII Verg 23/06). 2. Die Antragstellerin ist dadurch in ihren Rechten verletzt, dass die Antragsgegnerin die in § 97 Abs. 1 und 2 GWB niedergelegten Grundsätze der Gleichbehandlung, der Transparenz und des Wettbewerbs nicht beachtet hat. 2.1 Die Antragstellerin hat im Verfahren bis zur Information nach § 101 a GWB keinen Verfahrensfehler gerügt. Mithin sind Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erkennbar waren und nicht gerügt wurden, der Begründetheitsprüfung grundsätzlich nicht mehr zugänglich, vgl. § 107 Abs.3 Nr. 2 und Nr. 3 GWB. Im Zeitraum der Wertung, also von der Abgabe des finalen Angebotes bis zur Information nach § 101a GWB, könnte die Präklusion zulasten der Antragstellerin nur insoweit eingetreten sein, als die Antragstellerin gerügte Verstöße erkannt und nicht unverzüglich gerügt hat, vgl. § 107 Abs. 3 Nr.1 GWB. In die Zeit der Wertung fallen die Gespräche am 30.09.11 und 07.10.11, die die Antragsgegnerin ohne Kenntnis der Antragstellerin mit der Beigeladenen führte. Es kann dahinstehen, ob die Bestimmung infolge des Begriffs „unverzüglich“ unwirksam ist, vgl. OLG Celle Beschluss vom 26.04.2010, 13 Verg 4/10, weil die Antragsgegnerin die Antragstellerin nicht über ihre Gespräche mit der Beigeladenen informiert hat. Die Antragstellerin konnte mithin mangels Kenntnis eine Beschwer nicht rügen. Die Verhandlungen der Antragsgegnerin mit der Beigeladenen vor Erteilung des Zuschlages können also von der Antragstellerin angegriffen werden. 2.2 Auch ein Verhandlungsverfahren hat den wesentlichen Prinzipien des Vergaberechts zu folge, als da sind: Gleichbehandlung, Transparenz und dem Grundsatz des Wettbewerbs. 2.2.1 Der verfassungsrechtlich in Art. 3 GG verankerte Gleichheitsgrundsatz gehört seit jeher zu den elementaren Prinzipien des deutschen Vergaberechts und hat in § 97 Abs. 2 GWB, § 2 Abs. 2 VOB/A und für das Verhandlungsverfahren in § 3a Abs. 3 Nr. 1 VOB/A eine spezifische gesetzliche und vergabeordnungsrechtliche Normierung erfahren. Er ist in allen Phasen des Vergabeverfahrens zu beachten und dient dazu, die Vergabeentscheidung im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs auf willkürfreie sachliche Erwägungen zu stützen (vgl. 57 grundlegend u. a. OLG Saarbrücken, 29.05.2002, 5 Verg 1/01 Seite 14 Nr. 4 mit weiteren Nachweisen). Daraus folgt, dass die im vorliegenden Fall nur mit der Beigeladenen nach Angebotseröffnung geführten Verhandlungsgespräche unzulässig waren. Den Verstoß gegen den Kern des Gleichheitsgrundsatzes kann die Antraggegnerin nicht damit rechtfertigen, dass sie sich die Ungleichbehandlung durch entsprechende vorherige Verfahrensbestimmung und letztlich der rügelosen Einlassung der Bieter auf diesen Verfahrensschritt erlaubt. Die am Ende des Protokolls der Verhandlung über das zweite indikative Angebot enthaltene Bestimmung der Antragsgegnerin, dass sie die abschließende Verhandlung des Bauwerksvertrages ausschließlich mit dem bevorzugten Bieter führen wird, kann die Ungleichbehandlung der Bieter und hier die der Antragstellerin nicht rechtfertigen. Der Begriff: „bevorzugter Bieter“ ist in der VOB/A nicht definiert. Die Antragsgegnerin hat ihn auch nicht näher erläutert. Aus der Sicht eines verständigen Wettbewerbers ist der Verfahrensschritt so zu verstehen, dass der bevorzugte Bieter derjenige Wettbewerbsteilnehmer ist, der nicht nur ein taugliches Gebot abgegeben hat, sondern als Punktstärkster den Zuschlag erhalten soll. Mit diesem Bieter will die Antragsgegnerin vor Zuschlag, abschließend über Einzelheiten des Bauwerksvertrages verhandeln. Diesem Verfahrensschritt, den sich die Antragsgegnerin eingeräumt hat, kommt große, der Absage nach § 101a GWB gleiche Bedeutung zu. Der bevorzugte Bieter wird den Zuschlag erhalten. Das vergaberechtliche „Grundrecht“ auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung gilt auch in diesem Verfahrensschritt, soweit es die besondere Verfahrensbestimmung nicht einschränkt. Im Übrigen darf also die Antragstellerin nicht nur weiterhin auf Gleichbehandlung vertrauen, sondern hat den Anspruch auf Gleichbehandlung. Wenn nun die Bestimmung der Beigeladenen zum bevorzugten Bieter die Wirkung einer Absage an die Antragstellerin hat, muss die Erklärung in der dem § 101a GWB entsprechenden Art und Weise erfolgen; als Information an alle Bieter hier also an die Antragstellerin. Dies hat die Antragsgegnerin unterlassen. Sie hat aus Sicht der Antragstellerin mit der Entscheidung die Beigeladene zum bevorzugen Bieter zu bestimmen und abschließende Verhandlungen zu führen, das Wettbewerbsverfahren ohne Mitteilung an die Antragstellerin zu einem der Antragstellerin unbekannten Zeitpunkt faktisch beendet. Folglich hätte die Antragsgegnerin vor Aufnahme der Verhandlungsgespräche die Absage nach § 101a GWB an die Antragstellerin senden müssen; was sie allerdings unterließ. Die Absage an die Antragstellerin nach § 101a GWB folgte hingegen 20 Tage nach dem letzten Verhandlungsgespräch, am 27.10.11. Auf ihr rechtswidrig gesetztes Nachverhandlungsverfahren kann sich die Antragsgegnerin nicht stützen. 58 Im Übrigen ist das Bevorzugte-Bieter-Verfahren, bei dem der Auftraggeber ein Unternehmen bestimmt und nur mit diesem das Angebot endverhandelt, nicht mehr zulässig. Die grundsätzliche Unzulässigkeit bestimmt sich aus Art. 44 Abs. 4 VKR sowie ihrer Umsetzung in § 3a Abs. 7 Nr. 2 VOB/A. Ausnahmsweise können allerdings dann Verhandlungen mit nur einem Unternehmen begonnen werden, wenn nach sachgerechter Reduzierung der Zahl der Angebote anhand der Zuschlagskriterien lediglich ein geeigneter Bewerber übrig bleibt (vgl. Ingenstau a. a. O. Rdnr. 35 zu § 3a VOB/A). Der bezeichnete Ausnahmefall lag aber zur Zeit des Beginns der Verhandlung nicht vor. (…) Auch im Rahmen der Gleichbehandlung geführte Nachverhandlungen sind nur zulässig, um Zweifelsfragen zum Inhalt des Angebotes zu klären, nicht aber unvollständige Angebotsunterlagen zu ergänzen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.09.2003, 2 Verg 8/03). Das grundsätzliche Verbot von Verhandlungen im Rahmen der Aufklärung des Angebotsinhalts erfasst nicht nur die Änderung angebotener Preise, sondern auch Änderungen von für die Vergabe maßgeblichen Bedingungen, wie z. B. der Leistungsbeschreibung, der Qualitätsanforderungen, der Ausführungsbedingungen, der festgelegten Termine, der Gleitklauseln, der Wettbewerbsbedingungen wie Erklärungen und Bescheinigungen (vgl. Kratzenberg in Ingenstau/Korbion VOB Rdnr.: 21 zu § 15 VOB/A). Soweit die Gespräche lediglich die Aufklärung des Angebotsinhalts nach § 15 VOB/A bezweckten, wären sie auch ohne die besondere Bestimmung zulässig gewesen. Die erklärte Absicht des Antragsgegners war hingegen, den Bauwerksvertrag mit dem bevorzugten Bieter abschließend zu verhandeln. Eine schlichte Angebotsaufklärung war mithin nicht beabsichtigt und wurde auch nur in geringem Umfang durchgeführt, wie aus den Fragen, Antworten und Protokollen zu entnehmen ist. Die Gespräche sind auch nicht durch die Ausnahme in § 15 Abs. 3 VOB/A zulässig gewesen. Die Antragsgegnerin führte die Gespräche nicht in der Weise, dass aufgrund des Leistungsprogramms notwendige unumgängliche technische Änderungen geringen Umfangs und daraus sich ergebenden Änderungen der Preise verhandelt wurden. Die Grundvoraussetzung der genannten Ausnahme, dass es sich um ein Angebot mit Leistungsprogramm handelt, ist bei der in Rede stehenden Ausschreibung erfüllt. Allerdings ist die Ausnahme auf unumgängliche notwendige technische Änderungen begrenzt. Dies sind Änderungen, ohne die im betreffenden Einzelfall die sachgerechte Ausführung nicht möglich wäre (vgl. Kratzenberg in Ingenstau/Korbion VOB Rdnr. 24 zu § 15 VOB/A). 59 Die Antragsgegnerin hat die Ausnahmen nicht dokumentiert. In der Auswertung derjenigen Fragen, die eingeleitet werden durch: Wir gehen davon aus, dass..., Gehen wir Recht in der Annahme, dass..., Wir weisen darauf hin, dass, ... hierfür bedingte Änderungen in der Planung und Ausführung gehen zulasten des Bieters, ... liegen in der Risikosphäre des Bieters., Bestätigen Sie, dass...oder ..sollten widersprüchliche Angaben bzw. Unstimmigkeiten zwischen ... gilt die höherwertige, bzw. umfangreichere Angabe zeigen die dort behandelten technischen Themen, dass nicht nur die unumgänglichen technischen Änderungen behandelt werden, ohne die die sachgerechte Ausführung der Schule nicht möglich wäre: Aus alledem folgt, dass die Antragsgegnerin zu einer Zeit, in der ihr die Gleichbehandlung der Bieter aufgegeben war, sich unzulässig allein dem Angebot der Beigeladenen zuneigte und dieser damit die Möglichkeit gab, ihr Angebot vor der Entscheidung über den Zuschlag zu ändern, der noch im Wettbewerb befindlichen Antragstellerin eine solche Möglichkeit aber verweigerte. Der Vergabefehler ist evident, denn das Prinzip der Gleichbehandlung, gegen das die Antragsgegnerin verstoßen hat, dient ausdrücklich dem Schutz der Interessen aller Bieter, mithin der Antragstellerin. Mit jeder der drei Verhandlungsrunden wurde die Detaillierung und mithin die Planungstiefe vergrößert. So erhöhten sich bei den Bietern von Stufe zu Stufe mit dem Aufwand auch die Planungskosten des Verfahrens. Den sich vergrößernden Planungskosten stand lediglich die offensichtlich nicht kostendeckende Aufwandserstattung für den unterlegenen Bieter gegenüber. Nimmt man zum Risiko noch den für den unterlegenen entgangenen Gewinn hinzu, so ergibt dies einen von Stufe zu Stufe steigenden Wettbewerbsdruck. Die VOB/A sucht mit der Bestimmung in § 8 Abs. 8 Nr. 1 VOB/A Abhilfe zu schaffen, dann wenn von den Bewerbern verlangt wird, dass Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, statische Berechnungen, Mengenberechnungen oder andere Unterlagen ausgearbeitet werden. Insbesondere in den Fällen des § 7 Abs. 13 bis 15 VOB/A ist einheitlich für alle Bieter in der Ausschreibung eine angemessene Entschädigung festzusetzen. Die Regelungen des § 7 Abs. 13 bis 15 VOB/A betreffen Leistungsbeschreibungen mit Leistungsprogrammen und sind im vorliegenden Fall durch die Bestimmung in § 8 Abs. 8 Nr. 2 durch die Einbeziehung der freihändigen Vergabe auch auf das hier zu prüfende Verhandlungsverfahren anwendbar. Weyand a. a. O. beschreibt den vom Bieter hinzunehmenden Wettbewerbsdruck in der Rdnr. 6827 unter Bezugnahme auf das OLG Düsseldorf vom 30.01.2003 – I-5U 13/02 – wie folgt: Als Anbieter vermag er auch hinreichend sicher zu beurteilen, ob der zur Abgabe seines Angebotes bzw. zur Erlangung des Zuschlages erforderliche Aufwand das Risiko seiner Beteiligung an dem Wettbewerb und zusätzlicher Kosten lohnt. Glaubt er diesen Aufwand nicht wagen zu können, ist aber gleichwohl an dem Auftrag interessiert, so muss er entweder versuchen, mit dem Veranstalter des Wettbewerbs eine Einigung über die Kosten herbeizuführen oder aber von dem Angebot bzw. den zusätzlich geforderten Musterarbeiten absehen und dies den Konkurrenten überlassen, die zur Übernahme dieses Risikos bereit geblieben sind. 60 Auf den hier zu prüfenden Wettbewerb haben sich die Beteiligten und damit die Antragstellerin durch die gesetzten Verfahrensbestimmungen einstellen können. Hierunter fällt der kalkulierte eigene Aufwand gemessen an dem ausgelobten Entgelt. Wenn nun aber im Verfahren die von der Antragsgegnerin geforderte Detaillierung der Angebote in den Stufen das vorher definierte Maß übersteigt, steigt auch der Aufwand der Antragstellerin über zu kalkulierende Maß hinaus und die Antragstellerin kommt in den hier festzustellenden übermäßigen Wettbewerbsdruck. Augenfällig ist das bereits am offensichtlichen Missverhältnis zwischen dem ausgelobten Entgelt und dem Aufwand der Antragstellerin. Den Wettbewerbsdruck hätte die Antragsgegnerin beispielsweise durch die Bekanntgabe von Zwischenergebnissen vor jeder Verhandlungsrunde abbauen können. Sie hätte dem Punktschwächeren damit die Möglichkeit gegeben, kostenreduzierend aus dem Verfahren aussteigen zu können. Diese Möglichkeit blieb der Antragstellerin infolge der vorenthaltenen Information versagt. Die Kammer ist der Ansicht, dass die nunmehr für die Antragstellerin eingetretene Lage nicht in der Intensität der Belastung vorhersehbar war. Daher übersteigen die rechtlichen Folgen des fehlerhaften Verhaltens der Antraggegnerin die einem durchschnittlichen Unternehmen zumutbare Erkennbarkeit. Die Antragstellerin ist mit ihrer Rüge der vorenthaltenen Information, wie auch der der unterschiedlichen Information nicht präkludiert. Auch im Verhandlungsverfahren behalten die Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung, sowie der Nichtdiskriminierung ihre Gültigkeit. Zwar unterliegt der Auftraggeber im Verhandlungsverfahren kaum Verfahrensbeschränkungen, hat sich aber materiell an den Vergabegrundsätzen zu orientieren. So ist er auch im Verhandlungsverfahren verpflichtet, die Bieter gleich zu behandeln. Er muss allen Bietern die gleichen Informationen zukommen lassen und ihnen die Chance geben, innerhalb gleicher Fristen und zu gleichen Anforderungen Angebote abzugeben. Das Transparenzgebot verpflichtet ihn, den Verfahrensablauf – soweit bekannt – mitzuteilen und davon nicht überraschend und willkürlich abzuweichen (vgl. OLG Düsseldorf, 28.05.2003 Verg 15/03). Dem hat die Verhandlungsführung der Antragsgegnerin in der Zeit bis zur Eröffnung des finalen Angebotes nicht genügt. In den zwei Verhandlungsrunden, jeweils nach dem ersten und zweiten indikativen Angebot, hat sie mit Aufforderungsschreiben der Antragstellerin und der Beigeladenen jeweils auf die jeweiligen Angebote bezogene, mithin unterschiedliche Hinweise gegeben. Wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung dazu mitteilte, wollte sie die jeweiligen Stärken der Angebote entwickeln. Hier leidet das praktizierte Verfahren an einem groben Fehler. Durch die individuelle fachliche Diskussion der indikativen Angebote ist bei beiden Bietern das Vertrauen gewachsen, das beste Angebot abgeben zu können. Überraschend 61 und umso tiefer war dann die Enttäuschung der Antragstellerin, unterlegen zu sein. Bei baulichen und vertraglichen wettbewerbsrelevanten Einzelregelungen sind unbedingt gleiche Hinweise zu geben, um gleiche Angebotsgrundlagen zu sichern. Hier also der Hinweis an beide Wettbewerber auf die Zulässigkeit der Fassadenausführung als Wärmedämmverbundsystem. Wird zusätzlich auch noch der jeweilige Gesamtpunktestand als Zwischensumme an beide Wettbewerber und die eigene, individuelle Punkteverteilung mitgeteilt, können sich die Bieter in der kommenden Verhandlungsrunde mit ihren Angeboten darauf einstellen. In den Vergabeunterlagen nicht vorgegeben war auch die unter Nr. 2 b) erläuterte Verfahrensweise der Zusammenführung von Einzelbewertungen zu einer Gesamtbewertung bei unterteilten Vorgaben. Die anhand eines Beispiels erläuterte Verfahrensweise, wonach bei nicht eindeutigem Ergebnis der Einzelbewertung immer zum Vorteil eines Bieters bewertet wird, führt dazu, dass Bieter mit schlechteren qualitativen Einzelbewertungen bei entsprechender Zusammenführung gegenüber Bietern mit eindeutig positiven Einzelbewertungen bevorzugt werden. Ob die Anwendung dieser Methode in der Gesamtschau zu einem nennenswerten oder gar ausschlaggebenden Wertungsvorteil für die Beigeladene geführt hat, ist nicht eindeutig feststellbar. Es gibt auch Unterkriterien, bei denen diese Regelung für die Antragstellerin von Vorteil war. 33 VK Brandenburg, Beschluss vom 04.03.2012 – VK 5/12 (Ingenieurleistungen) Die Auftraggeberin schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom ... 2011 die Vergabe von Ingenieurleistungen zum geordneten Abschluss der ... im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb europaweit aus. II. 2. Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig und offensichtlich unbegründet. Die Antragstellerin hat hinsichtlich der im Zusammenhang mit dem Ausschluss ihres Angebotes geltend gemachten Vergaberechtsverstöße – mit Ausnahme der mit Schreiben vom ... 2012 beanstandeten vergaberechtswidrig unterbliebenen Nachverhandlungen – ihre Obliegenheit, sie unverzüglich gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB zu rügen, nicht erfüllt. Die Auftraggeberin war bereits deshalb nicht zu Nachverhandlungen mit der Antragstellerin verpflichtet, weil deren Angebot von der weiteren Wertung zwingend auszuschließen war. Das Angebot der Antragstellerin enthält Änderungen an den von der Auftraggeberin eindeutig (s.o.) in der Aufforderung zur Abgabe des Angebotes festgelegten Bedingungen. Die Antragstellerin hat entgegen dieser Vorgaben bei der Erstellung ihres Honorarangebotes die in Anlage 12 zu § 42 Abs. 1 HOAI aufgeführ- 62 ten Grundleistungen der Leistungsphasen 2, 3 und 8 (zu bewerten mit den jeweils angegebenen Prozentsätzen aus der Gesamtleistung) nicht vollständig in die Honorarberechnung einbezogen. Grundsätzlich existiert im Anwendungsbereich der VOF keine Regelung, nach der Angebote, die Änderungen an den Vergabeunterlagen enthalten, von der weiteren Wertung auszuschließen sind. § 11 Abs. 3 VOF ist in Fällen wie diesen nicht einschlägig. Allerdings gelten auch im Verhandlungsverfahren nach der VOF die übergeordneten Grundsätze der Gleichbehandlung und Transparenz des Vergabeverfahrens als Ausdruck des Art. 2 der Richtlinie 2004/18/EG sowie § 97 Abs. 1 und 2 GWB. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet dabei jegliche Bevorzugung von Unternehmen, deren Angebote nicht den von Seiten des Auftraggebers festgelegten Anforderungen entsprechen. Auch das Transparenzgebot gebietet die Einhaltung bekannt gemachter Standards gegenüber allen Bietern bzw. deren Änderung nicht nur gegenüber einzelnen, sondern allen Bietern in transparenter und diskriminierungsfreier Weise (so auch VK Sachsen, Beschluss vom 20. Oktober 2011 – 1/SVK/039-11). Die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens steht dem nicht entgegen, denn Angebote können auch in einem Verhandlungsverfahren nur dann für das weitere Verfahren berücksichtigt werden, wenn sie die durch den Auftraggeber festgelegten Mindestanforderungen erfüllen (vgl. VK Sachsen, a.a.O.; VK Bund, Beschluss vom 25. Mai 2004 – VK 1-51/04). 34 VK Sachsen, Beschluss vom 16.05.2012 – 1/SVK/010-12 (Schienenfahrzeuge) Auch in einem Verhandlungsverfahren muss das erste Angebot den ausgereichten Verdingungsunterlagen entsprechen. D.h. es können nur solche Angebote in der weiteren Wertung berücksichtigt werden, die zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe die Mindestanforderungen erfüllen. Soweit sich dennoch im Laufe des Verhandlungsverfahren ein Verzicht oder ein Abweichen von einem aufgestellten „Muss“-Kriterium als notwendig erweist, um das Verhandlungsverfahren erfolgreich zu beenden und den Beschaffungswillen der Auftraggeberin umzusetzen, so ist die Auftraggeberin verpflichtet, diese Änderung sämtlichen Verfahrensbeteiligten gleichermaßen bekannt zu machen. Im Ergebnis ist den Bietern so dann die Möglichkeit einzuräumen, ein überarbeitetes Angebot ausschließlich unter Berücksichtigung dieser Änderung vorzulegen (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 12.04.2012, Az.: 2 Verg 1/12). Sofern die Auftraggeberin im Verlauf der Verhandlungen keine Abschichtung vornimmt, steht es ihr frei, wie viele Verhandlungsrunden sie mit den Bietern führt. Entscheidend dabei ist, dass sie mit jedem an der Verhandlung beteiligten 63 Bieter gleichartige Verhandlungen führt und schlussendlich den Umfang und den Termin für ein finales Angebot als Abschluss des Verhandlungsverfahrens unmissverständlich bestimmt (vgl. VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.12.2011, Az.: 1 VK LSA 32/11, VK Sachsen, Beschluss vom 18.10.2010, Az.: 1/SVK/036-10). Diese dann ggf. vorliegenden Angebote hat die Auftraggeberin ihrer Wertung auf Grundlage der verlautbarten Zuschlagskriterien, Unterkriterien und ggf. weiterer UnterUnterkriterien zu unterziehen und ihrer Zuschlagsentscheidung zu Grunde zu legen. Angebote im Verhandlungsverfahren Auch in einem Verhandlungsverfahren muss das erste Angebot den ausgereichten Verdingungsunterlagen, hier dem Lastenheft, entsprechen. D.h. es können nur solche Angebote in der weiteren Wertung berücksichtigt werden, die zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe die Mindestanforderungen erfüllen (vgl. OLG München, Beschluss vom 29.09.2009, Az.: Verg 12/09, VK Sachsen, Beschluss vom 25.08.2010, Az.: 1/SVK/027-10). Soweit eine Bieterin, wie die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung darlegte, Unstimmigkeiten im Lastenheft erkannt zu haben, die möglicherweise gesetzlichen Regelwerken zuwiderlaufen oder diese ungenügend berücksichtigen, ist sie verpflichtet, diesen erkannten Mangel oder die erkannte Unklarheit des Lastenheftes der Auftraggeberin vor Angebotsabgabe anzuzeigen. Darauf hatte die Auftraggeberin mit den ausgereichten Bewerbungsbedingungen für die Vergabe von Leistungen, Formblatt XXXXXX EG, unter Ziffer 1 ausdrücklich hingewiesen: „Enthalten die Vergabeunterlagen nach Auffassung des Bewerbers Unklarheiten, so hat er unverzüglich die Vergabestelle vor Angebotsabgabe in Textform darauf hinzuweisen.“. Es berechtigt die Bieterin nicht, wie vorliegend von der Antragstellerin ebenso wie von der Beigeladenen vorgenommen, ein Angebot vorzulegen, welches zwar den Rahmenbedingungen der umzusetzenden Normen entspricht, letztlich aber eine Änderung der Verdingungsunterlagen enthält. Die Bieterinnen trifft die Obliegenheit, bei der Angebotsabgabe, auch im Verhandlungsverfahren, die aufgestellten Mindestanforderungen, hier „Muss-Kriterien“ zu beachten und ihr Angebot gemäß den seitens der Auftraggeberin erhobenen Anforderungen abzugeben. Vorliegend kann es wegen der noch offen Eignungsprüfung und der ohnehin angekündigten Wiederholung der Verhandlungen dahingestellt bleiben, ob bei einem solchen Vorgehen möglicherweise der Ausschluss desjenigen Angebotes erfolgen müsste. Zwar sieht § 26 SektVO den Ausschluss eines Angebots wegen fehlender oder unvollständiger Angaben oder Abweichungen von den Vergabeunterlagen nicht ausdrücklich vor, sondern bestimmt nur, dass die Angebote vor Zuschlagserteilung zu prüfen und zu werten sind. Dem Sektorenauftraggeber, hier der Auftraggeberin, steht somit grundsätzlich ein größerer Beurteilungsspielraum 64 zu. Es ist jedoch anerkannt, dass die allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätze des § 97 GWB, insbesondere das Transparenz- und das Gleichbehandlungsgebot, auch in Vergabeverfahren nach der SektVO entsprechend gelten (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.02.2012, Az.: Verg W 1/12, OLG München, Beschluss vom 29.09.2009, Az.: Verg 12/09). 35 VK Bund, Beschluss vom 23.07.2012 – VK 3-81/12 (Rahmenvertrag Reparatur- und Wartungsdienste) Auch im Verhandlungsverfahren mit vorangehendem Teilnahmewettbewerb trifft den Bieter die Obliegenheit, bei der Abgabe seines Angebotes zumindest die vom Auftraggeber aufgestellten Mindestanforderungen zu beachten und sein Angebot gemäß den Anforderungen abzugeben. Gründe: I. 1. Die Antragsgegnerin (Ag) hat ... den Abschluss eines Rahmenvertrages über Reparatur-und Wartungsdienste in Bezug auf Motoren ... im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit vorangehendem Teilnahmewettbewerb ausgeschrieben. Herstellerin dieser Motoren ist die Antragstellerin (ASt). a) Der Auftrag war in zwei Lose aufgeteilt, wobei das Los 1 insgesamt 13 Motoren und das Los 2 in Summe 7 Motoren umfasste (Vergabebekanntmachung, II.2)). Auftragsgegenstand in beiden Losen war die Instandsetzung von Motoren ... in der Materialerhaltungsstufe 4 mit der Versorgungsnummer ... (Vergabebekanntmachung, II.1.5)). Die Vergabebekanntmachung listete im Abschnitt III.2) „Teilnahmebedingungen“ unter dem Punkt III.2.3) „Technische und berufliche Leistungsfähigkeit“ die folgenden Eignungskriterien auf: 1. a) Entweder die Vorlage eines Nachweises, dass mindestens fünf vergleichbare Instandsetzungen (Materialerhaltungsstufe 4) der ausgeschriebenen Baugruppe in den letzten fünf Jahren ... durchgeführt wurden. Der Nachweis ist durch die Angabe von Auftraggeber (Anschrift), Ansprechpartner (mit Tel. Nr.), Auftragsgegenstand und Leistungszeiten zu führen 1.b) oder die Vorlage des Nachweises in Kopie über eine erfolgreich durchgeführte Probeinstandsetzung durch Zertifizierung einer behördlichen Stelle für die ausgeschriebenen Baugruppen (oder baugleiche Referenzbaugruppen) in der Systeminstandsetzungstiefe Materialerhaltungsstufe 4 oder Zertifizierung durch den Hersteller 1.c) oder Eigenerklärung der Herstellereigenschaft selbst. 65 2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. a) Der Ausschluss der ASt vom Vergabeverfahren war nach § 19 Abs. 3 lit. d) EG VOL/A geboten. aa) Der Ausschluss erfolgte vielmehr zu Recht, da die ASt mit ihrem Angebot vom Rahmenvertrag und den Ausschreibungsunterlagen abwich. Zudem wandelte sie, wie bereits erwähnt, die Zustimmungserklärung in Anlage 4 zum Rahmenvertrag dahingehend ab, dass sie den Rahmenvertrag nicht vorbehaltlos anerkennt. Dies war nach den Ausschreibungsunterlagen jedoch unzulässig und sollte unmissverständlich zum Ausschluss des Angebotes führen. Auch im Verhandlungsverfahren mit vorangehendem Teilnahmewettbewerb trifft den Bieter die Obliegenheit, bei der Abgabe seines Angebotes zumindest die vom Auftraggeber aufgestellten Mindestanforderungen zu beachten und sein Angebot gemäß den Anforderungen abzugeben (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. März 2010, Verg 46/09). Dies folgt auch aus einem Rückschluss zu § 18 EG VOL/A. Aus Satz 2, wonach Verhandlungen im offenen und im nicht offenen Verfahren unzulässig sind, lässt sich zunächst schließen, dass Verhandlungen nur im Verhandlungsverfahren zulässig sind. Darüber hinaus wird aber deutlich, dass alle anderen Vorschriften der EG VOL/A, insbesondere § 19 Abs. 3 lit. d) EG VOL/A, auch im Verhandlungsverfahren Anwendung finden, so dass zunächst einmal auch hier ein vollständiges, den Vorgaben des Auftraggebers entsprechendes Angebot eingereicht werden muss. Die ASt durfte daher nicht von sich aus Vertragsbestandteile zur Disposition stellen. Soweit die ASt vorträgt, die Abweichungen seien lediglich als Verhandlungsvorschlag gedacht gewesen, hat sie dies nicht zum Ausdruck gebracht. Gegen eine solche Auslegung spricht außerdem der Wortlaut ihres handschriftlichen Zusatzes in Anlage 4 des Rahmenvertrages, in dem ausdrücklich das Wort „Änderung“ verwendet wird. Abweichungen vom Vertragstext stellen in jedem Fall eine Änderung dar. Dies gilt nicht nur für Streichungen, sondern auch für Zusätze. bb) Darüber hinaus war die ASt auch deshalb vom weiteren Verfahren auszuschließen, weil ihr Teilnahmeantrag vom 12. April 2012 unvollständig war und sie demnach ihre Eignung nicht in der vorgeschriebenen Form nachgewiesen hatte. 36 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 – Verg 10/12 (SatWaS) II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. (…) d) Die Vergabestelle durfte den MoWaS-Auftrag nach § 3 Abs. 4 Buchst. c VOL/A-EG im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben. Der Auftrag 66 konnte wegen seiner technischen Besonderheiten nur von der Beigeladenen durchgeführt werden. Die Beschaffungsentscheidung der Vergabestelle war beanstandungsfrei dahin ergangen, dass MoWaS auf dem bewährten SatWaS aufbauen sollte. Die erforderliche Technik stand nur der Beigeladenen zur Verfügung. Dasselbe hat für den SatWaS-Auftrag im Jahr 2000 zu gelten, der ebenfalls ohne einen vorherigen Teilnahmewettbewerb der Beigeladenen erteilt worden ist. Auch die Vereinbarungen über die Wartung und Aktualisierung (Pflege) von SatWaS durften erlaubterweise allein im Wege von Verhandlungen mit der Beigeladenen geschlossen werden. Die ebenfalls umstrittene Frage, ob der Vergabestelle außerdem ein Verhandeln ohne Teilnahmewettbewerb nach § 3 Abs. 4 Buchst. e VOL/A-EG gestattet war (zusätzliche Lieferungen zur teilweisen Erneuerung oder Erweiterung), kann offen bleiben. 37 VK Nordbayern, Beschluss vom 20.11.2012 – 21 VK-3194-26/12 (Beschaffung eines ….) Im streitgegenständlichen Vergabeverfahren ist die ASt allerdings mit ihrer Rüge gegen das Verhandlungsverfahren präkludiert. Wenn in dieser Vergabeart die ASt eine Verletzung in ihren Rechten erblicken will, hätte sie dies bis zur Abgabe ihres Angebots rügen müssen. Nach § 8 EG Abs. 1 VOL/A ist eine Leistung so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und dass miteinander vergleichbare Angebote zu erwarten sind. Selbst in einem Verhandlungsverfahren muss der Auftraggeber klare Vorstellungen über die Funktionen und Ziele der nachgefragten Leistung haben (Prieß in Kulartz/Marx/ Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, Rd. 82 zu § 8 EG). Der Auftraggeber hat die Pflicht den Beschaffungsbedarf mit größtmöglicher Bestimmtheit festzulegen, ebenso müssen Leistungsziel, Rahmenbedingungen und wesentliche Einzelheiten der Leistung feststehen (Prieß Rd. 83 a.a.O. unter Berufung auf OLG Naumburg v. 16.09.2002 – 1 Verg 2/02). Ohne eine detaillierte Leistungsbeschreibung und der exakten Festlegung von Mindestanforderungen kann die VSt das Angebot der ASt nicht mit der Begründung unberücksichtigt lassen, das Gerät erfülle nicht die erwarteten Anforderungen. Ebenso wenig kann die VSt mit ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung durchdringen, in der Teststellung habe das Gerät der ASt die in E-mails vereinbarten Anforderungen nicht erfüllt. Die ASt bestreitet dies und die VSt konnte weder die Festlegungen noch den Zeitpunkt belastbar belegen. Unklarheiten in den Ausschreibungsunterlagen dürfen nicht zum Nachteil eines Bieters ausschlagen (BayObLG v. 28.05.2003 – Verg 6/03 unter Bezug auf Beck´scher VOB-Komm./Prieß A § 21 Rn 36). Der bloße Hinweis in der E-mail vom 9.5.2012 auf die Wichtigkeit einer langfristigen Garantie erfüllt nicht die Anforderung an eine eindeutige Leistungsbeschreibung im Sinne von § 8 EG Abs. 1 VOL/A. 67 38 EuG, Urteil vom 15.01.2013 – Rs. T-54/11 (Spanien./.Kommission) Das Verhandlungsverfahren hat Ausnahmecharakter, wobei die Ausnahmefälle, in denen der Rückgriff auf das Verhandlungsverfahren zulässig ist, in Art. 6 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 93/36/EWG abschließend und ausdrücklich aufführt sind. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Verhandlungsverfahren Ausnahmecharakter hat, wobei Art. 6 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 93/36 die einzigen Ausnahmefälle, in denen der Rückgriff auf das Verhandlungsverfahren zulässig ist, abschließend und ausdrücklich aufführt (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 8. April 2008, Kommission/Italien, C 337/05, Slg. 2008, I 2173, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem sind diese Bestimmungen nach ständiger Rechtsprechung als Ausnahme von den Vorschriften, die die Wirksamkeit der vom Unionsrecht anerkannten Rechte im Bereich des öffentlichen Auftragswesens gewährleisten sollen, eng auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2009, Kommission/ Deutschland, C 275/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung). Darüber hinaus trägt derjenige, der sich auf diese Ausnahmevorschriften berufen will, die Beweislast dafür, dass die sie rechtfertigenden außergewöhnlichen Umstände tatsächlich vorliegen (vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Italien, oben in Randnr. 34 angeführt, Randnr. 58, und Kommission/Deutschland, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 56). 39 VK Bund, Beschluss vom 25.01.2013 – VK 3-5/13 (Rahmenvertrag Arzneimittel) Da die ASt gemäß § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A (vgl. § 31 Abs. 2 Nr. 4 VSVgV) zwingend von der Wertung auszuschließen war, hätte sie den Zuschlag auf ihr Angebot auch dann nicht erhalten, wenn die Ag das Vergabeverfahren nicht aufgehoben hätte. Die ASt profitiert somit von der Aufhebung, da sie im Rahmen der von der Ag vorbereiteten neuen Ausschreibung die Möglichkeit erhält, sich erneut um den Auftrag zu bewerben. Der zwingende Ausschlussgrund ist zu bejahen, weil die ASt mit ihrem Angebot von den Ausschreibungsbedingungen abweicht, § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A. Denn die ASt hat in ihrem ersten Angebot statt der geforderten Festpreise Richtpreise angegeben und damit Änderungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen. Auch im Verhandlungsverfahren besteht für die Bieter jedoch die Verpflichtung, zunächst ein den Vergabeunterlagen entsprechendes Angebot abzugeben. Erst dann dürfen die Angebote im Zuge der Verhandlungen abgeändert werden. Ob die ASt mit ihrem zweiten Angebot zumindest teilweise Festpreise angeboten hat oder ob diese 68 aufgrund des Zusatzes, dass der Festpreis nicht für völlig defekte Baugruppen gelte, nicht als Festpreise angesehen werden können, bedarf somit keiner Beantwortung. Der Ausschlussgrund ist entgegen der Ansicht der ASt auch noch im laufenden Nachprüfungsverfahren zu beachten, auch wenn dieser im Rahmen der Auswertung der Angebote keine Berücksichtigung gefunden hat. Insbesondere kann dieser Fehler nicht durch das Vorantreiben des Verfahrens seitens der Ag geheilt werden. Dies würde schon dem Gleichbehandlungsgebot nach § 97 Abs. 2 GWB, dem das Vergabeverfahren unterliegt, zuwiderlaufen. Darüber hinaus wäre die Vergleichbarkeit der Angebote nicht mehr gegeben, wenn die ASt Richtpreise anbieten dürfte, während alle anderen Bieter mit Festpreisen kalkulieren müssten. 4. Beschleunigtes Verfahren 40 VK Sachsen, Beschluss vom 10.02.2012 – 1/SVK/001-12 (Institutsgebäude, FR Physik) Der zulässige Antrag ist begründet (2.) Die Antragstellerin ist in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Dem Auftraggeber war aufzugeben, das Vergabeverfahren in den Zeitpunkt vor Abgabe der Teilnahmeanträge zurückzuversetzen. 1. verkürzte Bekanntmachungsfristen Die Verkürzung der Bekanntmachungsfrist ist vorliegend vergaberechtswidrig. Der Auftraggeber hat die in § 7 Abs. 1 vorgesehene Frist von 37 Tagen auf 20 Tage abgekürzt. Er beruft sich insoweit auf § 7 Abs. 2 VOF. Nach § 7 Abs. 3 VOF beträgt in Fällen besonderer Dringlichkeit die Frist für den Antrag auf Teilnahme mindestens 15 Tage, oder mindestens 10 Tage bei elektronischer Übermittlung, jeweils ab dem Tag der Absendung der Bekanntmachung (Beschleunigtes Verfahren). Die Dringlichkeit wird insoweit mit den Maßnahmen zum Konjunkturpaket II begründet 1.1. Mitteilung der Kommission zur Verlängerung der Beschleunigungsregeln Der Auftraggeber bezieht sich zum einen darauf, die Kommission habe eine Regelung zur Annahme der Dringlichkeit bei größeren Vorhaben aufgrund konjunktureller Schwierigkeiten bis zum 31.12.2011 verlängert. Aus dieser „Verlängerung“ ergibt sich jedoch keine Ermächtigungsgrundlage, von der Regelfrist des § 7 Abs. 1 VOF abzuweichen. Nach einer Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 19.12.2008 (IP/08/2040) war diese der Ansicht, dass die Richtlinie 2004/18/EG über die Vergabe öffentlicher Aufträge den Rückgriff auf beschleunigte Verfahren erlaube, wenn 69 dies aus Dringlichkeitsgründen erforderlich sei. Die Kommission erkennt damit an, dass der Ausnahmecharakter der aktuellen Wirtschaftslage dazu führen könne, dass eine raschere Durchführung umfangreicher öffentlicher Arbeiten notwendig werde. Die Annahme der Dringlichkeit sollte in den Jahren 2009 und 2010 für alle größeren öffentlichen Projekte gelten. Die „Verlängerung“ lässt sich nach den Recherchen der Vergabekammer allenfalls auf die „NOTE TO THE MEMBERS OF THE ADVISORY COMMITTEE ON PUBLIC CONTRACTS“ der Kommission vom 09.12.2010 stützen. Das Schreiben hat nicht den Charakter einer „Ermächtigungsgrundlage“ wie eine Richtlinie, denn es enthält lediglich folgende Aussage „As agreed with Commissioner Barnier, we acknowledge that there might still be a need for further flexibility beyond 2010. Hence, Member States that wish to keep using the temporary anti-crisis measures can do so for one more year (until end 2011)“. Diese Aussage hat damit weder einen normsetzenden bzw. normersetzenden Charakter. Vielmehr lässt sie sich als Auslegung der Richtlinie 2004/18/EG, als eine Aufforderung an die Mitgliedsstaaten entsprechendes umzusetzen oder als einen Verzicht auf die Durchführung eines Vertragsverletzungsverfahrens interpretieren. Weder auf Bundesebene, noch auf sächsischer Landesebene ist eine Ermächtigungsgrundlage für das Jahr 2011 erkennbar. 1.2.Dringlichkeit des Vorhabens nach § 7 Abs. 2 VOF Soweit sich der Auftraggeber zum anderen darauf beruft, die Dringlichkeit des Vorhabens an sich begründe die Beschleunigung, ist festzustellen, dass keine ausreichenden Gründe dokumentiert wurden. Die Verkürzung der Frist ist nur in eng zu fassenden Ausnahmefällen zulässig, weil dadurch der europaweite Wettbewerb faktisch begrenzt wird zugunsten der beschleunigten Durchführung des Verfahrens. Die Dringlichkeit setzt die nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilende Eilbedürftigkeit der beabsichtigten Beschaffung voraus. Die Eilbedürftigkeit muss sich zudem in aller Regel aus Umständen ergeben, die nicht der organisatorischen Sphäre des öffentlichen Auftraggebers selbst zuzurechnen sind (OLG Düsseldorf, B. v. 01.08.2005 – Az.: VII – Verg 41/05; 3. VK Bund, B. v. 09.06.2005 – Az.: VK 3 – 49/05). Diese Rechtfertigung ist in Zweifel zu ziehen. So wird im Vergabevermerk die Dringlichkeit im Wesentlichen lediglich durch den Baumanagementplan begründet. Sachliche, technologische oder sonstige fachliche Gründe, die den schnellen Abschluss eines Bauvorhabens bedingen, ergeben sich gerade nicht aus einem reinen Bauablaufplan. Allenfalls ist aus diesem ersichtlich, dass sich das Bauvorhaben insgesamt in einem Verzug der planerischen Absichten befindet. Das ist im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung nicht ausreichend. 70 1.3. Nachgeschobene Dringlichkeitsgründe Im Schriftsatz vom 01.02.2012 schob der Auftraggeber erstmalig Dringlichkeitsgründe nach und legte dar, das Institut, das das Laborgebäude betreibe, verliere seinen Exzellenzstatus, wenn kein Ersatzneubau für die unzureichenden bestehenden baulichen Anlagen geschaffen würden. Zudem habe man als Institut einen Preis gewonnen. Die hiervon anzuschaffenden Forschungsmittel benötigten im Abrufzeitraum eine entsprechende bauliche Hülle. Die Rechtsprechung zur Möglichkeit des Nachschiebens von Gründen im Vergabenachprüfungsverfahren ist umstritten: Überzeugend ist aber insoweit der obergerichterlichen Rechtsprechung. So vertritt das OLG Düsseldorf (B. v. 17.3.2004 – Az.: VII – Verg 1/04) die Ansicht, dass eine Heilung von Dokumentationsmängeln nicht zulässig sei. Eine Ausnahme sei nur für solche Umstände möglich, die dem Auftraggeber erst im Laufe des Nachprüfungsverfahrens bekannt werden (ebenso OLG Frankfurt a. M., B. v. 28.11.2006 – Az.: 11 Verg 4/06; B. v. 16.08.2006 – Az.: 11 Verg 3/06; Thüringer OLG, B. v. 26.06.2006 – Az.: 9 Verg 2/06). Das ist hier nicht der Fall. Im Ergebnis schließt sich das OLG München dieser Auffassung ebenfalls an. Sinn und Zweck der Dokumentationspflichten des Auftraggebers sei es, das Verfahren objektiv transparent und überprüfbar zu machen. Bedeutung und Funktion des Vergabevermerks würden entwertet, würde man dem Auftraggeber gestatten, den Nachweis für ein Vorgehen, das hätte dokumentiert werden müssen, nachträglich zu führen (OLG München, B. v. 21.08.2008 – Az.: Verg 13/08). Die neuere Rechtsprechung des BGH ändert nichts an dieser Betrachtung. Demnach sei mit Blick auf die Dokumentationspflichten im Allgemeinen zu unterscheiden zwischen dem, was nach § 20 Abs. 1 und 2 VOB/A 2009 oder § 24 VOL/A- EG im Vergabevermerk mindestens niederzulegen sei, und Umständen oder Gesichtspunkten, mit denen die sachliche Richtigkeit einer angefochtenen Vergabeentscheidung außerdem nachträglich verteidigt werden solle. Solche vorgetragenen Überlegungen auf ihre Stichhaltigkeit hin zu überprüfen, könne der Vergabestelle schwerlich generell unter dem Gesichtspunkt fehlender Dokumentation verwehrt werden. Der Auftraggeber könne im Nachprüfungsverfahren nicht kategorisch mit allen Aspekten und Argumenten präkludiert werden, die nicht im Vergabevermerk zeitnah niedergelegt worden seien. Mit dem vergaberechtlichen Beschleunigungsgrundsatz wäre es nicht vereinbar, bei Mängeln der Dokumentation im Vergabevermerk generell und unabhängig von deren Gewicht und Stellenwert von einer Berücksichtigung im Nachprüfungsverfahren abzusehen und stattdessen eine Wiederholung der betroffenen Abschnitte des Vergabeverfahrens anzuordnen. Dieser Schritt sollte vielmehr Fällen vorbehalten bleiben, in denen zu besorgen ist, dass die Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentation lediglich im Nachprüfungsverfahren nicht ausreichen könnte, um eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung zu gewährleisten (BGH, Beschluss vom 08.02.2011, X ZB 4/10). Demzufolge könne im Sinne von nachgeschobenen Gründen eine Heilung der 71 Dokumentation lediglich im Ergänzen von bereits durchgeführten Überlegungen liegen. Gänzlich neue Umstände, die nicht Gegenstand der Entscheidung zum jeweiligen Zeitpunkt gewesen seien, könnten hier nicht berücksichtigt werden. Vorliegend waren nach den Erkenntnissen der Vergabekammer in der mündlichen Verhandlung die vorgetragenen Überlegungen zum Exzellenzstatus der Forschungseinrichtung nicht Gegenstand der Entscheidung, die Bekanntmachungsfrist abzukürzen. Insofern kann sich der Auftraggeber nicht auf die erst nunmehr erstmalig im Rahmen des Verfahrens vorgetragenen Umstände berufen. 5. Verfahren mit Teilnahmewettbewerb/Auswahlkritieren 41 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2011 – Verg 84/11 (Gebäude- und Glasreinigung) Gemäß § 20 Abs. 2 SektVO kann der Auftraggeber im Verhandlungsverfahren die Zahl der Bewerber soweit verringern, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen den Besonderheiten des Vergabeverfahrens und dem zu seiner Durchführung erforderlichen Aufwand sichergestellt ist, wenn dies erforderlich ist. Die Auswahl dieser Teilnehmer aus dem Kreis der als geeignet bewerteten Bewerber ist nicht in das Belieben des Auftraggebers gestellt und darf auch nicht durch Losentscheid, sondern nur anhand der in § 20 Abs. 1 SektVO genannten objektiven Kriterien vorgenommen werden. Darunter sind Kriterien zu verstehen, die auftragsbezogen die Feststellung der Eignung der Unternehmen ermöglichen (vgl. Vavra in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 20 SektVO, Rdn. 3). Die Kriterien zur Reduzierung des Kreises der geeigneten Bewerber müssen demnach eine Beurteilung der – besseren – Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Bewerber zulassen. Diesen Anforderungen genügt das Kriterium der Bonität. Ob ein Unternehmen solide finanziert ist, seine Verbindlichkeiten erfüllt und wie seine Bonität objektiv einzuschätzen ist, ist ein wichtiger Gesichtspunkt bei der Beurteilung seiner Zuverlässigkeit. Zudem erlaubt die Bonität Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit. Ist ein Unternehmen solvent und wird seine Bonität als gut eingeschätzt, so ist mit seinem Verbleiben am Markt und seiner andauernden Leistungsfähigkeit zu rechnen. Die Antragsgegnerin war demnach grundsätzlich berechtigt, aus dem Kreis geeigneter Bewerber diejenigen mit der besten Bonität für eine Teilnahme am Verhandlungsverfahren auszuwählen. 42 VK Bund, Beschluss vom 25.01.2012 – VK 1-174/11 (Bewachungsdienstleistungen) I. 72 Die Antragsgegnerin (Ag) schrieb durch ihre Vergabestelle ... Anfang ... 2011 als „Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb“ die Vergabe „Abschluss eines Rahmenvertrages über Bewachungsleistungen an zivil-gewerbliche Unter- nehmen in der Liegenschaft ... „ aus. Die ausgeschriebenen Leistungen wurden bisher von der Antragstellerin (ASt) erbracht. 2. II. Der Nachprüfungsantrag ist jedenfalls teilweise zulässig und hat in der Sache erfolgt. a) Der Wettbewerbsgrundsatz gemäß § 97 Abs. 1 GWB, § 2 Abs. 1 VOL/A verpflichtet öffentliche Auftraggeber, im Wettbewerb zu beschaffen. Dies gilt nicht nur für die Angebotswertung nach Maßgabe der bekanntgegebenen Zuschlagskriterien als letzte Stufe der Wertung, sondern im gesamten Vergabeverfahren und damit auch für die Auswahl eines Bieterkreises im Teilnahmewettbewerb wie im vorliegenden Fall. Denn bereits in diesem Stadium ist Wettbewerb um die begrenzten Plätze für die Teilnahme am weiteren Verfahren zu gewährleisten. Dies schließt mit ein, dass für die Auswahl der Bieter Auswahlkriterien bestimmt werden, die einen Wettbewerb der Teilnehmer zulassen. Die entsprechenden Auswahlkriterien sind dabei so zu fassen, dass danach diejenigen Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, die die bestmögliche Leistung erwarten lassen (vgl. VK Bund, Beschluss vom 14. Juni 2007, VK 1-50/07, m.w.N.), wobei dem öffentlichen Auftraggeber hier ein Beurteilungsspielraum zusteht. Entsprechend konkretisieren § 3 Abs. 8 lit. b VOL/A-EG und auch § 6a Abs. 6 VOB/A, die vorliegend zwar nicht unmittelbar anwendbar sind, aber letztlich einen allgemeinen Rechtsgedanken formulieren, den Wettbewerbsgrundsatz, indem sie bestimmen, dass bei Wettbewerben mit beschränkter Teilnehmerzahl eindeutige und nicht diskriminierende Auswahlkriterien festzulegen sind. Das Losverfahren als Auswahlmechanismus genügt den oben genannten Anforderungen grundsätzlich nicht. Denn dieses hat seiner Natur nach nicht die Auswahl der besten Bewerber zum Ziel, sondern führt gerade zu einer zufälligen Bewerberauswahl. Unabhängig davon, ob eine Reduzierung der Bewerberzahl durch Losverfahren im Rahmen der VOL/A überhaupt zulässig ist, kann sie jedoch allenfalls dann zulässig sein – gleichsam als „ultimal ratio“ –, wenn der öffentliche Auftraggeber unter den eingegangenen Bewerbungen eine rein objektive Auswahl nach qualitativen Kriterien unter gleich qualifizierten Bewerbern nicht mehr nachvollziehbar durchführen kann (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 1. August 2003, 17 Verg 7/03 (zu einem VOF- Verfahren); VK Münster, Beschluss vom 26. August 2009, VK 11/09). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Denn die Ag hat sich auf die Forderung von allgemein üblichen und wenig bzw. gar nicht im Hinblick auf den Ausschreibungsgegenstand oder ähnlich spezifizierten Eignungsnachweisen beschränkt, die zudem lediglich als Ausschlusskriterien (und nicht Auswahlkriterien) fungieren. So hat sie die Vorlage einer Bescheinigung der Betriebshaftpflichtversicherung, einer Kopie des Handelsregisterauszugs, einer vorformulierten Zuverlässigkeitserklärung nach § 6 Abs. 5 VOL/A („Eigenerklärung gemäß Formular BWB -B 013) und einer Bankerklärung verlangt, was kaum eine Zugangshürde für die meisten Unternehmen darstellen dürfte. Mit der Forderung von drei 73 Referenzen über vergleichbare Leistungen wird in gewisser Weise auf den Ausschreibungsgegenstand Bezug genommen – die „Vergleichbarkeit“ der Referenzleistungen ist jedoch ein wenig präziser Begriff, der durch die Ag in der Bekanntmachung nicht weiter konkretisiert wird und damit keine differenzierte Auswahl erlaubt, wie auch der vorliegende Teilnahmewettbewerb gezeigt hat. Es kann hier auch nicht zugunsten der Ag angenommen werden, dass ihr eine weitere Differenzierung der Auswahlkriterien tatsächlich nicht möglich war – und somit ein Losverfahren als „ultima ratio“ in Betracht zu ziehen war –, da hierfür keine Anhaltspunkte ersichtlich sind und die Ag diesbezüglich auch nichts in der Vergabeakte dokumentiert bzw. im Nachprüfungsverfahren schriftsätzlich oder mündlich vorgetragen hat. Nach allem handelt es sich bei den fraglichen Eignungsnachweisen lediglich um gewisse Mindestanforderungen an die Eignung und damit auch nur Ausschlusskriterien, nicht jedoch um Auswahlkriterien, die für die Auswahl des Bieterkreises unter mehreren geeigneten Bietern durch Differenzierung nach besserem oder schlechterem Bewerber erlauben. 43 VK Sachsen, Beschluss vom 10.02.2012 – 1/SVK/001-12 (Institutsgebäude, FR Physik) Der zulässige Antrag ist begründet (2.) 2. Berücksichtigung der Tatsache, dass Nachunternehmer eingesetzt werden als Teilnahmekriterium Die Berücksichtigung der Tatsache, dass Nachunternehmer eingesetzt werden sollen, indem der Einsatz von Nachunternehmern zur Abpunktung führt, ist vergaberechtswidrig, denn das EU-Vergaberecht sieht keinen zwingenden Eigenleistungsanteil des Bieters/Auftragnehmers vor. Zunächst ist festzuhalten, dass die Beschaffungsentscheidung des öffentlichen Auftraggebers nur daraufhin zu kontrollieren ist, ob sie auf sach- und auftragsbezogenen Gründen beruht. Eine weitergehende Überprüfung insbesondere auf sachliche Richtigkeit oder Nachvollziehbarkeit der Gründe ist mit dem Bestimmungsrecht des Auftraggebers unvereinbar (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.02.2010 – Verg 42/09 VK Münster, Beschluss vom 24.06.2011 – VK 6/11). Der Auftraggeber hat einen weiten Beurteilungsspielraum bei der Aufstellung der Teilnahmebedingungen, der nur eingeschränkt durch die Vergabekammer überprüfbar ist. Die Aussage, dass ein Teilnehmer Nachunternehmer einsetzt, lässt nicht ohne weitere Kenntnis der tatsächlichen Eignung den Rückschluss zu, dass der Bieter weniger geeignet ist als ein Bieter, der die Leistung als Eigenleistung erbringt. Ein entsprechender allgemeiner Erfahrungssatz lässt sich nicht bilden, da hierfür sachgerechte Erwägungen fehlen. Der Bieter, der Nachunternehmer einsetzt, 74 darf insoweit nicht diskriminiert werden, denn ein „Kern“ an eigener Leistungsfähigkeit darf nicht gefordert werden (OLG Düsseldorf, B. v. 22.10.2008 – Az.: VII-Verg 48/08; B. v. 28.06.2006 – Az.: VII – Verg 18/06; 1. VK Bund, B. v. 13.02.2007 – Az.: VK 1 – 160/06; B. v. 13.02.2007 – Az.: VK 1 – 157/06; B. v. 01.02.2007 – Az.: VK 1 – 154/06; 1. VK Sachsen, B. v. 10.10.2008 – Az.: 1/SVK/051-08). Dementsprechend darf der Auftraggeber auch nicht den Umstand, dass der Teilnehmer beabsichtigt, Nachunternehmer einsetzt, zum Nachteil des Teilnehmers bei der Wertung berücksichtigen. Damit ist die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt. 3. Hinweise der Vergabekammer Zur Vermeidung möglicher Vergabenachprüfungsanträge erteilt die Vergabekammer folgende Hinweise: 4.1. Zahl der Bewerber Die Beschränkung auf drei Teilnehmer, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen, erscheint vergaberechtskonform. Nach der zwingenden Regelung des Art. 44 Abs. 3 VKR ist in der Bekanntmachung die vorgesehene Mindestanzahl der Unternehmen zu benennen, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Erfüllt der Auftraggeber diese Pflicht nicht, muss er alle geeigneten Unternehmen, die sich beworben haben, zur Angebotsabgabe zulassen. Diese Vorgabe des Art. 44 Abs. 3 VKR ist in § 6a Abs. 6 VOB/A 2009, § 3 EG Abs. 5 VOL/A 2009 und § 10 Abs. 4 VOF 2009 richtlinienkonform umgesetzt worden. Der Auftraggeber hat insoweit eine Festlegung getroffen, wie viele Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Dies ist vergaberechtskonform. § 10 VOF sieht gerade eine Auswahl unter den Bewerbern vor. Es spricht auch nichts dagegen, eine Beschränkung auf 3 Teilnehmer vorzunehmen, da damit noch ein Wettbewerb gewährleistet ist. 4.3. Referenzen 4.3.1. Beschränkung auf Vorlage von 3 Referenzen Die Beschränkung auf Vorlage von 3 Referenzen kann zur Vereinfachung des Aufwandes der Vergabestelle durchaus ein angemessenes Mittel sein. Es ist auch richtig, dass es dem Bewerber obliegt, die entsprechenden Referenzen auszuwählen, um sich in ein gutes Licht zu setzen (VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 02.04.2009 – VK 9/09). Vorliegend hat der Auftraggeber spezifische Anforderungen aufgestellt. Der 75 Auftraggeber hat das Recht, im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums Referenzen vergleichbarer Projekte abzufordern. Die Vergleichbarkeit bezieht sich auf das gesamte Projekt und muss sich damit nicht notwendigerweise aus Einzelelementen verschiedener Projekte ergeben. Der Teilnehmer kennt die Anforderungen und kann insoweit die drei besten Referenzen aussuchen. Bei abstrakter Betrachtung dieser Forderung ist eine Rechtsverletzung der Antragstellerin ist zunächst nicht erkennbar. 4.3.2. Mindestanforderungen an alle Referenzen Zunächst ist zu unterscheiden, welche Anforderungen zum einen an die Vorlage der Referenzen gestellt wurden, um am Teilnahmewettbewerb teilnehmen zu können (4.3.2.) und welche Voraussetzungen zum anderen dazu führen, dass die Höchstpunktzahl erreicht werden kann (4.3.3.). Denn eine Einengung der Referenzanforderung, die den Wettbewerb verhindert, ist nicht mehr vom Beurteilungsspielraum gedeckt. So ist bei der Forderung nach Referenzobjekten als Nachweis der Fachkunde festzustellen, dass, je enger der Kreis der zugelassenen Referenzobjekte gezogen wird, der damit bewirkte Eingriff in den freien Wettbewerb umso intensiver wird. An die auftragsbezogene sachliche Rechtfertigung eines einschränkenden Fachkundemerkmals sind deshalb hohe Anforderungen zu stellen (VK Lüneburg, Beschluss vom 18.11.2011 – VgK-50/2011). Vorliegend ist keine Überschreitung des Beurteilungsspielraums erkennbar, Es ist keine Kumulierung der Referenzanforderung festzustellen, die den Markt in unzulässiger Weise einengt. 76 IV. VERFAHRENSGESTALTUNG DURCH DEN AUFTRAGGEBER 1. Bestimmungsrecht des Auftraggebers/Produktneutrale Ausschreibung/Technische Spezifikationen 44 EuGH, Urteil vom 10.05.2012 – C-368/10 (EKO und Max Havelaar) Erstens ist festzustellen, dass das Lastenheft nicht so ausgelegt werden kann, wie es das Königreich der Niederlande tut. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Umfang des Lastenhefts aus der Perspektive potenzieller Bieter heraus zu bestimmen ist, da der Zweck der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge nach der Richtlinie 2004/18 gerade den in der Europäischen Union niedergelassenen potenziellen Bietern den Zugang zu öffentlichen Aufträgen, die für sie von Interesse sind, garantieren soll (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Januar 2007, Auroux u. a., C-220/05, Slg. 2007, I-385, Randnr. 53). Im vorliegenden Fall konnte das Lastenheft von potenziellen Bietern nicht anders als dahin verstanden werden, dass es sich auf die Innehabung der im Zusammenhang mit der fraglichen Anforderung oder dem fraglichen Wunsch genannten Gütezeichen beziehe. Formuliert waren diese Anforderung und dieser Wunsch nämlich im Anhang des Lastenhefts, der das „Anforderungsprofil“ enthielt, dem die Bieter gemäß Unterkapitel 5.2 Abschnitt 1 des Lastenhefts so, wie es formuliert war, genügen mussten. Die Nrn. 31 und 35 dieses Profils verwiesen ausdrücklich und uneingeschränkt auf die Gütezeichen EKO und MAX HAVELAAR und schlossen Alternativen aus, deren Einreichung im Übrigen nach Unterkapitel 3.4 des Lastenhefts verboten war. Unter diesen Umständen ist nicht davon auszugehen, dass die hinsichtlich ihrer Bedeutung wenig genaue Angabe, wonach „[ei]n wichtiger Gesichtspunkt .... das Bestreben der Provinz Nord-Holland [ist], die Verwendung von ökologischen und Fair-Trade-Erzeugnissen in Kaffeeautomaten zu erhöhen“, in Abschnitt II Nr. 1.5 der Vergabebekanntmachung und Unterkapitel 1.3 des Lastenhefts – also an Stellen außerhalb derjenigen der Auftragsunterlagen zu Anforderungen oder Wünschen des Auftraggebers –, klar machen konnte, dass die fragliche Anforderung bzw. der fragliche Wunsch allgemein den Umstand betrafen, dass die fraglichen Erzeugnisse aus ökologischer Landwirtschaft und fairem Handel stammen sollten. 77 Zweitens können die Klarstellungen, die später in den Nrn. 11 und 12 der Informationsmitteilung erfolgten, wonach der Verweis auf die Gütezeichen EKO und MAX HAVELAAR im Zusammenhang mit dieser Anforderung und diesem Wunsch auch gleichwertige Gütezeichen erfasse, also Gütezeichen, deren Vergabe auf identischen oder vergleichbaren Kriterien beruhe, nach Art. 39 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 nicht berücksichtigt werden. Denn wie die Generalanwältin in Nr. 71 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, können mit den in dieser Bestimmung genannten zusätzlichen Auskünften zum Lastenheft und zusätzlichen Unterlagen zwar bestimmte Klarstellungen vorgenommen und Informationen erteilt werden, sie können jedoch nicht – beispielsweise durch Berichtigungen – den Umfang der wesentlichen Bedingungen des Auftrags verändern, zu denen die technischen Spezifikationen und die Vergabekriterien so, wie diese Bedingungen im Lastenheft formuliert wurden, gehören, auf die die interessierten Wirtschaftsteilnehmer bei ihrer Entscheidung, ob sie die Einreichung eines Angebots vorbereiten oder nicht oder aber auf eine Teilnahme am Verfahren über die Vergabe des fraglichen Auftrags verzichten, vertraut haben. Dies ergibt sich sowohl daraus, dass in Art. 39 Abs. 2 der Begriff „zusätzliche Auskünfte“ verwendet wird, als auch aus der kurzen Frist von sechs Tagen, die nach dieser Bestimmung zwischen der Erteilung solcher Auskünfte und dem Schlusstermin für den Eingang der Angebote liegen kann. Sowohl der Gleichheitsgrundsatz als auch die daraus folgende Verpflichtung zur Transparenz gebieten, dass der Gegenstand öffentlicher Aufträge sowie die Kriterien für ihre Vergabe vom Beginn des Verfahrens über die Vergabe dieser Aufträge an klar bestimmt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Dezember 2009, Kommission/Frankreich, C-299/08, Slg. 2009, I-11587, Randnrn. 41 und 43). Daher ist festzustellen, dass die Auftragsunterlagen, die den Gegenstand des Auftrags und seine Vergabe bestimmen, zum einen vorschrieben, dass der zu liefernde Kaffee und Tee mit den Gütezeichen EKO oder MAX HAVELAAR versehen sein müssten, und zum anderen den Wunsch enthielten, dass die zu liefernden Zutaten mit denselben Gütezeichen ausgestattet seien. b) Würdigung durch den Gerichtshof Vorab ist darauf hinzuweisen, dass zum einen die technischen Spezifikationen nach Art. 23 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen formuliert werden können, die Umwelteigenschaften umfassen können. Nach dem 29. Erwägungsgrund dieser Richtlinie kann eine bestimmte Produktionsmethode eine solche Umwelteigenschaft darstellen. Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, stellt daher das EKO-Gütezeichen, soweit es auf Umwelteigenschaften beruht und die in Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18 aufgezählten Voraussetzungen erfüllt, ein „Umweltgütezeichen“ im Sinne dieser Vorschrift dar. Außerdem hat die Provinz Nord-Holland dadurch, dass sie eine Anforderung in Bezug auf eine Eigenschaft 78 des zu liefernden Kaffees und Tees unter Bezugnahme auf dieses Umweltgütezeichen aufgestellt hat, insoweit eine technische Spezifikation festgelegt. Somit ist der erste Teil des ersten Klagegrundes anhand dieser letzteren Vorschrift zu prüfen. Nach Art. 2 der Richtlinie 2004/18, der die Grundsätze für die Vergabe öffentlicher Aufträgen regelt, behandeln die öffentlichen Auftraggeber alle Wirtschaftsteilnehmer gleich und nichtdiskriminierend und gehen in transparenter Weise vor. Diese Grundsätze haben für technische Spezifikationen eine entscheidende Bedeutung aufgrund der Gefahren einer Diskriminierung im Zusammenhang mit deren Auswahl oder der Art und Weise ihrer Formulierung. Deshalb heben Art. 23 Abs. 2 und 3 Buchst. b und der letzte Satz des 29. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2004/18 hervor, dass die technischen Spezifikationen allen Bietern gleichermaßen zugänglich sein müssen und die Öffnung der öffentlichen Beschaffungsmärkte für den Wettbewerb nicht in ungerechtfertigter Weise behindern dürfen, dass sie so genau zu fassen sind, dass sie den Bietern ein klares Bild vom Auftragsgegenstand vermitteln und dem öffentlichen Auftraggeber die Erteilung des Zuschlags ermöglichen, und dass sie klar festzulegen sind, so dass alle Bieter wissen, was die Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers umfassen. Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18 ist insbesondere im Licht dieser Erwägungen auszulegen. Aus Art. 23 Abs. 6 Unterabs. 1 ergibt sich, dass diese Bestimmung den öffentlichen Auftraggebern bei Anforderungen in Bezug auf Umwelteigenschaften die Befugnis verleiht, die detaillierten Spezifikationen eines Umweltgütezeichens, nicht aber ein Umweltgütezeichen als solches zu verwenden. Das in Art. 23 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 niedergelegte Klarstellungserfordernis – auf das sich Art. 23 Abs. 6 bezieht –, das im letzten Satz des 29. Erwägungsgrundes der Richtlinie erläutert wird, steht einer extensiven Auslegung dieser Vorschrift entgegen. Um die Überprüfung der Einhaltung einer solchen Anforderung zu vereinfachen, ermächtigt Art. 23 Abs. 6 Unterabs. 2 die öffentlichen Auftraggeber zwar, anzugeben, dass bei Waren, die mit einem Umweltgütezeichen ausgestattet sind, dessen detaillierten Spezifikationen sie verwendet haben, vermutet wird, dass sie den fraglichen Spezifikationen genügen. Dieser Unterabs. 2 erweitert jedoch nicht den Umfang von Art. 23 Abs. 6 Unterabs. 1, da er die Heranziehung des Umweltzeichens selbst nur nachgeordnet gestattet, als Nachweis, dass „den in den Verdingungsunterlagen festgelegten technischen Spezifikationen“ genügt ist. Nach Art. 23 Abs. 6 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/18 müssen die öffentlichen Auftraggeber nämlich jedes andere geeignete Beweismittel, wie technische Unterlagen des Herstellers oder Prüfberichte anerkannter Stellen, akzeptieren. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass, wie das Königreich der Niederlande geltend macht, der öffentliche Auftraggeber zwar von den interessierten Wirtschaftsteilnehmern erwarten darf, dass sie gebührend informiert sind und mit der üblichen Sorgfalt 79 handeln; eine solche berechtigte Erwartung setzt jedoch voraus, dass der öffentliche Auftraggeber selbst seine Anforderungen klar formuliert hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. April 2010, Kommission/Spanien, C-423/07, Slg. 2010, I-3429, Randnr. 58). Diese Erwartung kann erst recht nicht ins Feld geführt werden, um die öffentlichen Auftraggeber von den Verpflichtungen, die die Richtlinie 2004/18 ihnen vorschreibt, zu entbinden. Im Übrigen ist die dem öffentlichen Auftraggeber auferlegte Verpfl ichtung, die detaillierten Umwelteigenschaften, die er vorschreiben will, auch dann ausdrücklich anzugeben, wenn er die für ein Umweltzeichen festgelegten Eigenschaften verwendet, nicht nur weit von jedem übermäßigen Formalismus entfernt, sie ist auch unerlässlich, um es potenziellen Bietern zu ermöglichen, sich auf ein einheitliches und amtliches Dokument des öffentlichen Auftraggebers selbst zu stützen, ohne dass sie also den Zufälligkeiten einer Informationssuche und möglichen im Laufe der Zeit eintretenden Veränderungen der für ein Umweltgütezeichen geltenden Kriterien ausgesetzt sind. Darüber hinaus ist festzustellen, dass der vom Königreich der Niederlande erhobene Einwand, da das EKO-Gütezeichen über die ökologische Gewinnung der mit ihm ausgestatteten Erzeugnisse Auskunft gebe, hätte die Angabe der detaillierten Eigenschaften eine Aufzählung sämtlicher Vorschriften der Verordnung Nr. 2092/91 erforderlich gemacht, was sehr viel weniger klar als ein Verweis auf dieses Gütezeichen gewesen wäre, nicht stichhaltig ist. Die Richtlinie 2004/18 steht nämlich nicht grundsätzlich einem Verweis – in der Vergabebekanntmachung oder dem Lastenheft – auf Rechts- und Verwaltungsvorschriften für bestimmte technische Spezifikationen entgegen, wenn ein solcher Verweis praktisch unvermeidbar ist, soweit er zusammen mit sämtlichen zusätzlichen Angaben erfolgt, die von der Richtlinie eventuell verlangt werden (vgl. entsprechend Urteil Kommission/Spanien, Randnrn. 64 und 65). Da der Vertrieb von Erzeugnissen, die aus ökologischem Landbau stammen und als solche präsentiert werden, in der Union das einschlägige Unionsrecht beachten muss, kann ein öffentlicher Auftraggeber gegebenenfalls im Lastenheft angeben, dass das zu liefernde Erzeugnis der Verordnung Nr. 2092/91 oder einer späteren, diese ersetzenden Verordnung entsprechen muss, ohne damit gegen den Begriff „technische Spezifikation“ im Sinne von Nr. 1 Buchst. b des Anhangs VI der Richtlinie 2004/18 oder gegen Art. 23 Abs. 3 dieser Richtlinie zu verstoßen. Zu der späteren Klarstellung in Nr. 11 der Informationsmitteilung, wonach der Verweis auf das EKO-Gütezeichen auch gleichwertige Gütezeichen umfasste, ist über das in den Randnrn. 54 bis 56 des vorliegenden Urteils Dargelegte hinaus hervorzuheben, dass diese Klarstellung jedenfalls das Fehlen einer Identifizierung der dem fraglichen Gütezeichen entsprechenden detaillierten technischen Spezifikationen nicht ausgleicht. 80 Aus alledem folgt, dass die Provinz Nord-Holland dadurch, dass sie im Lastenheft vorgeschrieben hat, dass bestimmte zu liefernde Erzeugnisse mit einem bestimmten Umweltgütezeichen versehen sind, anstatt die für dieses Umweltgütezeichen festgelegten detaillierten Spezifikationen zu verwenden, eine mit Art. 23 Abs. 6 der Richtlinie 2004/18 unvereinbare technische Spezifikation aufgestellt hat. Demnach ist der erste Teil des ersten Klagegrundes begründet. 45 VK Arnsberg, Beschluss vom 14.05.2012 – VK 6/12 (Umstellung Funktechnik) Die Forderung nach Durchführung eines Funktionstest ist unzulässig, wenn nur ein Bieter über die hierfür erforderlichen technischen Voraussetzungen verfügt und die anderen Bieter deshalb kein Angebot abgeben können. 2.1 Verstoß gegen den Grundsatz der Vergabe im Wettbewerb nach § 97 Abs.1 GWB Die Antragstellerin ist durch die nachträglich im Rahmen der Bieterfragenbeantwortung erfolgte Forderung des Funktionstest mit vollständigen digitalen Netz mit Angebotsabgabe in ihren Rechten nach § 98 Abs.1 GWB im Wettbewerb verletzt, da wie die Antragstellerin zutreffend vorgetragen hat, die Forderung nach einem Funktionstest mit digitalem Netz nur solche Anbieter zuließ, die bereits über ein solches im Stadtgebiet verfügten. Damit wurde der Wettbewerb aufgrund der Frequenzbegrenzungen auf einen im Stadtgebiet zugelassene Betreiber faktisch beschränkt, nämlich hier auf die zunächst für eine Inhousevergabe ins Auge gefasste städtische Gesellschaft. Der Verweis auf eine Netzbeschaffung bei Dritten ist aufgrund der restriktiven Vergabe von Frequenzen durch die Bundesnetzagentur vor Zuschlag ausgeschlossen. Ein Funktionstest über Testfrequenzen hätte nicht die notwendige Sicherheit eines 1:1 Betriebes gewährt. Darüber hinaus hat ein Bieter keinen Anspruch darauf , dass ein anderer Netzbetreiber – hier auch noch ein Konkurrent – ihm Zugang zu seinem Netz für einen solchen Test gewährt, der darüber hinaus auch noch Beeinträchtigungen seines Netzes und seiner Daten dadurch befürchten muss. Die Beschränkung auf nur eine Bieterin erfüllt damit auch die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot iSd Rechtsprechung des OLG Düsseldorf. Ein einer seiner neueren Entscheidungen zum unzumutbaren Wagnis hat das OLG am Rande unter Ziff. II.1 lit. c) der Entscheidung vom 19.10.2011 , Az.: VII Verg 54/11, VergabeR 2/2012, darauf hingewiesen, dass der Inhalt von Vergabeunterlagen gegen § 97 Abs.1 GWB verstößt, wenn er dazu führt, „dass nur noch ein Unternehmen oder wenige Wirtschaftsteilnehmer ein Angebot einreichen können, weil die Risiken für einen erheblichen Teil der Unternehmen nicht tragbar sind.“ 81 2.2 Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nach § 98 Abs.2 GWB Durch diese Anforderung eines Funktionstest wurde die Antragstellerin auch zugleich in ihrem Rechten auf Gleichbehandlung verletzt, da damit eine einzige Anbieterin begünstigt wurde, ohne dass ein hinreichende Begründung für die Beschränkung auf eine Bieterin dargelegt wurde. Die Forderung nach einem Funktionstest wäre zu einem angemessenen Zeitpunkt nach Vertragsschluss an sich zulässig gewesen, wenn man der Antragsgegnerin folgen will, dass sich darin nicht auch ein Eignungskriterium verbirgt. Die Forderung nach Erbringung des Tests vor Angebotsabgabe – oder auch vor Vertragsschluss – führte jedoch – gewollt oder nicht gewollt – zu Reduzierung auf eine Bieterin. Die Darstellung der mündlichen Verhandlung zur Notwendigkeit dieser Forderung beschränkten sich auf die allgemeine Zunahme von Gewaltdelikten, vorzugsweise in den bekannten Problembereichen, erhöht durch die Erweiterung der Einsatzkräfte flächendeckend in der Stadt. Dafür hat man zu Beginn des Jahres den Personalbestand des Ordnungsamtes in diesem Bereich verdoppelt und die Umstellung auf ein digitales Funknetz als arrondierende Maßnahme zur Erhöhung der Sicherheit des eingesetzten Personals beschlossen. Insgesamt hat die Beschaffung allerdings nunmehr rund 1 1/2 Jahre in Anspruch genommen. Es bestand Einigkeit in der mündlichen Verhandlung, dass auch die Anforderung einer 96%igen Orts-Zeit-Wahrscheinlichkeit keine 100%ige Erreichbarkeit sichert, da sowohl in Kellern oder im Bereich von Stromleitungen/ Gleisanlagen alle Netze gestört sein können. Das damit dargelegte nachvollziehbare Interesse der Antragsgegnerin an einem raschen Wechsel rechtfertigt diese Begrenzung des Marktes aber nicht. Die Marktbegrenzung war der Antragsgegnerin auch unstreitig aufgrund des Hinweises ihres Rechnungsprüfungsamtes(Blatt 16 d.A. Ziff. 1) bekannt. Eine Abwägung hierzu findet sich in der Akte ebenso wenig wie die Prüfung von Alternativen, so dass hier auch nicht von einer hinreichend dokumentierten Ermessensentscheidung ausgegangen werden kann. 46 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2012 – Verg 7/12 (Anti-Grippe-Impfstoffe) II. Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. 1. Die Leistungsbeschreibung der Antragsgegnerin ist nicht deswegen zu beanstanden, weil sie Spritzen mit feststehender Kanüle ausschließt. a) Die Antragsgegnerin hat die technischen Anforderungen in Form von Leistungsund Funktionsanforderungen beschrieben (§ 8 EG Abs. 2 Nr. 2 VOL/A, Art. 23 82 Abs. 3 lit. b) Richtlinie 2004/18/EG). Diese technische Anforderung sah vor, dass nur Spritzen ohne oder mit abnehmbarer Kanüle angeboten werden durften. b) Normen im Sinne von § 8 EG Abs. 4 VOL/A (= Art. 23 Abs. 5 Richtlinie 2004/18/ EG), auf die sich die Antragstellerin für ihre von der Leistungsbeschreibung abweichenden Erzeugnisse berufen könnte, sind nicht ersichtlich. Im Übrigen führten derartige Normen nur dazu, dass der Bieter unter den dort genannten Umständen auch von der Leistungsbeschreibung abweichende Erzeugnisse anbieten dürften, dies stünde jedoch nicht der Vergaberechtskonformität der Leistungsbeschreibung, sondern nur einem späteren Ausschluss des Angebots aus diesem Grunde entgegen. c) Die Leistungsanforderung verstößt auch nicht gegen § 8 EG Abs. 7 VOL/A (= Art. 23 Abs. 8 Richtlinie 2004/18/EG). aa) Die Verpflichtung des Auftraggebers zur sogenannten produktneutralen Ausschreibung ist Ausfluss des Wettbewerbsgrundsatzes; es sollen möglichst viele Bieter ihre Erzeugnisse anbieten können (vgl. Jaeger, ZWeR 2011, 365, 378 f.). Des Weiteren dient diese Verpflichtung der Durchsetzung der Warenverkehrsfreiheit (vgl. EuGH, Urteil vom 10.05.2012 – C-368/10). Dem Auftraggeber steht das Bestimmungsrecht zu, ob und welchen Gegenstand er wie beschaffen will. Solange er dabei die Grenzen beachtet und nicht – offen oder versteckt – ein bestimmtes Produkt bevorzugt (und andere Anbieter diskriminiert), ist er bei dieser Bestimmung im Grundsatz weitgehend frei. Die Abgrenzung zwischen dem Gebot der produktneutralen Ausschreibung einerseits und dem Bestimmungsrecht des Auftraggebers andererseits wird von den Vergabesenaten – zumindest nach Worten – in unterschiedlicher Akzentuierung beschrieben: Der Senat (Beschlüsse vom 17.02.2010 – VII-Verg 42/09 – ISM-Funk; vom 03.03.2010 – VII-Verg 46/09 – Kleinlysimeter; s. auch vom 15.06.2010 – VII-Verg 10/10 – unterbrechungsfreie Stromversorgung; vom 22.09.2009 – VII-Verg 25/09 – Latexfreiheit; vom 11.02.2009 – VII-Verg 64/08 – Diktiergeräte) sowie das Oberlandesgericht München (Beschluss vom 09.09.2010 – Verg 10/10 – Bestuhlung; s. auch schon Beschluss vom 28.06.2007 – Verg 7/07 – Laserdrucker) gehen davon aus, dass die Bestimmung des Auftraggebers über die Beschaffung der Ausschreibung und Vergabe vorgelagert ist (so auch Scharen, GRUR 2009, 345). Über die an die zu beschaffenden Gegenstände zu stellenden technischen und ästhetischen Anforderungen bestimmt der Auftraggeber. Es ist grundsätzlich keine Markterforschung oder Markterkundung notwendig, ob eine andere Lösung möglich ist. Das bedeutet allerdings nicht, dass dieses Bestimmungsrecht grenzenlos ist; die Anforderung muss vielmehr objektiv auftrags- und sachbezogen sein. Des Weiteren muss die Begründung nachvollziehbar sein. So hat der Senat im Verfahren VII-Verg 46/09 nachgeprüft, ob der vom Auftraggeber vorge- 83 tragene Grund (zwecks Vergleichbarkeit mussten identische Kleinlysometer wie bei einem Vorauftrag geliefert werden) eine tatsächliche Grundlage (waren im Vorauftrag tatsächlich die nunmehr ausgeschriebenen Kleinlysometer geliefert worden?) hatten. Die Oberlandesgerichte Jena (Beschluss vom 26.06.2006 – Verg 2/06 – Anna-AmaliaBibliothek) und Celle (Beschluss vom 22.05.2008 – 13 Verg 1/08 – Farbdoppler-Ultraschallsystem) gehen demgegenüber davon aus, dass der Auftraggeber sich zunächst einen Marküberblick verschaffen und dann begründen muss, warum eine andere als die von ihm gewählte Lösung nicht in Betracht kommt. Die letztgenannte Auffassung engt nach Auffassung des Senats das Bestimmungsrecht des Auftraggebers zu sehr ein. Solange die Anforderung nicht dazu führt, dass die Ausschreibung faktisch auf ein oder wenige Produkte zugeschnitten ist und die Anforderung objektiv sach- und auftragsbezogen ist, wird dem Grundsatz der Vergabe im Wettbewerb und der Wahrung der Bietervielfalt hinreichend Rechnung getragen. Die Vergabenachprüfungsinstanzen können dem Auftraggeber nicht eine technische oder ästhetische Lösung vorschreiben, die zwar auch in Betracht kommt, aber vom Auftraggeber aus nachvollziehbaren Gründen nicht gewünscht wird. Wird zudem verlangt, dass in den Vergabeunterlagen der Ausschluss von Alternativen bereits bei der Entscheidung dokumentiert wird, wird das Vergabeverfahren durch die Notwendigkeit des Auftraggebers, immer denkbare Alternativen umfänglich zu prüfen und zu bewerten, stark verkompliziert. Wie auch sonst ist der Auftraggeber nicht gehalten, die Ausschreibung so zuzuschneiden, dass sie zum Unternehmens- oder Betriebskonzept eines jeden möglichen Bieters passt (vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.11.2011 – 15 Verg 3/11 zur Losaufteilung). Der Einwand, diese Rechtsprechung erlaube schrankenlos Produktbestimmungen, greift nicht durch. Auch nach der Rechtsprechung des Senats wird das Vorhandensein sachlich gerechtfertigter objektiver und plausibler Gründe geprüft, was willkürliches und diskriminierendes Verhalten des Auftraggebers ausschließt. Die Antragsgegnerin musste keine Fachlosaufteilung vornehmen. Auch wenn man in gewissen Fallkonstellationen eine zwingende Fachlosaufteilung aus anderen als den in § 97 Abs. 3 GWB genannten, und zwar kartellrechtlichen Gründen für möglich hält, liegen derartige Gründe nicht vor. Eine Ausschreibung nach Fachlosen (1. Los: Fertigspritzen mit feststehender Kanüle; 2. Los: andere Fertigspritzen) hätte dazu geführt, dass gegebenenfalls unterschiedliche Grippeschutzmittel von den Ärzten hätten eingesetzt werden müssen. Zudem betraf die Abgrenzung der Fachlose einen Punkt, nämlich die Kanülen, deren Kosten an sich von der Antragsgegnerin nicht zu erstatten waren. Die Antragsgegnerin kann sich auf die vorstehend dargestellten Gründe berufen, obwohl diese – jedenfalls mit dieser Zielrichtung – im Vergabeverfahren nicht dokumentiert worden sind. Der Vergabevermerk, in dem die Antragsgegnerin ihre Leistungsbestimmung gerechtfertigt hat, bezog sich zwar auf eine Wahlfreiheit der Ärzte, 84 begründete dies jedoch mit arbeitsschutzrechtlichen Erwägungen. Die Antragsgegnerin konnte ihre Entscheidung jedoch auch nachträglich rechtfertigen. Es stellte eine bloße Förmelei dar, wenn die Entscheidung des Auftraggebers wegen „fehlender“ Dokumentation aufgehoben würde, der Auftraggeber diese jedoch bei einem erneuten Vergabeverfahren in der Sache heranziehen dürfte. Antragsteller hätten dadurch nichts gewonnen. Der Senat hat daher im Anschluss an die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine erst im Vergabenachprüfungsverfahren nachgeschobene Begründung in vergleichbaren Fallgestaltungen zugelassen (Beschluss vom 23.03.2011 – VII-Verg 63/10 m.w.N.). Im Übrigen hat sich die Antragsgegnerin bereits vor Einleitung des Vergabeverfahrens jedenfalls mit dem Verschreibungsverhalten der Ärzte befasst. 2. Die kartellrechtlichen Einwände der Antragstellerin greifen nicht durch. a) Es kann offen bleiben, ob derartige Einwände in einem Vergabenachprüfungsverfahren zu prüfen sind. Unionsrecht fordert dies nicht, schließt dies aber auch nicht aus. Art. 1 Abs. 1 UA 3 Richtlinie 89/665/EWG i.d.F. von Art. 1 Richtlinie 2007/66/EG nennt als Prüfungsgegenstand eines Vergabenachprüfungsverfahrens „das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen“. Unionsrecht schließt auch gemeinsame Beschaffungen öffentlicher Auftraggeber nicht aus, sondern überlässt die Entscheidung darüber den Mitgliedstaaten (vgl. Art. 1 Abs. 10 RL 2004/18/EG und Erwägungsgrund 15). Die nationale Vorschrift des § 97 Abs. 7 GWB bezieht sich lediglich auf „ Bestimmungen über das Vergabeverfahren“. § 104 Abs. 2 GWB nennt als zu prüfende Ansprüche auch „sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind“. Dies schließt auf Kartellrecht gestützte Ansprüche nicht von vornherein aus. § 104 Abs. 3 GWB (der seinem Wortlaut nach im Übrigen die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nur für Schadensersatzansprüche aufrecht erhält) begründet nur die – gegebenenfalls parallele – Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte und Kartellbehörden, schließt aber eine gleichzeitige Zuständigkeit der Vergabenachprüfungsinstanzen ebenso wenig aus („bleiben unberührt“). Der Senat ist bei seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass Handlungen mehrerer Auftraggeber unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten nicht überprüft werden können, wenn sie sich zeitlich vor Beginn des Vergabeverfahrens zugetragen haben. Ob dieses Argument die daraus gezogene Schlussfolgerung trägt, dass kartellrechtliche Verstöße auf Auftraggeberseite – anders als Kartellverstöße von Bietern (§ 2 EG Abs. 1, § 6 EG Abs. 6 VOL/A) – nicht Gegenstand eines Vergabenachprüfungsverfahrens sein können, kann mit Recht diskutiert werden. Der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 18.01.2000 – KVR 23/98 S. 21 BA) hat in einer Nebenbemerkung geäußert, das unter einem besonderen Beschleunigungsbedürfnis stehende Vergabe- 85 verfahren sei zur Klärung komplexer und bei einer Prüfung von Kartellrecht regelmäßig aufgeworfener Fragen der Marktabgrenzung und der Bewertung der Stellung des Auftraggebers im fraglichen Markt nicht geeignet (ähnlich Dittmann, in Ziekow/Völlink, a.a.O., § 104 GWB Rdnrn. 18 ff.). Soweit Scharen (GRUR 2009, 345) auf die Zumutbarkeit von Ermittlungen des Auftraggebers bei der Vergabeentscheidung und die sich daraus ergebenden Grenzen einer Nachprüfung verweist, bleibt unklar, ob dies auch für Handlungen des Auftraggebers selbst und Tatsachen gilt, die in seiner Sphäre liegen. Im Ergebnis könnte freilich einiges dafür sprechen, kartellrechtliche Verstöße des Auftraggebers, die ohne zeitaufwändige Untersuchung einwandfrei festzustellen sind, in einem Vergabenachprüfungsverfahren zu berücksichtigen. b) Die Antragsgegnerin verstößt jedenfalls nicht gegen Kartellrecht, soweit dieses nach § 69 Abs. 2 SGB V auf sie Anwendung findet. Soweit die Antragstellerin beanstandet hat, dass durch den Zusammenschluss der einzelnen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft in Bayern ein marktstarker Nachfrager aufgebaut werde, ist dies aus den von der Antragsgegnerin vor der Vergabekammer vorgetragenen Gründen nicht der Fall. Auch wenn damit die gesetzlich Krankenversicherten in Bayern abgedeckt werden, ist der Marktanteil, gemessen an dem in räumlicher Hinsicht bundesweit abzugrenzenden Markt, für die Annahme einer marktbeherrschenden oder marktstarken Stellung der Antragsgegnerin zu gering. Mit Rücksicht darauf, dass eine unterschiedliche Behandlung von Versicherten in Bayern je nach Krankenkassenzugehörigkeit zu Schwierigkeiten führen könnte, die Gründe für die Möglichkeit des Einsatzes individueller Kanülen nicht krankenkassenspezifisch und gemeinsame Ausschreibungen durch mehrere Krankenkassen bereits in § 132e Abs. 2 SGB V angelegt sind sowie zudem die Antragstellerin nicht geltend macht, die Produktion – wenn auch unter Berücksichtigung einer gewissen Vorlaufzeit – auf die Herstellung von Einwegspritzen ohne Kanüle nicht umstellen zu können, ist der Nachfragezusammenschluss der gesetzlichen Krankenkassen in Bayern nicht als kartellrechtswidrig anzusehen. Auch ist die Antragstellerin in der Beschwerdeschrift darauf nicht mehr zurückgekommen. 47 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 – Verg 10/12 (SatWaS) II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Nachprüfungsantrag ist von der Vergabekammer im Ergebnis zu Recht abgelehnt worden. 1. Der Nachprüfungsantrag ist allerdings statthaft und zulässig. (…) 86 2. Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. a) Die Entscheidung der Vergabestelle, ausschließlich die Beigeladene zu Verhandlungen zuzuziehen und mit ihr den MoWaS-Vertrag zu schließen, beruht auf folgendem tatsächlichem und rechtlichem Befund: Das satellitengestützte Warnsystem SatWaS war aufgrund des im Jahr 2000 mit der Beigeladenen geschlossenen Vertrags bei Aufnahme der Verhandlungen (spätestens Anfang des Jahres 2011) vorhanden. Es wurde aufgrund ungekündigter Vertragsbeziehung seit etwa zehn Jahren von der Beigeladenen betrieben. Die Beigeladene unterhielt Anfang der 2000er Jahre sowie 2011 in Deutschland (und weltweit) als einziges Unternehmen ein flächendeckendes Netz zur Informationsbeschaffung und Versorgung von Medienbetreibern mit Nachrichten (in Form von Daten, Text und Bildern), insbesondere Warnmeldungen. Die dafür vorgehaltenen technischen Einrichtungen standen im Eigentum der Beigeladenen oder waren von ihr angemietet worden. Erforderliche Systemprogramme waren von ihr entwickelt oder integriert worden. Das modulare Warnsystem MoWaS sollte auf SatWaS aufbauen sowie unter dessen Fortbestehen mit Blick auf bestimmte Funktionalitäten (z. B. Einbindung kommunaler Leistellen und des lokalen Katastrophenschutzes) weiterentwickelt und erweitert werden. Grundlage dafür war § 6 Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (ZSKG): § 6 Warnung der Bevölkerung (1) Der Bund erfasst die besonderen Gefahren, die der Bevölkerung in einem Verteidigungsfall drohen. (2) Die für die Warnung bei Katastrophen zuständigen Behörden der Länder warnen im Auftrage des Bundes auch vor den besonderen Gefahren, die der Bevölkerung in einem Verteidigungsfall drohen. Soweit die für den Katastrophenschutz erforderlichen Warnmittel für Zwecke des Zivilschutzes nicht ausreichen, ergänzt der Bund das Instrumentarium. (3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, zur Ausführung dieses Gesetzes das Verfahren für die Warnung der Bevölkerung in einem Verteidigungsfall, insbesondere den Informationsaustausch zwischen Bund und Ländern sowie die Gefahrendurchsage einschließlich der Anordnung von Verhaltensmaßregeln durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates näher zu regeln. Im Fall einer für den Wettbewerb geöffneten Vergabe des MoWaS-Auftrags wäre eine Neuentwicklung und Nachbildung des SatWaS-Systems erforderlich gewesen, mithin ein Auswechseln der Datenübertragungstechnik einschließlich potentieller Medienbetreiber, dieses verbunden mit einem – auf Seiten der Vergabestelle fest- 87 zustellenden – bedeutend höheren Aufwand an Personal, Zeit und Kosten bei der Planung, Ausschreibung, Ausführung, Projektüberwachung sowie bei der Betriebsaufnahme. Es wäre nicht nur die Schaffung eines praktisch vollkommen neuen Satelliteninformationssystems mit allen dafür erforderlichen technischen Installationen, Nutzungsverträgen und Vereinbarungen mit Medienbetreibern notwendig gewesen (die Antragstellerin verfügte 2011, wie sie im Senatstermin hat erklären lassen, über lediglich etwa 50 Satellitenverbindungen zu Medienbetreibern, die Beigeladene hingegen über ca. 160), sondern es hätten auch Verbindungen zur Nachrichtenbeschaffung weiträumig erneuert werden müssen. Allerdings behauptet die Antragstellerin, die beauftragte Dienstleistung besser und preiswerter als die Beigeladene sowie ohne einen höheren Zeitbedarf erbringen zu können. Dazu habe sie, namentlich vor dem Hintergrund der ihr zur Verfügung stehenden Satellitenverbindungstechnik und untechnisch gesagt, lediglich auf dem Markt beschaffbare Standardkomponenten zu einem System zusammenfügen müssen. Darüber hinaus habe ihre Technik an das System der Beigeladenen „angekoppelt“ werden können. Dies ist zu verneinen. Eine Öffnung der Auftragsvergabe für den Wettbewerb hätte schon beim Auftraggeber höhere Transaktionskosten verursacht (siehe oben). Bei einer vollkommen neuen Installation ist überdies mit anfänglichen Mängeln (z. B. Fehlfunktionen) und deren aufwändiger Behebung zu rechnen. Ein Haushaltsbudget war dafür – wie außer Streit steht – nicht vorhanden. Außerdem war bei einer Auftragsvergabe an einen dritten Auftragnehmer, insbesondere an die Antragstellerin, mit höheren Beschaffungskosten zu rechnen. Auch dafür fehlten Haushaltsmittel. Der Vortrag der Antragstellerin, sie habe MoWaS preiswerter errichten können als die Beigeladene, ist ohne nachprüfbare Substanz und in der Sache illusorisch. Von einem dritten Auftragnehmer hätte zunächst einmal das gesamte SatWaS-System – funktionsfähig und fehlerfrei – vollständig neu beschafft werden müssen. Bei der Antragstellerin war insoweit eine lediglich bruchstückhaft zu nennende Systemtechnik vorhanden. Allein die dafür anfallenden Kosten hätten ein Angebot der Antragstellerin gegenüber der von der Beigeladenen in Rechnung zu stellenden Vergütung erfahrungsgemäß beträchtlich verteuert. Mit der Bedeutung eines zielstrebig zu erweiternden Warnsystems MoWaS für die Bevölkerung war dies nicht zu vereinbaren. Ein „Ankoppeln“ an das von der Beigeladenen errichtete System, zumal dann mit Kompatibilitätsproblemen zu rechnen war, scheidet aus. Zwar hat die Beigeladene insoweit für ein Bestehen von Ausschließlichkeitsrechten (gewerblichen, Urheberoder sonstigen Schutzrechten) nicht schlüssig vorgetragen. Jedoch scheitert ein „Ankoppeln“ an eine bestehende Technik, wenn nicht an dem von der Beigeladenen behaupteten geschlossenen System, welches in Ermangelung von Schnittstellen ein Anschließen technisch nicht zulässt (was im vorliegenden Fall keiner Aufklärung bedarf), dann aber an ihrer erklärten Weigerung, der Antrag- 88 stellerin die für ihre Leistung erforderlichen Schnittstellen, m. a. W. Zugänge zum SatWaS-System, zur Verfügung zu stellen. Die Beigeladene ist, selbst wenn sie insoweit als marktbeherrschend anzusehen sein sollte, zu einer Öffnung der von ihr für SatWaS vorgehaltenen Einrichtungen für Wettbewerber nach § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB nicht verpflichtet (vgl. Götting, in Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff, 2. Aufl., § 19 GWB Rn. 89 m. w. N.; Wiedemann, in Handbuch des Kartellrechts, 2. Aufl., § 23 Rn. 68 ff. m. w. N.). Darüber hin-ausgehend besteht keine Veranlassung zu einer vertiefenden kartellrechtlichen Prüfung. Der Bundesgerichtshof hat dazu obiter dictum bemerkt, das unter einem besonderen Beschleunigungsbedürfnis stehende Vergabeverfahren (und dann auch das Vergabenachprüfungsverfahren) sei zu einer Klärung kartellrechtlicher Fragen nicht geeignet (BGH, Beschl. v. 18.1.2000 -KVR 23/98, BA 21). Ein kartellrechtswidriges Verhalten der Beigeladenen ist von der Antragstellerin überdies nicht geltend gemacht worden. Dies ist darum – ungeachtet dessen, ob kartellrechtliche Fragen in Vergabenachprüfungsverfahren überhaupt zu untersuchen sind (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.6.2012 – VII-Verg 7/12, Fertigspritzen, BA 10 bis 12) – nicht weiter zu problematisieren. Davon abgesehen wäre bei einer Öffnung von Schnittstellen für eine anzukoppelnde Technik erfahrungsgemäß mit Kompatibilitätsproblemen zu rechnen gewesen. Dies hätte dem Erfordernis der Effektivität der Beschaffung widersprochen. Die Vergabestelle wollte – mit Recht- ersichtlich solche Risiken schon im Ansatz vermeiden. b) Bei dieser Sachlage ist die dokumentierte Beschaffungsentscheidung der Vergabestelle, mithin die Entscheidung, MoWaS auf der Grundlage des bestehenden SatWaS-Systems entwickeln zu lassen, nicht zu beanstanden. Die Beigeladene verfügte mit dem Vorgängersystem SatWaS als einziges Unternehmen in Deutschland über eine bewährte und flächendeckende Technik der Satellitenübertragung von Informationen an Medienbetreiber. Durch ihre Beauftragung konnte die anzustrebende Funktionalität und Effektivität am ehesten gewährleistet erscheinen und konnten – mit Blick auf die Bedeutung des Warnsystems für die Bevölkerung – diesbezügliche Risikopotentiale entscheidend verringert werden. Abgesehen von solchen technischen Überlegungen sprachen gewichtige wirtschaftliche Gründe für eine Anknüpfung an das SatWaS-System. aa) Bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft, ein Verfahren oder dergleichen ist der öffentliche Auftraggeber im rechtlichen Ansatz ungebunden. Die Entscheidung wird erfahrungsgemäß von zahlreichen Faktoren beeinflusst, unter anderem von technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen oder solchen der (sozialen, ökologischen oder ökonomischen) Nachhaltigkeit. Die Wahl unterliegt der Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers, deren Ausübung dem Vergabeverfahren vorgelagert ist. Sie muss zunächst einmal getroffen werden, um eine Nachfrage zu bewirken. Das Vergaberecht regelt demnach nicht, was der öffentliche Auftraggeber beschafft, sondern nur die Art und Weise der Beschaffung (überwiegende Rechtsprechung der Vergabesenate der OLG, vgl. allein OLG München, Beschl. v. 28.7.2008 – Verg 10/08, BeckRS 2008, 89 17225; Beschl. v. 9.9.2010 – Verg 10/10, Bestuhlung; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.2.2010 – VII-Verg 42/09, ISM-Funk; Beschl. v. 3.3.2010 – VII-Verg 46/09, Klein-Lysimeter; Beschl. v. 27.6.2012 – VII-Verg 7/12, Fertigspritzen, BA 6; Jaeger, ZWeR 2011, 365, 366; Scharen GRUR 2009, 345 – jeweils m. w. N.). Einer besonderen vergaberechtlichen Ermächtigungsgrundlage bedarf die Bestimmung des Auftragsgegenstands durch den Auftraggeber nicht. Sie ergibt sich aus der Vertragsfreiheit. Die danach im jeweiligen Fall vorgenommene Bestimmung des Beschaffungsgegenstands ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen im Ausgangspunkt nicht zu kontrollieren. bb) Nichtsdestoweniger unterliegt die Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers beim Beschaffungsgegenstand, und zwar im Interesse der von der Richtlinie 2004/18/ EG angestrebten Öffnung des Beschaffungswesens der öffentlichen Hand für den Wettbewerb, aber auch der effektiven Durchsetzung der Warenverkehrsfreiheit wegen (vgl. EuGH, Urt. v. 10.5.2012 – C-368/10), bestimmten durch das Vergaberecht gezogenen Grenzen. So schreibt (nach Maßgabe des Art. 23 Abs. 8 Satz 1 Richtlinie 2004/18/EG), auch für den Streitfall bedeutsam, § 8 Abs. 7 VOL/AEG vor, dass, soweit dies nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, der Auftraggeber in technischen Anforderungen (in einem weit zu verstehenden Sinn) nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren verweisen darf, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder Produkte ausgeschlossen oder begünstigt werden (gleichlautend u. a. § 7 Abs. 8 VOB/A). Die genannten Normen beschreiben abschließend die für die Bestimmungsfreiheit (oder die Determinierungsfreiheit, so das OLG München) bestehenden Beschränkungen. Die Subsumtion des jeweiligen Sachverhalts unter die genannten Normen obliegt den nationalen Gerichten. Nach der dazu ergangenen Rechtsprechung des Senats (vgl. oben, insbesondere zuletzt OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.6.2012 – VII-Verg 7/12, Fertigspritzen, BA 5 bis 7) sind die vergaberechtlichen Grenzen der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers indes eingehalten, sofern ■ die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, ■ vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, ■ solche Gründe tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sind, ■ und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert. Bewegt sich die Bestimmung in diesen Grenzen, gilt der Grundsatz der Wettbewerbsoffenheit der Beschaffung nicht mehr uneingeschränkt. 90 Abgesehen davon, dass der Erfahrung nach jeder Auftraggeber vor einer Beschaffungsentscheidung bestimmte und in der Regel ausreichende Marktforschungen anstellt (so auch im Streitfall, wie durch den Beschaffungsauftrag des Bedarfsträgers BBK vom 19.11.2011 sowie durch den Vermerk der Vergabestelle vom 23.8.2011 dokumentiert ist), ist der Auftraggeber nicht verpflichtet, sich einen möglichst breiten Überblick über die in Betracht kommenden Leistungen zu verschaffen, um die Beschaffungsentscheidung durch weitergehende Marktuntersuchungen, dazu noch – so wenn es an eigener Sachkunde mangelt – unter sachverständige Hilfe, zu „verobjektivieren“, dies mit dem Ziel, eine möglichst produkt- oder technikoffene Leistungsbeschreibung zu erreichen (so aber Jaeger, ZWeR 2011, 365, 380, sowie im Grundsatz auch OLG Jena, Beschl. v. 26.6.2006 – 9 Verg 2/06, Anna-Amalia-Bibliothek, NZBau 2006, 735; OLG Celle, Beschl. v. 22.5.2008 – 13 Verg 1/08, Ultraschallsystem, sowie die Beschwerde). Die vorstehend in den Grundzügen wiedergegebene Rechtsprechung des Senats akzentuiert die vergaberechtliche Überprüfung der Beschaffungsentscheidung des Auftraggebers insoweit anders, als vor dem Hintergrund der vom Vergaberecht gleichermaßen bezweckten und darum ebenfalls in den Blick zu nehmenden Verwaltungsaufgabenerfüllung die Perspektive der Effektivität der Beschaffung von einer wettbewerblichen Norminterpretation nicht verdrängt werden darf (siehe zum selben Thema auch Frister, VergabeR 2011, 295; Burgi, NZBau 2009, 609). Damit ist die Forderung nach einer umfänglichen Verobjektivierung der Beschaffungsentscheidung nicht zu vereinbaren, denn dadurch erhöhten sich, und zwar ohne die Beschaffung im Sinn eines intendierten „best value for taxpayers money“ zu fördern, fühlbar nicht nur der Zeitaufwand bei den Vergabeverfahren, sondern auch die Transaktionskosten beim öffentlichen Auftraggeber und würde das Verfahren noch komplizierter, als es aufgrund der Zersplitterung der nationalen (materiellen) Gesetze sowie einer Überziehung mit Verwaltungsvorschriften ohnehin schon ist. Die vergaberechtlichen Prüfungs- und Untersuchungspflichten des Auftraggebers unterliegen Zumutbarkeitsgrenzen (vgl. auch Scharen, GRUR 2009, 345, 347 f.; EuGH, Urt. v. 15.5.2008 – C-147 und 148/06, Secap, NZBau 2008, 453, Rn. 29 f.). Auch ist der Auftraggeber nicht verpflichtet, die Beschaffungsentscheidung daran auszurichten, ob sie zum Unternehmenskonzept und zur Leistungsfähigkeit jedes potentiell am Auftrag interessierten Unternehmens passt (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.6.2012 – VII-Verg 7/12, Fertigspritzen, BA 7; Beschl. v. 11.2.2009 – VIIVerg 64/08, Diktiergeräte). Die Gegenmeinung führt in der Konsequenz auch dazu, dass sich erst im Nachprüfungsverfahren herausstellt, welche und vom Auftraggeber aus nachvollziehbaren Gründen gegebenenfalls unerwünschte Leistung einzukaufen ist. Dies läuft infolge einer Überbewertung des wettbewerbsrechtlichen Aspekts der Beschaffung auf eine ihnen nicht zustehende Bestimmung des Auftragsgegenstands durch die Vergabenachprüfungsinstanzen hinaus. Sofern der Auftraggeber die Beschaffungsentscheidung innerhalb der durch Art. 23 Abs. 8 Richtlinie 2004/18 und § 8 Abs. 7 VOL/A-EG (§ 7 Abs. 8 VOB/A) gezogenen Grenzen getroffen hat, kann der Antragsteller ebenso wenig mit dem Einwand Erfolg haben, das von ihm angebotene (oder anzubietende) Produkt oder Verfahren sei, um das Vertragsziel zu erreichen, genauso geeignet. Nach der 91 Gegenansicht (Jaeger, ZWeR 2011, 365, 376) könnte der Antragsteller dann auch mit der Behauptung durchdringen, der Auftraggeber habe den Beschaffungsgegenstand mangelhaft, mithin in einer für die Zielerreichung ungeeigneten Weise, festgelegt. Einen dahingehenden Einwand hat der Senat als 27. Zivilsenat des OLG Düsseldorf schon früher abschlägig beschieden (OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.1.2010 – I-27 U 1/09). Letztlich ist auch kein sachlich gerechtfertigter Grund zu erkennen, eine Beschaffungsentscheidung, die der Auftraggeber innerhalb der durch Art. 23 Abs. 8 Richtlinie 2004/18 und § 8 Abs. 7 VOL/A-EG (§ 7 Abs. 8 VOB/A) gezogenen Grenzen getroffen hat, in einem weiteren Prüfungsschritt (gewissermaßen überwölbend) abermals wettbewerblichen Anforderungen zu unterwerfen, ohne dass davon in den Tatbeständen der genannten Vorschriften die Rede ist (a. A. Jaeger, ZWeR 2011, 365, 378). cc) An den vorstehenden Grundsätzen gemessen hatte die Vergabestelle nachvollziehbare, objektive technische und wirtschaftliche Gründe für die von ihr getroffene Wahl, MoWaS auf dem SatWaS-System aufbauen und von der Beigeladenen errichten zu lassen. Allein die abzuwendenden Risiken von Fehlfunktionen, Kompatibilitätsproblemen sowie von höherem Zeitbedarf rechtfertigten die Entscheidung. Die Vergabestelle durfte mit Blick auf die Bedeutung (Erweiterung und Effektivierung des Warnsystems für die Bevölkerung) im Interesse der Systemsicherheit und Funktion jedwede Risikopotentiale ausschließen und den sichersten Weg wählen. Die Beschaffungsentscheidung ist von der Vergabestelle infolgedessen willkürfrei aufgrund sachlich gerechtfertigter und auftragsbezogener Gründe getroffen worden. Andere Wirtschaftsteilnehmer, namentlich die Antragstellerin, sind dadurch nicht diskriminiert worden (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.4.2005 – VII-Verg 93/04, Geographisches Informationssystem, VergabeR 2005, 513). Weitere überobligationsmäßige Marktuntersuchungen hätten keine anderen Erkenntnisse als die einer tatsächlichen Alleinstellung der Beigeladenen, von der eine Beschaffung den sichersten Weg darstellte, erbracht. Eine Anwendung der in den Entscheidungen des OLG Jena (Beschl. v. 26.6.2006 – 9 Verg 2/06, Anna-Amalia-Bibliothek, NZBau 2006, 735) und des OLG Celle (Beschl. v. 22.5.2008 – 13 Verg 1/08, Ultraschallsystem) aufgestellten Rechtssätze auf den Streitfall führte – wie in den allermeisten Fällen anzunehmen ist, weil der Auftraggeber in der Regel schon von sich aus Markterkundungen vornimmt, um die zu seinem Bedarf passende Leistung zu ermitteln – zu keinem abweichenden Ergebnis, so dass sich eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof nach § 124 Abs. 2 GWB erübrigt. c) Durch die MoWaS-Auftragsvergabe ist ebenso wenig – wie die Antragstellerin geltend macht – ein bereits im Jahr 2000 durch den an die Beigeladene ergangenen SatWaS-Auftrag geschaffener vergaberechtswidriger Zustand perpetuiert worden, mit der Folge, dass sich, um die Dienstleistung einer satellitengestützten Verbreitung von Warnmeldungen nicht auf Dauer dem Wettbewerb zu entziehen, die Vergabestelle beim MoWaS-Auftrag nicht mehr mit Erfolg auf die oben angeführten Gründe für eine Erweiterung auf der Grundlage des bestehenden Warn- 92 systems berufen könnte (vgl. dazu VK Berlin, Beschl. v. 1.10.2003 – VK-B 1-21/03; KG, Beschl. v. 19.4.2012 – Verg 7/11: Verpflichtung des Auftraggebers zur Beendigung des bestehenden Vertrages). Denn auch im Zeitpunkt des SatWaS-Auftrags verfügte die Beigeladene als einzige über das erforderliche flächendeckende und erprobte Satelliten-Nachrichtensystem, das eine reibungslose Funktion von MoWaS erwarten ließ. Die im Jahr 2000 getroffene Beschaffungsentscheidung wahrte ebenso die durch Art. 23 Abs. 8 Richtlinie 2004/18 und § 8 Abs. 7 VOL/AEG gezogenen Grenzen. Von der Aufrechterhaltung und Verfestigung eines vergaberechtswidrigen Zustands kann deswegen nicht gesprochen werden. d) Die Vergabestelle durfte den MoWaS-Auftrag nach § 3 Abs. 4 Buchst. c VOL/A-EG im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben. Der Auftrag konnte wegen seiner technischen Besonderheiten nur von der Beigeladenen durchgeführt werden. Die Beschaffungsentscheidung der Vergabestelle war beanstandungsfrei dahin ergangen, dass MoWaS auf dem bewährten SatWaS aufbauen sollte. Die erforderliche Technik stand nur der Beigeladenen zur Verfügung. Dasselbe hat für den SatWaS-Auftrag im Jahr 2000 zu gelten, der ebenfalls ohne einen vorherigen Teilnahmewettbewerb der Beigeladenen erteilt worden ist. Auch die Vereinbarungen über die Wartung und Aktualisierung (Pflege) von SatWaS durften erlaubterweise allein im Wege von Verhandlungen mit der Beigeladenen geschlossen werden. Die ebenfalls umstrittene Frage, ob der Vergabestelle außerdem ein Verhandeln ohne Teilnahmewettbewerb nach § 3 Abs. 4 Buchst. e VOL/A-EG gestattet war (zusätzliche Lieferungen zur teilweisen Erneuerung oder Erweiterung), kann offen bleiben. e) Zu einer Fachlosvergabe, z. B. mit Blick auf ein zu schaffendes Redundanzsystem, war die Vergabestelle nicht verpflichtet (§ 97 Abs. 3 GWB). Mehrere denkbare Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Dabei steht dem Auftraggeber eine Einschätzungsprärogative zu. Zu beanstanden sind lediglich Festlegungen, mithin Gesamtvergaben, die ohne Vornahme der gebotenen Abwägung nicht mehr vertretbar sind und auf einer groben Fehleinschätzung beruhen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.11.2009 – VII-Verg 27/09, Lärmschutzwandarbeiten; Beschl. v. 11.1.2012 – VII-Verg 52/11, Gebäudereinigung – Glasreinigung). Davon kann im Streitfall nicht gesprochen werden. MoWaS stellt keine bloße Ansammlung von Einzelkomponenten dar, sondern ein Gesamtsystem, dessen Betrieb beschafft werden sollte. Der gestellten Aufgabe und der Bedeutung gemäß (Erweiterung des Warnsystems für die Bevölkerung) durfte von der Vergabestelle ein besonderer Wert auf Gesichtspunkte der Systemsicherheit und Funktion gelegt werden. Risikopotentiale durften ausgeschlossen und es durfte der sicherste Weg gewählt werden. Schnittstellen für Teilauftragnehmer standen außerdem nicht zur Verfügung (siehe oben). Bei diesem Befund ist die Entscheidung der Vergabestelle für eine Gesamtvergabe an einen Auftragnehmer nicht zu kritisieren. 93 48 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.10.2012 – Verg 34/12 (Küchentechnik Ersatzbau Uni Bielefeld) Dass die Vergabestelle im Streitfall nicht produktspezifisch hat ausschreiben (vgl. § 7 Abs. 8 Satz 1 VOB/A), sondern lediglich – gewissermaßen beispielsweise – ein Planungsfabrikat angeben und gleichwertige Produkte hat zulassen wollen, hat die Antragstellerin am Leistungsverzeichnis erkennen können. Diese Art und Weise der Ausschreibung beruht nach der Erfahrung des Senats auf einer langjährigen und weit verbreiteten Praxis der öffentlichen Auftraggeber, die auch der Antragstellerin nicht fremd sein kann. Vergabeunterlagen, namentlich Leistungsverzeichnisse, sind vor dem Hintergrund des Verständnisses eines fachkundigen Bieters auszulegen. Die Antragstellerin ist infolgedessen nicht gehindert gewesen, ihrerseits ebenfalls gleichwertige und gegebenenfalls preisgünstigere Produkte anzubieten und dadurch ihre Zuschlagschancen zu verbessern. Die gegen die Gleichwertigkeit weiterer Hauptangebote gerichteten Angriffe der Antragstellerin sind nach derzeitigem Prüfungsstand ohne Erfolg. Die Beurteilung der Gleichwertigkeit einer angebotenen Variante durch die Vergabestelle ist nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob sie sich in Anbetracht der auf eine transparente Vergabe im Wettbewerb gerichteten Zielsetzung des Gesetzes und der Vergabe- und Vertragsordnungen als vertretbar erweist (BGH, Urt. v. 23.3.2011 – X ZR 92/09; NZBau 2011, 438 Rn. 8). Dies hat auch im Vergabenachprüfungsverfahren zu gelten, und unter diesem Gesichtspunkt hat die Antragstellerin gegen die Wertung der Vergabestelle nichts Erhebliches eingewandt. 49 VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.10.2012 – VK-SH 28/12 (Diktiergeräte) 1. Der öffentliche Auftraggeber hat unter Ausschöpfung seines Beurteilungsspielraums nachvollziehbar zu begründen und zu dokumentieren, dass objektive Gründe für die Notwendigkeit bestimmter Markenprodukte bestehen und damit ein Abweichen vom Gebot der Produktneutralität zulässig ist. 2. Bei der Entscheidung für eine Gesamtvergabe und gegen das Gebot der Losaufteilung gem. § 97 Abs. 3 Satz 3 GWB hat eine eingehende und für die Vergabenachprüfungsinstanz nachvollziehbare Abwägung unter Beachtung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses zu erfolgen. 3. Eine unwirtschaftliche Zersplitterung als Rechtfertigung für eine Gesamtvergabe liegt nicht schon deshalb vor, weil das kleinere von insgesamt zwei Losen unter dem Schwellenwert für eine europaweite Ausschreibung läge und gemessen am Gesamtvolumen des Auftrags 10 Prozent ausmacht. 94 a) Produktneutralität Der AG hat mit ihrer Leistungsbestimmung gegen das vergaberechtliche Gebot zur produktneutralen Ausschreibung (§ 97 Abs. 1 und Abs. 2 GWB, § 8 EG Abs. 7 VOL/A, Art. 23 Abs. 8 VKR) verstoßen. Nach § 8 EG Abs. 7 VOL/A darf in den technischen Anforderungen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden, soweit dies nicht ausnahmsweise durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist oder der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann. Ein Verweis auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft liegt vor, wenn der Auftraggeber ein konkretes Produkt, einen konkreten Hersteller, Ursprungsort oder eine konkrete Bezugsquelle vorgibt (VK Bund, Beschluss vom 27.08.2012, VK 2-65/12). Ein Verstoß gegen das Gebot der Produktneutralität beziehungsweise eine ungerechtfertigte Abweichung bedeutet einen Verstoß gegen den Wettbewerbsgrundsatz, den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot (VK Bund, Beschluss vom 27.08.2012, VK 2-65/12). Diese Grundsätze gebieten es, eine Ausschreibung so neutral zu formulieren, dass nicht nur ein Produkt diese Anforderungen erfüllt. Der Grundsatz der Produktneutralität ist einer der zentralen Grundsätze des Vergaberechts. Ziel ist es, allen potentiellen Bietern die gleiche Ausgangsposition zu bieten. Demzufolge hat der Auftraggeber möglichst viele Wettbewerbsteilnehmer aufzufordern, an einer Ausschreibung teilzunehmen, damit sich durch einen breitangelegten Wettbewerb das wirtschaftlichste Angebot für ihn herauskristallisiert. Ein bestimmter Anbieter soll nicht von vornherein „ausersehen“ werden und den Zuschlag erhalten (VK des Landes Hessen, Beschluss vom 26.01.2012, 69d VK- 45/2011 mit weiteren Hinweisen). Dieser Grundsatz kann allerdings das legitime Interesse eines Auftraggebers, ein bestimmtes Produkt zu verwenden oder eine bestimmte Art der Ausführung zu erhalten, nicht einschränken. Die Möglichkeiten zur Festlegung der Anforderungen in der Leistungsbeschreibung werden lediglich dahingehend eingeschränkt, dass es jeweils einer sachlichen Rechtfertigung bedarf. Diese können sich z.B. aus der besonderen Aufgabenstellung oder aus technischen Anforderungen ergeben. Es muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Auftraggeber letztlich (auch kaufmännische) Verantwortung für die Maßnahme trägt. Es kann ihm daher nicht verwehrt werden, die Kriterien festzulegen, die das zu beschaffende Produkt bzw. die zu beschaffende Leistung erfüllen soll. Diesbezüglich hat der Auftraggeber einen weiten Beurteilungsspielraum (VK Bremen, Beschluss vom 17.08.2011, 16 VK 4/11; 95 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.10.2009, VII-Verg 25/09; erkennende Kammer, Beschluss vom 28.11.2006, VK-SH 25/06). Der Wettbewerbsgrundsatz verpflichtet den Auftraggeber aber, sich vor Festlegung der Ausschreibungsbedingungen einen möglichst breiten Überblick über die in Betracht kommenden Lösungen zu verschaffen und einzelne Lösungswege nicht von vornherein auszublenden. Da der Auftraggeber den ihm hierbei eingeräumten Beurteilungsspielraum auszuschöpfen hat, muss er prüfen und positiv festzustellen, warum eine Lösungsvariante zur Verwirklichung des Beschaffungszwecks nicht geeignet erscheint und diese Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse in den Vergabeakten dokumentieren (erkennende Kammer, Beschluss vom 28.11.2006, VK-SH 25/06; VK Lüneburg (BezR), Beschluss vom 02.12.2008, VgK-41/2008; OLG Jena, Beschluss vom 26.06.2006, 9 Verg 2/06). Diese Prüfung ist vorliegend ausweislich des eigenen Vortrags des AG nicht in ausreichender Weise erfolgt. Er hat in seiner Stellungnahme vom [...] ausgeführt, er werde vor einer erneuten Ausschreibung überprüfen, ob die vorhandene Datenverarbeitungssoftware mit Fremdgeräten (Hardware) tatsächlich kompatibel sei und inwieweit die späteren Nutzer der digitalen Diktiergeräte bei ihrer Arbeit zusätzliche Dateiparameter benötigten, die eine produktbezogene Ausschreibung zwingend erforderten bzw. inwieweit auch produktneutral ausgeschrieben werden könnte. Dem entsprechend hat der AG das Vergabeverfahren mit der Begründung aufgehoben, es sei notwendig die Leistungsbeschreibung zu überprüfen, da auch Geräte anderer Hersteller geeignet sein könnten. Der AG hat somit den Sachverhalt im Vorfeld nicht hinreichend ermittelt und damit seinen Beurteilungsspielraum unstreitig nicht ausgeschöpft. Die erkennende Kammer weist ergänzend darauf hin, dass die von dem AG bisher vorgebrachten Argumente eine produktbezogene Ausschreibung nicht rechtfertigten. Die von dem AG angeführte Begründung für das Absehen von einer produktneutralen Ausschreibung, dass bereits 90 Prozent aller [...] mit Geräten des Herstellers [...] ausgestattet seien und die Beschaffungsaktivität des AG im Bereich Diktiergeräte dem Abschlussbericht des Projektes „Digitales Diktat“ der [...] aus dem Jahr 2007 Rechnung tragen müsse, genügt den Anforderungen nicht. Der mangelnde Einsatz von Produkten anderer Hersteller kann ein Absehen von einer produktneutralen Ausschreibung nicht allgemein rechtfertigen (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 29.05.2007, 11 Verg 12/06). Der Auftraggeber hat vielmehr nachvollziehbar zu begründen und zu dokumentieren, dass objektive Gründe für die Notwendigkeit bestimmter Markenprodukte bestehen. Maßgebend für die Beurteilung können mithin nur die Eigenschaften und Beschaffenheit der zu vergebenden Leistung sein, eben nicht aber die subjektiven Erwägungen, Überlegungen und Wünsche des öffentlichen Auftraggebers und seiner [...]. Der AG ist verpflichtet, die Gründe für 96 die Systementscheidung im Einzelnen zu hinterfragen und festzustellen sowie die Notwendigkeit der Bestellung gerade in dem angegebenen Verhältnis nachvollziehbar niederzulegen (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 29.05.2007, 11 Verg 12/06). Insbesondere rechtfertigt nicht jeder Kompatibilitätsgesichtspunkt eine Abweichung von dem Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung. Anderenfalls würde das Regel-Ausnahme-Verhältnis in sein Gegenteil verkehrt (Kulartz/Marx/ Portz/Prieß, VOL/A, 2. Aufl. 2011, § 8 EG Rz. 111). Vorliegend fehlt es an einer nachvollziehbaren Darlegung, inwieweit die nicht mehr zur Verfügung stehenden Informationen unverhältnismäßige Schwierigkeiten bei Gebrauch mit sich bringen würden bzw. ob und inwieweit die Informationen erforderlich sind. Des Weiteren hat der AG bestätigt, dass sich die Hersteller von digitalen Diktiergeräten auf einen gemeinsamen Dateistandard geeinigt haben, so dass es grundsätzlich möglich sein könnte, ein mit einem Diktiergerät eines Herstellers aufgenommenes Diktat mit Hilfe der Software eines anderen Herstellers weiterzuverarbeiten. Die vom AG bislang vorgebrachten Gründe können ein Absehen von der Losaufteilung nicht rechtfertigen. Entgegen der Auffassung des AG ist zur Überzeugung der Kammer nicht schlüssig dargetan, noch ersichtlich, dass mit einer Losaufteilung zwischen analogen und digitalen Diktiergeräten von einer unwirtschaftlichen Zersplitterung auszugehen ist. dd) Von einer Losvergabe kann der Auftraggeber nach § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB absehen, wenn dies für ihn unwirtschaftlich ist. Dabei ist nicht nur allein maßgeblich, welchen prozentualen Anteil des Gesamtauftrages der auf das betreffende Los entfallende Auftrag einnimmt. Vielmehr ist auch und vor allem darauf abzustellen, wie viele der Auftraggeber bereits gebildet hat und welcher Auftragswert auf ein zusätzliches Los entfallen würde. Ein öffentlicher Auftraggeber kann deshalb von der Ausschreibung von Losen absehen, weil die gesonderte Wertung des Loses, der Vertragsschluss und die gesonderte Abwicklung des Vertrages im Verhältnis zu einer Gesamtausschreibung erfahrungsgemäß zu unverhältnismäßigem Aufwand führt und damit unwirtschaftlich im Sinne des § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB ist. Der zusätzliche Aufwand ist umso eher als unverhältnismäßig anzusehen, je mehr Lose der Auftraggeber ohnehin schon gebildet hat und je kleiner ein zusätzliches Los (absolut gesehen) ist. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Oberlandesgericht Düsseldorf den Aufwand für ein zusätzliches Los von insgesamt vier Losen mit einem Anteil von 6 Prozent an dem Gesamtvolumen als nicht unverhältnismäßig angesehen (Beschluss vom 11.01.2012, VII-Verg 52/11). Die erkennende Kammer hat bei einem Anteil von ca. 0,7 Prozent bis 1 Prozent eine unwirtschaftliche Zersplitterung angenommen (VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.09.2012, VK-SH 23/12). Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Es müssten insgesamt lediglich zwei Lose gebildet werden. Davon würde das kleinere Los nach Angaben des AG 10 97 Prozent des Gesamtauftrages betragen. Da es sich lediglich um zwei zu bildende Lose handelt und von einem Auftragswert für analoge Diktiergeräte von rund [...] Euro auszugehen ist, wäre eine Losbildung mit keinem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden. 50 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.01.2013 – Verg 33/12 (Neubau Landesmuseum) II. Der Nachprüfungsantrag ist nicht begründet. 1. Zu Recht hat der Antragsgegner das Angebot der Antragstellerin gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1b) i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A wegen Änderung an den Vergabeunterlagen aufgrund der fehlenden Gleichwertigkeit des angebotenen Produkts für den Oberputz Typ 1 mit dem im Leistungsverzeichnis genannten Produkt ausgeschlossen. a) Bei der Erstellung der Vergabeunterlagen hat der Antragsgegner nicht gegen das Gebot zur produktneutralen Ausschreibung verstoßen. aa) Das nationale Vergaberecht wie auch die maßgebliche EU-Richtlinie lassen unter mehreren Voraussetzungen den Verweis auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion zu. (1) Gemäß der ersten Alternative des Art. 23 Abs. 8 der Richtlinie 2004/18/EG, umgesetzt u.a. in § 7 Abs. 8 Satz 1 VOB/A und § 8 Abs. 7 Satz 1 EG VOL/A, ist eine Rechtfertigung durch den Auftragsgegenstand erforderlich, aber auch ausreichend (zu den Anforderungen im Einzelnen – sachliche Rechtfertigung durch den Auftragsgegenstand; Angabe nachvollziehbarer objektiver und auftragsbezogener Gründe, Bestimmung willkürfrei getroffen; tatsächliches Vorhandensein solcher Gründe; keine Diskriminierung anderer Wirtschaftsteilnehmer – vgl. Senat, Beschl. v. 01.08.2012, VII-Verg 10/12 MoWaS). Da in diesen Fällen ausschließlich das ausgeschriebene Produkt (oder Verfahren etc.) geeignet ist, dem Beschaffungsbedarf des Auftraggebers zu genügen, ist das Angebot alternativer Produkte unzulässig. Eine Gleichwertigkeitsprüfung findet nicht statt. Ob im Streitfall für den streitgegenständlichen Oberputz Typ 1 eine Festlegung ausschließlich auf das im Leistungsverzeichnis genannte Produkt des Herstellers Knauf durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt gewesen wäre, kann dahinstehen. Mit dem Zusatz „oder gleichwertiger Art“ hat der Auftraggeber den Bietern die Möglichkeit, alternative gleichwertige Produkte anzubieten, ausdrücklich eröffnet. (2) Die zweite Alternative des Art. 23 Abs. 8 der Richtlinie 2004/18/EG, umgesetzt u.a. in § 7 Abs. 8 Satz 2 VOB/A und § 8 Abs. 7 Satz 2 EG VOL/A, gestattet den 98 Verweis auf ein bestimmtes Produkt, Verfahren etc. ausnahmsweise dann, wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann; solche Verweise sind mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ zu versehen. Teilweise wird die Auffassung vertreten, § 8 Abs. 7 Satz 2 HS 1 EG VOL/A und die Parallelvorschriften setzten nicht voraus, dass die Beschreibung des Leistungsgegenstandes (objektiv) unmöglich ist, da anderenfalls dieser Ausnahmetatbestand de facto leer laufe. Es reiche aus, wenn eine abstrakte Beschreibung wegen des zwingend hohen Detailgrades dem Auftraggeber nicht zuzumuten sei oder wenn sie zu Missverständnissen führe. Die Gleichwertigkeit der Alternative bestimme sich in erster Linie anhand des Auftraggeberwillens, wie und soweit dieser in der allgemeinen Leistungsbeschreibung zum Ausdruck komme. Sie sei dann gegeben, wenn der Auftraggeber mit dem angegebenen Produkt funktional dasselbe Ergebnis erzielen könne und die ihm wichtigen Leistungsmerkmale auch von dem Alternativangebot erfüllt würden. Zum Schutz der Bieterinteressen sei der Auftraggeber jedoch verpflichtet, diejenigen Merkmale, in Bezug auf die eine Gleichwertigkeit vorzuliegen habe, in der Beschreibung anzugeben, sodass deutlich werde, wann ein Produkt gleichwertig ist (vgl. VK Halle, Beschl. v. 13.12.1999, VK Hal 20/99; VK Südbayern, Beschl. v. 15.03.1999, 120.3-3194.1-02-02/99). Eine Auslegung, die in das Verständnis des Begriffs „nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann“ eine subjektive Komponente (Zumutbarkeit) einführt, könnte jedoch ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH erfordern. Außerdem kann gegen ein solches Verständnis sprechen, dass es sich bei den entsprechenden Vorschriften und Ausnahmebestimmungen (Rückausnahmen) handelt, die grundsätzlich eng auszulegen sind. Für die Entscheidung kommt es darauf jedoch nicht an. (3) Die Nennung eines bestimmten Produkts in der Leistungsbeschreibung – erst recht mit dem Zusatz „oder gleichwertiger Art“ – kann auch so aufgefasst werden, dass das Produkt als Planungs-, Richt- oder Leitfabrikat, d.h. nur beispielhaft genannt wird, aus Sicht des Auftraggebers aber gar keine Festlegung auf ein bestimmtes Produkt erfolgen, sondern den Bietern lediglich die Bearbeitung des Angebots erleichtert werden soll. Auf das Vorliegen einer solchen Absicht deuten Formulierungen im Leistungsverzeichnis hin. Dieses enthält unter Ziff. 4 Buchst. i) den Passus: „Die in der Leistungsbeschreibung enthaltenen Produktbezeichnungen gelten als Qualitätsbeispiele. Alle wesentlichen technischen Merkmale sind im Positionstext angegeben. Der Nachweis der Gleichwertigkeit der angebotenen Produkte obliegt dem Bieter...“ 99 Unter Ziff. 6 zu Fabrikatsangaben heißt es weiter: „In diesem Leistungsverzeichnis werden in einigen Positionen beispielhaft Fabrikate genannt, deren Eigenschaften bei der Planung zu Grunde gelegt wurden. Im Folgenden können vom Bieter gleichwertige Produkte angeboten werden, deren Gleichwertigkeit ist jedoch bei Angebotsabgabe vom Bieter nachzuweisen...“ Der Senat neigt dazu, eine derartige „unechte“ Produktorientierung für zulässig zu erachten (vgl. Beschl. v. 01.10.2012, VII-Verg 34/12). Eine solche Art der Ausschreibung beruht auf einer langjährigen und verbreiteten Praxis der öffentlichen Auftraggeber, die auch den Bietern in der Regel nicht fremd ist. Auch dies ist jedoch nicht streitentscheidend. bb) Im Streitfall ist zur Beschreibung der gewünschten Optik des Putzaufbaus Typ 1 der Verweis auf das im Leistungsverzeichnis genannte Produkt des Herstellers Knauf gemäß § 7 Abs. 8 Satz 2 VOB/A auch in seiner engen, wörtlichen Auslegung zulässig. Der Auftragsgegenstand kann anderweitig nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden. Für den Neu- und Umbau des Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte, das am Domplatz in Münster und damit an exponierter Stelle verwirklicht werden soll, hat sich der Antragsgegner für eine genau definierte, hochwertige Optik des Oberputzes „Typ 1“ entschieden. Im Leistungsverzeichnis heißt es hierzu in der Einleitung zu Ziff. 3: „Diese optisch hochwertige Ausführung wird an den Fassaden des Vorplatzes zum Dom sowie im Patio ausgeführt.“ Die Vertreterin des für den Auftraggeber tätigen Architekturbüros hat im Senatstermin anschaulich geschildert, wie zur Erreichung der gewünschten Oberflächengestaltung über einen längeren Zeitraum eine Vielzahl verschiedener Produkte und Zuschlagsstoffe ausprobiert wurde, bis man schließlich auf den Hersteller Knauf stieß, mit dessen Produkt Marmorit SM 700 Pro unter Zugabe bestimmter Zuschlagsstoffe (u.a. Muschelkalk, Marmorsplitt, Silber Chips/Glimmer) ein Muster hergestellt werden konnte, das den Erwartungen entsprach. Die gewünschte Optik lässt sich verbal nicht anders beschreiben als – wie geschehen – dadurch, dass ein Erscheinungsbild gefordert wird, das dem entspricht, das entsteht, wenn der vorgenannte Oberputz des Herstellers Knauf mit den nach Material und Menge exakt bezeichneten Zuschlagsstoffen versehen und nach vollständiger Trocknung – wie in Ziff. 3.3 des Leistungsverzeichnisses vorgesehen – durch maschinelles Schleifen in mehreren Schleifgängen nachbehandelt wird. Die von der Antragstellerin im Nachgang zum Senatstermin angeführten DIN-Normen EN ISO 8785 und EN ISO 1302:2002 sind zur Beschreibung des Auftragsgegenstands 100 nicht geeignet. Insbesondere kann mit ihnen der durch die Zuschlagsstoffe hervorgerufene Glimmereffekt nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden. Die DIN EN ISO 8785 befasst sich mit Oberflächenunvollkommenheiten (früher: Oberflächenfehlern) und beschreibt verschiedene Oberflächenstrukturen. Eine Handreichung zur Darstellung eines Glimmereffekts findet sich nicht. Dasselbe gilt für die erheblich umfangreichere DIN EN ISO 1302:2002, die eine Vielzahl von Parametern zur Angabe der Oberflächenbeschaffenheit in technischen Produktdokumentation enthält, ebenfalls aber nicht geeignet ist, einen bestimmten Glimmereffekt darzustellen. 51 VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.01.2013 – 1 VK 44/12 (Metallbau/Fenster) Ein Verweis auf ein Leitprodukt/-fabrikat – wie dies die Antragsgegnerin vorliegend in ihrem LV getan hat – ist gemäß § 7 EG Abs. 8 Satz 2 VOB/A ausnahmsweise dann zulässig, wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein beschrieben werden kann. Solche Verweise sind mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ zu versehen. Dies hat die Antragsgegnerin getan und die Antragstellerin hat auch zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, dass die Ausschreibung speziell auf ein Produkt abziele und kein anderes Produkt die Anforderungen des LV erfüllen könne. Vielmehr hat die Antragstellerin erst später im Nachprüfungsverfahren moniert, dass auch das Leitprodukt die gestellten Anforderungen an das Längsschalldämmmaß nicht generell und ohne Berücksichtigung der ausführenden Bauweise erfüllen könne. Die VK Münster führt in dem o.g. Beschluss vom 26.07.2012 unter Verweis auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf (Verg 61/09) allerdings zu Recht aus, dass § 7 Abs. 8 Satz 2 VOB/A grundsätzlich nicht bestimme, dass mit der Nennung eines alternativen Produktes auch der Nachweis der Gleichwertigkeit vom Bieter zu führen sei, weil sonst das Leitfabrikat unzulässiger Weise bevorzugt werde. Vielmehr reiche es aus, wenn der Bieter in seinem Angebot die Gleichwertigkeit des angebotenen Alternativprodukts mit dem Leitfabrikat behaupte und die Vergabestelle dies im Rahmen ihrer technischen Angebotsprüfung untersuche, aber auch untersuchen könne. Demzufolge müsse eine Vergabestelle vom Bieter prüffähige Unterlagen bekommen oder Hinweise auf die technischen Anforderungen, die sein Alternativprodukt erfüllt. Nur so werde eine Vergabestelle in die Lage versetzt, eine Gleichwertigkeitsprüfung durchzuführen. An anderer Stelle in dem genannten Beschluss der VK Münster heißt es zutreffend: „Wenn eine Vergabestelle eine solche Ausschreibung vornimmt, muss sie sich letztlich auf eine Gleichwertigkeitsprüfung einlassen, die mitunter komplexer und auch in tatsächlicher Hinsicht (beispielsweise Sachverständigengutachten) umfangreicher sein kann, als zuvor genau den Bietern in der Leistungsbeschreibung darzulegen, worauf es ihr hinsichtlich des Beschaffungsgegenstandes eigentlich ankommt.“ Mit anderen Worten: Hat die Vergabestelle bei solch einer Art von Ausschreibung prüffähige Unterlagen vom Bieter erhalten, kann sie sich nicht darauf 101 berufen, dass der Bieterin der (im Einzelfall sehr aufwändig zu führende) Nachweis der Gleichwertigkeit obliege. Sind die vorgelegten Unterlagen jedoch nicht aussagekräftig oder weichen diese offensichtlich von den gestellten Anforderungen ab, dann geht dies zu Lasten der Bieter. In einem solchen Fall muss sich der Auftraggeber nicht darauf einlassen, dass das angebotene Produkt „mehr kann“ (je nachdem wie das Produkt konkret verwendet oder eingebaut wird) als dies die Produktdatenblätter des angebotenen Produkts dokumentieren. Dies gilt jedenfalls für den Fall, dass die Bieterin bei ihrer Angebotsabgabe nicht ausdrücklich auf solche Besonderheiten hinweist. Da der Ausschluss des Angebots der Antragstellerin bereits aus den o.g. Gründen rechtmäßig war, bedarf es keiner Entscheidung, ob weitere – von der Antragsgegnerin geltend gemachte – Ausschlussgründe vorlagen. 2. Preis-/Haushaltsrechtliche Anforderungen/Vergabereife 52 OLG München, Beschluss vom 20.03.2013 – Verg 5/13 (Akademie des bayerischen Bäckerhandwerks) 1. § 20 Abs. 3 VOF ist nicht nur Anspruchsgrundlage für einen entsprechenden Honoraranspruch des Bieters, sondern beinhaltet auch eine verfahrensrechtliche Vorgabe für die Durchführung des Vergabeverfahrens, deren Einhaltung der Bieter zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens machen kann. 2. Ein Verstoß gegen § 20 Abs. 3 VOF gibt für sich genommen keine Handhabe für einen rechtswahrenden Ausstieg des Bieters aus dem Vergabeverfahren ab. 1. Die Vergabekammer Südbayern geht zutreffend davon aus, dass § 20 Abs. 3 VOF dritt- und bieterschützend ist (§ 107 Abs. 2 GWB). § 20 Abs. 3 VOF billigt dem Bieter nicht nur einen entsprechenden Honoraranspruch gegen den Auftraggeber zu, sondern beinhaltet auch eine verfahrensrechtliche Vorgabe für die Durchführung des Vergabeverfahrens. Dies ergibt sich aus der wettbewerbsschützenden Komponente der Vorschrift. Insbesondere kleinere Architekturbüros, denen eine Querfinanzierung nicht so ohne weiteres möglich ist, könnten, wenn sie keine auskömmliche Aufwandsentschädigung erhalten, von vorneherein daran gehindert sein, sich um einen von der öffentlichen Hand ausgeschriebenen Auftrag auch nur zu bewerben (OLG Koblenz, Urteil vom 06.07.2012, 8 U 45/11; a. A. Weyand, Vergaberecht, 4. Auflage, RdNr. 24 zu § 20 VOF). Die Vergabe öffentlicher Aufträge im fairen Wettbewerb der Bieter ist ein wesentliches Anliegen des Vergaberechts (§ 97 Abs. 1 GWB). Dies spricht entscheidend dafür, § 20 Abs. 3 VOF auch als verfahrensrechtliche Vorgabe für die Durchführung des Vergabeverfahrens anzusehen. 102 Die Antragsteller haben darüber hinaus zu Recht darauf hingewiesen, dass sich der öffentliche Auftraggeber, wenn § 20 Abs. 3 VOF auf eine Anspruchsgrundlage für den Honoraranspruch verengt wird, im Gefolge des Vergabeverfahrens einer Vielzahl von Honorarklagen gegenüber sehen kann. Dies könnte den Auftraggeber mit Aufwendungen belasten, die dieser bisher nicht in seine Kalkulation einbezogen hatte. Wird § 20 Abs. 3 VOF dagegen als Verfahrensvorschrift des Vergabeverfahrens angesehen, muss der Bieter etwaige Verstöße auch dort rügen. Versäumt er dies, verhindert die Sperrwirkung der Spezialzuweisung nach §§ 102 ff. GWB eine an das Vergabeverfahren anschließende Honorarklage im Zivilrechtsweg (OLG Koblenz, a. a. O.). 2. Selbst wenn der Senat zu Gunsten der Antragsteller unterstellt, dass die den Bietern abverlangte Planungsleistung nach der HOAI wesentlich höher wie mit dem von der Vergabestelle festgesetzten Betrag von 5.000,00 Euro zu vergüten wäre, hätten die Antragsteller dennoch, da sie sich mit dem Schreiben vom 29.10.2012 freiwillig aus dem Vergabeverfahren zurückgezogen haben, die Antragsbefugnis für ein Vergabenachprüfungsverfahren aufgegeben und verloren. Damit war der Nachprüfungsantrag der Antragsteller zur Vergabekammer Südbayern zumindest unbegründet. Die gegen den antragsabweisenden Beschluss der Vergabekammer vom 13.02.2012 gerichtete Beschwerde ist unbegründet. Die weitere Teilnahme am Vergabeverfahren war für die Antragsteller entgegen der Einschätzung der Beschwerde nicht unzumutbar. Vielmehr waren die Antragsteller, selbst wenn zu Gunsten der Antragsteller ein Verstoß gegen § 20 Abs. 3 VOF als gegeben unterstellt wird, gehalten, statt sich aus dem Vergabeverfahren zurückzuziehen, die oben unter b) genannten vergaberechtlichen Rechtsbehelfe zu ergreifen. Insbesondere besteht das von der Beschwerde behauptete Dilemma – die Antragsteller hätten vor dem Problem gestanden, dass eine weitere Teilnahme am Vergabeverfahren mit einem Verstoß gegen die Berufspflichten der Antragsteller verbunden gewesen wäre – nicht. Zwar darf der Architekt gem. § 7 Abs. 3 HOAI die in der HOAI festgesetzten Mindestsätze nur in Ausnahmefällen unterschreiten. Dennoch ergibt sich, selbst wenn der Senat davon ausgeht, dass die Begrenzung der Ausgaben des öffentlichen Auftraggebers im Vergabeverfahren kein Ausnahmefall im Sinne von § 7 Abs. 3 HOAI ist, im Zusammenhang mit dem von der Vergabestelle festgesetzten Honorar von 5.000,00 Euro kein Verstoß des Architekten gegen dessen Berufspflichten. Die HOAI gilt im Vergabeverfahren nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar über die Erstreckung gemäß § 20 Abs. 3 VOF. Im Vergabeverfahren wird die Architektenleistung nämlich nicht, was einer unmittelbaren Anwendbarkeit der HOAI entgegensteht, auf der Basis einer synallagmatischen vertraglichen Bindung erbracht, sondern es handelt sich um eine Auftragsaquisation des Architekten, für die diesem eine vom potentiellen Auftraggeber einseitig festgesetzte Aufwandsentschädigung zufl ießt (vgl. Willenbruch-Harr, Vergaberecht, 2. Aufl., Rn 21 zu § 20 VOF; Koebele in Locher/ Koebele/Frik, HOAI, 11. Aufl., Rn 125 zu § 7 HOAI). Damit bewegt sich der Architekt im Vergabeverfahren nicht im Rahmen der Verpflichtungen, die ihm über § 7 Abs. 3 103 HOAI auferlegt sein mögen. Dass § 7 Abs. 3 HOAI im verfahrensgegenständlichen Kontext nicht passt, wird auch daran ersichtlich, dass diese Vorschrift, was im Vergabeverfahren, da dort die Aufwandsentschädigung von der Vergabestelle vorgegeben wird, definitiv nicht in Betracht kommt, davon ausgeht, dass die Mindestsätze nach der HOAI (in Ausnahmefällen) kraft schriftlicher Vereinbarung zwischen Architekten und Auftraggeber unterschritten werden können. 53 OLG Koblenz, Beschluss vom 25.03.2013, 5 U 1481/12 (Architektenvertrag mit Baukostenvereinbarung) Ein öffentlicher Auftraggeber kann einen Architektenvertrag mit einer Baukostenvereinbarung (HOAI § 6 Abs. 2) nicht wirksam schließen, wenn die einschlägige Haushaltsordnung vorsieht, dass Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Baumaßnahmen [...] erst veranschlagt werden [dürfen], wenn Pläne, Kostenberechnungen und Erläuterungen vorliegen, aus denen die Art der Ausführung, die Kosten der Baumaßnahme, des Grunderwerbs und der Einrichtungen sowie die vorgesehene Finanzierung und ein Zeitplan ersichtlich sind, weil zum Zeitpunkt der Beauftragung des Architekten noch keine Planungen als Voraussetzungen für eine Kostenschätzung oder Berechnung vorliegen. 1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass die mit Blickrichtung auf § 522 Abs. 2 ZPO erfolgte vorläufige Prüfung des Senats ergeben hat, dass die Entscheidung des Landgerichts Bedenken begegnet unter einem Aspekt, der bisher noch nicht angesprochen wurde und daher einen gerichtlichen Hinweis nach § 139 Abs. 2 ZPO erfordert. Im Einzelnen: a. § 24 der rheinland-pfälzischen Landeshaushaltsordnung vom 20. Dezember 1971 (LHO) lautet wie folgt: (1) Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Baumaßnahmen dürfen erst veranschlagt werden, wenn Pläne, Kostenberechnungen und Erläuterungen vorliegen, aus denen die Art der Ausführung, die Kosten der Baumaßnahme, des Grunderwerbs und der Einrichtungen sowie die vorgesehene Finanzierung und ein Zeitplan ersichtlich sind. Den Unterlagen ist eine Schätzung der nach Fertigstellung der Maßnahme entstehenden jährlichen Haushaltsbelastungen beizufügen. (2) Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für größere Beschaffungen und größere Entwicklungsvorhaben dürfen erst veranschlagt werden, wenn Planungen und Schätzungen der Kosten und Kostenbeteiligungen vorliegen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. 104 (3) Ausnahmen von den Absätzen 1 und 2 sind nur zulässig, wenn es im Einzelfall nicht möglich ist, die Unterlagen rechtzeitig fertig zu stellen, und aus einer späteren Veranschlagung dem Land ein Nachteil erwachsen würde. Die Notwendigkeit einer Ausnahme ist in den Erläuterungen zu begründen. Die Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Maßnahmen, für welche die Unterlagen noch nicht vorliegen, sind gesperrt. (4) Auf einzeln veranschlagte Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Zuwendungen sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden. Das für Finanzen zuständige Ministerium kann Ausnahmen zulassen.“ b. Weiter bestimmt § 54 der rheinland-pfälzischen Landeshaushaltsordnung folgendes: „(1) Baumaßnahmen dürfen nur begonnen werden, wenn ausführliche Entwurfszeichnungen und Kostenberechnungen vorliegen, es sei denn, dass es sich um kleine Maßnahmen handelt. In den Zeichnungen und Berechnungen darf von den in § 24 bezeichneten Unterlagen nur insoweit abgewichen werden, als die Änderung nicht erheblich ist; weiter gehende Ausnahmen bedürfen der Einwilligung des für Finanzen zuständigen Ministeriums. Dieses holt bei einzeln veranschlagten Baumaßnahmen zuvor die Einwilligung des Landtags ein, soweit nicht aus zwingenden Gründen eine Ausnahme hiervon geboten ist. Ist die Zustimmung nicht eingeholt worden, so ist der Landtag alsbald zu unterrichten. (2) Größeren Beschaffungen und größeren Entwicklungsvorhaben sind ausreichende Unterlagen zugrunde zu legen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.“ c. Nach Art. 77 Abs. 2 der rheinland-pfälzischen Landesverfassung ist die vollziehende Gewalt und damit auch der Beklagte an Gesetz und Recht gebunden. Nichts anderes besagt Art. 20 Abs. 3 GG. Für den Beklagten sind daher die unter a. und b. zitierten Vorschriften der LHO bindend. d. Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat der Senat Zweifel, ob das beklagte Land wirksam einen Architektenvertrag mit einer Baukostenvereinbarung nach § 6 Abs. 2 HOAI schließen kann. Bei Beachtung von §§ 24, 54 LHO (ausführliche Entwurfszeichnungen und Kostenberechnungen!) dürften nämlich die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 HOAI (zum Zeitpunkt der Beauftragung noch keine Planungen als Voraussetzung für eine Kostenschätzung oder Kostenberechnung) niemals vorliegen. 2. Vor diesem Hintergrund wird dem beklagten Land aufgegeben (§§ 525, 142, 273 ZPO) dem Senat sämtliche nach Maßgabe der §§ 24, 54 LHO erstellten und vorhandenen Unterlagen vorzulegen (doppelt für die gebotene Unterrichtung des Klägers). 105 3. Wahl-/Alternativpositionen 54 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.02.2012 – Verg 87/11 (Versicherungsdienstleistungen) Die Rügen der Antragstellerin sind teilweise begründet. a) Selbstbehalte im Allgemeinen Nicht begründet ist allerdings die Rüge, die durch die verschiedenen möglichen Selbstbehalte und Laufzeiten bestehenden „Variationsmöglichkeiten“ für ein Angebot seien vergaberechtswidrig. Dabei handelt es sich um Wahl- oder Alternativpositionen (vgl. zuletzt Senat, Beschluss vom 13.04.2011 – VII-Verg 58/10; Prieß, in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Aufl., § 8 EG Rdnr. 78). Dabei schreibt der Auftraggeber die von ihm zu vergebenden Leistungen – teilweise – in verschiedenen Alternativen aus. Einer dieser Alternativen entsprechende Angebote des Bieters sind nicht als „Nebenangebote“ und auch nicht als „Varianten“ im Sinne des Art. 24 der Richtlinie 2004/18/EG anzusehen, weil sie nicht von der Leistungsbeschreibung des Auftraggebers abweichen, vielmehr entsprechen sie dieser (zur Terminologie s. auch Egger, Europäisches Vergaberecht, Rdnr. 1253 ff.). Auch die Tatsache, dass der Bieter jede der Alternativen anbieten kann, ändert daran nichts, da ein Bieter durchaus mehrere Hauptangebote abgeben kann (Senat, Beschluss vom 23.03.2010 – VII-Verg 61/09). Eine derartige Verfahrensweise ist nicht – auch wenn sie den Grundsatz der Bestimmtheit und Eindeutigkeit der Leistungsbeschreibung (§ 8 Abs. 1 EG VOL/A) tangiert – nicht von vornherein zu beanstanden. Es bestand ein berechtigtes Interesse des Auftraggebers, den genauen Inhalt einstweilen offen zu halten. In der Versicherungsbranche ist es allgemein üblich, dass potentiellen Versicherungsnehmern Sachversicherungen mit verschiedenen Selbstbehalten angeboten werden (zu den Besonderheiten des Versicherungsmarktes s. auch OLG Celle, VergabeR 2004, 397; OLG Jena VergabeR 2006, 522). Es liegen keine Gründe vor, weshalb ein öffentlicher Auftraggeber von dieser Methode der Vertragsanbahnung ausgeschlossen werden müsste. Der Versicherungsnehmer kann anhand der Prämienhöhe (die mit der Ausschreibung auch abgefragt wird und dem Auftraggeber vorher nicht bekannt ist) und der Schadenswahrscheinlichkeit entscheiden, welche Alternative letztlich für ihn günstiger ist. Ein solches Vorgehen dient damit auch einem der Zwecke des Vergaberechts, es nämlich dem Auftraggeber zu ermöglichen, seinen Bedarf zu günstigen Preisen zu decken. Feste prozentuale Grenzen für Alternativpositionen bestehen nicht (Prieß, a.a.O., § 8 EG Rdnr. 81); dies ist auch nicht zur Verhinderung einer bloßen unzulässigen Markterkundung (§ 2 Abs. 3 VOL/A EG) geboten. Allgemein lässt sich allenfalls sagen, dass bei besonders häufigem Auftreten 106 von Wahlpositionen deren Anforderungen genauer zu überprüfen sind. In konkreten Fall bestehen wegen der allgemeinen Üblichkeit von Angeboten mit unterschiedlichen Selbstbehalten in dieser Hinsicht jedoch keine Bedenken. Des Weiteren waren die Kriterien, anhand deren die Antragsgegnerin zwischen den einzelnen Alternativen entscheiden würde, bekannt zu geben. Bei Alternativpositionen besteht die Gefahr, dass der Auftraggeber das Wertungsergebnis durch seine Entscheidung für eine bestimmte Alternative aus vergaberechtsfremden Gründen das Wertungsergebnis beeinflusst. Zur Gewährleistung eines transparenten Vergabeverfahrens muss dem Bieterkreis daher – entgegen der Auffassung der Vergabekammer – vorab bekannt sein, welche Kriterien für die Inanspruchnahme der Alternativen maßgeblich sein sollen (Senat, a.a.O.). Der Antragstellerin ist zuzugeben, dass die ursprünglichen Vergabeunterlagen es daran fehlen ließen. Die Frage der Bewertung der Selbstbehalte war in den Vergabeunterlagen nicht angesprochen; insbesondere waren die Selbstbehalte bei der Untermatrix zum Kriterium „Qualität“ nicht erwähnt. Jedoch hat die Antragsgegnerin auf die Rüge der Antragstellerin hin die maßgeblichen Kriterien nachträglich bekannt gegeben. Dies reichte aus. Das Schreiben der Antragsgegnerin vom 4. Juli 2011 ist in diesem Punkt sämtlichen Bietern bekannt gegeben worden. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist das Kriterium auch hinreichend konkret. Die Antragsgegnerin hat auf den Durchschnitt der Schadensfälle in den letzten Jahren abgestellt. Damit war klar, dass die Antragsgegnerin die zweite der von der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 7. September 2011 an die Vergabekammer aufgeführte Alternative gewählt hatte und die übrigen Alternativen nicht in Betracht kamen. 4. Kalkulationsvorgaben Preisvorgaben 55 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2012 – Verg 42/12 (Unterhaltsreinigung) 1. Die Antragsgegnerin hat Bietern eine wirksame Kalkulationsvorgabe gestellt. Es sollte unter der Überschrift „den Angebotspreisen zugrunde liegender Tariflohn“ in die Preisblätter der Tariflohn für Unterhaltsreinigung (bezogen auf den Zeitpunkt der erstmaligen Leistungserbringung 1.1.2013) eingetragen werden. Die Antragstellerin gab vordergründig noch wahrheitsgemäß einen Betrag von neun Euro (netto) je Arbeitsstunde als den seinerzeit gültigen und für allgemeinverbindlich erklärten Tariflohn an. Tatsächlich kalkulierte sie nach eigenem Vortrag unter Verstoß gegen die Festlegung der Antragsgegnerin anders, nämlich mit einem Stundenverrechnungssatz von 8,78 Euro (netto). Dazu fühlte sich die Antragstellerin ermächtigt, weil mit dem 31.10.2013 der für allgemeinverbindlich erklärte Tarifvertrag für das Gebäudereiniger- 107 handwerk auslaufen wird. Für die Zeit danach setzte die Antragstellerin nur noch den Mindestlohn von 8,62 Euro nach TVgG NRW an. a) Kalkulationsvorgaben durch den öffentlichen Auftraggeber sind vergaberechtlich zugelassen. Sie beschränken zwar die Kalkulationsfreiheit der Bieter und „kanalisieren“ in gewissem Umfang auch den Preiswettbewerb, beruhen jedoch auf der Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers hinsichtlich der Regularien des Vergabeverfahrens. Zudem begrenzen sie Spekulationsmöglichkeiten der Bieter und fördern insoweit die Chancengleichheit bei der Bewerbung um den Auftrag. Wie sonstige Festlegungen des Auftraggebers in den Vergabeunterlagen auch unterliegen sie nur dem Gebot der Eindeutigkeit und Bestimmtheit. 56 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.02.2013, Verg 44/12 (Kopierer und Multifunktionsgeräte) 2. Auch die von der Antragsgegnerin gewählte Preisstruktur lässt Vergaberechtsfehler nicht erkennen. Zunächst unterliegt es der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers, auf welcher Grundlage angebotene Leistungen abgerechnet werden sollen. Vorgaben, ob zu vereinbarende Vergütungen auf der Grundlage von Einheits-, Einzel-, Stunden- oder Pauschalpreisen zu berechnen sind, enthält das Vergaberecht für Lieferaufträge – wie hier – nicht (§ 2 Abs. 4 EG VOL/A i.V.m. der Verordnung PR Nr. 30/53 sowie § 11 Abs. 1 Satz 1 EG VOL/A i.V.m. VOL/B). Die Wahl zwischen Einzel- oder Pauschalpreisen unterliegt vielmehr dem Bestimmungsermessen des öffentlichen Auftraggebers. Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin, namentlich die Abwägung der für die Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit sprechenden Gründe für eine Pauschalierung der Leistungen in einem einheitlichen „Klick-Preis“ („Allin-Preis“), ist nicht zu beanstanden. Die Pauschalierung der Leistungen soll den Verwaltungsaufwand der Antragsgegnerin bei der Abrechnung über die Nutzung von Kopier- und Multifunktionsgeräten zwischen den Ämtern der Antragsgegnerin verringern helfen und im Einklang mit der bisherigen Preisgenehmigung des Betriebsausschusses stehen. Eine Änderung des bisher auf der Basis eines „Klick-Preises“ praktizierten Abrechnungsmodells bedarf einer Neukalkulation und einer erneuten Preisgenehmigung durch den zuständigen Ausschuss, was die Antragsgegnerin nicht zuletzt wegen des mit einer Umstellung einhergehenden organisatorischen Aufwandes zu vermeiden sucht. Derartige Erwägungen sind nachvollziehbar und dürfen angestellt werden. Dem Bieter wird auch nicht deshalb ein unzumutbares Risiko überbürdet, weil ein einheitlicher Preis neben berechenbaren Fixkosten auch optionale Leistungen und damit variable Kosten zu berücksichtigen hat. Denn hierbei handelt es sich – wie bereits ausgeführt worden ist – um Kalkulationsrisiken, die die Antragsgegnerin in zulässiger Weise dem Bieter auferlegt hat. 108 Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Antragsgegnerin die Bildung von Staffel- oder Folgepreisen nicht zugelassen hat. Denn durch die von ihr angegebenen Mengen, die die Bieter der Preiskalkulation zugrunde legen durften, hat sie Art und Umfang der Leistungen bestimmt (§ 1 Nr. 1 VOL/B i.V.m. § 11 Abs. 1 EG VOL/A), die bei einer erheblichen Abweichung in der späteren Auftragsdurchführung ein Recht des Bieters auf Preisanpassung begründen (§ 2 Nr. 3 VOL/B i.V.m. § 11 Abs. 1 EG VOL/A). Bereits die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Leistungen (VOL/B), die der öffentliche Auftraggeber zum Vertragsgegenstand machen muss (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EG VOL/A), gewähren einen indirekten Staffeloder Folgepreis, durch den Bieter grundsätzlich hinreichend geschützt sind. Ob der öffentliche Auftraggeber darüber hinaus Staffel- oder Folgepreise zulässt, unterliegt seiner Bestimmungsfreiheit. 5. Zuschlags- und Bindefrist/Frist zur Abforderung von Angebotsunterlagen/Angebotserstellungsfrist 57 VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.03.2012 – VK-SH 3/12 (Briefpostdienste) II. Der Nachprüfungsantrag ist begründet. aa) Das Vergabeverfahren leidet an einem schwerwiegenden Mangel. Die mit insgesamt 8 Monaten bemessene Binde-/Zuschlagsfrist verstößt gegen § 12 Abs. 1 Satz 2 EG VOL/A. In Bezug auf die Bindefrist regelt § 12 Abs. 1 Satz 2 EG VOL/A, dass Auftraggeber eine „angemessene“ Frist bestimmen, innerhalb der die Bieter an ihre Angebote gebunden sind. Eine nähere Ausgestaltung des Merkmals der Angemessenheit findet sich in § 12 Abs. 1 Satz 2 EG VOL/A zwar nicht. Diese Vorschrift ist jedoch im Lichte des § 19 Abs. 2 VOL/A 2006 auszulegen. Diese Vorschrift sah ausdrücklich vor, dass (jedenfalls) die Zuschlagsfrist so kurz wie möglich und nicht länger zu bemessen ist, als der Auftraggeber für eine zügige Prüfung und Wertung der Angebote benötigt. § 12 Abs. 1 Satz 2 EG VOL/A ist eine bieterschützende Norm und soll eine für den Bieter unzumutbar lange Bindung an sein Angebot verhindern. Bei der Festlegung der Binde-/Zuschlagsfrist ist zu Gunsten der Bieter zu berücksichtigen, dass diese während der Bindefrist in ihren geschäftlichen Entschlüssen und Dispositionen erheblich eingeschränkt sind. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Bewerbung um andere Aufträge und der Finanzierung weiterer Aufträge. Ein Bieter kalkuliert bei Abgabe seines Angebots den finanziellen Aufwand unter Berücksichtigung der vorgesehenen Vertragslaufzeit. Er muss deshalb auch Gelegenheit haben, nach Überschreiten eines angemessenen Zeitraums von seinem Angebot wieder Abstand nehmen zu können. Auch die generelle Ausdehnung der Zuschlags- und Bindefrist bis zum rechtskräftigen Abschluss etwaiger Vergabenachprüfungsverfahren, wie die Antragsgegnerin anführt, ist einseitig auf die Interessen des 109 Antragsgegners zugeschnitten und daher vergaberechtswidrig (VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.11.2007 – 1 VK 43/07). Auch der im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens vorgebrachte Hinweis der Antragstellerin, der Umfang der Angebote rechtfertige eine längere Zuschlagsfrist, vermag nicht zu überzeugen. Gründe für einen erhöhten Arbeitsaufwand sind hier nicht ersichtlich und im Übrigen auch nicht in den Vergabeakten dokumentiert. Letztlich stellt eine unzumutbar lange Zuschlagsfrist auch eine Beschränkung des Wettbewerbs dar, da nicht auszuschließen ist, dass sich Unternehmen aufgrund dieser Zuschlagsfrist gar nicht erst am Verfahren beteiligen. Demgegenüber steht es der Antragsgegnerin selbstverständlich frei, den Vertragsbeginn entsprechend spät anzusetzen. 58 VK Bund, Beschluss vom 05.10.2012 – VK 3-114/12 (Reinigungsdienstleistungen) I. Die Antragstellerin (ASt), ein mittelständischer Anbieter von Gebäudereinigungsdienstleistungen, macht mit ihrem Nachprüfungsantrag geltend, die in der Bekanntmachung vorgesehene Frist für die Abforderung der Vergabeunterlagen verstoße gegen Vergaberecht, weil es hierfür keine Rechtsgrundlage gebe. 2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Weder verstößt das Setzen einer Abforderungsfrist für die Vergabeunterlagen als solches gegen Vergaberecht, noch begegnet der von der Ag vorgesehene zeitliche Abstand zwischen Abforderungsfrist und Angebotsabgabefrist vergaberechtlichen Bedenken. a) Die Ag war befugt, eine Frist für die Abforderung der Vergabeunterlagen zu setzen. Im Ausgangspunkt zutreffend ist die Auffassung der ASt, dass weder § 12 VOL/A-EG noch eine andere Regelung der VOL/A-EG die Möglichkeit einer Fristsetzung für das Anfordern der Vergabeunterlagen ausdrücklich vorsieht. Aus der Vorschrift des § 12 Abs. 7 VOL/A-EG ergibt sich, dass öffentliche Auftraggeber, die die Vergabeunterlagen und alle zusätzlichen Unterlagen nicht elektronisch zur Verfügung stellen, die betreffenden Unterlagen innerhalb von 6 Tagen nach Eingang des Antrags an die Unternehmen absenden müssen, wenn diese die Unterlagen „rechtzeitig“ angefordert haben. Wann von einer „rechtzeitigen“ Anforderung der Unterlagen ausgegangen werden kann, ergibt sich aus der Vorschrift nicht. 110 Hat ein öffentlicher Auftraggeber keine Frist für die Abforderung der Unterlagen gesetzt, beurteilt sich die „Rechtzeitigkeit“ danach, ob die Unterlagen dem Bewerber faktisch noch vor Ablauf der Angebotsfrist zugehen können. Mit Blick auf die Frist von 6 Tagen in § 12 Abs. 7 VOL/A-EG muss der Antrag des Bewerbers somit entsprechend fristgemäß vor Ablauf der Angebotsfrist gestellt werden (Rechten, in Kulartz/Marx/ Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 2. Aufl. (2011), § 12 Rn. 32.). Hat der öffentliche Auftraggeber dagegen – wie vorliegend – eine Ausschlussfrist gesetzt, ist diese maßgeblich (Rechten, a.a.O. Rn. 31). Zu einer Fristsetzung ist der öffentliche Auftraggeber auch befugt. Nach Art. 36 Abs. 1 RL 2004/18/EG enthalten die Bekanntmachungen die in Anhang VII Teil A aufgeführten Informationen und ggf. jede andere vom öffentlichen Auftraggeber für sinnvoll erachtete Angabe gemäß dem jeweiligen Muster der Standardformulare. Hinsichtlich des Bekanntmachungstextes bei offenen Verfahren sieht RL 2004/18/EG, Anhang VII, Teil A, Nr. 11 lit. b) folgendes vor: „Gegebenenfalls Frist, bis zu der die Unterlagen angefordert werden können.“ Durch die Verwendung der Formulierung „gegebenenfalls“ geht der Gemeinschaftsgesetzgeber davon aus, dass eine solche Frist gesetzt werden kann, aber nicht gesetzt werden muss. Dementsprechend sieht die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 842/2011 der Kommission vom 19. August 2011 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Vergabebekanntmachungen auf dem Gebiet der öffentlichen Aufträge und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1564/2005 in ihrem Anhang II – Auftragsbekanntmachung unter Tz. IV.3.3 die Angabe eines „Schlusstermins für die Anforderung von Unterlagen oder die Einsichtnahme“ ausdrücklich vor. Hierauf verweist § 15 Abs. 1 VOL/A-EG. Der in § 12 Abs. 7 VOL/A-EG verwendete Begriff „rechtzeitig“ impliziert vor diesem Hintergrund ebenfalls die Zulässigkeit einer Fristsetzung für die Abforderung der Vergabeunterlagen. Das Setzen einer Abforderungsfrist bewirkt auch keine unangemessene Belastung des Bewerbers. Denn eine Fristsetzung dient nicht nur der Transparenz und der Gleichbehandlung aller Bewerber, sondern trägt dazu bei, dass die für die Angebotserstellung notwendigen Vergabeunterlagen den Bewerbern so frühzeitig vorliegen, dass diese ihre Angebote sorgfältig erstellen können (Rechten, a.a.O. Rn. 31). b) Entgegen der Auffassung der ASt ist es vergaberechtlich nicht zu beanstanden, dass zwischen der Abforderungsfrist (22. Juni 2012) und der Angebotsabgabefrist (24. Juli 2012) ein Zeitraum von mehr als vier Wochen lag. Der RL 2004/18/EG sind keine Aussagen darüber zu entnehmen, welcher Zeitraum zwischen der Abforderungsfrist einerseits und der Angebotsabgabefrist andererseits maximal zulässig ist. Dies legt es nahe, dass der öffentliche Auftraggeber insoweit einen Ermessensbzw. Beurteilungsspielraum hat. 111 Aus dem mit Schriftsatz vom 25. September 2012 von der Ag zu den Akten gereichten Zeitablaufplan für das Vergabeverfahren geht hervor, dass diese von der Annahme ausging, die Vergabeunterlagen würden den Bewerbern spätestens am 28. Juni 2012 vorliegen, und zwar auch denjenigen Bewerbern, die erst am 22. Juni 2012 die Vergabeunterlagen angefordert hatten (§ 12 Abs. 7 VOL/A-EG). Somit hatten die Bewerber spätestens ab dem 28. Juni 2012 Gelegenheit, sich mit den Unterlagen vertraut zu machen und sich auf die Ortsbesichtigungen vorzubereiten. Wie aus der Bekanntmachung (ebenda Tz. III.2.1, Rn. 7) hervorgeht, mussten die Bieter einen Nachweis über die erfolgte Teilnahme an den Ortsbesichtigungen vorlegen. Dabei mussten die Bieter zwingend für jedes Objekt des Loses an der Ortsbesichtigung teilnehmen. Die Ortsbesichtigungen fanden in der 28. Kalenderwoche statt. Angesichts der Vielzahl der ausgeschriebenen Liegenschaften sowie der Vielzahl der Bewerber war der organisatorische Aufwand für die Ag erheblich. Um den Geheimwettbewerb zu schützen, musste die Ag u.a. Zeitpuffer vorsehen, um den direkten Kontakt zwischen den Bewerbern zu vermeiden. Die aus der Ortsbesichtigung gewonnenen Erkenntnisse waren für die Bieter eine wichtige Informationsquelle bei der Erstellung ihrer Angebote. Aus Sicht der Ag war nicht von vornherein auszuschließen, dass nach der Ortsbesichtigung Bieterfragen zu den Vergabeunterlagen gestellt werden würden, die beantwortet werden mussten und ggf. sogar zu einer Änderung/Ergänzung der Vergabeunterlagen führen würden. Diese Umstände sprechen nach Überzeugung der Vergabekammer dafür, dass der von der Ag vorgesehene zeitliche Abstand zwischen Abforderungsund Angebotsabgabefrist nicht zu beanstanden ist. Von der ASt ist auch weder vorgetragen worden noch ist es sonst ersichtlich, dass diese Frist mit den allgemeinen Grundsätzen des § 97 Abs. 1 und 2 GWB unvereinbar wäre. 59 VK Arnsberg, Beschluss vom 06.02.2013, VK 21/12 (Rettungsdienstleistungen) Der Antrag ist überwiegend begründet. Die Rahmenbedingungen für die Erbringung der Hauptleistungen Vorhaltung der Rettungswachen, Beschaffung der Fahrzeuge und qualifiziertem Personals, das hinsichtlich der RTWs im Sonderbedarf im jeweiligen Rettungswacheneinsatzbereich bereits am 1.2.2013 eingearbeitet sein muss im Verhältnis zu der Bearbeitungsfrist 30.11.2012 bis 14.1.2013 und Ausführungsfrist vom 29.1.bis 1.2.2013 sowie die Bewertungsmodalitäten für zusätzliches Personal in Form von sog. Führungskomponenten und das Ausfallsicherungskonzept sind geeignet, sog. Newcomer im Verhältnis zu den bisherigen Leistungserbringern zu diskriminieren, vom Verfahren auszuschließen und den Wettbewerb so auf die bisherigen Leistungserbringer zu reduzieren. Auf vergleichbare Bedenken stößt die Zurückhaltung des Bedarfsplans. 112 2.1 die Vorbereitungsfrist nach § 10 Abs. 1 VOL/A Nach § 10 Abs. 1 VOL/A sind für Bearbeitung und Abgabe der Angebote ausreichende Fristen vorzusehen. § 10 VOL/A findet gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 VgV Anwendung. Die Fristbestimmungen des § 12 EG VOL/A sind daher grundsätzlich nicht bindend für den Auftraggeber. Die hier gewählten Fristen sind für die Vorbereitung der Angebote nicht ausreichend. Für die Abgabe eines Angebots für jedes dieser Lose war die Bereitstellung eines Standorts erforderlich, der in zeitlicher Hinsicht (8 Minuten bis zu jeweiligen Unfallort) und /oder räumlicher Hinsicht (1000m im Radius um den bisherigen Standort) liegen musste, mit einem Nachweis der Verfügbarkeit. Darüber hinaus mussten die potentiellen Baulichkeiten bestimmten Standards entsprechen. Im Zeitraum vom Freitag, den 30.11.2012 bis zum Abgabetermin des Angebots verblieben den Bietern damit aufgrund der Dezemberfeiertage 25 Arbeitstage, sofern die zuständigen Behörden und sonstigen Ansprechpartner am 27. und 28.12.2012 überhaupt geöffnet hatten oder sonst erreichbar waren, wovon nicht auszugehen ist. Auch wenn es bei der Berechnung der Fristen nicht auf Arbeitstage ankommt, sondern grundsätzlich auf Kalendertage, ist dies zur Bewertung einer angemessenen Frist im Dezember eines Jahres mit zu betrachten, da nur die Arbeitstage zu den erforderlichen Vorbereitungen – hier Standortsuche und Ermittlung einer geeigneten Liegenschaft, Verhandlungen mit Nutzungsberechtigten – geeignet sind. Behörden , Unternehmen und Privatleute sind in der zweiten Dezemberhälfte und den jeweiligen Anschlusstagen bekanntlich kaum oder nur sehr erschwert zu erreichen, weil es naheliegt , zwischen den Feiertagen schon aus wirtschaftlichen Gründen zu schließen und/oder Urlaub zu nehmen. Entsprechend war der Zugang zu der Fa. ### erschwert, deren Gutachten bei der Wahl eines neuen Standorts erforderlich gewesen wäre. Ein Neuerwerb war wie eine Anmietung anderer als der bisherigen Standorte damit in Sinne einer faktischen Unmöglichkeit ausgeschlossen. Abgesehen davon, dass solche erst hätten begutachtet und verhandelt werden müssen, um kalkuliert zu werden, wäre auch eine Herrichtung im zur Verfügung stehenden Ausführungszeitraum vom 29.1. bis 1.2. 2013 nicht möglich gewesen. Dies gilt auch für die vom Antragsgegner vorgetragene Containerlösung. Die notwendigen Genehmigungen zu erlangen und die Errichtung solcher Behelfsbauten waren in diesem Zeitraum faktisch und teilweise rechtlich (Genehmigungsbedürftigkeit) unmöglich. Damit verblieb es bei der Anmietung der bisherigen Standorte, was nur für die Standorte überhaupt infrage kommen konnte, die in städtischen Liegenschaften sind, was ebenfalls Verhandlungen mit den jeweiligen Städten und Gemeinden voraussetzte. Dabei verbindliche Ergebnisse zu erzielen, die einen rechtlich belastbaren Verfügbarkeitsnachweis, wie ihn der Antragsgegner in der abschließenden Liste der verlangten Nachweise vom 20.12.2012 (Freitag) vorgeschrieben hat, konnte im Zeitraum vom2.1. bis 11.1.2013 ebenfalls nicht erreicht werden, da dazu Entscheidungen der Gremien erforderlich sein dürften. Der 113 Antragsgegner verlangte nämlich für eigene Grundstücke eine Kopie des Grundbuchs oder „geeigneten Nachweis“ bei Drittgrundstücken, was jedenfalls eine gewisse Vergleichbarkeit voraussetzt und damit eine reine „Glaubhaftmachung“ ausschließt. Diese Forderung ist an sich auch nicht in Hinblick auf Bestand einer solchen Wache nicht zu beanstanden, sondern nur in diesen Zeiträumen nicht beschaffbar. Lediglich die bisherigen Leistungserbringer konnten daher in diesem Zeitraum Standorte nachweisen. Damit war die erste nun grundsätzliche Bedingung, sich an der Ausschreibung zu beteiligen nur noch für diese gegeben und damit der Wettbewerb auf die bisherigen Leistungserbringer beschränkt. Der Einwand der Antragsgegners, die Fristen überschritten die Mindestvorgaben des § 12 EG VOL/A noch um drei Tagen und seien daher als hinreichend zu betrachten, kann in diesem Einzelfall daher nicht als hinreichend oder als realistische Einschätzung betrachtet werden. 6. Vergabebekanntmachung 60 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.03.2012 – Verg 4/12 (Eignungskriterien) Die Antragsgegnerin war nicht berechtigt, das Angebot der Antragstellerin wegen fehlender Eignung – der fehlenden berufspraktischen Erfahrung der Mitarbeiterin L.... – von der weiteren Wertung auszuschließen, weil sie die beizubringenden Eignungsnachweise unter III.2.3) 3.a. der EU-Bekanntmachung hinsichtlich des Inhalts (siehe 1. aa), der Art (siehe 1. bb) und des Vorlagezeitpunkts (siehe 1. cc) nicht klar und eindeutig gefordert hat. Die Anforderungen sind unklar und lückenhaft. Der Auftraggeber hat bereits in der Vergabebekanntmachung anzugeben, welche Nachweise zur Beurteilung der Eignung vom Bieter vorzulegen sind (§ 6 Abs. 3, § 12 Abs. 2 S. 2 l) VOL/A, § 7 Abs. 5 S. 1 EG VOL/A)). Diese müssen im Einzelnen aufgeführt werden, damit sich die Bieter darauf einstellen und sich rechtzeitig die entsprechenden Nachweise beschaffen können. Die Angaben der Bekanntmachung zu den mit dem Angebot vorzulegenden Eignungsnachweisen müssen zudem klar und widerspruchsfrei sein. Unklarheiten und Widersprüche gehen zu Lasten des Auftraggebers (siehe auch: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02. Mai 2007, VII Verg 1/07; Dittmann in Kulartz u.a., VOL/A, 2. A., § 16 VOL/A, Rdnr. 30f u. 177ff; Völlink in Ziekow/ders., Vergaberecht, § 12 VOL/A, Rdnr. 17 i.V.m. § 12 VOB/A, Rdnr. 31). aa) Es ist unklar, welche Tätigkeiten nach dem Abschluss der Berufsausbildung als berufspraktische Erfahrungen anerkannt werden können, insbesondere ist nicht eindeutig ersichtlich, welcher konkrete Bezug zur Hilfsmittelversorgung gegeben sein muss. 114 b) Die Antragsgegnerin war auch deshalb nicht berechtigt, das Angebot der Antragstellerin wegen fehlender Eignung von der weiteren Wertung auszuschließen, weil sie die verlangten Nachweise nicht in einer abschließenden Liste im Sinne von § 8 Abs. 3 VOL/A, § 9 Abs. 4 EG VOL/A) zusammengestellt hat. Sie hat zwar eine Unterlage, den Anhang 17 „Liste zu erbringender Nachweise“ erstellt, dabei handelt es sich aber – jedenfalls im Hinblick auf die im Zusammenhang mit III.2.3) 3.a) der EU-Bekanntmachung geforderten Nachweise – nicht um eine abschließende Liste im Sinne von § 8 Abs. 3 VOL/A, § 9 Abs. 4 EG VOL/A. Nach der Rechtsprechung des Senats muss der Auftraggeber sämtliche verlangten Nachweise – gleichviel, ob es sich um Eignungs- oder um sonstige Nachweise handelt – in einer den Vergabeunterlagen beizufügenden und für die Bieter als Überblick (gewissermaßen als „Checkliste“, auf „einen Blick“ und zum „Abhaken“) verwendbaren, verlässlichen gesonderten Aufstellung, sogar wenn solche Nachweise bereits aus den übrigen Vergabeunterlagen hervorgehen, aufführen und diese spätestens mit den Vergabeunterlagen bekannt geben. Rechtsfolge und gebotene vergaberechtliche Sanktion einer unterlassenen Aufstellung und Bekanntgabe einer ordnungsgemäßen abschließenden Liste ist, dass Nachweise dann als nicht wirksam vom öffentlichen Auftraggeber gefordert anzusehen sind, und dass Angebote wegen Fehlens geforderter Nachweise von der Wertung nicht ausgenommen werden dürfen (siehe Beschluss vom 03. August 2011, VII Verg 30/11). Diesen Anforderungen entspricht die von der Antragsgegnerin als Anhang 17 bekannt gegebene „Liste zu erbringender Nachweise“ jedenfalls hinsichtlich der im Zusammenhang mit III.2.3) 3.a) der EU-Bekanntmachung vorzulegenden Nachweise ersichtlich nicht. Unter der Ziffer 5 des Anhangs 17 findet sich keine solche „Checkliste“, sondern es wird lediglich der Wortlaut der EU-Bekanntmachung wiedergegeben. 2. a) Entgegen ihrer Auffassung hätte die Antragsgegnerin bei der Berücksichtigung der berufspraktischen Erfahrung der Mitarbeiterin L.... weder auf den Zeitraum bis zur Abgabe des Angebots durch die Antragstellerin noch auf den Zeitraum bis zum Vertragsschluss abstellen dürfen. Vielmehr hätte sie auf den Zeitraum bis zum Vertragsbeginn abstellen müssen. Die Eignung eines Auftragnehmers muss nämlich erst zum Zeitpunkt der Ausführung des Auftrags vorliegen, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 16 Abs. 5 VOL/A/§ 19 Abs. 5 EG VOL/A ergibt. Insoweit ist eine Prognose des Auftraggebers im Rahmen seines Beurteilungsspielraums erforderlich (siehe auch: Dittmann, a.a.O., § 16 VOL/A, Rdnr. 198 u. 203). Es ist zu prüfen, ob der Bieter über die erforderlichen Mittel und Kapazitäten verfügt, die zur ordnungsgemäßen und vertragsgemäßen Ausführung des ausgeschriebenen Auftrags notwendig sind. Dies ist in finanzieller, wirtschaftlicher, fachlicher (personeller) und technischer (sachlicher) Hinsicht zu beurteilen (Dittmann, a.a.O., § 16 VOL/A, Rdnr. 194). Ein Auftraggeber ist jedoch berechtigt, ausnahmsweise auf 115 einen anderen Zeitraum abzustellen, wenn er dies in der Vergabebekanntmachung entsprechend begründet. Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen. 7. 7.1 Anforderungen an Zuschlagskriterien Maßstab der Wirtschaftlichkeit im Sinne von § 97 Abs. 5 GWB 61 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.02.2012 – 1 VK 07/11 (Neubau Kläranlage Lubmin) 3. Den Umgang des Antragsgegners mit dem Zuschlagskriterium „Betriebskosten“ hat schon das OLG Rostock in seinem Beschluss vom 03.08.2011 moniert. Er ist auch im fortgesetzten Vergabeverfahren rechtlich fehlerhaft. Unabhängig davon, ob es zutrifft, dass für die angegebenen Zuschlagskriterien Gewichtungen nicht angegeben werden können, sind die Betriebskosten, auch wenn sie in der Aufforderung zur Angebotsabgabe als letztes Zuschlagskriterium genannt sind, keine per se zu vernachlässigende Größe. Der mit dem Vorhaben befasste Mitarbeiter der ehp Umweltplanung GmbH, Herr Jürgen Ehmke, hat dem Vorsitzenden der Vergabekammer in einem Telefonat am 05.11.2010 während des vorangegangenen Nachprüfungsverfahrens (Az.: 1 VK 9/10) erklärt, die in der Leistungsbeschreibung jeweils in Klammern gesetzten Angaben zu technischen Parametern seien als Richtwerte anzusehen, die nicht nur über-, sondern auch unterschritten werden könnten, gleichwohl könne die Leistung als ordnungsgemäß angeboten werden. Mithin spielen Betriebskosten dort eine Rolle, wo sie aufgrund von Spielräumen, die der Antragsgegner selbst in der Leistungsbeschreibung gelassen hat, unterschiedlich ausfallen können. Erst recht sind sie bei Nebenangeboten bedeutsam, die von etwa vorgegebenen Richtwerten oder Margen deutlich(er) abweichen können. Das gilt konkret von den auch nach Auffassung der Vergabekammer berücksichtigungsfähigen Nebenangeboten 2 und 3 der Beigeladenen (hierzu unter C. 2. f., g.), ferner vom Nebenangebot 4 der Beigeladenen. In allen genannten Fällen spielt der Energieverbrauch eine Rolle, mithin auch die Energiekosten als Bestandteil der Betriebskosten. Die Betriebskosten sind, unabhängig davon, ob der öffentliche Auftraggeber sie als Zuschlagskriterium nennt oder nicht, ein unverzichtbarer Bestandteil des Wirtschaftlichkeitsmaßstabes nach § 97 Absatz 5 GWB. Wirtschaftlichkeit ist allgemein das Verhältnis von Nutzen und Aufwand. Je größer der Nutzen bei einem bestimmten Aufwand oder je geringer der Aufwand bei einem bestimmten Nutzen, umso besser ist die Wirtschaftlichkeit und umgekehrt. Im Sinne des Vergaberechts ist es das Verhältnis zwischen Leistung und Kosten (vgl. Dähne/ Schelle, VOB von A bis Z, 3. Auflage, Seite 1562). Kosten sind dabei der Preis und die sonstigen mit der beschafften Leistung verbundenen Kosten. Nach geltendem 116 Haushaltsrecht sind die Kosten wegen des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. § 6 Absatz 1 HGrG, § 7 Absatz 1 Satz 1 BHO; § 7 Absatz 1 Satz 1 LHO; § 43 Absatz 4 KV M-V) stets in vollem Umfang zu berücksichtigen. Es gibt keinen Grund für die Annahme, dass der Bundesgesetzgeber den Wirtschaftlichkeitsmaßstab in § 97 Absatz 5 GWB anders verstehen wollte als in diesem Sinne. Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe a der Vergabekoordinierungsrichtlinie (VKR), der mit der Regelung im GWB umgesetzt wurde, liefert ebenfalls keinen Anhalt dafür, dass auf der Kostenseite des Wirtschaftlichkeitsmaßstabes Beliebigkeit herrschen soll. Ein solches Verständnis wäre nämlich manipulativ und widersinnig. Tatsächlich setzt sich diese Regelung von jener in Buchstabe b von Artikel 53 Absatz 1 VKR deutlich ab, wonach der öffentliche Auftraggeber alternativ auch das Kriterium des niedrigsten Preises wählen darf. Offensichtlich ist auch nach europäischem Recht das wirtschaftlichste Angebot etwas anderes als das billigste Angebot. Deshalb hat der öffentliche Auftraggeber hinsichtlich der Kostenbestandteile keine Auswahlmöglichkeit. Das ist bei Anwendung jener Vorschriften der Vergabe- und Vertragsordnungen zu berücksichtigen, in denen – wie in Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe a VKR – mögliche Zuschlagskriterien genannt sind und nicht nach leistungsbezogenen Kriterien einerseits und Kostenbestandteilen andererseits differenziert ist (§ 16 Absatz 6 Nummer 3 Satz 2 VOB/A; § 16 Absatz 8 VOL/A). Es kommt dabei nicht einmal darauf an, ob das Kriterium der Betriebskosten ausdrücklich genannt worden ist. Als integraler Bestandteil des Wirtschaftlichkeitsmaßstabes sind die Betriebskosten wie alle anderen sonstigen Kosten ebenso stets zu berücksichtigen wie der Preis (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 04.10.2000, Az.: 17 W 12/00). Voraussetzung für die Berücksichtigung der Betriebskosten ist, dass eine halbwegs zuverlässige Aussage über ihre künftige Höhe gemacht werden kann. Zwar hat der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich ein weites Ermessen bei der Ermittlung der Betriebskosten. Das Transparenzgebot und der Gleichbehandlungsgrundsatz verlangen aber eine möglichst objektive, am Problem ausgerichtete Vergleichsberechnung auch für die Betriebskosten. Obwohl solche auf die Zukunft gerichteten Modellrechnungen immer von Annahmen ausgehen, müssen diese die voraussichtliche Wirklichkeit widerspiegeln. Die Berücksichtigung des Zuschlagskriteriums „Betriebskosten“ im Rahmen der Wertung muss also sachgerecht sein, d. h. von richtigen Energieverbrauchsdaten und realistischen, für alle gleichen Annahmen bei der Nutzung der beschafften Gegenstände ausgehen. Daneben müssen einer vergleichenden Modellrechnung realitätsnahe Nutzungszyklen zugrunde gelegt. § 7 Absatz 1 Nummer 2 VOB/A, wonach alle die Preisermittlung beeinflussenden Umstände in den Vergabeunterlagen anzugeben sind, kann dahin verstanden werden, dass gerade im Hinblick auf einen notwendigen Vergleich der Betriebskosten die Daten, die diesem Vergleich zugrunde gelegt werden sollen, in den Vergabeunterlagen bekannt zu machen sind. Dem Transparenzgebot folgend, muss der Auftraggeber in seiner Leistungsbeschreibung die Bieter zudem auffordern, die für den erwarteten Betrieb richtigen technischen Kennzahlen mitzuteilen (vgl. 2. VK Brandenburg, Beschluss vom 28.06.2006, Az.: 2 VK 22/06). 117 Diesen Maßgaben hat der Antragsgegner nur teilweise entsprochen. Er hat Richtwerte angegeben, und er hat die Bieter durch Gestaltung des Leistungsverzeichnisses dazu angehalten, die technischen Daten der von ihnen angebotenen Produkte mitzuteilen. Soweit es Nebenangebote betrifft, ist es ohnehin Sache der Bieter, die erforderlichen Daten im Rahmen ihres Gleichwertigkeitsnachweises anzugeben. Nach dem Inhalt der Vergabeakten, namentlich der vorliegenden Vergabevermerke, und nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat jedoch weder der Antragsgegner noch die von ihm beauftragte Planungsgesellschaft explizite Berechnungen angestellt und auf diese Weise ermittelt, ob und wie erhöhte oder verminderte Betriebskosten sich auf die Gesamtkosten auswirken, die dem Antragsgegner entstehen. Auch im Nachgang zur mündlichen Verhandlung hat der Antragsgegner keine konkreten Aussagen gemacht, insbesondere hat er der Vergabekammer keinen entsprechend ergänzten Vergabevermerk übermittelt Der anwaltlich verfasste Schriftsatz des Antragsgegners vom 02.02.2012 beschränkt sich wiederum auf allgemein gehaltene, unbezifferte Aussagen zur Höhe der Betriebskosten. Die Vergabekammer muss daraus den Schluss ziehen, dass der Antragsgegner selbst oder durch seinen Planer keine Berechnung ausgeführt hat, die den dargelegten Maßgaben entspricht. Eine ausdrückliche Bezifferung der Kosten ist unerlässlich. Wie sich aus der Vergabeakte ergibt, weisen die Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen nach Auffassung der ehp Umweltplanung GmbH wie des Antragsgegners nicht nur hinsichtlich der Betriebskosten, sondern auch hinsichtlich des technischen Wertes keine Unterschiede auf. Der BGH hat festgestellt, dass bei inhaltlich und qualitativ gleichen Angeboten unter den in die engere Auswahl gekommenen Angeboten stets das Angebot mit dem niedrigsten Preis das annehmbarste ist. Hier bleibt dem Auftraggeber kein Ermessens-und Beurteilungsspielraum (Urteil vom 16.10.2001, Az.: X ZR 100/99). Es versteht sich, dass mit Blick auf den Wirtschaftlichkeitsmaßstab an dieser Stelle nur der Preis unter Berücksichtigung von etwaigen sonstigen Kosten – Betriebskosten – gemeint sein kann. Da es keinen Ermessens-und Beurteilungsspielraum gibt, entscheidet ein noch so geringer (Gesamt-) Kostenunterschied. 62 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 – Verg 9/12 (Nachforderung Erklärungen) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Wertungsformel mit Art. 55 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG und dem – richtlinienkonform auszulegenden – § 97 Abs. 5 GWB (vgl. auch § 25 Abs. 4 Nr. 5 SektVO) vereinbar. Die Vorschrift des § 97 Abs. 5 GWB selbst gibt keine Erläuterung, was unter dem wirtschaftlich günstigsten Angebot zu verstehen ist. Art. 55 Abs. 1 lit a) der Richtlinie 2004/17/EG sieht vor, dass – wie hier – bei beabsichtigtem Zuschlag auf das „wirtschaftlich günstigste Angebot“ zu den Kriterien auch der Preis gehört. Erwägungsgrund 55 Abs. 3 S. 1 der Richtlinie 2004/17EG erläutert dies dahingehend, dass 118 die Angebote unter dem Gesichtspunkt des besten Preis-Leistungsverhältnisses zu bewerten seien. Dem trägt die beanstandete UfAB-Formel Rechnung. Die Angebote werden – vorausgesetzt, sie erreichen eine bestimmte Qualität – zunächst nach dem Verhältnis Leistungspunkte zu Preis (Kennzahl L/P) bewertet. In die engere Wahl gelangen allein die Angebote, die mindestens 85% des Angebots mit der besten Kennzahl L/P erreichen. Dadurch wird der Preis nicht zu einer Nebensächlichkeit (vgl. zur Frage, welchen Stellenwert der Preis innerhalb einer Matrix aufweisen muss, Hailbronner, in Byok/Jaeger, Vergaberecht, § 97 GWB Rdnr. 138 m.w.N.), sondern durch die Einstellung in dem Quotienten zu einem wesentlichen Zuschlagskriterium. Dass im letzten Wertungsschritt nur noch die Qualität eine Rolle spielt, ist nicht zu beanstanden. Der Schwankungsbereich von 15% ist eng genug um zu verhindern, dass der Preis sowie das Preis-Leistungsverhältnis bei der Bewertung „marginalisiert“ wird. 63 EuGH, Urteil vom 10.05.2012 – C-368/10 (EKO und Max Havelaar) Erstens ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 der öffentliche Auftraggeber, wenn er, wie im vorliegenden Fall, beschließt, einen Auftrag an den Bieter zu vergeben, der aus seiner Sicht das wirtschaftlich günstigste Angebot einreicht, verschiedene Kriterien anzuwenden hat, die er unter Einhaltung der Anforderungen dieser Richtlinie festzulegen hat, wobei die Richtlinie, wie sich aus der Verwendung des Ausdrucks „z. B.“ ergibt, eine nicht abschließende Aufzählung möglicher Kriterien enthält. Art. 53 der Richtlinie 2004/18 wird durch den 46. Erwägungsgrund der Richtlinie erläutert, dessen Abs. 3 und 4 klarstellen, dass die Zuschlagskriterien nicht nur wirtschaftlich, sondern auch qualitativ sein dürfen. Daher gehören zu den in Art. 53 Abs. 1 Buchst. a genannten Kriterien u. a. Umwelteigenschaften. Wie die Generalanwältin in Nr. 103 ihrer Schlussanträge festgestellt hat, heißt es im vierten Absatz des 46. Erwägungsgrundes zudem, dass „ein öffentlicher Auftraggeber auch Kriterien zur Erfüllung sozialer Anforderungen anwenden [kann], die insbesondere den in den .... Spezifikationen [des Auftrags] festgelegten Bedürfnissen besonders benachteiligter Bevölkerungsgruppen entsprechen, denen die Nutznießer/Nutzer der Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen angehören“. Daher ist davon auszugehen, dass öffentliche Auftraggeber auch Zuschlagskriterien wählen dürfen, die auf soziale Aspekte gestützt sind, die die Nutzer oder Nutznießer der Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Auftrags sind, aber auch andere Personen betreffen können. Zweitens schreibt Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 vor, dass die Zuschlagskriterien mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen. Insoweit stellt der 46. Erwägungsgrund in seinem dritten Absatz klar, dass „[d]ie Festlegung dieser Kriterien .... insofern vom Auftragsgegenstand ab[hängt], als sie es ermöglichen 119 müssen, das Leistungsniveau jedes einzelnen Angebots im Verhältnis zu dem in den technischen Spezifikationen beschriebenen Auftragsgegenstand zu bewerten sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis jedes Angebots zu bestimmen“, wobei das „wirtschaftlich günstigste Angebot“ das mit dem „besten Preis-Leistungs-Verhältnis“ ist. Wie sich drittens aus dem ersten und dem vierten Absatz dieses Erwägungsgrundes ergibt, verlangt die Wahrung der Grundsätze der Gleichheit, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz, dass die Zuschlagskriterien objektiv sind, was gewährleistet, dass der Vergleich und die Bewertung der Angebote in objektiver Weise erfolgt und somit unter Bedingungen eines wirksamen Wettbewerbs. Das wäre nicht der Fall bei Kriterien, die dem öffentlichen Auftraggeber eine uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit einräumten (vgl. zu entsprechenden Vorschriften der Richtlinien, die der Richtlinie 2004/18 vorausgegangen sind, Urteil vom 17. September 2002, Concordia Bus Finland, C-513/99, Slg. 2002, I-7213, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). Viertens und letztens verpflichten, wie im zweiten Absatz dieses Erwägungsgrundes hervorgehoben wird, dieselben Grundsätze den öffentlichen Auftraggeber in allen Stadien eines Verfahrens der Vergabe eines öffentlichen Auftrags, sowohl den Grundsatz der Gleichbehandlung potenzieller Bieter als auch den Grundsatz der Transparenz der Zuschlagskriterien zu wahren, wobei diese so zu formulieren sind, dass alle gebührend informierten und mit der üblichen Sorgfalt handelnden Bieter deren genaue Bedeutung verstehen und sie somit in gleicher Weise auslegen können (vgl. u. a. zu entsprechenden Vorschriften der Richtlinien, die der Richtlinie 2004/18 vorausgegangen sind, Urteil vom 4. Dezember 2003, EVN und Wienstrom, C-448/01, Slg. 2003, I-14527, Randnrn. 56 bis 58). Um die Begründetheit der Rüge des Fehlens eines hinreichenden Zusammenhangs zwischen dem streitigen Zuschlagskriterium und dem Auftragsgegenstand zu beurteilen, sind zum einen die den Gütezeichen EKO und MAX HAVELAAR zugrunde liegenden Kriterien zu berücksichtigen. Wie sich aus den Randnrn. 34 und 37 des vorliegenden Urteils ergibt, kennzeichnen diese zugrunde liegenden Kriterien Erzeugnisse aus ökologischer Landwirtschaft bzw. fairem Handel. Zum ökologischen Landbau, wie er durch das Unionsrecht, d. h. zur im vorliegenden Fall maßgeblichen Zeit durch die Verordnung Nr. 2092/91 umschrieben war, heißt es in deren Erwägungsgründen 2 und 9, dass dieser Landbau den Umweltschutz begünstigt, insbesondere weil er erhebliche Einschränkungen bei der Verwendung von Dünge- oder Schädlingsbekämpfungsmitteln bedeutet. Zum fairen Handel ergibt sich aus Randnr. 37, dass die von der Stiftung, die das Gütezeichen MAX HAVELAAR vergibt, vorgeschriebenen Kriterien Kleinerzeuger aus Entwicklungsländern fördern sollen, indem mit ihnen Handelsbeziehungen gepflegt werden, die die tatsächlichen Bedürfnisse dieser Erzeuger und nicht nur die Gesetzes des Marktes berücksichtigen. Aus diesen Angaben ist ersichtlich, dass das streitige Zuschlagskriterium Umwelt- und soziale Eigenschaften betraf, die unter Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 fallen. 120 Zum anderen ist festzustellen, dass sich der Auftrag nach seiner Beschreibung in Unterkapitel 1.4 des Lastenhefts insbesondere auf die Lieferung von Kaffee, Tee und andere zur Herstellung der in den Automaten angebotenen Getränke erforderlichen Zutaten bezog. Aus der Fassung des streitigen Zuschlagskriteriums ergibt sich im Übrigen, dass dieses ausschließlich die im Rahmen dieses Auftrags zu liefernden Zutaten betraf und keine Auswirkung auf die allgemeine Einkaufspolitik der Bieter hatte. Mithin bezogen sich diese Kriterien auf Erzeugnisse, deren Lieferung ein Teil des Gegenstands des fraglichen Auftrags war. Wie sich schließlich aus Nr. 110 der Schlussanträge der Generalanwältin ergibt, ist es nicht erforderlich, dass sich ein Zuschlagskriterium auf eine echte innere Eigenschaft eines Erzeugnisses, also ein Element, das materiell Bestandteil von ihm ist, bezieht. So hat der Gerichtshof in Randnr. 34 des Urteils EVN und Wienstrom entschieden, dass es die für die Vergabe öffentlicher Aufträge geltenden Vorschriften des Unionsrechts einem öffentlichen Auftraggeber nicht verwehren, im Rahmen der Vergabe eines Auftrags über die Lieferung von Strom ein Kriterium festzulegen, das die Lieferung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern verlangt. Grundsätzlich steht somit einem Zuschlagskriterium, das darauf abstellt, dass ein Erzeugnis fair gehandelt worden ist, nichts entgegen. Es ist daher festzustellen, dass das streitige Zuschlagskriterium den in Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 verlangten Zusammenhang mit dem fraglichen Auftragsgegenstand aufweist, so dass die Rüge der Kommission insoweit nicht begründet ist. Zu der Rüge, die Provinz Nord-Holland habe den Besitz bestimmter Gütezeichen zu einem Zuschlagskriterium gemacht, genügt der Hinweis darauf, dass der öffentliche Auftraggeber nach Nr. 35 des Anhangs A des Lastenhefts vorgesehen hatte, dass der Umstand, dass die zu liefernden Zutaten mit den Gütezeichen EKO und/oder MAX HAVELAAR ausgestattet seien, zur Vergabe einer bestimmten Punktzahl im Rahmen der Rangfolge der konkurrierenden Angebote für die Zuschlagserteilung führe. Diese Bedingung ist anhand der Erfordernisse der Klarheit und Objektivität zu prüfen, denen die öffentlichen Auftraggeber insoweit zu genügen haben. Was den spezifischen Fall der Verwendung von Gütezeichen angeht, hat der Unionsgesetzgeber einige präzise Hinweise zu den Bedeutungen dieser Erfordernisse im Zusammenhang mit technischen Spezifikationen gegeben. Wie sich aus den Randnrn. 62 bis 65 des vorliegenden Urteils ergibt, hat der Gesetzgeber, nachdem er in Art. 23 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 hervorgehoben hat, dass die technischen Spezifikationen so genau gefasst sein müssen, dass sie den Bietern ein klares Bild vom Auftragsgegenstand vermitteln und dem öffentlichen Auftraggeber die Erteilung des Zuschlags ermöglichen, dem Auftraggeber in Art. 23 Abs. 6 gestattet, die einem Umweltgütezeichen zugrunde liegenden Kriterien anzuwenden, um bestimmte Eigenschaften eines Erzeug- 121 nisses vorzuschreiben, nicht jedoch, aus einem Umweltgütezeichen eine technische Spezifikation zu machen, da ein Umweltgütezeichen nur herangezogen werden kann, um die Vermutung zu begründen, dass die mit ihm versehenen Erzeugnisse die so definierten Eigenschaften erfüllen; dabei bleibt jedes andere geeignete Beweismittel ausdrücklich vorbehalten. Entgegen dem Vorbringen des Königreichs der Niederlande besteht kein Grund zu der Annahme, dass die Grundsätze der Gleichheit, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz andere Folgen hätten, wenn es sich um Zuschlagskriterien handelt, die ebenfalls wesentliche Bedingungen eines öffentlichen Auftrags sind, da sie entscheidend dafür sein werden, welches der Angebote, die den vom öffentlichen Auftraggeber im Zusammenhang mit den technischen Spezifikationen angegebenen Anforderungen entsprechen, als erfolgreiches Angebot ausgewählt werden wird. Zu der später in Nr. 12 der Informationsmitteilung erfolgten Klarstellung, dass der Verweis auf die Gütezeichen EKO und MAX HAVELAAR auch gleichwertige Gütezeichen erfasse, ist hervorzuheben, dass über das in den Randnrn. 54 bis 56 des vorliegenden Urteils Ausgeführte hinaus eine solche Klarstellung jedenfalls das Fehlen einer Präzisierung in Bezug auf die den fraglichen Gütezeichen zugrunde liegenden Kriterien nicht ausgleichen kann. Nach alledem hat die Provinz Nord-Holland ein mit Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 unvereinbares Zuschlagskriterium aufgestellt, indem sie im Lastenheft vorgesehen hat, dass, wenn bestimmte zu liefernde Erzeugnisse mit bestimmten Gütezeichen versehen seien, dies zur Vergabe einer bestimmten Punktzahl im Rahmen der Auswahl des wirtschaftlich günstigsten Angebots führe, ohne die Kriterien aufgeführt zu haben, die diesen Gütezeichen zugrunde liegen, und ohne zugelassen zu haben, dass der Nachweis, dass ein Erzeugnis diesen Kriterien genügt, durch jedes geeignete Beweismittel erbracht werden kann. Folglich ist der dritte Klagegrund insoweit begründet. 64 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.05.2012 – Verg 3/12 (Bereitstellung und Bewertung von Nachrichtenmeldungen) 2. Die Beanstandungen der Antragstellerin am Vergabeverfahren sind unbegründet. a) Eine übermäßige Bewertung des Angebotspreises in den berichtigten Ausschreibungsunterlagen (und zwar zu 50% statt bisher zu 30%).wird von der Beschwerde ohne Erfolg behauptet. Beim Zuschlagskriterium des wirtschaftlichsten Angebots ist dem öffentlichen Auftraggeber hinsichtlich der – vorher bekannt gegebenen – Unterkriterien und ihrer Bewertung aufgrund seines diesbezüglichen Bestimmungsrechts ein von den Nachprüfungsbehörden nur begrenzt, insbesondere auf Vertretbarkeit, kontrollierbarer Festle- 122 gungsspielraum zuzuerkennen. Bestimmungen des Auftraggebers müssen bei diesem Kriterium anderen Wirtschaftlichkeitsmerkmalen neben dem Preis allerdings einen angemessenen Raum zur Bewertung einräumen. Der Preis darf weder unter- noch überbewertet werden. Er stellt ein gewichtiges Merkmal dar, das beim Zuschlagskriterium des wirtschaftlichsten Angebots nicht am Rande der Wertung stehen darf, sondern vom Auftraggeber in ein angemessenes Verhältnis zu den übrigen Wertungskriterien zu bringen ist (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 5.1.2001 – WVerg 11 und 12/00, VergabeR 2001, 41, 44; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.12.2001 – Verg 22/01. VergabeR 2002, 267, 274 f. sowie für die rechtlich genauso zu beurteilenden Bauauftragsvergaben Kulanz in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Komm. zur VOB/A, 2. Aufl., § 16 Rfl. 262 [unter Spiegelstrich „Preis“); Frister in Kapellmann/Messerschmidt, Komm. zur V0B, 3. Aufl., § 16 VOB/A Rn. 119 f.). Eine Festlegung und Gewichtung von Zuschlagskriterien, bei denen Wirtschaftlichkeitskriterien neben dem Angebotspreis nur eine marginale Rolle spielen oder der Preis eine übermäßige Bedeutung einnimmt, kann demnach gegen das Wirtschaftlichkeitsprinzip nach § 97 Abs. 5 GWB, § 16 Abs. 8 VOL/A (genauso: § 16 Abs. 6 Nr. 3 Satz 2 VOB/A) verstoßen. 7.2 Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien 65 VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.03.2012 – VK-SH 3/12 (Briefpostdienste) b) Das Bewertungssystem im Zuschlagskriterium „Qualität“ ist in mehrerlei Hinsicht vergaberechtswidrig. Zum einen stellt die im 2. Spiegelstrich von Frage 1 gestellte Frage „Werden von ihnen Nachunternehmer eingesetzt und wenn ja, für welche Tätigkeit“? eine vergaberechtswidrige Vermischung von Eignungs- und Wertungskriterien dar. Wenn der Bieter im Rahmen der Eignungsprüfung anhand der von dem Auftraggeber geforderten Angaben und Referenzen einmal nachgewiesen hat, dass die von ihm vorgesehenen Nachunternehmer geeignet sind, ist die nochmalige Wertung der Frage, ob und für welche Leistungen der Bieter Nachunternehmer einsetzen wird, im Rahmen der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots unzulässig (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.04.2008 – Verg 1/08). Der Bieter hat im Übrigen bereits im Rahmen der Eignung erschöpfend angegeben, für welche Leistungen er Nachunternehmer einzusetzen plant. Die Einlassung des Antragsgegners, die im Rahmen der Eignungsprüfung geforderten Angaben und Referenzen seien genereller Natur, wohingegen es bei Frage 2 um den Einsatz dieser Nachunternehmer bei der konkreten Auftragsdurchführung ginge, geht fehl. Denn auch bereits im Rahmen der Eignungsprüfung ging es gerade um die Frage, für welche konkreten, auftragsbezogenen Leistungen welche Nachunternehmer geplant sind. 123 66 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.12.2012 – 15 Verg 10/12 (Tragwerksplanung) (a) Die Vergabekammer hat insoweit zutreffend in Abkehr von ihrer früheren Auffassung entschieden, dass, wie es in § 11 Abs. 5 VOF zum Ausdruck kommt und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Beschluss vom 24.01.2008, Rs. C532/ 06 -juris, und Beschluss vom 12.11.2009 Rs. C-199/07 – juris) und des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 15.04.2008 – X ZR 129/06 – juris Rn. 10 ff. zu § 25 VOL/A; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.08.2011 – VII-Verg 16/11 – juris Rn. 47; OLG München, Beschluss vom 10.02.2011 – Verg 24/10 – juris Rn. 61) entspricht, auch bei der Vergabe freiberuflicher Dienstleistungen die Entscheidung über die Vergabe des Auftrags ausschließlich nach Kriterien zu erfolgen hat, die der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen und damit rein auftragsbezogen sind, während eine Berücksichtigung von personenbezogenen Eignungskriterien bei der Wertung unzulässig ist. Auch wenn eine eindeutige Benennung von Zuschlagskriterien bei der Vergabe vorab nicht beschreibbarer freiberuflicher Dienstleistungen schwierig ist, weil die Auftragsvergabe zwar nominell auf einem konkreten Leistungsangebot beruht, aber dennoch weitgehend einer Prognoseentscheidung darüber entspricht, welcher Bewerber voraussichtlich die bestmögliche Leistung seiner Aufgabenstellung erbringen wird, die Wirtschaftlichkeit freiberuflicher Leistungen daher im Grunde erst nach Abschluss der Dienstleistung bzw. Fertigstellung des Werkes beurteilt werden kann, ist eine Berücksichtigung von Eignungskriterien bei der Wertung der Angebote nach § 11 Abs. 5 VOF ausgeschlossen. Zu bewerten sind mit Gesichtspunkten wie dem Preis, der Ausführungsfrist, Betriebs- und Folgekosten, der Gestaltung, Rentabilität oder dem technischen Wert Eigenschaften der angebotenen Leistung, nicht aber des Anbieters (BGH, Urteil vom 15.04.2008, a.a.O., Rn. 12, zu § 25 VOL/A; OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 37; OLG München, a.a.O., Rn. 63). Als Zuschlagskriterien sind somit alle Kriterien ausgeschlossen, die nicht der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots dienen, sondern im Wesentlichen mit der Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des Auftrags zusammenhängen (OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 37 ff.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.04.2008 – Verg 1/08 – juris Rn. 37). Maßgeblich für die Beurteilung ist allein, ob das jeweilige Kriterium seinem Inhalt und Kerngehalt nach der Beurteilung des Anbieters oder der angebotenen Leistung dient. Ist Ersteres der Fall, handelt es sich um ein Eignungskriterium, womit sich ein Heranziehen als Kriterium auf der Wertungsstufe verbietet. Auch eine Berücksichtigung von projektbezogenen Eignungskriterien oder von noch nicht im Rahmen der allgemeinen Eignungsprüfung „verbrauchten“ Eignungskriterien ist unzulässig (anders noch: OLG Rostock, VergabeR 2001, 315; OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.11.2002 – 2 Verg 10/02 – juris, Rn. 82 ff.). 124 (b) Die von der Antragsgegnerin durchgeführte Wertung aufgrund der Kriterien 1.1 „Auftreten des Büroinhabers“, 1.2 „Auftreten der vorgesehenen Projektleitung“, 1.3 „Form und Klarheit der Darstellung“, 1.4 „Sachlichkeit der Fragerunde und Qualität der Antworten“, 1.6 „Vertrauen in das Büro hinsichtlich der Projektdurchführung“, 2.1 „Dargestellte projektspezifische fachliche Leistungen des Büros im allgemeinen“ und 2.2 „Dargestellte projektspezifische fachliche Leistungen des Projektteams“ stellt sich hiernach als unzulässige Vermischung von Eignungsund Zuschlagskriterien dar und verletzt somit die Antragstellerin in ihren Bieterrechten. Bei den genannten Kriterien handelt es sich – auch wenn sie teilweise einen gewissen Projektbezug erkennen lassen – ausnahmslos um bieterbezogene Kriterien, die nicht der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots dienen und die daher bei der Wertung, welches Angebot am ehesten die Gewähr für eine sachgerechte und qualitätsvolle Leistung bietet, nicht hätten verwendet werden dürfen. Die Verwendung unzulässiger Zuschlagskriterien ist ihrer Art nach geeignet, die Leistungs- und Angebotsmöglichkeiten der Bieter nachteilig zu beeinflussen (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.04.2008, a.a.O., Rn. 39). Das Ausschreibungsverfahren ist daher, wie die Vergabekammer zutreffend entschieden hat, in den Stand des Beginns des Verhandlungsverfahrens zurückzuversetzen. Der Antragsgegnerin ist es durch eine solche Zurückversetzung möglich, die Wertungskriterien zu korrigieren und das Verhandlungsverfahren fehlerfrei durchzuführen. Die Vergabekammer hat die Antragsgegnerin auch zu Recht für verpflichtet gehalten, das Vergabeverfahren unter Bekanntgabe rechtmäßiger Zuschlagskriterien, also ohne die bisher vorgegeben Kriterien 1.1 „Auftreten des Büroinhabers“, 1.2 „Auftreten der vorgesehenen Projektleitung“, 1.3 „Form und Klarheit der Darstellung“, 1.4 „Sachlichkeit der Fragerunde und Qualität der Antworten“. 67 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.01.2013, Verg 35/12 (Gebäudereinigungsverträge) 2. Die Berücksichtigung der Darstellung des Schulungskonzepts als Zuschlagskriterium ist hingegen nicht vergaberechtswidrig. a) Wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat, hat der Antragsgegner nicht unzulässigerweise Eignungs- und Zuschlagskriterien vermischt. Bei dem streitgegenständlichen Schulungskonzept handelt es sich nicht um ein bieterbezogenes Eignungskriterium. Die Abgrenzung, ob es sich bei den einzelnen Wertungskriterien um Eignungsoder Zuschlagskriterien handelt, erfolgt anhand dessen, ob diese schwerpunktmäßig („im Wesentlichen“) mit der Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des betreffenden Auftrags oder mit der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots im Sinne von § 19 Abs. 8 EG VOL/A bzw. 125 § 16 Abs. 8 VOL/A zusammenhängen (vgl. EuGH, Urteil v. 12.11.2009, C-199/07 Kommission gegen Griechenland, Rn. 51 ff.; OLG Celle, Beschl. v. 12.01.2012, 13 Verg 9/11 m.w.N.). Als Zuschlagskriterien dürfen danach nur Kriterien zur Anwendung kommen, die mit dem Gegenstand des Auftrags zusammenhängen, d.h. sich auf die Leistung beziehen, die den Gegenstand des Auftrags bildet (EuGH, Urteil v. 24.01.2008, C-532/06 Lianakis, Rn. 26-30 m.w.N.; Senat, Beschl. v. 03.08.2011, VII-Verg 16/11; Beschl. v. 02.05.2012, VII-Verg 68/11; Beschl. v. 15.02.2012, VII Verg 85/11; OLG Naumburg, Beschl. v. 12.04.2012, 2 Verg 1/12; zu den Kriterien im Einzelnen vgl. OLG Celle, Beschl. v. 12.01.2012, 13 Verg 9/11). Auf den ersten Blick dient ein Schulungskonzept zwar seinem Kerngehalt nach der Hebung der Qualifikation der Beschäftigten und wirkt sich eine höhere Qualifikation der Mitarbeiter positiv auf die Eignung des Unternehmens aus. Im Streitfall hat der Auftraggeber mit den Anforderungen an die Darstellung des Schulungskonzepts jedoch nicht das bloße Vorliegen von Kriterien abgefragt, sondern vom Bieter gefordert, dass dieser sich konkret mit der ausgeschriebenen Leistung auseinandersetzt. Diese Auseinandersetzung soll vom Auftraggeber einer Bewertung unterzogen werden. Die aufgabenbezogene Schulung der Mitarbeiter ist, wie auch in der Auswertung des Pilotprojekts herausgearbeitet wurde, ein wesentlicher Faktor für die Erreichung des vorgegebenen Qualitätsniveaus und damit ein integrierter Bestandteil der qualitätsorientierten Reinigung. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass nur Mitarbeiter, die für die besonderen Anforderungen dieses Reinigungstyps geschult (und motiviert) werden, die Reinigungsstandards halten und verbessern können. Demgemäß wird in den Angebotsunterlagen eine plausible, auf die qualitätsorientierte Reinigung bezogene und kontrollierbare Darstellung des Schulungskonzepts gefordert. Dies schließt die Vorlage eines allgemeinen, beim Bieter gebräuchlichen Konzepts aus. Zur Auswertung hat der Auftraggeber eine Wertungsmatrix entwickelt, die den Grad des Konzepts, die Vertragserfüllung zu sichern, d.h. die Erfüllung des mit dem Schulungskonzept verbundenen Zwecks der Leistungssteigerung, nach einem Punktesystem misst. Darüber hinaus hat er auftragsbezogene Leitfragen entwickelt und den Bietern die Auswertung des Pilotprojekts und die Präsentation zur Neuausschreibung der Reinigungsleistungen an die Hand gegeben, um ein geeignetes auftragsbezogenes Schulungskonzepts zu entwickeln. Bei dieser Ausgestaltung ist die Heranziehung des Schulungskonzepts des Bieters als Zuschlagskriterium nicht vergaberechtswidrig. b) Zu beanstanden ist zwar, dass der Antragsgegner das Schulungskonzept in der Bekanntmachung gleichwohl als Eignungskriterium aufgeführt hat. Dies erfordert jedoch keine Rückversetzung des Vergabeverfahrens. Die Gesamtschau der Vergabeunterlagen lässt für jeden fachkundigen Bieter unmissverständlich erkennen, dass die Darstellung des Schulungskonzepts ausschließlich als Zuschlagskrite- 126 rium berücksichtigt werden soll. Insbesondere die auftragsbezogenen Leitfragen, die Auswertung des Pilotprojekts und die Präsentation zur Neuausschreibung der Reinigungsleistungen zeigen das Konzept der qualitätsorientierten Reinigung auf, das darauf beruht, durch die aufgabenbezogene Schulung der Mitarbeiter eine Erhaltung und Verbesserung der Reinigungsstandards zu erzielen. Darüber hinaus hat der Antragsgegner noch vor Ablauf der Angebotsfrist mit dem Nichtabhilfeschreiben zur Rüge gegenüber der Antragstellerin klargestellt, dass er die Darstellung des Schulungskonzepts ausschließlich als Zuschlagskriterium berücksichtigen will. 7.3 Bekanntmachung (Transparenz) von Zuschlagskriterien 68 OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.03.2012 – Verg W 13/11 (Landesweite Biotopkartierung) 2) Der Nachprüfungsantrag ist auch überwiegend begründet. … c) Zu Recht beanstandet die Antragstellerin das Zuschlagskriterium „Qualität (kalkulierte Stundenanzahl für die Arbeitsschritte)“ als intransparent. Nach § 19 Abs. 8 EG VOL/A sind bei der Wertung der Angebote entsprechend der bekannt gegebenen Gewichtung vollständig und ausschließlich die Kriterien zu berücksichtigten, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen genannt sind. Diese Pflicht zur Bekanntmachung der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung dient der Transparenz des Verfahrens. Eine hinreichende Bekanntmachung setzt voraus, dass der Auftraggeber den Bietern die Zuschlagskriterien klar und unmissverständlich so spezifiziert bekannt gibt, dass den Bietern der konkrete Wertungsmaßstab bewusst ist. Der Bieter muss bei Abgabe seines Angebots wissen, auf welche Gesichtspunkte mit welcher Gewichtung es dem Auftraggeber ankommt, denn erst dann kann er sein Angebot nach den Bedürfnissen des Auftraggebers gestalten (vgl. Vavra in Kulartz/Marx/Portz/Prieß a.a.O. § 19 EG VOL/A Rn. 254; Stolz in Willenbruch/ Wieddekind a.a.O. § 19 EG VOL/A Rn. 91; Müller-Wrede in Müller-Wrede a.a.O. § 19 EG VOL/A Rn. 202). Diesen Anforderungen genügt die ohne nähere Spezifizierung gebliebene Angabe des Wertungskriteriums „Qualität (kalkulierte Stundenanzahl für die Arbeitsschritte)“ nicht. Zu erkennen ist zwar, dass der Auftraggeber die Qualität der Angebote anhand der kalkulierten Stundenzahl beurteilen will. Unklar ist aber, ob er eine hohe, eine niedrige oder eine mittlere Stundenzahl als Merkmal hoher Qualität bewerten will. Den Vergabeunterlagen ist dazu nichts zu entnehmen. Der Auftraggeber hat auch nicht bekannt gemacht, nach welchem Wertungssystem er die Angebote im Kriterium „Qualität“ 127 vergleichen und werten wird. Nach der Niederschrift über die Angebotswertung hat er insoweit ein Punkteschema von 1 bis 10 herangezogen. d) Ebenfalls begründet ist die von der Antragstellerin gegen den geforderten Nachweis von Erfahrungen mit der brandenburgischen Biotopkartierungsmethode und dem brandenburgischen Erfassungsprogramm BBK (Ziff. III.2.3 der Bekanntmachung) gerichtete Rüge. Die aufgestellte Anforderung, die als Nachweis der fachlichen Leistungsfähigkeit im Sinne des § 7 Abs. 3 EG VOL/A grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, verletzt die Antragstellerin in ihrem Recht auf Gleichbehandlung, § 97 Abs. 2 GWB, § 2 Abs. 1 Satz 2 EG VOL/A. Der geforderte Nachweis führt zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung brandenburgischer Bieter, weil er einzig brandenburgischer Erfahrungen erfasst ohne gleichwertige Erfahrungen mit anderen Methoden und Erfassungsprogrammen zuzulassen. Gemäß § 7 Abs. 1 EG VOL/A können von den Bewerbern zum Nachweis der Eignung nur Unterlagen und Angaben verlangt werden, die durch den Gegenstand des Auftrages gerechtfertigt und angemessen sind. Entscheidend ist, ob aus verständiger Sicht des Auftraggebers ein berechtigtes Interesse hinsichtlich der verlangten Angaben und Eignungsnachweise besteht, so dass diese sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig erscheinen und den Bieterwettbewerb nicht unnötig einschränken (vgl. Hausmann/von Hoff in Kulartz/Marx/Portz/Prieß a.a.O. § 7 EG VOL/A Rn. 22 ff). Der Auftraggeber hat nicht dargelegt, dass die brandenburgische Methode der Biotopkartierung und namentlich das brandenburgische Erfassungsprogramm BBK derartige Besonderheiten aufweisen, dass Erfahrungen mit anderen Biotopkartierungsverfahren nicht als gleichwertig anzusehen seien. Dagegen spricht auch der Umstand, dass die Kartierung der FFH-Lebensraumtypen unter anderem der Erfüllung der Berichtspflicht der Mitgliedsstaaten EU gemäß Art. 17 der FFH-Richtlinie (RL 1992/43/EWG in der aktuellen Fassung der RL 2006/105/EG) dient und damit gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben folgt. Der Auffassung der Vergabekammer, die Forderung der Nachweise sei nach § 7 Abs. 5 Satz 2 EG VOL/A ohnehin so zu verstehen, dass andere geeignete Nachweise möglich seien, ist nicht zu folgen. Diese Sichtweise genügt dem Erfordernis an eine hinreichend transparente Bekanntmachung der Nachweise nicht. 69 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 24.07.2012 – 11 Verg 6/12 (Reinigungsdienstleistungen) II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 116, 117 GWB). Sie hat auch in der Sache Erfolg. 128 B. Der Nachprüfungsantrag hat im Ergebnis auch überwiegend Erfolg. 1. Der Antragsgegner wird mit der Fassung der Vergabeunterlagen den Anforderungen an ein transparentes und diskriminierungsfreies Vergabeverfahren nicht gerecht (§ 2 Abs. 1 Satz 1 VOL/A, § 97 Abs. 1 GWB). a) Wesentliche Ausprägung des Transparenzgebotes ist die Pflicht der Vergabestelle, klare und eindeutige Angaben zu allen Wertungs- und Zuschlagskriterien zu machen (vgl. die Übersicht bei Weyand, Vergaberecht, 3. Aufl., § 97 GWB, Rn. 322).Eine Vergabestelle kann eine rechtmäßige Zuschlagsentscheidung nur dann treffen, wenn die maßgeblichen Anforderungen von allen beteiligten fachkundigen Bietern im gleichen Sinne verstanden und ihren Angeboten zugrunde gelegt werden können [vgl. etwa OLG Schleswig Beschl. v. 15.4.2011 – 1 Verg 10/10 – Rn. 60 m.w.N.]. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Unklarheit für den Bieter nicht ohne Weiteres erkennbar war und er sie subjektiv auch nicht erkannt hat, da in einer solchen Konstellation aus der Sicht des Bieters kein Anlass für eine Nachfrage bei der Vergabestelle besteht, so dass insoweit auch keine „Erkundigungslast“ des Bieters entstehen kann [VK Bund, Beschl. v. 4.7.2011 – VK 2 – 61/11 – Rn. 84]. So liegt der Fall auch hier. Das Verständnis der Antragstellerin ist so naheliegend, dass sich eine etwaige Mehrdeutigkeit auch für den objektiven Erklärungsempfänger nicht ohne weiteres ergeben muss. 70 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013 – Verg 31/12 (Kommunalisierung von Versorgungsnetzen) c) Die Zuschlagskriterien „im Vergleich zur Ausgangssituation möglichst hohe Vorteile für den allgemeinen Haushalt der Gemeinde...“, „möglichst hoher Stellenwert ökologischer Aspekte ...“ oder „möglichst hohe Wertschöpfung vor Ort durch Zuordnung von betrieblichen Prozessen zur Gemeindewerke-Gesellschaft ...“ sind vergaberechtlich nicht zu beanstanden. (1) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sind die Zuschlagskriterien hinreichend bestimmt; auch mussten Unterkriterien nicht festgelegt werden. Weist ein Beschaffungsvorhaben – wie hier – auch funktionale Elemente in der Leistungsbeschreibung auf, sind an die Bestimmtheit der Zuschlagskriterien geringere Anforderungen zu stellen, als bei Beschaffungsvorhaben mit einem konkret umrissenen Leistungsprofil, bei dem die zu erbringende Leistung in jeder Hinsicht eindeutig und erschöpfend beschreibbar ist. Die vorliegende Ausschreibung ist in Bezug auf die genannten Zuschlagskriterien im Wesentlichen funktionaler Natur (§ 7 Abs. 3 Nr. 2, 3 SektVO). Dies bringt mit sich, dass die Zuschlagskriterien 129 offen formuliert werden konnten und Bieter im Gegenzug eine größere Freiheit beim Leistungsangebot und der kaufmännischen Kalkulation haben (vgl. Senat, Beschl. v. 09.01.2013 – VII-Verg 26/12). Soweit der in die Gemeindewerke-Gesellschaft aufzunehmende strategische Partner Dienstleistungen wie kaufmännische, operative oder technische Betriebsführungsaufgaben ausführen soll, handelt es sich um weitgehend beschreibbare Leistungen, die in konkret ausformulierten Kriterien ihren Niederschlag finden können und müssen. Dies ist im Streitfall geschehen. Durch das mit einem Anteil von 20% gewichtete Zuschlagskriterium „möglichst hohe Sicherheit bzw. Reduzierung von Risiken im Hinblick auf eine wirtschaftliche, qualitativ hochwertige Aufgabenwahrnehmung ...“, das durch die in den Vergabeunterlagen konkret ausformulierten Anforderungen an die Angebote und die den Bietern im Januar und März 2012 übersandten Vertragsentwürfe Konkretisierungen erfahren haben, hat die Antragsgegnerin die Bieter in transparenter und diskriminierungsfreier Weise über das von ihr gewünschte Anforderungsprofil rechtzeitig unterrichtet und zu erkennen gegeben, welches Gewicht sie ihnen im Rahmen ihrer Wertung beimessen wollte. Soweit die Antragsgegnerin über kaufmännische und technische Dienstleistungen hinaus aber unternehmerischen Erfolg für die Gemeindewerke-Gesellschaft nachgesucht hat und hierfür im Rahmen des Verhandlungsverfahrens von den Bietern nicht nur Renditezusagen, sondern auch Strategie- und Entwicklungsvorschläge abgefragt hat, bedurfte es kreativer und innovativer Anregungen seitens der Bieter, die im Vorhinein nicht erschöpfend beschreibbar und durch eine Festlegung detaillierter Zuschlagskriterien erfasst werden konnten, weil sie funktionale Leistungselemente enthalten. Dieser Aufgabenstellung wurden die Zuschlagskriterien „im Vergleich zur Ausgangssituation möglichst hohe Vorteile für den allgemeinen Haushalt der Gemeinde ...“, „möglichst hohe Wertschöpfung vor Ort durch Zuordnung von betrieblichen Prozessen zur Gemeindewerke-Gesellschaft ...“ in ausreichendem Maß gerecht; die Antragsgegnerin hätte anderenfalls den Spielraum in der Angebotsgestaltung der Bieter ohne Not eingeschränkt. Wollte sie im Sinne einer Haushaltsbelebung den Ideenreichtum der Bieter abschöpfen – was der Sinn einer Vergabe im Verhandlungsverfahren ist – war sie berechtigt, die Zuschlagskriterien offen zu formulieren. Auch der von der Antragstellerin kritisierte Zuschlagsfaktor „möglichst hoher Stellenwert ökologischer Aspekte“ ist vergaberechtlich unbedenklich. Abgesehen davon, dass dieses Kriterium durch den Zusatz „z.B. durch Engagement der Gemeindewerke-Gesellschaft in der Erzeugung erneuerbarer Energien, ökologische Vorteile ...“, konkretisiert wird, war die Antragsgegnerin auch hier wegen des funktionalen Charakters des Leistungsmerkmals nicht veranlasst, die Vielfalt möglicher Konzepte für eine Beteiligung der Gemeindewerke-Gesellschaft an der Erzeugung regenerativer Energien von vornherein durch bestimmte Vorgaben einzuengen und möglicherweise andere attraktive und innovative Ideen der Bieter zu verhindern. (2) Die Zuschlagskriterien der Dienstleistungsvergabe sind vergaberechtlich ebenso wenig zu beanstanden, soweit sie auf die Erzielung einer möglichst hohen Ren- 130 dite und die Gewinnung eines möglichst hohen Einflusses der Antragsgegnerin auf die Aufgabenwahrnehmung der Gemeindewerke-Gesellschaft abzielen. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 9. Januar 2013 (VII-Verg 26/12, BA 25 f.) ausgeführt hat, ist bei der Ausschreibung einer strategischen Partnerschaft – wie hier – Zuschlagskriterium grundsätzlich das wirtschaftlichste Angebot (§ 97 Abs. 5 GWB). Dabei dürfen auch wirtschaftliche Ziele, welche die finanzielle Situation der Kommune und eine Begrenzung ihrer unternehmerischen Risiken im Blick haben, berücksichtigt werden. Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn sich die Kommune bei Eingehen einer ÖPP Einflussmöglichkeiten, auch entscheidende, auf die Geschäftsführung des Unternehmens sichert. Solche Zuschlagsfaktoren rechtfertigen sich nicht nur aus § 97 Abs. 5 GWB, sondern unmittelbar auch aus den die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen betreffenden Bestimmungen der Gemeindeordnung. Zugesagte Renditen sind als nach § 3 Abs. 2 KAV unzulässige Finanzleistungen (Verstoß gegen das Nebenleistungsverbot) nur zu bewerten, wenn sie als eine spezifi sche Gegenleistung für die Einräumung von Wegenutzungsrechten vereinbart oder gewährt werden (BGH, Urt. v. 29.09.2009 – EnZR 15/08 – juris Tz. 30; Senat, Beschl. v. 09.01.2013 – VII-Verg 26/12, BA 23). Eine derartige Verknüpfung liegt hier nicht vor. Die Antragsgegnerin hat sich für eine getrennte Vergabe der Wegenutzungsrechte für Strom entschieden; vertragliche Verknüpfungen zwischen den im jetzigen Vergabeverfahren gemachten Renditezusagen und dem noch ausstehenden Verfahren zur Vergabe der Stromkonzession sieht der ausgeschriebene Garantie- und Konsortialvertrag zwischen der Antragsgegnerin, der zu gründenden Gemeindewerke-Gesellschaft und der Antragstellerin nicht vor. Das Zuschlagskriterium „möglichst hohe Vorteile für den gemeindlichen Haushalt ...“ ist auch nicht wegen Verstoßes gegen das Preismissbrauchsverbot oder wegen einer unzulässigen Umgehung der gesetzlichen Preiskontrolle bei Wasserpreisen zu beanstanden. In § 2 Nr. 3 des Garantie- und Konsortialvertrages stellen die Vertragsbeteiligten zum einen ihr Einvernehmen darüber fest, dass die Wasserpreise nicht neuordnungsbedingt, insbesondere nicht durch die Gründung der GemeindewerkeGesellschaft steigen werden. Zum anderen ergibt sich weder aus den Vergabeunterlagen noch aus den Vertragsentwürfen, dass eine Renditesteigerung aus dem Tätigkeitsfeld der Wasserversorgung generiert werden soll und damit voraussichtlich mit einer Anhebung der Wasserpreise einhergeht. Eine solche Verengung ist schon aus betriebswirtschaftlicher Sicht lebensfremd und unberechtigt. Neben der Wasserversorgung soll der strategische Partner im Streitfall zudem eine Vielzahl weiterer Aufgaben aus anderen Tätigkeitsfeldern erfüllen, die unabhängig von der Wasserversorgung renditeorientiert ausgeführt werden können, wie z.B. Personalkostenkalkulationen oder die Organisation von Betriebsabläufen. Eine Koppelung an die kommunalen Wasserpreise ist keineswegs zwingend. Die Kritik der Antragstellerin zielt deshalb auch mehr auf einen bereits jetzt befürchteten zukünftigen Kartellrechtsverstoß der 131 Antragsgegnerin (§§ 19, 20 GWB) und damit auf einen vorbeugenden Rechtsschutz ab, der in Vergabenachprüfungsverfahren nicht zu erlangen ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 09.01.2013 – VII-Verg 26/12, BA 22). 71 VK Hessen, Beschluss vom 21.03.2013 – 69d-VK-01/2013 (Solarkataster) Der Antragsgegner hat nicht gegen das Gebot der Trennung von Eignungs- und Zuschlagsprüfung verstoßen. Die Eignungsprüfung ist eine unternehmensbezogene Untersuchung, mit der prognostiziert werden soll, ob ein Unternehmen nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung zur Ausführung des Auftrags in der Lage sein wird. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung bezieht sich dagegen nicht auf die konkurrierenden Unternehmen, sondern auf ihre Angebote. Bewertet werden mit Gesichtspunkten wie dem Preis, der Ausführungsfrist, der Betriebs- und Folgekosten, der Gestaltung, der Rentabilität oder dem technischen Wert Eigenschaften der angebotenen Leistung, nicht aber des Anbieters (BGH, Urt. v.15.04.2008 – X ZR 129/06, juris). Vergaberechtlich zulässig sind solche Kriterien und Unterkriterien, die sich auf den konkreten Leistungsinhalt des jeweiligen Angebots beziehen; hingegen vergaberechtswidrig sind Kriterien und Unterkriterien bei der Wirtschaftlichkeitsbewertung eines Angebots, die sich stattdessen auf die Person des Bieters beziehen (BGH, Urt. v. 14.04.2008 – X ZR 129/06, juris; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 03.08.2011- Verg 16/11, juris; OLG Naumburg, Beschl. v. 03.09.2009 – 1 Verg 4/09, juris). Für die Abgrenzung zwischen vergaberechtlich zulässigen leistungsbezogenen Zuschlagskriterien und vergaberechtlich unzulässigen bieterbezogenen Zuschlagskriterien ist es maßgeblich, ob sich ein Wertungsaspekt in seinem wesentlichen Kern bzw. hinsichtlich seines Bewertungsschwerpunkts auf Angaben stützen soll, die nur für den konkreten Auftrag Bedeutung erlangen, oder auf Angaben zu den generellen Fähigkeiten und Fertigkeiten des Bieters (OLG Naumburg, Beschl. v. 12.04.2012 – 2 Verg 1/12, juris; OLG München, Beschl. v. 10.02.2011 Verg 24/10, juris; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.07.2011 – 15 Verg 6/11, juris; OLG Celle, Beschl v. 12.01.2012 – 13 Verg 9/11, juris). Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ausgewählter Zuschlagskriterien bzw. Unterkriterien, kommt es zunächst in tatsächlicher Hinsicht darauf an, welchen objektiven Bedeutungsgehalt ein fachkundiger und mit den Einzelheiten der Ausschreibung vertrauter Bieter den bekannt gemachten Kriterien beimessen durfte. Insoweit ist eine Auslegung der bekannt gemachten Informationen – Vergabebekanntmachung, Vergabeunterlagen, nachfolgende Bieterinformationen – vor Ablauf der Angebotsfrist bzw. der letzten Frist zur Überarbeitung der Angebote vorzunehmen. Diese Bewer- 132 tung ist stets auf den konkreten Einzelfall zu beziehen. Die jeweilige Benennung des Kriteriums ist allein nicht entscheidend; Bedeutung können insbesondere auch seine nähere Erläuterung sowie die für die Bieter erkennbaren Grundlagen der Bewertung erlangen, d.h. derjenigen Angaben aus ihrem Angebot, die zur Beurteilung des Wertungsaspekts herangezogen werden sollen (OLG Naumburg, Beschl. v. 12.04.2012 – 2 Verg 1/12, Juris). Nach diesen Maßstäben sind die von der Antragstellerin gerügten Zuschlagskriterien bzw. Aspekte zu bewerten. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin wiederholt der Aspekt „Auftragsbezogene Teambesetzung“ (3 B 3.1) gerade nicht das Eignungskriterium „Beschreibung/Nachweis Mitarbeiterqualifikation“. Dieser Aspekt bezieht sich hier nicht auf die abstrakte personelle Leistungsfähigkeit und auch nicht auf die personellen Ressourcen des Bieters im Allgemeinen, sondern auf das Konzept des Bieters – und zwar dahingehend, wie und in welchem Maße er die zeitgerechte und planmäßige Ausführung des konkreten Auftrags gewährleisten möchte. Es geht dem Antragsgegner ersichtlich um die Plausibilität des vorgelegten Konzeptes (3 B 3), mithin um die leistungsbezogene Bewertung der Auftragsausführung. Nichts anderes gilt für den Unteraspekt „Mitarbeiterzahl ausreichend – kein Risiko (3 B 4.1), der im Zusammenhang mit der Schlüssigkeit des Zeit- und Ablaufplanes steht (3 B 4). Es ist ohne Weiteres nachvollziehbar und für einen fachkundigen Bieter ohne weitere Erläuterungen auch erkennbar, dass ein Konzept bzw. Zeit- und Ablaufplan stets mit Blick auf die Personalausstattung zu bewerten ist. Je weniger Personal zur Verfügung steht, desto schlüssiger muss das vorgelegte Konzept der Bieter belegen, dass das Projekt im vorgesehenen Zeitrahmen auch ordnungsgemäß erfüllt werden kann .und kein Risiko für die Projektlaufzeit besteht. Damit ist dieser Aspekt nicht auf die Bewertung von abstrakten Fähigkeiten der Mitarbeiter eines Bieters gerichtet, sondern darauf, wie und in welchem Umfang der Bieter seine Personalressourcen projektbezogen einsetzen und weiches Konzept er insoweit für die Leistungsausführung verfolgen möchte. 8. Gesamtvergabe/Losaufteilung/Loslimitierung 72 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.01.2012 – Verg 103/11 (Rabattvereinbarung Ciclosporin) Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Nachprüfungsantrag gegen das Vergabeverfahren der Antragsgegnerinnen zum Abschluss einer Rabattvereinbarung betreffend das Fachlos 1 (Ciclosporin). Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. 133 Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde, verbunden mit einem Antrag gemäß § 118 Abs. 1 S. 3 GWB. Die Antragsgegnerinnen treten dem entgegen. 1. Wie die Vergabekammer unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats zutreffend ausgeführt hat, stellt eine gesetzliche Substitutionsverpflichtung nach § 129 Abs. 1 SGB V keine notwendige Bedingung für die „Zusammenfassung“ verschiedener Präparate in einem Fachlos dar. Es reicht vielmehr aus, dass die Präparate in nicht unerheblichem Umfang als austauschbar angesehen werden. Die Vergabekammer hat sich demnach mit der Frage der Einstufung nach § 129 Abs. 1 SGB V nicht auseinandergesetzt. Der Senat hat die umfangreichen Ausführungen der Antragstellerin zu den Besonderheiten der von ihr hergestellten und vertriebenen Ciclosporin-Präparate und ihrer Anwendungsbereiche sowie der Besonderheiten von Critical-Dose-Wirkstoffen zur Kenntnis genommen. Diese stellen jedoch die Ausführungen der Vergabekammer nicht in Frage. Sie hat – von der Antragstellerin im Wesentlichen unwidersprochen – festgestellt, dass sich in der Praxis jedenfalls eine hohe Substitutionsquote durchgesetzt hat. Die Frage der Motivation dafür ist unerheblich. Zu Unrecht wendet die Antragstellerin ein, die Auffassung der Ärzte (gegebenenfalls der Apotheker) sei nicht maßgeblich. Ob verschiedene „Varianten“ miteinander vergleichbar und austauschbar sind, entscheidet sich – wie bei der Marktabgrenzung üblich – nach der Auffassung der Nachfrageentscheider. Dies sind die Ärzte (gegebenenfalls auch die Apotheker), die vielfach die Besonderheiten der einzelnen Präparate für vernachlässigbar und diese für gegenseitig austauschbar ansehen. Die Vergabekammer weist zutreffend darauf hin, dass diese Auffassung nicht willkürlich, sondern durch die Einstufung der verschiedenen Präparate in eine Festbetragsgruppe nach § 35 SGB V sowie durch den Wortlaut des § 129 Abs. 1 SGB V („für ein gleiches Anwendungsgebiet“ [Hervorhebung durch Senat], also nicht für alle Anwendungsgebiete)gestützt wird. Die Besonderheiten der von Antragstellerin vertriebenen Präparate mögen zu einer niedrigeren Austauschquote als bei anderen Wirkstoffpräparaten führen, schließen einen hinreichenden Überschneidungsbereich jedoch nicht aus. Auch die Tatsache, dass sich die Antragstellerin bei einer Teilnahme an dem Vergabeverfahren genötigt sieht, auch für Anwendungsbereiche Rabatte zu versprechen, in denen ihre Präparate wegen ihrer Besonderheiten möglicherweise keinem oder nur geringem Wettbewerb ausgesetzt sind, führt zu keiner anderen Beurteilung. Es bleibt ihre Entscheidung, die mit einer Teilnahme oder Nichtteilnahme verbundenen Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen. 2. Die Einwände der Antragstellerin gegen das Mehr-Partner-Modell teilt der Senat aus den von der Vergabekammer im angefochtenen Beschluss angegebenen Gründen nicht. Die frühere Rechtsprechung der Vergabekammern des Bundes, 134 auf die die Antragstellerin verweist, ist überholt. Die Letztverantwortung des Arztes (und gegebenenfalls des Apothekers) für eine ordnungsgemäße Versorgung des Patienten und damit auch die therapeutisch begründete Auswahl eines bestimmten Präparats muss auch das Vergaberecht anerkennen. Das gilt insbesondere bei Präparaten mit dem gleichen Wirkstoff, bei denen bei bestimmten Fallkonstellationen medizinisch begründete Zweifel an einer Austauschbarkeit untereinander bestehen, wie die Antragstellerin hier geltend macht. 73 VK Sachsen, Beschluss vom 10.02.2012 – 1/SVK/050-11 (Straßenbau, Lärmschutzwand) Der zulässige Antrag ist unbegründet (2.) Die Antragstellerin ist nicht in ihren Rechten aus § 97 Abs. 3 und 7 GWB verletzt. Soweit die Antragstellerin sich vorliegend darauf berief, dass die unterlassene Fachlosvergabe „Lärmschutzwandbau“ sie in ihren Rechten verletzte, so ist ihr zunächst dahingehend Recht zu geben, dass in § 97 Absatz 3 Satz 2 GWB eine Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose als Regelfall vorgeschrieben ist. Nur in dem Ausnahmefall der wirtschaftlichen oder technischen Erforderlichkeit ist gemäß § 97 Absatz 3 Satz 3 GWB die Bündelung und gemeinsame Vergabe mehrerer Teil- oder Fachlose zulässig. Damit ist in diese Norm ein „Regel-Ausnahme-Prinzip“ eingeführt worden, wonach eine Fachlosvergabe im Sinne eines an den öffentlichen Auftraggeber gerichteten bieterschützenden und justiziablen vergaberechtlichen Gebots die Regel zu sein hat. Eine Gesamt- oder zusammenfassende Vergabe darf dahingegen nach dem Willen des Gesetzgebers nur noch in Ausnahmefällen stattfinden (OLG Düsseldorf, B. v. 08.09.2011, VII-Verg 48/11, VK Lüneburg, B. v. 25.03.2010 – VgK-07/2010). Kommt eine Ausnahme aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen in Betracht, hat sich der Auftraggeber in besonderer Weise mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und dagegen sprechenden Gründen auseinanderzusetzen. Der Verzicht auf die Fachlosvergabe ist in einem solchen Fall detailliert und nachvollziehbar aktenkundig zu begründen. Im Rahmen der dem Auftraggeber obliegenden Entscheidung bedarf es dabei einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Belange, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen. Insoweit hatte die Vergabekammer in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die auszuschreibende Leistung überhaupt sinnvoll teilbar wäre, wobei maßgebend für diese Prüfung die mit dem Beschaffungsprojekt verfolgten Ziele und Zwecke im Rahmen einer funktionalen Betrachtung sind. Ergibt sie, dass die benötigte Leistung grundsätzlich auch in Form einer Losvergabe beschafft werden könnte, stellt sich in einem zweiten 135 Schritt die Frage, ob aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen im Einzelfall eine Vergabe „en bloc“ doch erforderlich ist (VK Sachsen, B. v. 25.09.2009, 1/SVK/038 – 09 m. w. Nw.). Dabei ist jedoch zunächst in aller Deutlichkeit darauf zu verweisen, dass der Maßstab der rechtlichen Kontrolle durch die Vergabekammer beschränkt ist. So führt das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 08.09.2011 (Az.: Verg 48/11) aus: „Die Entscheidung des Auftraggebers ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur darauf zu überprüfen, ob sie auf vollständiger und zutreffender Sachverhaltsermittlung und nicht auf einer Ermessensfehlbetätigung, namentlich auf Willkür, beruht. Dabei ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen auch zu beachten, dass das Vergaberecht nicht nur Bieterechte eröffnen, sondern auch eine wirtschaftliche Leistungsbeschaffung gewährleisten soll. Der öffentliche Auftraggeber als Nachfrager hat durch seine Ausschreibungen nicht bestimmte Märkte oder Marktteilnehmer zu bedienen. Vielmehr bestimmt allein der Auftraggeber im Rahmen der ihm übertragenen öffentlichen Aufgaben den daran zu messenden Beschaffungsbedarf und die Art und Weise, wie dieser gedeckt werden soll. Am Auftrag interessierte Unternehmen haben sich darauf einzustellen. Nicht aber hat der öffentliche Auftraggeber – abweichend von den allgemeinen Gepflogenheiten – Ausschreibungen so zuzuschneiden, dass sich bestimmte Unternehmen – auch wenn dies für sie von wirtschaftlichem Vorteil ist – daran beteiligen können.“ 1. Möglichkeit der Beschaffung im Wege einer Losvergabe Der Begriff des Fachloses knüpft nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung an die bei der Auftragsausführung anfallenden Gewerke an, sofern diese sachlich abgrenzbar sind. Eine solche Abgrenzbarkeit lässt sich für Lärmschutzwandarbeiten im Zusammenhang mit Straßenbauarbeiten unproblematisch annehmen, die theoretische Abgrenzbarkeit ist auftraggeberseits auch nicht wirklich in Abrede gestellt worden. Die Antragstellerin hat dazu im Rahmen der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen, dass sich bundesweit mittlerweile ein Markt von ca. 20 Unternehmen bzw. Systemherstellern etabliert habe, die sich auf Lärmschutzwandarbeiten spezialisiert hätten. Abstrakt vergaberechtlich betrachtet, hätten vorliegend die Lärmschutzwandarbeiten demnach als Fachlos ausgeschrieben werden können. Allerdings ließe sich bei einer solch abstrakten Betrachtungsweise jede größere Baumaßnahme in einzelne Arbeitsschritte und Bauetappen oder auch Liefer- und Transportleistungen (Transport Erdaushub) zerlegen, die in kleinteiligen Fachlosen zu vergeben wären. Insoweit sind die Argumente des Auftraggebers, die diesen zum Absehen von einer Fachlosvergabe bewogen haben zu bewerten. Es ist zu prüfen, ob diese Argumente auf unabweisbaren (wirtschaftlichen oder technischen) Gründen beruhen, die vorliegend eine Vergabe „en bloc“ erforderten. Dabei ist dieser Prüfung wiederum vor- 136 auszuschicken, dass die mit einer Fachlos- oder gewerkeweisen Vergabe allgemein verbundene Ausschreibungs-, Prüfungs- und Koordinierungsmehraufwand sowie ein höherer Aufwand bei Gewährleistungen eine Gesamtvergabe für sich allein nicht rechtfertigen können, da ansonsten das Gebot der losweisen Vergabe leerliefe. Bei solchen Argumenten handelt es sich um einen Fachlosvergaben immanenten und damit typischerweise verbundenen Mehraufwand, der nach dem Zweck des Gesetzes in Kauf zu nehmen ist und bei der Abwägung grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben hat (vgl. OLG Düsseldorf, B. v. 25.11.2009 – Verg 27/09, B. v. 11.7.2007 – VII-Verg 10/07). 74 OLG Koblenz, Beschluss vom 04.04.2012 – 1 Verg 2/12 (Gebäudereinigungsleistungen) In dem Nachprüfungsverfahren betreffend die Vergabe des Auftrags „Gebäudereinigungsleistungen für die Gebäude des Landkreises N.“ .... hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. März 2012 beschlossen: 1. Die sofortige Beschwerde des Auftraggebers gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer Rheinland-Pfalz vom 23. November 2011 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass Ziffer 1 des Tenors wie folgt neu gefasst wird: Dem Auftraggeber wird untersagt, auf der Grundlage seiner am 15. Juli 2011 unter 2011/S 134-222948 bekanntgemachten Ausschreibung den Zuschlag zu erteilen. Für den Fall fortbestehender Vergabeabsicht hat er unter Berücksichtigung der Rechtsaufassung des Senats neu über die Losaufteilung zu entscheiden. 2. Der Auftraggeber trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Antragstellerin. 3. Der Beschwerdewert wird auf 14.250 Euro festgesetzt. 2. Die Vergabekammer hat zutreffend festgestellt, dass die Glasreinigung ein eigenständiges Fachlos ist (siehe auch OLG Düsseldorf v. 11.01.2012 – VII-Verg 52/11 – juris), sodass die hier in Rede stehenden Glasreinigungsarbeiten gemäß § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB und § 2 Abs. 2 Satz 2 EG VOL/A grundsätzlich gesondert vergeben werden müssen. Dies gilt auch dann, wenn der Auftraggeber – wie hier 137 – bereits eine Aufteilung in Gebietslose vorgenommen hat. Nach dem Wortlaut des Gesetzes; sind Leistungen in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben, wenn beides – wie hier – möglich ist. 3. Von einer gesonderten Vergabe darf ausnahmsweise abgesehen werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Dies ist nur der Fall, wenn die Gründe für eine Zusammenfassung überwiegen (so zutreffend OLG Düsseldorf a.a.O. juris Rn. 15). Zweckmäßigkeitserwägungen können ein Absehen von einer Losvergabe nicht (mehr) rechtfertigen (Diehr in: Reidt/Stickler/ Glahs, Vergaberecht, 3. Auflage, § 97 GWB Rn. 57 f.). Nachteile, die üblicherweise mit einer Losvergabe verbunden sind, muss der Auftraggeber nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich hinnehmen. Dazu gehören u.a. ein höherer Koordinierungs- und Kontrollaufwand, der Wegfall von Synergieeffekten, soweit sie für eine Gesamtvergabe typisch sind, aber auch das im Vergabevermerk angeführte Problem, den für Verschmutzungen insbesondere des Bodens Verantwortlichen festzustellen (Hailbronner in: Byok/ Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 3. Auflage, § 97 GWB Rn. 69; Ziekow in; Ziekow/Völling, Vergaberecht, § 97 GWB Rn. 67; Vavra in: Kulartz/Marx/Portz/ Prieß, Kommentar zur VOL/A, § 2 Rn. 57, 58; Kus in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, § 2 EG Rn. 31; OLG Düsseldorf a.a.O. juris Rn. 24). Der Senat nimmt den Vortrag des Auftraggebers, dass die Zentrale Vergabestelle der Stadt München dazu eine andere Auffassung vertreten soll, zur Kenntnis, teilt diese aber nicht. 75 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 – Verg 100/11 (Drucker- und Multifunktionssysteme) Mit Bekanntmachung vom Mai 2011 schrieb der Antragsgegner, ein kommunaler Zweckverband, die Beschaffung von Druckern und Multifunktionssystemen einschließlich Administrations- und Abrechnungssoftware für den Kreis Herford im offenen Verfahren aus. Vorausgegangen war eine inhaltsgleiche Ausschreibung, welche wegen möglicher Bevorteilung der Beigeladenen infolge Projektierung der Beschaffung aufgehoben worden war. Die Leistungsbeschreibung enthielt hinsichtlich der zu liefernden Drucker und Systeme sog. Geräte-Positionsblätter, teilweise mit Mindestanforderungen (KO-Kriterien). Der Zuschlag sollte anhand der Kriterien Preis, Qualität und Funktionalität der Drucker und Multifunktionssysteme sowie Qualität und Funktionalität der Software auf das wirtschaftlichste Angebot ergehen. Von den 19 Unternehmen, welche die Vergabeunterlagen angefordert hatten, reichten nur die Antragstellerin und die Beigeladene Angebote ein. Die Antragstellerin rügte eine unterbliebene Losaufteilung und eine auf von der Beigeladenen angebotene Produkte zugeschnittene Leistungsbeschreibung. Nachdem der Antragsgegner die Beanstandungen zurückgewiesen hatte, brachte die 138 Antragstellerin innerhalb von 15 Kalendertagen einen Nachprüfungsantrag an. Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg, weil der Nachprüfungsantrag unbegründet ist. a) Die Beschwerde beanstandet zu Unrecht, die Ausschreibung habe in Teillose aufgeteilt werden müssen (§ 97 Abs. 3 Sätze 2 und 3 GWB, § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EG VOL/A). aa) Die Auftragsvergabe ist auch in ihrer Gesamtheit für mittelständische Unternehmen wie das der Antragstellerin erreichbar (vgl. zum Begriff kleiner und mittlerer Unternehmen Art. 2 Abs. 1 des Anhangs zur Empfehlung der EU-Kommission vom 6.5.2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen, ABl. EG Nr. L 124/36 v. 20.5.2003; Ziekow, in ders./ Völlink, Vergaberecht, § 97 GWB Rn. 52). Der Auftrag kann von mittelständischen Unternehmen ausgeführt werden. Dies wird indiziell vom Angebot der Antragstellerin, aber auch durch den Auftragswert von rund 570.000 Euro netto belegt. Durch den Verzicht auf eine Teillosbildung ist die Fähigkeit der Antragstellerin, sich als mittelständisches Unternehmen an der Gesamtausschreibung mit einem Angebot zu beteiligen, nicht beeinträchtigt worden. Der Umstand, dass sich die Antragstellerin bei einer Losaufteilung, insbesondere im Fall einer von ihr als unterblieben beanstandeten Teillosbildung für die Bestückung der Hausdruckerei des Kreises Herford, bessere Chancen jedenfalls für einen dahingehenden Teilauftrag ausrechnet, begründet keine Verpflichtung des Antragsgegners zu einer Losausschreibung. Der öffentliche Auftraggeber ist nach den oben genannten Rechtsvorschriften nicht verpflichtet, eine Ausschreibung so zuzuschneiden, dass bestimmte Wirtschaftsteilnehmer und deren einzelwirtschaftliche Interessen bedient werden (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.11.2009 – VII-Verg 27/09). bb) Davon abgesehen liegen im Streitfall hinreichende Gründe für eine Gesamtvergabe vor (§ 97 Abs. 3 Satz 3 GWB, § 2 Abs. 2 Satz 3 EG VOL/A). Eine Gesamtvergabe ist gerechtfertigt, sofern wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt dem Auftraggeber bei der Entscheidung für eine Gesamtvergabe wegen der dabei anzustellenden prognostischen Überlegungen eine von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur beschränkt zu kontrollierende Einschätzungsprärogative zu. Die Entscheidung des Auftraggebers ist lediglich darauf zu prüfen, ob sie auf einer vollständigen und zutreffenden Tatsachengrundlage beruht sowie aus vernünftigen Erwägungen heraus und im Ergebnis vertretbar getroffen worden ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.11.2009 – VII-Verg 27/09 m.w.N.; Beschl. v. 11.1.2012 – VII-Verg 52/11). Dies ist im Streitfall zu bejahen. Der Antragsgegner hat im Vergabevermerk angegeben, dass – was auch aus der Leistungsbeschreibung hervorgeht – alle Systembestandteile (insbesondere Drucker) 139 über eine einheitliche Bildschirmoberfläche erreichbar und steuerbar sein sollten. Deswegen ist auch die Lieferung einer einheitlichen Software ausgeschrieben worden. Im Nachprüfungsverfahren hat die Beigeladene ergänzend vorgetragen, dass ein von einer einheitlichen Software ansteuerbarer Druckerverbund angestrebt war, in den auch die Hausdruckerei einbezogen sein sollte. Davon versprach man sich nicht nur eine bessere Auslastung der Drucker, sondern auch eine Kostenersparnis, was bei dem ausgeschriebenen Seitenpreis nachvollziehbar erscheint. Dabei handelt es sich um anerkennenswerte Gründe, die eine Gesamtvergabe erlaubten. Denn es ist eine Erfahrungstatsache, dass insbesondere bei der Integration unterschiedlicher Hardwarekomponenten und Software im System Kompatibilitätsprobleme, technische Schwierigkeiten und Verzögerungen auftreten können, die zu Mehrkosten beim Gebrauch führen. Das ist dem Senat aufgrund eigener Sachkunde aus zahlreichen ähnlich gelagerten Vergaberechtsstreitigkeiten bekannt. Der Einholung eines von der Antragstellerin gegenbeweislich beantragten Sachverständigengutachtens bedarf es nicht. Denn der Antragsgegner hat die dargestellten Probleme mittels einer Gesamtvergabe von vorneherein ausschließen wollen. Dazu ist er aufgrund seines Leistungsbestimmungsrechts rechtlich in der Lage (ebenso OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.11.2008 – VergW 15/08). Soweit zur Gesamtvergabe im Laufe des Nachprüfungsverfahrens vom Antragsgegner und von der Beigeladenen Gründe nachgeschoben worden sind, ist dies grundsätzlich zugelassen. Eine Grenze ist nach der von der Beschwerde nicht richtig verstandenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8.2.2011 (X ZB 4/10 Rn. 73) erst dann erreicht, wenn aufgrund der nachgeschobenen Begründung eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung nicht mehr gewährleistet ist. Ein derartiger Fall liegt nicht vor. c) Die Antragstellerin macht ohne Erfolg einen Verstoß gegen das Gebot zu produktoffener Ausschreibung geltend (§ 8 Abs. 7 Satz 1 EG VOL/A). Sie behauptet eine verdeckte Produktspezifizierung (vgl. dazu OLG München, Beschl. v. 17.9.2007 – Verg 10/07; Beschl. v. 5.11.2009 – Verg 15/09), wonach die Leistungsanforderungen gemäß sechs sog. Geräte-Positionsblättern, und zwar ■ Positionsblatt 2: Arbeitsplatzdrucker 256 MB RAM, ■ Positionsblatt 4: 2 x 500-Blatt-(Einzugs-) Vorrichtung, ■ Positionsblatt 8: 9-fach-Mailbox-Finisher (Sorter), ■ Positionsblätter 10, 10a: Druckersprache Original Postscript 3, ■ Positionsblatt 11: Drucker für die Hausdruckerei (Drucker-Geschwindigkeit 80 Seiten/min), in der Weise auf die von der Beigeladenen angebotenen Geräte (gewissermaßen punktgenau) zugeschnitten gewesen sei, dass sie (insbesondere bei Mindestanforderungen) deren Spezifikationen nannte, wohingegen Konkurrenten auf teurere 140 Produkte anderer Hersteller hätten ausweichen müssen, mit höherwertigeren Leistungsmerkmalen (teils auch erst nach Aufrüstung oder mit Zusatzausstattung). Falls dies stimmt (was nicht feststeht), hat der Antragsgegner allerdings die Produkte der Beigeladenen vergaberechtlich unstatthaft begünstigt. 76 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2012 – Verg 7/12 (Anti-Grippe-Impfstoffe) Die Antragsgegnerin musste keine Fachlosaufteilung vornehmen. Auch wenn man in gewissen Fallkonstellationen eine zwingende Fachlosaufteilung aus anderen als den in § 97 Abs. 3 GWB genannten, und zwar kartellrechtlichen Gründen für möglich hält, liegen derartige Gründe nicht vor. Eine Ausschreibung nach Fachlosen (1. Los: Fertigspritzen mit feststehender Kanüle; 2. Los: andere Fertigspritzen) hätte dazu geführt, dass gegebenenfalls unterschiedliche Grippeschutzmittel von den Ärzten hätten eingesetzt werden müssen. Zudem betraf die Abgrenzung der Fachlose einen Punkt, nämlich die Kanülen, deren Kosten an sich von der Antragsgegnerin nicht zu erstatten waren. Die Antragsgegnerin kann sich auf die vorstehend dargestellten Gründe berufen, obwohl diese – jedenfalls mit dieser Zielrichtung – im Vergabeverfahren nicht dokumentiert worden sind. Der Vergabevermerk, in dem die Antragsgegnerin ihre Leistungsbestimmung gerechtfertigt hat, bezog sich zwar auf eine Wahlfreiheit der Ärzte, begründete dies jedoch mit arbeitsschutzrechtlichen Erwägungen. Die Antragsgegnerin konnte ihre Entscheidung jedoch auch nachträglich rechtfertigen. Es stellte eine bloße Förmelei dar, wenn die Entscheidung des Auftraggebers wegen „fehlender“ Dokumentation aufgehoben würde, der Auftraggeber diese jedoch bei einem erneuten Vergabeverfahren in der Sache heranziehen dürfte. Antragsteller hätten dadurch nichts gewonnen. Der Senat hat daher im Anschluss an die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine erst im Vergabenachprüfungsverfahren nachgeschobene Begründung in vergleichbaren Fallgestaltungen zugelassen (Beschluss vom 23.03.2011 – VII-Verg 63/10 m.w.N.). Im Übrigen hat sich die Antragsgegnerin bereits vor Einleitung des Vergabeverfahrens jedenfalls mit dem Verschreibungsverhalten der Ärzte befasst. 77 OLG Schleswig, Beschluss vom 30.10.2012 – 1 Verg 5/12 (Postdienste) 3.21 In rechtlicher Hinsicht stehen Teil- und Fachlosvergabe selbständig nebeneinander, d. h. eine erfolgte Teillosvergabe lässt das ggf. bestehende Erfordernis einer Fachlosvergabe nicht entfallen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 4. April 2012, 1 Verg 2/11, NZBau 2012, 598 [Rn. 19]). Für beide Fälle ist zu klären, welche Bedeutung die Marktsituation für die Losbildung hat. 141 3.22 Für Fachlose vermitteln traditionell „Gewerke“ einen Anhaltspunkt, wie sie etwa im Handwerksrecht bestehen (vgl. Anlagen A und B zur Handwerksordnung). Für Dienstleistungsaufträge sind – ergänzend – weitere Abgrenzungshilfen zu berücksichtigen, wie sie etwa in tariflichen Regelungen oder gefestigten fachlichen Spezialisierungen – mit Herausbildung einer „Branche“ – zum Ausdruck kommen (vgl. Horn, NZBau 2011, 601/602). Die (Anerkennung und) Abgrenzung von bestimmten Fachlosen kann im Einzelfall schwierig sein, insbesondere bei veränderlichen Marktverhältnissen. Ob im vorliegenden Fall für Briefbeförderungen einerseits und Paketbeförderungen andererseits – begrifflich – unterschiedliche Fachlose zu bilden sind, erscheint zweifelhaft. Unterschiede im Leistungsobjekt (Briefe/Pakete) führen ohne Weiteres weder zu unterschiedlichen „Gewerken“ noch zu unterschiedlichen Märkten. Soweit für Reinigungsdienstleistungen eine Fachlosvergabe für die „Objekte“ (Fenster-)Glas einerseits und Räume andererseits befürwortet wird (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 4. April 2012, a. a. O., Rn. 19; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Januar 2012, VII-Verg 52/11, NZBau 2012, 324 [Rn. 19]; anders: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. März 2011, VII-Verg 63/10, NZBau 2011, 369 [Rn. 24 f.]), mag dies – ausgehend von der Betrachtung konkreter Marktverhältnisse (s. o. 3.2) – richtig sein; diese „Feingliedrigkeit“ ist indes auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Es mag sein, dass für Paketbeförderungen andere „technische Einrichtungen“ benötigt werden; das allein begründet aber weder unter dem Aspekt einer Spezialisierung noch einer Marktstruktur eine eigene Fachlosbildung. Die genannten Überlegungen führen dazu, dass – im Ansatz – keine Fachlosbildung für die Beförderung von Briefen bzw. Paketen erforderlich ist. Wollte man dies anders sehen, wäre insoweit § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB zu prüfen. Nach derzeitigem Sach- und Streitstand streiten die besseren Argumente für eine Zusammenfassung der Brief- und Paketbeförderung in einem Los. 78 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2012 – Verg 28/12 (Gebäudereinigung, Glasreinigung, Winterdienst) Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Die Loslimitierung dahingehend, dass sich im Bereich der Niederlassung Düsseldorf jeder Bieter nur auf fünf der 21 Gebietslose bewerben darf, ist nicht zu beanstanden. Ebenso wenig liegt diesbezüglich ein Dokumentationsmangel im Sinne des § 24 VOL/A EG vor. a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist, jedenfalls in bestimmten Fällen, eine Loslimitierung vergaberechtlich zulässig. In seiner Entscheidung vom 15. Juni 2000 (Verg 6/00, NZBau 2000, 440 – Euro-Münzplättchen III) hat der Senat Loslimitierungen jedenfalls für bestimmte Fallgestaltungen gebilligt. Er hat dies 142 mit der dadurch verbundenen Streuung wirtschaftlicher und technischer Risiken sowie dem Schutz auch zukünftigen Wettbewerbs gerechtfertigt. Das Landessozialgericht NRW hat mit Beschluss vom 30. Januar 2009 (L 21 KrW-/AbfG 1/08 SFB) die Vergaberechtskonformität einer Loslimitierung bei einem Auftrag über Inkontinenzversorgung aus ähnlichen Erwägungen bejaht. In der Literatur (Kus in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl., § 97 Rn. 70; Ziekow in Ziekow/ Völlink, Vergaberecht, § 97 GWB Rn. 61; Otting/Tresselt, VergabeR 2009, 584) werden demgegenüber auch Einwände gegen die Zulässigkeit der Loslimitierung erhoben. Es wird geltend gemacht, diese hindere besonders leistungsfähige Unternehmen ungerechtfertigter Weise an der Abgabe eines Angebots für sämtliche Lose. Diese Kritik vernachlässigt jedoch die Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers, unter anderem auch durch eine Beschränkung von Losbeteiligungen die Regularien der Ausschreibung festzulegen. Der Senat hält daher auch vor dem Hintergrund der kritischen Ausführungen jedenfalls für bestimmte Fallgestaltungen, so zuletzt bezüglich der Lieferung (Hauszustellung) von Inkontinenzartikeln (Senat, Beschl. vom 07.12.2011, VII-Verg 99/11), bei der es auf eine laufende und jederzeitige Lieferfähigkeit des Auftragnehmers besonders ankam, an seiner Rechtsprechung fest. Auch im vorliegenden Fall rechtfertigen die Bedeutung der zu vergebenden Leistungen für den Auftraggeber, ihre Komplexität und ihr Umfang eine Loslimitierung. b Im Streitfall hat die Vergabekammer die Loslimitierung als solche auch nicht beanstandet. Soweit sie dem Antragsgegner aber vorgeworfen hat, ein ihm bei der Entscheidung über eine Loslimitierung eingeräumtes Ermessen im Hinblick auf die Wahl einer Angebots- oder Zuschlagslimitierung nicht ausgeübt zu haben, verkennt sie, dass es einer ausdrücklichen Auseinandersetzung mit der Alternative der Zuschlagslimitierung nicht bedurfte. Denn der Auftraggeber ist im Rahmen seines Bestimmungsrechts frei, bei einer Loslimitierung zwischen einer Angebotslimitierung, einer Zuschlagslimitierung, bei der auf alle Lose geboten werden muss, und einer Zuschlagslimitierung mit der Möglichkeit, Angebote auf Lose nach Wahl des Bieters abzugeben, zu wählen. c) Die Wahl einer Loslimitierung in der Form der Angebotslimitierung durch den Antragsgegner ist nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Erwägungen des Auftraggebers, die für oder gegen eine Angebotslimitierung sprechen, ist der Maßstab der rechtlichen Kontrolle beschränkt. Seine Entscheidung ist von den Nachprüfungsinstanzen nur darauf zu überprüfen, ob sie auf vollständiger und zutreffender Sachverhaltsermittlung und nicht auf Beurteilungsfehlern, namentlich auf Willkür beruht. Dabei ist zu beachten, dass das Vergaberecht nicht nur Wettbewerb und subjektive Bieterrechte eröffnet, sondern auch eine wirtschaftliche und den vom öffentlichen Auftraggeber gestellten Anforderungen entsprechende Beschaffung gewährleisten soll. Der öffentliche Auftraggeber als Nachfrager hat durch seine Ausschreibungen nicht bestimmte Marktteilnehmer zu bedienen. Vielmehr bestimmt allein der Auftraggeber im Rahmen der ihm übertragenen Aufgaben den 143 daran zu messenden Beschaffungsbedarf und die Weise, wie dieser gedeckt werden soll. Am Auftrag interessierte Unternehmen haben sich darauf einzustellen (vgl. auch Senat, Beschluss vom 11.01.2012, VII-Verg 52/11 zur Fachlosvergabe). Im Streitfall hat der Auftraggeber mit der Entscheidung für eine Loslimitierung zugleich die Wahl getroffen, diese in Form einer Angebotslimitierung vorzunehmen. Im Ergebnisprotokoll des internen Workshops ist unter TOP 7 zur Loslimitierung der Beschluss festgehalten, dass die Teilnehmer einer Loslimitierung zustimmen und in der Bekanntmachung und Aufforderung zur Angebotsabgabe eine Höchstzahl der Lose festgelegt wird, für die sich ein Bieter bewerben kann. Als Begründung wird angeführt: „Gewährleistung der Reinigungssicherheit und Streuung des wirtschaftlichen und technischen Risikos. Als Konsequenz dieser Begrenzung muss jeder Bieter, der mehr als die Höchstzahl der Lose anbietet, ausgeschlossen werden.“ Einer darüber hinausgehenden Begründung bzw. Dokumentation in den Vergabeakten bedurfte es entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin nicht. Die Vorteile der Loslimitierung (Risikostreuung/Verhinderung der Abhängigkeit von einem Bieter, Mittelstandsschutz/Verbesserung der Wettbewerbsmöglichkeiten auch für kleinere Unternehmen, strukturelle Erhaltung des Anbieterwettbewerbs auch für die Zukunft) sind in den mit Vergaberecht befassten Kreisen allgemein bekannt und lagen hier wegen der Komplexität des Auftragsgegenstandes auf der Hand. Die Angebotslimitierung ist die in der Vergabepraxis übliche und in der früheren Rechtsprechung und vergaberechtlichen Literatur nahezu ausschließlich behandelte Form der Loslimitierung. Spezifische Bieterinteressen brauchte der Auftraggeber bei der Wahl zwischen Angebots- und Zuschlagslimitierung nicht zu berücksichtigen. Die Argumentation der Vergabekammer und der Antragstellerin, sie, die Antragstellerin, habe bei einer Zuschlagslimitierung bessere Zuschlagschancen gehabt, überzeugt zudem nicht. Sowohl bei der Angebots- als auch bei der Zuschlagslimitierung mit einer Wahlmöglichkeit für den Bieter ziehen attraktive Lose mehr Angebote an. Dass für einige Lose überhaupt keine Angebote abgegeben werden oder nur eines, ist bei der Zuschlags- wie auch bei der Angebotslimitierung gleichermaßen denkbar. Auch die vom Antragsgegner im Vergabenachprüfungsverfahren nachgeschobene Begründung – auf die es nach den vorgenannten Ausführungen bereits nicht entscheidend ankommt – lässt keine Beurteilungsfehler erkennen (zur Nachholung einer Begründung bzw. Heilung eines Dokumentationsmangels im Vergabenachprüfungsverfahren vgl. Senat, Beschluss vom 26.11. 2008, VII-Verg 54/08; Beschluss vom 21.07. 2010, VII-Verg 19/10; Beschluss vom 12.01. und 23.03. 2011, VII-Verg 63/10; jeweils m.w.N. sowie BGH, Beschluss vom 08.02. 2011, X ZB 4/10). Der Antragsgegner hat ausgeführt, dass es in der Vergangenheit zu Nicht- und Schlechtleistungen gekommen sei, die Teilkündigungen und die Inanspruchnahme der Leistungen Dritter im Wege der Ersatzvornahme erforderlich gemacht hätten. Eine Loslimitierung führe zu einer höheren Qualitätsdichte und ermögliche zudem einen breiteren Wettbewerb, da der Auftrag in weitestgehend vergleichbare Gebietslose aufgeteilt worden 144 sei. Der in seinem Hause für die Ausarbeitung der Vergabebedingungen zuständige Arbeitskreis habe durch eine Loslimitierung die Reinigungssicherheit gewährleisten und das wirtschaftliche und technische Risiko streuen wollen. Es sei ihm auf eine tägliche und vertragsgerechte Leistungserfüllung angekommen, die nicht in Abhängigkeit von einem oder wenigen Großanbietern erbracht werden, sondern auf einer breiten mittelständischen Basis stehen solle. Im Senatstermin hat der Antragsgegner auch ausgeführt, eine Zuschlagslimitierung, bei der die Bieter auf alle Gebietslose ein Angebot abgäben, der Zuschlag jedoch auf maximal fünf Lose je Bieter beschränkt sei, verbessere die Wettbewerbssituation nicht. Für jedes Gebietslos erfolge die Angebotswertung anhand der festgelegten Kriterien. Aufgrund der Vergleichbarkeit der Lose sei es bei einer Zuschlagslimitierung sehr wahrscheinlich, dass bei allen Losen derselbe Bieter das wirtschaftlichste Angebot abgebe. Damit müsse sich der einzelne Bieter bei einer Zuschlagslimitierung gegen mehr Wettbewerber durchsetzen als bei einer Angebotslimitierung. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden. 79 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013 – Verg 31/12 (Kommunalisierung von Versorgungsnetzen) b) Der Bildung von Fachlosen bedurfte es nicht. Das Gebot der Losvergabe nach § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB ist nicht zwingend. Dem Auftraggeber ist vielmehr eine – gerichtlich nur beschränkt kontrollierbare – Einschätzungsprorogative zuzubilligen, ob und welche Teil- oder Fachlose er bildet. Von dem im § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB enthaltenen Gebot der Fachlosvergabe kann abgesehen werden, wenn die Art, insbesondere die Komplexität, des Beschaffungsvorhabens dies rechtfertigt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25.11.2009 – VII-Verg 27/09, Lärmschutzwandarbeiten). So liegt der Fall hier. Ausschreibungsgegenstand ist die Aufnahme eines strategischen Partners in die Gemeindewerke-Gesellschaft, dem vielfältige Aufgaben kaufmännischer oder technischer Art übertragen werden sollen. Ausgehend von den verschiedenen Tätigkeitsfeldern der zu gründenden Gemeindewerke-Gesellschaft kommt zwar grundsätzlich auch eine in Lose aufgeteilte Vergabe an verschiedene Auftragsnehmer in Betracht, sei es getrennt nach Straßenbeleuchtung, Wasserversorgung, Stromvertrieb oder kaufmännischer und operativer Dienstleistungen. Dem Konzept des Beschaffungsvorhabens, nämlich der Aufnahme eines strategischen Partners in eine kommunale Gesellschaft des Privatrechts läuft eine solche Aufspaltung jedoch zuwider. Dadurch gingen nahezu alle mit der Gesamtvergabe angestrebten und tatsächlich auch erreichbaren Synergieeffekte verloren. Das Projekt droht dadurch unwirtschaftlich zu werden, dies zudem mit der Folge, dass der Kreis der am Auftrag interessierten Bieter stark eingeschränkt worden wäre. Wenn die Antragsgegnerin bei einem derartigen Befund von einer Losbildung abgesehen hat, ist dies vertretbar und hinzunehmen. 145 9. Gestaltung der Ausschreibungsbedingungen/ Ungewöhnliches Wagnis 80 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2012 – Verg 90/11 (Zytostatika) Die Antragsgegnerin schrieb durch EU-weite Bekanntmachung vom August 2011 im offenen Verfahren den Abschluss von Rahmenverträgen mit Apotheken zur Belieferung von 19 onkologischen Vertragsarztpraxen mit parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln (Zytostatika) zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten aus. II. 1. Wie der Senat im Beschluss vom 7. November 2011 (vgl. auch Senatsbeschluss vom 07. März 2012 – VII-Verg 91/11) begründet hat, gilt das frühere grundsätzliche Verbot („soll“) einer Aufbürdung ungewöhnlicher Wagnisse für Umstände und Ereignisse, auf die der Bieter keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann (vgl. § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A), nach § 8 EG VOL/A nicht mehr (vgl. u.a. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.10.2011 – VII-Verg 54/11, NZBau 2011, 762). § 8 EG VOL/A ist im Streitfall anzuwenden – unabhängig davon, ob es sich beim ausgeschriebenen Auftrag um einen Dienstleistungsauftrag (vgl. § 4 Abs. 4 VgV, § 1 Abs. 3 EG VOL/A, Anhang I Teil B zur VOL/A, Kategorie 25: Gesundheitswesen) oder um einen Lieferauftrag handelt. Die Ausschreibungsbedingungen (nicht die Vertrags- oder Auftragsbedingungen; diese unterliegen prinzipiell der Gestaltungsfreiheit der Vertragsschließenden) können danach nur noch unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit zu beanstanden sein, was freilich generell noch nicht der Fall ist, wenn der Bieter gewisse Preis- und Kalkulationsrisiken, namentlich solche, die ihm typischerweise ohnedies obliegen, tragen soll. Die Zumutbarkeitsschwelle erhöht sich bei einer Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen (im weiteren Sinn) zulasten der Bieter. Angeboten bei Rahmenvereinbarungen wohnen – in der Natur der Sache liegend und abhängig vom in der Regel ungeklärten und nicht abschließend klärbaren Auftragsvolumen – erhebliche Kalkulationsrisiken inne, die typischerweise vom Bieter zu tragen sind. Bei Rahmenvereinbarungen gelten die Gebote der Bestimmtheit, Eindeutigkeit und Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung nur eingeschränkt. Sowohl nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VOL/A als auch nach § 4 Abs. 1 EG VOL/A ist der in Aussicht genommene Auftragsumfang lediglich „so genau wie möglich zu ermitteln“ (und bekannt zu geben), er „braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden.“ Dagegen ist von der Antragsgegnerin nicht verstoßen worden (vgl. den Senatsbeschluss vom 7.11.2011, BA 5 vor a, BA 6 unter b). Die Antragsgegnerin hat im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren über den Auftragsumfang informiert. Die Verordnungszahlen (Gesamtmengen an Wirkstoffen) aus dem Zeitraum von April 1010 bis 146 März 2011 sind den Bietern bekannt gegeben worden. Daran ist nichts zu bemängeln (ebenso: LSG NRW, Beschl. v. 22.7.2010 – L 21 SF 152/10 Verg, Rn. 65). Hinsichtlich der sog. Umsetzungsquote der abzuschließenden Rahmenvereinbarungen sind in den Vergabeunterlagen zwar keine Angaben vorgenommen worden. Doch lagen der Antragsgegnerin diesbezüglich weder Erfahrungen noch Daten vor, die hätten bekannt gemacht werden können. Bei der vorliegenden Ausschreibung handelt es sich um die erste ihrer Art im Geschäftsbereich der Antragsgegnerin. Mit seiner Auffassung zur Berücksichtigung ungewöhnlicher Wagnisse setzt sich der Senat in keinen entscheidungserheblichen Widerspruch zu den Beschlüssen des OLG Dresden (Beschl. v. 2.8.2011 – WVerg 4/11, VergabeR 2012, 119) und des OLG Jena (Beschl. v. 22.8.2011 – 9 Verg 2/11, IBR 2011, 1299). Beide Entscheidungen betreffen Extremfälle, in denen das Verwendungsrisiko hinsichtlich der Leistung vollständig auf dem jeweiligen Bieter/Auftragnehmer lastete. Davon kann hier nicht gesprochen werden. Auch unter Zugrundelegung der von den OLG Dresden und Jena angewandten Rechtssätze ist im vorliegenden Fall keine andere rechtliche Beurteilung geboten. Dann ist der Bundesgerichtshof mit der Sache nicht zu befassen (§ 124 Abs. 2 GWB). 81 VK Bund, Beschluss vom 21.06.2012 – VK 3-57/12 (Grippeimpfstoffe) II. Der Nachprüfungsantrag ist größtenteils zulässig, aber unbegründet. bb) Soweit die ASt eine Überbürdung unzumutbarer Kalkulationsrisiken rügt, liegt kein Vergabefehler nach § 8 Abs. 1 EG VOL/A vor. Das grundsätzliche Verbot, Bietern oder Auftragnehmern in der Leistungsbeschreibung oder in sonstigen Vergabeunterlagen ungewöhnliche Wagnisse für Umstände oder Ereignisse aufzubürden, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einfluss auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann, ist aus der VOL/A 2006 nicht in die Neuregelung der VOL/A übernommen worden. Derartige Fälle können in Einzelfällen allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit einer für den Bieter kaufmännisch vernünftigen Kalkulation beanstandet werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.2011, VII -Verg 54/11; Beschluss vom 07.11.2011, VII -Verg 90/11). Vorliegend waren die Ausschreibungsbedingungen für die Bieter jedoch nicht unzumutbar, denn der Markt für Grippeimpfstoffe unterliegt auch ohne Ausschreibungen gewissen Schwankungen, die u.a. durch das Nachfrageverhalten und das Auftreten von Pandemien bedingt sind. Das durch die Nichtvorhersehbarkeit der Abgabemenge bedingte kalkulatorische Risiko kann dabei nicht dem originären Risikobereich des Auftraggebers zugerechnet werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.11.2011, VII -Verg 62/11). Insofern war es ausreichend, dass die Ag die Referenzmengen aus dem 147 Vorjahr und deren Bedeutung für die zukünftigen Absatzvolumina in den Ausschreibungsunterlagen bekannt gemacht haben. Daher ist auch nicht nachvollziehbar, warum die ASt davon ausgeht, dass jeder Bieter von einer anderen Berechnungsgrundlage ausgehe, wenn die entsprechenden Referenzmengen von den Ag genannt wurden. Soweit die Bieter ihrer Kalkulation weitere Datensätze oder Erfahrungswerte zugrunde legen, stellt dies keine Ungleichbehandlung durch die Ag dar. Dieser Umstand ist vielmehr wesentlicher Bestandteil des Wettbewerbs. Darüber hinaus dringt auch der Vorwurf, die Rahmenvereinbarungen begründeten ein unzumutbares Risiko, nicht durch, denn das Risiko des Auftragnehmers, ob und in welchem Umfang bestimmte Leistungen in Anspruch genommen werden, ist einer Rahmenvereinbarung immanent. Daher stellt es keine unzumutbare Risikoverlagerung dar, wenn der Bieter gewisse Preis-und Kalkulationsrisiken tragen soll, die nach dem Vertragstypus ohnehin ihm obliegen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.11.2011, VII -Verg 90/11). Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist hierdurch nicht verletzt, weil alle Bieter den Kalkulationsrisiken in gleichem Maße ausgesetzt sind (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.11.2011, VII -Verg 62/11). Da durch die Vorschrift des § 132e Abs. 2 S. 2 SGB V sichergestellt wird, dass die Ärzte den Rahmenvertrag abgesehen von besonderen Ausnahmesituationen umsetzen werden, resultiert auch aus diesem Umstand kein unzumutbares Kalkulationsrisiko für die Bieter. Die von der ASt ins Feld geführten Ausgleichsmöglichkeiten, nämlich die Zusicherung einer Mindestabnahmemenge, sind mangels Vergabefehler weder als Kompensation geboten noch scheinen diese sinnvoll, denn eine Mengengarantie ist mit den sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen – insbesondere dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 Abs. 1 SGB V sowie der Verpflichtung der Krankenkassen, die zur Verfügung stehenden Mittel grundsätzlich nur für die Erfüllung ihrer gesetzlich ausdrücklich geregelten Ausgaben zu verwenden (§ 30 Abs. 1 SGB V) – nicht vereinbar. Anders als andere öffentliche Auftraggeber decken die Ag keinen signifikant für sie selbst bestimmten Bedarf, sondern sie werden frei von der Sachleistungsverpflichtung, ihren Versicherten gegenüber, für die der Impfstoff vorgesehen ist. Die Zusage einer Mindestabnahmemenge ist hiermit nicht vereinbar. 82 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 24.07.2012 – 11 Verg 6/12 (Reinigungsdienstleistungen) II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 116, 117 GWB). Sie hat auch in der Sache Erfolg. 148 B. Der Nachprüfungsantrag hat im Ergebnis auch überwiegend Erfolg. 1. Der Antragsgegner wird mit der Fassung der Vergabeunterlagen den Anforderungen an ein transparentes und diskriminierungsfreies Vergabeverfahren nicht gerecht (§ 2 Abs. 1 Satz 1 VOL/A, § 97 Abs. 1 GWB). a) Wesentliche Ausprägung des Transparenzgebotes ist die Pflicht der Vergabestelle, klare und eindeutige Angaben zu allen Wertungs- und Zuschlagskriterien zu machen (vgl. die Übersicht bei Weyand, Vergaberecht, 3. Aufl., § 97 GWB, Rn. 322).Eine Vergabestelle kann eine rechtmäßige Zuschlagsentscheidung nur dann treffen, wenn die maßgeblichen Anforderungen von allen beteiligten fachkundigen Bietern im gleichen Sinne verstanden und ihren Angeboten zugrunde gelegt werden können [vgl. etwa OLG Schleswig Beschl. v. 15.4.2011 – 1 Verg 10/10 – Rn. 60 m.w.N.]. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Unklarheit für den Bieter nicht ohne Weiteres erkennbar war und er sie subjektiv auch nicht erkannt hat, da in einer solchen Konstellation aus der Sicht des Bieters kein Anlass für eine Nachfrage bei der Vergabestelle besteht, so dass insoweit auch keine „Erkundigungslast“ des Bieters entstehen kann [VK Bund, Beschl. v. 4.7.2011 – VK 2 – 61/11 – Rn. 84]. So liegt der Fall auch hier. Das Verständnis der Antragstellerin ist so naheliegend, dass sich eine etwaige Mehrdeutigkeit auch für den objektiven Erklärungsempfänger nicht ohne weiteres ergeben muss. 2. Der Verstoß gegen das Transparenzgebot kann weder durch einen Ausschluss des Angebots der Beigeladenen noch durch eine Wertung ohne das angebotene Skonto behoben werden. Nach den Vergabeunterlagen sollte ein von den Bietern eingeräumtes Skonto nicht von vornherein unbeachtlich sein. Das begegnet vergaberechtlich keinen Bedenken [BGH Urt. v. 26.10.1999 – X ZR 30/98 – Rn. 26; Senat, Beschl. v. 19.11.2009 – 11 Verg 4/09 – Rn. 85]. Auch die Antragstellerin erhebt insoweit keine Einwände. (…) c) Der Senat hat die Vergaberechtswidrigkeit der Vergabebedingungen insoweit von Amts wegen zu berücksichtigen, obwohl sich die Beigeladene nicht am Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren beteiligt und die Vergaberechtswidrigkeit nicht gerügt hat. Zwar ist der Vergabesenat nicht verpflichtet, von sich aus das Vergabeverfahren in jeder Hinsicht auf nicht geltend gemachte Verstöße zu untersuchen. In der Rechtsprechung der Vergabesenate ist jedoch auch anerkannt, dass in Ausnahmefällen die Verhandlung und Entscheidung auch Vergabeverstöße einbeziehen muss, die nicht gerügt worden sind. Das trifft insbesondere dann zu, wenn ein Zuschlag wegen offensichtlicher Intransparenz oder eines Diskriminierungspo- 149 tentials der Vergabeunterlagen nicht vergaberechtskonform erteilt werden könnte (Wiese in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl., § 120 Rn. 26). So liegt der Fall auch hier. Eine vergaberechtskonforme Wertung ist nur möglich, wenn die intransparente Klausel in Ziff. 8 durch eine von allen Bietern in gleicher Weise verständliche, wettbewerbskonforme Regelung ersetzt wird. 3. Das Angebot der Beigeladenen kann auch nicht mit dem angebotenen Skonto vergaberechtskonform gewertet und daraufhin überprüft werden, ob die Beigeladene trotz Unterschreitung des Mindestverrechnungssatzes die Gewähr für die Zahlung des Tariflohns bietet. a) Keinen vergaberechtlichen Bedenken begegnet es zwar, wenn ein Auftraggeber bereits in den Vergabeunterlagen Aufgreifschwellen angibt, bei deren Erreichen die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes im Rahmen der Angebotsaufklärung näher untersucht wird (VK Bund, Beschl. v. 27.12.2011 VK 1 – 159/11; Beschl. v. 10.6.2011, VK 3 – 56/11). Prüfungsmaßstab für einen daraufhin möglichen Angebotsausschluss muss indes bleiben, ob ein Bieter plausibel darlegen kann, dass er trotz Überschreitens der Aufgreifschwelle seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohnes nachkommen wird und nicht – wie hier – eine Preisvorgabe, bei der automatisch eine zum Angebotsausschluss führende Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohnes angenommen wird (VK Bund a.a.O.). b) Selbst wenn Ziff. 8 der Ergänzung zur Angebotsaufforderung – entgegen dem eindeutigen Wortlaut und dem eindeutigen Willen des Antragsgegners – als Bestimmung einer Aufgreifschwelle ausgelegt werden könnte, kommt eine Überprüfung des Angebots der Beigeladenen unter Berücksichtigung des angebotenen Skontos auf die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns im vorliegenden Fall nicht in Betracht, weil damit eine Ungleichbehandlung und Benachteiligung der anderen Bieter und insbesondere der Antragstellerin verbunden wäre. Würde die vorzunehmende Aufklärung ergeben, dass die Beigeladene trotz Unterschreitens der von dem Antragsgegner genannten Preisvorgabe so kalkuliert hat, dass sie dennoch die Gewähr für die Einhaltung des Mindestlohns bietet, hätte sie das günstigste Angebot abgegeben und wäre ihr der Zuschlag zu erteilen. Dadurch würden die anderen Bieter benachteiligt, die – wie die Antragstellerin – davon ausgegangen sind, dass sie die Preisvorgabe des Antragsgegners nicht – auch nicht durch Anbieten eines Skontos – unterschreiten dürfen, weil ihnen andernfalls der Ausschluss droht. Die Antragstellerin hat nachvollziehbar vorgetragen, sie habe so kalkuliert, dass sie die von dem Antragsgegner vorgegebene Preisvorgabe gerade einhalte und habe sich deswegen am Angebot eines Skontos gehindert gesehen (zu einer ähnlichen Konstellation vgl. VK Bund, Beschl. v. 4.7.2011, VK 2 – 61/11). Hätte die Antragstellerin dagegen davon ausgehen können, dass ihr Angebot jedenfalls nicht automatisch ausgeschlossen wird, wenn sie zusätzlich ein Skonto anbietet, so hätte dies ihre Zuschlagschancen erhöht. 150 4. Der Verstoß gegen § 97 Abs. 1 GWB i.V.m. § 2 Abs. 1 VOL/A verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB. Das vergaberechtliche Gebot der Transparenz in seiner Ausprägung als Gebot der Klarheit der Vergabeunterlagen ist bieterschützend (VK Bund a.a.O, m.w.N.). Stehen mehrere Angebote auf der Grundlage eines jeweils verschiedenen vertretbaren Auslegungsergebnisses miteinander im Wettbewerb, so kann daraus eine dem Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechende Vergabeentscheidung nicht mehr abgeleitet werden (OLG Schleswig a.a.O.). Insbesondere kann der Vergabeverstoß – wie dargelegt – nicht dadurch beseitigt werden, dass das Angebot der Beigeladenen ausgeschlossen oder ohne Skonto gewertet wird. Da der Antragsgegner in seinem Aufforderungsschreiben eine in mehrfacher Hinsicht unklare und damit rechtswidrige Formulierung verwandt und die Antragstellerin damit in ihren Rechten verletzt hat, ist das Vergabeverfahren in das Stadium vor Versendung der Vergabeunterlagen zurückzuversetzen, um dem Antragsgegner Gelegenheit zu geben, die Vergabeunterlagen im Hinblick auf eine als solche gekennzeichnete Aufgreifschwelle neu zu gestalten und um andererseits allen Bietern Gelegenheit zu geben, Angebote auch unterhalb des Schwellenwertes abzugeben, ohne dadurch einen automatischen Ausschluss befürchten zu müssen. Dabei empfiehlt es sich gegebenenfalls klarzustellen, inwieweit Skonti bei der Prüfung der „Auskömmlichkeit“ eines Angebotes berücksichtigt werden. 83 OLG München, Beschluss vom 06.08.2012 – Verg 14/12 (Rest- und Sperrmüllabfuhr) 1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die Antragstellerin ist mit ihrer Rüge, die Vergabeunterlagen würden den Bietern ein ungewöhnliches Wagnis auferlegt, nicht präkludiert. b) Den Bietern wird kein ungewöhnliches Wagnis auferlegt. aa) Die Neuregelung der VOL/A 2009 sieht das Gebot für den Auftraggeber nicht mehr vor, dem Auftragnehmer kein ungewöhnliches Wagnis aufzuerlegen. Gründe für den Wegfall dieser Regelung sind nicht bekannt (Bernhardt in Ziekow/Völlink Vergaberecht § 7 VOL/A Rn. 1). Seither ist umstritten, ob nach wie vor ein solches Gebot besteht (OLG Dresden vom 2.8.2011 – Wverg 4/11; wohl auch Brauer, Die Behandlung ungewöhnlicher Wagnisse nach der Neufassung der VOL/A, VergabeR 2012, 343 ff.) oder es nicht mehr besteht (Prieß in Kulartz/Marx/Portz/Prieß VOL/A 2. Aufl. 2011 § 8 EG VOL/A Rn. 38ff.) oder ob es zwar nicht mehr besteht, aber die Grenzen der Zumutbarkeit für eine vernünftige kaufmännische Kalkulation einzuhalten sind (OLG Düsseldorf vom 7.12.2011 – Verg 96/11 i.V.m. OLG Düsseldorf vom 19.10.2011 – Verg 54/11). 151 Der Senat schließt sich der Ansicht des OLG Düsseldorf ausdrücklich an. Wenn im Text der VOL/A das ungewöhnliche Wagnis nicht mehr enthalten ist, bedeutet dies, dass, aus welchen Gründen auch immer, diese Regelung nicht mehr gelten soll. Auf der anderen Seite kann dies aber keineswegs zur Folge haben, dass eine Überbürdung sämtlicher Risiken auf den Auftragnehmer nun rechtens sein kann. Grenze der Abwälzung von Risiken ist daher die Beachtung der allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze, welche einen Missbrauch der Nachfragemacht des öffentlichen Auftraggebers missbilligen und infolgedessen unzumutbare Anforderungen an die Bieter in den Ausschreibungsunterlagen als nicht tragbar einstufen (vgl. hierzu BGH vom 10.6.2008 – X ZR 78/07; OLG München vom 22.1.2009 – Verg 26/08; OLG Düsseldorf vom 19.10.2011 – Verg 54/11). Ist aufgrund der Vorgaben in den Vergabeunterlagen eine vernünftige kaufmännische Kalkulation nicht möglich, kann die Grenze zur Unzumutbarkeit überschritten sein. bb) Hier werden dem Bieter (noch) keine unzumutbaren Risiken auferlegt. Eine Kalkulation ist möglich, auch wenn die Mengenabweichungen mit 20-25% grenzwertig erscheinen. Zunächst ist festzuhalten, dass weder dem Auftraggeber noch dem Auftragnehmer eine zuverlässige Prognose über das Wegwerfverhalten der betroffenen Bürger möglich ist. Anhaltspunkt für eine Kalkulation kann daher nur die Müllmenge bzw. der Müllbehälterbestand der letzten Jahre bzw. des letzten Jahres sein, welche der Antragsgegner hier auch offen gelegt hat. Wenn keine grundlegenden Änderungen zu erwarten sind, kann daher der Kalkulation eine gleich bleibende oder moderat ansteigende Müllmenge zugrunde gelegt werden. Dem Bieter ist auch die Anzahl der im Jahr 2010 angemeldeten Müllbehälter bekannt, so dass er einschätzen kann, welche Grundstücke angefahren werden müssen. Den hohen Fixkostenanteil kann er kalkulieren. Soweit die Antragstellerin vorträgt, sie müsse bei einer 20 – 25%-igen Steigerung der Müllmenge bzw. der Müllbehälter ein weiteres Müllfahrzeug einkalkulieren, spricht dies nicht für eine unzumutbare Kalkulation, weil auch bei einer geringen Steigerung des Müllvolumens weitere Fahrzeuge in Hinterhand gehalten werden müssen. Eine Bagatellgrenze, wie sie die Antragstellerin mit 5% vorträgt, hat die Rechtsprechung im Bereich der VOL/A bisher nicht festgelegt. Die Entscheidung des OLG Rostock (Beschluss vom 5.2.2003 – 17 Verg 14/02) ist nicht einschlägig. In diesem Rechtsstreit ging es um die Frage, ob geringfügige Änderungen in der Beschaffenheit des Leistungsgegenstands, welche mit weniger als 5% des Gesamtumfangs der Leistung beziffert wurden, zu einer Ausschreibungspflicht führen. Mit der Frage, ob Mengenänderungen von 20-25% zu einer Anpassungspflicht nach § 2 VOL/B führen, hat sich das OLG Rostock nicht befasst. Es ist nach den Angaben des Antragsgegners auch nicht zu erwarten, dass sich die Restmüll- bzw. Sperrmüllmenge im Vertragszeitraum entscheidend nach unten verringert. Eine gesetzliche Verpflichtung zur getrennten Sammlung von Biomüll und 152 Wertstoffen tritt erst ab 1.1.2015 ein. Der Antragsgegner bietet bereits eine Biotonne an und hat nach seinen Ausführungen nicht die Absicht, eine verpflichtende Wertstofftonne einzuführen. Es kommt hinzu, dass sich allein durch die Verpflichtung zur getrennten Sammlung von Biomüll und Wertstoffen die Zahl der Restmüllbehälter kaum verändern wird. Jedenfalls führen diese Gegebenheiten nicht dazu, dass eine vernünftige Kalkulation nicht mehr möglich wäre. Im Gegensatz dazu war Gegenstand der Entscheidung des OLG Dresden (Beschluss vom 2.8.2011 – WVerg 4/11) ein Rahmenvertrag, bei welchem zu Lasten des Bieters eine jederzeitige Leistungsbereitschaft vorgesehen war, für den Auftraggeber aber keine Abnahmeverpflichtung. In dieser Konstellation lag ein unzumutbares Ungleichgewicht der gegenseitigen Vertragspflichten vor (vgl. hierzu auch OLG Naumburg vom 05.12.2008 – 1 Verg 9/08). 84 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.02.2013 – Verg 44/12 (Kopierer und Multifunktionsgeräte) Das frühere grundsätzliche Verbot einer Aufbürdung ungewöhnlicher Wagnisse für Umstände und Ereignisse, auf die der Bieter keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann (vgl. § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A 2009), gilt nach § 8 EG VOL/A nicht mehr (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.10.2011 – VII-Verg 54/11, NZBau 2011, 762; Beschl. v. 11.11.2011 und 28.3.2012 – VII-Verg 90/11; Beschl. v. 7.12.2011 – VII-Verg 96/11). Die Ausschreibungsbedingungen können nur noch unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit zu beanstanden sein, was generell noch nicht der Fall ist, wenn Bieter gewisse Preis- und Kalkulationsrisiken, namentlich solche, die ihm typischerweise ohnehin obliegen, tragen. Bei der Ausschreibung eines Rahmenvertrags – wie hier – erhöht sich zudem die Zumutbarkeitsschwelle zu Lasten der Bieter. Diese Schwelle hat die Antragsgegnerin in ihrer Ausschreibung nicht überschritten: a) Sie hat zunächst die Bieter im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren über den Leistungsumfang informiert, indem sie aus den letzten beiden Jahren einen durchschnittlichen Jahresverbrauch (zu fertigende Kopien-Klicks für Schwarz-weiß- und Farbkopien) für die Bereiche Verwaltung und Schulen ermittelt und diesen in ihr Preisblatt als zugrunde zu legendes Kalkulationsvolumen aufgenommen hat. Auch hat sie die Anzahl zu berücksichtigender Geräte beziffert und den den Ausschreibungsunterlagen beigefügten technischen Leistungsklassen zugeordnet. Dass sie ihren Zahlen den Zusatz „ca.“ hinzugefügt hat, ist nicht zu beanstanden, weil sie hiermit lediglich zum Ausdruck gebracht hat, dass es sich bei den angegebenen Volumina nicht um verbindliche Mengen, sondern um Schätzwerte handelt, die periodisch einer konkreten Abrechnung – wie im Rah- 153 menvertrag vorgesehen – bedürfen. Schließlich hat sie eine Mindestanzahl abzunehmender Kopien unterteilt nach Schwarz-Weiß- und Farbkopien jeweils für die Bereiche Verwaltung und Schule zugesagt, aus denen sich anhand der gewünschten Leistungsklassen einzusetzender Geräte eine konkrete Auslastungskapazität ermitteln lässt. b) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass sich die Antragsgegnerin insbesondere sowohl eine Rückgabe als auch einen Tausch sowie eine Zumietung von Geräten ausbedungen hat. Zunächst unterliegt es der Gestaltungs- und Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers, die Vertrags- und Auftragsbedingungen festzusetzen- Dass den Bietern hierdurch im Streitfall ein unzumutbares Kalkulationsrisiko aufgebürdet wird, ist nicht ersichtlich. Optionale Leistungselemente sind zunächst grundsätzlich Ausdruck eines im Vorhinein nicht festlegbaren Auftragsvolumens und charakteristisch für Rahmenvereinbarungen. Ihnen wohnt zugleich ein funktionales Leistungselement inne. Die Antragsgegnerin hat den Bietern gleichwohl auch hierzu in der Leistungsbeschreibung hypothetische, d.h. von ihr – allerdings auf der Grundlage von in der Vergangenheit erhobenen Erfahrungswerten – geschätzte Zahlen sowohl in Bezug auf einen Mehrbedarf an Kopien als auch an Geräten an die Hand gegeben, wodurch sie den Rahmen des Auftragsvolumens umrissen hat, der für eine Preiskalkulation herangezogen werden konnte. (…) 10. Gestaltung der Vertragsbedingungen 85 OLG Naumburg, Urteil vom 20.12.2012 – 2 U 92/12 (Grundhafter Ausbau der Kreisstraße) Die Beklagte hat ihre Berufung allein damit begründet, dass der Ausschluss des Angebots der Klägerin gerechtfertigt gewesen sei. Der damals zuständige 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg hat im Berufungsverfahren 1 U 50/10 mit seinem am 30.09.2010 verkündeten Urteil das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Ausschluss der Angebote der Klägerin durch die Beklagte wegen Unvollständigkeit der Eignungsunterlagen zu Recht erfolgt sei. Die Klage ist zulässig; insbesondere hat das Landgericht ein Feststellungsinteresse der Klägerin nach § 256 ZPO zu Recht angenommen. Dieses Feststellungsinteresse besteht auch bei Schluss der letzten mündlichen Verhandlung im zweiten Berufungsverfahren fort. Die Klägerin war nicht gehalten, zu der – inzwischen im Berufungsverfahren möglich gewordenen – bezifferten Leistungsklage überzugehen (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 256 Rn. 7c m.w.N.). 154 Ungeachtet der vorgenannten Mängel des Nebenangebots Nr. 1 der Auftragnehmerin hat die Beklagte auch nicht darzulegen vermocht, dass sie das Pauschalpreisangebot der Auftragnehmerin als qualitativ gleichwertig hätte bewerten dürfen. Zwar trifft es zu, dass eine Pauschalierung für den Auftraggeber das Risiko der Erhöhung der Baukosten vermindert, weil Mehrmengen in einem gewissen Umfang nicht zu einer Mehrvergütung führen. Andererseits beinhaltet eine Pauschalierung des Entgelts für eine Bauleistung für den Auftraggeber das Risiko, dass er trotz des Auftretens von Mindermengen bestimmter Leistungen den zuvor vereinbarten Preis unverändert zahlen muss. Gerade bei Tiefbauarbeiten, wie hier, sind unerwartete Baugrundverhältnisse mit Auswirkungen auf die auszuführenden Leistungen oder Mengenabweichungen nicht selten, so dass die nach § 5 Nr. 1 lit. b) VOB/A vorgesehenen Voraussetzungen für den Abschluss eines Pauschalpreisvertrages – in Fällen, in denen die Leistung nach Ausführungsart und Umfang genau bestimmt ist und mit einer Änderung bei der Ausführung nicht zu rechnen ist – regelmäßig nicht erfüllt sind. 11. Bedingungen für die Auftragsdurchführung 86 EuGH, Urteil vom 10.05.2012 – C-368/10 (EKO und Max Havelaar) Wie in Randnr. 37 des vorliegenden Urteils ausgeführt, bezeichnet das Gütezeichen MAX HAVELAAR Erzeugnisse, die aus einer Form des fairen Handels stammen, von aus Kleinerzeugern in Entwicklungsländern bestehenden Organisationen zu einem Preis und zu Bedingungen erworben wurden, die günstiger als die durch die Marktkräfte bestimmten Bedingungen sind. Aus den Akten ergibt sich, dass das Gütezeichen auf vier Kriterien beruht, nämlich darauf, dass der gezahlte Preis kostendeckend sein und einen Zuschlag auf den Weltmarktpreis enthalten muss, dass die Produktion vorfinanziert sein muss und dass zwischen Erzeuger und Importeur langfristige Handelsbeziehungen bestehen müssen. Es ist festzustellen, dass diese Kriterien nicht der Definition des Begriffs „technische Spezifikation“ in Nr. 1 Buchst. b des Anhangs VI der Richtlinie 2004/18 entsprechen, denn diese Definition stellt ausschließlich auf die Merkmale der Erzeugnisse selbst, ihre Produktionsprozesse und -methoden, ihre Verpackung oder ihre Verwendung und nicht auf die Bedingungen ab, unter denen der Lieferant sie vom Erzeuger erworben hat. Dagegen fällt die Einhaltung dieser Kriterien unter den Begriff „Bedingungen für die Auftragsausführung“ im Sinne von Art. 26 der Richtlinie. Nach diesem Artikel können die Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags nämlich insbesondere soziale Aspekte betreffen. Vorzuschreiben, dass der zu liefernde 155 Tee und Kaffee von Kleinerzeugern aus Entwicklungsländern stammt, zu denen für sie günstige Handelsbeziehungen bestehen, ist ein solcher sozialer Aspekt. Somit ist die Rechtmäßigkeit dieser Bedingung anhand von Art. 26 zu prüfen. Festzustellen ist jedoch, dass die Kommission im Vorverfahren wie im Übrigen auch in der Klageschrift die fragliche Klausel des Lastenhefts ausschließlich auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 8 der Richtlinie 2004/18 beanstandet und erst in ihrer Klageerwiderung geltend gemacht hat, dass ihr Vorbringen insoweit entsprechend für eine Ausführungsbedingung nach Art. 26 der Richtlinie gelte. Da der Gegenstand einer Klage nach Art. 258 AEUV durch das in dieser Bestimmung vorgesehene vorprozessuale Verfahren eingegrenzt wird, muss die Klage auf die gleichen Gründe und das gleiche Vorbringen gestützt sein wie die mit Gründen versehene Stellungnahme, so dass eine Rüge, die nicht in der mit Gründen versehenen Stellungnahme erhoben wurde, im Verfahren vor dem Gerichtshof unzulässig ist (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 9. Februar 2006, Kommission/Vereinigtes Königreich, C-305/03, Slg. 2006, I-1213, Randnr. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der zweite Teil des zweiten Klagegrundes ist daher als unzulässig zurückzuweisen. 87 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.01.2013 – Verg 35/12 (Gebäudereinigungsverträge) bb) Bei der Anforderung, dass der Auftragnehmer zur Erbringung seiner Leistungen sozialversicherungspflichtiges Personal einzusetzen hat, handelt es sich um eine zusätzliche Bedingung für die Ausführung des Auftrags im Sinne von Art. 26 der Richtlinie 2004/18/EG und § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB. Die Mitteilung dieser Anforderung kann danach entweder in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen erfolgen, zu denen im Streitfall gemäß § 9 Abs. 1 Buchst. c) EG VOL/A auch der abzuschließende Servicevertrag gehört. Hat der Auftraggeber indes – wie im Streitfall – in der Bekanntmachung angegeben, besondere Bedingungen für die Ausführung des Auftrags sollten nicht gelten, hat er sich damit festgelegt und ist für den weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens insoweit gebunden, als eine nachträgliche Änderung im Lauf des Vergabeverfahrens nur zulässig ist, wenn sie in transparenter und diskriminierungsfreier Weise erfolgt. Im Streitfall hat der Antragsgegner intransparent gehandelt (…) b) Die Anforderung, nur sozialversicherungspflichtiges Personal einzusetzen, ist darüber hinaus vergaberechtswidrig, weil der erforderliche sachliche Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand fehlt. Gemäß § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB können für die Auftragsausführung zusätzliche Anforderungen an den Auftragnehmer gestellt 156 werden, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Ein hinreichender sachlicher Zusammenhang ist hier nicht erkennbar. Zu Unrecht beruft sich der Antragsgegner darauf, den Mietern sei der Einsatz von täglich wechselndem Personal nicht zumutbar, ebenso wenig eine permanent andauernde Einarbeitungsphase des Personals; täglich wechselndes Personal garantiere auch kein hohes Niveau an Reinigungsleistung. Der Einsatz von nicht sozialversicherungspflichtigem Personal ist nicht notwendigerweise mit diesen Nachteilen verbunden. Die Antragstellerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Einsatz von geringfügig Beschäftigten in aller Regel in kleineren Reinigungsrevieren mit einem Zeitaufwand von etwa bis zu zwei Stunden täglich erfolge. Es handele sich um fest eingestellte Mitarbeiter, die täglich zur Reinigung erschienen. Dies biete bessere Dispositionsmöglichkeiten beim Ausfall einer Reinigungskraft. Auch böten beispielsweise vier noch nicht von der Arbeit ermüdete Zwei-Stunden-Kräfte ein besseres Reinigungsergebnis als eine Acht-Stunden-Kraft. Auch im Übrigen hat der Antragsgegner einen sachlichen Zusammenhang der Anforderung, dass der Auftragnehmer zur Erbringung seiner Leistungen sozialversicherungspflichtiges Personal einzusetzen hat, mit dem Auftragsgegenstand nicht dargelegt. Der öffentliche Auftraggeber hat zwar bereits auf Grund seiner Verpflichtung zur Wahrung des Allgemeinwohls in besonderem Maß soziale Belange zu beachten und zu fördern. Dies allein reicht jedoch nicht aus, einem Auftragnehmer sozialrelevante, aber arbeitsrechtlich erlaubte Gestaltungsmöglichkeiten zu versagen. Die arbeitsrechtlichen und sozialen Belange von geringfügig und zeitlich begrenzt beschäftigten Arbeitnehmern werden durch nationales und europäisches Recht geschützt (vgl. AÜG (BGBl. I 1995, S. 158), AEntG 2009 (BGBl. I 2009, S. 799), Richtlinie 2008/104/EG vom 19. November 2008 (ABl. EU L 327/9), Richtlinie 91/383/EWG vom 29. Juli 1991 (ABl. EU L 206/19) sowie Richtlinie 96/71/EG vom 16. Dezember 1996 (ABl. EU L 18/1)). Insbesondere durch den gesetzlich festgelegten tariflichen Mindestlohn nach § 3a Abs. 2 AÜG, Art. 2 lit. f) und Art. 5 RL 2008/104/EG und die durch das Arbeitnehmerentsendegesetz begründete Pflicht des Arbeitgebers, tarifvertragliche Arbeitsbedingungen zu gewähren, § 3 AEntsG, Art. 3 RL 96/71/ EG, werden vor allem diejenigen Arbeitnehmer geschützt, die in Gewerbebranchen beschäftigt sind, in denen typischerweise eine Vielzahl auch ungelernter Arbeiter auf Zeit eingesetzt werden. Zu solchen Branchen gehört neben dem Baugewerbe auch das Gebäudereinigerhandwerk. Infolge der Versagung arbeitsrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten durch die Ausschreibungsbedingungen werden die Bieter nach § 97 Abs. 7 GWB in ihren Rechten verletzt, weil dies Einfluss auf die Preiskalkulation und ihre wettbewerblichen Möglichkeiten hat. 157 12. Eignungsnachweise 12.1 Bekanntmachungspflicht 88 VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.03.2012 – VK-SH 3/12 (Briefpostdienste) c) Des Weiteren hat die Antragsgegnerin gegen § 7 Abs. 5 Satz 1 EG VOL/A verstoßen. Nach dieser Vorschrift gibt der Auftraggeber bereits in der Bekanntmachung an, welche Nachweise vorzulegen sind. Die Vorschrift schützt die Bieter in ihren Rechten auf ein diskriminierungsfreies Verfahren und stellt damit nicht lediglich eine an die Vergabestelle gerichtete Ordnungsvorschrift dar. Die abschließende Benennung der Eignungsnachweise schützt die Bieter einerseits davor, dass nachträglich höhere Anforderungen gestellt werden und davor, dass ein Wettbewerber durch nachträgliche Zulassung eines auf ihn zugeschnittenen Nachweises besser gestellt wird. Die Vorschrift unterliegt aufgrund ihrer auf alle Bieter gerichteten Schutzwirkung nicht der Disposition einzelner Bieter und/oder des Auftraggebers. Über die Vergabebekanntmachung hinausgehende Nachweise dürfen nicht gefordert und ihre Nichtvorlage somit auch nicht bei der Angebotswertung berücksichtigt werden. Beides liefe den Vorgaben des Transparenz- und des Gleichbehandlungsgebots nach § 97 Abs. 1 und 2 GWB zuwider, in dessen Lichte die Vorschriften der VOL/A auszulegen und zu handhaben sind. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin jedoch liegt ein Verstoß gegen § 7 Abs. 5 Satz 1 EG VOL/A nicht zusätzlich auch in der Forderung nach einer „Selbstdarstellung“ des Bieters. Ein öffentlicher Auftraggeber ist nicht verpflichtet, sämtliche Einzelheiten seiner Nachweisforderungen schon in der Bekanntmachung anzugeben Rspr. Es reicht vielmehr aus, dass der Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung angibt, welche Nachweise er von den Bietern fordert, und diese in den Verdingungsunterlagen weiter konkretisiert. So liegt es hier. Die Antragsgegnerin hatte bereits in Ziffer III.2.1 „Angaben zu Bieter“ gefordert. Die in Nr. 6 von Ziffer V der Bewerbungsbedingungen geforderte Selbstdarstellung samt den darin aufgeführten Einzelheiten stellt lediglich eine Konkretisierung der geforderten „Angaben zu Bieter“ dar und war damit nicht gesondert in die Bekanntmachung aufzunehmen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt ein Verstoß gegen § 7 Abs. 5 Satz 1 EG VOL/A auch nicht in der Forderung nach Eignungsnachweisen zu den im Auftragsfall vorgesehenen Nachunternehmern. Angaben zu Umsätzen und Refe- 158 renzen hatte der Antragsgegner in Ziffer III.2.2 der Bekanntmachung explizit gefordert. Die Forderung nach Angaben zu Umsätzen und Referenzen auch in Bezug auf die Nachunternehmer musste der Antragsgegner nicht gesondert in der Bekanntmachung aufführen. Soweit nämlich der Auftraggeber für den Fall eines Nachunternehmereinsatzes den Nachweis der Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers verlangt, handelt es sich im Rechtssinn schon um keinen zusätzlich beizubringenden Nachweis. Mittels der Beauftragung eines Nachunternehmers will der Bieter einen Teil der vertraglichen Leistungen nicht selbst erbringen, sondern durch einen Dritten ausführen lassen. Im Umfang einer beabsichtigten Nachunternehmerbeauftragung hat er folglich nicht die eigene Eignung und Leistungsfähigkeit, sondern – und zwar grundsätzlich anhand derselben Anforderungen, die vom Auftraggeber für den Nachweis der eigenen Leistungsfähigkeit des Bieters aufgestellt worden sind – die Leistungsfähigkeit des dritten Nachunternehmers nachzuweisen, was in einem solchen Fall den Nachweis des Bieters ersetzt, im eigenen Unternehmen für den betreffenden Leistungsteil leistungsfähig zu sein (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.12.2004 – Verg 81/04). Aus dem gleichen Grund geht auch der Vortrag der Antragstellerin fehl, die Antragsgegnerin habe Angaben zu Umsätzen und Referenzen in Bezug auf Nachunternehmer auch in der Sache gar nicht erst fordern dürfen. Sofern die Antragstellerin meint, sie könne die geforderten Angaben zu Umsätzen und Referenzen ihrer Nachunternehmer nicht leisten, rechtfertigt dies keine abweichende Bewertung. Zum einen ist sie, sofern sie auf die xxx zurückzugreifen gedenkt, privilegiert. Im Übrigen hat die Auftraggeberin auch klargestellt, dass sich die Vergleichbarkeit der Umsätze und Referenzen lediglich auf den Teil der Leistung beschränkt, die der betreffende Nachunternehmer im Auftragsfall jeweils faktisch übernimmt. 12.2 Liste von Eignungsnachweisen in Vergabeunterlagen 89 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.11.2012 – Verg 8/12 (Wartung, Pflege- und Weiterentwicklung) Der Antragsgegner musste bzw. durfte das Angebot der Beigeladenen auch deshalb nicht vom weiteren Vergabeverfahren ausschließen, weil er die vorzulegenden Eignungsnachweise nicht in einer abschließenden Liste gemäß § 9 Abs. VOL/A-EG aufgeführt hat. Der „Kriterienkatalog“ (Anhang 1 zum Angebotsvordruck) ist entgegen der Auffassung der Vergabekammer keine abschließende Liste im Sinne von § 9 Abs. 4 VOL/A-EG. Sowohl der Wortlaut als auch der Sinn und Zweck der Norm gebieten, dass der Auftraggeber sämtliche verlangten Nachweise – gleichviel, ob es sich um Eignungs- oder um sonstige Nachweise handelt –, nochmals gesondert in einer zusammenfassenden Liste aufzuführen und diese spätestens mit den Vergabeunterlagen bekannt zu geben hat. Eine solche nochmalige, gesonderte Zusammenfassung neben dem „Kriterienkatalog“ fehlt. Rechtsfolge 159 und gebotene vergaberechtliche Sanktion einer unterlassenen Aufstellung und Bekanntgabe einer abschließenden Liste nach § 9 Abs. 4 VOL/A-EG ist, dass Nachweise dann als nicht wirksam vom Öffentlichen Auftraggeber gefordert anzusehen sind, dass Bieter aus der Bekanntmachung und/oder den Vergabeunterlagen hervorgehende Nachweise nicht vorzulegen haben, und Angebote wegen Fehlens geforderter Nachweise von der Wertung nicht ausgenommen werden dürfen (siehe: Senat, Beschluss vom 3.8.2011 – VII-Verg 30/11, juris, und Beschluss vom 23.5.2012 – VII-Verg 4/12, juris). Dass daraus resultierend gegebenenfalls das „Eignungsniveau“ zugunsten eines oder mehrerer Bieter reduziert wird, weil im Ergebnis auf das Vorliegen von Eignungsanforderungen verzichtet wird bzw. werden muss, wie die Antragstellerin beanstandet, ist eine sowohl vom Auftraggeber als auch vom unterliegenden Bieter hinzunehmende Folge der Entscheidung des Normgebers, dem gemeinschaftsrechtlichen Transparenzgebot Geltung zu verschaffen. Im Übrigen verkennt die Antragstellerin in diesem Zusammenhang, dass die Beigeladene dem Antragsgegner nicht angeboten hat, die erforderlichen fachspezifischen Kenntnisse im Bereich der europäischen Arzneimittelzulassungsverfahren erst nach dem vorgesehenen Vertragsbeginn zu erwerben. Vielmehr hat die Beigeladene mit Schreiben vom 27.1.2012 angeboten, diese Kenntnisse noch vor Vertragsbeginn zu erwerben, so dass diese zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsbeginns am 1.4.2012 gegeben sind. b) Der Antragsgegner musste das Angebot der Beigeladenen auch nicht gemäß § 19 Abs. 3 a) VOL/A-GG vom weiteren Vergabeverfahren ausschließen, weil sie wirksam geforderte Erklärungen, nämlich die „Zusage der in der Leistungsbeschreibung geforderten Erreichbarkeit einschließlich der garantierten Reaktionszeiten“ und die „Zusage zur Wochenend-, Feiertags- und Nachtarbeit“, nicht vorgelegt hat. Wie die Vergabekammer im Ausgangspunkt zutreffend ausgeführt hat, rechtfertigte die Nichtvorlage noch keinen Ausschluss bzw. eine Zuschlagserteilung, weil der Antragsgegner das ihm gemäß § 19 Abs. 2 S. 1 VOL/A-EG zukommende Nachforderungsermessen ausweislich der Vergabeakte noch nicht ausgeübt hatte. Ob der Auftraggeber sein Ermessen vorab – wozu die Vergabekammer wohl neigt – in der Weise ausüben kann, dass er die in § 19 Abs. 2 S. 1 VOL/A-EG vorgesehene Möglichkeit, im Rahmen des ihm zukommenden Ermessens Erklärungen und Nachweise innerhalb einer zu bestimmenden Nachfrist beim Bieter nachzufordern, bereits in den Vergabeunterlagen ausschließt, kann dahingestellt bleiben. Der Auftraggeber ist jedenfalls verpflichtet, das ihm rechtlich eingeräumte Ermessen in Kenntnis des vollständigen Sachverhalts und aller Umstände pflichtgemäß auszuüben, nachdem ein Bieter geforderte Erklärungen und Nachweise nicht vorgelegt hat. Eine dahingehende Ermessensausübung hatte noch nicht stattgefunden. Damit kommt es auf die weiteren Erwägungen der Vergabekammer zur rechtlichen Wirkung des Hinweises des Antragsgegners auf Seite 3 des Aufforderungsschreibens – näher konkretisiert unter Ziffer 11 der Leistungsbeschreibung – , wonach das Fehlen dieser Unterlagen bzw. Angaben zwingend zum Ausschluss des Angebots führen soll, nicht mehr an. 160 Ein Angebotsausschluss wäre vorliegend nur in Betracht gekommen, wenn sich der Antragsgegner innerhalb des ihm eingeräumten und nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessens entweder entschieden hätte, die fehlenden Erklärungen nicht nachzufordern oder die Beigeladene auf eine Nachforderung die fehlenden Erklärungen gleichwohl nicht vorlegt hätte. Der Antragsgegner hat die Beigeladene jedoch noch im Verlauf des Beschwerdeverfahrens unter Berücksichtigung der Begründung des Beschlusses der Vergabekammer zur Vorlage der beiden fehlenden Erklärungen aufgefordert und damit das ihm durch § 19 Abs. 2 S. 1 VOL/A-EG eingeräumte Ermessen pflichtgemäß ausgeübt. Nach dem Vorliegen der Nachweise hat er die Angebotswertung mit dem Ergebnis wiederholt, dass der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen ist. Dies ist nicht zu beanstanden. 12.3 Wettbewerbsoffene Ausgestaltung von Eignungsanforderungen 90 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.09.2012 – Verg 108/11 (Briefdienstleistungen) B. Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen ist begründet, denn der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet. Entgegen der Auffassung der Vergabekammer musste die Antragsgegnerin die Beigeladene nicht gemäß § 97 Abs. 4 S. 1 GWB, § 19 Abs. 5 VOL/A EG wegen fehlender Eignung von der Vergabe ausschließen, weil sie nicht die in der Vergabebekanntmachung in Verbindung mit der Leistungsbeschreibung geforderten drei vergleichbaren Referenzen vorgelegt hat. Es ist nämlich im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin es der Beigeladenen ermöglicht hat, über die drei schon mit dem Angebot eingereichten Referenzen eine weitere Referenz zum Nachweis ihrer Eignung nachzureichen. Die Antragsgegnerin durfte gemäß Art. 44 Abs. 2 S. 1, 48 Abs. 2, 6 RL 2004/18/EG, § 97 Abs. 4 S. 1 GWB i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 1 VOL/A EG von den potentiellen Bietern Nachweise ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit verlangen. Sie hatte gemäß Art. 48 Abs. 6 RL 2004/18/EG, § 7 Abs. 5 S. 1 VOL/A EG in der Bekanntmachung oder in der Aufforderung zur Angebotsabgabe anzugeben, welche Nachweise vorzulegen waren. In welcher konkreten Weise der Nachweis erfolgen konnte, ergibt sich aus Art. 48 Abs. 2 RL 2004/18 EG, § 7 Abs. 3 VOL/A EG. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin in Punkt III.2.3) der Bekanntmachung von den potentiellen Bietern zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit die Vorlage von drei mit den Auftragsgegenstand im Hinblick auf Leistungsgegenstand, Auftragsvolumen und Leistungsstellen vergleichbaren Unternehmensreferenzen mit jeweils mindestens zwölf Monaten Laufzeit verlangt hat. Dem steht nicht entgegen, dass in der Leistungsbeschreibung unter der Ziffer 8.3 näher ausgeführt wurde, dass bei der Einreichung von mehr als drei Referenzen nur die Referenzen mit den Nummern 1 161 bis 3 in die Bewertung einbezogen würden. Diese Erläuterung konkretisiert nur die in der Bekanntmachung angegebenen Erfordernisse zum Nachweise der Eignung. Sie führt dagegen nicht zu einer unzulässigen Änderung oder Ergänzung, die die gestellten Anforderungen verschärft, erleichtert oder zurücknimmt (siehe dazu: Hänsel in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2011, § 7 VOL/A EG, Rn. 17 m.w.N; OLG München, Beschluss vom 15.3.2012, Verg 2/12, juris, Rn. 60 m.w.N.). Gleichwohl ist diese Regelung unter Ziffer 8.3 der Leistungsbeschreibung vergaberechtlich zu beanstanden, so dass es nicht auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage ankommt, zu welchem Zeitpunkt die Referenzen vorzulegen waren. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin unabhängig von der Anzahl der von einem Bieter vorgelegten Referenzen, die Anzahl der in der Eignungsprüfung zu berücksichtigenden Referenzen auf drei Stück beschränkt und sogar nur die drei Referenzen berücksichtigen will, die vom Bieter mit den Nummern 1, 2 und 3 bezeichnet worden sind, verstößt gegen vergaberechtliche Grundsätze, insbesondere aber gegen den Wettbewerbsgrundsatz aus § 97 Abs. 1 GWB. Die Regelung unter Ziffer 8.3 hat einen abschreckenden Effekt auf die Bieter. Diese legen dann in der Regel nicht mehr als drei Referenzen vor, um ihre Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit nachzuweisen. Daraus resultiert, dass die Eignungsprüfung durch den Auftraggeber auf einer schmalen Tatsachengrundlage erfolgt. Legen Bieter dagegen mehr als drei Referenzen vor und werden nur drei Referenzen bewertet, wird der Eignungsprüfung durch den Auftraggeber fehlerhaft nicht der vollständige, mit dem Angebot unterbreitete Sachverhalt zu Grunde gelegt. Dieser Wertungsmangel wird dadurch verstärkt, dass nur die Referenzen berücksichtigt werden, die der Bieter mit den Nummern 1, 2 und 3 bezeichnet hat. Diese vergaberechtlichen Verstöße haben sich bei der Beigeladenen ausgewirkt. Diese hat nur drei Referenzen vorgelegt, obwohl sie über mehr als drei Referenzen verfügte, womit der abschreckende Effekt der Regelung belegt wird. Die Referenz Nummer 2 war jedoch nicht vergleichbar im geforderten Sinn, weil der Auftrag nur ein durchschnittliches tägliches Sendungsvolumen von unter 10% des in der Bekanntmachung genannten Sendungsvolumens aufwies, so dass die Antragsgegnerin, gestützt auf eine unzureichende Tatsachengrundlage, zunächst beabsichtigte, die Beigeladene auszuschließen und den Zuschlag der Antragstellerin zu erteilen. Aufgrund der vergaberechtlichen Verstöße müsste das Vergabeverfahren richtigerweise zurückversetzt, die Leistungsbeschreibung geändert, die Änderung gegenüber den Bietern bekannt gemacht und diese zur Erneuerung der Referenzen aufgefordert werden. Anschließend müsste die Antragsgegnerin die Eignungsprüfung erneut durchführen. Die Antragsgegnerin hat im Vergabeverfahren jedoch einen anderen Weg beschritten und der Beigeladenen ermöglicht, weitere Referenzen nachzureichen, was sie unter Hinweis auf § 19 Abs. 2 S. 1 VOL/A EG zu rechtfertigen versucht. 162 Wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat, liegt insoweit jedoch kein Fall des § 19 Abs. 2 S. 1 VOL/A EG vor. Nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 S. 1 VOL/A EG gilt die Nachforderungsmöglichkeit nur für fehlende, auf Aufforderung des Auftraggebers bis zum Ablauf der Angebotsfrist nicht vorgelegte Erklärungen und Nachweise, nicht aber für nicht den Vorgaben des Auftraggebers entsprechende Erklärungen und Nachweise. Ein Nachweis fehlt, wenn er entweder nicht vorgelegt worden ist oder formale Mängel aufweist. Der Auftraggeber ist nicht gefordert, im Rahmen der Prüfung, ob die Angebote formal vollständig sind, eine materiellrechtliche Prüfung der mit dem Angebot vorgelegten Unterlagen vorzunehmen. Daraus folgt, dass eine Nachforderungspflicht – und folglich auch ein Nachforderungsrecht – des Auftraggebers im Hinblick auf körperlich vorhandene Erklärungen oder Nachweise nur besteht, wenn sie in formaler Hinsicht von den Anforderungen abweichen (so auch: Senat, Beschluss vom 17.3.2011 – VII Verg 56/10, juris, Rn. 47; Beschluss vom 9.5.2011 – VII Verg 40/11, juris, Rn. 92 ; OLG München, Beschluss vom 15.3.2012 – Verg 2/12, juris, Rn. 67f; OLG Koblenz, Beschluss vom 30. März 2012 – 1 Verg 1/12, juris, Rn. 28). Die von der Beigeladenen vorgelegte Referenz 2 entsprach den formalen Voraussetzungen an eine vorzulegende Referenz und war im Rahmen der formellen Eignungsprüfung nicht zu beanstanden. Sie war aber mangels Vergleichbarkeit im Rahmen der materiellen Eignungsprüfung zu beanstanden und musste wegen Nichterreichens der erforderlichen Mindestpunktzahl grundsätzlich zum Ausschluss des Angebots der Beigeladenen führen (§ 97 Abs. 4 S. E GWB, § 19 Abs. 5 VOL/A EG), ohne dieser die Möglichkeit zu eröffnen, „nachzubessern“. Auch aus § 7 Abs. 13 VOL/A EG ergibt sich nichts anderes. Diese Norm bezieht sich nur auf bereits vorgelegte Nachweise und deren Vervollständigung oder Erläuterung, nicht aber auf deren Austausch durch andere, „bessere“ Nachweise. Gleichwohl ist die Vorgehensweise der Antragsgegnerin vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit ist von der Vergabekammer übersehen worden, dass die Antragsgegnerin bei einer objektiven Betrachtung durch ihre Vorgehensweise das Vergabeverfahren zumindest gegenüber der Beigeladenen zurückversetzt und den in Ziffer 8.3 der Leistungsbeschreibung gemachten Fehler objektiv behoben hat, wenngleich sich die Antragsgegnerin dies subjektiv so nicht vorgestellt hat, weil sie der Beigeladenen ein Nachreichen im Sinne von § 19 Abs. 2 S. 1 VOL/A EG ermöglichen wollte. Auf die subjektive Vorstellung der Antragsgegnerin kommt es jedoch nicht an, weil es bei der rechtlichen Beurteilung von Vorgängen im Vergabeverfahren nicht maßgeblich ist, wie der Handelnde sie verstanden hat, sondern entscheidend ist die objektive Bedeutung der Handlung oder Erklärung. Die Verfahrensweise der Antragsgegnerin verstößt allerdings gegen den Grundsatz des transparenten Vergabeverfahrens (§ 97 Abs. 1 GWB), weil sie gegenüber der Antragstellerin den Inhalt des Gesprächs ihres zuständigen Mitarbeiters mit dem Geschäftsführer der Beigeladenen und die eingeräumte Möglichkeit zur Nachreichung von Referenzen nicht offen gelegt hatte. Des Weiteren stellte sich die Vorgehensweise 163 der Antragsgegnerin angesichts der internen Vorgaben, unter denen einem Bieter die Möglichkeit zur Vorlage einer Ersatzreferenz gegeben werden sollte, als ermessensfehlerhaft dar, unter anderem weil nur früheren Auftragnehmern – unter weiteren Bedingungen – die Möglichkeit zur Nachreichung von Referenzen gegeben werden sollte. Die Vorgehensweise der Antragsgegnerin verletzt die Antragstellerin aber nicht in ihren Rechten. Insbesondere verstößt die Verfahrensweise der Antragsgegnerin nicht gegen das Diskriminierungsverbot/den Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 97 Abs. 2 GWB). Die Antragstellerin ist durch die der Beigeladenen eröffnete Möglichkeit zur Nachreichung von Referenzen nicht in ihren Auftragschancen schlechter gestellt worden. Wäre das Vergabeverfahren in transparenter Weise zurückversetzt und die Leistungsbeschreibung geändert worden, hätte sich die Antragstellerin in der gleichen Situation befunden. Die Beigeladene hätte die noch fehlende vergleichbare Referenz nachreichen können, beiden Bietern wäre die geforderte Eignung zuerkannt worden, und die Beigeladene hätte den Zuschlag erhalten müssen, weil sie das preisgünstigste Angebot abgegeben hatte. Soweit die Antragstellerin beanstandet hat, bei der von der Beigeladenen nachgereichten Referenz der ###### handele es sich um die Referenz einer Bietergemeinschaft, ergibt sich aus den von dieser vorgelegten Unterlagen in Verbindung mit der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vom 18.7.2012, dass die Beigeladene sich zum Nachweis ihrer Eignung nur auf den von ihr im Rahmen der Bietergemeinschaft erbrachten Leistungsanteil berufen hat, so dass die Referenz als vergleichbar im Sinne der Vergabebekanntmachung anzusehen ist. 91 EuGH, Urteil vom 18.10.2012 – Rs. C-218/11 (Édukövízig) Zur ersten und zur zweiten Frage (…) Nach Art. 44 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/18 kann der öffentliche Auftraggeber Mindestanforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit gemäß Art. 47 dieser Richtlinie stellen. Dieser Artikel sieht in Abs. 1 Buchst. b vor, dass der öffentliche Auftraggeber von den Bewerbern und Bietern u. a. verlangen kann, die Leistungsfähigkeit durch Vorlage ihrer Bilanz nachzuweisen. Es ist jedoch festzustellen, dass Mindestanforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit nicht unter Bezugnahme auf die Bilanz im Allgemeinen festgelegt werden können. Die Befugnis aus Art. 44 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/18 kann daher, soweit es sich um Art. 47 Abs. 1 Buchst. b handelt, nur unter Bezugnahme auf ein oder mehrere bestimmte Elemente der Bilanz ausgeübt werden. Bei der Wahl dieser Elemente belässt Art. 47 der Richtlinie 2004/18 den öffentlichen Auftraggebern verhältnismäßig viel Freiheit. Im Gegensatz zu Art. 48 dieser Richtlinie, mit dem hinsichtlich der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit 164 ein geschlossenes System eingeführt wird, das die Bewertungs- und Prüfungsmethoden, über die diese Auftraggeber verfügen, und damit ihre Möglichkeiten zum Aufstellen von Anforderungen begrenzt (vgl. zu den entsprechenden Bestimmungen der der Richtlinie 2004/18 vorausgegangenen Richtlinien Urteil vom 10. Februar 1982, Transporoute et travaux, 76/81, Slg. 1982, 417, Randnrn. 8 bis 10 und 15), gestattet es Art. 47 Abs. 4 der Richtlinie 2004/18 den öffentlichen Auftraggebern ausdrücklich, zu bestimmen, welche Nachweise für ihre wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit die Bewerber oder Bieter vorzulegen haben. Da Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 auf deren Art. 47 Bezug nimmt, besteht die gleiche Wahlfreiheit auch bei der Bestimmung der Mindestanforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit. Die Wahlfreiheit ist jedoch nicht unbegrenzt. Nach Art. 44 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/18 müssen nämlich die Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen und ihm angemessen sein. Daraus folgt, dass die von einem öffentlichen Auftraggeber zur Festlegung von Mindestanforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit gewählten Elemente der Bilanz objektiv geeignet sein müssen, über diese Leistungsfähigkeit eines Wirtschaftsteilnehmers Auskunft zu geben, und dass die in dieser Weise festgelegte Schwelle der Bedeutung des betreffenden Auftrags in dem Sinne angepasst sein muss, dass sie objektiv einen konkreten Hinweis auf das Bestehen einer zur erfolgreichen Ausführung dieses Auftrags ausreichenden wirtschaftlichen und finanziellen Basis ermöglicht, ohne jedoch über das hierzu vernünftigerweise erforderliche Maß hinauszugehen. Da die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Jahresabschluss der Gesellschaften nicht vollständig harmonisiert worden sind, kann nicht ausgeschlossen werden, dass zwischen ihnen Unterschiede hinsichtlich eines bestimmten Elements der Bilanz bestehen, unter Bezugnahme auf das ein öffentlicher Auftraggeber Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit festgelegt hat. Es ist jedoch festzustellen, dass in die Richtlinie 2004/18, wie sich aus dem Wortlaut ihres Art. 47 Abs. 1 Buchst. b und c und 5 ergibt, auch der Gedanke eingeflossen ist, dass ein öffentlicher Auftraggeber auch dann berechtigt ist, einen Nachweis für die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bewerber oder Bieter zu verlangen, wenn nicht jeder potenzielle Bewerber oder Bieter zu seiner Erbringung objektiv in der Lage ist, sei es auch – im Fall des Abs. 1 Buchst. b – wegen unterschiedlicher Rechtsvorschriften. Eine solche Anforderung kann somit für sich genommen nicht als diskriminierend angesehen werden. Das Kriterium der Mindestanforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit kann infolgedessen grundsätzlich nicht allein deshalb außer Betracht bleiben, weil diesen Anforderungen durch Nachweise bezüglich eines Elements der Bilanz entsprochen werden muss, das in den Regelungen der einzelnen Mitgliedstaaten möglicherweise unterschiedlich ausgestaltet ist. 165 (…) Zur dritten Frage Die dritte Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob Art. 47 der Richtlinie 2004/18 dahin auszulegen ist, dass es, wenn ein Wirtschaftsteilnehmer wegen Unterschieden in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, in denen er bzw. der öffentliche Auftraggeber ansässig ist, einer Mindestanforderung an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit hinsichtlich eines Bilanzpostens nicht entsprechen kann, unter Bezugnahme auf den diese Mindestanforderung an die Leistungsfähigkeit festgelegt wurde, ausreicht, dass sich dieser Wirtschaftsteilnehmer im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels auf die Kapazitäten eines anderen Unternehmens stützen kann, oder ob ihm gestattet werden muss, den Nachweis seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Sinne von Abs. 5 dieses Artikels durch Vorlage jedes anderen geeigneten Belegs zu erbringen. In einem solchen Fall resultiert das Unvermögen einer Tochtergesellschaft, Mindestanforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit zu genügen, die unter Bezugnahme auf eine bestimmte Angabe in der Bilanz festgelegt wurden, letztlich nicht aus einer Divergenz der Rechtsvorschriften, sondern aus einer Entscheidung der Muttergesellschaft, aufgrund deren die Tochtergesellschaft verpflichtet ist, systematisch alle Gewinne an die Muttergesellschaft abzuführen. In einem solchen Kontext verfügt die Tochtergesellschaft nur über die in Art. 47 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 vorgesehene Möglichkeit, sich auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit eines anderen Unternehmens zu stützen, indem sie dessen Zusage vorlegt, ihr die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Es ist festzustellen, dass diese Möglichkeit einem solchen Kontext besonders gut angepasst ist, da die Muttergesellschaft auf diese Weise das von ihr verursachte Unvermögen ihrer Tochtergesellschaft, Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit zu entsprechen, selbst beheben kann. (…) 13. Tariftreue-/Mindestlohnbestimmungen 92 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 24.07.2012 – 11 Verg 6/12 (Reinigungsdienstleistungen) aa) Wie schon die Vergabekammer zu Recht festgestellt hat, ist die von dem Antragsgegner in den Verdingungsunterlagen unter Ziff. 8 der Ergänzung zur Angebotsaufforderung vorgenommene Verknüpfung von einem Mindeststundenverrechnungssatz und einem zwingendem Ausschluss eines Ange- 166 bots bei dessen Nichteinhaltung vergaberechtswidrig. Die Festlegung eines Automatismus, wonach ein Angebot bei Unterschreitung der vorgegebenen Mindestsätze ohne weitere Prüfung von der Wertung auszuschließen ist, führt einen eigenständigen Ausschlussgrund in das Vergabeverfahren ein, der in der VOL/A-EG in dieser Form nicht geregelt ist und den Bieter zudem in seiner Kalkulationsfreiheit beschränkt; beides ist vergaberechtswidrig [vgl. VK Bund, Beschl. v. 4.7.2011 – VK 2 – 61/11 – Rn. 79; Beschl. v. 27.12.2011 – VK 1 – 159/11 – Rn. 70; s. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.12.2010 – VII Verg 33/10 – Rn. 25]. Somit kommt es aus vergaberechtlichen Gründen nicht in Betracht, Bieter automatisch wegen des Unterschreitens einer pauschal vorgegebenen Kalkulationsschwelle bzw. Mindeststundenverrechnungssatzes im Sinn der Vergabeunterlagen auszuschließen. bb) Ist aber ein solcher Automatismus in Verbindung mit der Vorgabe einer Kalkulationsschwelle vergaberechtlich unzulässig, weil er die grundsätzliche Kalkulationsfreiheit der Bieter, die sich letztlich aus dem in § 97 Abs. 1 GWB ergebenden Wettbewerbsprinzip ergibt, beschränkt, so können auch nicht einzelne Bestandteile eines Angebots, wie hier ein Skonto, bei der Wertung unberücksichtigt bleiben, soweit hierdurch eine vom Antragsgegner vergaberechtswidrig festgesetzte Kalkulationsschwelle unterschritten wird. Aus der von der Antragstellerin angeführten Entscheidung des OLG Düsseldorf (Beschl. V. 25.04.2007, VII Verg 3/07) ergibt sich nichts anderes. Dort war ein Angebot ausgeschlossen worden, weil die Überprüfung der Kalkulation ergeben hatte, dass die Einhaltung der Mindestlöhne nicht gewährleistet ist. Eine solche Überprüfung war hier zugunsten eines – unzulässigen – Automatismus gerade nicht vorgesehen. c) Der Senat hat die Vergaberechtswidrigkeit der Vergabebedingungen insoweit von Amts wegen zu berücksichtigen, obwohl sich die Beigeladene nicht am Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren beteiligt und die Vergaberechtswidrigkeit nicht gerügt hat. Zwar ist der Vergabesenat nicht verpflichtet, von sich aus das Vergabeverfahren in jeder Hinsicht auf nicht geltend gemachte Verstöße zu untersuchen. In der Rechtsprechung der Vergabesenate ist jedoch auch anerkannt, dass in Ausnahmefällen die Verhandlung und Entscheidung auch Vergabeverstöße einbeziehen muss, die nicht gerügt worden sind. Das trifft insbesondere dann zu, wenn ein Zuschlag wegen offensichtlicher Intransparenz oder eines Diskriminierungspotentials der Vergabeunterlagen nicht vergaberechtskonform erteilt werden könnte (Wiese in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2. Aufl., § 120 Rn. 26). So liegt der Fall auch hier. Eine vergaberechtskonforme Wertung ist nur möglich, wenn die intransparente Klausel in Ziff. 8 durch eine von allen Bietern in gleicher Weise verständliche, wettbewerbskonforme Regelung ersetzt wird. 3. Das Angebot der Beigeladenen kann auch nicht mit dem angebotenen Skonto vergaberechtskonform gewertet und daraufhin überprüft werden, ob die Beige- 167 ladene trotz Unterschreitung des Mindestverrechnungssatzes die Gewähr für die Zahlung des Tariflohns bietet. a) Keinen vergaberechtlichen Bedenken begegnet es zwar, wenn ein Auftraggeber bereits in den Vergabeunterlagen Aufgreifschwellen angibt, bei deren Erreichen die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes im Rahmen der Angebotsaufklärung näher untersucht wird (VK Bund, Beschl. v. 27.12.2011 VK 1 – 159/11; Beschl. v. 10.6.2011, VK 3 – 56/11). Prüfungsmaßstab für einen daraufhin möglichen Angebotsausschluss muss indes bleiben, ob ein Bieter plausibel darlegen kann, dass er trotz Überschreitens der Aufgreifschwelle seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohnes nachkommen wird und nicht – wie hier – eine Preisvorgabe, bei der automatisch eine zum Angebotsausschluss führende Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohnes angenommen wird (VK Bund a.a.O.). b) Selbst wenn Ziff. 8 der Ergänzung zur Angebotsaufforderung – entgegen dem eindeutigen Wortlaut und dem eindeutigen Willen des Antragsgegners – als Bestimmung einer Aufgreifschwelle ausgelegt werden könnte, kommt eine Überprüfung des Angebots der Beigeladenen unter Berücksichtigung des angebotenen Skontos auf die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns im vorliegenden Fall nicht in Betracht, weil damit eine Ungleichbehandlung und Benachteiligung der anderen Bieter und insbesondere der Antragstellerin verbunden wäre. Würde die vorzunehmende Aufklärung ergeben, dass die Beigeladene trotz Unterschreitens der von dem Antragsgegner genannten Preisvorgabe so kalkuliert hat, dass sie dennoch die Gewähr für die Einhaltung des Mindestlohns bietet, hätte sie das günstigste Angebot abgegeben und wäre ihr der Zuschlag zu erteilen. Dadurch würden die anderen Bieter benachteiligt, die – wie die Antragstellerin – davon ausgegangen sind, dass sie die Preisvorgabe des Antragsgegners nicht – auch nicht durch Anbieten eines Skontos – unterschreiten dürfen, weil ihnen andernfalls der Ausschluss droht. Die Antragstellerin hat nachvollziehbar vorgetragen, sie habe so kalkuliert, dass sie die von dem Antragsgegner vorgegebene Preisvorgabe gerade einhalte und habe sich deswegen am Angebot eines Skontos gehindert gesehen (zu einer ähnlichen Konstellation vgl. VK Bund, Beschl. v. 4.7.2011, VK 2 – 61/11). Hätte die Antragstellerin dagegen davon ausgehen können, dass ihr Angebot jedenfalls nicht automatisch ausgeschlossen wird, wenn sie zusätzlich ein Skonto anbietet, so hätte dies ihre Zuschlagschancen erhöht. 4. Der Verstoß gegen § 97 Abs. 1 GWB i.V.m. § 2 Abs. 1 VOL/A verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB. Das vergaberechtliche Gebot der Transparenz in seiner Ausprägung als Gebot der Klarheit der Vergabeunterlagen ist bieterschützend (VK Bund a.a.O, m.w.N.). Stehen mehrere Angebote auf der Grundlage eines jeweils verschiedenen vertretbaren Auslegungsergebnisses miteinander im Wettbewerb, so kann dar- 168 aus eine dem Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechende Vergabeentscheidung nicht mehr abgeleitet werden (OLG Schleswig a.a.O.). Insbesondere kann der Vergabeverstoß – wie dargelegt – nicht dadurch beseitigt werden, dass das Angebot der Beigeladenen ausgeschlossen oder ohne Skonto gewertet wird. Da der Antragsgegner in seinem Aufforderungsschreiben eine in mehrfacher Hinsicht unklare und damit rechtswidrige Formulierung verwandt und die Antragstellerin damit in ihren Rechten verletzt hat, ist das Vergabeverfahren in das Stadium vor Versendung der Vergabeunterlagen zurückzuversetzen, um dem Antragsgegner Gelegenheit zu geben, die Vergabeunterlagen im Hinblick auf eine als solche gekennzeichnete Aufgreifschwelle neu zu gestalten und um andererseits allen Bietern Gelegenheit zu geben, Angebote auch unterhalb des Schwellenwertes abzugeben, ohne dadurch einen automatischen Ausschluss befürchten zu müssen. Dabei empfiehlt es sich gegebenenfalls klarzustellen, inwieweit Skonti bei der Prüfung der „Auskömmlichkeit“ eines Angebotes berücksichtigt werden. 14. Zulassung/Ausschluss von Nebenangeboten 93 VK Sachsen, Beschluss vom 05.03.2012 – 1/SVK/003-12 (Technisches Zentrum) Der Antrag der Antragstellerin ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB war festzustellen. Die von der Antragstellerin vorgetragenen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Wertungsvorganges greifen nur zum Teil. Die Vergabekammer hat nicht festgestellt, dass das Angebot der Beigeladenen wegen Unvollständigkeit der Nachunternehmererklärungen auszuschließen sei (a). Ebenso hat die Auftraggeberin in Übereinstimmung mit den vergaberechtlichen Vorschriften keine Auskömmlichkeitsprüfung durchgeführt (b). Auch der Ausschluss der Nebenangebote 2, 3, 5 und 6 begegnet keinen vergaberechtlichen Bedenken (c). Schließlich hat die Vergabekammer keine Vergaberechtsverstöße bei der Wertung der Angebote im nunmehr 3. Wertungsvorgang festgestellt (d). c) Kein fehlerhafter Ausschluss der Nebenangebote Der Ausschluss der Nebenangebote 2, 3, 5, und 6 erfolgte vergaberechtskonform. aa) Die Nebenangebote 2, 5 und 6 waren deshalb zwingend von der weiteren Wertung auszuschließen, weil sie sich auf Positionen bezogen haben, für die nach den Vergabeunterlagen keine Nebenangebote zugelassen waren. 169 Im Anwendungsbereich der Sektorenverordnung können nach § 8 Abs. 1 SektVO Nebenangebote zugelassen werden. Die muss nach § 8 Abs. 2 SektVO in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen angegeben werden. Fehlt eine entsprechende Angabe in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen, so sind nach § 8 Abs. 3 SektVO keine Angebote zugelassen. Zwar war hier in der europaweiten Bekanntmachung des gegenständlichen Auftrages vom 02.11.2011 noch angegeben, dass Nebenangebote nicht zugelassen werden sollen. Dies wurde allerdings von der Auftraggeberin mit neuerlicher europaweiter Vergabebekanntmachung vom 10.11.2011 dahingehend geändert, dass Varianten nun zulässig sein sollten. In den Vergabeunterlagen war die Möglichkeit der Abgabe von Nebenangeboten weiter eingeschränkt. In der Aufforderung zur Angebotsabgabe (Formblatt 211EG) war dazu festgelegt, dass Nebenangebote zu Los 3 nur für Zimmerer- und Dachabdichtungsarbeiten: Titel 02, Untertitel 1 bis 3 und 5 bis 6 zugelassen werden. Eine solche Einschränkung ist grundsätzlich zulässig. Der Auftraggeber kann durch eindeutige Formulierungen in den Vergabeunterlagen klarstellen, dass bestimmte Festlegungen des Leistungsverzeichnisses verbindlich sind und Nebenangebote hierzu nicht zugelassen werden. Die Festlegung im Formblatt 211EG der Aufforderung zur Angebotsabgabe war auch nicht deswegen „überholt“, weil die zweite Bekanntmachung, in der Nebenangebote erst zugelassen worden waren, der Versendung der Vergabeunterlagen zeitlich nachfolgte. Die Auftraggeberin hätte, wenn die Auffassung der Antragstellerin richtig wäre, dann auch die Vergabeunterlagen selbst ändern müssen, damit es nicht zu einem inhaltlichen Dissens zwischen Bekanntmachung und Vergabeunterlagen kommt. Dies ist jedoch nicht erfolgt. Zudem ist es im Anwendungsbereich der Sektorenrichtlinie möglich, Nebenangebote erst in den Vergabeunterlagen zuzulassen. Die Sektorenkoordinierungsrichtlinie 2004/17/EG schreibt in Art. 36 Abs. 1 Unterabsatz 2 vor, dass der Sektorenauftraggeber in den Spezifikationen angeben muss, ob er Nebenangebote zulässt. Da die Spezifikationen gemäß Art. 34 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG auch (noch) in den Auftragsunterlagen bekannt gegeben werden können, müssen Nebenangebote im Sektorenbereich also nicht bereits in der Bekanntmachung zugelassen werden. Damit war die Beschränkung der Zulassung von Nebenangeboten nur für bestimmte Positionen des Leistungsverzeichnisses wirksam. Nebenangebote, die sich auf andere Positionen beziehen müssen zwingend von der weiteren Wertung ausgeschlossen werden und dürfen nicht mehr berücksichtigt werden. Im Anwendungsbereich der SektVO existiert dazu zwar keine ausdrückliche Regelung, wie dies etwa in der VOL/A und VOB/A der Fall ist. Allerdings ergibt sich dies aus den übergeordneten Gründen der Gleichbehandlung und der Transparenz aus Art. 10 Richtlinie 2004/17/EG und § 97 Abs. 1 GWB. 170 94 BGH, Beschluss vom 23.01.2013 – X ZB 8/11 (Briefdienstleistungen) 2. Ob der Nachprüfungsantrag bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses begründet oder unbegründet war, kann nicht mit der gebotenen Sicherheit beurteilt werden. b) Bedenken begegnet demgegenüber die Annahme des Beschwerdegerichts, die Vergabestelle hätte bei richtlinienkonformem Verständnis der einschlägigen vergaberechtlichen Bestimmungen des nationalen Rechts Nebenangebote nicht zulassen dürfen, weil als einziges Wertungskriterium der Preis vorgesehen war. Das Oberlandesgericht leitet diese Auffassung daraus her, dass die Erteilung des Zuschlags nach Art. 53 VKR entweder ausschließlich nach dem Kriterium des niedrigsten Preises oder auf das gemäß verschiedener, festgelegter Kriterien (Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik etc.) wirtschaftlich günstigste Angebot erfolge, während Art. 24 Abs. 1 VKR so zu verstehen sei, dass Varianten lediglich bei Aufträgen, die nach dem Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebots vergeben werden, zugelassen werden dürften, woraus sich im Umkehrschluss ergebe, dass Varianten bei Vergabe allein nach dem Kriterium des niedrigsten Preises nicht zugelassen seien. aa) Keiner abschließenden Beurteilung bedarf in diesem Zusammenhang allerdings, ob die nach dem Konzept der Vergabeunterlagen im Streitfall ermöglichten modifizierten Angebote Nebenangebote im Sinne der Vergabe und Vertragsordnung für Leistungen waren, was der Vergabesenat im Gegensatz zur Vergabekammer bejaht. Dafür spricht, dass rabattierte abweichende Vorsortierungen zwar eine Mitwirkung der Antragsgegnerin erforderten, aber nicht von dieser vorgegeben, sondern von den Bietern konzipiert wurden. Eine solche Modifikation des Hauptangebots war jedenfalls als Variante im Sinne von Art. 24 Abs. 1 VKR zuzulassen. bb) Dem vorlegenden Oberlandesgericht ist auch zuzugeben, dass das Ergebnis seiner grammatikalischen und systematischen Auslegung der herangezogenen Richtlinienbestimmungen eine praktikable und vorhersehbare Anwendung der einschlägigen Regelungen des Gemeinschaftsrechts ermöglicht. Gleichwohl erscheint fraglich, ob diesem Ergebnis unter Einbeziehung der – in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorrangigen -teleologischen Auslegung der Vorzug gegeben werden muss. Zweifelhaft erscheint das deshalb, weil die Anwendung des so verstandenen Gemeinschaftsrechts vergaberechtliche Restriktionen mit sich bringt, die einer kostengünstigen Beschaffung im Wettbewerb abträglich sein können, ohne dass gleich oder höher zu bewertende gegenläufige Bieterinteressen diese erforderten, wie anhand des Gegenstands des vorliegenden Vergabever- 171 fahrens veranschaulicht werden kann. Bei der hier nachgefragten Abholung der auf eine bestimmte Art und Weise bereitgestellten (vorsortierten) Briefsendungen und ihrer Zustellung handelt es sich um in massenhafter Wiederkehr zu erbringende homogene Dienstleistungen, bei denen die von den einzelnen Bietern angebotenen Ausführungen sich dementsprechend nicht unterschieden und die vorgesehene Wertung allein anhand des Preises deshalb sachgerecht war. Zugleich erscheint es als im Interesse wirtschaftlicher Mittelverwendung berechtigtes Anliegen der Vergabestelle, den Bietern nach Maßgabe festgelegter Mindestvoraussetzungen zu gestatten, Varianten anzubieten. Diese konnten sich nach der Beschaffenheit des Vergabegegenstands im Streitfall vom Hauptangebot im Wesentlichen nur in der Abholung der Sendungen bei modifizierter Vorsortierung unterscheiden, was die Vergabebedingungen auch vorsahen. Dass das Gemeinschaftsrecht der Zulassung von Varianten dann entgegensteht, wenn das Hauptangebot allein nach dem Preis zu werten ist, insbesondere, wenn die Beschränkung auf dieses Wertungskriterium nach der Beschaffenheit des Vergabegegenstands, wie im Streitfall, sachgerecht ist, erscheint deshalb nicht zwingend. Offen erscheint ferner, ob Varianten, wenn sie unter diesen Voraussetzungen zugelassen werden, ebenfalls strikt nur unter dem Gesichtspunkt des niedrigsten Preises gewertet werden dürfen. Denn insoweit ist zu bedenken, dass die von den einzelnen Bietern angebotenen Varianten die Mindestbedingungen auf verschiedene Weise und in unterschiedlichem Maße erfüllen können. Diese Unterschiede müssten aber ausgeblendet werden, wenn in solchen Fällen gleichwohl nur der günstigste Preis entscheidend sein soll, was mit dem Gebot einer wirtschaftlichen Beschaffung schwerlich vereinbar erscheint. Ob es in solchen Fällen mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts vereinbar wäre, Hauptangebote nach dem günstigsten Preis zu werten und für die Wertung von Nebenangeboten zusätzliche Wertungskriterien zu definieren, oder ob sich aus dem Umstand, dass für Letztere ohnehin Mindestbedingungen festgelegt werden müssen, ergibt, dass die unterschiedliche Ausgestaltung dieser Mindestbedingungen in den einzelnen angebotenen Varianten auftraggeberseitig auch ohne zusätzliche Wertungskriterien berücksichtigt werden darf, lässt sich den Regelungen des Gemeinschaftsrechts ebenfalls nicht zweifelsfrei entnehmen. Der Senat hätte deshalb vor der Entscheidung des Streitfalls in der Hauptsache den Gerichtshof der Europäischen Union um eine Vorabentscheidung (Art. 267 Abs. 3 AEUV) ersucht. Für die hier nur noch zu treffende Kostenentscheidung ist der Ausgang des Verfahrens demnach als offen zu betrachten. Es entspricht daher der Billigkeit, die Hälfte der Gerichtskosten der Antragstellerin aufzuerlegen und mit der anderen Hälfte die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu belasten. Eine Beteiligung der Beigeladenen an der Kostenlast erscheint billig, weil sie sich mit Anträgen am erst und zweitinstanzlichen Nachprüfungsverfahren beteiligt und als für die Zuschlagserteilung vorgesehenes Unternehmen ein erhebliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hat. 172 15. Beteiligung von Projektanten am Vergabeverfahren 95 OLG Bremen, Beschluss vom 09.10.2012 – Verg 1/12 (Datenverarbeitung im Bereich Fahrgastinformation) Ein Ausschluss der Beigeladenen folgt zudem nicht daraus, dass sie als Vertreterin des ### Mitglied des ### ist. § 6 Abs. 7 VOL/A schreibt für unterschwellige Dienstleistungen vor, dass bei einem Bieter oder Bewerber, der den Auftraggeber vor Einleitung des Vergabeverfahrens beraten oder sonst unterstützt hat, sicherzustellen ist, dass der Wettbewerb durch dessen Teilnahme nicht verfälscht wird. Das beruht auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes („Fabricom“, Urt. v. 11.11.2004, C-21/03; C-34/03, BeckRS 2005, 70162), dass auch derjenige, der mit Forschungs-, Erprobungs-, Planungs- oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betraut war, nicht von vornherein von der Beteiligung an der Ausschreibung dieser Leistungen ausgeschlossen werden darf. Der Gleichbehandlungsgrundsatz erfordert vielmehr, Ihm die Möglichkeit zu geben zu beweisen, dass nach den Umständen des Einzelfalls die von ihm erworbene Erfahrung den Wettbewerb nicht hat verfälschen können. Dabei hat der vorliegende Fall die Besonderheit, dass zu den nach der maßgeblichen Ausschreibung zu erbringenden Leistungen auch gehört, den ### in der Weiterentwicklung des ### zu unterstützen. Die Beigeladene hat somit – unabhängig von ihrer Tätigkeit im ### – in den letzten fünf Jahren bereits im Rahmen der Vertragserfüllung umfangreiche Planungs- und Entwicklungsarbeiten geleistet. Damit hatte sie allein durch die Beauftragung und Durchführung mit dieser „Unterstützungstätigkeit“ eine Nähe zum „###“-Projekt und eine Vertrautheit mit den zu lösenden Problemen erlangt, die ihr auch ohne Einbindung in den ### als Vertreterin des ### umfangreiche Informationen über das Projekt verschafft hätten. Dass ein Wettbewerber, der – wie hier die Beigeladene -bei der vorangegangenen Ausschreibung den Zuschlag erhalten hat, das durch die Leistungserbringung erworbene zusätzliche Know-how bei der nachfolgenden Ausschreibung nutzen kann, liegt aber in der Natur der Sache. Wer die ausgeschriebene Dienstleistung bereits bislang durchgeführt hat, ist nahezu zwangsläufig besser mit der Materie vertraut als Außenstehende, die die für das Angebot und die Kalkulation wesentlichen Informationen den Angebotsunterlagen und eigenen Erfahrungswerten entnehmen müssen. Dies gilt insbesondere für einen Vertrag der vorliegenden Art, bei dem der Dienstleister fortlaufend an einer Programmentwicklung mitwirkt. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass bei Verträgen dieser Art die Vergabestelle zur Wahrung der Chancengleichheit gezwungen wäre, den bisherigen Dienstleister aus der Ausschreibung auszuschließen. Dies wäre weder damit zu vereinbaren, dass auch dieser Dienstleister Anspruch auf Gleichbehandlung bei der Auftragsvergabe hat, noch entspräche es den berechtigten Interessen der Vergabestelle, von Ausschreibung zu 173 Ausschreibung bei Dienstleistungen der vorliegenden Art zu einem Wechsel des Vertragspartners gezwungen zu werden (siehe auch OLG Naumburg, Beschluss vom 05.12.2008, 1 Verg 9/08, BeckRS 2009, 02589, zu II. 3.2.1). 96 OLG München, Beschluss vom 11.04.2013 – Verg 2/13 (Neubau Portalklinik Campus Innenstadt) Der Antragsgegner, vertreten durch das zuständige Staatliche Bauamt, schrieb europaweit den Wettbewerb zur Planung eines Neubaus einer Portalklinik auf dem Campus Innenstadt in M. aus. Unter Ziffer IV.5.4 der europaweiten Bekanntmachung hieß es, dass die Entscheidung des Preisgerichts für den öffentlichen Auftraggeber nicht bindend sei; unter Ziffer IV.5.5 waren die Namen von zehn ausgewählten Preisrichter vermerkt, darunter Dr. Michael L. II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet. Vorbemerkung: Der Senat geht von folgendem Sachverhalt aus: In der europaweiten Bekanntmachung war als einer der Preisrichter Dr. Michael L. genannt. Bereits mit Übersendung seines Teilnahmeantrages war es dem Mitgeschäftsführer der Antragstellerin Stefan L. bekannt, dass sein Bruder Mitglied des Preisgerichts war. Nach Abgabe des Teilnahmeantrages der Antragstellerin oder spätestens mit dem Schreiben vom 25.6.2012, in welchem die Antragstellerin zur Abgabe eines Wettbewerbsbeitrages eingeladen wurde, war es im Staatlichen Bauamt bekannt, dass verwandtschaftliche Beziehungen zwischen dem Preisrichter Dr. Michael L. und dem Mitgeschäftsführer der Antragstellerin Stefan L. bestanden. Nach dem Colloquium vom 20.7.2012 war es auch dem Preisrichter Dr. Michael L. bekannt, dass sich das Architekturbüro seines Bruders am Wettbewerb beteiligen würde. Bis zur Öffnung der Umschläge sahen weder die Antragstellerin noch der Antragsgegner noch der Preisrichter Dr. Michael L. in dieser Konstellation ein Problem. Dieser Sachverhalt hat sich aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ergeben. So hat der Mitgeschäftsführer der Antragstellerin, Stefan L. in der mündlichen Verhandlung vom 11.3.2013 bei seiner Anhörung glaubhaft erklärt, er sei nach der Aufforderung zur Teilnahme davon ausgegangen, dass keine Einwände gegen seine Teilnahme bestehen würden, da ja seit der europaweiten Bekanntmachung klar gewesen sei, dass sein Bruder Dr. Michael L. im Preisgericht war. in der Krankenhausbranche sei bekannt, dass die zwei Architekturbüros von zwei Brüdern geleitet würden. Die Antrag- 174 stellerin selbst hatte nach ihren Angaben keinen Zweifel, dass die verwandtschaftliche Konstellation vom Antragsgegner geprüft und nicht beanstandet worden war. Der Zeuge Dr. Michael L. ging gleichfalls davon aus, dass das Verwandtschaftsverhältnis allen Architekten im Preisgericht und auch dem Auslober bekannt gewesen sei. Es gebe etwa 10 bis 15 Architekturbüros, die sich speziell auf dem Krankenhaussektor in dieser Größenordnung bewegen .Er habe nach dem Colloquium die Preisrichter nicht auf das verwandtschaftliche Verhältnis hingewiesen, weil er von einer Prüfung dieser Konstellation durch den Antragsgegner ausgegangen sei. Demgegenüber erscheint es dem Senat nicht glaubhaft, dass es dem Staatlichen Bauamt bei der auffälligen Namensgleichheit und der Spezialisierung der Abteilung des Bauamts auf Universitätsbauten und Kliniken nicht bekannt gewesen sein soll, dass es sich hier um Verwandte gehandelt hat, die beide Architekturbüros auf dem speziellen Krankenhaussektor betreiben. Der Name L. gehört zu den nicht häufigen Nachnamen in Deutschland, hinzu kommt, dass es auf dem nicht großen Gebiet der Krankenhausplanung nicht allzu viele auf diesen Sektor spezialisierte Architekturbüros gibt. So hat der Zeuge P., der Leiter des Staatlichen Bauamts, bekundet, dass es in Architektenkreisen und speziell auch im Krankrenhaussektor bekannt sei, dass die beiden Brüder L. Architekturbüros in diesem Sektor betreiben und dass dies auch den Mitarbeitern des Bauamtes, soweit sie Architekten sind, bekannt sei. Auch dem Zeugen A. vom Staatlichen Bauamt ist bei der Prüfung der Teilnahmeanträge die Namensgleichheit aufgefallen. Der Zeuge A. fügte hinzu, er habe zwar an die Möglichkeit einer verwandtschaftlichen Beziehung gedacht, darin jedoch kein Problem gesehen. Auch der Zeuge P., der Leiter des staatlichen Bauamts, hat bei seiner Aussage nach wie vor die Auffassung vertreten, dass der Architektenwettbewerb ordnungsgemäß abgelaufen sei. Aus der Zusammenschau dieser Aussagen ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass den Beteiligten die Tatsache bekannt war, dass Stefan L. und Dr. Michael L. Brüder sind, welche beide Architekturbüros mit dem Spezialgebiet Krankenhausplanung betreiben. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet; die Antragstellerin ist zu Unrecht vom weiteren Verfahren ausgeschlossen worden. Zwar ist es vergaberechtlich bedenklich, dass der Bruder des Mitgeschäftsführers der Antragstellerin Mitglied des Preisgerichts war, doch ergibt sich daraus kein Grund, die Antragstellerin vom weiteren Verfahren auszuschließen. Weder war die Antragstellerin dazu verpflichtet, auf das Verwandtschaftsverhältnis und damit auf § 16 VgV hinzuweisen noch können die Vorschrift des § 16 Abs. 2 VOF oder des § 4 Abs. 2 RPW im konkreten Fall Grundlage für einen Ausschluss der Antragstellerin sein. a) Die vorrangig zu prüfende Vorschrift für die vorliegende Fallkonstellation ist § 16 VgV als ranghöchste Norm. 175 Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 VgV dürfen grundsätzlich als voreingenommen geltende natürliche Personen als Beauftragte eines Auftraggebers bei Entscheidungen in einem Vergabeverfahren nicht mitwirken, wenn ein Bieter oder Bewerber Angehöriger einer solchen Person ist, Beauftragte eines Auftraggebers sind nicht nur dessen Mitarbeiter, sondern auch Berater oder Ingenieure oder allgemein aufgrund vertraglicher Beziehung im Lager des Auftraggebers bzw. in einem Näheverhältnis zum öffentlichen Auftraggeber stehende Personen (Greb in Ziekow/Völlink Vergaberecht § 16 VgV Rn. 13). Da Sinn und Zweck der Vorschrift die Verhinderung einer Wettbewerbsverzerrung oder unzulässigen Wettbewerbsbeeinträchtigung ist, ist der Begriff des Beauftragten des öffentlichen Auftraggebers insgesamt nicht zu eng auszulegen: er umfasst daher auch das vom Auftraggeber ausgewählte und bestimmte Preisgericht. Aus dem gleichen Grund kann auch der Begriff des Angehörigen in Abs. 2 nicht zu eng ausgelegt werden: Es genügt, wenn der Angehörige – hier der Bruder – ein Organ oder Vertreter einer juristischen Person ist, welche sich am Ausschreibungsverfahren beteiligt. Sonst könnte die Vorschrift leicht durch die Zwischenschaltung einer juristischen Person – wie z.B. bei einer Einmann – GmbH – umgangen werden. Danach hätte Dr. Michael L. grundsätzlich nicht als Preisrichter an der Auswahl der Preisträger teilnehmen dürfen, weil er Bruder des Mitgeschäftsführers der Antragstellerin ist. Dennoch kann dieser Mangel bzw. der fehlende Hinweis der Antragstellerin auf diese Besetzung nicht zu einem Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin führen. Zum einen ist dieser Mangel von niemandem gerügt worden. Wie bereits ausgeführt, bestand für die Antragstellerin schon keine Rügepflicht. Es bestand für sie auch keine darüber hinausgehende Hinweispflicht aus dem zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem Teilnehmer bestehenden vorvertraglichen Schuldverhältnis nach § 311 BGB. Im vorvertraglichen Schuldverhältnis bestehen gegenseitige Rücksichtnahmepflichten, um den Vertragspartner vor Schäden zu bewahren. Es ist schon fraglich, ob und in welchem Ausmaß bei öffentlichen Ausschreibungen dem Bieter über die Rügepflicht hinaus überhaupt derartige Hinweispflichten obliegen sollen, ohne dass das Gefüge der widerstreitenden Interessen zwischen zwei potentiellen Vertragspartnern zu sehr aus den Angeln gehoben wird (vgl. hierzu bereits OLG München vom 4.4.2013 – Verg 4/13). Das wird hier besonders deutlich, weil die korrekte Zusammensetzung des Preisgerichts ureigenste Aufgabe des öffentlichen Auftraggebers ist, der das mit einer Fehlbesetzung einhergehende Risiko nicht allein und einseitig auf den Bieter abwälzen kann. Weiter könnte dem Antragsgegner durch den fehlenden Hinweis nur dadurch ein Schaden entstehen, dass ein dritter Teilnehmer einen Nachprüfungsantrag mit den entsprechenden finanziellen Folgen stellen könnte. Das würde aber wiederum bedeuten, dass der Teilnehmer mit seinem Hinweis in erster Linie zugunsten seiner Mitwettbewerber handelt, wozu er keinesfalls verpflichtet ist. Doch können diese Überlegungen letztlich dahinstehen: nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war den Beteiligten das Verwandtschaftsverhältnis bekannt; ein Hinweis war daher schon aus diesem Grund nicht erforderlich. 176 Die mögliche Fehlbesetzung des Preisgerichts ist auch kein derart schwer wiegender Vergaberechtsfehler, dass er von Amts wegen von den Nachprüfungsinstanzen berücksichtigt werden muss. Zwar postuliert § 110 Abs. 1 GWB den Untersuchungsgrundsatz, wonach der Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen ist Doch entspricht es herrschender Meinung und Rechtsprechung, dass die Amtsermittlung nur im Rahmen der gestellten Anträge gilt, weil das Nachprüfungsverfahren als Antragsverfahren und nicht als allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle ausgestaltet ist und der Bieter darüber disponieren kann, welche Vergaberechtsfehler er überprüft wissen will (vgl. hierzu Dicks in Ziekow/Völlink § 110 GWB Rn. 6 ff; OLG München vom 9.8.2010 – Verg 13/10). Ausnahmen werden nur für besonders gravierende Verstöße eingeräumt, wie wenn z.B. der öffentliche Auftraggeber die Vergabeentscheidung gar nicht selbst getroffen hat (OLG München vom 29.9.2009 – Verg 12/09 und vom 10.12.2009 Verg 16/09). b) Ein Ausschlussgrund nach § 16 Abs. 2 Satz 2 VOF für die Antragstellerin besteht nicht. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 VOF sind von der Teilnahme an Wettbewerben Personen ausgeschlossen, die infolge ihrer Beteiligung an der Auslobung oder Durchführung des Wettbewerbs bevorzugt sein oder Einfluss auf die Entscheidung des Preisgerichts nehmen können. Nach Satz 2 gilt das Gleiche für Personen, die sich durch Angehörige oder ihnen wirtschaftlich verbundene Personen einen entsprechenden Vorteil oder Einfluss verschaffen können. Nach dem Wortlaut von § 16 Abs. 1 und Abs. 2 VOF wird nicht zwischen natürlichen und juristischen Personen differenziert, welche ausgeschlossen sein sollen. Dies liegt nach dem Sinn der Vorschrift auch auf der Hand: verhindert werden soll – wie bei § 16 VgV – die wettbewerbsverzerrende Einflussnahme auf das Preisgericht. Es kann dabei keine Rolle spielen, ob eine solche Einflussnahme durch natürliche oder juristische Personen geschieht. In Betracht kommt hier nur die Alternative des Satzes 2. Der Begriff „Angehörige“ ist hier – wie bei § 16 VgV – dahingehend auszulegen, dass ein Verwandtschaftsverhältnis auch zwischen einem Organ oder Vertreter einer juristischen Person und einer natürlichen Person bestehen kann. Zwar beschreibt der Begriff „Angehörige“ dem Wortlaut nach nur natürliche Personen, doch ergibt sich aus Sinn und Zweck der Vorschrift, die Beeinflussung eines Vergabeverfahrens durch voreingenommene Personen zu verhindern und so eine Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden, dass sich das Angehörigenverhältnis auch auf Geschäftsführer oder sonstige Vertreter oder Bevollmächtigte juristischer Personen beziehen muss. Sonst könnte durch eine Zwischenschaltung juristischer Personen die Wettbewerbsbeeinflussung leicht umgangen werden. Doch ist § 16 Abs. 2 VOF europarechtskonform auszulegen. Hier ist zunächst festzustellen, dass § 16 Abs. 2 Satz 1 VOF eigentlich die sogenannte Projektantenproblematik regeln will (vgl. Weyand Vergaberecht 4.Aufl. § 16 VOF Rn. 7). Es sollte verhindert werden, dass solche Personen, die durch ihre Beteiligung an der 177 Auslobung oder der Durchführung des Wettbewerbs durch ihren Wissensvorsprung bei der Ausarbeitung der Angebote bevorzugt sind oder Einfluss auf die Entscheidung des Preisgerichts nehmen können, diesen Wissensvorsprung unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungs- oder Wettbewerbsgrundsatz zu Lasten der anderen Bieter ausnützen können und dadurch eine Wettbewerbsverzerrung eintritt. Satz 2 hat diese Alternativen auf die Angehörigen ausgeweitet, um eine Bevorzugung oder Beeinflussung über den Umweg über Angehörige zu verhindern. Würde man nun Satz 2 im streng wörtlichen Sinn anwenden, würde dies bedeuten, dass der öffentliche Auftraggeber durch die Besetzung des Preisgerichts die Bestimmung der Teilnehmer steuern könnte. Denn solche Bieter, die Angehörige oder wirtschaftlich mit ihnen verbundene Personen im Preisgericht sitzen hätten, könnten keinen Wettbewerbsbeitrag einreichen. Dies würde einen nicht hinnehmbaren Eingriff in ihre Wettbewerbsposition und ihre Berufsausübungsfreiheit darstellen. So hat der EuGH auch bereits mehrfach entschieden, dass bei der Teilnahme von Projektanten diese nicht zwangsläufig vom Verfahren auszuschließen sind, sondern ihnen die Gelegenheit gegeben werden muss, darzulegen, dass eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs trotz der Vorbefasstheit nicht eingetreten ist (EuGH vom 3.3.2005 – C- 21/03). Da Satz 2 die Regelung des Satzes 1 nicht verschärfen, sondern lediglich auf Angehörige übertragen wollte, liegt es nahe, die Rechtsprechung des EuGH auch auf die Angehörigen zu übertragen. Auch in dieser Konstellation ist daher dem betroffenen Teilnehmer oder Bieter der Nachweis zu ermöglichen, dass sich die Fallkonstellation nicht auf den Wettbewerb ausgewirkt hat. Dieser Nachweis ist der Antragstellerin gelungen. Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Senats ergeben, dass sich die Mitwirkung des Preisrichters Dr. Michael L. nicht wettbewerbsverfälschend auf die Entscheidung des Preisgerichts ausgewirkt hat. Zunächst sind alle Beteiligten trotz Kenntnis des Verwandtschaftsverhältnisses davon ausgegangen, dass der Wettbewerb ordnungsgemäß vonstatten geht. Die Wettbewerbsarbeiten sind anonym und ohne handschriftliche Zusätze dem Preisgericht präsentiert worden. Weder der Preisrichter Dr. Michael L. noch der Preisrichter P. haben den Verfasser des Entwurfs der Antragstellerin erkannt. Der Zeuge P. hat ausgesagt, dass er nach wie vor das Vorgehen für korrekt halte. Die beiden Brüder haben glaubhaft bekundet, dass sie keinen größeren Kontakt pflegen, da es infolge einer Streitigkeit auf dem beruflichen Sektor zwischen ihnen zu einem Zerwürfnis gekommen und zu einer Reduzierung auch der privaten Kontakte gekommen ist. Der Senat hat anhand der Vergabeakten keinen Anhaltspunkt dafür gefunden, dass Dr. Michael L. in irgendeiner Art und Weise den Entwurf seines Bruders bevorzugt oder benachteiligt hätte. Der Entwurf wurde auch nicht von ihm vorgestellt. Zudem hat sich der Vorsitzende des Preisrichters bei allen Preisrichtern zu Beginn der Sitzung versichern lassen, dass diese keinen Meinungsaustausch mit Wettbewerbsteilnehmern über deren Wettbewerbsarbeiten geführt haben und führen werden, sie keine Kenntnis über die Wettbewerbsarbeiten erhalten haben, die Anonymität der Wett- 178 bewerbsarbeiten aus ihrer Sicht gewährleistet sei und sie es unterlassen werden, Vermutungen über den Verfasser einer Arbeit zu äußern. Anhaltspunkte dafür, dass Dr. Michael L. hier unzutreffende Angaben gemacht hat, liegen nicht vor. Das Preisgericht selbst hat nach der Öffnung der Umschläge zunächst auch keine Veranlassung zu einer Korrektur der Entscheidung gesehen. c) Die Antragstellerin konnte auch nicht nach § 4 Abs. 2 RPW 2008 ausgeschlossen werden. Abgesehen davon, dass die RPW nur Richtlinien für Planungswettbewerbe und keine gesetzlichen Vorschriften, Rechtsverordnungen oder Vertragsordnungen darstellen, gelten für § 4 Abs. 2 RPW, der wörtlich mit § 16 Abs. 2 VOF identisch ist, die gleichen Überlegungen. 179 V. AUSLEGUNG DER LEISTUNGSBESCHREIBUNG/HINWEISPFLICHTEN/ ABGABE DER ANGEBOTE 97 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.02.2012 – 1 VK 07/11 (Neubau Kläranlage Lubmin) Erkennt der Bieter, dass die Leistungsbeschreibung widersprüchlich, unverständlich oder in sich nicht schlüssig ist, so ist er zwar gehalten, die Zweifelsfragen vor Abgabe des Angebotes zu klären (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.04.2010, Az.: VII-Verg 60/09; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 23.12.2005, Az.: 11 Verg 13/05; Schleswig- Holsteinisches OLG, Beschluss vom 15.04.2011, Az.: 1 Verg 10/10). Im konkreten Fall kommt hinzu, dass die Bewerbungsbedingungen ausdrücklich eine Hinweispflicht enthalten. Unterlässt es der Bieter, sich an den Auftraggeber zu wenden, so führt dies aber lediglich dazu, dass der Bieter die versäumte Sachaufklärung gegen sich gelten lassen muss (BayObLG, Beschluss vom 22.06.2004, Az.: Verg 013/04). Das bedeutet(lediglich), dass er mit seinem Angebot so zu werten ist, wie es bei Submission vorliegt 1. VK Sachsen, Beschluss vom 17.07.2002, Az.: 1/SVK/069-02). Bei Submission lag das Angebot der Antragstellerin mit dem Hauptangebot und u. a. einem die Sandrutschen betreffenden „Nebenangebot“ vor. Diese Angebotslage ist nach dem Gesagten maßgeblich. 98 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 – Verg 9/12 (Nachforderung Erklärungen) Die Beigeladene hat das Formblatt „Bewerbergemeinschaftserklärung“ ausgefüllt. Auch wenn man davon ausgeht, dass das Formblatt „rechtsverbindlich“ zu unterzeichnen war (eine solche Anforderung stellt das Formblatt jedenfalls nicht ausdrücklich auf), so ist auch diese Anforderung erfüllt; das Formblatt ist von jeweils einem Vertreter der beiden Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft unterzeichnet. Eine Anforderung, wonach eine Unterschriftsleistung nur durch Vertreter statthaft war, die nach dem Inhalt des Handelsregisters zur Vertretung befugt waren, lag nicht vor; vielmehr konnte sich ihre Vertretungsmacht auch aus anderen Umständen ergeben (OLG Naumburg, NZBau 2008, 788; Vavra, in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOB/A, § 13 Rdnr. 4; Dittmann, in Kulartz/ Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 16 EG Rdnrn. 18 ff.). Aus diesem Grunde ist unerheblich, dass die Erklärung von einem Geschäftsführer der A... GmbH unterzeichnet wurde, der nach dem Handelsregister nur zusammen mit einem weiteren Geschäftsführer oder Prokuristen vertretungsbefugt war; jedenfalls 180 war er im konkreten Fall vertretungsbefugt, wie sich bereits aus dem – von einem Geschäftsführer und einem Prokuristen unterzeichneten – Begleitschreiben ergab. Auch die Art der Beantwortung der Frage zum bevollmächtigten Vertreter der Bietergemeinschaft durch die Beigeladene berechtigte nicht zu deren Ausschluss. § 22 SektVO sieht – im Gegensatz zu § 21 Nr. 4 S. 1 VOL/A 2006, § 13 Abs. 6 S. 1 VOL/A 2009, § 16 Abs. 6 S. 1 EG VOL/A – eine Verpflichtung zur Mitteilung des bevollmächtigten Mitglieds nicht vor. Unabhängig davon war nach der gewählten Fragestellung durch die Abweichung von der Formulierung in § 21 Nr. 4 S. 1 VOL/A 2006, § 13 Abs. 6 S.1 VOL/A 2009 unklar, ob das bevollmächtigte Mitglied der Bietergemeinschaft (in diesem Falle also die A... GmbH) oder bestimmte natürliche Personen zu benennen waren. Schließlich hätten unterlassene oder unklare Angaben dazu im Teilnahmeantrag oder im Angebot keine Wirkungen (vgl. § 21 Nr. 4 S. 2 VOL/A 2006, § 13 Abs. 6 S. 2 VOL/A 2009, § 16 Abs. 6 S. 2 EG VOL/A). Dass die „Bewerberinformationen“ zwingend mit dem Teilnahmeantrag unterschrieben einzureichen waren, ergibt sich weder aus der EU-Bekanntmachung noch aus den „Bewerberinformationen“. In der EU-Bekanntmachung war unter VI.3. lediglich von einem Formblatt für die Eigenerklärungen und Angaben unter III.2. die Rede, nicht dagegen von der Benutzung eines Formblatts für den Teilnahmeantrag selbst. Die „Bewerberinformationen“ dienten „zur ersten Interessenteninformation“ und verwiesen auf bestimmte Anforderungen an den Teilnahmeantrag, sollten also nicht der Teilnahmeantrag selbst sein. Von einem Formblattzwang war lediglich unter 4. („Bewerbergemeinschaften“) die Rede, insoweit lag ein gesondertes Formblatt bei. Im Übrigen war lediglich davon die Rede, dass der Bewerber bestimmte Eigenerklärungen vorlegen sollten, für die kein Formblatt beigefügt war und die auch in den „Bewerberinformationen“ nicht enthalten waren. Auch 6. konnte lediglich als Vorschlag für die Formulierung einer Eigenerklärung durch den Bewerber (die er auf einem gesonderten Blatt abgeben konnte), nicht aber zwingend als durch Unterzeichnung der „Bieterinformationen“ abzugebende Erklärung ausgelegt werden. 99 EuGH, Urteil vom 10.05.2012 – C-368/10 (EKO und Max Havelaar) Erstens ist festzustellen, dass das Lastenheft nicht so ausgelegt werden kann, wie es das Königreich der Niederlande tut. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Umfang des Lastenhefts aus der Perspektive potenzieller Bieter heraus zu bestimmen ist, da der Zweck der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge nach der Richtlinie 2004/18 gerade den in der Europäischen Union niedergelassenen potenziellen Bietern den Zugang zu öffentlichen Aufträgen, die für sie von Interesse sind, garantieren soll (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Januar 2007, Auroux u. a., C-220/05, Slg. 2007, I-385, 181 Randnr. 53). Im vorliegenden Fall konnte das Lastenheft von potenziellen Bietern nicht anders als dahin verstanden werden, dass es sich auf die Innehabung der im Zusammenhang mit der fraglichen Anforderung oder dem fraglichen Wunsch genannten Gütezeichen beziehe. Formuliert waren diese Anforderung und dieser Wunsch nämlich im Anhang des Lastenhefts, der das „Anforderungsprofil“ enthielt, dem die Bieter gemäß Unterkapitel 5.2 Abschnitt 1 des Lastenhefts so, wie es formuliert war, genügen mussten. Die Nrn. 31 und 35 dieses Profils verwiesen ausdrücklich und uneingeschränkt auf die Gütezeichen EKO und MAX HAVELAAR und schlossen Alternativen aus, deren Einreichung im Übrigen nach Unterkapitel 3.4 des Lastenhefts verboten war. Unter diesen Umständen ist nicht davon auszugehen, dass die hinsichtlich ihrer Bedeutung wenig genaue Angabe, wonach „[ei]n wichtiger Gesichtspunkt .... das Bestreben der Provinz Nord-Holland [ist], die Verwendung von ökologischen und Fair-Trade-Erzeugnissen in Kaffeeautomaten zu erhöhen“, in Abschnitt II Nr. 1.5 der Vergabebekanntmachung und Unterkapitel 1.3 des Lastenhefts – also an Stellen außerhalb derjenigen der Auftragsunterlagen zu Anforderungen oder Wünschen des Auftraggebers -, klar machen konnte, dass die fragliche Anforderung bzw. der fragliche Wunsch allgemein den Umstand betrafen, dass die fraglichen Erzeugnisse aus ökologischer Landwirtschaft und fairem Handel stammen sollten. Zweitens können die Klarstellungen, die später in den Nrn. 11 und 12 der Informationsmitteilung erfolgten, wonach der Verweis auf die Gütezeichen EKO und MAX HAVELAAR im Zusammenhang mit dieser Anforderung und diesem Wunsch auch gleichwertige Gütezeichen erfasse, also Gütezeichen, deren Vergabe auf identischen oder vergleichbaren Kriterien beruhe, nach Art. 39 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 nicht berücksichtigt werden. Denn wie die Generalanwältin in Nr. 71 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, können mit den in dieser Bestimmung genannten zusätzlichen Auskünften zum Lastenheft und zusätzlichen Unterlagen zwar bestimmte Klarstellungen vorgenommen und Informationen erteilt werden, sie können jedoch nicht – beispielsweise durch Berichtigungen – den Umfang der wesentlichen Bedingungen des Auftrags verändern, zu denen die technischen Spezifikationen und die Vergabekriterien so, wie diese Bedingungen im Lastenheft formuliert wurden, gehören, auf die die interessierten Wirtschaftsteilnehmer bei ihrer Entscheidung, ob sie die Einreichung eines Angebots vorbereiten oder nicht oder aber auf eine Teilnahme am Verfahren über die Vergabe des fraglichen Auftrags verzichten, vertraut haben. Dies ergibt sich sowohl daraus, dass in Art. 39 Abs. 2 der Begriff „zusätzliche Auskünfte“ verwendet wird, als auch aus der kurzen Frist von sechs Tagen, die nach dieser Bestimmung zwischen der Erteilung solcher Auskünfte und dem Schlusstermin für den Eingang der Angebote liegen kann. Sowohl der Gleichheitsgrundsatz als auch die daraus folgende Verpflichtung zur Transparenz gebieten, dass der Gegenstand öffentlicher Aufträge sowie die 182 Kriterien für ihre Vergabe vom Beginn des Verfahrens über die Vergabe dieser Aufträge an klar bestimmt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Dezember 2009, Kommission/Frankreich, C-299/08, Slg. 2009, I-11587, Randnrn. 41 und 43). Daher ist festzustellen, dass die Auftragsunterlagen, die den Gegenstand des Auftrags und seine Vergabe bestimmen, zum einen vorschrieben, dass der zu liefernde Kaffee und Tee mit den Gütezeichen EKO oder MAX HAVELAAR versehen sein müssten, und zum anderen den Wunsch enthielten, dass die zu liefernden Zutaten mit denselben Gütezeichen ausgestattet seien. 100 BGH, Urteil vom 20.11.2012 – X ZR 108/10 (Friedhofserweiterung) 1. Der Erklärungswert der vom öffentlichen Auftraggeber vorformulierten Vergabeunterlagen ist gemäß den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden, auf den objektiven Empfängerhorizont der potenziellen Bieter abstellenden Grundsätzen zu ermitteln. 2. Der gestellten Vergabebedingung einer „rechtsverbindlichen“ Unterzeichnung des Angebots kommt lediglich der Erklärungsgehalt zu, dass der Unterzeichner bei Angebotsabgabe über die erforderliche Vertretungsmacht verfügt haben muss. 3. Wann die Aufhebung einer Ausschreibung wegen „deutlicher“ Überschreitung des vertretbar geschätzten Auftragswerts rechtmäßig ist, ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zu entscheiden, bei der insbesondere zu berücksichtigen ist, dass einerseits den öffentlichen Auftraggebern nicht das Risiko einer deutlich überhöhten Preisbildung zugewiesen werden, die Aufhebung andererseits aber auch kein Instrument zur Korrektur der in Ausschreibungen erzielten Submissionsergebnisse sein darf (Weiterführung von BGH, Urteil vom 8. September 1998 – X ZR 48/97, BGHZ 139, 259 und Urteil vom 12. Juni 2001 – X ZR 150/99, VergabeR 2001, 293). Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Klägerin hatte ein wirksames Angebot abgegeben. 1. Das Berufungsgericht hat Inhalt und Bedeutung der Unterschriftsklausel nicht rechtsfehlerfrei ermittelt. a) Mit der Unterschriftsklausel hat die Beklagte als Vergabestelle eine vorformulierte Vergabebedingung gestellt. Welcher Erklärungswert dem Inhalt von Vergabeunterlagen zukommt, ist nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) unter Berücksichtigung des Umstands zu 183 ermitteln, dass die Vergabeunterlagen von der Vergabestelle vorformuliert sind (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 – X ZR 78/07, VergabeR 2008, 782 Rn. 10 – Nachunternehmererklärung). Maßgeblich für das Verständnis ist dabei der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter (BGH, Urteil vom 11. November 1993 – VII ZR 47/93, BGHZ 124, 64; BGH, VergabeR 2008, 782 Rn. 10; BGH, Urteil vom 3. April 2012 – X ZR 130/10, VergabeR 2012, 724 Rn. 10 – Straßenausbau). b) Dem Berufungsurteil ist nicht zu entnehmen, dass das Berufungsgericht geprüft hat, wie das Erfordernis einer „rechtsverbindlichen Unterschrift“ aus Sicht der potenziellen Bieter zu verstehen war. Es scheint die Klausel dahin zu verstehen, dass sie nicht nur eine wirksame, den Bieter rechtlich bindende Unterzeichnung des Angebots verlangt, sondern dass auch nachgewiesen oder zumindest erkennbar sein muss, dass der Unterzeichner über gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt. Denn seine Feststellung, dass die Unterzeichnerin des von der Klägerin abgegebenen Angebots „intern zur Unterschrift berechtigt“ gewesen sei, kann nicht anders verstanden werden, als dass die Unterzeichnerin des Angebots die Klägerin kraft ihr erteilter Vollmacht vertreten konnte. Seine Annahme, dass dies den Vorgaben der ausschreibenden Stelle nicht genüge, begründet das Berufungsgericht jedoch nur mit der Erwägung, es sei der Beklagten nicht zuzumuten, die Vertretungsberechtigung des Unterzeichners erst durch weitere Nachforschungen zu klären. Entscheidend ist jedoch nicht, was der Beklagten zuzumuten ist, sondern welche Erklärungen die Bieter den Vergabeunterlagen als ihnen abverlangt entnehmen konnten. 101 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013 – Verg 31/12 (Kommunalisierung von Versorgungsnetzen) In seinem Beschluss vom 9. Januar 2013, VII-Verg 26/12, dem ein insoweit vergleichbar gelagerter Fall zugrunde lag, hat der Senat ausgeführt (dort Seite 11 f.): „Die Ausschreibung sog. strategischer Partnerschaften bei kommunalen Netzgesellschaften und das Verhältnis zu Konzessionsvergaben insbesondere nach § 46 EnWG (vor allem mögliche Abhängigkeiten bei Getrennt- oder Zusammenvergabe sowie bei Ausschreibungsbedingungen und Zuschlagsfaktoren) sind, genauso wie die Ausgestaltung der Vergabeverfahren, in praktischer und rechtlicher Hinsicht komplex und durch die Rechtsprechung (die zudem in verschiedenen Händen liegen kann, siehe dazu allein die Urteile des OLG Schleswig vom 22.11.2012 – 16 U (Kart) 21 und 22/12 zu Konzessionsvergaben) noch nicht abschließend geklärt. Dasselbe hat für die behaupteten Verstöße gegen Kartellrecht durch Bevorzugung eines mit dem Auftraggeber verbundenen Unternehmens (der Gemeindewerke-Gesellschaft) zu gelten (§ 19 GWB: Missbrauchsverbot, § 20 GWB: Behinderungsverbot). Der gemeinsame Leitfaden von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen befasst sich mit Konzessionsvergaben. Ob und unter welchen Vor- 184 aussetzungen eine Kommunen darin zugeschriebene Monopolstellung auf Auftragsvergaben der vorliegenden Art zu übertragen, ein Monopol einem Drittbeteiligten wie der Antragsgegnerin zuzurechnen und eine missbräuchliche oder behindernde Ausnutzung von Marktmacht anzunehmen ist, kann keineswegs bereits als gesichert gelten, sondern bedarf eingehender rechtlicher Untersuchung – zumal davon verschiedene sachliche und möglicherweise auch geografische Märkte betroffen sind. Zu solchen Rechtsfragen nimmt der Leitfaden keine Stellung (vgl. dazu Leitfaden Rn. 16 ff., 26). Bei dem auf Seiten von Städten und Gemeinden erkennbaren Bestreben, Netzbetriebe zu kommunalisieren (oder bisweilen auch zu rekommunalisieren), und zwar mittels Eingehens strategischer Partnerschaften (ÖPP), durch Konzessionsvergaben und/oder durch mögliche Kombinationen der Aufträge und der Ausschreibungen wird vielmehr in mehrfacher Hinsicht rechtliches Neuland betreten. Die meisten Konzessionsverträge nach EnWG laufen erst in den kommenden Jahren aus. Erfahrungen sind in der Breite noch nicht erworben worden. Eine Kenntnis oder Erkennbarkeit von Rechtsverstößen setzt bei diesem Befund auf Antragstellerseite auch nicht gewissermaßen schlagartig mit einer Hinzuziehung von Rechtsanwälten ein. Solches anzunehmen wäre praxisfremd. Trotzdem bleibt die Rügeobliegenheit ernst zu nehmen. Die Rechtsprechung zu den angesprochenen Problemkreisen wird sich ausweiten und festigen. Bei „etablierten“ Energieversorgern gleich welcher Stufe wird sie in der Regel auf ein fundiertes Wissen um die tatsächlichen und spezifischen rechtlichen Hintergründe treffen, was die Erkennbarkeit und Kenntnis von Verstößen gegen Vergaberechtsvorschriften fördern kann. Bei den einer Nachprüfung nach dem GWB nicht unterliegenden (reinen) Konzessionsvergaben nach § 46 EnWG ergibt sich – im Sinn einer unselbständigen Nebenpflicht – eine Verpflichtung der Bieter, den Auftraggeber insbesondere auch auf Rechtsverstöße im Vergabeverfahren hinzuweisen, im Übrigen aus dem durch Anforderung der Vergabeunterlagen begründeten vorvertraglichen Schuldverhältnis nach §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. dazu BGH, Urt. v. 9.6.2011 – X ZR 143/10, VergabeR 2011, 703, Rettungsdienstleistungen II; zu Hinweispflichten siehe BGH, Urt. v. 18.12.2008 – VII ZR 201/06, NZBau 2009, 232, Rn. 15, 23; BGH, NJW-RR 1987, 1306, 1307; OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 23.12.2005 – 11 Verg 13/05, BeckRS 2006, 12422; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.1.2010 – I-27 U 1/09, VergabeR 2010, 531, 536 zu den auf Konzessionsvergaben übertragbaren Regeln bei Vergaben unterhalb der AuftragsSchwellenwerte; LG Köln, Urt. v. 7.11.2012 – 90 O 59/12, Entscheidungsgründe unter 2.a); a.A. OLG Schleswig, Urt. v. 22.11.2012 – 16 U (Kart) 22/12, UA 37 f.). Eine Verletzung der vorvertraglichen Hinweispflicht wird im Allgemeinen angemessen nur in der Weise zu sanktionieren sein, dass die betreffenden Rügen bei dem regelmäßig anzustrengenden Verfügungsverfahren nach §§ 935 ff. ZPO von einer Nachprüfung jedenfalls materiell-rechtlich ausgeschlossen sind (so auch LG Köln a.a.O.).“ Nichts anderes gilt hier. 185 102 OLG Naumburg, Urteil vom 22.02.2013 – 12 U 120/12 (Umweltbundesamt Dessau) II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet, während die Anschlussberufung der Beklagten Erfolg hat. Denn das angefochtene Urteil beruht auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1 1. Fall, 546 ZPO). Die Parteien haben bei Abschluss des Bauvertrages die VOB/B (2000) wirksam in den Vertrag einbezogen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Nachtragsvergütung für die monolithische Ausführung der Wand-Stützen-Konstruktion nicht zu. Denn bei der geforderten Vergütung für den Nachtrag Nr. 36 (Hörsaal) handelt es sich weder um eine nach § 2 Nr. 5 VOB/B a. F. zu vergütende Leistungsänderung (§ 1 Nr. 3 VOB/B a. F.) noch um eine zusätzliche Leistung im Sinne von § 2 Nr. 6 VOB/B. Die monolithische Verbindung der Wände und Stützen ist bereits von dem ursprünglich erteilten Auftrag im Sinne von § 2 Nr. 1 VOB/B a. F. umfasst gewesen. Soweit die Klägerin bei Vertragsschluss davon ausgegangen sein sollte, problemlos industriell hergestellte Systemschalungen verwenden zu können, handelt es um eine Fehlvorstellung, die auf den Umfang der vertraglich geschuldeten Leistungen keinen Einfluss hat. Im vorliegenden Fall liegt allerdings eine unklare Leistungsbeschreibung vor, weil diese zwar den Werkerfolg formell vollständig, aber nicht kalkulierbar wiedergibt (z. B. Dähne, BauR 1999, 289, 293). Die von der Klägerin zu erbringenden Schalungsarbeiten als solche werden im Leistungsverzeichnis nur pauschal beschrieben. Der Sachverständige Prof. Dr. H### hat in seinem Gutachten vom 24. März 2010 dazu nachvollziehbar ausgeführt, dass aus der Textfassung des Leistungsverzeichnisses nicht zu entnehmen sei, dass Wände und Stützen der Konstruktion des Hörsaales monolithisch zu verbinden waren. Diese Tatsache könne nur aus einem detaillierten Studium der das Leistungsverzeichnis begleitenden Planunterlagen entnommen werden. So werde in den die Ortbetonarbeiten betreffenden Positionen, von Wänden und Stützen als getrennte Einheiten gesprochen. Es sei nicht zu erkennen, dass diese eine monolithische Verbindung im Sinne einer Pfeilervorlage aufweisen sollen. Auch aus den die Schalung betreffenden Positionen sei die monolithische Verbindung von Wand und Stütze nicht ablesbar gewesen, da hier konsequent von getrennten Bauteilen gesprochen werde. Da es sich bei diesen Positionen um die Beschreibung der Schalung für Wand und Stütze handele, wäre es notwendig gewesen, hier einen Hinweis auf die monolithische Ausführung zu geben. Das unklare Leistungsverzeichnis hätte die Klägerin aber nicht ohne weiteres hinnehmen dürfen. Sie hatte vielmehr die Obliegenheit, sich daraus ergebende Zweifelsfragen vor Abgabe ihres Angebotes zu klären. Denn der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 24. März 2010 weiter ausgeführt, dass aus dem Plan 186 Nr. 4.01.C.100.00/11 (Anlage B 15) jedenfalls deutlich zu erkennen sei, dass Stützen und Wände im Hörsaal monolithisch zu verbinden waren. Im Rahmen seiner mündlichen Anhörung vor dem Senat am 31. Januar 2013 hat er dies nachvollziehbar dahin erläutert, dass dies deshalb der Fall sei, weil in dem Plan keine freistehenden Stützen eingezeichnet waren. Auch wenn der Plan lediglich einen Maßstab 1 : 100 aufweise, hätten darin die freistehenden Stützen eingezeichnet werden müssen. Genau dies sei aber nicht der Fall. Der Ausschreibungstext und der Plan passten erkennbar nicht zusammen. Da es sich um ein sehr komplexes Bauvorhaben handele, sei für den Bieter ohnehin eine sorgfältige Prüfung auch dieses wesentlichen Punktes angezeigt gewesen. Aus seiner Sicht hätte die Klägerin nachfragen müssen, ob eine monolithische Ausführung geschuldet sei. Wie letztlich die ausgeschriebenen Leistung im Ergebnis ausgeführt werde, könne aus dem Plan allerdings nicht abgeleitet werden. Insbesondere könne daraus nicht abgeleitet werden, dass zwingend eine monolithische Ausführung erforderlich sei. Denkbar sei auch, dass eine Ausführung in mehreren Schritten erfolge, wobei dann die statischen Vorgaben beachtet werden müssten. Grundsätzlich hätte man hier zwar mit industriell vorgefertigten Schalungselementen arbeiten können – wenn man keine monolithische Ausführung hätte herstellen wollen -allerdings hätte dann im Bereich der Pfeiler die Vorsatzschalung gesondert angefertigt bzw. angepasst werden müssen, weil sich die Winkel durch die Vorgabe des Bauwerks ständig änderten. Dies wäre im Ergebnis genauso teuer gewesen wie eine monolithische Ausführung. Schon in seinem Ergänzungsgutachten vom 16. Januar 2012 hatte der Sachverständige dazu nachvollziehbar ausgeführt, dass diese Kosten bei 450.444,35 Euro netto gelegen hätten. Die Klägerin musste bei ihrer Kalkulation auch den Plan Nr. 4.01.C.100.00/11 mitberücksichtigen. Denn den Ausschreibungsunterlagen war ein Zeichnungsverzeichnis beigefügt, in dem auf diesen Plan Bezug genommen wird. Die Klägerin hat diesen Plan auch unstreitig vor Abgabe ihres Angebotes bei der Beklagten eingesehen und damit Kenntnis von dessen Inhalt. Zwar gibt es nach der Rechtsprechung keine Auslegungsregel dahin, dass ein Vertrag mit einer unklaren Leistungsbeschreibung allein deshalb zu Lasten des Auftragnehmers auszulegen ist, weil dieser die Unklarheiten vor der Abgabe seines Angebotes nicht aufgeklärt hat (z. B. BGHZ 176, 23). Soweit nach Vertragsschluss eine vom Auftraggeber angeordnete Änderung der Bauwerksplanung Änderungen der technischen Leistungen zur Folge hat, kann dies daher durchaus als Änderung des Bauentwurfs anzusehen sein (§ 1 Nr. 3 VOB/B a. F.) und zu einem geänderten Vergütungsanspruch des Auftragnehmers führen (§ 2 Nr. 5 VOB/B a. F.). Denn ein Auftraggeber könne grundsätzlich nicht erwarten, dass ein Auftragnehmer bereit ist, einen Vertrag zu schließen, der es dem Auftraggeber erlaube, die Vertragsgrundlagen beliebig zu ändern, ohne dass damit ein Preisanpassungsanspruch verbunden wäre. Es verbiete sich insoweit nach Treu und Glauben (§ 242 BGB), aus einer mehrdeutigen, die technischen Anforderungen betreffenden Passage der Leistungsbeschreibung derart weitgehende vergütungsrechtliche Folgen für den Auftragnehmer abzuleiten (z. B. BGH, a. a. O.). 187 Im vorliegenden Fall ist das Risiko einer Fehlkalkulation allerdings nicht dadurch begründet gewesen, dass der Beklagten erlaubt worden wäre, die dem Vertrag zugrunde liegende Planung zu ändern. Vielmehr war die geschuldete Ausführung abhängig von teilweise nicht ausreichend koordinierten Vertragsgrundlagen, wie sie bereits bei Vertragsschluss feststanden. Ein Auftragnehmer muss, wenn sich aus dem Leistungsverzeichnis und aus weiteren verfügbaren Unterlagen die Bauausführung in bestimmter Weise nicht mit hinreichender Klarheit ergibt, er aber bei der Kalkulation maßgeblich darauf abstellen will, versuchen, insoweit aufkommende Zweifel vor Abgabe des Angebotes auszuräumen, wenn sich das mit zumutbaren Aufwand machen lässt (z. B. BGH, BauR 1987, 683). Die Klägerin hätte sich im vorliegenden Fall jedoch ohne größeren Aufwand weitere Erkenntnisse über die vorgesehene Bauweise verschaffen können und müssen. Die Beklagte wäre als öffentliche Auftraggeberin dann ggf. sogar verpflichtet gewesen, diese Informationen auch den anderen Bewerbern zugänglich zu machen (§ 17 Nr. 7 VOB/A a. F.). Eine Nachfrage wäre für die Klägerin auch zumutbar gewesen. Denn dies hätte nicht zwingend zur Nichtberücksichtigung ihres dann modifizierten Angebotes und zur Erteilung des Zuschlags für das kostengünstigere Angebot eines anderen Bieters geführt. Die Beklagte hätte dann unter Umständen die Ausschreibung sogar aufheben müssen (§ 26 VOB/A a. F.). Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Klägerin gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Zahlung von 29.014,42 Euro nach § 2 Nr. 5 VOB/B a. F. deswegen zu, weil die geometrischen Vorgaben im Fußbereich der Außenwand und der Pfeilervorlagen – Knick und Rücksprung – den Ausschreibungsunterlagen nicht entnommen werden konnten. Zwar hat der Sachverständige dies in seinem schriftlichen Gutachten vom 24. März 2010 so ausgeführt und die für die Realisierung der Schalungsarbeiten beim Bau des Hörsaales notwendigen Kosten auf insgesamt 450.444,35 Euro netto beziffert, wovon 24.381,87 Euro netto auf die nachträglich bekanntgebenden geometrischen Vorgaben im Fußbereich der Außenwand und der Pfeilervorlagen entfielen. In seiner Anhörung vor dem Senat hat er dies aber dahin eingeschränkt, dass er sich nicht mehr sicher sei, ob der Knick in alten Zeichnungen auf der gleichen Höhe eingezeichnet war. Hierzu bedarf es aber keiner näheren Aufklärung. Denn die Forderung der Klägerin ist – worauf sich die Beklagte zu Recht beruft – insoweit jedenfalls erloschen (§§ 362 Abs. 1, 366 Abs. 1 BGB). Denn diese hatte auf den Nachtrag Nr. 36 unstreitig bereits 57.416,10 Euro an die Klägerin gezahlt, was das Landgericht bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Denn ein solcher Anspruch besteht nur dann, wenn der Auftraggeber die nach § 9 Nr. 1 bis 3 VOB/A a. F. erforderlichen Angaben schuldhaft unterlassen hat. Bei einem auf dem Vergabeverfahren nach der VOB/A beruhenden Vertragsschluss ist die Ausschreibung so zugrundezulegen, wie sie der maßgebliche Empfängerkreis, also der potentielle 188 Bieter, verstehen muss. Grundlage der Auslegung ist der objektive Empfängerhorizont dieser potentiellen Bieter (z. B. BGH, NJW 2002, 1954). Neben dem Wortlaut der Ausschreibung sind die Umstände des Einzelfalles unter anderem die konkreten Verhältnisse des Bauwerks zu berücksichtigen (z. B. BGH, a. a. O.). Die Leistung ist nach § 9 Nr. 1 VOB/A a. F. eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher berechnen können. Sofern Mängel der Leistungsbeschreibung jedoch ohne Schwierigkeiten erkannt worden sind oder hätten erkannt werden können, scheidet ein Schadensersatzanspruch aus (z. B. BGH, BauR 1988, 338). Der von dem öffentlichen Auftraggeber begangene Verstoß gegen die Leistungsbeschreibungspflichten nach § 9 VOB/A a. F. wird in diesem Fall durch das spätere Verhalten des Bieters kompensiert, gleichgültig ob man dies als Mitverursachung oder als Mitverschulden nach § 254 BGB qualifiziert (z. B. Dähne, BauR 1999, 289, 302). Ein solcher Fall liegt – wie bereits ausgeführt wurde – auch hier vor. Denn die Leistungsbeschreibung war zumindest für einen Fachmann ersichtlich unklar. Diese Unklarheit durfte die Klägerin nicht durch eigene, für sie günstige Kalkulationsannahmen ausfüllen. 103 OLG München, Beschluss vom 04.04.2013 – Verg 4/13 (Ortsumgehung B.) Die Zuverlässigkeit der Antragstellerin kann auch nicht mit dem Argument verneint werden, dass sie durch das Angebot der niedrigen Einheitsprise eine wettbewerbsverzerrende oder unlautere Verhaltensweise an den Tag gelegt hat. Eine Wettbewerbsverzerrung kann nicht mit der Neuberechnung des Angebotes der Antragstellerin begründet werden. Die Neuberechnung mit den vom Antragsgegner als nun zutreffend angesehenen Mengenvordersätzen krankt schon daran, dass der Berechnung mittlere Preise zugrunde gelegt worden sind. Es ist aber völlig unklar, welche Preise die Antragstellerin nach einer Korrektur des LV angeboten hätte bzw. anbieten wird. Die Kalkulation ist ureigenste Aufgabe des Bieters; es obliegt seiner Entscheidungsfreiheit, wie hoch er bei einzelnen Positionen seinen Gewinn kalkuliert und ob er nicht auch bei korrekten Mengensätzen einen Subventionsabschlag vornehmen will. Eine Verschiebung der Bieterreihenfolge lässt sich daher zum jetzigen Zeitpunkt – bei unterstellter Korrektur – nicht begründen. Eine Wettbewerbsverzerrung kann auch nicht mit dem Argument untermauert werden, dass die Bieter im Grunde genommen Angebote für eine Leistung abgeben, die sie in dieser Form nie erbringen werden. Diese Sachlage ist nämlich für alle Bieter gleichermaßen gegeben – und im konkreten Fall auch von einigen anderen Bietern außer der Antragstellerin erkannt worden. Grundsätzlich stellt daher das Angebot niedriger Einheitspreise bis hin zum Angebot von negativen Preisen (OLG Düsseldorf vom 8.6.2011 – Verg 11/11) für sich gesehen keine Wettbewerbsverzerrung dar. Das Erkennen und Ausnutzen von Unstimmigkeiten im LV unter entsprechender Berücksichtigung bei der Kalkulation 189 ist zwar ein Wettbewerbsvorteil für den findigen Bieter, doch ist diese Chance jedem Beteiligten gleichermaßen eingeräumt. In der Ausnutzung von Fehlern im LV liegt auch nicht generell eine unlautere Verhaltensweise. Es besteht für den Bieter nach den Bewerbungsbedingungen keine Hinweispflicht auf Mängel des Leistungsverzeichnisses. Eine Hinweispflicht ergibt sich nur bei Unklarheiten. Das LV ist aber nicht unklar, da es eindeutig die Mengenvordersätze enthält. Soweit in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden ist, dass aus den Konstruktionsplänen klar ersichtlich sei, dass die Mengenvordersätze zu hoch seien, stellt sich schon die Frage, warum der Bieter schlauer zu sein hat als der öffentliche Auftraggeber, der als Vertragspartner nicht in seinem Lager steht. Jedenfalls aber liegt keine Unklarheit vor, sondern ein wie es auch der Antragsgegner ausgedrückt hat – mehr oder weniger klarer Widerspruch zwischen LV und Konstruktionsplan. Das Risiko für die Widerspruchsfreiheit der eigenen Vertragsunterlagen trägt aber in erster Linie derjenige, der die Unterlagen aufgestellt hat, und nicht derjenige, der sich um den Vertragsschluss bewirbt. Eine Rügepflicht der Antragstellerin nach § 107 GWB bestand insoweit nicht. Die Rügepflicht dient der Vorbereitung des Nachprüfungsverfahrens. Das Nachprüfungsverfahren hat den Sinn, dem Bieter den Primärrechtsschutz zu ermöglichen, also für ihn bestehende Rechtsnachteile abzuwehren. Für die Antragstellerin bestand aber vor der Aufhebungsentscheidung kein Anlass für eine Rüge, da ihr durch den Fehler im LV kein Rechtsnachteil drohte, im Gegenteil, wäre eine Rüge für ihr Angebot kontraproduktiv gewesen. Es besteht auch keine darüber hinausgehende Hinweispflicht aus dem zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem Bieter bestehenden vorvertraglichen Schuldverhältnis nach § 311 BGB. Im vorvertraglichen Schuldverhältnis bestehen gegenseitige Rücksichtnahmepflichten, um den Vertragspartner vor Schäden zu bewahren. Es ist schon fraglich, in welchem Ausmaß bei öffentlichen Ausschreibungen dem Bieter über die Rügepflicht hinaus derartige Hinweispflichten obliegen sollen. Diese Frage kann hier aber dahinstehen. Denn jedenfalls über die sich aus den Bewerbungsbedingungen ergebende Pflicht, auf Unklarheiten hinzuweisen, kann diese Pflicht nicht hinausgehen. Sonst würde das Gefüge der widerstreitenden Interessen zwischen zwei Vertragspartnern zu sehr aus den Angeln gehoben. Im Übrigen ist auch nicht recht ersichtlich, inwieweit dem Antragsgegner durch den fehlenden Hinweis auf die – in ihrer Höhe zudem noch unklar – unzutreffenden Mengenvordersätze nennenswerte Schäden entstehen sollen. 190 VI. PRÜFUNG UND WERTUNG DER ANGEBOTE 1. Angebotsöffnung 104 VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.01.2012 – 2 VK LSA 33/11 (Glas- und Unterhaltsreinigung) Der Antrag ist begründet. Die Antragstellerin hat gemäß § 97 Abs. 7 GWB einen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin das Vergabeverfahren ab Aufforderung zur Angebotsabgabe wiederholt, da der Eingang der Angebote teilweise nicht ordnungsgemäß dokumentiert ist. Hierzu im Einzelnen: 2.1. Unzureichender Eingangsvermerk der Angebote Die Antragsgegnerin hat es bei vier Angeboten, unter anderem bei der Antragstellerin, versäumt, die Eingangsvermerke mit einem Namenszug zu versehen. Bei einem fünften Angebot, nämlich dem der Beigeladenen lag das Verpackungsmaterial in Gänze nicht vor. Die Antragsgegnerin hat dadurch gegen die Regelungen des § 17 EG Abs. 1 VOL/A verstoßen. Ein Vermerk i.S. dieser Vorschrift dient der Beweissicherung. Er muss daher in einem förmlichen Verfahren den Aussteller erkennen lassen. Der Eingangsvermerk soll sicher stellen, dass der Wettbewerb zwischen den Bietern unter gleichen Voraussetzungen stattfindet und nicht einzelne Bieter ihr Angebot nachträglich verändern. Er soll dokumentieren, dass die Angebote fristgemäß eingegangen sind. Der Verhandlungsleiter soll aufgrund der Eingangsvermerke dies unkompliziert prüfen können. Dies war nach der früheren Rechtslage ausdrücklich in § 22 Nr. 3 VOL/A normiert. Diese Vorschrift ist zwar entfallen. Eine entsprechende Prüfung ist jedoch weiterhin erforderlich, da nicht fristgerecht eingegangene Angebote nach § 19 EG Abs. 3 lit. e VOL/A zwingend auszuschließen sind. Um bei Vertretungs- und Mehrfachvertretungsfällen eindeutig festzustellen, wer die Sendung entgegen genommen und verwahrt hat, ist ein Namenzug unabdingbar. Schließlich soll gewährleistet sein, dass mit dem Namenszeichen eine konkrete Person die Verantwortung für die inhaltliche Richtigkeit des gefertigten Vermerks und die Authentizität der Posteingänge übernimmt und im Bedarfsfalle hierfür auch in Verantwortung genommen werden kann (vgl. OLG Naumburg v. 31.03.2008 – 191 1 Verg 1/08 und OLG Naumburg v. 27.05.2010, 1 Verg 1/10). Dies war auf Grund der fehlenden Namenszeichen nicht gewährleistet. Die Einhaltung dieser Vorschrift ist bieterschützend. Die Niederschrift zur Angebotsöffnung vom ............... kann schon allein deshalb den Eingangsvermerk nicht ersetzen, da es an der geforderten Unmittelbarkeit der Kennzeichnung der Unterlagen selbst fehlt. Aus diesem Grund soll das Verpackungsmaterial der Angebote selbst gekennzeichnet werden. Vor diesem Hintergrund machen -anders als die Antragsgegnerin meint -auch weder Eintragungen der Poststelle im Posteingangsbuch noch entsprechende eidesstattliche Versicherungen den Eingangsvermerk entbehrlich (vgl. OLG Naumburg a.a.O.) Die Vorschriften über die Dokumentation des Vergabeverfahrens sind vielmehr zwingend einzuhalten, um mögliche Manipulationen weitestgehend auszuschließen. Dies gilt in diesem Zusammenhang umso mehr, als dass in dem Vergabeverfahren gerade die Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen betroffen sind. Zu Unrecht weist die Antragsgegnerin schließlich darauf hin, dass das Verpackungsmaterial nicht auf bis zum Abschluss des Verfahrens aufzuheben wäre. Dies trifft schon deshalb nicht zu, da für die Bieter und die Nachprüfungsinstanzen eine umfassende Dokumentation des Verfahrens sicher gestellt sein muss. Die Vorschrift des § 17 EG Abs. 3 VOL/A ist daher dahingehend auszulegen, dass auf eine Verwahrung des Verpackungsmaterials erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens verzichtet werden kann. 105 VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.02.2013 – 1 VK LSA 21/12 (arbeitsmedizinische Betreuung) Im Gegensatz zur früheren Rechtslage des § 22 Nr. 3 VOL/A (2006) ist nunmehr gemäß § 14 VOL/A (2009) in die Dokumentation der Angebotsöffnung nicht mehr zwingend aufzunehmen, ob die Angebote insbesondere ordnungsgemäß verschlossen waren. Eine entsprechende Prüfung ist jedoch weiterhin erforderlich, da nicht form- oder fristgerecht eingegangenen Angebote nach § 16 Abs. 3 e) VOL/A zwingend auszuschließen sind. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin oder die übrigen konkurrierenden Wettbewerber überhaupt ein zuschlagsfähiges Angebot gemessen an den §§ 14 und 16 VOL/A abgegeben haben. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass der Antragsgegner durch sein Verhalten gegen elementare Grundlagen der Transparenz und des Wettbewerbs verstoßen hat. Entsprechend § 14 Abs. 1 sowie Abs. 2 Satz 1 VOL/A sind Angebote ungeöffnet zu lassen, mit Eingangsvermerk zu versehen und bis zum Zeitpunkt der Öffnung unter Verschluss zu halten. Die Öffnung der Angebote ist von mindestens zwei Vertretern gemeinsam durchzuführen und zu dokumentieren. Ein Vermerk i. S. dieser Vorschrift dient der Beweissicherung. Er soll sicherstel- 192 len, dass der Wettbewerb zwischen den Bietern unter gleichen Voraussetzungen stattfindet und nicht einzelne Bieter ihr Angebot nachträglich verändern. Im vorliegenden Fall hat der Auftraggeber diese Sorgfaltspflichten in mehrfacher Hinsicht nicht hinreichend beachtet. So hat er entgegen den Angaben in der Eröffnungsniederschrift die Angebotsunterlagen in allen wesentlichen Teilen nicht gekennzeichnet. Dabei kann offen bleiben, inwieweit trotz fehlender explizierter Regelung in der VOL/A 2009 nach wie vor eine Kennzeichnung der Angebote zur Verhinderung von Manipulationen und zur Gewährleistung eines fairen, ordnungsgemäßen Wettbewerbes notwendig ist. Des Weiteren ist der Eröffnungsniederschrift zu entnehmen, dass der Verschluss von fünf Briefumschlägen versehrt gewesen sein soll. Nähere Ausführungen finden sich dazu weder unter der Rubrik „Besonderheiten zur Niederschrift“ noch in der Vergabedokumentation. Vorliegend weist nur das Verpackungsmaterial der Angebote der Beigeladenen und eines weiteren Bieters Beschädigungen durch Einrisse auf, die Umschläge der restlichen drei Angebote sind dagegen unversehrt. Ferner sind in der Vergabedokumentation für zwei Bieter die Eingangsdaten der Angebote fehlerhaft vermerkt. es notwendig ist. Des Weiteren ist der Eröffnungsniederschrift zu entnehmen, dass der Verschluss von fünf Briefumschlägen versehrt gewesen sein soll. Nähere Ausführungen finden sich dazu weder unter der Rubrik „Besonderheiten zur Niederschrift“ noch in der Vergabedokumentation. Vorliegend weist nur das Verpackungsmaterial der Angebote der Beigeladenen und eines weiteren Bieters Beschädigungen durch Einrisse auf, die Umschläge der restlichen drei Angebote sind dagegen unversehrt. Ferner sind in der Vergabedokumentation für zwei Bieter die Eingangsdaten der Angebote fehlerhaft vermerkt. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage des § 22 Nr. 3 VOL/A ist zwar nunmehr gemäß § 14 VOL/A in die Dokumentation der Angebotsöffnung nicht mehr zwingend aufzunehmen, ob die Angebote insbesondere ordnungsgemäß verschlossen waren. Eine entsprechende Prüfung ist jedoch weiterhin erforderlich, da nicht form-oder fristgerecht eingegangene Angebote nach § 16 Abs. 3 e) VOL/A zwingend auszuschließen sind. Da die Öffnung der Angebote im Bereich der VOL/A unter Ausschluss der Wettbewerber zu erfolgen hat, kommt der Eröffnungsniederschrift eine besondere Bedeutung zu. Ihre Glaubwürdigkeit darf keinem Zweifel ausgesetzt werden. Dies ist hier aufgrund der beschriebenen Widersprüche jedoch der Fall, so dass eine Zuschlagserteilung auf der Grundlage der vorliegenden Angebote hinsichtlich der elementaren Bedeutung von Transparenz und Wettbewerb schon aus diesem Grunde ausgeschlossen erscheint. Dies muss umso mehr gelten, als überdies Teile der Angebotsunterlagen eines Bieters ein Ausfertigungsdatum enthalten, welches einen Zeitpunkt nach Angebotseröffnung ausweist. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass die fragliche Unterlage nicht zum auftraggeberseitigen Anforderungsprofil gehört. Es reicht vielmehr bereits aus, dass sie Bestandteil eines im Wettbewerb stehenden Angebotes ist. 193 Die Beachtung von Formvorschriften durch die Vergabestelle soll letztlich der Wahrung der Rechte aller Bieter im Rahmen des § 97 Abs. 7 GWB dienen. Um die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens wiederherstellen zu können, ist zumindest eine erneute Angebotseinholung notwendig, denn keines der im Vergabeverfahren eingegangenen Angebote ist wertbar, weil ein unverfälschter Wettbewerb im Hinblick auf den Verstoß gegen § 14 VOL/A nicht sichergestellt werden kann. 2. Feststellung des Angebotsinhalts 106 OLG Koblenz, Beschluss vom 30.03.2012 – 1 Verg 1/12 (Evangelisches Krankenhaus) II. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Auftraggebers hat Erfolg. 1. Die Antragstellerin hat keine Abweichung von einer technischen Spezifikation im Sinne des § 7 Abs. 5 VOB/A (siehe dazu OLG München v. 28.07.2008 – Verg 10/08 – VergabeR 2008, 965) unterbreitet, sondern ein nicht zuschlagsfähiges Aliud angeboten, das auch als Nebenangebot schon deshalb nicht gewertet werden kann, weil Varianten nicht zugelassen sind. b) Entscheidend ist einzig und alleine die Frage: Entspräche die vertraglich geschuldete Leistung exakt dem, was der Auftraggeber haben will, wenn er den Zuschlag auf das Angebot der Antragstellerin erteilte? Die Antwort ist Nein, denn es kommt nicht darauf an, was technisch möglich wäre, sondern allein darauf, was im Angebot steht und wie dies zu verstehen ist. Die Angabe „V. CG3-P-93-H13-3170x3170“ ist eindeutig und unmissverständlich: Angeboten werden Filterflächendecken mit H13-Filtern und von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses abweichenden Maßen. Im Angebot selbst finden sich keine Anknüpfungspunkte dafür, dass etwas anderes angeboten werden sollte als das, was dem Wortlaut entspricht. Auch aus dem beigefügten Produktdatenblatt ergibt sich nichts anders; vielmehr ist dort zu lesen, dass es nicht ungewöhnlich ist, wenn CG3P-Filterflächendecken mit H13-Filtern ausgestattet werden. Dies entspricht im Übrigen der DIN 1946-4, die für Räume der Raumklasse I, wozu auch Operationsräume gehören, Schwebstofffilter der Filterklasse H13 ausreichen lässt. Die Praxis zeigt, dass es auch keinen Erfahrungssatz des Inhalts gibt, dass Unternehmen immer genau das anbieten wollen, was der Auftraggeber über 194 die Leistungsbeschreibung „bestellt“ hat und Abweichungen im Angebot auf einem – vom Auftraggeber als solches erkennbarem – Versehen beruhen. Es gab somit für einen verständigen und redlichen Erklärungsempfänger keinen Anlass anzunehmen, die Eintragung „CG3-P-93-H13-3170x3170“ beruhe auf einem Schreibfehler o.ä., und daraus den Schluss zu ziehen, nach dem wahren Willen des Erklärenden werde entgegen dem Wortlaut der Eintragung doch ausschreibungskonform angeboten. c) Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass aus dem Umstand, dass sich der Auftraggeber erst nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens auf die Mangelhaftigkeit des Angebots der Antragstellerin berufen hat, nicht geschlossen werden kann, er habe deren Angebot zunächst „richtig“ (im Sinne der Antragstellerin) verstanden. Dieses Angebot lag in der Wertung an dritter Stelle und kam deshalb zunächst für den Zuschlag nicht in Betracht. Erst als sich abzeichnete, dass die besser bewerteten Angebote wegen Abweichungen von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses ausschlussgefährdet waren, wurden mehrere Angebote, darunter das der Antragstellerin, erstmals mit der gebotenen Sorgfalt überprüft und der neu entdeckte Mangel im Angebot der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 12. Januar 2012 vorgetragen. 2. Die mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 24. Januar 2012 erklärte Irrtumsanfechtung der Antragstellerin kann ihrem Angebot nicht mehr zum Erfolg verhelfen. a) Wäre die Produktbezeichnung – wovon möglicherweise die Vergabekammer ausging – lediglich eine gesondert zu betrachtende Erläuterung zu der Willenserklärung Angebot, ginge die Anfechtungserklärung in Leere, weil nur Willenserklärungen und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen anfechtbar sind. b) Ist die Produktbezeichnung – wovon der Senat ausgeht – integraler Bestandteil der Willenserklärung Angebot, weil mit ihr die angebotene (Teil-)Leistung entsprechend dem Wunsch des Auftraggebers konkretisiert wird, kommt zumindest nach Ablauf der Angebotsfrist eine Teilanfechtung (mit der Folge der Teilnichtigkeit entsprechend § 139 BGB) schon deshalb nicht in Betracht, weil ansonsten eine vergaberechtlich unzulässige nachträgliche Änderung des Angebotsinhalts vorläge. Bei unterstellter Zulässigkeit und Wirksamkeit der Anfechtung hat diese vielmehr zur Folge, dass die Antragstellerin so zu behandeln ist, als habe sie nie ein Angebot abgegeben. d) § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A findet keine Anwendung, wenn eine geforderte Erklärung formgerecht, lesbar und vollständig abgegeben wird, aber inhaltlich nicht geeignet ist, dem Angebot zum Erfolg zu verhelfen. 195 107 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.11.2012 – Verg 38/12 (Klärschlammtransporte) 1. Der Auftraggeber ist bei der Angebotsprüfung verpflichtet, den wahren Willen des Bieters durch Auslegung zu ermitteln. 2. Gibt ein Bieter in seinem Angebot Bruttopreisen anstelle der geforderten Nettopreise, so ist der Ausschluss des Angebots aus der Wertung nicht ohne Weiteres gerechtfertigt, wenn es dem Auftraggeber zumutbar ist, durch relativ einfache Rechenoperation die Brutto- in Nettopreise umzurechnen. Eine solche einfache Umrechnung stellt keine Änderung der Vergabeunterlagen dar. 3. 3.1 Formelle der Prüfung der Angebote (1. Wertungsstufe) Fehlende/Unklare Erklärungen 108 VK Brandenburg, Beschluss vom 01.08.2011 – VK 22/11 (Endoskopiesystem) Der Auftraggeberin aufzugeben, das Angebot der Antragstellerin nicht von der Wertung auszuschließen, sondern es unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer auf allen Wertungsstufen zu werten und den durch die Antragstellerin gerügten Vergabefehlern abzuhelfen und die laufende Ausschreibung solange zu unterbrechen, wie dies nicht geschehen ist. II. Die Unvollständigkeit der elektronischen Fassung des Angebotes ist ebenfalls zu Recht gemäß § 19 EG Abs. 3 Satz 1 lit. e, 16 EG Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 VOL/A als Ausschlussgrund herangezogen worden. Das Angebot war nach Ziff. 9 der Besonderen Bewerbungsbedingungen unmissverständlich „mit allen Anlagen im Original und einer Kopie (Papierform) sowie in elektronischer Fassung auf CD oder DVD (alle Unterlagen jedenfalls auch im pdf-Format)“ einzureichen. Diese Anforderung erfüllt das Angebot der Antragstellerin in Bezug auf die mit dem Angebot einzureichenden Wartungsvertragsentwürfe nicht – unabhängig davon, dass die in Papierform eingereichten Vertragsentwürfe teils auch nicht der Anforderung genügen, einen Vollwartungsvertrag und einen Teilwartungsvertrag vorzulegen. Auf die Wettbewerbsrelevanz der fehlenden elektronischen Fassung der Vertragsentwürfe kommt es nach §§ 19, 16 VOL/A-EG für den Ausschluss nicht an (vgl. VK Bund, Beschluss vom 2. Februar 2011 – VK 3-168/10 unter Hinweis auf Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 19 EG, Rn. 43). Unvollständige Angebote sind zwingend von der Wertung auszuschließen, wenn sie nicht in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 18. Februar 2003 – X ZB 43/02). 196 Eine Verpflichtung zur Nachforderung bestand für die Auftraggeberin nicht. Bereits der Wortlaut des § 19 EG Abs. 2 VOL/A – können nachgefordert werden – überlässt dem Auftraggeber die Entscheidung, ob er von einem Bieter Unterlagen nachfordert. Er kann daher grundsätzlich unvollständige Angebote ausschließen, ohne von der Nachforderungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Wird, wie vorliegend von der Auftraggeberin, auf die Nachforderungsmöglichkeit gegenüber allen Bietern verzichtet, genügt der Auftraggeber dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Ein Anspruch der Bieter, die Möglichkeit zur Vervollständigung seines Angebotes eingeräumt zu erhalten, besteht nicht (VK Bund, a.a.O.) Das Angebot der Antragstellerin war auch deshalb zwingend von der Wertung auszuschließen, weil es nicht den in den Verdingungsunterlagen festgelegten Mindestbedingungen entsprach. Angebote, die die in den Verdingungsunterlagen aufgestellten Mindestanforderungen von vornherein nicht einhalten, sind auszuschließen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 5. Januar 2006 – Verg W 12/05). Die Auftraggeberin hat in Ziff. 10 der Besonderen Bewerbungsbedingungen verlangt, dass die Bieter mit ihren Angeboten zwei Vertragsentwürfe, den Entwurf eines Vollwartungsvertrages und den Entwurf eines Teilwartungsvertrages vorlegen („haben ... zwingend beizufügen“). Sie hat zugleich festgelegt, dass das Angebot aus dem Verfahren ausgeschlossen wird, wenn ein solcher Vertragsentwurf fehlt. Der letztlich gewählte Wartungsvertrag [Voll- oder Teilwartungsvertrag] sollte als Anlage 2 des Vertrages über Lieferung, Inbetriebnahme und Wartung von Endoskopie-Equipment (vgl. § 6 Abs. 1) die Einzelheiten der vertraglich zu vereinbarenden Wartungspflichten regeln. Die mit dem Angebot vorzunehmende Vorlage der beiden Wartungsvertragsvarianten hatte die Auftraggeberin als Mindestbedingung festgelegt. Die Antragstellerin hat mit dem Angebot keinen Teilwartungsvertrag eingereicht. Das folgt zum Einen bereits aus dem Leistungsumfang der beiden mit dem Angebot eingereichten und als „Instandhaltungsverträge“ bezeichneten Vertragsentwürfe in Verbindung mit den angebotenen „Wartungs“-Kosten. Die dem Angebot beigefügten „Instandhaltungsvertragsentwürfe“ könnten allenfalls als sich geringfügig unterscheidende „Vollwartungsvertragsentwürfe“ angesehen werden. Zum Anderen wurde die abgeforderte Teilwartung selbst nach eigenem Vortrag der Antragstellerin lt. E-Mail vom ... 2011 nicht mit dem Angebot eingereicht. Die Antragstellerin hat hier eingeräumt, dass es in ihrem Haus Unklarheiten im Hinblick auf den Gebrauch der Begriffe „Wartung“ und „Instandhaltung/Instandsetzung“ gebe. Sie hat ferner eingeräumt, dass sie den Leistungsumfang falsch eingeschätzt habe. Dem folgt, dass der nachgereichte Vertragsentwurf vom ... 2011 nach Leistungsumfang und Kosten mit dem ursprünglich angebotenen, geringfügig kostengünstigeren „Instandhaltungsvertrag“ nicht ansatzweise vergleichbar ist. Allerdings hat die Antragstellerin, obwohl ihr mögliche Diskrepanzen im Verständnis der in DIN ... definierten Abstufun- 197 gen von Instandhaltung bis Wartung bewusst waren, keine klärende Bieterfrage an die Auftraggeberin gerichtet. Eine Klärung hätte sich ihr jedoch aufdrängen müssen, denn in den Verdingungsunterlagen ist ausnahmslos von „Wartung“ und „Wartungskosten“ die Rede. Es kann dahinstehen, ob das Abweichen zwischen angebotener und der in den Verdingungsunterlagen beschriebenen Leistung dogmatisch als Fall der unzulässigen Änderung an den Verdingungsunterlagen einzuordnen ist, welcher zum zwingenden Ausschluss führt, oder ob ein nicht ausdrücklich in der Verdingungsordnung enthaltener zwingender Ausschlussgrund wegen der sich nicht deckenden und damit nicht zu einem Vertrag führenden Willenserklärungen vorliegt. Die Rechtsfolge des zwingenden Ausschlusses ist in jedem Fall gegeben (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Juli 2008 – Verg 10/08). 109 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.05.2012 – Verg 104/11 (Heeresflugplatz – Lüftungstechnische Anlagen) 3. Das Angebot der Beigeladenen ist, wie die Vergabekammer weiter zutreffend ausgeführt hat und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, auch nicht wegen fehlender Nachunternehmererklärungen auszuschließen. Die Beigeladene hat sowohl das Formular 235EG („Verzeichnis der Unternehmerleistungen EG“) als auch das Formular 236EG („Verpflichtungserklärung anderer Unternehmen EG“) mit dem Angebot vorgelegt. Damit hat sie mehr getan, als sie hätte tun müssen, denn die Benennung eines konkreten Nachunternehmers im Formular 235EG und die Vorlage einer entsprechenden Verpflichtungserklärung – des Formulars 236EG – waren nach den Vergabeunterlagen überhaupt nicht gefordert. An die gleichwohl erfolgte Benennung des Nachunternehmers X... war die Beigeladene folglich mangels verbindlicher Festlegung nicht gebunden. In dem mit dem Angebot vorzulegenden Formular 235EG hätte die Beigeladene nach dessen Wortlaut sowie gemäß Ziffer 7 Satz 1 („Eignungsnachweise andere Unternehmen“) der „Bewerbungsbedingungen für die Vergabe von Bauleistungen“ (Formular 212 EG) lediglich Art und Umfang der Leistungen angeben müssen, für die sie sich der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen wollte. Es hätte daher ausgereicht, wenn sie – wie geschehen – die entsprechenden Ordnungsziffern des Leistungsverzeichnisses (1.2.) und eine Beschreibung der Teilleistung (Lüftungsdecken) angegeben hätte (so auch: BGH, Urteil vom 10. Juni 2008, X ZR 78/07 „Nachunternehmererklärung“, NZBau 2008, 702 = VergabeR 2008, 782). Alle darüber hinausgehenden Angaben, wie die Angabe des Namens des Nachunternehmers beziehungsweise die Angabe des Fabrikats waren dagegen nicht notwendig. Dass die Beigeladene dennoch bereits in ihrem Angebot die Fa. X... als Nachunternehmer benannt hat, führt nicht dazu, dass diese Angabe bindend wäre. Der Bundesgerichtshof ist in seinem Urteil vom 10. Juni 2008 (a.a.O.) inzidenter davon ausgegangen, dass eine derartige Angabe unverbindlich ist. 198 Überdies hat die Beigeladene – wie bereits vorstehend ausgeführt – bei der Angebotsaufklärung mit E-Mail vom 18. Juli 2011 gegenüber dem von der Antragsgegnerin beauftragten Ingenieurbüro ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich nicht um ein verbindlich angebotenes, sondern nur um ein beispielhaft vorangebotenes Fabrikat gehandelt hat. Nachträglich abgegebene Erläuterungen eines Bieters darüber, wie er sein Angebot im Zeitpunkt seiner Abgabe verstanden wissen wollte und welchem Inhalt er ihm beimaß, sind bei der Auslegung des Angebots jedoch grundsätzlich zu berücksichtigen. Zur Feststellung, welchen Inhalt der Erklärende seinem Angebot tatsächlich beimisst, sind deshalb alle den Inhalt erläuternde Äußerungen des Bieters heranzuziehen, die einen Rückschluss auf seinen Willen im Zeitpunkt der Angebotsabgabe zulassen (Senat, Beschlüsse vom 14. Oktober 2009 – VII-Verg 9/09 und 12. März 2007 – VII-Verg 53/06). Zur Vorlage des Formulars 236EG mit dem Angebot wäre sie ausweislich Ziffer 7 Satz 2 („Eignungsnachweise andere Unternehmen“) der „Bewerbungsbedingungen für die Vergabe von Bauleistungen“ (Formular 212 EG) gar nicht verpflichtet gewesen. Diese Verpflichtungserklärung hätte die Beigeladene erst auf gesonderte Aufforderung der Antragsgegnerin, die nicht erfolgt ist, zu einem von dieser bestimmten Zeitpunkt vorlegen müssen (§ 6a Abs. 10 VOB/A und Ziffer 7 Satz 2 der Bewerbungsbedingungen). Mangels einer verbindlichen Festlegung auf einen Nachunternehmer in ihrem Angebot war die Beigeladene daher weder vor noch nach der Zuschlagserteilung an die von ihr benannte Nachunternehmerin X... gebunden, sondern durfte stattdessen bei der späteren Auftragsausführung einen anderen Nachunternehmer einsetzen. 110 VK Sachsen, Beschluss vom 15.11.2012 – 1/SVK/032-12 (Eigenverantwortlicher territorialer Winterdienst) 1. Bietererklärungen müssen klar und eindeutig sein. Der Auftraggeber ist nicht gehalten, aus mehreren Erklärungen mögliche Schlüsse zu ziehen. 2. Ein Antragsteller hat kein schützenswertes Vertrauen in Bezug auf eine bisherige, rechtswidrige Vergabepraxis des Auftraggebers. Auch eine Pflicht des Auftraggebers, den Antragsteller in besonderer Weise auf die Anforderungen nachgeforderter Erklärungen hinzuweisen, folgt daraus nicht. Die Vergabekammer sieht hier auch kein schützenswertes Vertrauen in die Vergabepraxis der Auftraggeberin, welches die Antragstellerin von der Vorlage der geforderten Erklärungen entbinden könnte. Nach dem Vortrag der Antragstellerin hatte die Auftraggeberin bei identischen Ausschreibungen der vergangenen Jahre gleichlautende Erklärungen der Antragstellerin akzeptiert. Auch wenn dies so wäre, würde dies die Rechtsstellung der Antragstellerin in diesem Verfahren nicht verbessern. Auf eine vergaberechtswidrige Praxis kann sich die Antragstellerin nicht berufen. 199 Dadurch würden die weiter im Wettbewerb befindlichen Bietern gegenüber der Antragstellerin benachteiligt, was aus Gründen der Gleichbehandlung und der Transparenz nicht zulässig ist. Im Ergebnis war also festzuhalten, dass die Erklärung der Antragstellerin nicht ausreichend war und auch im Ergebnis der Nachforderung nicht die Anforderungen der Auftraggeberin erfüllt hatte. Auf die Ausführungen der Antragstellerin, dass sie ausreichend Personal zur Verfügung habe, um den gegenständlichen Auftrag zu erfüllen, kommt es nicht an. Dies wird von der Kammer auch nicht in Abrede gestellt. 3.2 Änderung der Vergabeunterlagen 111 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 21.02.2012 – 11 Verg 11/11 (Neubau Tunnel) dd) In Betracht kommt jedoch eine Änderung an den Verdingungsunterlagen (§ 16 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 VOB/A). Hierunter fallen nicht nur manipulative Einwirkungen durch Streichungen, Einfügungen oder das Herausnehmen einzelner Blätter (Vavra a.a.O. Rn. 6). Der Begriff der Änderung ist weit auszulegen (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 26.5.2009, 11 Verg 2/09). Weicht ein Bieter von den Vorgaben der Vergabeunterlagen ab und bietet im Ergebnis eine andere als die ausgeschriebene Leistung an, so ändert er damit die Vergabeunterlagen (Christiani a.a.O. Rn. 62.). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Änderung technische Vorgaben oder vertragliche Ansprüche betrifft (Stolz in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht Kompaktkommentar, § 13 VOB/A Rn. 52). Änderungen können insbesondere auch die Preise und die Kalkulation betreffen. (a) Der Senat teilt nicht die Auffassung der Beigeladenen, es sei den Bietern freigestellt gewesen, auf welche Weise sie die von ihnen anzugebende Vortriebsbauzeit ermittelten. Überdies hält er die Einhaltung der Vorgaben der Bieteranmerkungen für zwingend geboten, weil sie unmittelbar in die Berechnung der Verrechnungseinheit und damit der Vergütung der Baustellenkosten gem. Pos. 00.0020.30 einfließen. Hierzu heißt es in den Anlagen für Bietereintragungen unter 2.3 Vortriebsbauzeit: „2.3.1. Allgemeines Die Vortriebsbauzeit VBZ ergibt sich als Summe der Vortriebsdauer der Kalot-tenvortriebe in beiden Röhren, der zusätzlichen Vortriebsdauer für das Nachziehen von Strosse und Sohle, der zusätzlichen Vortriebsdauer auf Grund von Wassererschwernissen, Rohrschirmherstellung, Brustankerung, Fußpfählen, sonstiger Vortriebsverzögerungen und Vortriebsunterbrechungen. Die tatsächliche VBZ ist variabel und abhängig von der tatsächlichen Vortriebsklassenverteilung ... unter Berücksichtigung der vertraglichen Leistungsansätze. ... 200 Bei der Ermittlung der Vortriebstage für den Kalottenvortrieb ist zu berücksichtigen, dass sich die Vortriebstage aus der Summe der Kalottenvortriebe in den Hauptröhren errechnen.“ Es folgt Ziff. 2.3.3 Ermittlung der Vortriebsdauern Kalottenvortriebe, wo die Vortriebsdauer unter Berücksichtigung der vom AG prognostizierten VKL und der angebotenen Vortriebsleistung für jede VKL zu berechnen und einzutragen war. Im Anschluss an die dort vorgesehenen Eintragungen folgt 2.4 Ermittlung der Vortriebsbauzeit VBZ Ausdrücklich heißt es in dem einleitenden Satz zu diesem Abschnitt: „Der für die LV – Position 00.20.0030 zu vergütende Vordersatz wird gem. LV – Vorbemerkung Pkt. 2.2.3. wie folgt ermittelt:“ Es folgen zehn Zeilen für Z 1 – Z 10, an deren Ende sich jeweils eine gestrichelte Linie und an deren Ende ein D (für Tage) befindet. In der Gesamtschau kann kein Zweifel daran bestehen, dass in die vorgesehenen Zeilen Z 1 – Z 10 die auf den vorhergehenden Seiten ermittelten Zeiten (Vortriebsdauern für Nord- und Südröhre und sog. Teilzeiten) zu übertragen waren. Erst recht kann es keinen vernünftigen Zweifel geben, dass in der am Ende dieser Seite (Seite 11 von 17) in der Zeile „Vortrieb bergmännischer Tunnel OZ 00.20.0030 (VBZtheor)“ auf der hier vorgesehenen Linie vor D die Summe der sich aus den vorstehend eingetragenen Teilbeträgen Z 1 – Z 10 eingetragen werden sollte. Selbst wenn sich hier noch irgendein vernünftiger Zweifel ergeben könnte, lässt sich dieser durch einen Blick in Ziff. 2.2.4. der Vorbemerkungen LVZ unschwer beheben, wo es heißt: „Bei der Ermittlung der Vortriebsbauzeit werden folgende Teilzeiten berücksichtigt:“ (Es folgt die Aufführung der Ziffern Z 1 – Z 10). Damit gehen die Vorgaben zur Ermittlung der Vortriebsbauzeit so eindeutig aus den Vergabeunterlagen hervor, dass aus der Sicht eines durchschnittlichen Bieters keine Zweifel daran aufkommen konnten, wie sie zu erfüllen waren. Jedenfalls erlauben sie nicht den Schluss, es seien beliebige Zahlen an dieser Stelle einzutragen. Auch die Beigeladene hat nicht geltend gemacht, sie habe die Vorgaben missverstanden, sondern hat – so behauptet sie – lediglich gemeint, sie seien unzutreffend, weil eine so ermittelte Vortriebsbauzeit nicht berücksichtige, dass sich die Bauzeiten überlappten und die anzugebende Bauzeit dadurch länger als die tatsächliche Bauzeit sei. Dies berechtigte die Beigeladene jedoch nicht, von den Vorgaben in den Bieterunterlagen willkürlich abzuweichen und eine Zeitangabe einzutragen, die aus den dortigen Vorgaben unter Ziff. 2.3 und 2.4 in keiner Weise herleitbar ist. (b) Die Abweichung in den Bietereintragungen ist auch nicht unerheblich, weil es sich dabei nicht um Verdingungsunterlagen handelt oder die abweichenden Angaben keinen Einfluss auf das Wertungsergebnis haben. 201 aa) Bei den Anlagen für Bietereintragungen handelt es sich um Vergabeunterlagen und nicht um – wie die Beigeladene meint – nicht wertungsrelevante Schemata für kalkulatorische Eintragungen. Das ergibt sich schon daraus, dass in Ziff. 2.4 zur Ermittlung des für die LV – Position 00.20.0030 zu vergütenden Vordersatzes auf das LVZ und die LV – Vorbemerkung Pkt. 2.2.3 Bezug genommen wird. Der nach den dortigen Vorgaben zu ermittelnde Vordersatz wird über die Abrechnungsvereinbarung in LVZ 00.20.0030 als Vergütungsvereinbarung unmittelbarer und wesentlicher Vertragsbestandteil. Eine Änderung an den Verdingungsunterlagen hat die Beigeladene schon dadurch bewirkt, dass sie diesen Vordersatz nicht wie vorgesehen ermittelt hat und dadurch zu einer abweichenden Verrechnungseinheit gelangt. Obwohl sie – wie die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 15.2.2012 zutreffend ausführt – in der Position 00.20.0030 einen Pauschalbetrag von 6.000.440,58 EUR angeboten hat, berechnet sie ihre Vergütung auf der Grundlage einer Verrechnungseinheit von 13.130,06 EUR (6.000.440,58 : 457) und damit annähernd so hoch die Antragstellerin, die eine wesentlich höhere Pauschale angeboten hat. Damit verschafft sich die Beigeladene schon deswegen einen rechnerischen Vorteil, weil sie bei der wertungsrelevanten Pauschale ein günstigeres Angebot ausweisen kann, ohne dadurch bei der Abrechnung wesentlich schlechter zu fahren als Konkurrenten mit einem höheren Pauschalpreis. Hätte die Beigeladene die Vortriebsbauzeit wie in Ziff. 2.4 der Bietereintragungen und so wie die Antragstellerin ermittelt, ergäbe sich für sie lediglich eine Verrechnungseinheit von 8.634,22 EUR. Selbst wenn die Ermittlung der Verrechnungseinheit nur für die Berechnung von Abschlagszahlungen während der Bauzeit von Bedeutung wäre, hätte sich die Beigeladene durch ihre von den Vergabeunterlagen abweichende Berechnung einen Vorteil verschafft. (bb) Der Senat vermag indes auch die Auffassung der Beigeladenen nicht nachzuvollziehen, wonach sich aus den Vergabeunterlagen verschiedene Berechnungsmethoden ableiten ließen. Die Vergabeunterlagen sind auch insoweit eindeutig. Gem. Ziff. 2.2.4 der Vorbemerkungen zum LVZ errechnet sich die Anzahl der vergüteten Kalendertage aus der Summe der Laufmeter Kalotte der tatsächlich angetroffenen Vortriebsklassen jeder Tunnelröhre, geteilt durch die jeweiligen Vortriebsklassen. Die Anzahl der zu vergütenden Kalendertage ergibt sich mithin nicht nach der Berechnung der Beigeladenen, sondern nach dem vertraglich vorgesehenen Konzept. Darauf hätte die Beigeladene bei Zuschlagserteilung einen vertraglichen Anspruch. Bei unveränderter Vortriebsklassenverteilung hätte die Beigeladene nach dieser vertraglich vorgesehenen Vergütungsvereinbarung mindestens Anspruch auf eine Vergütung für 555,59 Tage. Bereits damit wäre die angebotene Pauschale deutlich überschritten. 202 Die von der Beigeladenen jetzt angekündigte Abrechnung von lediglich 457 Tagen findet in den Vergabeunterlagen keinen Niederschlag. Ob das Angebot der Antragstellerin unabhängig von den unterschiedlichen Berechnungsmethoden preislich unverändert hinter dem der Beigeladenen zurückbleibt, ist unerheblich. Angebote, die eine Änderung der Vergabeunterlagen enthalten, sind zwingend auszuschließen, unabhängig davon, ob sich die Änderung zu Lasten eines Wettbewerbers auswirkt, denn die Vorschrift dient auch dem Schutz des Auftraggebers vor Angeboten, die er so nicht wollte (vgl. Weyand, Vergaberecht Praxiskommentar, 3. Aufl., § 16 VOB/A Rn. 7711). 112 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.02.2012 – 1 VK 07/11 (Neubau Kläranlage Lubmin) C. Im Übrigen ist der Nachprüfungsantrag unbegründet. 1. Es ist unschädlich, wenn die Beigeladene mehr Referenzen beigebracht hat als vom Antragsgegner gefordert. Die Bieter können ihren Angeboten ohne Weiteres auch weitere Informationen, wie beispielsweise besondere Qualifikationsnachweise, Informationsbroschüren oder auch Referenzen beifügen, ohne dass diese Nachweise gefordert sein müssen. Die Angaben in solchen weitergehenden Informationen muss eine Vergabestelle lediglich nicht prüfen, wenn sie diesbezüglich keine Vorgaben in ihren Vergabeunterlagen gemacht hat. Sie darf sie auch nicht bei der Wertung berücksichtigen, wenn sie diese nicht zuvor gefordert hat (VK Münster, Beschluss vom 19.10.2011, Az.: VK 15/11) 113 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.05.2012 – Verg 104/11 (Heeresflugplatz – Lüftungstechnische Anlagen) Mit EU-Bekanntmachung vom 04. Juni 2011 schrieb die Antragsgegnerin das Gewerk „Lüftungstechnische Anlagen“ im Zusammenhang mit der Baumaßnahme „Heeresflugplatz – GMB – Neubau-Trio Gebäude, ..., ... „ im offenen Verfahren aus. Es sollte unter anderem eine Küchenlüftungsdecke mit einer Fläche von 330 qm erstellt werden. Angebote waren bis zum 12. Juli 2011 einzureichen. Nebenangebote waren nicht zugelassen. Einziges Zuschlagskriterium war der niedrigste Preis. Die Leistungsbeschreibung enthielt detaillierte Angaben zu den zu erbringenden Leistungen sowie zu den einzusetzenden Materialien und Produkten. Es mussten nur die Preise für die einzelnen Leistungspositionen eingetragen, aber keine Hersteller- oder Typenangaben gemacht werden. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer ist zulässig, aber unbegründet. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zu Recht als unbegründet zurückgewiesen. 203 Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die Antragstellerin ist antragsbefugt gemäß § 107 Abs. 2 GWB und hat rechtzeitig gerügt gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, Nr. 4 GWB. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer verwiesen werden. Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Wie die Vergabekammer zu Recht ausgeführt hat, ist die Wertung der Antragsgegnerin, nach der die Beigeladene den Zuschlag erhalten soll, vergaberechtsfehlerfrei erfolgt. Das Angebot der Beigeladenen ist nicht von der Wertung auszuschließen. 1. Das Angebot der Beigeladenen ist nicht wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 VOB/A auszuschließen. Wie die Vergabekammer ausgeführt hat und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, hat die Beigeladene weder ein konkretes Produkt oder einen konkreten Modelltyp, noch eine konkrete Art der Herstellung oder Durchführung der ausgeschriebenen Leistung angeboten. Die Antragsgegnerin hat, um ein möglichst breites Feld von Angeboten zu erhalten, richtigerweise (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A) ein produktneutrales Leistungsverzeichnis erstellt, in welches die Bieter nur ihre Angebotspreise eintragen mussten. Darüber hinausgehende Angaben waren nicht gefordert. Damit hatte sich die Beigeladene grundsätzlich nur dazu verpflichtet, zu den von ihr angebotenen Preisen die im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Leistungen in mittlerer Art und Güte zu erbringen (siehe: §§ 133, 157, 243 Abs. 1 BGB sowie Formblatt 213EG (Angebotsschreiben EG), dort Ziffern 1 und 4). Dem steht nicht entgegen, dass die Beigeladene hinsichtlich der Küchenlüftungsdecken (Ordnungsziffern 1.2. des Leistungsverzeichnisses) ein bestimmtes Fabrikat benannt hat. Wie sich sowohl aus dem Formular 235EG (Verzeichnis der Unternehmerleistungen EG) als auch aus ihren beiden nicht zugelassenen Nebenangeboten vom 11. Juli 2011 ergibt, hat die Beigeladene, obwohl dies so nicht gefordert war, Lüftungsdecken eines bestimmten Fabrikats, nämlich des Fabrikats X... („Lüftungsdecken Fabr. X...“), angeboten. Allerdings hat sie dies in Ihrer E-Mail vom 18. Juli 2011 im Zuge der Angebotsaufklärung durch die Antragsgegnerin dahingehend klargestellt und relativiert, dass es sich lediglich um ein „vorangebotenes Fabrikat“ gehandelt habe. Das Angebot der Beigeladenen ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die anerkannten Regeln der Technik oder gegen einschlägige technische Normen auszuschließen (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 VOB/B). Bei den anerkannten Regeln der Technik handelte es sich um die technischen Regeln für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen, die in der technischen Wissenschaft als theoretisch richtig anerkannt sind und feststehen, sowie insbesondere in dem Kreis der für die Anwendung der betreffenden Regeln maßgeblichen, nach dem neuesten Erkenntnisstand vorgebildeten Techniker durchweg bekannt und aufgrund praktischer Erfahrung als technisch geeignet, 204 angemessen und notwendig anerkannt sind. Erforderlich ist folglich die Anerkennung in Theorie und Praxis. Dabei handelt es sich um Mindestanforderungen, die an eine ordnungsgemäße Leistung zu stellen sind. Die DIN-Normen können die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben oder hinter diesen zurückbleiben. Die vertraglich vereinbarten Anforderungen an die Leistung können über die anerkannten Regeln der Technik hinausgehen (siehe zum Ganzen: Oppler in Ingenstau/Korbion, VOB, 17. A., § 4 Abs. 2 VOB/B, Rdnr. 39, 42, 46 u. 48 m.w.N.). Die Feststellung eines Verstoßes der Beigeladenen gegen die anerkannten Regeln der Technik scheidet schon deshalb aus, weil nicht sie, sondern die Auftraggeberin die Konstruktionsweise und die Ausführung der Lüftungsdecken im Leistungsverzeichnis im Einzelnen vorgegeben hat. Darüber hinausgehende konkrete Festlegungen, insbesondere solche, die den anerkannten Regeln der Technik, den DIN-Normen oder den vertraglichen Vereinbarungen widersprechen würden, sind durch die Beigeladene – wie bereits vorstehend ausgeführt – nicht erfolgt. Der entgegenstehende Vortrag der Antragstellerin geht damit ebenfalls ins Leere. Die Beigeladene hat in ihrem Angebot zudem zugesagt, die einschlägigen Vorschriften für Küchenlüftungsdecken, wie die DIN-Norm 18869 (Einrichtung zur Be- und Entlüftung von gewerbsmäßigen Küchen), die VDI-Richtlinie 2052 (Raumlufttechnische Anlagen für Küchen, Ausgabe April 2006) und die Baufachliche Richtlinie 12.500, sowie die vertraglichen Vereinbarungen einzuhalten. Ein Ausschluss der Beigeladenen wegen fehlender Eignung aufgrund mangelnder Zuverlässigkeit käme aber nur dann in Betracht, wenn sie nicht willens oder in der Lage wäre, ausschreibungskonform zu leisten (siehe: Senat, Beschlüsse vom 25. April 2012 – VII-Verg 61/11, 14. Juli 2011 – VII-Verg 61/11, 14. Oktober 2009 – VII-Verg 9/09 und 12. März 2007 – VII-Verg 53/06; OLG München, Beschlüsse vom 17. September und 15. November 2007 – Verg 10/07 „Uhrenanlage“). Dafür, dass die Beigeladene nicht leistungswillig oder leistungsfähig ist, ist angesichts des modularen Aufbaus und der individuellen Anfertigung der Lüftungsdecke nichts ersichtlich. Ob die Beigeladene bei der Ausführung der Leistungen die anerkannten Regeln der Technik und die vertraglich vereinbarten Anforderungen tatsächlich einhalten wird, kann zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung naturgemäß nicht beurteilt werden. 114 VK Bund, Beschluss vom 07.05.2012 – VK 3-33/12 (Profilgreifer) II. Vergabeunterlagen sind nach §§ 133, 157 BGB aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers auszulegen, vorliegend also aus der Sicht eines sachkundigen Bieters. Bei der ASt handelt es sich um ein branchenerfahrenes Unternehmen, das nach eigenen Angaben als einzige an dem Vergabeverfahren beteiligte Bieterin eine voll funktionsfähige, serientaugliche Anlage zur kontinuierlichen Herstellung von dreidimensionalen Kohlefaser-Profilen entwickelt hat. Daher hätte es gerade für die ASt erkennbar sein müssen, dass die Einfügung der 205 Preformanlage eine der wesentlichen technischen Anforderungen der Ag ist. In der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer ist von der ASt auch unbestritten geblieben, Kenntnis von dem „Design Freeze“ zu haben, der dazu führt, dass die nachgeschaltete RTM-Anlage seit dem 12. Januar 2012 nicht mehr veränderbar ist. 115 VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.02.2013 – 1 VK 1/13 (Straßenbauarbeiten) Der Nachprüfungsantrag ist in der Sache begründet. Die Antragstellerin wurde durch den Ausschluss ihres Angebots in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Der Ausschluss ist nicht nach § 16 EG Abs. 1 lit. b) i.V.m. § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A gerechtfertigt. Danach sind Angebote auszuschließen, wenn unzulässige Änderungen an den Vergabeunterlagen durch den Bieter vorgenommen wurden. Hierauf hat sich die Antragsgegnerin in ihrem Schreiben an die Antragstellerin vom 21.12.2013 zu Unrecht berufen. Eine Leistungsbeschreibung, der es im entscheidenden Punkt für einen verständigen Bieter an Klarheit und Unmissverständlichkeit mangelt, ist prinzipiell ungeeignet, einen Ausschluss von Bieterangeboten zu rechtfertigen, OLG Düsseldorf, 28.1.2004, Verg 35/03; OLG Düsseldorf, 26.7.2005, Verg 71/04; VK Münster, 17.11.2005, VK 21/05. Ist die geforderte Leistung eindeutig und erschöpfend beschrieben, dürfen die Bieter diese Leistung auch nur entsprechend dem geforderten/ausgeschriebenen Standard anbieten, wenn sie nicht wegen Änderung der Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden wollen. Andererseits darf der Auftraggeber nur solche Angebote werten, die seinen ausgeschriebenen Anforderungen entsprechen, selbst wenn er im Nachhinein seine Meinung ändert und „großzügiger“ sein möchte. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass es unterschiedliche Meinungen zur Richtigkeit des besten technischen Standards gibt oder der Auftraggeber einen veralteten technischen Standard ausgeschrieben hat (s. hierzu OLG Dresden, Beschluss vom 17.05.2011, WVerg 3/11). Auf den vorliegenden Fall angewandt bedeutet dies, dass ein einstreifiger Einbau des Betons vom öffentlichen Auftraggeber verlangt werden kann, egal, ob der einstreifige Einbau nach den einschlägigen technischen Regelwerken die ausschließlich regelgerechte Variante ist oder der mehrstreifige Einbau ebenfalls regelgerecht ist. Dies setzt jedoch voraus, dass die Bieter nach dem objektiven Empfängerhorizont hinreichend klar und eindeutig aus der Bekanntmachung und/oder dem Leistungsverzeichnis (LV) bzw. der Baubeschreibung den objektivierten Willen des Auftraggebers erkennen können. Es genügt dagegen nicht, wenn der Auftraggeber subjektiv eine bestimmte Einbauvariante möchte – und es dafür auch nachvollziehbare Gründe gibt –, der Wille 206 sich jedoch nicht eindeutig, unmissverständlich und ohne weitere Interpretationen aus den den Bietern zur Verfügung stehenden Vergabeunterlagen ergibt. 3.3 Fehlende Preisangaben/Mischkalkulation 116 KG, Beschluss vom 14.08.2012 – Verg 8/12 (Fahrscheinautomaten) (1.) Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist – wie die Vergabekammer zutreffend festgestellt hat und von keinem Verfahrensbeteiligten beanstandet wurde – zulässig. (2.) Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist – allerdings entgegen der Auffassung der Vergabekammer – auch begründet. Denn die Vergabestelle hat das Angebot der Antragstellerin vom 9. Januar 2012 gemäß §§ 13 Abs. 1 Nr. 3, 16 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d) VOB/A zu Unrecht ausgeschlossen. Die Vergabestelle durfte nämlich auf Grund der ihr bekannten Umstände nicht annehmen, dass Teile des Angebotes Ergebnis einer sog. Mischkalkulation waren. Dies ergibt sich aus Folgendem: (a.) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind solche Angebote von der Wertung grundsätzlich auszuschließen, die auf einer Mischkalkulation beruhen, bei der durch sogenanntes „Abpreisen“ bestimmter ausgeschriebener Leistungen und sogenanntes „Aufpreisen“ anderer angebotener Positionen Preise benannt werden, die die für die jeweiligen Leistungen geforderten tatsächlichen Preise weder vollständig noch richtig wiedergeben (BGH, Beschl. v. 18.5.2004 – X ZR 7/04, Rdnr. 24 zit. nach Juris). In Konkretisierung dieser Rechtsprechung liegt nach Auffassung des Senats eine Mischkalkulation allenfalls dann vor, wenn (1.) der Bieter in seinem Angebot einen bestimmten Positionspreis niedriger angibt als dies nach seiner diesbezüglichen internen Kalkulation – d.h. der Summe aus im Wesentlichen den mutmaßlichen positionsbezogenen Kosten und dem angestrebten, positionsbezogenen Gewinn des Bieters – angemessen wäre, während (2.) der Bieter einen anderen Positionspreis höher angibt, als dies nach seiner internen Kalkulation angemessen wäre, und (3.) diese Auf- und Abpreisung in einem von dem Bieter beabsichtigen, kausalen Zusammenhang steht. Die objektive Beweislast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen trägt jedenfalls im Ausgangspunkt die Vergabestelle. Zum Zwecke des Nachweises kann die Vergabestelle im Verdachtsfalle dem Bieter aufgeben, seine Kalkulation darzulegen bzw. den Hintergrund der Auf- und Abpreisung zu erläutern. 207 Nach diesen Grundsätzen ergibt sich vorliegend folgendes Bild: (…) (c.) Offen kann bleiben, welche Anforderungen im Einzelnen an den Nachweis des Vorliegens einer Mischkalkulation zu stellen sind und ob eine ggf. nachgewiesene Mischkalkulation in jedem Fall den Angebotsausschluss rechtfertigt. In Bezug auf beide Fragen hält der Senat – wie die deutliche Mehrheit der Oberlandesgerichte – eine weitgehende Großzügigkeit zu Gunsten des Bieters für geboten. Denn zum einen ist es Aufgabe der Vergabestelle, dafür zu sorgen, dass die von ihr vorgegebene Bewertungsmatrix keinen Anreiz für ein Angebotsverhalten der Bieter schafft, das das Vergabeverfahren intransparent und die Angebote der Bieter unvergleichbar werden lässt. Zum anderen entspricht es dem natürlichen, wettbewerbsgemäßem Verhalten jedes Bieters, sein Angebot so zu kalkulieren, dass es nach den ihm bekannt gemachten Bewertungsmaßstäben des Auftraggebers möglichst attraktiv für den Auftraggeber erscheint. Ferner spricht für eine Zurückhaltung beim Bieterausschluss wegen unzulässiger Mischkalkulation, dass das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Mischkalkulation im konkreten Fall regelmäßig nicht allein anhand objektiver Kriterien festzustellen ist, sondern jedenfalls zu einem erheblichen Teil nur anhand subjektiver Einschätzungen des Bieters; dies gilt namentlich für die Frage, welche Kosten eines Unternehmers einer bestimmten Angebotsposition zuzuordnen sind, welche Höhe der angestrebte Gewinn des Bieters hat, ob ein kausaler Zusammenhang zwischen einer bestimmten Aufpreisung und einer bestimmten Abpreisung besteht und ob der Bieter diesen Zusammenhang beabsichtigt hat (ähnlich zurückhaltend schon Senat, Beschl. v. 26.2.2004 – 2 Verg 16/03; dem im Ausgangspunkt zustimmend BGH, Beschl. v. 18.5.2004 – X ZB 7/04, Rdnr. 28 zit. nach Juris; ebenso zurückhaltend OLG Celle, Beschl. v. 3.6.2010 – 13 Verg 6/10, Rdnr. 91 zit. nach Juris: grundsätzlich ist jeder Bieter in seiner Kalkulation frei; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.2.2009 – Verg 66/08, Rdnr. 55 zit. nach Juris: Mischkalkulation ist ‚nicht per se anstößig‘; OLG Rostock, Beschl. v. 8.3.2006 – 17 Verg 16/05, Rdnr. 69 zit. nach Juris: der Bieter muss seine Preise nur nachvollziehbar kalkulieren und dies vortragen; OLG Naumburg, Beschl. v. 22.9.2005- 1 Verg 7/05, Rdnr. 48 ff. zit nach Juris: Mischkalkulation ist nur dann unzulässig, wenn die Preisangabe mit den ebenfalls vom Bieter übersandten ‚Unterlagen zur internen Preisermittlung‘ in nicht erklärbarem Widerspruch steht; OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.9.2005, Rdnr. 63 zit. nach Juris: Mischkalkulation kann nur angenommen werden, wenn sich der Bieter dazu bekennt; OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 16.8.2005 – 11 Verg 8/05, Rdnr. 25, 28 und 33 zit. nach Juris: Mischkalkulation kann nur angenommen werden, wenn ‚ganz eindeutige Indizien‘ für ein Auf- und Abpreisen sprechen und die diesbezügliche Erläuterung des Bieters ‚substanzlos‘ ist). Ebenfalls offen kann bleiben, ob diejenigen Umstände, die zum Nachweis des Vorliegens einer Mischkalkulation im Vergabenachprüfungsverfahren herangezogen 208 werden, wegen §§ 101a Abs. 1 Satz 1, 101b Abs. 1 Nr. 1 GWB spätestens im Informationsschreiben der Vergabestelle an den ausgeschlossenen Bieter genannt sein müssen oder ob die Vergabestelle derartige Umstände im Vergabenachprüfungsverfahren „nachschieben“ kann. 117 VK Thüringen, Beschluss vom 28.09.2012 – 250-4002-14693/2012-E-005-SM (Neubau Ortsumfahrung) Es steht dem Bieter im Rahmen seiner Kalkulationsfreiheit frei, erwartete Vorteile und Gewinne, die sich bei bestimmten Positionen des Leistungsverzeichnisses ergeben, in anderen Positionen zu verrechnen. Hierin ist keine unzulässige Mischkalkulation zu sehen. Die von der VST solcherart gefertigte Argumentationskette leidet aber bereits an einem Mangel im Tatsächlichen, indem sie nicht erklärt und erkläre kann worin im Zuge der Abpreisung von Entsorgungspositionen, die Aufpreisung von Kosten- und Leistungsbestandteilen in anderen Positionen (Asphaltpositionen) erfolgt sein soll. Unter einer „Mischkalkulation“ wird allgemein der Vorgang verstanden, wenn Kostenbestandteile, die bei einer im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Position zu kalkulieren sind, bei einer anderen Position ausgewiesen werden, ohne dass dieses Vorgehen zumindest offengelegt worden ist, dieser Vorgang dem Bieter wie der Vergabestelle also bekannt waren. Der Tatbestand einer „Mischkalkulation“ liegt aber dann nicht vor oder begründet das Verhalten eines Bieters den Vorwurf, eine solche (unzulässigerweise) vorgenommen zu haben, in dem er eine oder mehrere Positionen im Leistungsverzeichnis tatsächlich besonders günstig ausgepreist hat, was allein wiederum der bloßen Verlagerung von Kosten einer Position in die andere Position geschuldet gewesen sein soll. Eine unzulässige „Ab“- und „Aufpreisung“ von Leistungspositionen ist hier nur dann zu sehen, wenn diese Vorgänge in einem kausalen Zusammenhang einer Kosten- und Preisverlagerung von einer/mehreren Position(en) in eine andere/andere Position(en) stehen kann. Im Falle der AST ist diese Verlagerung von Kostenbestandteilen innerhalb von Positionen ihres Angebotes durch die VST aber nicht nachgewiesen worden. Die VST hat zunächst nichts dazu vorgetragen, dass den Schluss zuließe, gerade eine solche Verlagerung von Kosten oder Preisbestandteilen sei mit dem Angebot der AST Vorgenommen worden. Die VST sieht allein die Abpreisung der oben beschriebenen Entsorgungspositionen für ausreichend an, ihr Verdikt zum Angebot der AST auszusprechen. Dabei versteht sie die Aussage der AST den „Vorteil aus Asphalteinkauf ... Euro“, schon begrifflich als 209 Beleg dafür, dass die „fehlende Aufpreisung der Asphaltpositionen“ hier darin bestehen soll, dass keine Reduzierung des EP der genannten Asphaltposition durch einen „Vorteil aus Asphalteinkauf“ erfolgt sei, sondern eine Erhöhung des hier kalkulatorisch angemessenen Einheitspreises auf den normal kalkulierten Asphaltpreis. – Hätte die VST vor ihrer vorschnellen Ausschlussentscheidung die gebotene Aufklärung durchgeführt, hätte sie feststellen können, dass es bei den Einheitspreisanpassungen der Abfallentsorgungspositionen nicht um konkrete, projektbezogene Nachlässe oder Rabatte auf Materialien aus bestimmten (anderen) Positionen eines Leistungsverzeichnisses gegangen sei, sondern um Berücksichtigung von allgemeinen Vorteilen in Form von erwarteten Gewinnen aus der Beteiligung der AST an ###. Letztendlich konnte die VST die geltend gemachten Einwände nicht entkräften oder widerlegen. Sie hat vielmehr darauf verzichtet, sich überhaupt damit auseinanderzusetzen. Dies hätte aber der Gegenstand einer weiteren Aufklärung sein können und auch sein müssen. Die VST ist schließlich nicht damit zu hören, dass kein Aufklärungsbedarf mehr bestanden hätte, als die AST in der Urkalkulation den Begriff „Vorteil aus Asphalteinkauf“ – jeweils bei den Entsorgungspositionen(!) – verwendet habe. Die Art der Verwendung dieses Begriffes bedingt schon den weiteren Aufklärungsbedarf. Ohne Not hat die VST aber von der weiteren Aufklärung abgesehen, will sie doch den Beweis für eine durch die AST vorgenommene unzulässige Mischkalkulation allein schon in der Verwendung dieses Begriffspaares gesehen haben. 4.1.5 Eine Kosten- und Preisverlagerung ist hier also nicht schon darin zu sehen, dass die AST aus sachfremden Zwecken und Gründen allein eine solche – wie beschrieben – Preisanpassung vorgenommen und diese letztendlich auch offen gelegt hat. So ist es hier. Mit der Vorlage der Urkalkulation hat die AST den Nachweis dafür geführt, dass die für die Entsorgungspositionen geforderten Preise aus einer Preisanpassung stammen sollen, deren Grundlage der erwartete Gewinn aus der Beteiligung an der Mischgutanlage ### bilden sollte. Das Angebot der AST war also zu werten. Der Bewertung des Angebotes der AST im Fortgang des Vergabeverfahrens der VST steht der Vorwurf einer (unzulässigen) Mischkalkulation nicht im Wege. Das Angebot kann auch gewertet werden, weil die in der Leistungsbeschreibung vorgesehenen Preise – so wie auch gefordert – vollständig und mit dem Betrag angegeben war, der für die betreffende Leistung auch beansprucht wird. (vgl. dazu auch Bauer, in: Heiermann, Riedl, Rusam VOB/A m. w. N.). Kosten- oder Preisverlagerungen sind nicht zu beanstanden, wenn im Angebot jedenfalls der Preis genannt wird, 210 den der Bieter nach dem Ergebnis seiner Kalkulation dem Auftraggeber tatsächlich in Rechnung zu stellen beabsichtigt. Um eine „unzulässige“ Mischkalkulation handelt es sich im vorliegenden Falle nicht, weil die vorstehend beschriebenen Voraussetzungen vorliegen und daher keine Kostenund Preisverlagerung stattfindet. Schon begrifflich fehlt es damit bereits an dem (erfüllten) Tatbestand einer „Mischkalkulation“, wenn, wie im Falle der AST, Drittmittel zur Preisanpassung von Angebotspreisen genutzt werden sollen, während eine Kosten- und Preisverlagerung im Angebot selbst nicht stattfindet. 3.4 Nachforderung fehlender Erklärungen und Nachweise 118 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 21.02.2012 – 11 Verg 11/11 (Neubau Tunnel) Der Auffassung der Antragstellerin, § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil die Bestimmung nur für solche Unterlagen gelte, die mit dem Angebot vorzulegen seien, wäre andernfalls aber auch nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass die von der Antragstellerin zur Stützung ihrer Rechtsposition herangezogenen Entscheidungen VK Sachsen, Beschl. v.20.9.2011, 1/ SVK/0035-11 und VK Bund, Beschl. v. 14.12.2011, VK 1 – 153/11 P nicht vergleichbare Sachverhalte betreffen, ist in der Rechtsprechung der Vergabesenate zwischenzeitlich anerkannt, dass § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A analog auf den Fall anzuwenden ist, dass die Eignungsnachweise nicht bereits mit dem Angebot vorzulegen sind, sondern erst nach Angebotsabgabe von der Vergabestelle angefordert werden (OLG Celle, Beschluss v.16.6.2011, 13 Verg 3/11). 119 OLG Naumburg, Beschluss vom 23.02.2012 – 2 Verg 15/11 (Neubau Bundesstraße B 6n) III. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist auch begründet. Die Antragsgegnerin hat ein subjektives Recht der Antragstellerin im Vergabeverfahren i.S. von § 97 Abs. 7 GWB verletzt, indem sie deren Nebenangebot Nr. 1 ausgeschlossen hat, ohne der Antragstellerin zuvor Gelegenheit zur Nachreichung der fehlenden Erklärungen zu geben bzw. die unaufgefordert vorgelegten Erläuterungen der Antragstellerin im Rügeschreiben vom 16. August 2011 darauf zu prüfen, ob sich hieraus ein plausibler und für sie nachvollziehbarer Nachweis der im Nebenangebot angegebenen Mengenabweichungen entnehmen lässt. Zu einer Aufforderung zur Nachreichung der Erklärungen ist die Antragsgegnerin nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A verpflichtet. 211 1. Der Ausschluss eines Angebotes wegen fehlender Erklärungen oder Nachweise ist in § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A geregelt. Die Regelung bezieht sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sowohl auf Haupt- als auch auf Nebenangebote. In §§ 16, 16a VOB/A wird der Begriff der Angebote als Oberbegriff für Haupt- und Nebenangebote verwendet. Dies entspricht dem Grundsatz, dass Haupt- und Nebenangebote grundsätzlich nach denselben Kriterien zu bewerten sind. Dort, wo lediglich Hauptangebote gemeint sind (z. Bsp. § 16 Abs. 7 VOB/A) bzw. wo sich eine Regelung ausschließlich auf Nebenangebote bezieht (z. Bsp. §16 Abs. 1 Nr. 1 lit. e) und f), Abs. 8, § 16a Abs. 3 VOB/A), wird dies durch Verwendung der entsprechenden Begriffe eindeutig zum Ausdruck gebracht. Dies zeigt auch eine Kontrollüberlegung: Bezöge sich § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A, wie die Antragsgegnerin meint, lediglich auf Hauptangebote, dann fehlte es in der VOB/A an einer Grundlage, unvollständige Nebenangebote – mit Ausnahme fehlender Preisangaben – von der weiteren Wertung auszuschließen und eine anderslautende Bestimmung der Vergabeunterlagen, wonach unvollständige Nebenangebote dem Ausschluss unterliegen, wäre u.U. angreifbar. 2. Der von der Antragsgegnerin verlangte Nachweis der Mengenänderungen bei technischen Nebenangeboten wird von den in § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A genannten „Erklärungen und Nachweisen“ erfasst. Die Regelung ist mithin einschlägig. a) Der Begriff der Erklärungen und Nachweise in § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A ist weit auszulegen. Er bezieht sich sowohl auf bieterbezogene Eigen- und Fremderklärungen als auch auf leistungsbezogene Angaben und Unterlagen (ohne nähere Erläuterungen ebenso Vavra in: Ziekow/Völlink, VergabeR, 2011, § 16 VOB/A Rn. 23; Stolz in: Willenbruch/Wieddekind, Kompaktkomm. VergabeR, 2. Aufl. 2011, 7. Los, § 13 VOB/A Rn. 32 und § 16 VOB/A Rn. 81). b) Dem Begriff der geforderten Erklärungen und Nachweise liegt zugrunde, dass nach dem nationalen Vergaberecht der Auftraggeber durch umfangreiche Vorgaben hinsichtlich der Form und der Inhalte der Angebote die Voraussetzungen dafür schafft, dass die eingehenden Angebote bereits bei rein formaler Betrachtung leicht miteinander vergleichbar sind und dass sie so vollständig sind, dass sie alle vom Auftraggeber für ihre Wertung erforderlichen Informationen auch enthalten. Für nichtpreisliche Ausschlusskriterien, wie hier die Einhaltung technischer Mindeststandards oder die Gleichwertigkeit i.S. von § 13 Abs. 2 VOB/A, oder graduelle Zuschlagskriterien, wie hier der technische Wert, sowie für die Prüfung der Eignung der Bieter im Hinblick auf die bekannt gemachten Eignungskriterien sind dies geforderte Erklärungen und Nachweise i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A. Der Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A und – dem folgend – auch der Wortlaut des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A differenziert nicht zwischen den Erklärungen und Nachweisen mit Leistungsbezug und denjenigen mit Bieterbezug (vgl. Kratzenberg in: 212 Ingenstau/Korbion, 17. Aufl. 2010, Komm. z. VOB Teile A und B, § 13 Rn. 11 und § 16 Rn. 66; auch Dittmann in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Komm. z. VOB/A, 2010, § 13 Rn. 68). Vom Begriff sind – letztlich aus teleologischen Erwägungen sowie im Umkehrschluss aus § 13 Abs. 1 Nr. 5 und 6 VOB/A – lediglich solche Erklärungen nicht erfasst, die von der Vergabestelle vorformuliert worden und vom Bieter an keiner Stelle individuell zu ergänzen oder auszufüllen sind (vgl. OLG München, Beschluss v. 23.05.2007, Verg 3/07). 3. Die Nachforderungspflicht der Antragsgegnerin hinsichtlich des fehlenden Nachweises der Mengenänderungen im Nebenangebot Nr. 1 der Antragstellerin ist hier auch nicht ausnahmsweise durch den Schutzzweck des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A ausgeschlossen. a) Allerdings darf die Befolgung dieser Vorschrift nicht mit den allgemeinen Grundsätzen des Vergabeverfahrens kollidieren. Grundsätzlich kommt die Möglichkeit in Betracht, dass durch die Einräumung der Gelegenheit zur Nachreichung von geforderten Erklärungen und Nachweisen die hiervon betroffenen Bieter eine Chance zur Beeinflussung des Wettbewerbs erlangen, die gegenüber anderen Bietern mit von Anfang an vollständigen Angeboten eine Verletzung des Grundsatzes des fairen Wettbewerbs darstellte. In diesen Fällen muss die Pflicht des Auftraggebers zur Nachforderung entfallen. Ob durch die Nachreichungsmöglichkeit die Gefahr einer nachträglichen Wettbewerbsverfälschung geschaffen wird oder nicht, ist an Hand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. b) Im vorliegenden Fall wird durch die mit einer Nachforderung erstrebte Nachreichung des Nachweises des Zustandekommens der im Nebenangebot Nr. 1 der Antragstellerin bereits eindeutig festgelegten Mengengerüste eine solche Gefahr nicht begründet. 120 VK Nordbayern, Beschluss vom 07.03.2012 – 21 VK-3194-03/12 (Lieferung von Nahrungsmitteln) 1. Die VSt schrieb im EU-Amtsblatt vom xx.xx.xxxx die Lieferung von Nahrungsmitteln und Getränken für ... im Offenen Verfahren aus. 2. II. Der Antrag ist unbegründet. a) Das Angebot der ASt kann nicht gewertet werden, weil geforderte Preise fehlen. Nach § 19 EG Abs. 2 VOL/A können zwar Erklärungen und Nachweise, die auf Anforderung der Auftraggeber bis zum Ablauf der Angebotsfrist nicht vorgelegt wurden, 213 nachgefordert werden. Der Auftraggeber ist jedoch nicht verpflichtet, fehlende Erklärungen oder Nachweise nachzufordern. Es ist anerkannt, dass das Wort „kann“ im Vergaberecht dem Auftraggeber ein Ermessen einräumt und ihn nicht etwa zur Vornahme der Handlungen verpflichtet, die er vornehmen kann. Der Auftraggeber kann also ein unvollständiges Angebot von der Wertung ausschließen, ohne von der Nachforderungsmöglichkeit Gebrauch zu machen (OLG Brandenburg v. 20.09.2011 – VergW 11/11, OLG Karlsruhe v. 23.03.11 – Verg 2/11). Sofern der öffentliche Auftraggeber von einem Nachfordern absieht, muss er ein unvollständiges Angebot jedoch von der Wertung gemäß § 19 EG Abs. 3 Buchst. a) VOL/A ausschließen, selbst wenn nur Preisangaben in unwesentlichen Einzelpositionen fehlen (Dicks in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 2. Auflage, Rdnr. 52 zu § 19 EG). Ob vorliegend die VSt wegen des mit der ASt am 04.01.2012 stattgefundenen Gesprächs, bei dem Inhalt und Umfang dieser Positionen unstreitig Thema waren, verpflichtet werden kann, die fehlenden Preise nachzufordern, bedarf keiner Entscheidung. 121 BGH, Urteil vom 03.04.2012 – X ZR 130/10 (Kreisstraße) 1. Zu der Ausschlusssanktion für Angebote, welche geforderte Erklärungen nicht enthalten, korrespondiert die Verpflichtung der Auftraggeber, die Vergabeunterlagen so eindeutig zu formulieren, dass die Bieter diesen Unterlagen deutlich und sicher entnehmen können, welche Erklärungen von ihnen wann abzugeben sind. Genügen die Vergabeunterlagen dem nicht, darf der Auftraggeber ein Angebot nicht ohne Weiteres wegen Fehlens einer entsprechenden Erklärung aus der Wertung nehmen. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte in einem von ihr durchgeführten Vergabeverfahren betreffend den Ausbau einer Kreisstraße das von der Klägerin eingereichte Angebot zu Unrecht von der Wertung ausgeschlossen und sich dadurch schadensersatzpflichtig gemacht hat. Die Klägerin benannte zwar mit dem Angebot ihre vorgesehenen Nachunternehmer, reichte die dazugehörigen Eignungsnachweise aber erst nach Ablauf der Angebotsfrist, im Rahmen eines Bietergesprächs, ein und wurde deshalb bei der Zuschlagserteilung nicht berücksichtigt. 2. II. Entscheidungsgründe: Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. a) Das Berufungsgericht ist zwar im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 und § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A in der auch im Streitfall anzuwendenden 214 Fassung Angebote, die unvollständig waren, weil sie geforderte Erklärungen nicht enthielten, regelmäßig ohne Weiteres von der Wertung auszuschließen waren (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 – X ZR 243/05, NZBau 2005, 594 mwN; Urteil vom 18. September 2007 – X ZR 89/04, VergabeR 2008, 69). Es entspricht aber und zwar gerade mit Blick auf die Ausschlusssanktion für die Abgabe unvollständiger Angebote ebenso der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass aus den Vergabeunterlagen für die Bieter eindeutig und unmissverständlich hervorgehen muss, welche Erklärungen von ihnen verlangt werden (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 – X ZR 78/07, VergabeR 2008, 782 Rn. 10 – Nachunternehmererklärung). Die Vergabestellen trifft insoweit die Verpflichtung, die Vergabeunterlagen klar und eindeutig zu formulieren und Widersprüchlichkeiten zu vermeiden. b) Dafür, ob die in vorformulierten Vergabeunterlagen vorgesehenen Erklärungen diesen Anforderungen genügen, ist der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter, also eines abstrakt bestimmten Adressatenkreises, maßgeblich (BGH, Urteil vom 11. November 1993 VII ZR 47/93, BGHZ 124, 64; BGH, VergabeR 2008, 782 Rn. 10). Die diesbezügliche Würdigung durch den Tatrichter unterliegt der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Denn vorformulierte Angebotsunterlagen wie die im Formblatt 211 enthaltenen sind allgemeinen Geschäftsbedingungen vergleichbar, deren Revisibilität in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 X ZR 60/04, BGHZ 163, 321; Urteil vom 9. Juni 2010 VIII ZR 294/09, NJW 2010, 2877 ff.). Sie unterscheiden sich von Letzteren nur in dem für die Entscheidung des Streitfalls unerheblichen Gesichtspunkt, dass mit allgemeinen Geschäftsbedingungen die vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner nach Vertragsschluss gestaltet werden, während vorformulierte Bedingungen für die Teilnahme an einem Vergabeverfahren wie im Formblatt 211 die Konditionen festlegen, unter denen die Bieter sich an den mehr oder minder streng formalisierten, zum Zwecke des Vertragsschlusses geführten Vergabeverfahren (offenes, nicht offenes Verfahren bzw. Verhandlungsverfahren, öffentliche, beschränkte Ausschreibung, freihändige Vergabe) beteiligen können. 2. Wird in den Vergabeunterlagen nicht mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass eine bestimmte Erklärung vom Bieter schon bis zum Ablauf der Angebotsfrist beizubringen ist, darf die Vergabestelle ein Ange- bot, in dem diese Erklärung fehlt, nicht ohne Weiteres ausschließen. Vielmehr muss sie dem betreffenden Bieter Gelegenheit geben, die Erklärung nachzureichen. Kommt sie dieser Obliegenheit nicht nach und erteilt sie einem anderen Bewerber den Zuschlag, macht sie sich gegenüber dem ausgeschlossenen Bieter schadensersatzpflichtig, wenn eigentlich ihm der Zuschlag hätte erteilt werden müssen. 3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hätte die Beklagte das Angebot der Klägerin nicht ohne Weiteres ausschließen dürfen. 215 a) Den Vergabeunterlagen ist nicht mit der gebotenen Deutlichkeit zu entnehmen, was den Bietern in Bezug auf die die Nachunternehmer betreffenden Eignungsnachweise obliegt. Der Text zu Nr. 3 des Formblatts 211 ist infolge der sprachlichen Verkürzung, in der er gefasst ist, vielmehr mehrdeutig und missverständlich und dieser Mangel kann auch nicht im Wege der Auslegung durch die Bieter behoben werden. Seinem Wortsinn nach, infolge der Verwendung der Präposition „durch“ und der Konjunktion „und“ („Vorlage ... durch den Bieter und ggf. Nachunternehmer“), müssten die Nachunternehmer selbst die sie betreffenden Eignungsnachweise beibringen. Es mag zwar sein, dass die Klausel, so verstanden, einem durchschnittlichen Bieter ungewöhnlich vorkommen wird. Das führt aber nicht zu einem eindeutigen Verständnis der Vergabeunterlagen und rechtfertigt nicht die Annahme des Berufungsgerichts, dass der durchschnittliche Bieter darüber im Bilde war, was von ihm verlangt war. Das Formular kann ebenso gut dahin verstanden werden, dass die eigenen Pflichten des Bieters sich darin erschöpfen, die Nachunternehmer aufzufordern, die geforderten Eignungsnachweise einzureichen, was im Übrigen umso näher liegt, als der Bieter, um diese Anforderung zu erfüllen, ohnehin auf die Kooperation der Nachunternehmer angewiesen ist. 4. Danach kommt es nicht auf den Einwand der Klägerin an, sie habe auch deshalb nicht ausgeschlossen werden dürfen, weil die Forderung, die Eignungsnachweise nach § 8 Nr. 3 Buchst. a bis f VOB/A 2006 für sämtliche vorgesehenen Nachunternehmer schon mit dem Angebot einzureichen, eine unzumutbare Belastung darstelle. Dazu sind jedoch folgende Bemerkungen angezeigt. a) Das Berufungsgericht hat bei Einnahme seines gegenteiligen Standpunkts die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs missverstanden. Es vertritt nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe die Auffassung, dass, wenn die Beibringung der Nachweise zu diesem frühen Zeitpunkt in den Vergabeunterlagen mit eindeutigem Wortlaut gefordert wird, entgegenstehende, die Frage der Zumutbarkeit dieser Forderung betreffende Interessen der Bieter ohnehin nicht berücksichtigt werden könnten. Das ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und wird durch diese auch nicht nahegelegt. Vielmehr hat der Senat zu früheren Fassungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen entschieden, dass Angebote von Bietern auszuschließen waren, wenn in den Vergabeunterlagen geforderte Angaben, die zu machen den Bieter nicht unzumutbar belastete, nicht in den Angebotsunterlagen enthalten waren (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 18. Februar 2003 X ZR 43/02, BGHZ 154, 32, 43). Daraus folgt im Gegenschluss, dass der öffentliche Auftraggeber nicht berechtigt war, ein Angebot aus der Wertung zu nehmen, wenn der Bieter eine Anforderung nicht erfüllt hatte, die diesen unzumutbar belastete. Für diese Rechtsfolge kann es naturgemäß nicht darauf ankommen, ob diese Anforderung in den Vergabeunterlagen mit eindeutigem Wortlaut gestellt worden ist oder nicht. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Juni 2008 216 (X ZR 78/07, VergabeR 2008, 782 Rn. 14 Nachunternehmererklärung), das das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang erörtert. Dort war den Vergabeunterlagen bereits bei interessengerechter Auslegung ein Inhalt beizulegen, der nicht zu einer unzumutbaren Belastung der Bieter führte. Für die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, dass unzumutbare Anforderungen bei klarem Wortlaut hingenommen werden müssen, bietet die Entscheidung indes keine Anhaltspunkte. b) Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 10. Juni 2008 ausgeführt, dass es die Bieter unzumutbar belasten „kann“, wenn den Bietern durch die Vergabeunterlagen ein unverhältnismäßiger Erklärungsaufwand bereitet wird (aaO Rn. 14). Dementsprechend ist die Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit von diesbezüglichen Anforderungen in den Vergabeunterlagen unter Berücksichtigung der beteiligten Interessen zu beurteilen. Das Unternehmen, das Unzumutbarkeit geltend macht, muss die dafür maßgeblichen Umstände dartun. Die Interessenlage kann durchaus unterschiedlich zu beurteilen sein, je nachdem, ob es sich um ein vergleichsweise kleines Bauvorhaben mit einem voraussichtlich überschaubaren Bieterkreis handelt, bei dem für den Einsatz von Nachunternehmern nach Art der zu erbringenden Leistung außerdem möglicherweise ohnehin nur beschränkter Raum ist, oder um ein größeres oder großes Bauvorhaben, bei dem die Bewerber erfahrungsgemäß umfänglich Nachunternehmer einsetzen werden. Handelt es sich um einen Fall der letzteren Art, kann es eher unzumutbar sein, wenn jeder Bieter für jeden Nachunternehmer schon mit dem Angebot unter Umständen umfangreiche Eignungsnachweise beibringen muss, wofür er zudem auf die zeitnahe Kooperation seitens dieser Unternehmen angewiesen ist. Wenn es, wie der Senat im Urteil vom 10. Juni 2008 zum Ausdruck gebracht hat (aaO Rn. 14), schon eine unzumutbare Belastung darstellen kann, wenn alle Bieter mit dem Angebot sämtliche Nachunternehmer namentlich benennen müssen, gilt dies umso mehr für eine formularmäßige Klausel, die es dem Auftraggeber erlaubt, durch bloßes Ankreuzen zudem als erste angebotene Alternative zu bestimmen, dass alle Bieter sogar die Eignungsnachweise für alle vorgesehenen Nachunternehmer bereits mit dem Angebot beibringen sollen. 5. Nach allem wird das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsrechtszug der nach seiner bisherigen Rechtsauffassung konsequenterweise offen gelassenen Frage nachzugehen haben, ob der Klägerin, wie diese geltend macht, der Zuschlag hätte erteilt werden müssen. 122 LG Bonn, Urteil vom 16.01.2013 – 1 O 300/11 (Betoninstandsetzung) Die Nachforderungspflicht gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2009 ist auf den Fall des Fehlens einer nicht unterschriebenen Verpflichtungserklärung nicht entsprechend anzuwenden. 217 Ein weiterer Verstoß gegen § 13 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A 2009, welcher nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 b VOB/A 2009 zum Ausschluss führt, liegt darin, dass die Klägerin die Verpflichtungserklärung (Besondere Vertragsbedingungen, Formblatt 11, 214/07) nicht selbst unterschrieben hat. Ohne Erfolg bezieht sich die Klägerin insoweit auf § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2009, wonach beim Fehlen geforderter Erklärungen oder Nachweise diese vom Auftraggeber nachzufordern sind. Mit Recht vertritt die Beklagte insoweit die Auffassung dass diese Vorschrift keinen allgemeinen Korrekturtatbestand beinhaltet sondern eng auszulegen ist. Auf das Fehlen von Unterschriften ist diese Vorschrift nicht entsprechend anzuwenden (vgl. OLG München, Beschluss vom 15.03.2012, Verg. 2/12 sowie Bundeskartellamt Bonn, 3. Vergabekammer des Bundes, Beschluss vom 21.04.2011, Aktenzeichen VK 3 -41/11 zur Parallelvorschrift des § 19 Abs. 2 VOL/A – EG. 123 OLG München, Beschluss vom 15.03.2012 – Verg 2/12 (Altlastensanierung + Tiefendrainage) 3. Eine Abänderung einmal eingereichter Eignungsnachweise ist in der Regel nicht zulässig. d) Der Senat hält darüber hinaus die Abänderung eines einmal eingereichten Eignungsnachweises für vergaberechtlich unzulässig. Die Beigeladene hat mit ihrem Angebot im Formular 124 angegeben, dass sie in den letzten drei Jahren jeweils nur einen Umsatz erzielt hat, der unter 10 Mio. Euro liegt und zu dieser Angabe noch hinzugefügt, dass der erzielte Umsatz zu 80–90% auf Eigenleistungen beruht. Damit stand bereits mit Angebotsabgabe fest, dass die Beigeladene die Mindestanforderungen bezüglich der Umsatzzahlen nicht erfüllen konnte. Dementsprechend hat auch die Vergabestelle auf ihrem der Beigeladenen übersandten Auswertungsformular beim Mindestumsatz das Wort „nein“ hinzugefügt. Die Vergabestelle hat bei der Beigeladenen auch nicht Angaben zum Mindestumsatz nachgefordert. Mit Schreiben vom 5.7.2011 hat sie vielmehr „die auf der folgenden Seite angefragten Unterlagen“ nachgefordert. Damit können nur diejenigen Unterlagen gemeint gewesen sein, welche bisher noch nicht vorlagen, also mit „fehlt“ oder „Angabe fehlt“ gekennzeichnet waren. Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass die Vergabestelle auch die Angaben zum Mindestumsatz verlangt hat, liegt keine Nachforderung vor. Eine Nachforderung sieht § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nur für den Fall vor, dass Erklärungen oder Nachweise fehlen. Die Angaben zum Mindestumsatz fehlten aber nicht; sie lagen vor und entsprachen der Wahrheit. Eine Nachforderung scheidet im Übrigen auch schon deshalb aus, weil es sich bezüglich derjenigen Unterlagen, welche bisher noch nicht eingereicht waren, um eine Erstanforderung handelte (VK Münster vom 21.7.2011 – VK 9/11; Dittmann in Kulartz/Kus/Portz/Prieß VOB/A § 16 Rn. 150). Im Übrigen dient die Nachforderungs- 218 verpflichtung nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nicht der nachträglichen Verbesserung bzw. Veränderung eines Angebotes, sondern nur der Nachreichung fehlender Erklärungen (VK Bund vom 14.12.2011 – VK 1-153/11). 3.5 Ausschluss wegen Wettbewerbsverstößen 124 VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.03.2012 – 2 VK LSA 35/11 (Entsorgungsleistungen vorbelasteter Abfälle) 2. Begründetheit Der Antrag ist begründet. Die Antragstellerin hat einen Anspruch darauf, dass der Antragsgegner die Prüfung und Wertung der Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer wiederholt. Er hat dabei die Angebote der Beigeladenen zu 1) und zu 2) gemäß § 19 EG Abs. 3 lit. f) VOL/A auszuschließen. Dem Antragsgegner ist es daher verwehrt, auf das Nebenangebot der Beigeladenen zu 1) den Zuschlag zu erteilen. Es bestehen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die beiden Beigeladenen in Bezug auf die Vergabe eine unzulässige, wettbewerbsbeschränkende Abrede getroffen haben. Die Beigeladenen wären daher gehalten gewesen, den Anschein eines Verstoßes gegen den Geheimwettbewerb bereits mit der Angebotsabgabe zu widerlegen und einen entsprechenden Nachweis zu führen. Dies haben sie jedoch unterlassen. Hierzu im Einzelnen: Zwar lässt allein der Umstand, dass ein Unternehmer ein eigenes Angebot zum Vergabeverfahren abgegeben hat und gleichzeitig als Nachunternehmer eines anderen Bieters fungiert, nicht zwingend auf einen Verstoß gegen den Geheimwettbewerb im Sinne des § 19 EG Abs. 3 lit. f) VOL/A schließen. Hierfür müssen weitere Tatsachen hinzukommen, die nach Art und Umfang des Nachunternehmereinsatzes sowie mit Rücksicht auf die Begleitumstände eine Kenntnis von dem zur selben Ausschreibung abgegebenen Konkurrenzangebot annehmen lassen (vgl. VK Schleswig-Holstein v. 17.09.2008 Az. VK-SH 10/08, mit weiteren Nachweisen, OLG Düsseldorf v. 13.04.2006 Az: VII Verg 10/06). Die Bieter können dann aufgrund der vorgenannten Vorschrift nicht ausgeschlossen werden, wenn beiden Bietern – dem jeweils anderen Bieter in ihrer Ausgestaltung unbekannt bleibende – Gestaltungsspielräume bei der Kalkulation des eigenen Angebots verbleiben. Hier bestehen jedoch gewichtige Indizien, die bei der gegebenen Fallkonstellation gegen eine wechselseitige Unkenntnis bei beiden Bietern sprechen. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass die Beigeladene zu 2) als Nachunternehmerin der Beigeladenen zu 1) die ausgeschriebene Leistung in operativer Hinsicht vollständig erbringt. Diesbezüglich ist die Beigeladene zu 2) neben der Tatsache, dass sie sich als Bieterin am Vergabeverfahren beteiligt hat, auch als Nachunternehmerin der Beigeladenen 219 zu 1) faktisch alleinige Leistungserbringerin. Bei dieser Sachlage besteht im Vergleich zur Angebotslegung von voneinander vollkommen unabhängig agierenden Unternehmen eine deutlich erhöhte Gefahr von Verstößen gegen den Geheimwettbewerb. Der Beigeladenen zu 2) waren aufgrund ihrer Kenntnis der im Rahmenvertrag vereinbarten Preise darüber hinaus die Grundlagen der Kalkulation der Beigeladenen zu 1) in ganz wesentlichem Umfang bekannt. Durch die detaillierte Kenntnis der Leistungsbeschreibung konnte sie die der Beigeladenen zu 1) verbleibenden Kalkulationsspielräume weitestgehend abschätzen. Der Beigeladenen zu 2) war weiterhin bekannt, dass sie einerseits ein eigenes Angebot abgibt und andererseits in der beschriebenen Weise als Nachunternehmerin gegenüber der Beigeladenen zu 1) die Leistungen anbietet. Schließlich hat sie gegenüber der Beigeladenen zu 1) eine entsprechende Verpflichtungserklärung abgegeben. Es war aufgrund der örtlichen Nähe der Entsorgungsanlage der Beigeladenen zu 2) in tatsächlicher Hinsicht fernliegend, dass die Beigeladene zu 1) weitere Angebote von Nachunternehmern für die Leistungserbringung einholte. Hier ist zu berücksichtigen, dass andere Entsorgungsanlagen weitere Anfahrtswege von der Betriebsstätte des Antragsgegners aufweisen. Dies hätte eine signifikante Erhöhung der Transportkosten, die der Antragsgegner ihr in Rechnung stellen würde, zur Folge. Auch die Beigeladene zu 1) musste davon ausgehen, dass sich die Beigeladene zu 2) als Bieterin an dem Vergabeverfahren beteiligt. Aus der Bieterinformation vom 14.07.2011 ergibt sich, dass die Beigeladene zu 2) die Vergabeunterlagen abgefordert hatte. Sie hat durch eine Anfrage dokumentiert, dass sie an der Abgabe eines Angebotes interessiert ist. Der Antragsgegner hatte sein entsprechendes Antwortschreiben nicht anonymisiert. Dieses Schreiben liegt dem Angebot der Beigeladenen zu 1) bei und ist ihr daher bekannt. Aufgrund dieser starken Indizien waren die Beigeladenen zu 1) und zu 2) bereits bei der Angebotsabgabe gehalten, den Anschein einer unzulässigen Wettbewerbsabsprache zu widerlegen. Sie hatten dies nachvollziehbar darzulegen und nachzuweisen. Die Umstände, die einem Angebotsausschluss nach § 19 EG Abs. 3 lit. f) VOL/A entgegen stehen könnten, entstammen allein ihrer Verantwortungsund Einflusssphäre (vgl. Kulartz/Marx/Portz/Prieß Kommentar zur VOL/A 2. Aufl. 2010 § 19 EG Rd. 150, vgl. zu ähnlichen Konstellationen auch OLG Düsseldorf, vom 11.05.2011, Verg. 1/11 sowie vom 14.09.2004, W (Kart) 25/04). Dieser Obliegenheit sind die Beigeladenen nicht nachgekommen, obwohl sich ihnen die vorgenannten Umstände hätten aufdrängen müssen. Daher ist der Ausschluss ihrer Angebote nach § 19 EG Abs. 3 lit. f) VOL/A zwingend. Bei der gegebenen Sachlage war der Antragsgegner nicht befugt, den Beigeladenen im Rahmen einer weiteren Aufklärung nach der mündlichen Verhandlung Gelegenheit zu geben, entsprechende Unterlagen beizubringen oder sonst diesbezügliche Angaben zu tätigen. Andernfalls bestünde die Gefahr von manipulativen und miteinander abgestimmten Verhaltensweisen der Beigeladenen. Aufgrund der hohen Bedeutung des Wettbewerbsgrundsatzes ist dies von vornherein auszuschließen. 220 Darüber hinaus sind unabhängig hiervon die Hauptangebote der Beigeladenen zu 1) nach § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A nicht wertbar, da sie Änderungen an den Verdingungsunterlagen enthalten. Die Beigeladene zu 1) hatte in ihren Hauptangeboten erklärt, dass der Antragsgegner den Abfall auf einen Zwischenlagerplatz bringen solle. Dort wolle sie diesen einer Qualitätskontrolle unterziehen, um dann diesen selbst oder durch den Antragsgegner zur Verbrennungsanlage zu transportieren. Hiermit ist die Beigeladene zu 1) von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen abgewichen. Dort hatte der Antragsgegner ausgeführt, dass er die Abfälle zur Entsorgungsanlage selbst bzw. in einer gesonderten Ausschreibung mittels eines Dritten zur Anlage transportiert. Er hat in seiner Bieterinformation vom 16.08.2011 zudem klargestellt, dass er eine Zwischenschaltung einer Umschlaganlage nicht in Betracht ziehe. Mit diesen Vorgaben des Antragsgegners steht das Hauptangebot der Beigeladenen zu 1) nicht in Einklang, das ausdrücklich den Einsatz eines Zwischenlagerplatzes vorsieht. Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob der Antragsgegner bei der erneuten Prüfung und Wertung der Angebote befugt wäre, Nachweise und Erklärungen von den Beigeladenen i.S. des § 19 EG Abs. 2 VOL/A nachzufordern. Unabhängig davon wird jedoch darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Prüfung der Vollständigkeit der Angebote der Beigeladenen die Dokumentation des Antragsgegners unzureichend war. So ist nicht dokumentiert worden, dass die Bankauskunft, die die Beigeladene zu 1) am 19.12.2011 einreichte, nachgefordert wurde. Es fehlt auch eine Darstellung, dass der Antragsgegner insoweit sein Ermessen betätigt hatte. Diese Unterlage fehlt im Übrigen nach wie vor, soweit die Beigeladene zu 2) als Nachunternehmerin fungiert. Weiterhin hat es der Antragsgegner unterlassen, zu prüfen, ob die Beigeladene zu 1) ein preislich unangemessenes niedriges Angebot abgegeben hatte. Hierzu bestand jedoch Anlass, da die Beigeladene zu 1) preislich das Angebot der Beigeladenen zu 2) unterboten hatte, obwohl diese als Nachunternehmerin die Leistung vollständig erbringt. Weiterhin lag ihr Angebot mehr als 50% unter der Kostenschätzung des Antragsgegners. Hierauf kommt es jedoch letztlich nicht an, da die Angebote der Beigeladenen ohnehin auszuschließen sind. 125 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.05.2012 – Verg 3/12 (Bereitstellung und Bewertung von Nachrichtenmeldungen) Dasselbe hat für den behaupteten Verstoß der Beigeladenen gegen das Gebot des Geheimwettbewerbs zu gelten. Das Vorbringen der Antragstellerin, die Beigeladene sowie ein dritter Bieter hätten sich in ihren Angeboten gegenseitig als Nachunternehmer eingesetzt, ist ohne tatsächliche Substanz, bestritten und ohne Beweisangebot. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung keineswegs jede (gegenseitige) Nachunternehmerbenennung bereits einen Verstoß gegen das Gebot des Geheimwettbewerbs darstellt, sondern solches 221 allenfalls dann anzunehmen ist, wenn den Bietern daneben kein nennenswert eigener Kalkulationsspielraum mehr verbleibt (vgl. u.a. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.4.2006 – VII-Verg 10/06, NZBau 2006, 810; Beschl. v. 9.4.2008 – VII-Verg 2/08, VergabeR 2008, 865; KG, Beschl. v. 13.3.2008 – 2 Verg 18/07, VergabeR 2008, 863; Thüringer OLG, Beschl. v. 29.8.2008 – 9 Verg 5/08). Auch insoweit sind keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Verletzung des Geheimwettbewerbs zu erkennen. 126 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2013, Verg 31/12 (Kommunalisierung von Versorgungsnetzen) 1. Die Antragstellerin ist mit ihren Angeboten wegen Verstoßes gegen den das Vergaberecht beherrschenden Grundsatz der Vertraulichkeit vom Vergabeverfahren auszuschließen. a) §§ 97 Abs. 1 GWB, 2 Abs. 1 Satz 1 EG VOL/A bestimmen, dass der öffentliche Auftraggeber seine Leistungen im Wettbewerb zu beschaffen hat. Die Vergabeund Vertragsordnungen für Leistungen und Bauleistungen ordnen ergänzend an, dass die Angebote derjenigen Bieter, die in Bezug auf die Vergabe eine unzulässige, wettbewerbsbeschränkende Abrede getroffen haben, ausgeschlossen werden (§§ 19 Abs. 3 lit. f EG VOL/A, 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. d VOB/A). Den genannten Normen ist, als dem Wettbewerbsprinzip immanent, das vergaberechtliche Gebot des Geheimwettbewerbs zu entnehmen, dessen Kehrseite die nur von der Bieteröffentlichkeit der Submission (§ 14 Abs. 1 Satz 1 VOB/A) durchbrochene und noch nach Beendigung des Vergabeverfahrens zu wahrende Vertraulichkeit der Angebote ist (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 8 VOB/A, § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 EG VOL/A). Wesentliches und unverzichtbares Kennzeichen einer Auftragsvergabe im Wettbewerb ist die Gewährleistung eines Geheimwettbewerbs zwischen den an der Ausschreibung teilnehmenden Bietern. Nur dann, wenn jeder Bieter die ausgeschriebene Leistung in Unkenntnis der Angebote, Angebotsgrundlagen und Angebotskalkulation seiner Mitbewerber um den Zuschlag anbietet, ist ein echter Bieterwettbewerb möglich (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.09.2003 – VII-Verg 52/03 – juris Tz. 9). Dies gilt für alle Vergabeverfahren, auch für Verhandlungsverfahren nach der SektVO. Der Begriff der wettbewerbsbeschränkenden Abrede ist mit Blick auf den das gesamte Vergabeverfahren beherrschenden Wettbewerbsgrundsatz weit auszulegen. Er ist nicht auf gesetzeswidriges Verhalten beschränkt, sondern umfasst auch alle sonstigen Absprachen und Verhaltensweise eines Bieters, die mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsgebot unvereinbar sind (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.04.2011 – VII-Verg 4/11 – juris Tz. 26; Beschl. v. 16.9.2003 – VII-Verg 52/03 – juris Tz. 7; Beschl. v. 27.Juli 2006 – VII-Verg 23/06 – juris Tz. 41, 42; OLG München, Beschl. v. 11.8.2008 – Verg 16/08). Das Zustandekommen einer wettbewerbsbeschränkenden 222 Absprache erfordert keine ausdrückliche Verständigung zwischen zwei Unternehmen darüber, wer welche Leistung zu welchem Preis anbietet. Sie ist vielmehr in aller Regel schon dann verwirklicht, wenn ein Angebot in Kenntnis der Bedingungen des Konkurrenzangebots zumindest aber wesentlicher Angebotsgrundlagen, erstellt wird (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. Juli 2006 – VII-Verg 23/06 – juris Tz. 42; Thüringer OLG, Beschl. v. 19.04.2004 – 6 Verg 3/04). Die strenge Ausprägung, die der Vertraulichkeitsgrundsatz in den geltenden Vergaberechtsbestimmungen erfahren hat, gewährleistet zum einen, dass der öffentliche Auftraggeber seiner gesetzlichen Pflicht zur wirtschaftlichen Beschaffung nachkommen und die Ausschreibung ihrer Funktion als Auswahlverfahren zur Ermittlung des annehmbarsten Angebots gerecht werden kann (so auch Glahs in Kapellmann/ Messerschmidt, VOB/A, 3. Aufl., § 2 Rn. 46). Gerade weil der einzelne Bieter nicht weiß, welche Konditionen der Konkurrent seiner Offerte zu Grunde legt, wird er, um seine Aussicht auf den Erhalt des Zuschlags zu steigern, bis an die Rentabilitätsgrenze seiner individuell berechneten Gewinnzone kalkulieren. Kennt ein Bieter Leistungsumfang und Preise seines Konkurrenten, muss er nicht mehr potentiell preisgünstigere Angebote unterbieten, sondern braucht sein Angebot nur noch an den ihm bekannten Bedingungen auszurichten (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.04.2011 – VII-Verg 4/11 – juris Tz. 29; Beschl. v. 27. Juli 2006 – VII-Verg 23/06 – a.a.O.). Wegen seiner Wettbewerbsbezogenheit kommt dem Vertraulichkeitsgrundsatz darüber hinaus bieterschützende Funktion zu, wobei das Recht der Bieter, in einem fairen und uneingeschränkten Leistungswettbewerb um die Zuschlagschance zu konkurrieren, nicht nur dann beeinträchtigt wird, wenn ein in Kenntnis der Inhalte anderer Angebote kalkuliertes Angebot in Verdrängungsabsicht eingereicht wird, sondern unabhängig davon bereits durch den einen echten Leistungswettbewerb ausschließenden Verstoß gegen den Vertraulichkeitsgrundsatz (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.04.2011 – VII-Verg 4/11 – juris Tz. 30; Beschl. v. 11.05.2011 – VII-Verg 8/11 – juris Tz. 42 ff.; Beschl. v. 11.05.2011 – VII-Verg 1/11 – juris Tz. 36; Beschl. v. 27. Juli 2006 – VII-Verg 23/06 – a.a.O.). b) Ausgehend von diesen Grundsätzen, hat die Antragstellerin den Vertraulichkeitsgrundsatz bereits nach dem unstreitigen Sachverhalt verletzt, was zwingend ihren Ausschluss von der Vergabe zur Folge hat. Denn sie hat ein Angebot eingereicht, das nach wechselseitiger Kenntnislage in wesentlichen Teilen mit dem gleichzeitig eingereichten Angebot der Mitbewerberin Z... nahezu identisch war. Im Senatstermin hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hierzu ausgeführt, beide Angebote hätten sich im Wesentlichen nur durch eine von der Z... im Gegensatz zur Antragstellerin angebotenen Überkreuzbeteiligung, d.h. wechselseitige Gesellschaftsbeteiligungen zwischen Z... und der Gemeindewerke-Gesellschaft, unterschieden, wodurch man vor dem Hintergrund einer gemeinsamen Zugehörigkeit zu einer Unternehmensgruppe die Angebotsbreite habe erweitern wollen. Hiervon habe man nach erfolgter 223 rechtlicher Beratung allerdings Abstand genommen; die Z... habe ihr Angebot wenige Wochen später zurückgezogen. Die Angebote der Antragstellerin und der Z... enthielten aber praktisch dieselben Business-Pläne und auch sonst zahlreiche textliche und inhaltliche Übereinstimmungen, was ausreicht, festzustellen, dass sie abgesprochen waren. Dies stellt einen Verstoß gegen das Gebot des Geheimwettbewerbs dar. Von der Wertung sind infolgedessen alle betroffenen Angebote auszuschließen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.09.2003 – Verg 52/03 – juris Tz. 10; Beschl. v. 27.07.2006 – VII-Verg 23/06 – juris Tz. 48), auch das der Antragstellerin. Eine Milderung der Rechtsfolge scheidet auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgebots aus. Der Verstoß gegen den Geheimwettbewerb steht zweifelsfrei fest und ist nicht lediglich zu vermuten. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat sich lediglich gegen eine automatisch eintretende Ausschlussfolge ausgesprochen, bei der die näheren Tatumstände ungeprüft bleiben (vgl. EuGH, Urt. v. 19.05.2009 – C-538/07 „Assitur“ – juris Rn 24 ff.; Urt. v. 23.12.2009 – C-376/08 „Serrantoni“ – juris Rn. 38 ff.). Um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht. Die Antragstellerin hat den Verstoß gegen den Geheimwettbewerb eingeräumt. Was danach geschehen ist, ist unumkehrbar und unwiderlegbar. Eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH nach Art. 267 Abs. 2 und 3 AEUV bedarf es deshalb nicht. Der Wettbewerbsverstoß ist durch Angebotsrücknahme der Z... nicht geheilt worden. Bereits wegen seiner bieterschützenden Funktion ist der Grundsatz des Geheimwettbewerbs der Disposition des öffentlichen Auftraggebers entzogen. Nach § 97 Abs. 7 GWB haben konkurrierende Bieter Anspruch auf Einhaltung der Vorschriften über das Vergabeverfahren, das nach § 19 Abs. 3 lit. f EG VOL/A einen Ausschluss im Fall wettbewerbswidriger Absprachen oder eines Verstoßes gegen den Geheimwettbewerb zwingend vorschreibt. Die Antragstellerin kann sich für ihren gegenteiligen Standpunkt nicht mit Erfolg auf den Senatsbeschluss vom 09.04.2008 (VII-Verg 2/08) berufen. Im damals entschiedenen Fall war ein Verstoß gegen Grundsätze des Geheimwettbewerbs nicht festgestellt worden. Nur das eröffnete dem Antragsteller einen Verbleib im Vergabeverfahren. Das Argument der Antragstellerin, ein Wettbewerbsverstoß liege nicht vor, weil sie – die Antragstellerin – das Angebot der Z... als zweites Hauptangebot zulässiger Weise hätte einreichen können, trifft im Übrigen nicht den Kern. Richtig ist zwar, dass grundsätzlich mehrere Hauptangebote von einem Bieter eingereicht werden können (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.10.2012 – VII-Verg 34/12 – juris Tz. 6; Beschl. v. 09.03.2011 – VII-Verg 52/10 – juris Tz. 44 ff.; Beschl. v. 23.03.2010 – VII-Verg 61/09 – juris Tz. 15 ff.). Der Unterschied zum Streitfall liegt jedoch darin, dass sich bei Abgabe mehrerer Hauptangebote durch einen Bieter wahrheitsgemäß lediglich ein Unternehmen in eine Konkurrenz zu Wettbewerbern begibt. Eine wettbewerbsverfälschende Wirkung ist davon nicht zu erwarten. Bei Parallelangeboten verbundener Unternehmen oder 224 Absprachen geben die Bieter unabhängige Angebote jedoch nur vor. Tatsächlich sind sie es nicht. Im darin zu sehenden Scheinwettbewerb liegt die zu beanstandende Wettbewerbsverfälschung. 3.6 Ausschluss wegen schwerer Verfehlung/Vergabesperren 127 VK Lüneburg, Beschluss vom 01.12.2011 – VgK-53/2011 (Fahrbahnreinigung) I. Die Antragsgegnerin hat mit EU-Vergabebekanntmachung vom ... 2011 die maschinelle Fahrbahnreinigung nach Unfällen mit wassergefährdenden Stoffen für den Bereich ihres Geschäftsbereiches ... als Dienstleistungsauftrag gemäß VOL/A europaweit im offenen Verfahren losweise für 12 Monate ab Auftragserteilung ausgeschrieben. 2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Die Antragsgegnerin hat das der Geschäftsführung der Antragstellerin im bei der Staatsanwaltschaft ... unter dem Az.: ... anhängigen Ermittlungsverfahren vorgeworfene Verhalten im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums zu Recht als nachweislich schwere Verfehlung im Sinne des § 6 Abs. 6 lit. c VOL/A-EG bewertet, die die Zuverlässigkeit der Antragstellerin als Bewerber in Frage stellt und sich im Rahmen des ihr gemäß § 19 Abs. 4 VOL/A-EG eingeräumten Ermessens gehalten, als sie sich entschieden hat, das Angebot der Antragstellerin vom Vergabeverfahren auszuschließen. Bei dem Begriff „schwere Verfehlung“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Auslegung der Vergabestelle ein Beurteilungsspielraum zukommt. Unter „schwerer Verfehlung“ werden erhebliche Rechtsverstöße verstanden, die geeignet sind, die Zuverlässigkeit eines Unternehmens grundlegend in Frage zu stellen. Hierzu zählen u. a. Verstöße gegen das GWB, z. B. unzulässige Preisabsprachen (vgl. Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, 2. Auflage, § 6 EG, Rdnr. 103 f.), oder Verstöße gegen das StGB, wie z. B. Submissionsbetrug, Bestechung, Bestechlichkeit, Vorteilsgewährung, Vorteilsnahme, Unterschlagung, Untreue, Hehlerei, Betrug, Urkundenfälschung etc. (vgl. Müller-Wrede, VOL/A, 3. Auflage, § 6 EG, Rdnr. 58). Grundsätzlich fallen unter den Begriff der schweren Verfehlung vor allem auf den Geschäftsverkehr bezogene Ordnungswidrigkeiten und Verstöße gegen strafrechtliche Bestimmungen oder schwerwiegende Verstöße gegen Normen, die grundlegende Prinzipien des Vergaberechts wie Wettbewerb und Gleichbehandlung stützen (vgl. Prieß in: Beck‘scher VOBKommentar, § 8, Rdnr. 101). Als Bezugspunkt für die Prüfung einer einem Bieterunternehmen anzulastenden schwerwiegenden Verfehlung ist auf die verantwortlich handelnden Personen des Unternehmens abzustellen. Grundsätzlich gilt ein Bewerber als zuverlässig, wenn er seinen gesetzlichen 225 Verpflichtungen nachgekommen ist und eine einwandfreie Ausführung des Auftrags erwarten lässt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.12.2004 – Verg 48/04 = VergabeR 2005, S. 207 ff., 210). Die einwandfreie Ausführung des Auftrags hängt aber maßgeblich von den verantwortlich handelnden Personen ab. Bei Beteiligung einer Personengesellschaft oder juristischen Personen kommt es mithin nicht auf das Unternehmen selbst, sondern auf die für das Unternehmen verantwortlich handelnden Personen – wie vorliegend auf die Geschäftsführerinnen der Antragstellerin -an (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.07.2005 – Verg 42/05; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 29.12.2008 – 1 Verg 4/03; Müller-Wrede, a. a. O., § 6 EG, Rdnr. 61). Voraussetzung für einen Ausschluss nach § 6 Abs. 6 lit. c VOL/A-EG ist, dass eine schwere Verfehlung nachweislich begangen wurde. Nach dem Wortlaut der Norm liegt mithin die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Vorliegens einer schweren Verfehlung beim Auftraggeber (vgl. Müller-Wrede, a. a. O., § 6 EG, Rdnr. 66; VK Nordbayern, Beschluss vom 22.01.2007 – 21 VK-3194-44/06; VK Lüneburg, Beschluss vom 18.10.2005 – VgK-47/2005). Der Nachweis ist zwar unzweifelhaft immer dann geführt, wenn sich der Auftraggeber auf einen rechtskräftigen Bußgeldbescheid oder eine rechtskräftige Verurteilung berufen kann (vgl. OLG München, Beschluss vom 21.04.2006 – Verg 8/06, zitiert nach ibr-online). Gleichwohl ist dies nicht zwingend erforderlich. Der Auftraggeber ist vielmehr bereits bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte zu einem Ausschluss berechtigt (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 29.12.2003 – 1 Verg 4/03 = ZfBR 2004, S. 490; VK Düsseldorf, Beschluss vom 13.03.2006 – VK08/2006-L; für die Zulässigkeit einer über den konkreten Angebotsausschluss hinausgehenden Vergabesperre KG, Urteil vom 17.01.2010 – 2 U 4/06 Kart, zitiert nach ibr-online). Denn zwischen dem Tatzeitpunkt und einer rechtskräftigen Entscheidung kann ein langer Zeitraum liegen, in dem es dem Auftraggeber nicht zugemutet werden kann, vertragliche Beziehungen mit dem betreffenden Unternehmen aufzunehmen. Auch das Vorliegen einer Anklageschrift oder eines Eröffnungsbeschlusses muss daher nicht abgewartet werden (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 29.12.2003 – 1 Verg 4/03; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 24.06.2004 – 11 Verg 6/04; Müller-Wrede, a. a. O., § 6 EG, Rdnr. 67). Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 6 Abs. 6 lit. c VOL/A-EG darf der Auftraggeber nach der Rechtsprechung des BGH aber nur solche Umstände berücksichtigen, die sich im Rahmen gesicherter Erkenntnis bewegen. Informationen müssen sich aus seriösen Quellen ergeben, so dass der Verdacht eine gewisse Erhärtung erfährt (vgl. BGH, Urteil vom 26.10.1999 – X ZR 30/98; Saarländisches OLG, Beschluss vom 29.12.2003 – 1 Verg 4/03; Hausmann/ von Hoff in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 6 EG, Rdnr. 111). Der in der mit der Vergabeakte vorgelegten staatsanwaltlichen Ermittlungsakte dokumentierte Sachverhalt begründet zumindest den Vorwurf einer Vorteilsgewährung nach § 333 Abs. 1 StGB und damit einer strafbaren Handlung. 226 128 KG, Urteil vom 08.12.2011 – 2 U 11/11 (Vergabesperre) Die Verfügungsklägerin betreibt ein Bauunternehmen und beteiligt sich an Vergabeverfahren des Verfügungsbeklagten. Sie wendet sich gegen eine mit Schreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 30. März 2011 ausgesprochene sechsmonatige Vergabesperre, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt: Das Bezirksamt Mitte zeigte mit Schreiben vom 4. Juli 2005 den Einsatz eines nicht gemeldeten Nachunternehmers durch die Verfügungsklägerin auf der Baustelle Gymnasium/Musikschule an. Die Einzelheiten sind streitig. Die Verfügungsklägerin erhielt u. a. den Zuschlag für das Bauvorhaben L in BerlinSpandau. Am 17. November 2009 war dort die Fa. I? als ihre Nachunternehmerin tätig, ohne dass der Verfügungsbeklagte dem zugestimmt hatte. Mit Schreiben vom 2. Februar 2010 drohte er für den Fall des wiederholten Verstoßes gegen vertraglichen Vereinbarungen die Verhängung einer auf sechs Monate befristeten Vergabesperre an. Am 20. Januar 2011 waren auf der Baustelle für die zulässig eingesetzte Nachunternehmerin der Verfügungsklägerin – die I (im Folgenden: I ) – Herr S als Nachunternehmer und dessen Mitarbeiter N tätig. Der Verfügungsbeklagte hatte auch diesem Einsatz nicht zugestimmt. Mit Schreiben vom 15. März 2011 zeigte das Bezirksamt Spandau den unzulässigen Einsatz eines Herrn R als Nachunternehmer am gleichen Tag an. Mit Schreiben vom 22. März 2011 zeigte es einen weiteren unzulässigen Einsatz von Nachunternehmern am 18. März 2011 an. Die Einzelheiten dieser beiden Vorfälle sind ebenfalls streitig. II. Der Antrag auf Erlass eines einstweiligen Verfügung ist unbegründet. Es fehlt am Verfügungsgrund, wobei offen bleiben kann, ob die Verfügungsklägerin einen Unterlassungs- oder einen Beseitigungsanspruch geltend macht. Die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen §§ 33 Abs. 1 Satz 1, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 GWB sowie § 1004 Abs. 1 BGB in entsprechender Anwendung i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB, §§ 2 Abs. 2, 16 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c) VOB/A 2009 bzw. i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB (Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) sind nicht erfüllt. 1. Wettbewerbsrechtlicher Anspruch Die Vergabesperre ist ein einseitiges Verhalten und wettbewerbsrechtlich gemäß § 22 Abs. 2 GWB nach deutschem Recht zu beurteilen (Senat a.a.O. Rz 109 m. w. N.). Die Anwendbarkeit der bereits genannten Vorschriften des GWB scheitert daran, dass die insoweit darlegungspflichtige Verfügungsklägerin keine Tatsachen vorgetragen hat, aus denen sich ergibt, dass der Verfügungsbeklagte auf dem hier maßgeblichen Nachfragemarkt eine marktbeherrschende Stellung (§§ 19 Abs. 1 und § 20 Abs. 1 GWB i. V. m. § 19 Abs. 2 und 3 GWB) oder eine marktstarke Stellung (§ 20 Abs. 1 und Abs. 2 GWB) hat. 227 Die Umstände, die für die Bestimmung des sachlich relevanten Marktes zur Verfügung stehen, zeigen, dass die Verfügungsklägerin allgemeine Bauleistungen anbietet, die nicht auf Großprojekte zugeschnitten sind (zur Bestimmung des sachlich relevanten Marktes vgl. Immenga/Mestmäcker/Möschel, GWB, 4. Aufl., § 19 Rz 24 ff und Rz 34 „Bauwirtschaft“). Denn aus den bei der Akte befindlichen Unterlagen folgt, dass sie Aufträge von Bezirksämtern erhielt, die Abbrucharbeiten, Kernbohrungen, Erstellung einer Eternit-Fassade und eines Wärmedämmverbundsystems, Stemm- und Maurerarbeiten sowie Putzarbeiten außen und innen umfassten. Anhaltspunkte, dass der Verfügungsbeklagte auf dem Markt für allgemeine Bauleistungen unterhalb der Schwelle für Großprojekte – der aus Sicht eines durchschnittlichen Anbieters räumlich zudem nicht nur auf Berlin beschränkt ist (vgl. dazu BGH ZIP 2000, 426 ff Juris Rz 28 m. w. N.) – eine marktbeherrschende oder marktstarke Stellung hat, bestehen nicht. 2. Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB in entsprechender Anwendung i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB bzw. § 823 Abs. 1 BGB a) Seit dem Inkrafttreten des Vergaberechtsänderungsgesetzes am 1. Januar 1999 nimmt die vergaberechtliche Literatur überwiegend an, dass die Vorschriften der VOB/A in den Fällen, in denen die sog. Schwellenwerte erreicht sind, Schutzgesetze nach § 823 Abs. 2 BGB sind, soweit sie bieterschützenden Charakter haben (vgl. Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB Teil A, 2001, Syst V Rz 288; weitere Nachweise siehe Senat a.a.O. Rz 120). Im vorliegenden Fall bedarf es allerdings keiner Entscheidung zum Schutzgesetzcharakter der Vorschriften der VOB/A. Offen bleiben kann auch, welche Bedeutung es hat, dass nach den im Rahmen des wettbewerbsrechtlichen Anspruchs bereits dargestellten Aufträgen die Annahme, die Verfügungsklägerin könne sich an EU-weiten Vergabeverfahren beteiligen, eher fern liegt. Denn auch ein Eingriff in das – hinter spezielleren Vorschriften und damit hinter einem etwaigen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB zurücktretende – Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb scheidet aus, wenn die Vergabesperre die Anforderungen der VOB/A erfüllt (vgl. Senat a.a.O. Rz 121 m. w. N.; Palandt/Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl., § 823 Rz 126). Dies ist hier der Fall. b) Entgegen der von der Verfügungsklägerin vertretenen Ansicht bedarf es für eine Vergabesperre keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigung. Es ist grundsätzlich anerkannt, dass die Möglichkeit einer Vergabesperre besteht. Sie beruht auf dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, der auch für einen öffentlichen Auftraggeber gilt. Er ist zwar an die vergaberechtlichen Bestimmungen gebunden, danach aber nicht gehalten, Angebote von Unternehmern einzuholen, die er generell für unzuverlässig halten darf (zum Vorstehenden: Senat a.a.O. Rz 126). 228 Der von der Verfügungsklägerin in diesem Zusammenhang angeführte § 6 Abs. 3 AVG für Vergabeverfahren, die nach dem 28. Oktober 2010 begonnen wurden (§ 11 AVG; für die Zeit davor siehe § 1 Abs. 4 VergG Bln), steht der Vergabesperre ebenfalls nicht entgegen. Die Regelung räumt dem Auftraggeber ein gebundenes Ermessen über die Verhängung einer Vergabesperre ein, wenn der Auftragnehmer gegen Vorschriften des AVG verstoßen hat. Aus der Regelung folgt aber keine Ermessensbindung dahingehend, dass nur in den dort genannten Fällen eine Vergabesperre ausgesprochen werden kann. Denn sie trägt lediglich den Grundsätzen des neuen Vergaberechts Rechnung (vgl. § 97 Abs. 4 GWB), ohne dass daraus zu entnehmen ist, dass die allgemeinen Kriterien der Unzuverlässigkeit nicht mehr zu berücksichtigen sind. Dies ergibt sich ohne weiteres aus der Überlegung, dass in diesem Fall die Möglichkeit einer Vergabesperre gegenüber einem Auftragnehmer, dem Manipulationen des Vergabeverfahrens zur Last fallen („Korruption“; vgl. Senat a.a.O. Rz 130 ff), ebenfalls ausschiede. c) Nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c) VOB/A können Angebote von Bietern, die nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit als Bewerber in Frage stellt, ausgeschlossen werden. Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach § 2 Abs. 2 VOB/A 2009 scheidet in diesem Fall aus. Ein Auftraggeber kann ein konkretes Angebot jedenfalls dann beurteilungsfehlerfrei ausschließen, wenn der Bieter schwerwiegende Rechtsverstöße begangen hat und der Auftraggeber ihn deshalb zu Recht als unzuverlässig ansieht. Insbesondere Rechtsverstöße von einigem Gewicht, die sich unmittelbar auf die Auftragsdurchführung beziehen, können die Grundlage für eine Vergabesperre sein. Für eine Vergabesperre außerhalb eines konkreten Vergabeverfahrens müssen die Umstände, auf die die Sperre gestützt wird, allerdings geeignet sein, den Ausschluss generell zu rechtfertigen. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass sich die Unzuverlässigkeit aus besonders schweren Verfehlungen ergibt (zum Vorstehenden: Senat a.a.O. Rz 127, 128). Demgemäß ist eine strafrechtliche Verurteilung keine Voraussetzung für eine solche Vergabesperre. Der entgegen den vertraglichen Bestimmungen erfolgende Einsatz von Nachunternehmern ist ein schwerwiegender Rechtsverstoß bezogen auf den konkreten Vertrag. Dies folgt ohne weiteres aus dem in § 4 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B bestimmten Recht zur Entziehung des Auftrags für den Fall, dass Leistungen – auf die der Betrieb des Auftragnehmers eingerichtet ist – ohne Zustimmung des Auftraggebers nicht im eigenen Betrieb durchgeführt werden. Vorliegend war Anlass für die mit Schreiben vom 30. März 2011 verhängte Vergabesperre der vertragswidrige Nachunternehmereinsatz am 20. Januar 2011. Es handelte sich dabei nicht um den ersten und nicht um den letzten Vorfall dieser Art, wobei die maßgeblichen Vertragsverstöße in den Jahren 2009 und 2011 ihrer Art nach jeweils unstreitig sind. Die mehrfachen vertragswidrigen Nachunternehmereinsätze rechtfer- 229 tigten die Annahme des Verfügungsbeklagten, die Verfügungsklägerin sei generell unzuverlässig. Auch wenn zugunsten der Verfügungsklägerin die von ihr behaupteten näheren Umstände der Vertragsverstöße als zutreffend unterstellt werden, ergibt sich keine andere Beurteilung. Es bedarf daher keiner weiteren Ausführungen zur Darlegungs- und Beweislast. 129 VK Nordbayern, Beschluss vom 12.06.2012 – 21 VK-3194-10/12 (Parkett- und Bodenbelagsarbeiten) g) Die ASt hat den Ausschluss ihres Angebots am 03.05.2012 unverzüglich gerügt, nachdem ihr mit Schreiben vom 03.05.2012 der Ausschluss mitgeteilt worden war. Gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 VOB/A sind bei der Auswahl der Angebote, die für den Zuschlag in Betracht kommen, nur Bieter zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen. Für die Bewertung der Zuverlässigkeit eines Bieters im Vergabeverfahren ist maßgebend, inwieweit die Umstände des einzelnen Falles die Aussage rechtfertigen, er werde die von ihm angebotenen Leistungen, die Gegenstand des Vergabeverfahrens sind, vertragsgerecht erbringen. Die Beurteilung der Zuverlässigkeit ist eine Prognoseentscheidung, die regelmäßig aufgrund des in der Vergangenheit liegenden Geschäftsgebarens des Bewerbers erfolgt. Zu den typische Fällen von Unzuverlässigkeit eines Bewerbers gehört grundsätzlich auch mangelnde Sorgfalt bei der Ausführung früherer Arbeiten, die zu Nachforderungen des Auftraggebers oder zu Gewährleistungsansprüchen geführt hat (Boesen, Vergaberecht, GWB § 97 Rz. 83 f.). Erforderlich ist eine umfassende Abwägung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte unter angemessener Berücksichtigung des Umfanges, der Intensität, des Ausmaßes und des Grades der Vorwerfbarkeit der Pflichtverletzungen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.08.2001 – Verg 27/01). Aus der Tatsache einer Vertragsverletzung oder einer mangelhaften Leistung kann daher nur dann der Rückschluss auf eine Unzuverlässigkeit des Unternehmers gezogen werden, wenn der Mangel gravierend ist, d.h. zu einer deutlichen Belastung des Auftraggebers, sei es in tatsächlicher oder finanzieller Hinsicht, geführt hat (OLG Stuttgart, Urteil vom 29.04.2003 – 1 U 130/02, IBR 2003, 496; VK Nordbayern, B. v. 18.12.2007 – Az.: 21.VK – 3194 – 47/07). b) Vorliegend ist die VSt den Nachweis der Unzuverlässigkeit der ASt schuldig geblieben. aa) Den Ausschluss der ASt wegen deren Unzuverlässigkeit stützt die VSt auf schlechte Erfahrungen mit der ASt aus drei vorausgegangenen Vergabeverfahren. 230 Grundsätzlich ist es nicht zu beanstanden, wenn ein Auftraggeber bei der Prüfung der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit eines Bieters auf eigene, auch schlechte, Erfahrungen aus früheren, abgeschlossenen Vertragsverhältnissen zurückgreift. Bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit kommt es auch darauf an, ob bei einer Gesamtabwägung die positiven oder die negativen Erkenntnisse über einen Bieter objektiv größeres Gewicht haben. bb) Zwar ist es bei den drei angeführten Projekten offensichtlich zwischen der ASt und der VSt zu Kommunikationsproblemen und Meinungsverschiedenheiten gekommen. Belastbare Nachweise für gravierende Fehler der ASt, wie sie etwa das Ergebnis eines Gerichtsverfahrens oder eines Verfahrens nach § 18 Abs. 2 VOB/B möglicherweise hätte erbringen können, gibt es aber nicht. Die Vergabekammer hat sich aufgrund der überlassenen Unterlagen und der Einlassungen in der mündlichen Verhandlung ein Bild von den Vorkommnissen um die drei genannten vorangegangenen Projekte gemacht. ■ Beim Projekt ..... in ..... (xxxxx) wurde der ASt vorgeworfen, dass sie nach Auftragserteilung mitgeteilt hatte, sie wolle mit einer weiteren Firma eine ARGE zur Abwicklung des Auftrages gründen. Da die VSt dem zugestimmt hatte, kann sie mit diesem Vorgang nicht die Unzuverlässigkeit der ASt belegen. ■ Beim Projekt ..... (yyyyy) wurde der ASt wegen der zweifellos nicht fristgerechten Ausführung mangelnde Termintreue vorgeworfen. Hier ist aber auch die Ursache für die nicht vertragsgerechte Durchführung in die Betrachtung einzubeziehen. Unstreitig ist ein großer Teil der Verzögerungen auf die Notwendigkeit zweier Fachgutachten zurück zu führen. Zudem hat die ASt vorgebracht, sie sei durch andere Handwerker und ungünstige Zeitabläufe behindert worden. Zudem bestreitet die ASt, dass die Festlegung neuer Fertigstellungstermine – wie seitens der VSt vorgetragen – einvernehmlich erfolgt sei. Tatsächlich sind die hierzu von der VSt vorgelegten Nachtragsschreiben nicht von der ASt unterzeichnet. Im Ergebnis kann aus der teilweise durch besondere Umstände verursachten Nichteinhaltung der Fertigstellungstermine nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, dass auch die ordnungsgemäße Vertragsabwicklung des anstehenden Auftrags in Frage gestellt wäre. Die Qualität der Ausführung als solche hat die VSt der ASt nicht abgesprochen. Sie hat zwar eine Mängelliste erstellt, die Maßnahme aber (in Abwesenheit der ASt) abgenommen. Dass die Mängelbeseitigung ebenfalls nicht termingerecht abgeschlossen wurde, begründete die ASt damit, sie habe lediglich die von ihr zu vertretenden Mängel beseitigt, andere aber nicht. 231 Im Ergebnis und unter Würdigung der Schilderungen der unterschiedlichen Standpunkte der Parteien ist die Vergabekammer zu der Überzeugung gelangt, dass ein einseitiges, vorwerfbares Verschulden der ASt an den terminlichen Verzögerungen nicht feststellbar ist. Damit bietet das Verhalten der ASt keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Fehlen ihrer Zuverlässigkeit. ■ Beim Projekt ..... (zzzzz) wurde der ASt der Auftrag für die Restarbeiten entzogen, weil die ASt Mängelbeseitigungsarbeiten zwar begonnen, jedoch nicht abgeschlossen habe. Diese Vertragsverletzungen, die die VSt erst im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens zur Begründung herangezogen hat, sind jedenfalls nicht derart gravierend, als dass sie geeignet wären, die Unzuverlässigkeit der ASt im Hinblick auf die jetzt ausgeschriebenen Bodenbelagsarbeiten zu begründen. cc) Die VSt hat ausdrücklich betont, nicht die Schwere der einzelnen Mängel, sondern deren Summe und Häufung hätten ihre Überzeugung von der Unzuverlässigkeit der ASt begründet. In diesem Zusammenhang ist aber auch zu berücksichtigen, dass ein Ausschluss eines Unternehmens von der Vergabe öffentlicher Aufträge wegen Unzuverlässigkeit schwerwiegende Folgen für das Unternehmen haben kann (VK Nordbayern, B. v. 18.12.2007 – Az.: 21.VK – 3194 – 47/07). Deshalb sind die Hürden für einen derartigen Ausschluss relativ hoch. Insbesondere muss es sich um gravierende und vor allem um nachgewiesene Verfehlungen handeln. dd) Die VSt hat insbesondere in der mündlichen Verhandlung ihre Verärgerung über die bisherige Zusammenarbeit mit der ASt und ihre daraus resultierende Überzeugung von deren Unzuverlässigkeit deutlich gemacht. Jedoch darf der Ausschluss eines Bieters vom Vergabeverfahren keine Sanktion für Probleme in der Vertragsabwicklung in vorangegangenen Vergabeverfahren sein (VK Brandenburg, Beschluss vom 11.07.2007 – 1 VK 23/07). Zweifellos gab und gibt es Meinungsverschiedenheiten zwischen der ASt und der VSt über die Ursachen von Termin- und Kostenüberschreitungen, den Umfang der von der ASt zu erbringenden Mängelbeseitigung, Kommunikationsprobleme und nachvollziehbare Zweifel der VSt an einer künftigen gedeihlichen Zusammenarbeit. Die Klärung dieser Differenzen ist aber nicht Aufgabe der Vergabekammer im Rahmen der Nachprüfung eines anderen öffentlichen Auftrags. Bloße Meinungsverschiedenheiten, die hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung bestehen, sind nicht geeignet, einen Ausschluss wegen Unzuverlässigkeit zu begründen (OLG Brandenburg, B. v. 14.09.2010 – Az.: Verg W 8/10). c) Bei einer zusammenfassenden Würdigung ist danach festzustellen, dass die von der VSt sowohl aus vorangegangenen Ausschreibungsverfahren gewonnenen Erfahrungen als auch die im streitgegenständlichen Verfahren getroffenen Fest- 232 stellungen nicht ausreichend sind, Zweifel an der Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit der ASt zu begründen. Die VSt hat deshalb in ihrer Prognoseentscheidung zu Unrecht die Zuverlässigkeit der ASt verneint. 130 OLG München, Beschluss vom 05.10.2012 – Verg 15/12 (Grundschule G.-Straße) 1. Die (außerordentliche) Kündigung eines Auftrags entbindet den öffentlichen Auftraggeber nicht von den Vorschriften des Vergaberechts. 2. Schreibt der öffentliche Auftraggeber nach der Kündigung eines Bauauftrages die Bauleistung erneut aus, ist der gekündigte Unternehmer nicht von vornherein von der Teilnahme am Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen. 3. Der Auftraggeber darf bei der Prüfung der Eignung eines Bieters, also der Prognose, ob der Bieter nach seiner personellen, finanziellen und technischen Ausstattung in der Lage sein wird, den Auftrag durchzuführen, Erfahrungen mit einbeziehen, die er selbst mit einem bestimmten Bieter in der Vergangenheit gemacht hat, ohne dass hierauf gesondert in der Vergabebekanntmachung oder den Ausschreibungsunterlagen hingewiesen werden muss. 4. Die Erfahrungen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Auftragsverhältnisses geführt haben, können die Prognose rechtfertigen, dass bei erneuter Beauftragung dieses Bieters nicht mit einer ordnungsgemäßen Leistungsabwicklung zu rechnen ist, ohne dass im Nachprüfungsverfahren positiv festgestellt werden muss, dass die außerordentliche Vertragskündigung durch den Auftraggeber gerechtfertigt war. 2. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist unbegründet, da die vergaberechtliche Entscheidung der Antragsgegnerin die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt. Soweit die Antragsgegnerin den Ausschluss der Antragstellerin auf § 16 Abs. 1 Nr. 2 c VOB/A (nachweislich schwere Verfehlung) gestützt hat, dürften die von der Antragsgegnerin vorgebrachten Gründe die hohen Anforderungen, die die Rechtsprechung insoweit stellt, nicht erfüllen (vgl. im einzelnen Kratzenberg in Ingenstau/Korbion, VOB, 17. Aufl., § 16 VOB/A, Rn. 40 ff). Ein weiteres Eingehen auf die vielfältigen kontroversen Argumente der Verfahrensbeteiligten zu dieser Thematik bedarf es nicht. Denn die Beurteilung der Antragsgegnerin, sie habe begründete Zweifel daran, dass die Antragstellerin die Leistung, die Gegenstand der Ausschreibung ist, ordnungsgemäß und vertragsgerecht erbringen wird, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat die Eignung der Antragstellerin (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 VOB/A) rechtsfehlerfrei und im Rahmen des ihr zu Gebote stehenden Beurteilungsspielraums verneint. 233 Der Auftraggeber darf anerkanntermaßen bei der Prüfung der Eignung Erfahrungen mit einbeziehen, die er selbst mit einem bestimmten Bieter in der Vergangenheit gemacht hat (Kratzenberger in Ingenstau/Korbion, VOB 17. Aufl. § 16 VOB/A Rn. 79). Ein solches Vorgehen ist weder sachwidrig noch muss der Auftraggeber hierauf bei der europaweiten Ausschreibung hinweisen. Die Argumentation der Vergabekammer, die Eignung dürfe ausschließlich anhand der in der Bekanntmachung veröffentlichten Kriterien geprüft werden, greift insoweit zu kurz. Insbesondere wenn es um die Vergabe eines Vorhabens geht, dem eine Kündigung des bisherigen Auftragnehmers voranging, ist es dem Auftraggeber nicht verwehrt, die negativen Erfahrungen in Bezug auf den gekündigten Bieter bei der Eignungsprognose zu berücksichtigen (OLG Brandenburg vom 14.09.2010, Verg W 8/10, OLG Düsseldorf vom 04.02.2009, VII ZR 152/08). Unzweifelhaft sind die Grenzen des Beurteilungsspielraums nicht überschritten, wenn der Auftraggeber den Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens für unzuverlässig hält, weil er ihm rechtmäßig aus wichtigem Grund gekündigt hat und es gerade um den Zuschlag des Auftrags geht, der die Vollendung des ursprünglich vom gekündigten Bieter begonnenen Werkes bezweckt. Es liegt auf der Hand, dass die Umstände, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, in aller Regel auch die Prognose tragen, dass der Bieter auch bei einer erneuten Beauftragung das Werk nicht zuverlässig und ordnungsgemäß fertigstellen wird. Soweit die Antragstellerin meint, vorliegend werde ein gänzlich neuer und anderer Bauauftrag vergeben, der alte Vertrag sei beendet und sie begehre auch keine Fortsetzung dieses gekündigten Vertrages, vermag sie den engen sachlichen Zusammenhang zwischen dem gekündigten und dem neuen Auftrag nicht in Frage zu stellen. Es mag sein, dass die Leistungsbeschreibung des ausgeschriebenen streitgegenständlichen Auftrags im Detail Abweichungen gegenüber dem gekündigten Auftrag aufweist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass es objektiv um ein und dasselbe Objekt geht, welches nunmehr nach der Kündigung der Antragstellerin fertiggestellt werden soll und dass deshalb die Antragsgegnerin die Vorfälle, die zur Kündigung geführt haben bei ihrer Eignungsprognose ebenso berücksichtigen darf, wie das Verhalten der Antragstellern im Anschluss an die Kündigung. Vorliegend ist die Frage, ob für die von der Antragsgegnerin ausgesprochene fristlose Kündigung hinreichende wichtige Gründe vorlagen, zwischen den Beteiligten umstritten. Allerdings muss in einem Nachprüfungsverfahren von den Nachprüfungsinstanzen nicht abschließend festgestellt werden, ob eine außerordentliche Vertragskündigung des Auftraggebers gerechtfertigt war oder nicht. Dies zu entscheiden, ist Sache der Zivilgerichte. Vergaberechtlich überprüfbar ist allein, ob der Auftraggeber zu Recht oder Unrecht einen Bieter als unzuverlässig und damit als nicht geeignet i.S. von § 97 Abs. 4 GWB angesehen hat oder nicht. Hierbei ist der bereits dargelegte Beurteilungsspielraum des Auftraggebers zu beachten. Ausreichend für die Berechtigung der Annahme, der Bewerber sei unzuverlässig, sind nicht nur auf der Hand liegende Vertragsverletzungen, sondern auch solche Umstände des Einzelfalles, die die Besorgnis rechtfertigen, die reibungslose Durchführung des Auftrags sei nicht zu erwarten (OLG Brandenburg a.a.O.). 234 4. 4.1 Eignungsprüfung (2. Wertungsstufe) Ermittlungspflicht des Auftraggebers 131 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2011 – Verg 84/11 (Gebäude- und Glasreinigung) Das Vorgehen der Antragsgegnerin begegnet aber deswegen durchgreifenden vergaberechtlichen Bedenken, weil sie im Hinblick auf die Bonitätsbewertung weder eine eigene Prüfung und Kontrolle vornimmt noch den Bewerbern die Möglichkeit einräumt, Einwände und Korrekturen an der eingeholten Auskunft anzubringen. Eignungsentscheidungen dürfen nur auf einer gesicherten Erkenntnisgrundlage erheben, die der Auftraggeber grundsätzlich eigenverantwortlich herstellen muss. Bei jeder Eignungsprüfung und damit auch bei Auswahlentscheidung der am besten geeigneten Bewerber nach § 20 Abs. 1 SektVO muss der Auftraggeber alle Umstände, die für die Bewertung der Eignung von Bedeutung sind, aufklären. Er darf sich weder auf Vermutungen stützen noch Zweifelsfragen offen lassen. Umstände, die nicht auf eigener gesicherter Erkenntnis beruhen, dürfen bei der Bewertung nicht berücksichtigt werden (BGH, Urteil v. 26.10.1999 – X ZR 30/98). Dass Auftraggeber sich auf eine von anderen Stellen durchgeführte Eignungsprüfung beschränken, ist ausdrücklich nur im Rahmen der Präqualifikation vorgesehen. Mit der vollständigen Delegation der Ermittlung und der ungeprüften Übernahme der für die Eignungsbewertung maßgeblichen Erkenntnisse an ein Wirtschaftsunternehmen, zudem in einem fehleranfälligen Bereich, genügt der öffentliche Auftraggeber seiner vergaberechtlichen Pflicht zur Schaffung einer hinreichend sicheren Erkenntnisgrundlage nicht. Dies bedeutet nicht, dass die Verwertung von Bonitätsbewertungen der Creditreform-Auskunft in Vergabeverfahren ausgeschlossen ist. Der Auftraggeber muss aber sicherstellen, dass diese Angaben nicht ungeprüft und ohne jede Korrekturmöglichkeit zur Grundlage der Eignungsbewertung werden. Der Auftraggeber muss derartige Auskünfte und Angaben nicht selbst kontrollieren. Insoweit ist es ausreichend aber auch erforderlich, dass die Bewerber bzw. Bieter Gelegenheit haben, die sie betreffenden Auskünfte auf ihre sachliche Richtigkeit hin zu kontrollieren und gegebenenfalls Einwände und Korrekturen anzubringen, deren Berechtigung der Auftraggeber überprüfen muss. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist es nicht Sache des Bieters bzw. Bewerbers, vor einer Bewerbung durch eine entsprechende Kontrolle des der Creditreform-Auskunft zur Verfügung stehenden Datenmaterials dafür zu sorgen, dass dem Auftraggeber nur sachlich richtige Auskünfte erteilt werden. Dadurch würde die den Auftraggeber treffende vergaberechtliche Obliegenheit, eine hinreichend sichere Erkenntnisgrundlage für die Eignungsprüfung zu schaffen, vollständig auf den Bieter delegiert. 235 4.2 Eignungsprofil wird nicht entsprochen 132 EuGH, Urteil vom 10.05.2012 – C-368/10 (EKO und Max Havelaar) Erstens ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 der öffentliche Auftraggeber, wenn er, wie im vorliegenden Fall, beschließt, einen Auftrag an den Bieter zu vergeben, der aus seiner Sicht das wirtschaftlich günstigste Angebot einreicht, verschiedene Kriterien anzuwenden hat, die er unter Einhaltung der Anforderungen dieser Richtlinie festzulegen hat, wobei die Richtlinie, wie sich aus der Verwendung des Ausdrucks „z. B.“ ergibt, eine nicht abschließende Aufzählung möglicher Kriterien enthält. Art. 53 der Richtlinie 2004/18 wird durch den 46. Erwägungsgrund der Richtlinie erläutert, dessen Abs. 3 und 4 klarstellen, dass die Zuschlagskriterien nicht nur wirtschaftlich, sondern auch qualitativ sein dürfen. Daher gehören zu den in Art. 53 Abs. 1 Buchst. a genannten Kriterien u. a. Umwelteigenschaften. Wie die Generalanwältin in Nr. 103 ihrer Schlussanträge festgestellt hat, heißt es im vierten Absatz des 46. Erwägungsgrundes zudem, dass „ein öffentlicher Auftraggeber auch Kriterien zur Erfüllung sozialer Anforderungen anwenden [kann], die insbesondere den in den .... Spezifikationen [des Auftrags] festgelegten Bedürfnissen besonders benachteiligter Bevölkerungsgruppen entsprechen, denen die Nutznießer/Nutzer der Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen angehören“. Daher ist davon auszugehen, dass öffentliche Auftraggeber auch Zuschlagskriterien wählen dürfen, die auf soziale Aspekte gestützt sind, die die Nutzer oder Nutznießer der Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Auftrags sind, aber auch andere Personen betreffen können. Zweitens schreibt Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 vor, dass die Zuschlagskriterien mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen. Insoweit stellt der 46. Erwägungsgrund in seinem dritten Absatz klar, dass „[d]ie Festlegung dieser Kriterien .... insofern vom Auftragsgegenstand ab[hängt], als sie es ermöglichen müssen, das Leistungsniveau jedes einzelnen Angebots im Verhältnis zu dem in den technischen Spezifikationen beschriebenen Auftragsgegenstand zu bewerten sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis jedes Angebots zu bestimmen“, wobei das „wirtschaftlich günstigste Angebot“ das mit dem „besten Preis-Leistungs-Verhältnis“ ist. Wie sich drittens aus dem ersten und dem vierten Absatz dieses Erwägungsgrundes ergibt, verlangt die Wahrung der Grundsätze der Gleichheit, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz, dass die Zuschlagskriterien objektiv sind, was gewährleistet, dass der Vergleich und die Bewertung der Angebote in objektiver Weise erfolgt und somit unter Bedingungen eines wirksamen Wettbewerbs. Das wäre nicht der Fall 236 bei Kriterien, die dem öffentlichen Auftraggeber eine uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit einräumten (vgl. zu entsprechenden Vorschriften der Richtlinien, die der Richtlinie 2004/18 vorausgegangen sind, Urteil vom 17. September 2002, Concordia Bus Finland, C-513/99, Slg. 2002, I-7213, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). Viertens und letztens verpflichten, wie im zweiten Absatz dieses Erwägungsgrundes hervorgehoben wird, dieselben Grundsätze den öffentlichen Auftraggeber in allen Stadien eines Verfahrens der Vergabe eines öffentlichen Auftrags, sowohl den Grundsatz der Gleichbehandlung potenzieller Bieter als auch den Grundsatz der Transparenz der Zuschlagskriterien zu wahren, wobei diese so zu formulieren sind, dass alle gebührend informierten und mit der üblichen Sorgfalt handelnden Bieter deren genaue Bedeutung verstehen und sie somit in gleicher Weise auslegen können (vgl. u. a. zu entsprechenden Vorschriften der Richtlinien, die der Richtlinie 2004/18 vorausgegangen sind, Urteil vom 4. Dezember 2003, EVN und Wienstrom, C-448/01, Slg. 2003, I-14527, Randnrn. 56 bis 58). Um die Begründetheit der Rüge des Fehlens eines hinreichenden Zusammenhangs zwischen dem streitigen Zuschlagskriterium und dem Auftragsgegenstand zu beurteilen, sind zum einen die den Gütezeichen EKO und MAX HAVELAAR zugrunde liegenden Kriterien zu berücksichtigen. Wie sich aus den Randnrn. 34 und 37 des vorliegenden Urteils ergibt, kennzeichnen diese zugrunde liegenden Kriterien Erzeugnisse aus ökologischer Landwirtschaft bzw. fairem Handel. Zum ökologischen Landbau, wie er durch das Unionsrecht, d. h. zur im vorliegenden Fall maßgeblichen Zeit durch die Verordnung Nr. 2092/91 umschrieben war, heißt es in deren Erwägungsgründen 2 und 9, dass dieser Landbau den Umweltschutz begünstigt, insbesondere weil er erhebliche Einschränkungen bei der Verwendung von Dünge- oder Schädlingsbekämpfungsmitteln bedeutet. Zum fairen Handel ergibt sich aus Randnr. 37, dass die von der Stiftung, die das Gütezeichen MAX HAVELAAR vergibt, vorgeschriebenen Kriterien Kleinerzeuger aus Entwicklungsländern fördern sollen, indem mit ihnen Handelsbeziehungen gepflegt werden, die die tatsächlichen Bedürfnisse dieser Erzeuger und nicht nur die Gesetzes des Marktes berücksichtigen. Aus diesen Angaben ist ersichtlich, dass das streitige Zuschlagskriterium Umwelt- und soziale Eigenschaften betraf, die unter Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 fallen. Zum anderen ist festzustellen, dass sich der Auftrag nach seiner Beschreibung in Unterkapitel 1.4 des Lastenhefts insbesondere auf die Lieferung von Kaffee, Tee und andere zur Herstellung der in den Automaten angebotenen Getränke erforderlichen Zutaten bezog. Aus der Fassung des streitigen Zuschlagskriteriums ergibt sich im Übrigen, dass dieses ausschließlich die im Rahmen dieses Auftrags zu liefernden Zutaten betraf und keine Auswirkung auf die allgemeine Einkaufspolitik der Bieter hatte. Mithin bezogen sich diese Kriterien auf Erzeugnisse, deren Lieferung ein Teil des Gegenstands des fraglichen Auftrags war. 237 Wie sich schließlich aus Nr. 110 der Schlussanträge der Generalanwältin ergibt, ist es nicht erforderlich, dass sich ein Zuschlagskriterium auf eine echte innere Eigenschaft eines Erzeugnisses, also ein Element, das materiell Bestandteil von ihm ist, bezieht. So hat der Gerichtshof in Randnr. 34 des Urteils EVN und Wienstrom entschieden, dass es die für die Vergabe öffentlicher Aufträge geltenden Vorschriften des Unionsrechts einem öffentlichen Auftraggeber nicht verwehren, im Rahmen der Vergabe eines Auftrags über die Lieferung von Strom ein Kriterium festzulegen, das die Lieferung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern verlangt. Grundsätzlich steht somit einem Zuschlagskriterium, das darauf abstellt, dass ein Erzeugnis fair gehandelt worden ist, nichts entgegen. Es ist daher festzustellen, dass das streitige Zuschlagskriterium den in Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 verlangten Zusammenhang mit dem fraglichen Auftragsgegenstand aufweist, so dass die Rüge der Kommission insoweit nicht begründet ist. Zu der Rüge, die Provinz Nord-Holland habe den Besitz bestimmter Gütezeichen zu einem Zuschlagskriterium gemacht, genügt der Hinweis darauf, dass der öffentliche Auftraggeber nach Nr. 35 des Anhangs A des Lastenhefts vorgesehen hatte, dass der Umstand, dass die zu liefernden Zutaten mit den Gütezeichen EKO und/oder MAX HAVELAAR ausgestattet seien, zur Vergabe einer bestimmten Punktzahl im Rahmen der Rangfolge der konkurrierenden Angebote für die Zuschlagserteilung führe. Diese Bedingung ist anhand der Erfordernisse der Klarheit und Objektivität zu prüfen, denen die öffentlichen Auftraggeber insoweit zu genügen haben. Was den spezifischen Fall der Verwendung von Gütezeichen angeht, hat der Unionsgesetzgeber einige präzise Hinweise zu den Bedeutungen dieser Erfordernisse im Zusammenhang mit technischen Spezifikationen gegeben. Wie sich aus den Randnrn. 62 bis 65 des vorliegenden Urteils ergibt, hat der Gesetzgeber, nachdem er in Art. 23 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2004/18 hervorgehoben hat, dass die technischen Spezifikationen so genau gefasst sein müssen, dass sie den Bietern ein klares Bild vom Auftragsgegenstand vermitteln und dem öffentlichen Auftraggeber die Erteilung des Zuschlags ermöglichen, dem Auftraggeber in Art. 23 Abs. 6 gestattet, die einem Umweltgütezeichen zugrunde liegenden Kriterien anzuwenden, um bestimmte Eigenschaften eines Erzeugnisses vorzuschreiben, nicht jedoch, aus einem Umweltgütezeichen eine technische Spezifikation zu machen, da ein Umweltgütezeichen nur herangezogen werden kann, um die Vermutung zu begründen, dass die mit ihm versehenen Erzeugnisse die so definierten Eigenschaften erfüllen; dabei bleibt jedes andere geeignete Beweismittel ausdrücklich vorbehalten. Entgegen dem Vorbringen des Königreichs der Niederlande besteht kein Grund zu der Annahme, dass die Grundsätze der Gleichheit, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz andere Folgen hätten, wenn es sich um Zuschlagskriterien handelt, die eben- 238 falls wesentliche Bedingungen eines öffentlichen Auftrags sind, da sie entscheidend dafür sein werden, welches der Angebote, die den vom öffentlichen Auftraggeber im Zusammenhang mit den technischen Spezifikationen angegebenen Anforderungen entsprechen, als erfolgreiches Angebot ausgewählt werden wird. Zu der später in Nr. 12 der Informationsmitteilung erfolgten Klarstellung, dass der Verweis auf die Gütezeichen EKO und MAX HAVELAAR auch gleichwertige Gütezeichen erfasse, ist hervorzuheben, dass über das in den Randnrn. 54 bis 56 des vorliegenden Urteils Ausgeführte hinaus eine solche Klarstellung jedenfalls das Fehlen einer Präzisierung in Bezug auf die den fraglichen Gütezeichen zugrunde liegenden Kriterien nicht ausgleichen kann. Nach alledem hat die Provinz Nord-Holland ein mit Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18 unvereinbares Zuschlagskriterium aufgestellt, indem sie im Lastenheft vorgesehen hat, dass, wenn bestimmte zu liefernde Erzeugnisse mit bestimmten Gütezeichen versehen seien, dies zur Vergabe einer bestimmten Punktzahl im Rahmen der Auswahl des wirtschaftlich günstigsten Angebots führe, ohne die Kriterien aufgeführt zu haben, die diesen Gütezeichen zugrunde liegen, und ohne zugelassen zu haben, dass der Nachweis, dass ein Erzeugnis diesen Kriterien genügt, durch jedes geeignete Beweismittel erbracht werden kann. Folglich ist der dritte Klagegrund insoweit begründet. b) Zum behaupteten Verstoß gegen Art. 44 Abs. 2 und Art. 48 der Richtlinie 2004/18 Wie sich aus Art. 48 Abs. 1 und 6 der Richtlinie 2004/18 ergibt, zählt dieser Artikel die Punkte, auf deren Grundlage der öffentliche Auftraggeber die technische und berufliche Leistungsfähigkeit der Bieter bewerten und überprüfen kann, abschließend auf. Außerdem ermächtigt Art. 44 Abs. 2 der Richtlinie den öffentlichen Auftraggeber zwar, Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit festzulegen, denen ein Bieter genügen muss, damit sein Angebot bei der Vergabe des Auftrags berücksichtigt wird, doch dürfen diese Anforderungen nach Art. 44 Abs. 1 hinsichtlich der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit nur durch Bezugnahme auf die in Art. 48 aufgeführten Punkte festgelegt werden. Entgegen dem Vorbringen des Königreichs der Niederlande knüpft die Anforderung der Einhaltung der „Kriterien der Nachhaltigkeit der Einkäufe und des gesellschaftlich verantwortlichen Verhaltens“ an keinen dieser Punkte an. Insbesondere die im Rahmen dieser Anforderungen verlangten Informationen, nämlich die Angabe „[der Art und Weise, in der der Bieter] die Kriterien der Nachhaltigkeit der Einkäufe und des gesellschaftlich verantwortlichen Verhaltens erfüllt und zur Verbesserung der Nachhaltigkeit des Kaffeemarkts und zu einer umwelttechnisch, sozial und wirtschaftlich verantwortlichen Kaffeeproduktion beiträgt“, können nicht einer „Beschreibung der technischen Ausrüstung des Lieferanten ...., seiner Maßnahmen 239 zur Qualitätssicherung und seiner Untersuchungs- und Forschungsmöglichkeiten“ gemäß Art. 48 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/18 gleichgestellt werden. Der Begriff „Qualität“, der nicht nur in dieser Bestimmung, sondern auch in den Buchst. b, d und j von Art. 48 Abs. 2 verwendet wird, muss nämlich im Kontext dieses Art. 48 als technische Qualität der Leistungen oder Lieferungen von vergleichbarer Art wie die der Leistungen oder Lieferungen, die den Gegenstand des fraglichen Auftrags bilden, verstanden werden, da der öffentliche Auftraggeber berechtigt ist, von den Bietern zu verlangen, dass sie ihn darüber informieren, wie sie die Qualität dieser Leistungen oder Lieferungen in dem in diesen Buchstaben b, d und j vorgesehenen Umfang kontrollieren und garantieren. Demnach hat die Provinz Nord-Holland eine nach Art. 44 Abs. 2 und Art. 48 der Richtlinie 2004/18 nicht erlaubte Mindestanforderung an die technische Leistungsfähigkeit aufgestellt, indem sie im Rahmen der im Lastenheft aufgeführten Eignungskriterien und Mindestanforderungen die Bedingung vorgeschrieben hat, dass die Bieter die Kriterien der Nachhaltigkeit der Einkäufe und des gesellschaftlich verantwortlichen Verhaltens einhalten und angeben, wie sie diese Kriterien einhalten und zur Verbesserung der Nachhaltigkeit des Kaffeemarkts und einer umwelttechnisch, sozial und wirtschaftlich verantwortlichen Kaffeeproduktion beitragen. Mithin ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes begründet. 133 OLG Koblenz, Beschluss vom 13.06.2012 – 1 Verg 2/12 (Eignungsprofil) 1. Gegenstand der EU-weiten Ausschreibung im offenen Verfahren ist die Vergabe von Abfallentsorgungsleistungen. Die Gesamtleistung ist in 16 Lose aufgeteilt. Im jetzigen Beschwerdeverfahren geht es noch um das Los 3 (Sammlung und Beförderung von Bioabfall im Landkreis N. unter Einsatz eines Behälteridentifikationssystems). Der Vertrag soll eine Laufzeit von 3 Jahren haben, optional ist eine zweimalige Verlängerung um jeweils zwei Jahre vorgesehen. Nach der Leistungsbeschreibung sind Bioabfälle „biologisch verwertbare Küchenabfälle, insbesondere Obst-, Gemüse- und sonstige Speisereste sowie Grünabfälle wie Laub, Gras-, Baum- und Strauchschnitt mit einem Durchmesser von max. 8 cm“, die von den Bürgern in auf den Hausgrundstücken bereitgestellte „braune Tonnen“ (Abfallbehälter unterschiedlicher Größe mit einem Fassungsvermögen von 60 l bis 240 l) entsorgt werden. Laut Bekanntmachung vom 30. Juni 2011 war mit dem Angebot u.a. eine „Auflistung von repräsentativen Referenzaufträgen der letzten 3 abgeschlossenen Geschäftsjahre für mit den angebotenen Leistungen vergleichbare Leistungen, mit Benennung der durchgeführten Dienstleistung, Durchführungszeitraum der Dienstleistung, Bezeichnung des Auftraggebers (Telefon- Nr.), und Vergütung pro Jahr“ vorzulegen. 240 II. 1. An der Feststellung, dass die US-Army kein kommunaler Auftraggeber, der Truppenübungsplatz Hohenfels keine kommunale Gebietskörperschaft ist und Soldaten, die sich dort für Tage oder wenige Wochen zu Übungszwecken aufhalten, keine Einwohner sind, kommt man nicht vorbei. Weil die Beigeladene keinen anderen Referenzauftrag angegeben hat, genügt sie nicht dem vom Auftraggeber ordnungsgemäß bekanntgemachten Eignungsprofil. Im Ergebnis kann dahinstehen, ob der Angebotsausschluss, wie von der Vergabekammer angenommen, aus § 19 Abs. 3 lit. a) EG VOL/A folgt, oder ob das Angebot, wozu der Senat neigt, wegen fehlender Eignung des Bieters (§ 19 Abs. Abs. 5 EG VOL/A) aus der Wertung zu nehmen ist. a) Wie sich (nicht nur) aus Art. 44 Abs. 2 VKR ergibt, ist der Auftraggeber berechtigt, das auftragsbezogene Eignungsprofil über Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit zu definieren. Gemäß §§ 7 Abs. 5 EG, 15 Abs. 1 EG VOL/A i.V.m. Art. 36 Abs. 1 VKR und dem Standardformular 2 (Anhang II der VO (EG) 1564/2005; siehe auch Anhang VII zu Art. 36 Abs. 1 VKR unter A Bekanntmachung Ziffer 17) hat der Auftraggeber in dem Formular für die Bekanntmachung unter III.2.3) in der rechten Spalte anzugeben, ob und welche Mindestanforderungen er an die technische Leistungsfähigkeit der potentiellen Auftragnehmer stellt. Dies hat der Beschwerdeführer hier dadurch getan, dass er unmissverständlich mindestens eine Referenz über „die behältergestützte Sammlung und Beförderung von Abfällen im kommunalen Auftrag ... für ein Entsorgungsgebiet mit mind. 40 000 Einwohnern“ verlangt hat. Damit hat er sich zugleich dahingehend festgelegt, dass ein Bieter, der nicht mindestens einen derartigen Auftrag gerade ausführt oder in jüngere Vergangenheit ausgeführt hat, mangels Eignung nicht als Auftragnehmer in Frage kommt. b) Diese Mindestanforderung, die im Übrigen von niemandem gerügt wurde, ist entgegen der jetzt vom Auftraggeber ergebnisorientiert vertretenen Auffassung nicht vergaberechtswidrig. Bei der Festlegung des auftragsbezogenen Eignungsprofils ist der Auftraggeber weitgehend frei. Er muss keine Mindestanforderungen festlegen (und sich damit selbst binden), aber er hat das Recht dazu. Die Grenze zur Rechtswidrigkeit ist erst überschritten, wenn eine Forderung unzumutbar ist – wobei sich die Unzumutbarkeit noch nicht allein daraus ergibt, das ein Unternehmen zur Erfüllung nicht in der Lage ist – oder nicht mehr der Befriedigung eines mit Blick auf das konkrete Beschaffungsvorhaben berechtigten Informations- und/oder Prüfungsbedürfnisses dient, sondern ohne jeden sachlichen Grund ausgrenzend und damit wettbewerbsbeschränkend wirkt (siehe dazu auch Hausmann/Hoff in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Aufl., § 7 EG Rn. 21 f.) Dies ist hier nicht der Fall. Es ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, wenn ein entsorgungspflichtiger Landkreis sich bei der Erfüllung einer wichtigen öffentlichen Aufgabe nur eines Unternehmens bedienen will, das eine entsprechende Leistung 241 zumindest schon einmal für eine andere kommunale Gebietskörperschaft mit einer bestimmten Größe erbracht hat oder derzeit erbringt. Die Prüfung der Zweckmäßigkeit einer derartigen Vorgabe gehört nicht zu den Aufgaben der Nachprüfungsbehörden. c) Die Vorgabe in der Bekanntmachung ist eindeutig und keiner vom Wortlaut abweichenden Auslegung zugänglich. Für die vom Auftraggeber nunmehr vertretene Auffassung, das Eignungsprofil könne auch durch andere, der Mindestanforderung vergleichbare Referenzaufträge erfüllt werden, findet sich weder in der Bekanntmachung noch in den Vergabeunterlagen irgendein Ansatz. Es ist zwar richtig, dass der Auftraggeber zunächst allgemein festgelegt hat, er wolle die Eignung anhand von Referenzaufträgen über der angebotenen Leistung vergleichbare Leistungen prüfen. Seinen recht weiten Beurteilungsspielraum hat er sich aber selbst freiwillig durch eine eindeutige und unmissverständliche Mindestanforderung an die Bieter erheblich eingeengt (siehe auch Hausmann/Hoff in: Kulartz/Marx/Portz/ Prieß, VOL/A, 2. Aufl., § 7 EG Rn. 31 f.) Von dieser Mindestanforderung ist er jedenfalls vor Angebotsabgabe nie mehr abgerückt; Bekanntmachung und Vergabeunterlagen sind insoweit deckungsgleich. Es ist also nicht so, wie der Auftraggeber jetzt glauben machen will, dass der Nachweis der Eignung auf der Grundlage der vorliegenden Ausschreibung auch allein durch Referenzen geführt werden kann, von denen keine einzige seinen eigenen Vorgaben genügt, wenn sie nur irgendwie vergleichbare Leistungen betreffen. Er selbst hat diese Möglichkeit bewusst und nach außen eindeutig ausgeschlossen. Ob der Auftraggeber, wenn er gewusst hätte, dass auch die US-Army in Deutschland Entsorgungsaufträge vergibt, anders als geschehen ausgeschrieben hätte, ist unerheblich; er hat es nicht getan. Die gesamte Argumentation des Auftraggebers lässt außer Acht, dass es hier – anders als in dem Beschluss des OLG Düsseldorf vom 6. März 2008 (VII-Verg 53/07 – juris) – nicht um die mehr oder weniger beispielhafte Umschreibung der Vergleichbarkeit in den Vergabeunterlagen geht, sondern um eine ausdrücklich bekannt gemachte Mindestanforderungen zur technischen Leistungsfähigkeit. Auch der vom Auftraggeber angeführten Entscheidung des Senats vom 15. Oktober 2009 (1 Verg 9/09 – VergabeR 2010, 696) lag eine völlig andere Fallgestaltung zugrunde. Der damalige Auftraggeber hatte sich, was nicht nur vergaberechtlich zulässig ist, sondern durchaus auch klug sein kann, gerade nicht durch enge Vorgaben selbst gebunden, sondern u.a. bekanntgegeben: „Sofern Sie noch nicht oder nicht über hinreichende Referenzen im Bereich abfallwirtschaftlicher Leistungen verfügen, können Sie weitere Angaben machen, warum Sie sich/Ihr Unternehmen für ausreichend fachkundig und leistungsfähig für die Erbringung der abgefragten Leistungen halten.“ Mit einer entsprechenden Bekanntmachung im jetzigen Verfahren wäre gegen die Beauftragung der Beigeladenen wahrscheinlich nichts einzuwenden gewesen. 242 d) Der Auftraggeber darf seine Anforderungen an die Eignung jedenfalls nach Angebotsabgabe weder verschärfen noch zugunsten einzelner Bieter auf die Erfüllung seiner Vorgaben verzichten. Folglich kommt die Beigeladene als Auftraggeberin nicht in Betracht. 134 OLG Koblenz, Beschluss vom 25.09.2012 – 1 Verg 5/12 (Lieferung von Holzhackgut) Fordert der Auftraggeber von den Bietern die Vorlage einer „Erklärung des Unternehmers über den Gesamtumsatz des Unternehmens sowie den Umsatz bezüglich der Leistung, die Gegenstand der Vergabe vergleichbar ist, bezogen auf die letzten drei Geschäftsjahre“, beinhaltet dies nicht ohne weiteres die Mindestanforderung, ein Unternehmen müsse, um überhaupt als geeignet beurteilt zu werden, in jedem der letzten drei Geschäftsjahre Umsatz gemacht haben. 2. Die Antragstellerin wurde Anfang Juli 2011 gegründet und hat ihre Geschäftstätigkeit am 11. Juli 2011 aufgenommen. In der Bekanntmachung vom 12. April 2012 heißt es unter III.2.2) zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit unter 5., vorzulegen sei eine „Erklärung des Unternehmers über den Gesamtumsatz des Unternehmens sowie den Umsatz bezüglich der Leistung, die Gegenstand der Vergabe vergleichbar ist, bezogen auf die letzten drei Geschäftsjahre.“ Aus dieser Forderung, die ihre Rechtsgrundlage in dem gleichlautenden § 7 Abs. 2 lit. d) EG VOL/A hat, folgt entgegen der Auffassung der Vergabekammer nicht ohne weiteres, dass die Auftraggeberin für die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit die Mindestanforderung aufgestellt hat, ein Unternehmen müsse, um überhaupt als geeignet beurteilt zu werden, in jedem der letzten drei Geschäftsjahre Umsatz gemacht haben (was bei der Antragstellerin unmöglich ist). Eine solche Qualifizierung wird weder dem Sinn und Zweck des § 7 Abs. 2 lit. d) EG VOL/A noch der Bedeutung von Mindestanforderungen gerecht. Nach § 7 Abs. 2 lit. d) EG VOL/A kann der Auftraggeber Angaben über den Umsatz verlangen. Damit soll er in die Lage versetzt werden, sich u.a. ein Bild darüber zu machen, in welchem finanziellem Rahmen sich die bisherige Geschäftstätigkeit eines Bieters bewegte und ob er voraussichtlich über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt, die für die Ausführung des konkreten Auftrags notwendig ist. Der Drei-JahresZeitraum ist keine Mindestvoraussetzung, sondern eine Begrenzung. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem nationalen Recht. Allerdings heißt es in dem zugrundeliegenden Art. 47 Abs. 1 lit c) VKR, dass Angaben zum Umsatz „höchstens in den letzten drei Geschäftsjahren“ verlangt werden dürfen. Zudem hat in § 7 Abs. 2 lit. d) EG VOL/A unionsrechtswidrig keinen Niederschlag gefunden, dass Art. 47 Abs. 1 lit. c) VKR Newcomern (wie der Antragstellerin), die noch keine vollen drei Jahre tätig waren, 243 die Möglichkeit einräumt, Angaben für die Zeit ab Gründungsdatum oder dem Datum der Aufnahme der Geschäftstätigkeit zu machen, „sofern entsprechende Angaben verfügbar sind“. In diesem Sinne ist § 7 Abs. 2 lit. d) EG VOL/A unionsrechtskonform auszulegen, und in diesem Sinne ist grundsätzlich auch eine Forderung zu verstehen, die sich auf diese nationale Norm stützt (Hausmann/von Hoff in: Kulartz/Marx/ Ports/Prieß, VOL/A, 2. Auflage 2011, § 7 EG Rn. 44; siehe auch OLG Düsseldorf v. 31.10.2007 – VII-Verg 24/07 – juris Rn. 29 – zum gleichlautenden § 7a Nr. 3 Abs. 1 lit c) VOL/A 2006). Eine – nicht von vorn herein unzulässige – unmissverständliche Mindestanforderung, ein Bieter müsse vor Erteilung des Auftrags bereits drei Jahre auf dem einschlägigen Markt tätig gewesen sein, hat die Auftraggeberin nicht aufgestellt. Nach Art. 44 Abs. 2 Unterabs. 3 VKR müssen Mindestanforderungen in der Bekanntmachung angegeben werden. Das gemäß § 15 Abs. 1 EG VOL/A zu verwendende „Standardformular 2“ (Anhang II der VO (EU) Nr. 842/2011 v. 19.08.2011) enthält dafür – jeweils unter der Überschrift: „Möglicherweise geforderte Mindeststandards: (falls zutreffend)“ gesonderte Rubriken. Werden diese ausgefüllt, wird dies auch im Bekanntmachungstext entsprechend kenntlich – was hier nicht der Fall ist. Vorliegend ergibt sich – anders als z.B. im Falle des Meisterbriefes – eine Mindestanforderung auch nicht aus der Art des geforderten Nachweises. Die Auftraggeberin hat somit nur zum Ausdruck gebracht, dass sie mit Blick auf Art und Umfang des ausgeschriebenen Auftrags die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bieter ergebnisoffen anhand von Unterlagen/Angaben prüfen will, die aus der jüngeren Vergangenheit stammen. Ob die Angaben der Antragstellerin hier ausreichen, um deren Leistungsfähigkeit zu bejahen, muss die Auftraggeberin in eigener Verantwortung entscheiden. 4.3 Vorsätzlich falsche Angaben zu eignungsrelevanten Umständen 135 OLG Hamm, Urteil vom 12.09.2012 – 12 U 50/12 (Erweiterung Industriepark) b. Vorsätzlich falsche Angaben zur Eignung, die gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 9) VOB/A zwingend zum Ausschluss führen, sind der Klägerin indes nicht vorzuwerfen. aa. Vorsatz im Sinne dieser Vorschrift verlangt, dass falsche Erklärungen gewollt und in voller Kenntnis der Fehlerhaftigkeit abgegeben werden (Frister in: Kapellmann/Messerschmidt, a.a.O., § 16, Rdnr. 27). Den Angaben der Klägerin unter Ziff. 3 ihres Angebots vom 9.2.2011 lasst sich das nicht entnehmen. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 HWO ist der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen 244 natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften gestattet. Gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 HWO ist ein Gewerbebetrieb ein Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks, wenn er handwerksmäßig betrieben wird und ein Gewerbe vollständig umfasst, das in der Anlage A aufgeführt ist, oder Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind. Das Straßenbauerhandwerk ist ein in der Anlage A aufgeführtes Gewerbe. Im Zeitpunkt der Angebotserklärung verfugte die Klägerin über die entsprechende Eintragung in die Handwerksrolle nicht. Zur Ausführung des Auftrags war die Eintragung mit dem Straßenbauerhandwerk nach dem Inhalt der vorgelegten allgemeinen Baubeschreibung grundsätzlich erforderlich. Zwar lässt sich das Gewerk „Kanalbau“ (Ziff. 1.3 der allgemeinen Baubeschreibung) dem Maurerhandwerk zuordnen (vgl. OLG Köln GewArch 2000, 73, juris Tz. 17). Mit dem Maurerhandwerk war die Klägerin seit dem 19.11.2009 in die Handwerksrolle eingetragen. Die vorgesehenen Pflasterarbeiten (Ziff. 1.1 der allgemeinen Baubeschreibung) gehören zumindest auch zum nichthandwerklichen Garten- und Landschaftsbau (OLG Köln, a.a.O.). Hinsichtlich der Asphaltierungsarbeiten kommt es für die Abgrenzung zum Garten- und Landschaftsbau auf den Gesamtcharakter der herzustellenden Anlage an (OLG Düsseldorf GewArch 2002,34). Vorliegend handelt es sich nach Art und Umfang der Anlage – Neuerstellung einer Industriestraße, 700 m Ausbaulange – indes um wesentliche Tätigkeiten des Straßenbauerhandwerks, die über den bloßen Garten- und Landschaftsbau hinausgehen. Dennoch lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin davon ausging, dass sie mangels Eintragung mit dem Straßenbauerhandwerk den Auftrag nicht (vollständig) ausführen durfte. Denn für Asphaltarbeiten war der Einsatz eines Nachunternehmers vorgesehen. Die Ausführung eintragungspflichtiger Leistungen durch Nachunternehmer war der Klägerin nicht von vorneherein versagt, etwa nach § 4 Abs. 8 Nr. 1 S. 1 VOB/B (vgl. VK Sachsen, 10.2.2012, 1/SVK/001-12, juris Tz. 57) oder aufgrund einer zu erbringenden Eigenleistungsquote (vgl. OLG Frankfurt a. M., NZBau 2007, 466, juris Tz. 35 ff.: Unzulässigkeit eines Eigenleistungsanteil; hier überdies in Bekanntmachung und Angebotsaufforderung auch nicht verlangt). 4.4 Insolvenz des Bieters/Nachunternehmers 136 OLG Schleswig, Beschluss vom 30.05.2012 – 1 Verg 2/12 (Tragspritzenfahrzeuge) II. Der Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde ist gem. § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB zulässig und begründet. Der 245 Senat entscheidet – wie aus dem Tenor ersichtlich -, ohne zuvor den oder die anderen von der Entscheidung betroffenen Auftragsbewerber (nachholend) beizuladen (§ 109 Satz 1 GWB; vgl. dazu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. Juni 2002, Verg 24/02, NZBau 2002, 639 m. w. N.). Eine Beiladung wirkt verfahrenskostenerhöhend; dazu sowie zu der Frage, welche Bieter für eine Beiladung in Betracht kommen, sollen die (bisherigen) Beteiligten im Beschwerdeverfahren zunächst angehört werden. Die vorliegende Entscheidung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB verlängert nur den Suspensiveffekt der Beschwerde, ohne bereits abschließend auf Rechte Beizuladender einzuwirken. Der Senat beabsichtigt, im Beschwerdeverfahren zeitnah zu terminieren, so dass der oder die Beizuladende(n) noch zu Gehör kommen können. Ein Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB ist (nur dann) abzulehnen, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise betroffenen Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Als „Vorteile“ in diesem Sinne sind auch die Interessen der Antragstellerin an der Gewährung effektiven Rechtsschutzes anzusehen; dieses (Individual-)Interesse dient zugleich dem öffentlichen Interesse an einer Durchsetzung der im Interesse der Allgemeinheit liegenden Beachtung des Vergaberechts (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 3. April 2012, 2 Verg 3/12, Juris [Tn. 24]). Den Interessen der Antragstellerin an einer Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde käme ein geringes Gewicht zu, wenn ihrer Beschwerde bereits jetzt – absehbar – die Erfolgsaussichten abzusprechen wären. Das ist indes nicht der Fall. Dabei behält der Senat die Frage, ob die Rechtslage – unterschiedslos – für alle drei betroffenen Lose gleich zu beurteilen ist, der (zeitnahen, s. o.) Klärung im Hauptsacheverfahren vor. Eine unterschiedliche Beurteilung könnte – im Hinblick auf § 107 Abs. 2 GWB – in Betracht kommen, weil das Angebot der Antragstellerin nur in Bezug auf Los 2 das Günstigste ist, während es in Bezug auf Los 3 und Los 4 nur zweit- bzw. viertrangig ausgefallen ist. Ob im Hinblick auf den für den Fall einer Zusammenfassung der Lose 2 – 4 angebotenen „Preisnachlass“ für die Antragstellerin – rechtlich bedenkenfrei (vgl. VK Bund, Beschluss vom 5. Februar 2008, VK-3 08/08, S. 10 des Beschluss-Abdrucks, zu b; a. A. VK Nordbayern, Beschluss vom 30. September 2010, 21 VK-3194-33/10, S. 12 des Beschluss-Abdrucks, zu bb) – eine alle Lose umfassende Zuschlagschance entsteht, erscheint auch rechnerisch zweifelhaft. Dies bedarf weiterer Erörterung, so dass eine nach Losen differenzierte Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde im vorliegenden Verfahren unterbleibt. Soweit die Vergabekammer sich in ihrem Beschluss – nach der Formulierung der Beschlussgründe sogar entscheidungstragend – von Amts wegen auf den (zwingenden) Ausschlussgrund nach § 19 Abs. 3 lit. d EG VOL/A gestützt hat, überzeugt dies nicht. Die Antragstellerin hat die (Vergabe- oder) Vertragsunterlagen in ihrem Angebot nicht geändert, sie hat lediglich an einer – nach dem Angebotsvordruck zur Ausfüllung vorgesehenen Stelle – ihre Zahlungsbedingungen („1/3 Anzahlung ...“) eingetragen. 246 Der Senat folgt insoweit der Beschwerdebegründung (S. 9 – 11); die Frage, ob der später, im Schreiben vom 26. Januar 2012 erklärte „Verzicht“ auf die Anzahlung eine unzulässige Nachverhandlung ist, ist unerheblich. Im Ausgangspunkt ist der Antragsgegnerin und der Vergabekammer darin zu folgen, dass eine (insolvenzbedingte) Leistungsunfähigkeit der Nachunternehmerin Fa. AZ der Antragstellerin wie eine eigene Leistungsunfähigkeit – und damit Ungeeignetheit – zuzurechnen ist, mit der Folge, dass ihr Angebot für eine Zuschlagerteilung nicht in Betracht kommt (§ 19 Abs. 5 EG VOL/A; vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. November 2011, VII-Verg 60/11, VergabeR 2012, 179). Folglich ist der Fokus auf die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Fa. AZ zu richten. Rechtsgrundlage für die diesbezügliche Ausschlussentscheidung ist § 19 Abs. 4 EG VOL/A i. V. m. § 6 Abs. 6 lit. a EG VOL/A. Die genannten Normen fordern auf der Tatbestandsseite ein Insolvenzverfahren oder einen darauf zielenden Eröffnungsantrag (das ist bzgl. der Fa. AZ gegeben) und auf der Rechtsfolgenseite Ermessen („können ... ausgeschlossen werden“). Die Prüfung erfolgt – wie das OLG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 5. Dezember 2006 (VII-Verg 56/06, NZBau 2007, 668/670) formuliert hat, zunächst „in einem typisierenden Sinn“, um anschließend – einzelfallbezogen – eine beurteilungs- und ermessensgerechte Entscheidung zu finden. Die allgemeine, mit jeder Auftragsvergabe verbundene Gefahr, dass ein Bieter/ Auftragnehmer – mehr oder weniger zeitnah – nach Zuschlagserteilung insolvent wird, muss jeder Auftraggeber hinnehmen (zu § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B 2006 vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 9. Dezember 2011, 1 U 72/11, ZInsO 2012, 440). Demgegenüber eröffnet der Fall der Insolvenz bzw. der auf eine Insolvenzeröffnung gerichtete Antrag vor Zuschlags-/Auftragserteilung einen Entscheidungsspielraum des Auftraggebers zum Bieterausschluss, wenn dem Bieter infolge dieser Umstände „die für die Erfüllung der vertraglichen Pflicht erforderliche Eignung“ (Leistungsfähigkeit) abhanden gekommen ist (vgl. § 19 Abs. 5 EG VOL/A). Zur Tatbestandsseite der in § 19 Abs. 4 EG VOL/A i. V. m. § 6 Abs. 6 lit. a EG VOL/A bestimmten Ausschlussnormen gehören damit nicht nur das „Faktum“ der Insolvenz bzw. eines Insolvenzantrages und die dadurch entstandene „abstrakte Gefahrenlage“ für die Vergabestelle. Erforderlich ist auch eine – einzelfallbezogene – Prognose zur entfallenen bzw. zur fortbestehenden Leistungsfähigkeit des betroffenen Unternehmens. Bei dieser Prognoseentscheidung steht der Vergabestelle ein Beurteilungsspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt daraufhin nachprüfbar ist, ob allgemeine Bewertungsgrundsätze beachtet worden sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. August 2011, VII Verg 34/11, VergabeR 2011, 855 [bei Juris Tn. 51], m. w. N.). Die Ergebnisse der zur Tatbestandsseite gehörenden Prüfungen führen zu einer – mehr oder weniger starken – Wirkung auf die Ermessensentscheidung, insbesondere, was die Verantwortbarkeit der Übernahme verbleibender Prognoseunsicherheiten und 247 Risiken anbetrifft. Je stärker solche Unsicherheiten die Erfüllung der (künftigen) vertraglichen Verpflichtungen gefährden, desto eher wird die Ermessensentscheidung für einen Ausschluss ausfallen dürfen. Bei längerfristig abzuwickelnden Aufträgen wird dies anders zu beurteilen sein als bei Verträgen über einmalige Lieferungen. Auch die Rechtsfolgen eines erst nach Insolvenzeröffnung geschlossenen Vertrages sind im Rahmen der Ermessensentscheidung abzuwägen; in Bezug auf den konkreten Auftrag ist zu entscheiden, ob eine – auf diese Weise entstehende – vorab zu berichtigende Masseverbindlichkeit (§ 55 InsO) die Vertragserfüllung hinreichend sichern kann. Für eine Masseverbindlichkeit haftet der Insolvenzverwalter (§ 61 InsO), der bezüglich einer Fortführung des Unternehmers zu einer realistischen Einschätzung der Werthaltigkeit diesbezüglicher Geschäfte verpflichtet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011, IX ZR 105/09, ZInsO 2012, 137). Eine Vergabestelle ist – sicher – nicht dazu aufgerufen, eine Planinsolvenz (§§ 217 ff. InsO) bzw. eine sanierende Insolvenz zu unterstützen, sie ist aber gehalten, in ihre Ermessensentscheidung eine einzelfallbezogene Beurteilung der Risiken einer Beauftragung einzustellen. Die Beurteilung dieser Risiken hängt auch davon ab, welche „Sicherungen“ durch insolvenzrechtliche Vorschriften und Prüfpflichten bestehen. Den damit umrissenen Anforderungen an die nach § 19 Abs. 4 EG VOL/A i. V. m. § 6 Abs. 6 lit. a EG VOL/A zu treffende Ausschlussentscheidung wird die von der Antragsgegnerin getroffene Entscheidung nicht gerecht. Der Senat hat berücksichtigt, dass weder an die „Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung“ i. S. d. § 101 a Abs. 1 Satz 1 GWB noch an die (konkrete) Ermessensausübung im Zusammenhang mit der Ausschlussentscheidung nach § 19 Abs. 4 EG VOL/A i. V. m. § 6 Abs. 6 lit. a EG VOL/A überspannte Anforderungen gestellt werden dürfen. Im Rahmen des § 101 a Abs. 1 Satz 1 GWB darf die Vergabestelle sich kurz fassen (vgl. Zeiss, in: jurisPK-Vergaberecht, 2011, § 101a Rn. 31 m. w. N.). Die Ausfüllung der Beurteilungs- und Ermessensspielräume zum Bieterausschluss bei Insolvenz verlangt keine zeitraubende Recherche, die dem Beschleunigungsziel des Vergabeverfahrens zuwiderläuft. Als Mindeststandard muss – aber – eine aussagekräftige Begründung unter Verzicht auf allgemeine Floskeln verlangt werden. Das Ausschlussermessen muss – erkennbar – ausgeübt worden sein, indem auf die konkreten Umstände des Einzelfalls zumindest kurz eingegangen wird. Die Antragstellerin hat zur gesellschaftsrechtlichen Struktur von „Z. alt“ und „Z. neu“ und zum Geschäftsbesorgungsvertrag „Material“ für die Ermessenausübung geliefert, das in den „Erläuterungen“ der Antragsgegnerin keinerlei Niederschlag gefunden hat. Eine nur auf „typisierende“ allgemeine Merkmale abstellende Entscheidung verfehlt die – gewollte – Überprüfung dieser Merkmale durch konkrete, einzelfallbezogene Ermessenserwägungen. Der Senat hat erwogen, ob die nach § 101 a Abs. 1 Satz 1 GWB mitgeteilten „Erläuterungen“ durch spätere – nachgeschobene – Ermessensgründe erweitert oder auch ersetzt werden können. Würde dies verneint, bedürfte es keiner Prüfung der 248 gedankenreichen Anwaltsüberlegungen im Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren auf – eine Ausschlussentscheidung tragende – Ermessensgründe. Das OLG Düsseldorf hat in seinem Beschluss vom 5. Dezember 2006 (a.a.O., S. 670 [zu 2.]) ohne nähere Begründung spätere, erst im Nachprüfungsverfahren vorgetragene Beurteilungs- und Ermessensgründe berücksichtigt; diese Gründe beruhten auf einer Entscheidung der Vergabestelle. Ob dies auch auf Gründe anwendbar ist, die sich in Schriftsätzen des Beschwerdeverfahrens finden, ist zweifelhaft. Im Verwaltungsrecht ist eine Nachholung oder nachträgliche Ergänzung der Begründung von Ermessensentscheidungen zwar grundsätzlich zulässig (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG, § 114 Satz 2 VwGO), doch gilt dies nicht bei erstmaliger Ausübung bisher fehlenden Ermessens, wenn es maßgeblich auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung ankommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1999, 6 B 133.98, NJW 1999, 2912; vgl. Fricke, in: jurisPR-BVerwG 8/2012, Anm. 4). Auf das Vergaberecht übertragen könnte zwar argumentiert werden, dass die Vergabestelle „ihre“ Vergabe auch während der Dauer eines Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahrens „unter Kontrolle“ halten darf und – dementsprechend – die Vergabeentscheidung auch nachträglich ändern oder auf andere (neue) Gründe stützen darf. Allerdings sind nachträglich vorgebrachte Argumente nicht zugleich auch als „Ermessensgründe“ anzuerkennen. Eine sachgerechte Ermessensentscheidung entsteht aus einer ergebnisoffenen Faktengrundlage und ihrer Bewertung, nicht aus einer bloßen Abwehr von Argumenten des Prozessgegners. 137 OLG Celle, Beschluss vom 18.02.2013 – 13 Verg 1/13 (Fenster- und Fassadenbauten) Zu Unrecht wirft der Antragsteller dem Antragsgegner vor, dieser sei davon ausgegangen, dass eine mangelnde Eignung des Antragstellers bereits aufgrund des Insolvenzverfahrens grundsätzlich indiziert sei. Richtig ist, dass es bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Bieters keine Regelvermutung gibt, dass nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens der Bieter finanziell nicht leistungsfähig ist und es daher nicht zulässig wäre, im Rahmen der Prüfung des fakultativen Ausschlusses nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 a VOB/A-EG den Auftraggeber zu berechtigen, sein Ermessen generalisierend zu betätigen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Mai 2012 – VerG 68/11, juris Rn. 14). Insoweit besteht Einigkeit in der Rechtsprechung und Literatur, dass ein fakultativer Ausschluss aufgrund allein bestehender abstrakter Gefährdungslage wie durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht vorgenommen werden darf, sondern es einer konkreten Überprüfung der Eignung mit dem Auftraggeber zustehenden Beurteilungsspielraum und einer nachfolgenden ermessensfehlerfreien Entscheidung über den Ausschluss des Bieters bedarf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Dezember 2006 – VII VerG 56/06, juris Rn. 16; OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 30. Mai 2012 – I VerG 2/12, juris Rn. 22). Der Antragsgegner hat vorliegend eine einzelfallbezogene Prognose zur Leistungsfähigkeit des Antragstellers in Einklang mit 249 der zitierten Rechtsprechung durchgeführt und dies auch dokumentiert. Richtig ist zwar, dass der 7. Absatz des Vergabevermerks mit dem Wort „Grundsätzlich indiziert ein eröffnetes Insolvenzverfahren die mangelnde Eignung eines Bewerbers“ beginnt. Die folgenden Sätze belegen jedoch (gekennzeichnet durch das Wort „aber“ gleich im nachfolgenden Satz) die im Einklang mit der Rechtsprechung stehende zutreffende Rechtsauffassung des Antragsgegners im Hinblick auf die im pflichtgemäßen Ermessen stehende einzelfallbezogene Prognoseentscheidung. Der Antragsgegner hat damit nicht sachwidrig allein die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Grundlage seiner Ermessensentscheidung gemacht. Nicht zu beanstanden ist jedoch der Ausgangspunkt des Auftraggebers, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Bieters nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zweifelhaft ist, da mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens feststeht, dass das Vermögen des Bieters zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens nicht ausreichend ist. Im Rahmen der Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit hat sich der Antragsgegner Informationen über den Bestand und die Fortführung des Unternehmens der Insolvenzschuldnerin sowie deren finanziellen Situation beschafft. Hierzu hat er – wie im Vergabevermerk festgehalten ist – u. a. Internetrecherchen sowie fernmündliche Erkundigungen eingeholt. Zu Unrecht wirft der Antragsteller dem Antragsgegner vor, auf die zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen komme es zur Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Antragstellers nicht an. Für den Antragsgegner ist es durchaus von erheblicher Bedeutung, welche Gläubiger in welcher Höhe Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet haben, um sich ein umfassendes Bild über die wirtschaftliche Krise der Bieterin und damit deren Zuverlässigkeit zu machen. Trotz durchgeführter Recherchen hat der Antragsgegner hierzu keine ausreichenden Angaben erhalten. Ein Insolvenzplan besteht nicht. Im Gegensatz zu der Auffassung des Antragstellers kann der Antragsgegner diesen Umstand bei seiner Beurteilung berücksichtigen. Denn hieraus können sich Anhaltspunkte für die Fortführung des Unternehmens der Insolvenzschuldnerin ergeben. Auszugehen ist davon, dass die Insolvenzordnung als Ziel des Insolvenzverfahrens entweder die Verwertung des Schuldnervermögens mit anschließender Erlösverteilung oder insbesondere zum Erhalt des Unternehmens abweichende Regelungen in einem Insolvenzplan vorsieht (§ 1 InsO). Der Insolvenzplan im Sinne des § 217 InsO kann insbesondere dem formulierten Ziel der Fortführung des Schuldnerunternehmens dienen. Wenn der Antragsteller im Vergabeverfahren wiederholt betont, eine Fortführung des Unternehmens bzw. die übertragene Sanierung sei nach wie vor beabsichtigt, so würde dies die Vorlage eines Insolvenzplans nahelegen, d. h. das Fehlen eines Insolvenzplans spricht indiziell nicht für die von dem Antragsteller aufgestellten Behauptungen. Der Umstand, dass die Gläubigerversammlung einen Insolvenzplan nicht in Auftrag gegeben hat, ist unerheblich. Auch der Insolvenzverwalter ist zur Vorlage eines Insolvenzplans berechtigt (Uhlenbruck, a. a. O., vor § 217 Rn. 34). Liegt ein Insolvenzplan nicht vor, so ist es aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers sachgerecht, konkrete Angaben zu Verbindlichkeiten des Unternehmens zu erfragen. Dies hat der Antragsgegner getan und – unstreitig – 250 keine Informationen z. B. durch Vorlage eines Liquiditätsstatus erhalten. Im Hinblick auf die reibungslose Durchführung des zu vergebenden Auftrags und die sich anschließende Gewährleistungszeit ist es für den die öffentlichen Interessen zu wahrenden Auftraggeber von entscheidender Bedeutung, ob das in Insolvenz geratene Bieterunternehmen über eine ausreichend gesicherte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und zwar auch für den 5-jährigen Gewährleistungszeitraum verfügt. Hierzu hat der Antragsgegner keine verlässlichen Informationen erhalten. Nicht zu beanstanden ist in diesem Zusammenhang, dass der Antragsgegner das vom Antragsteller angebotene Gespräch nicht geführt hat. Ein solches Gespräch macht nur Sinn, wenn der Antragsgegner zuvor in schriftlicher Form über notwendige Angaben zur finanziellen Situation des Unternehmens verfügt, um sachgerecht in einem Gespräch reagieren zu können. 5. Ungewöhnlich niedriger Preis (3. Wertungsstufe) 138 EuGH, Urteil vom 29.03.2012 – Rs. C-599/10 (SAG ELV Slovensko a.s.) Nach Art. 55 der Richtlinie 2004/18 muss der öffentliche Auftraggeber, wenn im Fall eines bestimmten Auftrags Angebote den Eindruck erwecken, im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrig zu sein, vor Ablehnung dieser Angebote „schriftlich Aufklärung über die Einzelposten des Angebots verlangen, wo er dies für angezeigt hält“. Aus diesen zwingend abgefassten Bestimmungen geht eindeutig hervor, dass der Unionsgesetzgeber vom öffentlichen Auftraggeber verlangen wollte, dass er die Einzelposten der ungewöhnlich niedrigen Angebote überprüft, indem er ihn in diesem Zusammenhang dazu verpflichtet, die Bewerber zur Vorlage der erforderlichen Belege für die Seriosität dieser Angebote aufzufordern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. November 2001, Lombardini und Mantovani, C-285/99 und C-286/99, Slg. 2001, I-9233, Randnrn. 46 bis 49). Es stellt daher ein Erfordernis der Richtlinie 2004/18 dar, dass eine effektive kontradiktorische Erörterung zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem Bewerber zu einem zweckmäßigen Zeitpunkt im Verfahren der Prüfung von Angeboten stattfindet, damit der Bewerber den Nachweis der Seriosität seines Angebots erbringen kann; dadurch soll Willkür des öffentlichen Auftraggebers verhindert und ein gesunder Wettbewerb zwischen den Unternehmen gewährleistet werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Lombardini und Mantovani, Randnr. 57). Zum einen ist die Aufzählung in Art. 55 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/18 zwar nicht abschließend, aber auch nicht nur beispielhaft; sie lässt dem öffentlichen Auftraggeber also bei der Auswahl der maßgeblichen Gesichtspunkte, die zu berücksichtigen sind, bevor ein Angebot, das den Eindruck erweckt, ungewöhnlich niedrig zu 251 sein, abgelehnt wird, nicht völlig freie Hand (Urteil vom 23. April 2009, Kommission/ Belgien, C-292/07, Randnr. 159). Zum anderen hat der öffentliche Auftraggeber, um die praktische Wirksamkeit von Art. 55 Abs. 1 der Richtlinie 2004/18 zu gewährleisten, die an die betreffenden Bewerber gerichtete Aufforderung klar zu formulieren, so dass diese in zweckdienlicher Weise den vollen Beweis der Seriosität ihrer Angebote erbringen können. Allerdings ist es allein Sache des nationalen Richters, anhand des gesamten Akteninhalts zu überprüfen, ob die betreffenden Bewerber aufgrund der Aufforderung zur Erläuterung ihres Angebots dessen Zusammensetzung ausreichend darlegen konnten. Im Übrigen steht Art. 55 der Richtlinie 2004/18 einer nationalen Bestimmung wie § 42 Abs. 3 des Gesetzes Nr. 25/2006, die im Wesentlichen vorsieht, dass, wenn ein Bewerber einen ungewöhnlich niedrigen Preis ansetzt, der öffentliche Auftraggeber ihn schriftlich auffordert, diesen zu erläutern, keineswegs entgegen; vielmehr gebietet er, dass die nationalen Rechtsvorschriften über das öffentliche Auftragswesen eine solche Bestimmung enthalten (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Belgien, Randnr. 161). Mithin steht Art. 55 der Richtlinie 2004/18 insbesondere dem Standpunkt eines öffentlichen Auftraggebers entgegen, der – wie es in der dritten Vorlagefrage heißt – behauptet, er sei nicht verpflichtet, vom Bewerber eine Erläuterung eines ungewöhnlich niedrigen Preises zu verlangen. Zum Fall eines Angebots, das ungenau ist oder nicht den in den Verdingungsunterlagen enthaltenen technischen Spezifikationen entspricht Hierzu ist festzustellen, dass die Richtlinie 2004/18 – anders als bei ungewöhnlich niedrigen Angeboten – keine Bestimmung enthält, die ausdrücklich regelte, was zu tun ist, wenn der öffentliche Auftraggeber im Rahmen des nichtoffenen Ausschreibungsverfahrens feststellt, dass das Angebot eines Bewerbers ungenau ist oder nicht den in den Verdingungsunterlagen enthaltenen technischen Spezifikationen entspricht. Wesensbedingt kann bei einem nichtoffenen Ausschreibungsverfahren nach der Auswahl der Bewerber das von ihnen eingereichte Angebot grundsätzlich nicht mehr geändert werden, weder auf Betreiben des öffentlichen Auftraggebers noch auf Betreiben des Bewerbers. Bei einem solchen Verfahren stehen der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bewerber und die sich daraus ergebende Verpflichtung zur Transparenz Verhandlungen zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und einem Bewerber entgegen. Dürfte der öffentliche Auftraggeber von einem Bewerber, dessen Angebot seiner Auffassung nach ungenau ist oder nicht den in den Verdingungsunterlagen enthaltenen technischen Spezifikationen entspricht, Erläuterungen verlangen, könnte nämlich, 252 wenn letztlich das Angebot dieses Bewerbers ausgewählt würde, der Eindruck entstehen, dass der öffentliche Auftraggeber dieses Angebot insgeheim ausgehandelt hat – zum Nachteil der anderen Bewerber und unter Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Im Übrigen ergibt sich weder aus Art. 2 noch aus irgendeiner anderen Bestimmung der Richtlinie 2004/18, noch aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung, noch aus der Verpflichtung zur Transparenz, dass der öffentliche Auftraggeber in einer solchen Situation verpflichtet wäre, mit den betreffenden Bewerbern Kontakt aufzunehmen. Darüber, dass den öffentlichen Auftraggeber insoweit keinerlei Verpflichtung trifft, können sich diese im Übrigen nicht beklagen; schließlich ist die fehlende Klarheit des Angebots allein auf einem Verstoß gegen ihre Pflicht zur Sorgfalt bei der Erstellung des Angebots zurückzuführen, die für sie wie für die anderen Bewerber gilt. Es läuft also nicht Art. 2 der Richtlinie 2004/18 zuwider, dass in einer nationalen Regelung keine Bestimmung enthalten ist, nach der der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, in einem nichtoffenen Ausschreibungsverfahren von den Bewerbern zu verlangen, ihre Angebote im Hinblick auf die in den Verdingungsunterlagen enthaltenen technischen Spezifikationen zu erläutern, bevor er sie, weil sie ungenau sind oder nicht diesen Spezifikationen entsprechen, ablehnt. Jedoch verbietet Art. 2 der Richtlinie 2004/18 insbesondere nicht, dass die Angebote ausnahmsweise in einzelnen Punkten berichtigt oder ergänzt werden, insbesondere wegen einer offensichtlich gebotenen bloßen Klarstellung oder zur Behebung offensichtlicher sachlicher Fehler – vorausgesetzt diese Änderung läuft nicht darauf hinaus, dass in Wirklichkeit ein neues Angebot eingereicht wird. Er verbietet daher auch nicht, dass die nationale Regelung eine Bestimmung wie § 42 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 25/2006 enthält, die im Wesentlichen vorsieht, dass der öffentliche Auftraggeber die Bewerber schriftlich dazu auffordern kann, ihr Angebot zu erläutern, ohne allerdings irgendeine Änderung des Angebots zu verlangen oder zu akzeptieren. Bei der Ausübung des Ermessens, über das der öffentliche Auftraggeber somit verfügt, hat er die verschiedenen Bewerber gleich und fair zu behandeln, so dass am Ende des Verfahrens zur Auswahl der Angebote und im Hinblick auf das Ergebnis dieses Verfahrens nicht der Eindruck entstehen kann, dass die Aufforderung zur Erläuterung den oder die Bewerber, an den bzw. die sie gerichtet war, ungerechtfertigt begünstigt oder benachteiligt hätte. Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, ist zu ergänzen, dass die Aufforderung zur Erläuterung des Angebots erst nach Kenntnisnahme von sämtlichen Angeboten durch den öffentlichen Auftraggeber erfolgen darf (vgl. in diesem Sinne Urteil Lombardini und Mantovani, Randnrn. 51 und 53). 253 Im Übrigen ist eine solche Aufforderung in gleicher Weise an alle Unternehmen zu richten, die sich in derselben Situation befinden, es sei denn, ein objektiv nachprüfbarer Grund rechtfertigt insoweit eine unterschiedliche Behandlung der Bewerber, insbesondere, wenn das Angebot im Hinblick auf andere Gesichtspunkte ohnehin abzulehnen ist. Außerdem hat sich die Aufforderung auf alle Punkte des Angebots zu erstrecken, die ungenau sind oder nicht den in den Verdingungsunterlagen enthaltenen technischen Spezifikationen entsprechen; der öffentliche Auftraggeber darf das Angebot nicht wegen Unklarheit eines Punktes ablehnen, der nicht Gegenstand der Aufforderung gewesen ist. 6. 6.1 Wertung der Angebote Wertungsfehler 139 VK Bund, Beschluss vom 29.03.2012 – VK 2-175/11 (Rahmenvertrag Entnahme Sedimente) Die Ag hat mit den von ihr verwendeten Vergabeunterlagen jedenfalls nicht explizit zum Ausdruck gebracht, dass sie hinsichtlich der Binnen-Gewichtung der einzelnen Leistungspositionen in Bezug auf das Wertungskriterium „Preis“ flächendeckend den Faktor 1 ansetzen werde. Im Gegenteil hat sie beim verständigen Bieter eher einen anderen Eindruck erweckt. So sprechen schon die exakten Angaben zu den Volumina der Gebietslose in der Bekanntmachung der Ag dafür, dass ein internes prognostisches Mengengerüst existiert und dass dieses im Zweifel auch die Grundlage für die Preiswertung bilden könnte; hierauf wurde bereits im Zusammenhang mit der Zulässigkeitsprüfung (siehe oben) hingewiesen. Zudem greift die Argumentation der Ag nicht, dass doch jedem Bieter klar sein müsse, dass bei umfangreichen Leistungsverzeichnissen wie im vorliegenden Fall flächendeckend alle Preise für sämtliche über 170 Leistungspositionen mit dem Faktor 1 aufaddiert werden, wenn sich aus den Vergabeunterlagen nicht explizit etwas Anderes ergibt. Denn eine solche Vorgehensweise widerspricht aller wirtschaftlichen und haushalterischen Vernunft und ist damit aus Sicht eines verständigen Bieters gerade nicht zu erwarten. Vielmehr wäre zu erwarten gewesen, dass die Ag ihren Gestaltungsspielraum zur Festlegung einer Binnen-Gewichtung auf Grundlage einer Schätzung und Prognose insbesondere anhand ihrer Erfahrungswerte aus dem vorangegangenen Rahmenvertrag nutzt, um sehr selten oder in geringem Umfang abgerufene Einzelleistungen in eine wirtschaftlich angemessene Relation zu regelmäßig oder sehr häufig abgerufenen Einzelleistungen zu setzen. Für die Ag besteht angesichts ihrer Vorgehensweise das objektive Risiko, dass prognostisch mit an Sicherheit grenzender 254 Wahrscheinlichkeit sehr häufig anfallende, aber relativ billige Einzelpositionen – wie etwa der gefahrene Pkw-Kilometer oder typische kleinteilige Probenentnahme- oder Analyseleistungen – einerseits vom Bieter mit einem relativ hohen Einzelpreis angesetzt werden und sich so wegen der Häufigkeit über die Multiplikation tatsächlich über vier Jahre Vertragslaufzeit zu einem sehr hohen Kostenfaktor entwickeln, dass dies aber andererseits bei der Preiswertung rechnerisch nicht relevant wird, weil eine Binnen-Gewichtung – sprich Multiplikation mit einem angemessenen Faktor – dieser billigen Einzelpositionen bei der Wertung unterbleibt und selbige deswegen gegenüber den in der Praxis nur sehr selten abgerufenen, aber teuren Einzelpositionen rechnerisch marginalisiert werden. Bei dieser Vorgehensweise besteht das hohe Risiko, dass der Zuschlag gerade auf ein letztlich vollkommen unwirtschaftliches Angebot erteilt wird. Wenn ein öffentlicher Auftraggeber bei der Preiswertung derart unvernünftig vorgehen möchte, so spricht im Hinblick auf § 2 EG Abs. 1 Satz 1 VOL/A – angesichts der berechtigten Erwartungen der verständigen Bieter an eine wirtschaftlich und haushalterisch rationale Vorgehensweise – viel dafür, dass er dies in den Vergabeunterlagen explizit und eindeutig zum Ausdruck bringen muss. Dies ist hier nicht geschehen. b. Die Vorgehensweise der Ag ist als dem Sinn und Zweck einer Wirtschaftlichkeitsprüfung im Sinne des § 97 Abs. 5 GWB widersprechend und damit als vergaberechtswidrig zu bewerten. Zwar steht der Ag im Hinblick auf die Binnen-Gewichtung der einzelnen Leistungspositionen in Bezug auf das Wertungskriterium „Preis“ und damit im Hinblick auf die Bewertungsmethode ein weiter Gestaltungsspielraum zu (hierzu unter (1)). Jedoch wurden die Grenzen dieses der Ag zuzugestehende weiten Gestaltungsspielraums vorliegend durch ein flächendeckendes schlichtes Aufaddieren aller über 170 Einzelpositionen mit dem Faktor 1 in vergaberechtswidriger Weise überschritten, weil die Ag auf diese Weise methodisch nicht in der Lage ist, das wirtschaftlichste Angebot im Sinne des § 97 Abs. 5 GWB bzw. des Art. 53 VKR zu ermitteln (hierzu unter (2)). 140 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.10.2012 – Verg 1/12 (Planungsleistung Realschule) Darüber hinaus ist die Wertung des Angebots der Antragstellerin fehlerhaft erfolgt. So ist negativ bewertet worden, dass die Antragstellerin die Ausführungsbetreuung des Projekts „durch (zu) viele Hände durchreichen“ wolle. Dies darf mit Blick auf die in § 5 Abs. 6 VOF, Art. 25 und Art. 47 Abs. 2, 48 Abs. 3 Richtlinie 2004/18/EG getroffenen Regelungen zu Unteraufträgen und zur sog. Eignungsleihe jedoch nicht nachteilig bewertet werden. Ferner hat das Angebot der Antragstellerin eine Abwertung erfahren, weil diese den Vertragsentwurf erst auf Nachforderung eingereicht habe. Diese Überlegung ist sachwidrig. Fehlende Erklärungen 255 und Nachweise können vom Auftraggeber zum Anlass genommen werden, diese nachzufordern. Dies ist in § 11 Abs. 3 VOF vorgesehen. Dann darf sich der Umstand, dass nachgefordert worden ist, nicht negativ auswirken. Sachfremd ist auch die Erwägung, die Antragstellerin habe ihre Präsentation nicht durch beide Gesellschafter durchgeführt, sondern nur durch den Architekten V., wogegen das Büro B. alle Architekten in die Präsentation einbezogen habe. Hierbei handelt es sich um ein kaum messbares geschmackliches Kriterium, das über die Qualität einer Präsentation schlechterdings nichts aussagen kann. 141 VK Lüneburg, Beschluss vom 23.11.2012 – VgK-43/2012 (Entsorgungsdienstleistungen) Schließlich ist unter Berücksichtigung der gesamten Dokumentation in der Vergabeakte entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht davon auszugehen, dass der Antragsgegner unter Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 97 Abs. 1 GWB und gegen die Vorgaben des § 19 EG VOL/A keine dem öffentlichen Auftraggeber obliegende eigenverantwortliche Entscheidung im Vergabeverfahren getroffen hat, sondern unreflektiert dem Vergabevorschlag des von ihm mit der Begleitung beauftragten Ingenieurbüros xxxxxx gefolgt ist. Es ist nicht festzustellen, dass der Auftraggeber die Grenze der Beteiligung externer Dritter überschritten hat. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht gehindert, sich bei der Vorbereitung und Durchführung eines Vergabeverfahrens ganz oder teilweise der Hilfe Dritter zu bedienen, die über einen qualifizierten Sachversand verfügen (vgl. 1. VK Sachsen, Beschluss vom 15.02.2011 – 1/SVK/052-10, zitiert nach ibr-online). Nicht zulässig ist es dagegen, die Verantwortung für die Vergabe an externe Dritte vollständig zu übertragen. Der Auftraggeber hat das Handeln der eingeschalteten Stelle zu begleiten, zu überwachen und ggf. zu korrigieren (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 07.06.2007 – 13 Verg 5/07, zitiert nach ibr-online). Er muss insbesondere eigenverantwortlich die wesentlichen Schritte des Vergabeverfahrens durchführen und nachvollziehen. Dazu gehört insbesondere, dass sich der öffentliche Auftraggeber im Verhandlungsverfahren an Vertragsverhandlungen beteiligt, mögliche Ausschlussgründe nachvollzieht und über den Zuschlag in Kenntnis der gesamten Aktenlage entscheidet und nicht die Mitwirkung an dem Vergabeverfahren auf ein bloßes „Abnicken“ beschränkt (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 09.07.2010 – 11 Verg 5/10, zitiert nach ibr-online). Diese Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers zur eigenverantwortlichen Entscheidung besteht nach wie vor ungeachtet der Tatsache, dass die VOL/A in der Fassung vom 20.11.2009 keine ausdrückliche diesbezügliche Regelung mehr enthält. 256 § 2 Nr. 3 der VOL/A in der Fassung vom 06.04.2006 enthielt noch ausdrücklich folgenden Grundsatz: „Leistungen sind unter ausschließlicher Verantwortung der Vergabestellen an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Bewerber zu angemessenen Preisen zu vergeben.“ Ungeachtet der Tatsache, dass diese ausdrückliche Regelung entfallen ist, gilt der Grundsatz der eigenverantwortlichen zutreffenden Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers aber nach wie vor. Er ergibt sich ohne weiteres bereits aus § 97 Abs. 1 GWB. Dort heißt es ausdrücklich: „Öffentliche Auftraggeber beschaffen Waren, Bau- und Dienstleistungen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren.“ (Hervorhebung durch die Vergabekammer.) Auch im Übrigen verpflichten die Regelungen des Vergaberechts unmittelbar und unmissverständlich den öffentlichen Auftraggeber selbst. So heißt es etwa in § 19 EG Abs. 8 VOL/A: „Bei der Wertung der Angebote berücksichtigen die Auftraggeber entsprechend der von ihnen bekannt gegebenen Gewichtung vollständig und ausschließlich die Kriterien, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen genannt sind.“ Weiter heißt es in § 19 EG Abs. 9 VOL/A: „Bei der Entscheidung über den Zuschlag berücksichtigen die Auftraggeber verschiedene durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigte Kriterien ...“ (Hervorhebungen jeweils durch die Vergabekammer.) Es ist daher davon auszugehen, dass der Grundsatz der eigenverantwortlichen Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers und die dazu entwickelte Rechtsprechung zu den Grenzen der Beteiligung Dritter am Vergabeverfahren nach wie vor fortgelten (so auch Fett in: Willenbruch/Wieddekind, Kompaktkommentar Vergaberecht, 2. Auflage, 8. Los, § 24 VOL/A EG, Rdnr. 5). Dieser Pflicht und Verantwortung im Hinblick auf eine eigene Vergabeentscheidung genügt ein Auftraggeber, wenn er zumindest die Wertung durch einen externen Dritten und dessen Zuschlagsvorschlag durch einen Prüfungsvermerk mit verantwortlicher Unterschrift billigt (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 04.06.2010, 11 Verg 4/10; OLG München, Beschluss vom 29.09.2009, Verg 12/09 – jeweils zitiert nach ibr-online). 257 6.2 Prüfung und Bewertung von Losen 142 VK Bund, Beschluss vom 31.01.2012 – VK 3-3/12 (Losbewertung) 2. II. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Die ASt kann nach ständiger Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (s. OLG Düsseldorf Beschluss vom 27.07.2005, VII-Verg 108/04, und vom 22.08.2007, VIIVerg 27/07) die ihr günstigen Bewertungen ihres Konzeptes zu anderen Losen nicht selektiv heranziehen, um im vorliegenden Vergabeverfahren eine bessere Bewertung zu erzielen. Der Ag ist bei der Prüfung, ob das abgegebene Angebot den durch die Bewertungsmatrix aufgestellten Einzelvorgaben entsprach, ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Dabei ist ihr bei der Vergabe von Wertungspunkten ein Ermessen zuzuerkennen. Da nur die Angebote der Bieter, die zu einem Los abgegeben wurden, in Konkurrenz zueinander stehen, muss lediglich sichergestellt sein, dass in Bezug auf das jeweilige Einzellos eine gleichförmige und willkürfreie Behandlung der hierzu abgegebenen Angebote gewährleistet ist. (OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 2. März 2005, VII-Verg 70/04; vom 23. März 2005, VII-Verg 68/04; und vom 27. Juli 2005, VII-Verg 108/04). Beim Kriterium I.1 sollte das strategische Vorgehen bei der auftragsbezogenen Zusammenarbeit mit Akteuren des regionalen Ausbildungs- und Arbeitsmarktes erläutert werden. dabei sollten die regionalen Akteure benannt und Art und Umfang der Zusammenarbeit beschrieben werden. In der Wertung zum Angebot der ASt heißt es diesbezüglich: „Zusammenarbeit mit den regionalen Akteuren werden unzureichend beschrieben (Kontakt zu Netzwerken etc. fehlt)“ Zum Kriterium III.1, wonach der vorgesehen Personaleinsatz differenziert nach den vorgesehenen Funktionen und dem geplanten Einsatz in Wochenstunden beschrieben werden sollte, insbesondere auch das Zusammenwirken des eingesetzten Personals in der Maßnahme, lautet die Wertung: „Das Zusammenwirken des eingesetzten Personals wird nicht ausreichend erläutert.“ Bei dem Kriterium Startphase IV.3 sollte der Ablauf beispielhaft skizziert werden. Es geht darum aufzuzeigen, wie die unterschiedlichen Hemmnisse der der Zielgruppe berücksichtigt werden. In der Wertung wird dazu zu den Losen ausgeführt: „Seite 16-14 beispielhafte Skizzierung fehlt“. 258 Bezüglich des Kriteriums IV.4 wurde verlangt den Ablauf der Eingliederungsphase beispielhaft zu skizzieren und die im Aktivierungs- und Eingliederungsplan fixierten Ergebnisse unter Berücksichtigung der Maßnahmeinhalte und der geforderten Berufsfelder umgesetzt werden. In der Wertung wird dazu zu beiden Losen ausgeführt: „Seite 16-14 beispielhafte Skizzierung fehlt“. Beim Los 2 wird unter IV.4 zusätzlich ausgeführt: „......Die Umsetzung der fixierten Ergebnisse in den Berufsfeldern wird unzureichend dargestellt.“ Hinsichtlich des Kriterium IV.5 der Schlüssigkeit des Gesamtkonzepts sind keine Ausführungen des Bieters erforderlich. Es wird bewertet, in wie weit die Zusammenführung der Ausführungen zu den Wertungsbereichen II.1 bis IV.4 den Eingliederungserfolg erwarten lässt. In der Bewertung wird diesbezüglich ausgeführt: „Insgesamt ist die praktische Umsetzung der Maßnahme nur unzureichend beschrieben (bzw. Los 2 „unzureichend erläutert“). Eine Strategie zur Erreichung der Eingliederungsquote ist nur in Ansätzen beschrieben und nachvollziehbar.“ Im Übrigen wurden die Kriterien mit zwei Punkten und folgender Begründung bewertet: „Die konzeptionelle Darstellung entspricht den Anforderungen, weil keine Anhaltspunkte für eine Zielerreichung in besonderer Weise sprechen (3 Punkte) und gegenüber den Anforderungen keine Einschränkungen erkennbar sind, die eine Bewertung mit 1 Punkt rechtfertigen würden.“ Die Begründungen zeigen, dass die Ag den Beurteilungs- und Ermessensspielraum ausreichend ausgefüllt und nicht überschritten hat. Die Ag hat auch keine Gründe für die Wertung in unzulässiger Weise nachgeschoben. In der Stellungnahme der Ag vom 17.01.2012 werden die Ausführungen des Vergabevermerks nur wiederholt und teilweise an Beispielen vertieft beschrieben. 6.3 Prüfung und Bewertung von Nebenangeboten 143 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.02.2012 – 1 VK 07/11 (Neubau Kläranlage Lubmin) 2. Der Antragsgegner hat das – finanziell bedeutsamste – Nebenangebot 8 der Beigeladenen auch in Ansehung des gegebenen Beurteilungsspielraumes zu Unrecht berücksichtigt. a. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein öffentlicher Auftraggeber die Gleichwertigkeit eines Nebenangebotes zu Recht bejaht oder verneint, sind die 259 folgenden Maßgaben zu beachten: Das Merkmal der Gleichwertigkeit findet sich weder in den Basisparagraphen noch in den a-Paragraphen; es ist lediglich in § 13 Absatz 2 VOB/A für die Fallgruppe der Abweichung von technischen Spezifikationen erwähnt; solche Abweichungen von technischen Spezifikationen gelten aber nach § 16 Absatz 7 VOB/A gerade nicht als Nebenangebot. Es bestehen jedoch keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass für den Vergleich des Nebenangebots mit dem Leistungsverzeichnis dieselben Kriterien herangezogen werden, die für Abweichungen von den technischen Spezifikationen innerhalb eines Hauptangebots gelten (BGH, Beschluss vom 23.03.2011, Az.: X ZR 92/09). Es kommt also darauf an, ob die Leistung dem geforderten Schutzniveau in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und Gebrauchstauglichkeit mindestens gleich kommt. Mit dem „geforderten Schutzniveau“ verweist § 13 Absatz 2 VOB/A auf die Vorstellungen und den Willen des Auftraggebers. Die Gleichwertigkeit eines Nebenangebots hängt maßgeblich von dem Zweck ab, den der Auftraggeber mit der Ausschreibung verfolgt (OLG Celle, Urteil vom 21.08.2003, Az.: 13 Verg 13/03; OLG Koblenz, Beschluss vom 29.08.2003, Az.: 1 Verg 7/03). Das Nebenangebot muss mit hinreichender Sicherheit geeignet sein, dem Willen des Auftraggebers in allen technischen und wirtschaftlichen Einzelheiten gerecht zu werden (VK Sachsen, Beschluss vom 14.12.2001, Az.: 1/SVK/123/01). Für den Willen des Auftraggebers kommt es maßgeblich auf die Vergabeunterlagen an; mit ihnen bringt der Auftraggeber für die Bieter erkennbar zum Ausdruck, auf welche Leistungsmerkmale es ihm wesentlich ankommt (BayObLG, Beschluss vom 29.04.2002, Az.: Verg 10/02; VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17.03.2006, Az.: VK-SH 02/06; VK Südbayern, Beschluss vom 19.06.2007, Az.: Z3-3-3194-1-18-05/07; Beschluss vom 24.06.2004, Az.: 37-05/04). Die Erkennbarkeit für alle Bieter ist vor dem Hintergrund des Transparenzgebotes in § 97 Abs. 1 GWB und des Diskriminierungsverbotes in § 97 Abs. 2 GWB zwingend erforderlich. Dabei kommt es nicht auf das an, was der individuelle Bieter erkennt oder zu erkennen vermag (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2005, Az.: VII-Verg 02/05). Beim Vergabeverfahren nach der VOB/A ist vielmehr der objektive Empfängerhorizont maßgebend, also die Sicht der potentiellen Bieter (BGH, Urteil vom 23.01.2003, Az.: VII ZR 10/01, Urteil vom 18.04.2002, Az.: VII ZR 38/01, Urteil vom 28.02.2002, Az.: VII ZR 376/00), die mit der geforderten Leistung in technischer Hinsicht vertraut sind (Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 14.09.2004, Az.: Verg W 5/04). 260 VII. AUFKLÄRUNGSVERHANDLUNGEN/ AUFHEBUNG DES VERGABEVERFAHRENS 1. Aufklärungsverhandlungen – Grenzen 144 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 – Verg 61/11 (Moabiter Werder) Die Antragsgegnerin schrieb im Januar 2011 nach der VOB/A die Lieferung und Montage der Küchentechnik im Rahmen eines Neubaus „Moabiter Werder“ europaweit im offenen Verfahren aus. Als Montagebeginn war für die Grobinstallation der 18. September 2012 und für die Feininstallation der 22. Juli 2013 vorgesehen. Im Leistungsverzeichnis sind die geforderten Eigenschaften der einzelnen Positionen u.a. hinsichtlich der zu verwendenden Materialien, Abmessungen und elektrischen Anschlusswerte konkret beschrieben. Bestimmte Hersteller, Typen oder Geräte waren von den Bietern nicht einzutragen. Einziges Zuschlagskriterium ist der niedrigste Preis. Nach Korrespondenz mit der Beigeladenen und einem Aufklärungsgespräch informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin unter dem 26. April 2011, dass der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen ergehen solle. Die hierauf am 2. Mai 2011 erhobene Rüge der Antragstellerin wies die Antragsgegnerin am 4. Mai 2011 zurück. Am 10. Mai 2011 stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Bundes. Sie begehrte die Feststellung, dass sie durch die Verletzung von Vergaberecht in ihren Rechten verletzt ist und beantragte weiter, dass die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen trifft, die Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. In der Sache haben die Verfahrensbeteiligten vornehmlich darum gestritten, ob die Auskömmlichkeitsprüfung des Angebotspreises der Beigeladenen durch die Antragsgegnerin vergaberechtskonform war, § 16 Abs. 6 Nr. 2 VOB/A eine bieterschützende Wirkung hat und ob das Angebot der Beigeladenen in verschiedenen Punkten vom Leistungsverzeichnis abweicht und darum auszuschließen ist. Die Vergabekammer hat, soweit sich die Antragstellerin auf die Unauskömmlichkeit des Angebots der Beigeladenen berief, den Nachprüfungsantrag als unzulässig ver- 261 worfen und ihn im Übrigen zurückgewiesen. Auf die Gründe der Entscheidung wird verwiesen. Mit ihrer sofortigen Beschwerde verfolgt und vertieft die Antragstellerin ihre Rügen weiter. Sie ist der Auffassung, ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Antragsgegnerin auch hinsichtlich der Preisprüfung sei bereits aus dem Gleichheitsgebot des § 97 Abs. 2 GWB abzuleiten. Sowohl die Antragsgegnerin als auch die Vergabekammer hätten diesbezüglich ihre Pflicht zur zutreffenden und vollständigen Sachverhaltsermittlung verletzt. Wenn die Beigeladene auskömmliche Preise angegeben haben sollte, habe sie eine Leistung kalkuliert, die nicht vollständig dem Ausschreibungsgegenstand entspreche. Auch die nach Angebotsabgabe erfolgten Erklärungen der Beigeladenen seien vergaberechtlich zu berücksichtigen. Danach werde mit den beabsichtigten Produkten das Leistungsverzeichnis nicht vollständig bedient. Die Antragstellerin beantragt, 1. den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben, 2. festzustellen, dass sie durch die Verletzung von Vergaberecht in ihren Rechten in dem Vergabeverfahren verletzt ist, 3. der Antragstellerin zu untersagen, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, 4. der Antragsgegnerin aufzugeben, die Angebotswertung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts zu wiederholen. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss. Der Senat hat mit Beschluss vom 14. Juli 2011 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer einstweilen verlängert. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten, die Akte der Vergabekammer und die Vergabeakte verwiesen. B. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Die Angebotswertung erfolgte vergabefehlerfrei. Das Angebot der Beigeladenen ist nicht von der Wertung auszuschließen. 262 I. Die von der Beigeladenen angebotenen Leistungen entsprechen den Vertragsunterlagen. 1. Die Beigeladene hat innerhalb der Angebotsfrist ein formell ordnungsgemäßes Angebot abgegeben. Da die Antragsgegnerin darauf verzichtet hat, in der Leistungsbeschreibung Typen- und Herstellerangaben abzufragen, hat die Beigeladene, indem sie ohne weitere abweichende Erklärungen lediglich Preise in die einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses eingesetzt hat, erklärt, zu den genannten Preisen ausschreibungskonform liefern zu wollen. 2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den nachträglichen Erklärungen der Beigeladenen im Rahmen der Angebotsprüfung. a) Wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat, ist nach Ablauf der Angebotsfrist eine Änderung des Angebots ausgeschlossen; eine solche konnte auch nicht einvernehmlich im Wege eines Aufklärungsgesprächs erfolgen (zu den Grenzen eines Aufklärungsgesprächs s. auch EuGH, Urteil vom 29.03.2012, C-599/10). b) Ein Ausschluss des Angebots der Beigeladenen käme aber in Betracht, wenn die Beigeladene durch ihr Verhalten oder nachträgliche Erklärungen zu erkennen gegeben hätte, dass sie nicht willens oder in der Lage ist, eine ausschreibungskonforme Leistung zu erbringen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. Oktober 2009, VII Verg 9/09, und 12. März 2007, VII Verg 53/06, jeweils m.w.N; mit anderer rechtlicher Begründung OLG München, Beschluss vom 15. November 2007, Verg 10/07). So wäre das Angebot auszuschließen, wenn sich die Antragsgegnerin und die Beigeladene im Zuge der Angebotsprüfung bereits verbindlich auf bestimmte Hersteller und Typen festgelegt hätten oder die Beigeladene zu erkennen gegeben hätte, nur bestimmte Produkte liefern zu können oder zu wollen, und diese von den aus dem Leistungsverzeichnis ersichtlichen Anforderungen abweichen würden. Dies ist indes nicht der Fall. aa) Erklärungen der Beigeladenen zu bestimmten Herstellern und Typen finden sich allein im Antwortschreiben der Beigeladenen vom 4. März 2011 auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2011 und im Protokoll des Aufklärungsgesprächs vom 28. März 2011. Mit Schreiben vom 28. Februar 2011 erkundigte sich die Antragsgegnerin, ob der Angebotspreis der Beigeladenen bezüglich näher bezeichneter Positionen auch die im Leistungsverzeichnis als Zubehör ausgewiesenen Counter-Geräte und das im Leistungsverzeichnis aufgeführte integrierte Energiemanagement beinhaltet, bezüglich der Position 04.02.20 (DruckgarBraisiere GN 3/1 kippbar) auch, ob das zusätzliche Dampfgaren mit lebensmittelgerechtem Dampf beinhaltet ist. Schließlich fragte sie an, ob die Hochleistungsverdampfer (Positionen der Kältetechnik) mit den Angebotspreisen auch die 263 ausgeschriebenen technischen Bedingungen realisieren und fügte an, es sei sehr von Vorteil, wenn Datenblätter der Hersteller zur Verfügung gestellt würden. Danach ist zwar erkennbar, dass die Beteiligten im Aufklärungsgespräch zu dem Ergebnis gelangten, Zweifel an den erörterten Einzelheiten des Angebots seien ausgeräumt und auch die von der Beigeladenen im Schreiben vom 4. März 2011 genannten Kochblockgeräte des Herstellers X... seien ausschreibungskonform. Eine beide Seiten bindende Erklärung, dass im Falle des Zuschlags nur diese Geräte Vertragsgegenstand sein sollten, kann hierin aber nicht gesehen werden. Bei einer hersteller- und produktneutralen Ausschreibung bleibt der erfolgreiche Bieter gemäß § 243 BGB grundsätzlich frei, ein Gerät von mittlerer Art und Güte seiner Wahl zu liefern. Berücksichtigt man, dass die Lieferung und Montage erst zwei Jahre später erfolgen sollten, kann erst recht nicht angenommen werden, dass sich die Beigeladene ihrer Wahlmöglichkeit und damit der Möglichkeit, auf etwaige Änderungen der Preise oder des Angebots der Zulieferer reagieren zu können, bereits begeben wollte. Die Beigeladene hat aber auch im Übrigen an keiner Stelle zu erkennen gegeben, ausschließlich zur Lieferung der ihrer internen Kalkulation zu Grunde liegenden Geräte bereit oder in der Lage zu sein. Im Gegenteil hat sie durchgehend und hinsichtlich jeder erörterten Position zum Ausdruck gebracht, ausschreibungskonform liefern zu wollen. II. Das Angebot der Beigeladenen ist des Weiteren nicht gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A oder § 19 Abs. 6 Satz 2 EG VOL/A unter dem Gesichtspunkt einer Unauskömmlichkeit des Angebotspreises von der Wertung auszuschließen. Die von den Beteiligten erörterte Frage, ob und inwieweit die Vorschriften über die Preisprüfung bieterschützenden Charakter haben, kann hier dahinstehen. Die Antragstellerin ist schon aus tatsächlichen Gründen nicht in ihren Rechten verletzt. 1. Der Angebotspreis der Beigeladenen ist nicht unangemessen niedrig bzw. steht nicht in einem offenbaren Missverhältnis zur Leistung. Das Angebot der Antragstellerin liegt nur knapp 12% über dem der Beigeladenen. Diese Preisdifferenz befindet sich weit unter der Aufgreifschwelle, deren Erreichen der Auftraggeber zum Anlass nehmen muss, die Höhe des Angebots zu überprüfen. Diese Schwelle liegt bei einem Preisabstand von 20% zum nächst höheren Angebot (Thüringer OLG, BauR 2000, 396; BayOblG, VergabeR 2004, 743; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 30. März 2004, 11 Verg 4/04; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. März 2005, VII Verg 77/04; a.A. OLG München, VergabeR 2006, 802, 807 in einem obiter dictum). 2. Die Antragsgegnerin hat zudem eine ausführliche Preisprüfung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A (§ 19 Abs. 6 EG VOL/A) vorgenommen. Sie hat zunächst im Rahmen der gebotenen Prüfung des Gesamtpreises die Beigeladene aufgefordert, 264 ihre Kalkulation durch Vorlage der Formblätter zur Preisermittlung 221 oder 222 sowie der Aufgliederung der Einheitspreise nach Formblatt 223 offenzulegen. Neben deren Auswertung erfolgte eine schriftliche Aufklärung zu Einzelpositionen, bezüglich derer die Auskömmlichkeit der genannten Preise zur Sicherung der Vollständigkeit und Funktion der Gerätepositionen zunächst nicht nachvollziehbar war. Nachfragen hierzu wurden im Aufklärungsgespräch geklärt. Die Antragsgegnerin ist danach in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Grund für den Ausschluss des Angebots der Beigeladenen nicht vorliegt, ihr Angebot vielmehr in der Wertung verbleibt und als das wirtschaftlichste den Zuschlag erhalten soll. III. Das Vorbringen der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung zur zwischenzeitlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen und personellen Lage der Beigeladenen und die nachgelassenen Schriftsätze der Antragsgegnerin und der Beigeladenen hierzu geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung analog § 156 ZPO wieder zu eröffnen. Ohne dass es auf das ergänzende Vorbringen der Beigeladenen zur Kompensation des finanziellen Verlusts im Folgejahr und zu ihrer ausreichenden personellen Ausstattung ankäme, sind bereits die von der Antragstellerin vorgetragenen Umstände nicht geeignet, im Rahmen einer erneuten Prüfung der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit die Beigeladene als zur Auftragsdurchführung ungeeignet anzusehen. 1. Bei der Prüfung der Eignung eines Bieters hat der öffentliche Auftraggeber eine Prognoseentscheidung zu treffen, im Rahmen derer ihm ein Beurteilungsspielraum zukommt. Hat er die Eignung geprüft und bejaht, erlangt aber vor wirksamer Zuschlagserteilung Kenntnis von Umständen, die – bezogen auf den zu vergebenden Auftrag – nunmehr Zweifel an der Eignung des Bieters begründen, muss er erneut in die Eignungsprüfung eintreten. 2. Im Streitfall gibt das Vorbringen der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung zu einer erneuten Eignungsprüfung durch die Antragsgegnerin. a) Die Beigeladene hatte – wie sie in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 2. April 2012 bestätigt hat – ausweislich ihrer nunmehr vorliegenden Bilanz für das Jahr 2010 einen erheblichen Verlust zu verzeichnen; die Antragstellerin hat diesen mit 400.000 Euro beziffert. Dies rechtfertigt indes nicht den Schluss, dass der Beigeladenen die erforderlichen Mittel zur Finanzierung und Durchführung des streitgegenständlichen Auftrags fehlen. Maßgebliche Auswirkungen des – bereits im vorvorigen Geschäftsjahr erlittenen – finanziellen Verlusts auf die Geschäftstätigkeit der Beigeladenen sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Weder befindet sie sich in der Insolvenz noch in Liquidation. Auch dafür, dass ihre Kapitalausstattung unzureichend und sie nicht liquide wäre, Zahlungsverpflichtungen nicht nachkäme oder ihr die Kreditlinie gekündigt worden wäre, liegen keine Anhaltspunkte vor. 265 b) Des Weiteren ist auch nach dem – streitigen – Vortrag der Antragstellerin, die Beigeladene habe drei Mitarbeiter aus der Planungs- und Kalkulationsabteilung „verloren“ und verfüge nicht mehr über genügend Mitarbeiter, um den Auftrag auszuführen, nicht zu besorgen, dass die Beigeladene nicht in der Lage wäre, die zu vergebenden Leistungen fristgerecht zu erbringen. Die Durchführung des Auftrags, die sich über mehr als ein Jahr erstrecken soll, steht nicht unmittelbar bevor, vielmehr muss das Gebäude, in welches die Küche eingebaut werden soll, erst noch errichtet werden. Dafür, dass die Beigeladene bei Bedarf nicht mehr rechtzeitig ausreichend qualifizierte Kräfte einstellen könnte, bestehen keine Anhaltspunkte. Insbesondere ist weder ersichtlich noch nachvollziehbar dargelegt, dass es ihr an den hierfür erforderlichen finanziellen Mitteln fehlen würde. 2. Aufhebungsverfahren 145 OLG München, Beschluss vom 31.10.2012, Verg 19/12 (Kinderpalliativzentrum) a) Dahinstehen kann allerdings, ob die Mitteilung über die Aufhebung der Ausschreibung in einer § 126a BGB entsprechenden Form stattgefunden hat. Die Aufhebungsmitteilung wäre auch bei einer dieser Vorschrift widersprechenden Form nicht unwirksam, weil die Form keine konstitutive Wirkung hat (Herrmann aaO § 17 VOB/A Rn. 20). 3. Aufhebungsgründe 146 VK Berlin, Beschluss vom 14.10.2011 – VK-B 2-24/11 (Elektroinstallationsarbeiten) 1. Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ist die Vergabe von Elektroinstallationsarbeiten. Sie sind Teil der Instandsetzung und Modernisierung von insgesamt 703 Wohneinheiten. Mit Bekanntmachung im Amtsblatt der EU vom ... (Amtsblatt der EG 2011/S ...) schrieb die Antragsgegnerin, eine städtische Wohnungsbaugesellschaft, im offenen Verfahren die in insgesamt 32 Lose zerlegte Leistung aus. Einziges Zuschlagskriterium war der Preis. Das vorliegende Verfahren bezieht sich ausschließlich auf Los ... (... Bauabschnitt Elektro). (…) 2. II. Der zulässige Antrag ist in der Sache teilweise erfolgreich. 1.3 Die Antragstellerin hat die geltend gemachten Verstöße ordnungsgemäß und nach Kenntniserlangung rechtzeitig im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB gerügt. 266 Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin bildet das aufgehobene Verhandlungsverfahren mit dem vorangegangenen Offenen Verfahren keinen einheitlichen Vorgang in dem Sinne, dass die nicht gerügte Aufhebung des Offenen Verfahrens zugleich die Nachprüfung der Aufhebung des nachfolgenden Verhandlungsverfahrens hindert. Das gilt auch dann, wenn jeweils derselbe Aufhebungsgrund herangezogen wurde, denn beide Verfahren sind auseinanderzuhalten. Gegenstand der Nachprüfung ist lediglich das Verhandlungsverfahren. Dieses Verhandlungsverfahren ist ein eigenständiges förmliches Verfahren. Die Antragsgegnerin hat ihre einheitliche materielle Beschaffungsabsicht in zwei voneinander zu unterscheidenden formellen Vergabeverfahren umgesetzt (OLG Naumburg Beschl. v. 18.8.2011, Az. 2 Verg 3/11). Es ist Sache der Antragstellerin zu entscheiden, welches der Verfahren sie angreift, denn auch insoweit tritt keine übergreifende Wirkung ein. Die Antragstellerin muss vielmehr im zweiten Verfahren ihre Rügeverpflichtung neu beachten (OLG Koblenz Beschl. v. 18.9.2003, Az. 1 Verg 4/03) und trägt das Risiko, mit einer Beanstandung im Nachprüfungsverfahren wegen unterlassener Rüge abgeschnitten zu sein. Die Ansicht der Antragsgegnerin, auf die formale Trennung komme es nicht an, findet keine Grundlage in der VOB/A. Soweit § 3 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A Verhandlungen nur unter Wahrung des ausgeschriebenen Auftrags gestattet, handelt es sich um eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung dieser Vergabeart, weil sie den Wettbewerb am stärksten reduziert. Aus dem Tatbestandsmerkmal der Leistungsidentität kann jedoch nicht auf eine Verfahrensidentität geschlossen werden. Instruktiv führt die erste Vergabekammer des Bundes (Beschl. v. 9.4.2001, Az. VK 1 07/01) zur Systematik der Vorschrift aus: „Das in § 3a VOB/A vorgesehene Stufenverhältnis zwischen den verschiedenen Vergabearten, wonach die Zulässigkeit des Verhandlungsverfahrens den erfolglosen Ablauf eines offenen bzw. nicht offenen Verfahrens zur Voraussetzung hat, macht ja gerade die Aufhebung des ersten Verfahrens zur Bedingung für die Zulässigkeit des Verhandlungsverfahrens. Das erste Verfahren muss wirksam aufgehoben sein, um das zweite zulässigerweise einleiten zu können. Daraus wird deutlich, dass es sich bei dem nachgeschalteten Verhandlungsverfahren um ein eigenständiges Verfahren handelt, dessen Zulässigkeit nach den hierfür geltenden Bestimmungen zu überprüfen ist, nicht etwa um ein einheitliches, durchgehendes Verfahren in zwei verschiedenen Vergabearten. Das Stufenverhältnis belegt das Gegenteil der Annahme der Antragsstellerin, es belegt nämlich, dass der fortbestehende generelle Vergabewille gerade nicht zu einem einheitlichen und durchgehenden Verfahren in ‚anderem Kleid‘ führt.“ Diesen Ausführungen, die uneingeschränkt auf die aktuelle Fassung der Vorschrift übertragbar sind, schließt sich die Kammer an. 267 Die Antragstellerin hat die schriftliche Mitteilung der Aufhebung vom 8.6.2011 mit Schreiben vom 10.6.2011 beanstandet, indem sie auf die Wirtschaftlichkeit ihres Angebots hinwies. Sie hat damit form-und fristgerecht im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB gerügt und die inhaltlichen Voraussetzungen einer Rüge erfüllt. 2. Der Nachprüfungsantrag ist auch in der Sache weitgehend erfolgreich. Die Antragsstellerin ist durch die Aufhebung des Verhandlungsverfahrens in ihrem Recht auf Beachtung der Vergabevorschriften aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt, denn ein Aufhebungsgrund nach § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A liegt nicht vor. Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf berufen, das Verfahren habe zu einem unwirtschaftlichen Ergebnis geführt. Gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A kann eine Ausschreibung aus schwerwiegenden Gründen aufgehoben werden. Obwohl die Vorschrift lediglich eine Aufhebung der allein im Offenen und Nichtoffenen Verfahren stattfindenden „Ausschreibung“ gestattet, ist anerkannt, dass sie auch im Verhandlungsverfahren Anwendung findet (OLG Celle Beschl. v. 13.11.2011, Az. 13 Verg 15/10 für die insoweit gleichlautende Vorgängerregelung). Der Antragsgegnerin ist zuzugeben, dass die Annahme des Angebots im Parallelverfahren kein Präjudiz für die hier zu beurteilende Rechtsfrage schafft, denn sie kann am Ende einer wirtschaftlichen Folgenabwägung, ohne weiteres das einzig in der Wertung vorhandene und womöglich überteuerte Angebot annehmen, um ihr Beschaffungsziel zu erreichen. Allerdings kann sich die Antragsgegnerin im Rahmen der von ihr verfochtenen getrennten Betrachtung der Bauabschnitte nicht auf einen schwerwiegenden Grund für die Aufhebung des Verfahrens zum zweiten Abschnitt berufen. Als Ausnahmevorschrift stellt § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A strenge Anforderungen an diese schwerwiegenden Gründe. Sie müssen in ihrer Gewichtung den zuvor in Nrn. 1 und 2 genannten gleich stehen und greifen nur, wenn sie erst nach Beginn der Ausschreibung eingetreten sind oder dem Ausschreibenden jedenfalls vorher nicht bekannt sein konnten (BGH Urt. v. 8.9.1998, Az. X ZR 99/96). Während § 17 Abs. 1 c) VOL/A die Verfahrensaufhebung bei unwirtschaftlichem Ergebnis ausdrücklich gestattet, fehlt eine solche Regelung in § 17 VOB/A. Sie ist aber auch für die Bauauftragsvergabe anzuerkennen, denn das Gebot an den öffentlichen Auftraggeber, aus haushaltsrechtlichen Gründen die Mittelverwendung sparsam und wirtschaftlich durchzuführen, gilt gleichermaßen. Würde der Auftraggeber trotz sorgfältig ermittelter Kostenschätzung verpflichtet werden, den Zuschlag auf ein Angebot zu erteilen, das kostenmäßig erheblich über dem von ihm veranschlagten Kostenansatz liegt, würde dies das Gebot zur sparsamer Wirtschaftsführung unterlaufen (BGH Beschl. v. 5.11.2002, Az. X ZR 232/00). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn im Verfahren lediglich ein Angebot zu werten ist (vgl. VK Düsseldorf Beschl. v. 28.9.3007, Az. VK 27/2007-B). 268 Bemessungsgrundlage für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Angebots ist demnach die Kostenschätzung der Antragsgegnerin. Sie war in einer der Materie angemessenen und methodisch vertretbaren Weise unter Berücksichtigung der vorhersehbaren Kostenentwicklungen zeitnah aufzustellen (BGH Beschl. v. 5.11.2002, Az. X ZR 232/00). Die der Kammer auf Anforderung eingereichten Schriftstücke des Ingenieurbüros zur Kostenberechnung, die der Antragsgegnerin zuzurechnen sind, genügen diesen Anforderungen nicht. (…) 3. Die Vergabekammer hat die Aufgabe, auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einzuwirken. Sie ist gemäß § 114 Abs. 1 GWB bei ihrer Entscheidungsfindung nicht an die gestellten Anträge gebunden. Ziel ihrer Entscheidung ist die Einwirkung auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens. § 114 GWB vermittelt ihr einen weiten Entscheidungsspielraum, der seine Schranken in dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz findet. Die Maßnahme muss jedoch geeignet sein, die Rechtsverletzung zu beseitigen, gleichzeitig aber auch das mildeste Mittel hierfür sein. Obwohl die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Aufhebungsgrund nach § 17 Abs. 1 VOB/A nicht vorlag, kann sie die Antragsgegnerin nicht verpflichten, der Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Ausschreibende auch dann, wenn kein Aufhebungsgrund besteht, nicht gezwungen werden, einen der Ausschreibung entsprechenden Auftrag zu erteilen (BGH Beschl. v. 18.2.2003, Az. X ZB 43/02). Die Kammer steht insoweit nicht in Widerspruch zu ihrem Beschluss vom 5.11.2009 (Az. VK B 2-35/09). Im dort zu entscheidenden Fall sah sich die Vergabestelle an einem Zuschlag nur durch einen rechtlichen Umstand gehindert, der sich später als irrelevant erwiesen hatte: Das Angebot der dortigen Antragstellerin hatte die Produktanforderung sowie alle sonstigen Voraussetzungen der Ausschreibung erfüllt und war überdies nach dem alleinigen Wertungskriterium Preis von den in der Wertung verbliebenen Angeboten das wirtschaftlich günstigste. In dieser – hier ersichtlich nicht gegebenen – Konstellation war die Verpflichtung zur Zuschlagserteilung zulässig. (…) Die Vergabekammer weist unter dem Eindruck der mündlichen Verhandlung und folgenden gescheiterten Vergleichsverhandlungen außerhalb des Nachprüfungsverfahrens vorsorglich darauf hin, dass sich die Antragstellerin in den aufzunehmenden Verhandlungen im Interesse einer Einigung nicht auf formale Betrachtungen der Darlegungs-und Beweislast zurückziehen, sondern gegebenenfalls ihre Angebotspositionen erläutern und verständlich machen sollte. Denn aus den vorangegangen Ausführungen ergibt sich bereits für das Vergabeverfahren selbst eine Mitwirkungs-und Informationspflicht des Bieters, die den Rückzug auf rein prozessuale Positionen nicht zulassen. 269 147 VK Bund, Beschluss vom 09.02.2012 – VK 3-6/12 (Vorbereitung und Eingliederung von Jugendlichen) 2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Die Aufhebung der Ausschreibung ist mit § 17 Abs. 1 lit. b) VOL/A vereinbar (nachfolgend lit. a)). Die Zuweisung der bis zum 13. Januar 2012 von der ASt mit ... betreuten Teilnehmer an die Bg zu 1) bis 3) war keine unzulässige de-facto Vergabe (nachfolgend lit. b)). a) Die Aufhebung der Ausschreibung bzgl. Los 141 war nach § 17 Abs. 1 lit. b) VOL/A zulässig. Nach § 17 Abs. 1 lit. b) VOL/A können Vergabeverfahren ganz bzw., bei Vergabe nach Losen, auch teilweise aufgehoben werden, wenn sich die Grundlagen des Vergabeverfahrens wesentlich geändert haben. Für eine wesentliche Änderung der Grundlagen ist eine derartige Änderung erforderlich, dass eine Auftragsvergabe auf der Grundlage der bisherigen Vergabeunterlagen für den Auftraggeber oder die Bieter unzumutbar geworden ist (vgl. z.B. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. Januar 2005, VII-Verg 72/04). Die Umstände müssen so erheblich sein, dass eine Anpassung der Angebote nicht in Betracht kommt. Zudem dürfen diese Gründe erst nach Einleitung der Ausschreibung eingetreten oder bekannt geworden sein. Dies zugrunde legend ist vorliegend festzustellen, dass sich die Grundlagen der Ausschreibung bzgl. Los 141 so wesentlich geändert haben, dass eine Auftragsvergabe auf der Grundlage der bisherigen Vergabeunterlagen für die Ag unzumutbar geworden ist. Die streitgegenständliche Ausschreibung ist am 21. März 2011 im Deutschen Ausschreibungsblatt bekannt gemacht worden. Die Ag hat in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer deutlich gemacht, dass die Planung der zur Verfügung stehenden finanziellen Ausgabemittel sowie des voraussichtlichen Bedarfs an Teilnehmerplätzen Anfang des Jahres 2011 erfolgte. Bei der Planung sei – wie bei allen vorangegangenen Ausschreibungen von ... – maßgeblich auf Erfahrungswerte aus der Vergangenheit abgestellt worden. Die Planung werde dadurch erschwert, dass die Ausgabemittel jeweils nur für ein Kalenderjahr bewilligt werden, während die ...n üblicherweise im September eines Jahres beginnen und erst im Folgejahr enden. aa) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass fehlende Haushaltsmittel als ein die Aufhebung einer Ausschreibung rechtfertigender Grund im Sinne des § 17 Abs. 1 lit. b) VOL/A in Betracht kommen können (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Juni 2011,VII- Verg 55/10, abgedr. in NZBau, 2011/699 m.w.N.). Die Ag hat in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer dargelegt, erst Anfang 2012 von der zentralen Dienststelle davon in Kenntnis gesetzt worden zu sein, dass die ihr im Jahr 2012 für ... zur Verfügung stehenden Ausgabemittel 270 deutlich hinter den Annahmen zum Zeitpunkt der Planung zurückbleiben werden. Erst am 4. Januar 2012 sei ihr mitgeteilt worden, dass die verfügbaren Ausgabemittel um fast ... gekürzt worden sind. Festzuhalten bleibt, dass aktuell nicht einmal die Mindestteilnehmerplatzzahl von Los 141 erreicht wird. Dass sich hieran nach dem 1. April 2012 etwas ändern wird, erscheint im Hinblick auf das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt als wenig wahrscheinlich. Nach den Vergabeunterlagen haben die Auftragnehmer einen Anspruch auf Vergütung jedenfalls in Höhe der Mindestteilnehmerplatzzahl. Wird die Mindestteilnehmerplatzzahl – wie hier – unterschritten, führt dies faktisch dazu, dass die Ag eine Vergütung für nicht erbrachte Leistungen entrichten muss. Es ist nicht zumutbar, die Ag dazu zu verpflichten, die Ausschreibung von Los 141 fortzusetzen, obwohl feststeht, dass nicht nur bei dem streitgegenständlichen Auftrag, sondern auch bei den bereits bestehenden Verträgen mit den Bg zu 1) bis 3) eine Auslastung der Verträge nicht erreicht wird. Das öffentliche Interesse, öffentliche Haushaltsmittel sparsam zu verwenden, überwiegt in einem solchen Falle das Interesse der ASt, die Ausschreibung von Los 141 fortzusetzen. Dafür spricht auch die Erwägung, dass seit dem vorgesehenen Vertragsbeginn (5. September 2011) für die Teilnehmer an ... bereits mehr als die Hälfte der 10-monatigen Regelförderdauer verstrichen ist. Würde die Ag, der Entscheidung der Vergabekammer vom 25. Juli 2011 Folge leistend, das Vergabeverfahren in den Stand vor der Versendung der Vergabeunterlagen zurückversetzen und den Bietern Gelegenheit zur erneuten Angebotsabgabe geben, würden ggf. nur noch wenige Wochen oder Monate für die Ende Juni 2012 auslaufenden ...n verbleiben. 148 VK Brandenburg, Beschluss vom 02.04.2012 – VK 6/12 (Trockenbauarbeiten) Die Überschreitung der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel erst jenseits einer Abweichung von 10% stellt einen schwerwiegenden Grund im Sinne von § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A dar, der die Vergabestelle zur Aufhebung der Ausschreibung berechtigt. Im Rahmen der Gesamtbaumaßnahme schrieb die Auftraggeberin im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom ... 2011 als Los 10 Trockenbauarbeiten/ Holztüren aus. Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Die Antragstellerin ist im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt, weil die Aufhebung der Ausschreibung zu Unrecht erfolgt ist. 271 Die Antragstellerin macht in der Sache geltend, dass kein Grund für die Aufhebung im Sinne der Vorschrift des § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A, der hier nach § 6 Abs. 1 VgV Anwendung findet, vorgelegen habe. Hierzu ist im Ausgangspunkt zu bemerken, dass es einem öffentlichen Auftraggeber, hier der Auftraggeberin, frei steht, von einem Beschaffungsvorhaben Abstand zu nehmen, auch wenn der Grund hierfür nicht unter eine Kategorie des § 17 Abs. 1 VOB/A fällt; die Tatsache, dass ein Vergabeverfahren initiiert worden war, begründet keinen Kontrahierungszwang. Vorliegend gibt die Auftraggeberin jedoch ihr Bauvorhaben nicht auf, sondern verfolgt es vielmehr unverändert in einem anderen Vergabeverfahren, nämlich dem Verhandlungsverfahren, weiter. In einem solchen Fall kommt es darauf an, ob im Bezug auf das ursprüngliche Vergabeverfahren ein Aufhebungsgrund gegeben ist. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, gibt es keine Berechtigung, das öffentliche Ausschreibungsverfahren zu beenden und das Beschaffungsverfahren auf der Grundlage der Ausnahmevorschrift des § 3 a Abs. 6 S. 1 VOB/A im Verhandlungsverfahren fortzuführen. So liegt der Fall hier. Weder die Annahmen, von denen die Auftraggeberin ausgegangen ist, noch die Erkenntnisse, die die Vergabekammer aus dem vorliegenden Nachprüfungsverfahren gewonnen hat, lassen den Rückschluss zu oder belegen gar, dass die öffentliche Ausschreibung kein wirtschaftliches Ergebnis gehabt hat. Gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A kann die Ausschreibung „aus anderen schwerwiegenden Gründen“ aufgehoben werden. Die gilt u. a., wenn die Ausschreibung kein wirtschaftliches Ergebnis gehabt hat. Die Aufhebung eines Vergabeverfahrens ist eine von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbare Ermessensentscheidung (OLG Celle, Beschluss vom 10. Juni 2010 – 13 Verg 18/09). Nicht im Ermessen liegt jedoch die Entscheidung, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 VOB/A vorliegen (Kulartz, VOB/A, Portz, § 17 Rn. 17 unter Verweis auf Dieck-Bogatzke VergabeR 2008, 392, 393). Dabei ist stets zu beachten, dass die Aufhebung einer Ausschreibung aufgrund des zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes immer nur das letzte Mittel sein darf. Für § 17 Abs. 1 Satz 3 VOB/A ist anerkannt, das es sich hierbei um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift handelt, an deren Anwendung ein strenger Maßstab anzulegen ist (OLG Celle a.a.O.). Das Erfordernis strenger Anforderungen folgt insbesondere daraus, weil sich Bewerber und Bieter im Vertrauen darauf auf die Ausschreibung eingelassen haben, dass auch tatsächlich eine Vergabe erfolgt. Sie sollen daher an ihren Anforderungen von Zeit und Kosten für die Erstellung ihrer Angebote nicht enttäuscht werden (Kulartz a.a.O., Rn. 28). Nach der Rechtsprechung des BGH bedarf es für das Vorliegen eines schwerwiegenden Grundes stets einer Interessenabwägung der maßgeblichen Verhältnisse im Einzelfall (BGH, Urteil vom 12. Juni 2001 – X ZR 150/99). Ein durch § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A gedeckter Grund zur Aufhebung wegen eines nicht wirtschaftlichen Ergebnisses oder wegen einer Budgetüberschreitung ist nicht gegeben, wenn der Auftraggeber den Preis nur subjektiv für überhöht hält, obwohl er den gegebenen Marktverhältnissen entspricht. Entsprechend hatte der BGH bereits vor In-Kraft-Treten des Vergaberechts- 272 änderungsgesetzes einen schwerwiegenden Grund zur Aufhebung der Ausschreibung angenommen, wenn der Auftraggeber zwar vorab eine vertretbare Kostenschätzung vorgenommen und auch insoweit Finanzmittel bereitgestellt hat, die aufgrund der Ausschreibung abgegebenen Angebote aber deutlich über den geschätzten Kosten liegen und das Vorhaben im Ergebnis wegen der erheblichen Finanzierungslücke ganz aufgegeben werden musste (BGH, Urteil vom 8. August 1998 – X ZR 99/96). Der Auftraggeberin ist im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, dass eine Kostenschätzung geeigneter Maßstab für die angenommene Überschreitung des kalkulierten Finanzbedarfs sein kann. Der Rückgriff auf den Schätzpreis setzt indes voraus, dass dieser zutreffend gebildet wurde. Angesichts des Umstandes, dass eine Kostenschätzung prognostischen Charakter hat, ist dem Auftraggeber zwar ein gewisser Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Erforderlich ist aber, dass der Auftraggeber bei der Kostenschätzung mit der gebotenen Sorgfalt vorgeht und alle bei der Ausarbeitung der Schätzung erkennbaren Daten in einer den Umständen des geplanten Vergabeverfahrens angemessenen und methodisch vertretbaren Weise berücksichtigt (BGH, Urteil vom 5. November 2002 – X ZR 232/00). Der Beurteilungsspielraum wird daher überschritten, wenn der Auftraggeber bei der Preisschätzung Faktoren außer Betracht lässt, deren Bedeutung für die zu erwartenden Preise sich geradezu aufdrängt. Dies war im vorliegenden Verfahren der Fall, denn die Auftraggeberin hat in ihrer Kostenberechnung vom ... 2011 unter den OZ 2.2.1.150, 2.2.2.120, 3.2.2.10, 3.2.2.100, 4.2.1.230 und 4.2.2.100 den jeweils angegebenen Einheitspreis hinsichtlich der angegebenen Menge nicht als Gesamtpreis ausgewiesen und der Gesamtsumme hinzugerechnet. Nach den Berechnungen der Vergabekammer sind die Kosten deshalb mit XX.XXX,XX EUR brutto zu niedrig kalkuliert. Rechnet man diesen Differenzbetrag der Kostenrechnung der Auftraggeberin hinzu, ergibt sich ein Gesamtbetrag von X.XXX.XXX,XX EUR brutto. 149 VK Bund, Beschluss vom 04.07.2012 – VK 1-64/12 (Rahmenvertrag Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen) bb) Da es einem öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich frei steht, ein einmal eingeleitetes Vergabeverfahren auch anders als durch einen Zuschlag zu beenden, kann die Aufhebung einer Ausschreibung mangels Aufhebungsgründen i.S.d. § 17 VOL/A zwar rechtswidrig, aber dennoch wirksam sein, wenn der öffentliche Auftraggeber hierfür zumindest einen die Aufhebung der Sache nach rechtfertigenden Grund hat (vgl. nur Dieck-Bogatzke, VergabeR 2008, 392, 395 ff. m.z.N. aus der Rspr.). Solche Gründe liegen hier jedoch nicht vor: Insbesondere besteht die Beschaffungsabsicht der Ag unstreitig fort und die hinreichende Finanzierung – der einzige Grund, auf den sich die ASt insoweit beruft – ist angesichts der eingegangenen Angebote ebenfalls gesichert (vgl. bereits oben unter 2a) aa)). 273 Ein sachlicher Grund im o.g. Sinne, eine Ausschreibung aufzuheben, – auf den sich die Ag hier allerdings nicht einmal berufen hat – könnte auch dann vorliegen, wenn das Vergabeverfahren fehlerbehaftet und deshalb ohnehin zurückzuversetzen wäre (vgl. OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 16. November 2010, VII-Verg 50/10, und vom 10. November 2010, VII-Verg 28/10). Dies wäre hier der Fall, wenn die Ag bei ihrer „Wirtschaftlichkeitsbetrachtung“ (Vermerk vom 15. Mai 2012) neue Zuschlagskriterien angewendet hätte, die sie den Bietern vorher nicht bekannt gegeben hat. Sollte diese Vorgehensweise wegen § 8 Abs. 1 S. 1 lit. b), § 16 Abs. 7 VOL/A rechtswidrig sein, könnte die Ag die Ausschreibung aus diesem Grund zurückversetzen. Entgegen der Auffassung der Ag handelt es sich jedoch bei ihrer „Wirtschaftlichkeitsbetrachtung“ nicht um eine Prüfung auf der vierten Wertungsstufe anhand von Zuschlagskriterien, sondern um die Prüfung, ob die Angebotspreise angemessen sind i.S.d. § 16 Abs. 6 VOL/A (dritte Wertungsstufe, vgl. hierzu bereits oben unter 2a)aa)), so dass eine Rückversetzung der Ausschreibung wegen schwerwiegender Rechtsfehler hier nicht in Betracht kommt. 150 OLG München, Beschluss vom 31.10.2012 – Verg 19/12 (Kinderpalliativzentrum) a) Dahinstehen kann allerdings, ob die Mitteilung über die Aufhebung der Ausschreibung in einer § 126a BGB entsprechenden Form stattgefunden hat. Die Aufhebungsmitteilung wäre auch bei einer dieser Vorschrift widersprechenden Form nicht unwirksam, weil die Form keine konstitutive Wirkung hat (Herrmann aaO § 17 VOB/A Rn. 20). b) Nach § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A kann die Ausschreibung aufgehoben werden, wenn andere schwerwiegende Gründe bestehen. Wie die Formulierung „kann“ zeigt, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Die Ermessensentscheidung kann von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüft werden (OLG Karlsruhe vom 27.7.2009 – 15 Verg 3/09; OLG Celle vom 10.6.2010 – 13 Verg 18/09), nämlich daraufhin, ob die Vergabestelle überhaupt ihr Ermessen ausgeübt hat (Ermessensnichtgebrauch) oder ob sie das vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten, von einem nicht zutreffenden oder unvollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, sachwidrige Erwägungen in die Wertung mit eingeflossen sind oder der Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend angewandt worden ist (Ermessensfehlgebrauch). Da es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt, sind an die Prüfung, ob ein schwerwiegender Grund vorliegt, besonders strenge Anforderungen zu stellen. Als schwerwiegender Grund ist von der Rechtsprechung anerkannt worden, dass keines der abgegebenen Angebote einen angemessenen Preis aufweist (OLG Frankfurt a. M. vom 28.6.2005 – 11 Verg 21/04). Eine unangemessen hohe Abweichung von der Kostenschätzung wurde bei einer Abweichung von 23% (OLG Frankfurt a. M. aaO) bzw. von 16% (OLG Karlsruhe aaO) angenommen. 274 c) Nach diesen Grundsätzen ist die Aufhebungsentscheidung nicht vergaberechtskonform zustande gekommen. Der Antragsgegner hat bei der Aufhebungsentscheidung sein Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt, weil er von einem unzutreffenden bzw. nicht vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist. Wie der Vergabevermerk zeigt, ist der Antragsgegner bei seiner Aufhebungsentscheidung davon ausgegangen, dass die in der Wertung verbliebenen Angebote – und damit auch das Angebot der Antragstellerin – unangemessen hohe Preise aufweisen. Grundlage dieser Einschätzung waren die Kostenberechnungen vom 6.10.2011 bzw. 16.5.2012, die aber die ausgeschriebenen Planungsleistungen nicht enthielten. Der Antragsgegner hat daher für seine Preisbeurteilung einen unzutreffenden Vergleichsmaßstab gewählt. Die Bewertung des Angebots der Antragstellerin als preislich unangemessen hoch war daher fehlerhaft. Der Antragsgegner ist auch nach wie vor nicht dazu in der Lage, einen fundierten Vergleichsmaßstab zu benennen. Dem Senat ist jedenfalls bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar, in welcher Höhe Planungsleistungen zusätzlich zu den Bauausführungsleistungen ausgeschrieben sind. Die vorgelegten und die in der mündlichen Verhandlung dargestellten Berechnungen sind widersprüchlich und enthalten vier verschiedene Schätzungsmodelle sowie unterschiedliche Angaben dazu, inwieweit Planungsleistungen bereits erbracht sind, inwieweit Baunebenkosten diese Planungsleistungen umfassen und wo sie möglicherweise eingerechnet sind, wobei der Senat nochmals darauf hinweist, dass er eine Einberechnung einer gesondert ausgeschriebenen Leistung in andere Positionen für bedenklich hält. Dem Senat ist es jedoch verwehrt, sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Vergabestelle zu setzen, zumal wegen des nicht errechenbaren Vergleichsbetrages die Höhe der Abweichung des angebotenen Preises von dem der Ausschreibung zugrunde gelegten und kalkulierten Auftragswert nicht möglich ist. 151 BGH, Urteil vom 20.11.2012 – X ZR 108/10 (Friedhofserweiterung) 1. Der Erklärungswert der vom öffentlichen Auftraggeber vorformulierten Vergabeunterlagen ist gemäß den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden, auf den objektiven Empfängerhorizont der potenziellen Bieter abstellenden Grundsätzen zu ermitteln. 2. Der gestellten Vergabebedingung einer „rechtsverbindlichen“ Unterzeichnung des Angebots kommt lediglich der Erklärungsgehalt zu, dass der Unterzeichner bei Angebotsabgabe über die erforderliche Vertretungsmacht verfügt haben muss. 3. Wann die Aufhebung einer Ausschreibung wegen „deutlicher“ Überschreitung des vertretbar geschätzten Auftragswerts rechtmäßig ist, ist aufgrund einer 275 umfassenden Interessenabwägung zu entscheiden, bei der insbesondere zu berücksichtigen ist, dass einerseits den öffentlichen Auftraggebern nicht das Risiko einer deutlich überhöhten Preisbildung zugewiesen werden, die Aufhebung andererseits aber auch kein Instrument zur Korrektur der in Ausschreibungen erzielten Submissionsergebnisse sein darf (Weiterführung von BGH, Urteil vom 8. September 1998 – X ZR 48/97, BGHZ 139, 259 und Urteil vom 12. Juni 2001 – X ZR 150/99, VergabeR 2001, 293). Wann ein vertretbar geschätzter Auftragswert so „deutlich“ überschritten ist, dass eine sanktionslose Aufhebung der Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 Buchst. c VOB/A aF/§ 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nF gerechtfertigt ist, lässt sich nicht durch allgemeinverbindliche Werte nach Höhe oder Prozentsätzen festlegen. Vielmehr ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine alle Umstände des Einzelfalls einbeziehende Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2001 X ZR 150/99, VergabeR 2001, 293, 298). Dabei ist davon auszugehen, dass einerseits den öffentlichen Auftraggebern nicht das Risiko einer deutlich überhöhten Preisbildung weit jenseits einer vertretbaren Schätzung der Auftragswerte zugewiesen werden darf, sondern sie in solchen Fällen zur sanktionsfreien Aufhebung des Vergabeverfahrens berechtigt sein müssen, dass andererseits das Institut der Aufhebung des Vergabeverfahrens nicht zu einem für die Vergabestellen latent verfügbaren Instrument zur Korrektur der in öffentlichen Ausschreibungen bzw. offenen Verfahren erzielten Submissionsergebnisse geraten darf. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass § 26 Nr. 1 VOB/A aF (§ 17 Abs. 1 VOB/A nF) nach Sinn und Zweck der Regelung eng auszulegen ist (BGH, Urteil vom 8. September 1998 X ZR 48/97, BGHZ 139, 259, 263) und dass auch mit angemessener Sorgfalt durchgeführte Schätzungen nur Prognoseentscheidungen sind, von denen die nachfolgenden Ausschreibungsergebnisse erfahrungsgemäß mitunter nicht unerheblich abweichen. Das Ausschreibungsergebnis muss deshalb in der Regel ganz beträchtlich über dem Schätzungsergebnis liegen, um die Aufhebung zu rechtfertigen. Dass der Auftrag nach der beschränkten Ausschreibung zu einer Auftragssumme von 242.000 Euro vergeben werden konnte, ist für die Frage, ob das wertungsfähige Submissionsergebnis der ersten Ausschreibung deutlich überteuert war, nur von eingeschränktem Erkenntniswert. Denn dabei ist zu bedenken, dass das Submissionsergebnis der vorangegangenen öffentlichen Ausschreibung nach Maßgabe von § 22 VOB/A aF, § 14 VOB/A nF publik geworden ist und dass dies die Preisbildung im zweiten Vergabeverfahren beeinflussen konnte. Nach den Mechanismen des Marktes wird für einen Bieter, der das Ergebnis der ersten Ausschreibung kennt, die Annahme naheliegen, diesen Preis unterbieten zu müssen, um eine realistische Chance auf den Zuschlag zu haben, auch wenn das Angebot mit dem geringsten Preis (rd. 244.000 Euro) letztlich nicht gewertet werden durfte. Dass die Baumaßnahme zum Preis von 242.000 Euro durchgeführt wurde, rechtfertigt unter diesen Voraussetzungen nicht die Annahme, dass dieser Preis der Marktpreis (vgl. OLG Karlsruhe, VergabeR 2010, 96, 100) war. 276 152 VK Bund, Beschluss vom 25.01.2013 – VK 3-5/13 (Rahmenvertrag Arzneimittel) Ungeachtet der Zulässigkeitsfrage ist der Nachprüfungsantrag auch unbegründet. Das Vergabeverfahren durfte nach § 20 EG Abs. 1 Buchstabe c) VOL/A bzw. § 37 Abs. 1 Nr. 3 VSVgV aufgehoben werden, weil kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt werden konnte. Ob die Voraussetzungen des § 20 EG Abs. 1 lit. c) VOL/A (vgl. § 37 Abs. 1 Nr. 3 VSVgV) vorliegen, hängt nach Lage des Falles in erster Linie davon ab, ob die Differenz zwischen den geschätzten Kosten einerseits und den Angebotspreisen andererseits einen schwerwiegenden Grund zur Aufhebung darstellen. a) Die Kostenschätzung der Vergabestelle muss zunächst vertretbar sein, d.h. die gewählte Schätzungsmethode muss ein wirklichkeitsnahes Ergebnis ernsthaft erwarten lassen (s. BGH, Urteil vom 20. November 2012, X ZR 108/10). b) Die abgegebenen Angebote müssen für eine Aufhebung deutlich über der Kostenschätzung liegen. Die lässt sich nach der Rechtsprechung nicht durch allgemein verbindliche Werte nach Höhe oder Prozentsätzen festlegen, vielmehr ist eine alle Umstände des Einzelfalles einzubeziehende Interessenabwägung vorzunehmen (s. BGH, Urteil vom 20. November 2012, X ZR 108/10). Da die Aufhebungsregelung eine Ausnahmevorschrift ist, ist diese eng auszulegen. Die Abweichung zwischen der Kostenprognose und den nachfolgenden Ausschreibungsergebnissen darf nicht unerheblich sein. Die gegenüber der Ag angebotenen Preise lagen erheblich über der Kostenschätzung der Ag. Allein das Angebot der ASt lag durchschnittlich 102% über den geschätzten Kosten. Hinsichtlich einer angebotenen Versorgungsnummer überschritt das Angebot der ASt den geschätzten Wert sogar um mehr als 200%. Ein derartiger Preisanstieg scheint nicht durch die mit dem Festpreis auf den Auftragnehmer zukommenden zusätzlichen Risiken gerechtfertigt. Der ASt ist zwar grundsätzlich zuzugestehen, dass sich die zusätzlichen Festpreisrisiken auch im Angebotspreis niederschlagen müssen. Allerdings kann es sich dabei im Wesentlichen nur um das Risiko des Auftragnehmers hinsichtlich des tatsächlichen Instandsetzungsumfangs handeln, da ein Gewinnzuschlag bereits im Selbstkostenerstattungspreis enthalten war. Zudem hat die ASt selbst ausgeführt, dass die Effektivität beim Selbstkostenerstattungspreis keine Rolle gespielt hat. Dies lässt jedoch eher den Schluss zu, dass ein wirtschaftlich agierendes Unternehmen ein Festpreisangebot vorlegen können müsste, das unterhalb der bislang angefallenen tatsächlichen Kosten liegt, zumindest aber im Durchschnitt nicht den doppelten Umfang der Selbstkostenerstattungspreise aufweist. 277 153 OLG München, Beschluss vom 04.04.2013 – Verg 4/13 (Ortsumgehung B.) a) Eine Ausschreibung kann rechtmäßig unter den Voraussetzungen der Ziffern 1 – 3 des § 17 EG VOB/A aufgehoben werden. Ob die tatsächlichen Voraussetzungen der Ziffern 1 – 3 vorliegen, ist von den Nachprüfungsinstanzen uneingeschränkt überprüfbar, und zwar auch insoweit, als die Tatbestandsalternativen unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten. Da die Aufhebung einer Ausschreibung den Ausnahmefall für die Beendigung einer Ausschreibung darstellt und die Bieter auf die Durchführung und den ordnungsgemäßen Abschluss vertrauen dürfen, ist die Vorschrift des § 17 EG VOB/A eng auszulegen (Herrmann in Ziekow/ Völlink Vergaberecht vor § 17 VOB/A Rn. 2 m.w.N.). Auf der Rechtsfolgenseite der Vorschrift zeigt demgegenüber die Formulierung „kann“, dass es sich bei der Frage, ob bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen eine Aufhebung der Ausschreibung erfolgen soll, um eine Ermessensentscheidung handelt. Diese kann von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüft werden (OLG München vom 6.12.2012 – Verg 25/12 und vom 31.10.2012 – Verg 19/12; OLG Celle vom 10.6.2010 – 13 Verg 18/09; OLG Karlsruhe vom 27.7.2009 – 15 Verg 3/09), nämlich daraufhin, ob die Vergabestelle überhaupt ihr Ermessen ausgeübt (Ermessensnichtgebrauch) oder ob sie das vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten, von einem nicht zutreffenden oder unvollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, sachwidrige Erwägungen in die Wertung mit eingeflossen sind oder der Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend angewandt worden ist (Ermessensfehlgebrauch). b) Es liegt kein Grund zur Aufhebung der Ausschreibung nach § 17 EG Abs. 1 Nr. 2 VOB/A vor. Nach § 17 EG Abs. 1 Nr. 2 VOB/A kann eine Ausschreibung aufgehoben werden, wenn die Vergabeunterlagen grundlegend geändert werden müssen. Eine grundlegende Änderung der Vergabeunterlagen wird dann angenommen, wenn eine ganz entscheidende Abänderung der bisherigen Absicht zur Leistungserbringung erforderlich wird (OLG Köln vom 18.6.2010 – 19 U 98/09) oder wenn die ursprünglichen Leistungsanforderungen für Auftraggeber und Bieter nicht mehr zumutbar sind – etwa ähnlich dem Wegfall der Geschäftsgrundlage – und die notwendigen Änderungen auch nicht mit den Regelungen der VOB/B aufgefangen werden können, ohne dass dadurch eine Wettbewerbsverzerrung eintritt (Herrmann in Ziekow/Völlink aaO § 17 VOB/A Rn. 2). Eine grundlegende Änderung der Vergabeunterlagen kann hier nicht bejaht werden. aa) Grundlage der Aufhebungsentscheidung waren die beiden Positionen 02.08.0090 und 02.10.0150, die unstreitig unzutreffend in den Mengenvordersätzen von dem beratenden Ingenieurbüro berechnet worden sind. In Anbetracht des gesamten Volumens des Auftrags in Höhe von ca. 1 Mio. Euro und den weiteren zahlreichen 278 anderen Positionen des Leistungsverzeichnisses, die sich überwiegend weder in der preislichen Größenordnung noch in den Mengenvordersätzen wesentlich von diesen beiden Positionen unterscheiden, ist die vom Antragsgegner aufgrund angenommener Mittelpreise errechnete Preisdifferenz von 44.000 Euro von untergeordneter Bedeutung, die keinesfalls zu einer Aufhebung der Ausschreibung zwingt. Diese beiden Positionen stellen auch keine Schlüsselpositionen oder ganz herausragende Positionen dar, von welchen andere Positionen entscheidend abhängen. Vielmehr ist die Änderung von zwei Mengenvordersätzen von 35 t auf 18 t bzw. von 25 t auf 17 t ohne größeren Aufwand zu bewerkstelligen. Es ist hier zudem zu berücksichtigen, dass nach übereinstimmender Auffassung in der mündlichen Verhandlung zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, wie viel t Stahl in diesen beiden Positionen bei der Bauausführung tatsächlich anfallen werden. bb) Die im Laufe des Nachprüfungsverfahrens vom Antragsgegner nachgeschobenen weiteren Positionen können eine Aufhebung nach § 17 EG Abs.1 Nr. 2 VOB/A ebenfalls nicht begründen. Es ist schon fraglich, ob alle diejenigen Positionen, die vom Antragsgegner in der Beschwerdebegründung angeführt worden sind, tatsächlich nicht den baulichen Gegebenheiten entsprechen und mengenmäßig unzutreffend berechnet worden sind. Zum einen waren sich die Verfahrensbeteiligten einig, dass der Mengenansatz stets mit einer gewissen Unsicherheit verbunden ist, weil sich die faktisch einzubauende Menge erst nach Erstellung der vom Auftragnehmer geschuldeten Statikberechnungen ergebe. So zeigen die Positionen 02.08.0020 (56m statt 60m), 02.08.0030 (120m statt 125m), 02.08.0040 (88m statt 95m) und 02.10.0080 (418 ³ statt 450 ³) auch nur geringe Abweichungen auf. Es kommt hinzu, dass der Antragsgegner zur Untermauerung seiner Auffassung, die Berechnung dieser Positionen sei nun richtig, keine substanzielle Begründung bzw. Nachberechnung vorweisen konnte. Welche Unwägbarkeiten hier bestehen, zeigt im Übrigen auch die Tatsache, dass der Antragsgegner im Gegensatz zur Antragstellerin die Mengenvordersätze bei den Positionen 02.10.0110 und 02.10.0120 nach wie vor für zutreffend hält. Neben den unter a) bereits aufgeführten Positionen verbleiben als weitere gewichtige Positionen daher lediglich die Positionen 02.12.0040 (240 ² statt 125 ²) und 02.15.0050 (27,60 m statt 40m). Aber selbst wenn der Senat diese beiden Positionen noch zusätzlich berücksichtigt – wobei die Position 02.12.0040 eine Mehrforderung statt einer Minderforderung enthält -, sind auch diese Fehler nicht so schwerwiegend, dass sie eine grundlegende Änderung der Vergabeunterlagen erfordern. Auch hier gilt: es handelt sich weder um Schlüsselpositionen noch ist eine Korrektur der Mengenvordersätze mit einem unzumutbaren Aufwand verbunden. c) Es liegt auch kein anderer schwerwiegender Grund im Sinne des § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A vor. 279 Da es sich bei dieser Alternative um einen Auffangtatbestand handelt, sind an die Prüfung, ob ein schwerwiegender Grund vorliegt, besonders strenge Anforderungen zu stellen. Einigkeit besteht in Rechtsprechung und Literatur dahingehend, dass der Grund genauso gravierend sein muss wie die in Ziffer 1 und 2 genannten Gründe. Als schwerwiegende Gründe hat die Rechtsprechung auch gravierende rechtliche Fehler anerkannt. Die Entscheidung, ob in einem rechtlichen Fehler ein Aufhebungsgrund gesehen werden kann, kann nur nach einer Interessenabwägung auf Grundlage der Verhältnisse im Einzelfall getroffen werden. Ein Aufhebungsgrund ist zu bejahen, wenn einerseits der Fehler von so großem Gewicht ist, dass ein Festhalten des öffentlichen Auftraggebers an dem fehlerhaften Verhalten mit Gesetz und Recht schlechterdings nicht zu vereinbaren wäre und andererseits von den an dem Ausschreibungsverfahren teilnehmenden Unternehmen erwartet werden kann, dass sie auf die Bindung des Ausschreibenden an Recht und Gesetz Rücksicht nehmen (BGH vom 12.6.2001 – X ZR 150/99). Hierher zählen in erster Linie solche schweren rechtlichen Mängel, die im weiteren Verfahren nicht mehr behoben werden können, wie z.B. eine unterlassene europaweite Ausschreibung (OLG Koblenz vom 10.4.2003 – 1 Verg 1/03). Ist eine Heilung des Fehlers ohne besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit möglich, scheidet ein Aufhebungsgrund regelmäßig aus: es ist das mildere Mittel der Fehlerkorrektur zu wählen. Unter Beachtung dieser Grundsätze vermag der Senat keinen schwerwiegenden Grund zur Aufhebung der Ausschreibung zu sehen. Der Antragsgegner hat insoweit vorgetragen, durch das Verhalten der Antragstellerin sei eine Wettbewerbsverzerrung eingetreten, weiche eine Fortsetzung der Ausschreibung unmöglich mache. Dieser Argumentation folgt der Senat nicht. Eine Korrektur der jetzt vom Antragsgegner als unzutreffend angesehenen Mengenvordersätze ist durch die Übersendung entsprechend korrigierter Leistungsverzeichnisse an die bisherigen Bieter ohne weiteres möglich. Eine Wettbewerbsverzerrung tritt nicht ein, da nach einer Korrektur alle bisherigen Bieter ihr Angebot neu kalkulieren können, und nicht nur die Antragstellerin. Ihr vermeintliches Wissen um Fehler im LV wird dann allen anderen Bietern gleichfalls bekannt. Dass auch der Antragsgegner letztlich nicht von einer ausschreibungshindernden Wettbewerbsverzerrung ausgeht, zeigt im Übrigen die Tatsache, dass er eine Neuausschreibung mit geänderten Mengenvordersätzen geplant hat. An dieser Neuausschreibung könnten sich ebenfalls die bisherigen Bieter beteiligen. Doch ist der Umweg zu diesem Ergebnis über eine Aufhebung der Ausschreibung und Neuausschreibung nicht notwendig. Ähnliches gilt für das weiter vom Antragsgegner vorgebrachte Argument, Ziel der Aufhebung sei es auch gewesen, unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen. Ob die Verhaltensweise der Antragstellerin überhaupt wettbewerbswidrig und unlauter war, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen. Das unlautere Verhalten eines Bieters kann grundsätzlich nicht zu einer rechtmäßigen Aufhebung der Ausschreibung führen. Vielmehr ist eine Entscheidung zu seinen Lasten zu treffen, wie etwa der Ausschluss seines Angebots, nicht aber zu Lasten aller Bieter, die sich ihrerseits nicht wettbewerbswidrig verhalten haben. 280 d) Es kommt hinzu, dass die Fehler im LV vom Antragsgegner, welcher für das von ihm beauftragte Ingenieurbüro gegenüber den Bietern einzustehen hat, verursacht worden sind. Es ist einhellige Ansicht in Literatur und Rechtsprechung, dass es zum Merkmal einer rechtmäßigen Aufhebung zählt, dass der Aufhebungsgrund nicht vom Auftraggeber verschuldet sein darf (OLG München vom 28.8.2012 -Verg 11/12; OLG Düsseldorf vom 16.2.2005 – VII Verg 72/04 und vom 16.11.2010 Verg 50/10). Da es somit schon an einem rechtmäßigen Aufhebungsgrund fehlt, kam es auf die Frage, ob das Ermessen korrekt ausgeübt worden ist, nicht mehr an. e) Es liegt auch nicht aus sonstigen Gründen eine wirksame Aufhebung der Ausschreibung vor. Es trifft zwar zu, dass wegen der Vertragsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers auch eine rechtswidrige, also nicht durch einen Aufhebungsgrund gedeckte, oder eine vom Auftraggeber verschuldete Aufhebung wirksam sein (vgl. hierzu OLG München vom 28.8.2012 – Verg 11/12; BGH vom 20.11.2012 – X ZR 108/10) und der öffentliche Auftraggeber sich auf die Leistung von Schadensersatz zurückziehen kann. Der Entscheidung des OLG München vom 28.8.2012 – und soweit aus dem veröffentlichten Sachverhalt ersichtlich auch der Entscheidung des BGH vom 20.11.2012 – lag aber eine Fallkonstellation zugrunde, in welcher die Wirksamkeit der Aufhebungsentscheidung von den Verfahrensbeteiligten nicht angegriffen worden ist. Hier hat die Antragstellerin aber die Aufhebungsentscheidung des Antragsgegners als vergaberechtswidrig gerügt und deren Wirksamkeit in Frage gestellt. Zudem will der Antragsgegner nach wie vor die Beschaffungsmaßnahme durchführen und weder vollständig noch zeitweise auf die Baumaßnahme verzichten. Auf die Frage, ob eine wirksame Aufhebung (wenn auch rechtswidrig oder selbst verschuldet) den Wegfall der Beschaffungsabsicht voraussetzt, kam es daher nicht an. Jedenfalls ist eine unwirksame Aufhebung nicht auf die Fälle beschränkt, in welchen die Aufhebung nur zum Schein erfolgt oder nur dem Zweck dient, einen Bieter zu diskriminieren. Dies würde den Primärrechtsschutz der Bieter zu sehr einschränken. 281 VIII. VERTRAGSSCHLUSS/VERTRAGSAUSLEGUNG/NACHTRÄGE 154 BGH, Urteil vom 06.09.2012 – VII ZR 193/10 (Asphaltmischgut) 1. Erteilt der Auftraggeber in einem öffentlichen Vergabeverfahren über Bauleistungen den Zuschlag auf das Angebot des Bieters unter Herausnahme einzelner Leistungen, ohne dass dies in der Ausschreibung so vorgesehen ist, liegt darin gemäß § 150 Abs. 2 BGB die Ablehnung des Angebots verbunden mit einem neuen Angebot des Auftraggebers. 2. Enthält das neue Angebot wegen der Verzögerung des Vergabeverfahrens eine neue Bauzeit und bringt der Auftraggeber eindeutig und klar zum Ausdruck, dass er den Vertrag mit diesen Fristen zu dem angebotenen Preis bindend schließen will, kann es nicht dahin ausgelegt werden, der Zuschlag sei auf eine Leistung zur ausgeschriebenen Bauzeit erteilt worden (Fortführung von BGH, Urteile vom 22. Juli 2010 – VII ZR 213/08, BGHZ 186, 295 und VII ZR 129/09, BauR 2010, 1929 = NZBau 2010, 628 = ZfBR 2010, 810; Urteil vom 25. November 2010 – VII ZR 201/08, BauR 2011, 503 = NZBau 2011, 97 = ZfBR 2011, 235). 3. Ein solches modifiziertes Angebot des Auftraggebers kann regelmäßig nicht dahin ausgelegt werden, dass stillschweigend das Angebot unterbreitet wird, die Vergütung wegen dem Auftragnehmer infolge der Bauzeitänderung etwa entstehender Mehrkosten in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B anzupassen. 4. Nimmt der Bieter das modifizierte Angebot an, muss er die Leistung in der neuen Bauzeit zu den vereinbarten Preisen erbringen. Die Klägerin fordert als Auftragnehmerin von der beklagten Bundesrepublik Deutschland Mehrvergütung wegen erhöhter Kosten für die Beschaffung von Asphaltmischgut und Bodenmaterial aufgrund einer sich aus einem verzögerten Vergabeverfahren ergebenden Veränderung der Bauzeit sowie die Erstattung damit im Zusammenhang stehender vorgerichtlicher Anwaltskosten. Die Klägerin unterbreitete der Beklagten nach öffentlicher Ausschreibung des Neubaus einer Teilstrecke der B 101n unter dem 17. November 2004 ein Vertragsangebot mit einer Angebotssumme von 7.113.491,35 Euro. Die Arbeiten sollten gemäß Ziffer 2 der Besonderen Vertragsbedingungen frühestens 14 Werktage nach Zuschlagserteilung 282 begonnen werden und spätestens am 31. Mai 2006 beendet sein. Die ursprünglich bis 28. Februar 2005 laufende Zuschlags- und Bindefrist wurde mehrfach einvernehmlich, zuletzt bis 15. Juni 2005, verlängert. An diesem Tag erteilte die Beklagte „auf Basis des Angebots“ der Klägerin den Auftrag zu einer Auftragssumme von 6.524.718,61 Euro. Die geänderte Auftragssumme resultiert unter anderem daraus, dass verschiedene Positionen der ausgeschrieben und angebotenen Leistungen nicht zur Ausführung kommen und eine Position gesondert beauftragt werden sollte. Das Auftragsschreiben hatte weiterhin folgenden Inhalt: „Da sich der Beginn der Ausführung nunmehr um 3,5 Monate verschiebt, werden unter Hinweis auf § 6 Nr. 2 und Nr. 4 VOB/B und in Abweichung von Ziffer 2.3 der dem Angebot zugrundeliegenden Besonderen Vertragsbedingungen folgende Termine Vertragsbestandteil: ■ Gesamtfertigstellung der Baumaßnahme: 15.9.2006 ■ …“. b) Das Berufungsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass das neue Angebot der Beklagten nicht nur hinsichtlich der Leistungen und der Preise von dem Angebot der Klägerin abwich, sondern auch hinsichtlich der Bauzeit. Danach wollte die Beklagte die Bauzeit nicht etwa unverbindlich vorschlagen, sondern verbindlich neu regeln. aa) Der Senat hat sich bereits ausführlich damit befasst, wie der Zuschlag auf ein Angebot auszulegen ist, der zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die ausgeschriebenen und dementsprechend angebotenen Bauzeiten nicht mehr einzuhalten sind. Bei der Auslegung von Erklärungen im formalisierten Vergabeverfahren ist zu berücksichtigen, dass diese regelmäßig so zu verstehen sind, dass sie im Einklang mit den vergaberechtlichen Bestimmungen stehen. Auch im Rahmen des für den modifizierten Zuschlag geltenden § 150 Abs. 2 BGB sind die Grundsätze von Treu und Glauben anzuwenden. Sie erfordern, dass der Empfänger eines Vertragsangebots, wenn er von dem Vertragswillen des Anbietenden abweichen will, dies in der Annahmeerklärung klar und unzweideutig zum Ausdruck bringt. Erklärt der Vertragspartner seinen vom Angebot abweichenden Vertragswillen nicht hinreichend deutlich, so kommt der Vertrag zu den Bedingungen des Angebots zustande (BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 – VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47 Rn. 35; Urteil vom 22. Juli 2010 VII ZR 213/08, aaO Rn. 19). Auf dieser Grundlage hat der Senat den Fall entschieden, dass der Zuschlag seinem Wortlaut nach unverändert erteilt worden ist. Dann ist der Zuschlag so zu verstehen, dass er sich auf die ausgeschriebenen und angebotenen Fristen und Termine bezieht, selbst dann, wenn sie wegen Zeitablaufs obsolet geworden sind (BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 VII ZR 11/08, aaO Rn. 37). 283 bb) Gleiches gilt für den Fall, dass in dem Zuschlagsschreiben zwar eine neue Bauzeit angesprochen wird, dieses jedoch nicht eindeutig zum Ausdruck bringt, dass der Vertrag nur zu veränderten zeitlichen Bedingungen geschlossen werden soll. Der Senat hat hervorgehoben, dass der Auftraggeber sich im Zweifel vergabekonform verhalten will und dies nur möglich ist, wenn er den Zuschlag auf ein unverändertes Angebot abgibt. Daran habe er im Regelfall auch ein erhebliches Interesse, weil der Auftragnehmer sonst die Möglichkeit hätte, das nunmehr wegen der Veränderung der Bauzeit vom Auftraggeber abgegebene neue Angebot abzulehnen oder eine preisliche Anpassung zu verlangen, was dann erneut als neues Vertragsangebot zu werten wäre. Auf diese Weise würde das Ziel des Vergabeverfahrens verfehlt. Der Zuschlag auf das unveränderte Angebot mit den wegen Zeitablaufs bereits obsolet gewordenen Fristen und Terminen sei die einzige Möglichkeit, das Vergabeverfahren sicher mit einem Vertragsschluss zu beenden (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 VII ZR 213/08, aaO Rn. 20; Urteil vom 22. Juli 2010 – VII ZR 129/09, BauR 2010, 1929 Rn. 27 = NZBau 2010, 628 = ZfBR 2010, 810). Der Senat hat auch darauf hingewiesen, dass an einem Zustand, der das Ergebnis des Vergabeverfahrens offen halte, niemand interessiert sein könne und dies tunlichst vermieden werden müsse (BGH, Urteile vom 22. Juli 2010 – VII ZR 213/08 und VII ZR 129/09, jeweils aaO). Auch ein Bieter müsse im Zweifel nicht damit rechnen, dass der Auftraggeber gerade dieses Ergebnis durch eine veränderte Annahme des Angebots herbeiführen wolle, mit der er sich zudem vergabewidrig verhalten würde. Der Senat hat deshalb die Erklärungen des Auftraggebers vergabekonform als Vorschlag für eine neue Bauzeit ausgelegt, über die die Parteien im Rahmen des bestehenden Vertrages neu verhandeln müssten. Zugleich ist mit der Bauzeit auch der vertragliche Vergütungsanspruch anzupassen (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 VII ZR 213/08, aaO Rn. 25). Auf dieser Grundlage kann dem Auftragnehmer in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B ein Anspruch auf Mehrvergütung zustehen, wenn infolge der Bauzeitänderung Mehrkosten entstanden sind. cc) Diese Erwägungen setzen voraus, dass die Erklärungen des Auftraggebers in seinem Zuschlag Spielraum für eine derartige Auslegung lassen. Voraussetzung dafür ist, dass der Auftraggeber nicht eindeutig und klar zum Ausdruck gebracht hat, dass er den Zuschlag nur mit den veränderten Bedingungen in der Weise erteilen will, dass diese Vertragsbeststandteil werden. Dementsprechend hat der Senat in den genannten Fällen auch dargestellt, dass die jeweils abgegebenen Erklärungen in diesem Sinne nicht eindeutig sind. Das hat er beispielsweise daraus abgeleitet, dass Erklärungen abgegeben wurden, wonach der Vertrag mit dem Zuschlag verbindlich geschlossen sein sollte, was nicht möglich gewesen wäre, wenn der Zuschlag ein verändertes Angebot dargestellt hätte (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 – VII ZR 213/08, aaO Rn. 16). Ähnlich liegt es, wenn der Auftrag zu den Bedingungen des Angebots „hiermit“ erteilt wird und der Vertrag als mit dem Zuschlagsschreiben geschlossen bezeichnet wird (BGH, Urteil vom 22. Juli 284 2010 – VII ZR 129/09, aaO Rn. 21). Auch die Bitte um schriftliche Auftragsbestätigung legt das Vorliegen eines neuen Angebots nicht nahe, weil der Auftraggeber nach den Vergabevorschriften dann nicht eine Auftragsbestätigung, sondern eine unverzügliche Annahmeerklärung fordern soll, § 28 Nr. 2 Abs. 2 VOB/A (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 – VII ZR 213/08, aaO Rn. 17; Urteil vom 22. Juli 2010 VII ZR 129/09, aaO Rn. 23). dd) Für die vom Senat entwickelte interessengerechte Auslegung nicht eindeutig als bindend zu verstehender Angaben zur neuen Bauzeit ist kein Raum, wenn sich aus dem Zuschlag klar und eindeutig ergibt, dass die neue Bauzeit Bestandteil des Vertrages werden soll. Das ist der Fall, wenn über die Bauzeit nicht mehr verhandelt werden soll, der Auftraggeber sie also einseitig vorgeben will und er dem Auftragnehmer nur die Möglichkeit lässt, sie als Vertragsbestandteil anzunehmen oder das so geänderte Angebot – eventuell verbunden mit einem eigenen Vorschlag – abzulehnen. Denn dann fehlt es eben daran, dass die Erklärungen auch als unverbindliches Verhandlungsangebot für den Fall zu verstehen sein können, dass der Vertrag zur ausgeschriebenen und angebotenen Bauzeit geschlossen wird. Ob eine Erklärung im Zuschlagsschreiben in dieser Weise verstanden werden muss, hat der Tatrichter unter Berücksichtigung aller Umstände durch Auslegung zu ermitteln. Dabei wird er sich auch von den bereits dargestellten Erwägungen leiten lassen müssen, dass vom Auftraggeber im Zweifel ein vergabekonformes und interessengerechtes Verhalten zu erwarten ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass bei einem klaren und eindeutigen Willen zu einer veränderten Annahme das damit abgegebene neue Angebot nicht so ausgelegt werden kann, dass sich der Auftraggeber möglicherweise nicht vergabekonform verhält und damit unter Umständen auch gegen seine Interessen und die Interessen des Auftragnehmers die Angaben zur Bauzeit als bindend verstanden wissen will. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass der Auftraggeber sich stets vergabekonform verhält. Rechtlich ist es möglich, dass der Auftraggeber unter Verstoß gegen das Nachverhandlungsverbot einen Zuschlag unter veränderten Bedingungen erteilt und damit ein neues Angebot im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB abgibt. Diese Erklärung ist, wie das Berufungsgericht richtig entschieden hat, nicht gemäß § 134 BGB nichtig. Ungeachtet der Frage inwieweit ein solches neues Angebot in Widerspruch zu vergaberechtlichen Bestimmungen steht, ist es jedenfalls dann – wenn wie hier – keiner der unterlegenen Bieter ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet hat, wirksam (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2005 – KZR 36/03, NZBau 2005, 530; OLG Jena, BauR 2008, 1452; OLG Celle, BauR 2006, 161; OLG Düsseldorf, NZBau 2004, 113; Weyand, Vergaberecht, 6. Aktualisierung 2012, § 15 VOB/A, Rn. 84; Pünder/Schellenberg/ Nowak, Vergaberecht, 1. Aufl., § 114 GWB, Rn. 23, 24; Wagner/Jürschik, VergabeR 2012, S. 401, 406/407; Greb/Stenzel, NZBau 2012, 404, 408; Poschmann, Vertragsänderungen unter dem Blickwinkel des Vergaberechts, S. 309). 285 155 OLG Zweibrücken, Urteil vom 01.10.2012 – 7 U 252/11 (Schülerbeförderungsbeitrag) f) Die Durchführung des Vertrages mit Fahrzeugen, die keine Schiebetüren haben, ist auch nicht unzumutbar für die Beklagte. Die Umrüstung oder Neuanschaffung von Fahrzeugen, um den Einsatz von Fahrzeugen mit vereinbarungsgemäßer Ausstattung der Türen zu gewähren, ist nicht unverhältnismäßig. aa) Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit eines Nachbesserungsverlangens im Sinne des § 635 Abs. 3 BGB ist gerechtfertigt, wenn mit der Nachbesserung der in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielbare Erfolg oder Teilerfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Geldaufwandes steht (BGH NJW-RR 2002, 661; NJW 1996, 3269; OLG Zweibrücken, NJOZ 2006, 2318), wenn also das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (BGH NZM 2009, 490; NJW-RR 2008, 971; NJW-RR 2006, 304; NJW 1973, 138). Zutreffend hat das Erstgericht darauf hingewiesen, dass dann, wenn der Besteller objektiv ein berechtigtes Leistungsinteresse an der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages hat, ihm regelmäßig nicht wegen hoher Kosten die Nachbesserung verweigert werden kann (BGH NJW-RR 2002, 661). Insofern ist es zwar zutreffend, dass der Beklagten durch Umbaumaßnahmen beziehungsweise die Neuanschaffung von Fahrzeugen, ggfls. auch von Kraftomnibussen samt zusätzlich erforderlichen Umbaumaßnahmen, erhebliche Kosten entstehen. Diese Erfordernisse kommen jedoch nicht überraschend. Zudem wird die vertragliche Vorgabe nicht dadurch unzumutbar, dass die Beklagte möglicherweise anders kalkuliert hat, da das Kalkulationsrisiko insofern allein bei der Beklagten liegt. bb) Insbesondere aber besteht ein objektives Interesse der Klägerin an der Einhaltung der Vertragsbedingungen, da es sich um einen im Vergabeverfahren zustande gekommenen Vertrag handelt. Denn als öffentlicher Auftraggeber hat sie das Vergaberecht zu beachten. (1) Insofern könnte eine Abweichung von dem Vertrag vergaberechtliche Konsequenzen haben. Denn zwar können auch öffentliche Aufträge bei entsprechendem Parteiwillen grundsätzlich jederzeit geändert werden, da sie durch übereinstimmende Willenserklärungen von Auftraggeber und Bieter zustande kommen; dieser Vertragsfreiheit setzt indes das Vergaberecht Grenzen (vgl. Greb/Stenzel, NZBau 2012, 404). 286 Dabei ist insbesondere zu beachten, dass eine wesentliche Änderung eines dem Vergaberecht unterliegenden Vertrages vergaberechtlich als Neuvergabe zu werten ist (EuGH – Pressetext – EuZW 2008, 465). Denn das Vergaberecht darf nicht dadurch umgangen werden, dass ein bestehender Vertrag in wesentlichen Punkten geändert wird, ohne diesen Vorgang dem Wettbewerb zu öffnen (Greb/Stenzel, NZBau 2012, 404). Eine ohne erforderliche Neuvergabe vorgenommene Änderung stellt eine sogenannte de-facto-Vergabe dar, die zur Rechtswidrigkeit des Gesamtvertrags (so z.B. Wagner/ Jürschik, VergabeR 2012, 401) oder nur der Änderungen und gegebenenfalls zur Nichtigkeit des Vertrags führen kann. Insofern ist die Vergabestelle als Adressat des Vergaberechts gehalten, derartige Rechtsverletzungen zu vermeiden. (2) Der EuGH hat in seiner „Pressetext“-Entscheidung als Kriterium zur Abgrenzung ausgeführt, dass eine wesentliche Vertragsänderung vorliegt, wenn der Vertrag durch die (nachträglichen) Änderungen der Bestimmungen wesentlich andere Merkmale aufweist als der ursprüngliche Auftrag und damit den Willen der Parteien zur Neuverhandlung wesentlicher Bestimmungen dieses Vertrages erkennen lässt (EuGH EuZW 2008, 465, 467 Rn. 34). Das ist dem EuGH zufolge (EuZW 2008, 465, 467 Rn. 35-37) insbesondere dann der Fall, wenn ■ die Änderung das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrags in einer im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehenen Weise zu Gunsten des Auftragnehmers ändert, ■ durch die Änderung Bedingungen eingeführt werden, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebotes erlaubt hätten, wenn sie Gegenstand des Vergabeverfahrens gewesen wären, oder ■ wenn die Änderung den Auftrag in großem Umfang auf bisher nicht vorgesehene Leistungen erweitert. Aus vergaberechtlicher Sicht ist mithin die Auswirkung der Änderung auf den Wettbewerb maßgebend (Greb/Stenzel, NZBau 2012, 404, 405). Damit setzt eine rechtswidrige de-facto-Vergabe entgegen der Auffassung der Beklagten nicht unbedingt voraus, dass die Änderung an den essentialia negotii vorgenommen wird. Da die Frage der Ausstattung der einzusetzenden Fahrzeuge mit Schiebetüren offensichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Kosten für Anschaffung, Umbau und Unterhalt der entsprechenden Fahrzeuge hat, liegt jedenfalls nicht fern, dass dieser Aspekt Auswirkungen auf die Kalkulation und damit die Chancen der Bieter im Vergabeverfahren hat. 287 (3) In Anbetracht dessen, dass über die genaue Abgrenzung zwischen ausschreibungsfreien und ausschreibungspflichtigen Vertragsmodifikationen erhebliche Unsicherheit besteht, zumal jeweils eine Einzelfallbetrachtung erforderlich ist (vgl. EuGH a.a.O.; Krohn, NZBau 2008, 619; Greb/Stenzel, NZBau 2012, 404; Wagner/Jürschik, VergabeR 2012, 401), besteht vorliegend ersichtlich ein objektives Interesse der Klägerin, möglicherweise rechtswidrige Vertragsänderungen durch Änderung der Anforderungen an die zu verwendenden Türen zu vermeiden, zumal es für eine Vertragsänderung hinsichtlich der Verwendung von Schiebetüren schon kein Anpassungsbedürfnis gibt, da sich nicht etwa die Rahmenbedingungen oder der Stand der technischen Entwicklung geändert haben. (4) Dabei ist bereits das Risiko für die Klägerin als Vergabestelle, durch eine solche Änderung gegen das Vergaberecht zu verstoßen und sich zudem ggfls. schadensersatzpflichtig gegenüber Mitbewerbern zu machen, unzumutbar und begründet ein nachvollziehbares Interesse an der Beibehaltung der Vertragsklausel. 156 BGH, Urteil vom 14.03.2013 – VII ZR 116/12 (Berufsausbildungszentrum) 1. Steht die nach § 2 Nr. 3 oder Nr. 5 VOB/B zu bestimmende Vergütung für Mehrmengen oder geänderte Leistungen in einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistung, kann die dieser Preisbildung zugrunde liegende Vereinbarung sittenwidrig und damit nichtig sein.) 2. Beträgt die nach § 2 Nr. 3 oder Nr. 5 VOB/B zu bestimmende Vergütung das 22-fache des üblichen Preises, kann ein auffälliges Missverhältnis vorliegen. Ein auffälliges Missverhältnis ist nur dann wucherähnlich, wenn der aufgrund dieses auffälligen Missverhältnisses über das übliche Maß hinausgehende Preisanteil sowohl absolut gesehen als auch im Vergleich zur Gesamtauftragssumme in einer Weise erheblich ist, dass dies von der Rechtsordnung nicht mehr hingenommen werden kann. Unter diesen Voraussetzungen besteht eine Vermutung für ein sittlich verwerfliches Gewinnstreben des Auftragnehmers.) 3. Hat der Auftragnehmer diese Vermutung durch den Nachweis entkräftet, ihm sei bei der Preisbildung zu seinen Gunsten ein Berechnungsfehler unterlaufen, so verstößt es gegen Treu und Glauben und stellt eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn er den hierauf beruhenden, in einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistung stehenden Preis für Mehrmengen oder geänderte Leistungen verlangt.) 4. Vorbehaltlich anderer Anhaltspunkte zum mutmaßlichen Parteiwillen ist in diesen Fällen entsprechend § 632 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung geschuldet. 288 Die Revision der Klägerin hat zu einem geringen Teil Erfolg. 1. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht der Klägerin für die im Vergleich zur Ausschreibung entstandenen Mehrmengen der Position 200 nur den üblichen Einheitspreis von 25,50 Euro zugesprochen. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die einer Preisbildung zugrunde liegende Vereinbarung sittenwidrig und damit nichtig sein, wenn der nach § 2 Nr. 3 Abs. 2 oder § 2 Nr. 5 VOB/B neu zu vereinbarende Einheitspreis für Mehrmengen in einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistung steht. Hinzutreten müssen subjektive Umstände, wie zum Beispiel eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten. Für ein sittlich verwerfliches Gewinnstreben des Auftragnehmers kann eine Vermutung sprechen (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 – VII ZR 201/06, BGHZ 179, 213). Der Bundesgerichtshof hat bereits angenommen, eine entweder auf § 2 Nr. 3 oder § 2 Nr. 5 VOB/B gegründete Vereinbarung der Parteien, für Mehrmengen eine (im Vergleich zum üblichen und angemessenen Preis) um mehr als das Achthundertfache und damit außerordentlich überhöhte Vergütung festzulegen, begründe die Vermutung, ihr liege ein sittlich verwerfliches Gewinnstreben des Auftragnehmers zugrunde. Diese Vermutung gründet sich auf die Besonderheiten des Bauvertrages. Die Vereinbarung eines außerordentlich überhöhten Preises für Mehrmengen fußt auf der Vereinbarung eines außerordentlich überhöhten Einheitspreises in der dem Preisanpassungsverlangen zugrunde liegenden Position des Leistungsverzeichnisses. Regelmäßig beruht die Vereinbarung dieses Einheitspreises auf einem entsprechenden Angebot des Auftragnehmers, dem das Leistungsverzeichnis zum Zwecke der Bepreisung übergeben worden ist. In dem Fall, dass der Auftragnehmer in einer Position des Leistungsverzeichnisses einen außerordentlich überhöhten Einheitspreis angegeben hat, besteht die widerlegbare Vermutung, dass er in dieser Position auf eine Mengenmehrung hofft und durch Preisfortschreibung auch für diese Mengenmehrung einen außerordentlich überhöhten Preis erzielen will. Die vertragsuntypische Spekulation des Auftragnehmers durch Einsatz deutlich überhöhter Einheitspreise ist regelmäßig mit der Erwartung verbunden, einen außerordentlichen Gewinn zu erzielen, der andererseits zu nicht eingeplanten Mehrkosten bei dem Auftraggeber führt, denen kein entsprechender Gegenwert gegenübersteht. Regelmäßig beruht die Bildung überhöhter Preise auch auf einem nicht offengelegten Informationsvorsprung des Auftragnehmers, der Anlass zu der Spekulation gibt, sei es die auf Tatsachen oder Erfahrungssätze gegründete Erwartung oder sogar die Gewissheit von Mengenmehrungen. Dieses Verhalten eines späteren Auftragnehmers widerspricht eklatant dem gesetzlichen Leitbild eines Vertrages, das – nicht anders als die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – einen fairen, von Treu und Glauben geprägten Leistungsaustausch im Blick hat, vgl. § 157 BGB. Es begründet die Vermutung, der Auftraggeber, der über entsprechende Informationen 289 möglicherweise nicht verfügt oder die mit der Preisgestaltung verfolgte Absicht im Einzelfall nicht erkennt, solle aus sittlich verwerflichem Gewinnstreben übervorteilt werden (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 – VII ZR 201/06, aaO Rn. 15). b) aa) Nach der Feststellung des Berufungsgerichts übersteigt der neu zu vereinbarende Preis den üblichen Werklohn um mehr als das 12-fache. Aufgrund der eingetretenen Mengenmehrung führe das zu einer um ca. 92.000 Euro netto überhöhten Vergütung. Das wird von den Parteien nicht in Frage gestellt. Diese Überschreitung begründet objektiv auch unter Berücksichtigung von gewissen Schwankungen zwischen einzelnen Einheitspreisen im Vergleich zu üblichen Preisen, die sich bei den ursprünglich ausgeschriebenen Mengen häufig ausgleichen werden, ein auffälliges Missverhältnis zur Bauleistung. Dieses ist auch wucherähnlich. Für diese Feststellung bedarf es allerdings einer zusätzlichen Kontrolle, ob der aufgrund dieses auffälligen Missverhältnisses über das übliche Maß hinausgehende Preisanteil sowohl absolut gesehen als auch im Vergleich zur Gesamtauftragssumme in einer Weise erheblich ist, dass dies von der Rechtsordnung nicht mehr hingenommen werden kann. Denn obwohl die einzelne Preisermittlungsregelung für sich genommen an dem Maßstab der Sittenwidrigkeit zu messen ist, kann von einer wucherähnlichen Auswirkung nur gesprochen werden, wenn der Werklohn insgesamt in nennenswerter Weise beeinflusst wird, die zugleich auch die Vermutung sittlich verwerflichen Gewinnstrebens trägt. Dabei kommt in Betracht, dass je größer der absolute Betrag ist, desto kleiner die relative Überschreitung sein kann, bis zu der die Auswirkungen noch hingenommen werden können (BGH, Urteil vom 07.03.2013 – VII ZR 68/10, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Hier beträgt die absolute Überschreitung des Preises ca. 92.000 Euro netto, das sind nahezu 22% des ursprünglichen Angebotspreises von insgesamt 426.092,84 Euro für den gesamten Auftrag. Beide Werte sind jedenfalls ausreichend erheblich, ohne dass feste Grenzwerte bestimmt werden müssten. bb) Dieses Missverhältnis begründet die Vermutung eines sittlich verwerflichen Gewinnstrebens der Klägerin. Es spielt keine Rolle, ob Abweichungen in diesem Ausmaß bei Kalkulationen geringfügiger Leistungspositionen nicht vollkommen ungewöhnlich sind, was die Revision geltend macht. Solange es hierfür keine Erklärung gibt, die die genannte Vermutung widerlegt, bedeutet das allenfalls, dass sittenwidrige Spekulationen auf Mengenmehrungen zu wucherähnlichen Preisen nicht nur in ganz seltenen Ausnahmefällen vorkommen. Ob die Rechtsprechung bei Grundstücksgeschäften und im Miet- und Pachtrecht, nach der bereits ein Missverhältnis mit einer doppelt so hohen Gegenleistung im Vergleich zum Wert der Leistung den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung zulässt, auf die hier in Rede stehenden Fälle – wie die Revision geltend macht – nicht übertragen werden kann, muss an dieser Stelle nicht entschieden werden. Das hier vorliegende oben beschriebene auffällige, wucherähnliche Missverhältnis ist jedenfalls damit nicht vergleichbar und ausreichend, die Vermutungswirkung zu begründen. 290 cc) Das Berufungsgericht hat die Vermutung zu Recht als nicht widerlegt angesehen. Es musste der unter Zeugenbeweis gestellten Behauptung der Klägerin, die Position 200 sei ungenau beschrieben worden und sie habe mit ihrer Kalkulation nur eventuellen Unwägbarkeiten Rechnung tragen wollen („Angstzuschlag“), nicht nachgehen. Angesichts der hier vorliegenden Höhe der Überschreitung des üblichen Preises kann diese nicht plausibel allein mit einem allgemeinen, nicht näher erläuterten „Angstzuschlag“ erklärt werden, zumal die Kalkulation im Übrigen von der Klägerin ebenfalls nicht näher dargelegt worden ist. dd) An die Stelle der nichtigen Vereinbarung zur Vergütung tritt die Vereinbarung, die Leistungen nach den üblichen Einheitspreisen zu vergüten (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 – VII ZR 201/06, aaO Rn. 29 ff.). 2. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Position 200 könne auch nicht für neun Stück mit dem vereinbarten Einheitspreis berechnet werden. Die dargestellte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit der Vermutungswirkung für das sittlich verwerfliche Gewinnstreben bezieht sich nur auf Vereinbarungen zur Bildung eines neuen Einheitspreises für Mehrmengen, geänderte Leistungen oder zusätzliche Leistungen. Die Prüfung der Sittenwidrigkeit kann sich zwar grundsätzlich auch auf die Vereinbarung einzelner Einheitspreise beziehen (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 – VII ZR 201/06, aaO Rn. 9). Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäfts muss allerdings der Zusammenhang mit dem gesamten Rechtsgeschäft gewürdigt werden (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 – VII ZR 201/06, aaO Rn. 14). Soweit sich die vereinbarten Einheitspreise auf die im Vertrag geschätzten Mengen beziehen, kommt es bei der Prüfung eines objektiv auffälligen Missverhältnisses nur auf die Endsumme des Vertrages an (vgl. auch BGH, Urteil vom 21. Oktober 1976 – VII ZR 327/74, BauR 1977, 52). Denn für den Auftraggeber ist diese das entscheidende Kriterium zur Beurteilung der Angemessenheit der von ihm versprochenen Vergütung für die Werkleistung in dem geschätzten Umfang. Die Höhe der einzelnen Einheitspreise spielt daneben keine selbständige Rolle mehr. Darin liegt der entscheidende Unterschied zu der Preisbildungsvereinbarung für Leistungen, die in den Positionen und/oder Mengen des Einheitspreisvertrages noch gar nicht vorgesehen sind. 3. Zu Recht rügt die Revision, dass das Berufungsgericht im Rahmen der Leistungsposition 130 nur 159 T-Verbindungen für vergütungspflichtig gehalten hat. Das Berufungsgericht hat gemeint, dass die Beklagte angesichts der extremen Verteuerung der gesamten Baumaßnahme durch die T-Verbindungen, die auch nicht annähernd den damit verbundenen Mehrwert widerspiegelte, in Kenntnis dieser Kostenproblematik teilweise von der Maßnahme Abstand genommen hätte. Denn nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien seien im Bereich der Bäder – nur dort habe es die Brandschutzproblematik, welche Anlass für die Umplanung war, 291 gegeben – vereinbarungsgemäß nur 159 T-Anschlüsse ausgeführt worden. Der mit den weiteren T-Verbindungen in den Trennwänden zwischen den Zimmern verbundene Vorteil sei allenfalls gering gewesen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hätte die Klägerin die Beklagte auf diese Verteuerung hinweisen müssen. Diese Erwägungen sind nicht frei von Rechtsfehlern. Das Berufungsgericht ist zugleich mit Recht (vgl. unter 4.) davon ausgegangen, dass die Mehrmengen lediglich mit dem üblichen Preis von 41,81 Euro pro Stück zu vergüten seien. Es hat nicht festgestellt, dass die Beklagte in Kenntnis dieses geschuldeten Preises nicht bereit gewesen wäre, sämtliche 261 Stück T-Verbindungen ausführen zu lassen. Vielmehr hat es ausdrücklich auf den überhöhten Preis und die hieraus resultierende große Gesamtsumme abgestellt. Diese schuldete die Beklagte jedoch auch bei Ausführung der 261 Anschlüsse nicht. Es kann offen bleiben, ob auch die Annahme einer Hinweispflicht grundsätzlich rechtsfehlerhaft ist. Denn jedenfalls beruht auch diese Annahme auf der fehlerhaften Prämisse, es komme zu einer extremen Verteuerung der gesamten Baumaßnahme, auf die die Klägerin hätte hinweisen müssen. Damit scheidet ein Schadensersatzanspruch der Beklagten aus, der dahin geht, von einer Vergütungspflicht für die 159 Stück übersteigende Menge der T-Verbindungen befreit zu werden. 4. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Geltendmachung einer Vergütung für alle ausgeführten T-Verbindungen auf der Basis des vereinbarten Einheitspreises der Position 130 gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstieße und eine unzulässige Rechtsausübung darstelle. a) Das Berufungsgericht hat es für möglich gehalten, dass die Klägerin nicht schon bei der Erstellung ihres Angebots in sittenwidriger Weise auf eine Mengenmehrung in dieser Position spekuliert hatte. Vielmehr könne ihr Vorbringen zutreffen, der überhöhte Preis beruhe auf einer einfachen Fehleingabe in Form einer verrutschten Dezimalstelle im Rahmen einer Tabellenkalkulation. Von Letzterem ist daher auch in der Revisionsinstanz zu Gunsten der Klägerin auszugehen. b) Der Senat muss nicht entscheiden, ob die Berechnung einer Vergütung gemäß § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B oder gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B so erfolgen muss, wie es die Klägerin tut und es das Berufungsgericht grundsätzlich für richtig hält, mit der Folge, dass der Einheitspreis in der dort vorgenommen Weise zur Grundlage des neuen Preises gemacht wird. Denn einen solchen Preis kann die Klägerin jedenfalls nicht verlangen. c) Die Regelungen in § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B ebenso wie in § 2 Nr. 5 VOB/B (und in § 2 Nr. 6 Abs. 2 VOB/B) gehen davon aus, dass die Parteien in den dort näher beschriebenen Fällen einen (neuen) Preis für die betroffenen Leistungen verein- 292 baren. Kommt eine derartige Vereinbarung nicht zustande, kann der auf Zahlung gerichtete Anspruch im Wege der Klage geltend gemacht werden (BGH, Urteil vom 21. März 1968 – VII ZR 84/67, BGHZ 50, 25, 30). Der Anspruch ergibt sich aus den Preisermittlungsregelungen der VOB/B. Er entsteht in der sich daraus ergebenden Höhe mit der Mengenmehrung oder der Ausübung des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts nach § 1 Nr. 3 VOB/B (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 – VII ZR 201/06, BGHZ 179, 213 Rn. 8; Urteil vom 27. November 2003 – VII ZR 346/01, BauR 2004, 495 = NZBau 2004, 207 = ZfBR 2004, 254). aa) Soweit die vereinbarten Preisermittlungsregelungen vorsehen, dass ein außergewöhnlich hoher Preis auch für Mehrmengen oder geänderte Leistungen gilt, ist die Preisvereinbarung nichtig, wenn die neu zu bestimmende Vergütung in einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistung steht und der Vereinbarung dieses Preises ein sittlich verwerfliches Gewinnstreben des Auftragnehmers zugrunde liegt. Ein auffälliges Missverhältnis ist dann wucherähnlich, wenn der aufgrund dieses auffälligen Missverhältnisses über das übliche Maß hinausgehende Preisanteil sowohl absolut gesehen als auch im Vergleich zur Gesamtauftragssumme in einer Weise erheblich ist, dass dies von der Rechtsordnung nicht mehr hingenommen werden kann. Unter diesen Voraussetzungen besteht eine Vermutung für ein sittlich verwerfliches Gewinnstreben des Auftragnehmers (BGH, Urteile vom 18. Dezember 2008 VII ZR 201/06, BGHZ 179, 213; vom 7. März 2013 – VII ZR 68/10, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; vgl. oben unter 1.). Hat der Auftragnehmer diese Vermutung durch den Nachweis entkräftet, ihm sei bei der Preisbildung zu seinen Gunsten ein Berechnungsfehler unterlaufen, so verstößt es gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, wenn er den hierauf beruhenden, in einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistung stehenden Preis für Mehrmengen oder geänderte Leistungen verlangt. Denn mit diesem Verlangen würde er sich faktisch in Widerspruch zu seiner Behauptung setzen, er habe nicht vorgehabt, einen Einheitspreis zu bilden, der ihm einen unangemessenen Gewinn verschafft, und es entspreche deshalb nicht seinem Willen, eine derartige Vergütung zu erhalten. Der Auftragnehmer würde in diesem Fall seinen Berechnungsfehler, der sein sittlich verwerfliches Gewinnstreben ausschließt, in der Weise ausnutzen, dass er gleichwohl den unangemessenen, wucherähnlichen Preis durchsetzt. Das wäre die Ausnutzung einer Rechtsposition, die mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist. Dem kann die Revision nicht entgegenhalten, die Kalkulation sei grundsätzlich unerheblich, der Auftragnehmer sei seinerseits nicht berechtigt, einen Kalkulationsirrtum zu seinen Lasten zu berichtigen. Die Angaben zur Kalkulation sind erheblich, wenn ein Einheitspreis gebildet worden ist, der im Falle von Mengenmehrungen oder geänderten Leistungen zu einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung führt. Der Auftragnehmer ist regelmäßig nur in der Lage, die sittlich verwerfliche Gesinnung bei der Preisbildung zu widerlegen, indem er den hohen Preis 293 nachvollziehbar so erläutert, dass eine sittlich verwerfliche Gesinnung ausscheidet (vgl. BGH, Beschluss vom 25. März 2010 – VII ZR 160/09, NZBau 2010, 367). Insoweit muss er in aller Regel auf die Grundlagen der Kalkulation zurückgreifen. Muss er auf diese Weise offenbaren, dass dem hohen Preis ein Rechenfehler zugrunde liegt, der ihm in gleicher Weise einen unangemessenen Gewinn verschaffen würde wie bei einer von vornherein spekulativen Kalkulation, so ist es nicht gerechtfertigt, ihm die Vorteile dieser Kalkulation zu belassen. bb) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler ein auffälliges, wucherähnliches Missverhältnis des Preises für die Mehrmengen im Vergleich zu den hiermit vergüteten Leistungen angenommen. Dieser Preis übersteigt den üblichen Preis um das ca. 22-fache. Der aufgrund dieses auffälligen Missverhältnisses über das übliche Maß hinausgehende Preisanteil in Höhe von ca. 300.000 Euro ist sowohl absolut gesehen als auch gemessen an dem Auftragswert von 426.092,84 Euro in einer Weise erheblich, dass dies von der Rechtsordnung nicht mehr hingenommen werden kann. d) Fehlt es damit an einem durchsetzbaren Anspruch auf Vergütung für die in Rede stehenden Leistungen auf der Grundlage der Regelungen der VOB/B, enthält der Vertrag für diese atypischen Fälle eine unbewusste Lücke. Dass die Parteien die Leistungsposition bepreisen wollten, steht allerdings fest. Mangels geeigneter Anknüpfungspunkte an die Vertragspreise und mangels sonstiger Umstände kann aus dem Vertrag keine neue Vereinbarung zur Höhe in ergänzender Vertragsauslegung gefunden werden. Es bietet sich deshalb eine entsprechende Anwendung des § 632 Abs. 2 BGB an, wonach die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 – VII ZR 201/06, aaO Rn. 32). Dies kommt dem mutmaßlichen Parteiwillen am nächsten. 157 BGH, Urteil vom 21.03.2013 – VII ZR 122/11 (Aushubmaterial) Der öffentliche Auftraggeber hat in der Leistungsbeschreibung eine Schadstoffbelastung auszuhebenden und zu entfernenden Bodens nach den Erfordernissen des Einzelfalls anzugeben. Sind erforderliche Angaben zu Bodenkontaminationen nicht vorhanden, kann der Bieter daraus den Schluss ziehen, dass ein schadstofffreier Boden auszuheben und zu entfernen ist (Anschluss an BGH, Urteil vom 22. Dezember 2011 – VII ZR 67/11, BGHZ 192, 172). I. Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Mehrvergütung der im Zusammenhang mit den behaupteten Kontaminationen entstandenen Kosten nicht zu. 294 Der Klägerin sei gemäß den maßgeblichen Vertragsunterlagen und sonstigen Umständen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kein außergewöhnliches Wagnis aufgebürdet worden. Der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. K. habe zwar bei seiner Anhörung im Termin vom 23. Juni 2010 zunächst ausgeführt, dass ein Bieter mangels Feststellungen in der Baugrunduntersuchung zum Salzgehalt der Asphaltdeckschicht davon habe ausgehen dürfen, dass dieser Parameter auch ansonsten keine Rolle spiele. Auf Vorhalt der Einwände der Beklagten habe der Sachverständige sodann in seiner Stellungnahme vom 17. Januar 2011 allerdings klargestellt, dass sich mangels einer Untersuchung der Asphaltdeckschicht auf eine Chloridbelastung für einen verständigen Bieter gerade nicht der Schluss habe aufdrängen dürfen, eine solche Belastung komme in den darunter befindlichen, hier relevanten Bodenschichten überhaupt nicht vor. In seiner weiteren Anhörung am 9. März 2011 habe der Sachverständige schließlich ausgeführt, dass eine Untersuchung der Asphaltdecke auf Chloride ohnehin üblicherweise nicht stattfinde, so dass sich aus dem vorliegenden Befund (keine Hinweise auf eine Chloridbelastung dieser Schicht) für die als Fachunternehmen ausreichend verständige Klägerin keinesfalls der Schluss habe aufdrängen dürfen, die darunter liegende Schicht sei auf jeden Fall ohne Einschränkungen zu verwenden. Dies gelte hier umso mehr, als der fachkundigen Klägerin durchaus hätte bekannt sein können, dass der betreffende Streckenabschnitt angesichts seiner örtlichen Lage winterdienstlicher Behandlung ausgesetzt gewesen sein könnte, möge hieraus auch – zu Gunsten der Klägerin unterstellt – eine Salzbelastung nicht zwingend resultieren. Hinzu komme, dass nach den weiteren Erörterungen des Sachverständigen eine Salzbelastung in dieser Schicht ohnehin selten vorkomme, mithin eine diesbezügliche Untersuchung dieser Schicht auf eine solch seltene Belastung auch nicht naheliege. Umso weniger habe Anlass für einen durchschnittlichen Bieter bestanden, allein aus dem Fehlen weiterer Angaben zu einer vorhandenen Chloridbelastung der Deckschicht sicher zu schließen, dass eine solche auch in den darunter liegenden Schichten nicht auftreten würde. Zu keinem anderen Ergebnis führe auch der von der Klägerin angeführte Umstand, dass in vergleichbaren Fällen bei entsprechenden Anhaltspunkten stets auf eine Kontamination in den Ausschreibungsunterlagen hingewiesen worden sei. Hieraus ergebe sich weder ausdrücklich noch konkludent eine Übernahme des Risikos etwaiger Kontaminationen durch den Bauherrn. II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 1. In der Revision ist davon auszugehen, dass die von der Klägerin behaupteten Kontaminationen des Aushubmaterials vorliegen. 2. Die Auslegung, welche Leistung von der Vergütungsabrede in einem Bauvertrag erfasst wird, obliegt dem Tatrichter. Eine revisionsrechtliche Überprüfung findet 295 nur dahin statt, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht. a) Ein Bieter darf die Leistungsbeschreibung einer öffentlichen Ausschreibung nach der VOB/A im Zweifelsfall so verstehen, dass der Auftraggeber den Anforderungen der VOB/A an die Ausschreibung entsprechen will (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2011 – VII ZR 67/11, BGHZ 192, 172 Rn. 15; Urteil vom 11. März 1999 – VII ZR 179/98, BauR 1999, 897, 898 = ZfBR 1999, 256; Urteil vom 9. Januar 1997 – VII ZR 259/95, BGHZ 134, 245, 248; Urteil vom 11. November 1993 – VII ZR 47/93, BGHZ 124, 64, 68). Danach sind die für die Ausführung der Leistung wesentlichen Verhältnisse der Baustelle, wie z.B. Bodenverhältnisse, so zu beschreiben, dass der Bewerber ihre Auswirkungen auf die bauliche Anlage und die Bauausführung hinreichend beurteilen kann. Die „Hinweise für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung“ in Abschnitt 0 der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen, DIN 18299 ff., sind zu beachten, § 9 Nr. 1 bis 3 VOB/A a.F. (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2011 – VII ZR 67/11, BGHZ 192, 172 Rn. 15). Sowohl nach DIN 18299 [Ausgabe 2000] Abschnitt 0.1.18 (ebenso DIN 18299 [Ausgabe 2006] Abschnitt 0.1.20) als auch nach DIN 18300 [Ausgabe 2000 und Ausgabe 2006] Abschnitt 0.2.3 ist in der Leistungsbeschreibung eine Schadstoffbelastung nach den Erfordernissen des Einzelfalls anzugeben (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2011 – VII ZR 67/11, BGHZ 192, 172 Rn. 22). Die ausdrückliche Angabe einer Bodenkontamination ist allerdings nicht in jedem Fall zwingend; sie kann unterbleiben, wenn sich aus den gesamten Vertragsumständen klar ergibt, dass eine derartige Kontamination vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2011 – VII ZR 67/11, BGHZ 192, 172 Rn. 22). Denn in solchen Fällen ist den in § 9 VOB/A a.F. zum Schutz des Bieters enthaltenen Ausschreibungsgrundsätzen Genüge getan, weil dieser auch ohne Angaben in der Ausschreibung eine ausreichende Kalkulationsgrundlage hat. 296 IX. RECHTSSCHUTZ DER WIRTSCHAFTSTEILNEHMER IM NACHPRÜFUNGSVERFAHREN 1. 1.1 Rügeobliegenheit (§ 107 Abs. 3 GWB) Anlass für Einreichung einer Rüge 158 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2012 – Verg 67/11 (Pharmarabattverträge) Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist nicht – und zwar auch nicht teilweise – wegen Verstoßes gegen die Rügeobliegenheit (§ 107 Abs. 3 GWB) unzulässig. a) Die Antragstellerin war allerdings – anders als sie meint – nicht gemäß § 107 Abs. 3 S. 2 GWB (diese Vorschrift löst die früheren Grundsätze über Rügeobliegenheiten bei De-facto-Vergaben ab) von einer Obliegenheit zur Rüge entbunden. Bereits der von § 107 Abs. 3 S. 2 GWB in Bezug genommene Wortlaut des § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB spricht gegen die Auffassung der Antragstellerin. Denn die Antragsgegnerin ist wegen der beabsichtigten Vergabe an eine Vielzahl von Unternehmen, darunter auch die Antragstellerin, herangetreten. Reidt (in Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 3. Aufl., § 107 GWB Rdnr. 65) ist daher der Auffassung, für das am Vergabeverfahren beteiligte Unternehmen gelte § 107 Abs. 3 S. 2 GWB nicht (unklar Braun, in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 101b GWB Rdnr. 46). Allerdings ist nach der Rechtsprechung des Senats (s. Beschluss vom 03. August 2011 – VII-Verg 33/11 m.w.N.) die Vorschrift des § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB vor dem Hintergrund des Art. 2d Abs. 1 lit. a) der Rechtsmittelrichtlinie erweiternd dahin auszulegen, dass sie bei Auftragsvergaben „ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union“ eingreift. Dies bedeutet aber nicht automatisch, dass in derartigen Fällen auch die Rügeobliegenheit entfällt. Der Gesetzgeber ist in § 107 Abs. 3 S. 2 GWB davon ausgegangen, dass demjenigen, der infolge Nichtveröffentlichung und Nichtbeteiligung an dem Vergabeverfahren von dem Verfahren keine Kenntnis erlangt hat, eine Rüge nicht zugemutet werden könne. Die frühere Rechtsprechung zu „De-factoVergaben“ betraf Fallgestaltungen, in denen die Vergabe „am Antragsteller vorbei“ lief. Diese Erwägungen treffen auf ein Unternehmen, das am Vergabeverfahren beteiligt 297 wurde, nicht zu. Eine derartige Auslegung, wie sie die Antragstellerin begehrt, würde dazu führen, dass in allen Fällen, in denen eine ordnungsgemäße EU-Bekanntmachung fehlt, eine Rüge entbehrlich wäre. Soweit die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vom 07. Dezember 2011 darauf verwiesen hat, nicht sie, sondern ihre Konzernmutter sei von der Antragstellerin angeschrieben worden, trifft dies nach den Unterlagen zwar zu. Der Antragstellerin ist die geplante Vergabe jedoch – wie von der Antragsgegnerin ersichtlich im Hinblick auf die Konzernklausel des § 2a Abs. 5 des Vertrages geplant – durch Weitergabe der Unterlagen bekannt geworden; nach den Vergabeunterlagen stand damit einer Beteiligung auch der Antragstellerin nichts im Wege. Darüber hinaus könnte § 107 Abs. 3 S. 2 GWB allenfalls in dem Zeitraum bis zur EUBekanntmachung gelten. b) Eine Rüge war jedoch bereits deshalb entbehrlich war, weil die Antragsgegnerin von vornherein nicht gewillt war, Rügen im Hinblick auf angebliche Verstöße gegen das Vergaberecht zu entsprechen. Es ist allgemein anerkannt, dass eine Rüge entsprechend dem Rechtsgedanken des § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich ist, wenn der Auftraggeber von vornherein nicht gewillt ist, der Rüge nachzugehen (vgl. Byok, in Byok/Jaeger, Vergaberecht, 3. Aufl., § 107 GWB Rdnrn. 105 ff.). Dies kann u.a. dann angenommen werden, wenn der Auftraggeber eine gleichlautende Rüge anderer Bieter oder am Auftrag interessierter Unternehmen zurückgewiesen hat. Jedoch reicht es im Allgemeinen nicht aus, wenn der Auftraggeber erst im Nachprüfungsverfahren die Rüge als unbegründet ansieht, weil oftmals aus diesem späteren prozessualen Verhalten nicht hinreichend zuverlässig auf die Haltung der Vergabestelle vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens geschlossen werden kann. In diesem Fall steht fest, dass die Antragsgegnerin vergaberechtlichen Rügen von vornherein nicht nachgeben wollte. Sie hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, ihr sei bewusst gewesen, sich außerhalb des Vergaberechts zu bewegen. Sie hatte damit ersichtlich von vornherein vor, an ihrer Rechtsauffassung, einen Pharma-Rabattvertrag auch außerhalb des Vergaberechts abschließen zu können, unter allen Umständen festzuhalten und diese notfalls einem Vergabenachprüfungsverfahren unterziehen zu lassen. c) Des Weiteren war eine Rüge der Antragstellerin, Konzerne würden vergaberechtswidriger Weise benachteiligt, bereits deshalb entbehrlich, weil die Antragsgegnerin jedenfalls in einem späteren Stadium erklärtermaßen zu einer Abhilfe nicht bereit war. 298 159 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 28.02.2012 – 2 VK 8/11 (Sanierungsbeauftragter) II. Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig. 2) Auch hinsichtlich der von der Antragstellerin monierten unzulässigen Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien innerhalb der von der Antragsgegnerin versendeten Wertungsmatrix („Wichtungstabelle“) hat es die Antragstellerin versäumt, diesen von ihr unterstellten Vergaberechtsverstoß unverzüglich zu rügen, was zu einer diesbezüglichen Präklusion gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB führt. Zwar hatte die Antragstellerin wiederholt und letztmalig mit Schreiben vom 20.06.2011 eine ihrer Ansicht nach unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien in Fragebogen und Wichtungstabelle gerügt. Allerdings sendete die Antragstellerin ihrerseits daraufhin mit Schreiben vom 06.07.2011 geänderte entsprechende Anlagen zu, ohne dass die Antragstellerin im Folgenden ihre diesbezügliche Rüge wiederholt hätte. Vielmehr wurden Rügen im weiteren Verlauf mit Schreiben der Antragstellerin vom 08.07.2011, 13.07.2011 und 23.08.2011 nurmehr auf die Punkte „Offenlegung von Unterkriterien“ und „Verfahrensart VOL“ beschränkt. Auch wenn es grundsätzlich nicht erforderlich ist, in einem Vergabeverfahren ein- und denselben Verfahrensverstoß mehrfach zu rügen, gilt dies ausnahmsweise dann nicht, wenn die Vergabestelle im bisherigen Vergabeverfahren einzelne Verfahrensschritte wiederholt und hierbei den bereits gerügten Vergaberechtsverstoß wiederholt (vgl. Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 3. Aufl., Rdnr. 109 zu § 107 GWB; OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, 1 Verg 4/03, juris Rdnr. 40 f.). In Anwendung dieser Grundsätze oblag es der Antragstellerin, die von ihr bereits früher erhobene Rüge einer Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien unverzüglich, jedenfalls also innerhalb von zwei Wochen (siehe oben unter II 1.), erneut anzubringen, nachdem die Antragsgegnerin durch die Überarbeitung des Fragebogens sowie der Wichtungstabelle einen neuen Sachverhalt geschaffen hatte. Die erneute Rüge hätte somit nach Zugang des Schreibens der Antragsgegnerin vom 06.07.2011 (08.07.2011) nebst dortigen Anlagen zumindest bis zum 22.07.2011 erfolgen müssen, was jedoch von der Antragsgegnerin versäumt wurde. 160 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 – Verg 100/11 (Drucker- und Multifunktionssysteme) Mit Bekanntmachung vom Mai 2011 schrieb der Antragsgegner, ein kommunaler Zweckverband, die Beschaffung von Druckern und Multifunktionssystemen einschließlich Administrations- und Abrechnungssoftware für den Kreis Herford im offenen Verfahren aus. Vorausgegangen war eine inhaltsgleiche Ausschreibung, welche wegen möglicher Bevorteilung der Beigeladenen infolge Projektierung der Beschaffung aufgehoben worden war. 299 Die Leistungsbeschreibung enthielt hinsichtlich der zu liefernden Drucker und Systeme sog. Geräte-Positionsblätter, teilweise mit Mindestanforderungen (KO-Kriterien). Der Zuschlag sollte anhand der Kriterien Preis, Qualität und Funktionalität der Drucker und Multifunktionssysteme sowie Qualität und Funktionalität der Software auf das wirtschaftlichste Angebot ergehen. Von den 19 Unternehmen, welche die Vergabeunterlagen angefordert hatten, reichten nur die Antragstellerin und die Beigeladene Angebote ein. Die Antragstellerin rügte eine unterbliebene Losaufteilung und eine auf von der Beigeladenen angebotene Produkte zugeschnittene Leistungsbeschreibung. Nachdem der Antragsgegner die Beanstandungen zurückgewiesen hatte, brachte die Antragstellerin innerhalb von 15 Kalendertagen einen Nachprüfungsantrag an. Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg, weil der Nachprüfungsantrag unbegründet ist. 1. Der Nachprüfungsantrag ist entgegen der Auffassung der Vergabekammer allerdings nicht bereits wegen eines Verstoßes gegen die Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB unzulässig, soweit die Antragstellerin eine unterlassene Losvergabe beanstandet. Die Annahme der Vergabekammer, die Antragstellerin habe schon die Angabe in der Bekanntmachung „Aufteilung in Lose: Nein“ zum Anlass für eine Rüge nehmen müssen, ist offensichtlich fehlerhaft. Der Rügetatbestand des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB setzt eine Kenntnis der zugrundeliegenden Tatsachenvorgänge und die – zumindest laienhafte – rechtliche Vorstellung des Antragstellers von einem Verstoß gegen Vergabevorschriften voraus (vgl. allein BGH VergabeR 2007, 59 Rn. 35; OLG Düsseldorf VergabeR 2008, 671; 2004, 511, 512). Bereits die erforderliche Tatsachenkenntnis ist im Streitfall zu verneinen. Aufgrund der Vergabebekanntmachung wusste die Antragstellerin lediglich, dass eine Losaufteilung nicht erfolgt war. Die tatsächlichen Gründe dafür kannte sie nicht. Davon hat sie erst durch den Vortrag des Antragsgegners im Nachprüfungsverfahren erfahren. Auch das an die Antragstellerin gerichtete vorprozessuale Schreiben des Antragsgegners vom 6.6.2011 hat darüber keinen Aufschluss gegeben. Es erschöpfte sich in einer bloßen Wiederholung des Gesetzeswortlauts (§ 97 Abs. 3 Sätze 2 und 3 GWB). Auftragsbezogene Gründe waren darin nicht genannt. Nicht einmal der Inhalt des darüber verfassten Vergabevermerks vom 20.4.2011 ist bekannt gegeben, sondern es ist darauf lediglich mit einer kryptischen Bemerkung Bezug genommen worden („... ist selbstverständlich in der Vergabeakte begründet“). Bei diesem Befund kann ein Verstoß gegen die Rügeobliegenheit schlechterdings nicht angenommen werden. Die Antragstellerin konnte nur eine Verdachtsrüge ausbringen. Dazu ist der Antragsteller nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB indes nicht gehalten (so bereits OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.8.2000 – Verg 9/00). Die Rügefrist nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB ist von der Antragstellerin im Übrigen eingehalten worden (Rüge vor Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe). 300 1.2 Inhaltliche Anforderungen an die Rüge/Rügen „ins Blaue“ 161 OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.05.2012 – Verg W 5/12 1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die Antragstellerin hat eine Verletzung des Vergaberechts hinreichend konkret gerügt. Grundsätzlich ist an die Anforderungen für eine ordnungsgemäße Rüge ein großzügiger Maßstab anzulegen (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 06.02.2002 – WVerg 4/02; OLG München, Beschluss vom 07.08.2007 – Verg 8/07 – zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.2011 – VII-Verg 58/10 – zitiert nach juris). Lediglich pauschale und unsubstantiierte „ins Blaue hinein“ erhobene Behauptungen in der Erwartung, die Amtsermittlungspflicht der Vergabekammer werde zum Nachweis eines Vergabeverstoßes führen, reichen nicht aus (OLG München und OLG Düsseldorf jeweils a.a.O.). Andererseits hat ein Bieter naturgemäß nur begrenzten Einblick in den Ablauf des Vergabeverfahrens. Deshalb darf er im Vergabenachprüfungsverfahren behaupten, was er auf der Grundlage seines – oft nur beschränkten – Informationsstands redlicherweise für wahrscheinlich oder möglich halten darf, etwa wenn es um Vergabeverstöße geht, die sich ausschließlich in der Sphäre der Vergabestelle abspielen oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 09.07.2010 – 11 Verg 5/10 – zitiert nach juris). Der Antragsteller muss zumindest tatsächliche Anknüpfungstatsachen oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen. Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen reichen nicht aus (OLG Frankfurt a. M., OLG Düsseldorf und OLG München, jeweils a.a.O.). Nimmt er dagegen ihm bekannte Tatsachen zum Anlass, auf eine möglicherweise unzutreffende Wertung zu schließen, so können die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge erfüllt sein. Gemessen an diesen Grundsätzen genügt zumindest die im Nachprüfungsantrag erhobene Rüge, die Auftraggeberin habe einseitig kalkulationsrelevante Anforderungen fallengelassen, ohne allen Bietern Gelegenheit zur Anpassung zu geben, indem sie nachträglich von den Vorgaben des Brandenburger Vergabegesetzes abgewichen sei, und die in diesem Zusammenhang vorgebrachte Rüge, aufgrund dieses Vortrages müsse die Antragstellerin davon ausgehen, dass die für den Zuschlag vorgesehene Bieterin die nach dem Brandenburger Vergabegesetz erforderlichen Erklärungen nicht eingereicht habe und ihr Angebot deshalb unvollständig sei, den Anforderungen an eine hinreichende Substantiierung eines Verstoßes gegen vergaberechtliche Vorschriften. Die Rüge ist auch unverzüglich und unmittelbar mit dem Nachprüfungsantrag geltend gemacht worden. 301 1.3 Einreichung der Rüge/Rügezugang 162 VK Sachsen, Beschluss vom 11.04.2012 – 1/SVK/005-12 (Installation von Fernmeldetechnischen Anlagen) Allerdings wurde die Rüge am 2. März 2012, einem Freitag, erst um 16:36 Uhr bzw. 17:36 Uhr – dies ließ sich durch die Vergabekammer in der mündlichen Verhandlung nicht abschließend aufklären – per Fax an den Auftraggeber übermittelt. Bei der Rüge gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB handelt es sich zwar nicht um eine Willenserklärung, für die § 130 BGB unmittelbar gilt. Sie stellt keine Äußerung eines auf die Herbeiführung einer Rechtswirkung gerichteten Willens dar (vgl. Ellenberger, in Palandt, BGB, 70. Aufl., vor § 116 Rdnr. 1). Sie ist jedoch als geschäftsähnliche Handlung anzusehen (Ellenberger, a. a. O., vor § 104 Rdnr. 6), denn sie bewirkt den Erhalt der Geltendmachung eines Vergaberechtsverstoßes in einem nachfolgenden Nachprüfungsverfahren. Insoweit ist sie einer rechtzeitigen Anmeldung eines Anspruchs nach § 651g Abs. 1 BGB (mit der Folge der Verhinderung eines Anspruchsausschlusses) vergleichbar, die gleichfalls als geschäftsähnliche Handlung eingestuft wird (BGHZ 145, 343). Für derartige geschäftsähnliche Handlungen gilt u. a. § 130 BGB entsprechend (vgl. Ellenberger, a. a. O., § 130 Rdnr. 3). Zugegangen ist eine geschäftsähnliche Handlung dann, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Umständen die Möglichkeit hat, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen (Ellenberger, a. a. O., § 130 Rdnr. 1). Das bedeutet, dass der körperliche Eingang als solcher nicht ausreicht, sondern noch die im Allgemeinen bestehende Möglichkeit hinzukommen muss, dass der Empfänger vom Inhalt Kenntnis nehmen kann. So ist es z. B. anerkannt, dass ein nach allgemeinem Geschäftsschluss in den Briefkasten eingeworfener Brief erst am nächsten Geschäftstag zugegangen ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.12.2011 – Verg 81/11.) Rügen, die also nach Dienstschluss bei der Vergabestelle eingehen, sind der Vergabestelle erst am nächsten Arbeitstag zugegangen (OLG Dresden, B. v. 11.09.2006; WVerg 13/06; sowie in ständiger Rechtsprechung: VK Sachsen, B. v. 06.07.2010 – 1/SVK/013-10; B. v. 24.05.2007, 1/ SVK/029-07; B. v. 16.11.2006, 1/SVK/097-06), wobei die Sonn- und Feiertage bei der Ermittlung der Zeitdauer bis zum Rügevortrag mit einzuschließen sind (VK Sachsen, B. v. 08.06.2006 – 1/SVK/050-06). An einem Freitag ist aber auch um 16:36 Uhr nicht mehr mit der Kenntnisnahme durch einen Vertreter der Behörde zu rechnen. Damit war die Rüge erst am nächsten Werktag, Montag, dem 5. März 2012, zugegangen. 302 Anhaltspunkte, die im vorliegenden Fall ein Abweichen von der Wochenfrist rechtfertigen würden waren für die Vergabekammer nicht ersichtlich. Insbesondere handelt es sich bei dem gerügten Vergaberechtsverstoß nicht um einen, der aufgrund seiner Komplexität besondere Kenntnisse erfordern würde. 1.4 „Unverzüglichkeit“ i. S. d. i.S.d. § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB 163 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19.09.2011 – 1 VK 5/11 (Tischlerarbeiten) II. Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig. Zwischen dem Zugang des Schreibens der Antragsgegnerin vom 19.08.2011 und der Rüge der Antragstellerin am 26.08.2011 liegen mehr als drei Tage. Unverzüglich im Sinne von § 107 Absatz 3 Nummer 1 GWB ist nach verbreiteter Auffassung der Spruchpraxis eine Rüge innerhalb einer Frist von ein bis drei Tagen (OLG Celle, Beschluss vom 08.03.2007, Az.: 13 Verg 2/07; OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 4/03; OLG München, Beschluss vom 13.04.2007, Az.: Verg 01/07; Beschluss vom 28.02.2007, Az.: Verg 01/07; zu den zahlreichen Entscheidungen von Vergabekammern vgl. Weyand, Vergaberecht 2011, ibr-online-Kommentar, § 107, 18.5.23.3.3.3) Dieser Auffassung ist jedenfalls dann beizupflichten, wenn der maßgebliche Sachverhalt ganz einfach gelagert ist (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 28.07.2010, Az.: 17 Verg 3/10). Das trifft insbesondere dann zu, wenn die Übersendung von Vergabeunterlagen verweigert wird. In diesem Fall nämlich liegt die mögliche Rechtswidrigkeit auf der Hand, es bedarf bei weitem keiner ausgiebigen juristischen Prüfung, um zu einer solchen Einschätzung zu gelangen. Der Anwendung der Präklusionsregelung des § 107 Absatz 3 Nummer 1 GWB steht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28.01.2010 (Rs. C-406/08 – Uniplex) nicht entgegen. Das deutsche Recht gibt lediglich eine einzige zeitliche Vorgabe für die Erhebung der Rüge. Der Gesetzgeber hat darin zwar nicht eine konkret bezifferte Frist bestimmt, sondern den Rechtsbegriff „unverzüglich“ verwendet, der in § 121 Absatz 1 BGB legal als „ohne schuldhaftes Zögern“ definiert ist. Die Regelung ist durch ihre Ausformung in einer mehr als 100jährigen Rechtsprechung hinreichend genau, klar und für die Bieter vorhersehbar (OLG Rostock, ebda., m. w. N.). 303 164 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.02.2012 – VII-Verg 75/11 (Unterhaltsreinigung, Außenreinigung, Winderdienst) I. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. 2. Auch die Rügeobliegenheit ist von der Antragstellerin beachtet worden. Sie hat den Mangel des Vergabeverfahrens durch ihr E-Mail-Schreiben vom 9. Juni 2011 rechtzeitig im Sinne von § 107 Abs. 3 S. 1 GWB gerügt. Gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB hat ein Antragsteller einen Verstoß gegen Vergabevorschriften gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen, sobald er diesen positiv erkennt, wobei der Zeitpunkt des Vorliegens positiver Kenntnis grundsätzlich vom Auftraggeber nachzuweisen ist (Dicks, a.a.O., Rdnr. 40). Damit obliegt es dem Auftraggeber, einen Umstand aus der Sphäre des Antragstellers nachzuweisen. Der Antragsteller ist daher bei einem substantiierten Bestreiten des Antragsgegners verpflichtet, zum Zeitpunkt seiner Kenntniserlangung substantiiert vorzutragen und gegebenenfalls auch Unterlagen, die den Zeitpunkt der Kenntniserlangung belegen, vorzulegen (Byok, in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 3. A., § 107, Rdnr. 113). Die Antragsgegnerin hat substantiiert bestritten, dass die Antragstellerin erst am 7. Juni 2011 von der EUBekanntmachung vom 31. Mai 2011 erfahren hat. Die Antragstellerin hat daraufhin jedoch in der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2012 durch die Vorlage der schriftlichen Informationen des von ihr beauftragten Auftragsdienstes Si Consult Gesellschaft für Wirtschaftsberatung mbH vom 4. Juni 2011, einem Samstag, belegt, dass ihr Geschäftsführer tatsächlich erst am 7. Juni 2011, einem Dienstag, von der Ausschreibung erfahren hat. Damit war die zwei Tage später erfolgende Rüge der Antragstellerin vom 9. Juni 2011 jedenfalls unverzüglich im Sinne von § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB. Auf die Frage, ob das Tatbestandsmerkmal „unverzüglich“ unionsrechtskonform ist (vgl. dazu ausführlich Byok, a.a.O., § 107 Rn. 107 ff.), kommt es daher nicht an. Die Rügefrist des § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GWB ist eingehalten, weil die Antragstellerin ihren Teilnahmeantrag noch bis zum 15. Juni 2011 hatte abgeben können. 165 VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.03.2012 – VK-SH 3/12 (Briefpostdienste) Die Antragstellerin hat auch rechtzeitig gegenüber der Antragsgegnerin gerügt. Die von der Antragstellerin vorgebrachten Rügen ergaben sich allesamt aus der Bekanntmachung sowie den Verdingungsunterlagen. Damit war es gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB ausreichend, bis Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe gegenüber der Antragsgegnerin zu rügen. Dies ist hier der Fall. Ausweislich Ziffer IV 3.4 der Bekanntmachung lief die Angebotsfrist am 31.01.2012 ab. Die Rügen der Antragstellerin erfolgten am 17.01.2012 und damit rechtzeitig. 304 Richtig ist zwar, dass die Regelungen des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB und die des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB selbstständig nebeneinander stehen. Wird also der aus den Verdingungsunterlagen ersichtliche Verstoß gegen Vergabevorschriften vom Bieter schon zu einem früheren Zeitpunkt vor Ablauf der Angebotsfrist erkannt, ist dieser im Interesse einer zügigen Vergabe nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB grundsätzlich unverzüglich zu rügen, so dass die Privilegierung aus § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB keine Anwendung findet (erkennende Kammer, Beschluss vom 03.12.2008 – VK-SH 12/08; Beschluss vom 5.10.2005 – VK- SH 23/05; 1. VK Bund, Beschluss vom 20.01.2010 – VK 1 – 230/09; VK Niedersachsen, Beschluss vom 15.01.2010 – VgK-74/2009). 166 OLG München, Beschluss vom 06.08.2012 – Verg 14/12 (Rest- und Sperrmüllabfuhr) 1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die Antragstellerin ist mit ihrer Rüge, die Vergabeunterlagen würden den Bietern ein ungewöhnliches Wagnis auferlegt, nicht präkludiert. a) Die Antragstellerin hat die Frist des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB nicht versäumt. Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB sind Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber zu rügen. Die Antragstellerin hat ihre Rüge, durch die Mengenschwankungen werde den Bietern ein ungewöhnliches Wagnis auferlegt, am Tag vor der Frist zur Angebotsabgabe gerügt. Da die Vorgaben zur Berechnung des Einheitspreises erst aus den Vergabeunterlagen erkennbar waren, hat die Antragstellerin den von ihr behaupteten Fehler rechtzeitig gerügt. b) Die Antragstellerin hat nicht gegen ihre Rügepflicht nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB verstoßen. Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, wenn der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Wie der Senat bereits mit Beschluss vom 15.3.2012 – Verg 2/12 – festgestellt hat, hat sich nach der Neuregelung des § 107 GWB und der Entscheidung des EuGH vom 28.1.2010 – C-406 und 456/08 – der Anwendungsbereich des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB stark geändert. Während bisher nach herrschender Ansicht Sinn der Rügepflicht war, dem öffentlichen Auftraggeber noch die Heilung des gerügten Mangels zu ermöglichen und ein Nachprüfungsverfahren zu vermeiden sowie zur Beschleunigung des gesamten Verfahrens beizutragen, stellt der EuGH in erster Linie darauf ab, dass für den Primärrechtsschutz klare Verhältnisse bezüglich des Fristablaufs herrschen sollen. Ob der öffentliche Auftraggeber den Mangel noch beheben kann, spielt keine Rolle. Auch in den klaren Fristenregelungen des § 107 305 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB ist eine Heilung eines gerügten Mangels bis zur Angebotsabgabe nicht mehr möglich. Es kommt hinzu, dass § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB bei Zurückweisung einer Rüge dem Bieter die Pflicht auferlegt, innerhalb von 15 Kalendertagen einen Nachprüfungsantrag zu stellen. Das bedeutet, dass derjenige Bieter, der noch vor Angebotsabgabe einen Mangel rügt, gezwungen ist, bei Zurückweisung der Rüge auch dann, wenn die Frist zur Angebotsabgabe noch nicht abgelaufen ist und er noch nicht einschätzen kann, ob sein Angebot überhaupt in die engere Wahl kommt, einen Nachprüfungsantrag zu stellen und das Kostenrisiko auf sich zu nehmen, obwohl der Erfolg des Nachprüfungsantrags auch davon abhängt, an welcher Stelle sein Angebot in der Rangfolge steht. Dies stellt eine entscheidende Schlechterstellung gegenüber denjenigen Bietern dar, welche sich auf § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB berufen. Abgesehen von den grundsätzlichen Bedenken, welche sich nach der Entscheidung des EuGH gegen die Verwendung des Begriffs „unverzüglich“ in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ergeben, sprechen die dargestellten Bedenken zusätzlich für eine zumindest einengende Auslegung des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB. Es entsprach im Übrigen auch schon bisher der gängigen Rechtsprechung, dass der Bieter nicht dazu verpflichtet ist, die Ausschreibungsunterlagen sofort nach Erhalt auf Fehler durchzuschauen (vgl. z.B. OLG Naumburg vom 5.12.2008 – 1 Verg 9/08). Er kann auch nicht durch Formulierungen in den Vergabeunterlagen dazu .gezwungen werden, da eine Pflicht zur sofortigen Durchsicht der Vergabeunterlagen – gerade auch bei Unternehmen des Mittelstandes – unzumutbar ist, wenn mehrere Ausschreibungen parallel laufen. Wann der Bieter welches Angebot bearbeitet, steht in seinem Ermessen. Zumindest aber ist wegen der genannten Aspekte die Rügefrist großzügig zu bemessen. Hier hat die Antragstellerin im Übrigen vorgetragen, dass sie nach Einholung von Rechtsrat unverzüglich am nächsten Tag gerügt hat. 167 VK Hessen, Beschluss vom 21.03.2013 – 69d-VK-01/2013 (Solarkataster) Soweit allerdings eine Vorabinformation i.S.v. § 101a GWB als unzureichend gerügt wird, muss diese Rüge hingegen noch am Tage ihres Zugangs, spätestens jedoch am Folgetag, erfolgen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.08.2004 Verg 54/04, juris; VK Hessen, Beschl. v. 09.10.2009 – 69 d VK – 36/2009, juris; VK Nordbayern, Beschl. v. 26.08.2009 – 21.VK – 3194 – 30/09, juris; Beschl. v. 28.01.2009 -21. VK – 3194 – 63/08, juris). Vor diesem Hintergrund ist die Rüge der Antragstellerin erst sieben Tage nach Zugang des Bieterinformationsschreibens nicht mehr unverzüglich erhoben. Die Antragstellerin hat dieses Schreiben unstreitig am Freitag, den 11. Januar 2013, per Fax erhalten. Aufgrund dessen – vorstehend dargelegten – Inhalts waren der Antragstellerin mit Erhalt des Schreibens alle Tatsachen bekannt, auf die Sich ihre Rüge vom 18. Januar 2013 letztlich auch stützte. 306 1.5 „Erkennbarkeit“ eines Vergabefehlers i.S.d. § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 2/3 GWB 168 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2011 – Verg 84/11 (Gebäude- und Glasreinigung) 1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Gegen Rügeobliegenheiten ist von der Antragstellerin nicht verstoßen worden. a. Entgegen der Auffassung der Vergabekammer ist die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen, der Einsatz des von der Creditreform-Auskunft ermittelten Bonitätsindexes als ausschließliches Auswahlkriterium sei vergaberechtswidrig, nicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB präkludiert. Zwar hatte die Antragsgegnerin auf die Verwendung dieses Kriteriums unter Ziff. VI.3. der Bekanntmachung hingewiesen. Wegen Erkennbarkeit in den Vergabeunterlagen unterliegen aber nur solche Verstöße gegen Vergabevorschriften einer Rügeobliegenheit, die sich auf eine allgemeine Überzeugung der Vergabepraxis gründen und die als auftragsbezogene Rechtsverstöße gewissermaßen laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen. Übersteigerte tatsächliche und rechtliche Anforderungen sind bei dem regelmäßigen Umfang der Vergabeunterlagen, aber auch bei dem hohen Angebotsdruck, dem Wirtschaftsteilnehmer generell unterliegen, abzulehnen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.08.2011 – VII-Verg 30/11; Dicks in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 107 GWB Rdn. 50 m.w.N.). Als ein in diesem Sinne erkennbarer Rechtsverstoß stellt sich der Einsatz des von der CreditreformAuskunft ermittelten Bonitätsindexes als alleiniges Auswahlkriterium weder bei Anlegung eines subjektiven noch eines objektiven Maßstabs an die Erkennbarkeit dar. Bei der Beantwortung der Frage, welchen Voraussetzungen die Auswahl der Bewerber bei einem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb genügen muss, handelt es sich nicht um vergaberechtliches Allgemeingut. Insbesondere kann der einschlägigen Bestimmung des § 20 Abs. 1 SektV, wonach die Auswahl anhand objektiver Kriterien zu erfolgen ist, nicht entnommen werden, ob darüber hinausgehende Anforderungen an die Bewerberauswahl zu stellen sind, so dass die Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes spezifisches vergaberechtliches Fachwissen vorauszusetzt. 169 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.12.2012 – 15 Verg 10/12 (Tragwerksplanung) b) Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist hinsichtlich des beanstandeten Verstoßes gegen das Verbot der Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien zulässig und begründet. 307 aa) Der Antrag ist insbesondere nicht deshalb unzulässig, weil es an einer nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB erforderlichen Rüge der Antragstellerin fehlen würde. (a) Gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, wenn der Antragsteller den im Nachprüfungsverfahren geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Die Rügeobliegenheit entsteht erst mit Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, aus denen die Beanstandung abgeleitet wird und setzt die zumindest laienhafte rechtliche Wertung voraus, dass sich aus diesen die Missachtung von Bestimmungen des Vergaberechts ergibt (MünchKomm-Jaeger, a.a.O., Rn. 38). Für eine solche Kenntnis des Antragstellers trägt der Antragsgegner die Beweislast (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.12.2001 – Verg 22/01 – juris Rn. 26, m.w.N.; MünchKomm-Jaeger, a.a.O., Rn. 50). (ii) Die Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes muss sich sowohl auf die den Verstoß begründenden Tatsachen als auch auf deren rechtliche Beurteilung beziehen (OLG München, Beschluss vom 29.07.2010 – Verg 9/10 – juris Rn. 67). In der Rechtsprechung ist allerdings umstritten, ob hierbei objektiv auf die Erkenntnismöglichkeit eines durchschnittlichen Unternehmens (so wohl OLG München, a.a.O.; vgl. auch Reidt/Stickler/Glahs-Reidt a.a.O.; jurisPK-Summa, VergabeR, 3. Aufl., § 107 GWB, Rn. 215 ff.) oder subjektiv auf den Kenntnisstand des konkreten Unternehmens abzustellen ist (so z. B. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.10.2006 – VII-Verg 35/06 – juris Rn. 27). Diese Frage kann indes vorliegend offen bleiben, da weder unter Anwendung des objektiven noch des subjektiven Maßstabes für die Antragstellerin eine Erkennbarkeit des Vergabeverstoßes vorlag. Es bedarf daher keiner näheren Erörterung, dass der Wortlaut der Bestimmung des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB – Erkennbarkeit des Vergabeverstoßes – und die Zielsetzung des Gesetzes, effektiven Bieterschutz zu gewähren und diesen nicht einzuschränken, für einen objektiven – allerdings an den durchschnittlichen Erkenntnismöglichkeiten der angesprochenen Branche bzw. des angesprochenen Bieterkreises orientierten – Maßstab sprechen (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 30). Für die Erkennbarkeit nach objektiven Kriterien wird gefordert, dass ein sorgfältig handelndes und prüfendes Unternehmen, das mit den wichtigsten Regeln der öffentlichen Auftragsvergabe vertraut ist, den Vergabeverstoß erkennen kann, ohne besonderen Rechtsrat einzuholen zu müssen (OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 31; Reidt/Stickler/ Glahs-Reidt, a.a.O., Rn. 58; jurisPK-Summa, a.a.O., Rn. 222). Eine Rügepräklusion kommt daher nach dieser Auffassung nur bei auf allgemeiner Überzeugung der Vergabepraxis beruhenden und ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht (Ziekow/ Dicks/Völlink-Dicks, Vergaberecht 2011, § 107 Rn. 49; OLG Düsseldorf, Beschluss 308 vom 03.08.2011 – VII-Verg 16/11 – juris Rn. 44). Der Verstoß muss so offensichtlich sein, dass er einem durchschnittlich erfahrenen Bieter auffallen muss (jurisPKSumma, a.a.O., Rn. 221, m.w.N.). Von einem Bieter ist dabei zwar zu erwarten, dass er einen Vergaberechtsverstoß erkennt, der sich durch bloßes Lesen der einschlägigen Normen und einen Vergleich mit dem Text der Vergabeunterlagen ohne Weiteres feststellen lässt; eine umfassende Kenntnis der dem Verfahren zugrunde liegenden Vergabeordnung ist von den Teilnehmern eines Vergabeverfahrens aber richtigerweise nicht zu erwarten (jurisPK-Summa, a.a.O., Rn. 222 ff.). Insbesondere muss ein Bieter nach zutreffender Auffassung keine Literaturstimmen oder vergaberechtliche Rechtsprechung zu den Vergabeordnungen und dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen kennen (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 15.07.2008 – 11 Verg 4/08 – juris Rn. 50 ff., und Beschluss vom 10.06.2008 – 11 Verg 3/08 – juris Rn. 50 ff.), die Vergabeunterlagen gewissermaßen routinemäßig auf etwaige Rechtsverstöße überprüfen oder sie durch Einholung externen Rechtsrats auf das Vorliegen von Vergabefehlern prüfen lassen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.10.2006 – VII-Verg 35/06 -j uris Rn. 28). Er muss weder Nachforschungen noch Prüfungen anstellen, um sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Kenntnis von einem Rechtsverstoß zu verschaffen (OLG München, Beschluss vom 23.06.2009 – Verg 8/09 – juris Rn. 38; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2005 – Verg 74/04 – juris Rn. 46). (iii) Hiernach musste die Antragstellerin den Verstoß gegen das Verbot der Vermischung von Eignungs- und Wertungskriterien nicht erkennen, bevor sie von ihren Verfahrensbevollmächtigten hierüber unterrichtet wurde und dies am 09.08.2012 geltend gemacht hat. Unabhängig davon, ob man einen subjektiven, also individuellen, oder objektiven, also auf einen durchschnittlich verständigen Bieter abstellenden Erkenntnismaßstab zugrunde legt, ist, wie die Vergabekammer zu Recht ausgeführt hat, ein Verstoß gegen das Verbot, ein „Mehr an Eignung“ bzw. eine spezielle Eignung für das Projekt im Rahmen der Zuschlagsentscheidung zu berücksichtigen und Eignungs- und Zuschlagskriterien zu vermischen, nicht ohne Weiteres erkennbar (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 32 zur VOL/A; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.08.2011 – VII-Verg 16/11 – juris Rn. 44; OLG München, Beschluss vom 29.07.2010 – Verg 9/10 – juris Rn. 65 ff., 69 zur VOL/A). Dabei kann offen bleiben, ob die diesbezüglich zur VOL/A ergangene Rechtsprechung noch so neu ist, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie in den maßgeblichen Kreisen weite Verbreitung gefunden hat und daher als allgemeines Wissen vorausgesetzt werden kann (so noch OLG Karlsruhe, a.a.O.; OLG München, a.a.O.). Denn jedenfalls im Bereich der Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen ist dies der Fall, weil die hierzu ergangene Rechtsprechung noch deutlich jünger ist (vgl. OLG München, Beschluss vom 10.02.2011 – Verg 24/10 – juris; OLG Düsseldorf, a.a.O.). Ein anderes ergibt sich auch nicht mit Blick auf die Regelung in § 11 Abs. 5 Satz 2 VOF, die ausdrücklich auf die gebotene Abgrenzung der Zuschlagskriterien von den Eignungskriterien hinweist. Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich aus § 11 Abs. 5 Satz 2 VOF zwar 309 das Gebot einer Abgrenzung von Eignungs- und Zuschlagskriterien entnehmen lässt, dass aber aus der Regelung gerade nicht – auch für den rechtlichen Laien eindeutig und unmissverständlich hervorgeht, dass eine Berücksichtigung von Eignungskriterien bei der Wertung schlichtweg unzulässig ist. Aus dem Gebot einer Abgrenzung von Eignungs- und Zuschlagskriterien muss der rechtsunkundige Laie auch nicht zwingend auf ein hieraus folgendes Verbot der Berücksichtigung von Eignungskriterien bei der Wertung schließen. Hinzu kommt, dass neben der Regelung des § 11 Abs. 5 Satz 2 VOF für Architekten- und Ingenieurleistungen § 20 Abs. 1 und 2 VOF zu beachten ist, der § 11 Abs. 5 VOF bei richtiger Betrachtung zwar nicht verdrängt, sondern ergänzt (Müller-Wrede, Kommentar zur Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen, 4. Aufl., § 11 Rn. 1, § 20 Rn. 1), und sich bei unbefangener Betrachtung durchaus so verstehen lässt, dass auch bei der Wertung im Bereich der Leistungen von Ingenieuren und Architekten personenbezogene Kriterien Beachtung finden dürfen. Der Eindruck, dass jedenfalls bei der Wertung von Angeboten von Architekten und Ingenieuren auch bieterbezogene Kriterien Berücksichtigung finden können, kann dabei für den rechtunkundigen Bieter auch dadurch entstehen oder verstärkt werden, dass in § 20 Abs. 1 Satz 1 VOF der Zweck der Auftragsverhandlungen dahingehend beschrieben wird, dass diese der Ermittlung des Bieters dienen, der im Hinblick auf die gestellte Aufgabe am ehesten Gewähr für eine sachgerechte und qualitätsvolle Leistungserfüllung bietet, dass also gerade nicht das projektbezogene Leistungsangebot in den Fokus gestellt wird, sondern vielmehr der Bieter selbst. Zu Recht hat insoweit die Vergabekammer darauf hingewiesen, dass dieser Eindruck durch die Regelung in § 20 Abs. 2 Satz 1 VOF verstärkt wird, durch die den Bietern zugestanden wird, zum Nachweis ihrer Leistungsfähigkeit Referenzobjekte vorzulegen. Denn auch Referenzen haben eine Aussagekraft insbesondere hinsichtlich der Person des Bieters und dessen Erfahrung und Fähigkeiten in dem jeweiligen Bereich, nicht dagegen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit des konkreten Projekts, auf die es ausschließlich für die der Eignungsprüfung nachfolgende Zuschlagsentscheidung ankommt. Insbesondere für Architekten und Ingenieure, die regelmäßig keine juristische Vorbildung besitzen, ist hiernach ein Verstoß gegen das Verbot der Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien nicht ohne Weiteres aus dem Text der Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen erkennbar. Mit Blick auf den Horizont der Architekten und Ingenieure ist zudem zu berücksichtigen, dass deren Verständnis vom Vergaberecht von der früher in beachtlichen Kreisen vertretenen Auffassung geprägt sein kann, dass die Verwendung von Eignungskriterien für die Zuschlagsentscheidung jedenfalls dann zulässig ist, wenn diese Kriterien einen gewissen Projektbezug aufweisen und noch nicht für die Eignungsprüfung „verbraucht“ sind (vgl. hierzu: OLG Rostock, VergabeR 2001, 315, m.w.N.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.11.2002 – 2 Verg 10/02 – juris Rn. 82 ff.); weiter ist mit Blick auf die Perspektive der von den Regelungen in § 11 Abs. 5 und § 20 VOF betroffenen Architekten und Ingenieure zu bedenken, dass deren Leistungen 310 kreativ-schöpferischer Natur sind und daher von vornherein untrennbar mit der Person des Dienstleisters/Bieters verbunden sind. Auch in Anbetracht der Regelung in § 11 Abs. 5 Satz 2 VOF ist die Rechtslage mithin keineswegs so eindeutig und klar, dass auch dem nicht rechtskundigen und durch die Besonderheiten seiner Branche vorgeprägten Architekten oder Ingenieur ohne Weiteres erkennbar ist, ob und inwieweit das Verbot der Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien im Bereich der Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen greift. Nichts anderes gilt deshalb, weil es sich bei dem Verbot der Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien um einen wichtigen Grundsatz im Vergabeverfahren handelt. Denn dieser Grundsatz gerät für den bietenden Architekten oder Ingenieur weniger im Vergabeverfahren selbst in den Fokus, als in einem etwaigen nachfolgenden Nachprüfungsverfahren, an dem der durchschnittliche Bieter jedoch nur ausnahmeweise beteiligt ist. Hinzuweisen ist schließlich ergänzend darauf, dass sogar die – überwiegend mit Juristen besetzte – Vergabekammer, wie ihre Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung zeigen, offenbar der Auffassung zuneigt, dass es nach der Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen zulässig und auch sinnvoll ist, projektbezogene Eignungskriterien bei der Wertung zu berücksichtigen. Zudem ist für den juristisch nicht vorgebildeten Laien auch die konkrete Abgrenzung von Zuschlags- und Eignungskriterien bzw. die Einordnung vorgegebener Kriterien als Eignungs- oder Zuschlagskriterien im Einzelfall nicht ohne Weiteres möglich. Dies gilt vorliegend insbesondere mit Blick auf die von der Antragsgegnerin verwendeten Kriterien „Vertrauen in das Büro hinsichtlich der Projektdurchführung“, „Dargestellte projektspezifischen fachliche Leistungen des Büros im allgemeinen“ und „Dargestellte projektspezifischen fachliche Leistungen des Projektteams“, weil diese Kriterien gerade nicht eindeutig und ausschließlich auf die Person des Bieters bezogen sind, sondern einen Projektbezug aufweisen. Die Vergabekammer hat schließlich zu Recht ausgeführt, dass aufgrund des Umstands, dass das Verbot der Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien in der Praxis der Vergabestellen noch immer vielfach keine hinreichende Beachtung findet, von einer Verbreitung des Verbots als allgemeines Wissen und damit von einer Erkennbarkeit eines solchen Verstoßes für den durchschnittlichen Bieter (noch) nicht ausgegangen werden kann. Zutreffend hat die Vergabekammer insoweit auch darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer selbst die Auffassung vertreten haben, dass im Vergabeverfahren nicht gegen das Verbot der Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien verstoßen wurde, weil im Bereich der freiberuflichen Dienstleistungen insoweit ein großzügigerer Maßstab anzulegen sei. Nachdem ein Bieter nicht gehalten ist, Nachforschungen anzustellen und bei Fachleuten Rechtsrat zur Aufdeckung etwaiger Vergaberechtsverstöße einzu- 311 holen, ist die Antragstellerin auch nicht deshalb gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB mit ihrem Nachprüfungsantrag präkludiert, weil sie erst sechs Tage nach Erhalt des Informationsschreibens der Antragsgegnerin ihre Verfahrensbevollmächtigten mit der Sache betraut hat. Auch wenn man für die Erkennbarkeit einen subjektiven Maßstab anlegen und auf die individuellen Verhältnisse und Kenntnismöglichkeiten der Antragstellerin abstellen wollte, wäre die Erkennbarkeit des gerügten Vergabeverstoßes nicht zu bejahen. Allein der Umstand, dass es sich bei der Antragstellerin um ein großes und erfahrenes Ingenieurbüro handelt, das sich in der Vergangenheit an einigen Vergabeverfahren beteiligt hat, reicht hierfür nicht aus; vielmehr müsste die Frage der Prüfung von Eignungskriterien als Zuschlagskriterien in einem der Vergabeverfahren aufgeworfen worden und maßgeblicher Punkt für die Entscheidung gewesen sein (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 34). Dies wird von der Beigeladenen jedoch nicht behauptet. 1.6 „Wartepflicht“ zwischen Rüge und Nachprüfungsantrag? 170 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.12.2012 – 15 Verg 10/12 (Tragwerksplanung) (c) Ein Verstoß der Antragstellerin gegen ihre Rügeobliegenheit liegt auch nicht deshalb vor, weil die kurze zeitliche Folge von Rüge und Nachprüfungsantrag der Antragsgegnerin keine Möglichkeit ließ, vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens auf die Rüge zu reagieren. Auch wenn die Regelung in § 107 Abs. 3 GWB darauf abzielt, der Vergabestelle die Möglichkeit zu geben, etwaige Vergaberechtsverstöße möglichst frühzeitig zu beseitigen und hierdurch ein Nachprüfungsverfahren zu vermeiden, so ist doch entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Antragsgegnerin eine „Wartefrist“ mangels gesetzlicher Grundlage nicht anzuerkennen (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 06.03.2006 – 11 Verg 11/05 – und – 11 Verg 12/05 – juris Rn. 36; OLG Naumburg, Beschluss vom 25.10.2005 – 1 Verg 5/05 – juris Rn. 32; MünchKomm-Jaeger, a.a.O., Rn. 43). Auch kann der Zweck des § 107 Abs. 3 GWB selbst dann noch erreicht werden, wenn zeitgleich eine Rüge und ein Nachprüfungsantrag eingereicht werden; auch bei laufendem Nachprüfungsverfahren ist die Vergabestelle nämlich keineswegs gehindert, einen vom Antragsteller zeitgleich mit dem Nachprüfungsantrag gerügten Verstoß gegen vergaberechtliche Bestimmungen zu beheben und zu beseitigen (vgl. MünchKomm-Jaeger, a.a.O.). Im Übrigen kann, was die Antragstellerin zu Recht geltend macht, mit Blick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes jedenfalls dann nicht an dem Erfordernis einer dem Nachprüfungsantrag vorgelagerten Rüge festgehalten werden, wenn der Antragsteller – wie hier – von dem Vergabefehler so spät erfährt, dass zu befürchten ist, dass er seine Rechte infolge der bevorstehenden Zuschlagserteilung nicht mehr geltend machen kann (vgl. MünchKomm-Jaeger, a.a.O., Rn. 45). 312 2. Nachprüfungsverfahren (§§ 114 ff. GWB) – Zuständigkeit/Stellung Vergabekammer 171 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.05.2012 – Verg 3/12 (Bereitstellung und Bewertung von Nachrichtenmeldungen) e) Die der Antragstellerin gegebene Bieterinformation und die Angebotswertung deuten allerdings darauf hin, dass die Vergabestelle – einigermaßen unbegreiflich – trotz der ihr Insoweit durch den Senatsbeschluss vom 10.8.2011 (VII-Verg 36/11, BA 10 f. m.w.N.) zuteil gewordenen gegenteiligen Belehrung bei der erneuerten Wertung weiterhin Eignungsmerkmale für die Vergabeentscheidung herangezogen hat (insbesondere Erfahrungen und Kenntnisse der Bieter). Dies veranlasst ausnahmsweise jedoch keine Korrektur am Vergabeverfahren, denn dadurch sind die Auftragschancen der Antragstellerin unzweifelhaft nicht beeinträchtigt worden (vgl. zu diesem Element der Begründetheitsprüfung bei Nachprüfungsanträgen OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.10.2010 – VII-Verg 47/10; Beschl. v. 15.6.2010 VII-Verg 10/10; Beschl. v. 14.4.2010 – VHVerg 80/09, IBR 2010, 580, 582 VergabeR 2011, 78; OLG München, u.a. Beschl. v. 21.5.2010 Verg 2/10, VergabeR 2010, 992; ebenso: 1. Vergabekammer des Bundes im angefochtenen Beschluss vom 9.1.2012 – VK 1-162/11, BA 19; Herrmann, VergabeR 2011, 2 ff.; a.A. Müller-Wrede, NZBau 2011, 650; Mantler, VergabeR 2011, 82, 83 f.). Die Antragstellerin ist nach eigenem, unbestrittenem Vorbringen der größte unabhängige Informationsdienstleister in Deutschland und mit besten strukturellen Unternehmensvoraussetzungen für die Ausführung des Auftrags sowie ais bisheriger Auftragnehmer zudem mit Vorkenntnissen und Erfahrungen ausgestattet. Davon ausgehend ist die Antragstellerin durch eine erneute, vergaberechtlich unzulässige Bewertung von Eignungsmerkmalen (mithin aufgrund einer Rechtsverletzung) bei den Aussichten, den Auftrag zu erlangen, nicht schlechter gesteift, sondern gegenüber der Beigeladenen begünstigt worden, weil diese nicht in gleichem Maß wie die Antragstellerin über die für die Auftragsausführung benötigten Strukturen und Ressourcen sowie über Erfahrungen und (Vor)Kenntnisse verfügt. 172 VK Bund, Beschluss vom 25.05.2012 – VK 3-54/12 (Bundesauftragsverwaltung) II. 1. Der Nachprüfungsantrag ist in entsprechender Anwendung der §§ 83 VwGO, 17 a GVG an die zuständige Vergabekammer des Landes ... zu verweisen. Die Vergabekammer des Bundes ist für die Entscheidung dieses Nachprüfungsverfahrens nicht zuständig. 313 Der streitgegenständliche Auftrag ist gemäß § 104 Abs. 1 GWB i.V.m. § 106 a Abs. 2 GWB dem Land ... zuzurechnen. Das vorliegende Vergabeverfahren betrifft die Erbringung von Bauleistungen im Rahmen des Bundesautobahnbaus. Hierbei handelt es sich also um eine Maßnahme der Verwaltung der Bundesautobahnen, die die Bundesländer gemäß Art. 90 Abs. 2 GG im Wege der Bundesauftragsverwaltung wahrnehmen. Für die Nachprüfung eines solchen Vergabeverfahrens ist gemäß § 106 a Abs. 2 GWB die Vergabekammer des jeweiligen Landes zuständig (s. z.B. OLG Celle, Beschluss vom 06. Juni 2011, 13 Verg 2/11), im vorliegenden Fall die Vergabekammer des Landes ..., weil der betreffende Streckenabschnitt der Autobahn von diesem Bundesland verwaltet wird. Maßgeblich für die Frage, wem der streitgegenständliche Auftrag i.S.d. § 104 Abs. 1 GWB zuzurechnen ist, ist die objektive Rechtslage, nicht die unzutreffende Angaben in der Bekanntmachung. Entscheidungserheblich ist also hier, dass die Ag das verfahrensgegenständliche Vergabeverfahren als Vertreterin durchführt, wobei das Land ... seinerseits eine Aufgabe im Rahmen einer Auftragsverwaltung für den Bund wahrnimmt. 2. Der Nachprüfungsantrag ist an die zuständige Vergabekammer des Landes ... zu verweisen; § 83 VwGO, § 17 a GVG sind insoweit entsprechend anwendbar (so auch OLG Bremen, Beschluss vom 17. August 2000, Verg 2/2000; Beschluss des OLG Düsseldorf vom 18. Januar 2005, VII-Verg 104/04). Die Vergabekammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil über die Zulässigkeit und Begründetheit des Nachprüfungsantrages die Vergabekammer des Landes ... zu entscheiden hat. 173 KG, Beschluss vom 13.09.2012 – Verg 4/12 (Rahmenvertrag) Soweit die Antragstellerin nunmehr hilfsweise beanstandet, der Antragsgegner werde künftige Einzelaufträge, die in Ausfüllung der Rahmenverträge zu vergeben sein werden, mutmaßlich nur der S... GmbH erteilen und die Antragstellerin von vornherein außer Betracht lassen (vgl. Seiten 2 und 3 des Schriftsatzes vom 14.8.2012, Bd. I Bl. 155 und 156 d.A.), ist der Vergabenachprüfungsantrag unstatthaft. Zwar würde die von der Antragstellerin befürchtete Vorgehensweise des Antragsgegners eine unzulässige De-facto-Vergabe darstellen (vgl. Haak in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, 2. Aufl., § 4 VOL/A EG Rdnr. 54). Vergabenachprüfungsanträge in Bezug auf De-facto-Vergaben sind jedoch gemäß § 101b Abs. 1 GWB nur statthaft, wenn eine De-facto-Vergabe bereits stattgefunden hat (vgl. Braun in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 101b Rdnr. 24). Präventive Vergabenachprüfungsanträge zur Verhinderung befürchteter, künftiger De-facto-Vergaben 314 sind dem Vergaberecht unbekannt. Hierauf hat der Senat bereits mit seiner Verfügung vom 26.7.2012 hingewiesen (Bl. 143 d.A.). 174 OLG München, Beschluss vom 18.10.2012 – Verg 13/12 (Hochschulcampus Garching) Nach nationalem Recht haben die Vergabekammern zwar eine gerichtsähnliche Stellung, sind aber keine Gerichte (OLG Brandenburg vom 7.8.2008 – Verg W 11/08 mit online-Anmerkung Gröning; OLG Celle vom 4.5.2001 – 13 Verg 5/00). Die Auslegung des Begriffs „Gericht“ im Sinne von Art. 267 AEUV obliegt aber nicht den nationalen Gerichten, sondern dem EuGH. Inzident hätte der EuGH bei einer Befassung mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen daher auch darüber zu befinden, ob eine deutsche Vergabekammer – im Gefüge des deutschen Gerichts- und Rechtsmittelsystems – ein Gericht im Sinne des Art. 267 AEUV sein kann. Die Vergabekammer Südbayern geht davon aus, dass sie ein Gericht im Sinne des Art. 267 AEUV ist, der Senat sieht das nicht so. Doch wenn eine Angreifbarkeit der Aussetzung samt Vorabentscheidungsersuchen und eine Überprüfung durch den Senat als statthaft angesehen würde, könnte eine abschließende europarechtliche Klärung dieser Frage unmöglich gemacht und letztlich dem EuGH die Entscheidungsbefugnis über diese Frage genommen werden. Daher kann zumindest für den Fall, dass mit der Aussetzung letztlich auch die Befugnis von Vergabekammern zur Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH geklärt werden soll, eine Anfechtung eines solchen Aussetzungsbeschlusses mit Vorabentscheidungsersuchen nicht als statthaft angesehen werden. Hiervon kann auch keine Ausnahme für offensichtlich nicht annahmefähige Ersuchen gemacht werden, da die Prüfung der Zulässigkeit und Begründetheit von Vorlagebeschlüssen ebenfalls allein dem EuGH obliegt. Stuft der EuGH eine deutsche Vergabekammer als Gericht im Sinne des Art. 267 AEUV ein, dann hätte der Senat keine Bedenken, die zivilprozessualen Überlegungen auf das Nachprüfungsverfahren zu erstrecken, zumal es verschiedene Möglichkeiten für einstweilige Regelungen gibt, wobei es dem Senat in diesem Zusammenhang bewusst ist, dass im Falle von de-facto-Vergaben der einstweilige Rechtsschutz nur schwer möglich sein dürfte. Stuft der EuGH eine deutsche Vergabekammer nicht als Gericht im Sinne des Art. 267 AEUV ein, ist die Frage europarechtlich abschließend geklärt, so dass mit weiteren Vorabentscheidungsersuchen von Vergabekammern nicht mehr zu rechnen wäre. 315 3. Nachprüfungsverfahren – Gegenstand 175 VK Münster, Beschluss vom 08.06.2012 – VK 6/12 (Erwerb und Betrieb Strom und Gasnetze) Nach Wertung der Angebote erzielte die Beigeladene 91,3864 Punkte, während das Angebot der Antragstellerin mit 57,7988 Punkten bewertet wurde. Insbesondere erhielt die Beigeladene beim 1. Zuschlagskriterium (Sicherheit der Netzübernahme) erheblich mehr Punkte als die anderen Bieter, da sie beabsichtigt hinsichtlich des Netzerwerbs höhere Risiken zu übernehmen als beispielsweise die Antragstellerin. Weiterhin erhielt die Beigeladene auch beim 2. Zuschlagskriterium (Rendite des Gesamtprojekts) die meisten Punkte, weil ihr Angebot gemessen an der Nettogewinnausschüttung besser eingestuft wurde. II. 2. Die Antragsgegnerin ist Sektorenauftraggeberin iSv § 98 Nr. 4 GWB, weil sie beabsichtigt, den Betrieb der Strom- und Gasnetze selbst zu erbringen. (3) Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ergibt sich aus § 107 Abs. 2 GWB. Sie hat mit einem Angebot am Verfahren teilgenommen und hat reelle Chancen mit ihren Anträgen eine Korrektur der Vergabeentscheidung zu bewirken, soweit sie mit ihren Beanstandungen durchdringen sollte. Gemäß § 104 Abs. 2 GWB sind aber auch „sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber“ von den Vergabekammern im Rahmen der Nachprüfungsverfahren zu prüfen. Als sonstige Ansprüche kommen die Bestimmungen aus §§ 19 und 20 GWB, aus § 3 KAV und aus dem EnWG in Betracht. Der BGH, 3.7.2008, I ZR 145/05 meinte dazu, dass das Kartellvergaberecht die zivilrechtlichen Ansprüche, die im Fall von Vergabeverstößen geltend gemacht werden können, nicht abschließend regelt. Das GWB enthält für das Kartellvergaberecht kein in sich abgeschlossenes Rechtsschutzsystem, das eine Verfolgung von Rechtsverstößen nach § 4 Nr. 11 UWG (so der BGH) ausschließt. Vielmehr setzt § 104 Abs. 2 GWB ausdrücklich voraus, dass wegen Vergabeverstößen neben § 97 Abs. 7 GWB auch andere sonstige Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung gegen öffentliche Auftraggeber bestehen. Die Vorschrift des § 104 Abs. 2 GWB begründet damit als Spezialregelung für den Bereich des Kartellvergaberechts eine ausschließliche Zuständigkeit der Vergabekammern nur für den Primärrechtsschutz gegen den Auftraggeber. Soweit ein Bieter gegen einen Mitbewerber vorgehen will, hat er § 104 Abs. 3 GWB zu beachten. Geht ein Bieter aber gegen den öffentlichen Auftraggeber vor und beanstandet er die Verletzung „sonstiger Ansprüche“, so muss er diese im Wege eines Nachprüfungsverfahrens vor den Vergabekammern geltend machen. 316 Die von den Vergabenachprüfungsinstanzen zu prüfenden „sonstigen Ansprüche“ können somit aus sehr unterschiedlichen Rechtsgebieten stammen, vgl. BGH, a.a.O für den Bereich des UWG, vgl. OLG Düsseldorf, 19.12.2007, Verg 51/07 für den Bereich des SGB, und Beschluss vom 13.8.2008, Verg 42/07 für den Bereich des § 107 GO NRW, VK Münster, 22.7.2011, VK 7/11 für den Bereich KrW-/AbfG. Ausgehend von dieser Rechtsprechung, die die Kammer für zutreffend hält, können vor einer Vergabekammer somit grundsätzlich auch Verstöße gegen das EnWG, den § 3 KAV und den §§ 19 und 20 GWB zur Überprüfung gestellt werden. Als „sonstige“ Ansprüche außerhalb des Vergaberechts zu prüfen sind daher nur solche, die einen Bezug zu einem Vergabeverfahren haben. Ob die kartellrechtlichen Bestimmungen der §§ 19, 20 GWB aufgrund des Beschleunigungsgrundsatzes davon grundsätzlich ausgenommen sein sollen, so Dittmann a.a.O., lässt die Kammer vorliegend dahin gestellt. Denn nach Auffassung des OLG Düsseldorf, vgl. u.a. 13.8.2008, Verg 42/07, sind „sonstige Ansprüche“ (aus anderen Rechtsgebieten) sehr wohl in einem Vergabenachprüfungsverfahren zu prüfen, soweit sie zeitlich mit der Vergabe zusammentreffen und sie Auswirkungen auf den Wettbewerb haben. Die Bildung eines Kartells iSv § 1 GWB liegt beispielsweise in der Regel vor dem Beginn eines Nachprüfungsverfahrens. Auch im Bereich der Busdienstleistungen, die nur betrieben werden können, wenn die obsiegenden Bieter über eine nach dem PBefG erforderliche Konzession verfügen, handelt es sich um Genehmigungen, die auf einer Stufe vor oder nach der Vergabe entschieden werden können, vgl. dazu OLG Düsseldorf, 2.3.2011, Verg 48/10. Es fehlt in diesen Fällen bereits an einer zeitlichen Einbindung in das Ausschreibungsverfahren. Demgegenüber sind aber Schutzrechte aus anderen Vorschriften in die Prüfung einzubeziehen, soweit dadurch ein Verstoß gegen die Wettbewerbsgrundsätze bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrages konkret möglich erscheint, was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn bestimmte Anforderungen aus diesen Schutzgesetzen mit der konkreten Ausschreibung verknüpft werden. Vorliegend kann davon ausgegangen werden, dass sich diese Schutzrechte aus den §§ 19 und 20 GWB, dem § 3 KAV und dem EnWG ergeben können, so dass jedenfalls zunächst für die Zulässigkeit festgestellt werden kann, dass die Verletzung solcher Bestimmungen als sonstige Ansprüche gegen einen öffentlichen Auftraggeber auch in einem Nachprüfungsverfahren vor einer Vergabekammer gemäß § 104 Abs. 2 GWB geltend gemacht werden können. Ob tatsächlich ein Verstoß gegen diese Bestimmungen vorliegt, der Auswirkungen auf den Wettbewerb hat, ist eine Frage der Begründetheit. 317 Sind die Leistungen und auch die übrigen Vertragsbestandteile so klar beschrieben, dass sie vom Bieter einheitlich verstanden werden müssen, ist insbesondere das sie treffende Risiko hinreichend deutlich dargestellt, verstoßen die Vergabeunterlagen nicht gegen den Grundsatz der Transparenz, vgl. OLG Düsseldorf, 19.10.2011, Verg 54/11. 176 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2012 – Verg 7/12 (Anti-Grippe-Impfstoffe) 2. Die kartellrechtlichen Einwände der Antragstellerin greifen nicht durch. a) Es kann offen bleiben, ob derartige Einwände in einem Vergabenachprüfungsverfahren zu prüfen sind. Unionsrecht fordert dies nicht, schließt dies aber auch nicht aus. Art. 1 Abs. 1 UA 3 Richtlinie 89/665/EWG i.d.F. von Art. 1 Richtlinie 2007/66/EG nennt als Prüfungsgegenstand eines Vergabenachprüfungsverfahrens „das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen“. Unionsrecht schließt auch gemeinsame Beschaffungen öffentlicher Auftraggeber nicht aus, sondern überlässt die Entscheidung darüber den Mitgliedstaaten (vgl. Art. 1 Abs. 10 RL 2004/18/EG und Erwägungsgrund 15). Die nationale Vorschrift des § 97 Abs. 7 GWB bezieht sich lediglich auf „ Bestimmungen über das Vergabeverfahren“. § 104 Abs. 2 GWB nennt als zu prüfende Ansprüche auch „sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind“. Dies schließt auf Kartellrecht gestützte Ansprüche nicht von vornherein aus. § 104 Abs. 3 GWB (der seinem Wortlaut nach im Übrigen die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nur für Schadensersatzansprüche aufrecht erhält) begründet nur die – gegebenenfalls parallele – Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte und Kartellbehörden, schließt aber eine gleichzeitige Zuständigkeit der Vergabenachprüfungsinstanzen ebenso wenig aus („bleiben unberührt“). Der Senat ist bei seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass Handlungen mehrerer Auftraggeber unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten nicht überprüft werden können, wenn sie sich zeitlich vor Beginn des Vergabeverfahrens zugetragen haben. Ob dieses Argument die daraus gezogene Schlussfolgerung trägt, dass kartellrechtliche Verstöße auf Auftraggeberseite – anders als Kartellverstöße von Bietern (§ 2 EG Abs. 1, § 6 EG Abs. 6 VOL/A) – nicht Gegenstand eines Vergabenachprüfungsverfahrens sein können, kann mit Recht diskutiert werden. Der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 18.01.2000 – KVR 23/98 S. 21 BA) hat in einer Nebenbemerkung geäußert, das unter einem besonderen Beschleunigungsbedürfnis stehende Vergabeverfahren sei zur Klärung komplexer und bei einer Prüfung von Kartellrecht regel- 318 mäßig aufgeworfener Fragen der Marktabgrenzung und der Bewertung der Stellung des Auftraggebers im fraglichen Markt nicht geeignet (ähnlich Dittmann, in Ziekow/ Völlink, a.a.O., § 104 GWB Rdnrn. 18 ff.). Soweit Scharen (GRUR 2009, 345) auf die Zumutbarkeit von Ermittlungen des Auftraggebers bei der Vergabeentscheidung und die sich daraus ergebenden Grenzen einer Nachprüfung verweist, bleibt unklar, ob dies auch für Handlungen des Auftraggebers selbst und Tatsachen gilt, die in seiner Sphäre liegen. Im Ergebnis könnte freilich einiges dafür sprechen, kartellrechtliche Verstöße des Auftraggebers, die ohne zeitaufwändige Untersuchung einwandfrei festzustellen sind, in einem Vergabenachprüfungsverfahren zu berücksichtigen. b) Die Antragsgegnerin verstößt jedenfalls nicht gegen Kartellrecht, soweit dieses nach § 69 Abs. 2 SGB V auf sie Anwendung findet. Soweit die Antragstellerin beanstandet hat, dass durch den Zusammenschluss der einzelnen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft in Bayern ein marktstarker Nachfrager aufgebaut werde, ist dies aus den von der Antragsgegnerin vor der Vergabekammer vorgetragenen Gründen nicht der Fall. Auch wenn damit die gesetzlich Krankenversicherten in Bayern abgedeckt werden, ist der Marktanteil, gemessen an dem in räumlicher Hinsicht bundesweit abzugrenzenden Markt, für die Annahme einer marktbeherrschenden oder marktstarken Stellung der Antragsgegnerin zu gering. Mit Rücksicht darauf, dass eine unterschiedliche Behandlung von Versicherten in Bayern je nach Krankenkassenzugehörigkeit zu Schwierigkeiten führen könnte, die Gründe für die Möglichkeit des Einsatzes individueller Kanülen nicht krankenkassenspezifisch und gemeinsame Ausschreibungen durch mehrere Krankenkassen bereits in § 132e Abs. 2 SGB V angelegt sind sowie zudem die Antragstellerin nicht geltend macht, die Produktion – wenn auch unter Berücksichtigung einer gewissen Vorlaufzeit – auf die Herstellung von Einwegspritzen ohne Kanüle nicht umstellen zu können, ist der Nachfragezusammenschluss der gesetzlichen Krankenkassen in Bayern nicht als kartellrechtswidrig anzusehen. Auch ist die Antragstellerin in der Beschwerdeschrift darauf nicht mehr zurückgekommen. 4. Nachprüfungsverfahren – Antragsgegner 177 OLG München, Beschluss vom 31.05.2012 – Verg 4/12 (Neubau einer Brücke) 1. Nach der Rücknahme des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin kann offen bleiben, ob sich der Antrag gemäß § 108 GWB gegen den Freistaat Bayern oder die Bundesrepublik Deutschland hätte richten müssen. a) Zu der Rechtsfrage, ob bei Ausschreibungen von Bauleistungen für Autobahnen bzw. Bundesfernstraßen durch Behörden eines Landes richtiger Antragsgegner 319 im Nachprüfungsverfahren das Land oder der Bund ist, werden in der Rechtsprechung unterschiedliche Meinungen vertreten. Eine Reihe von Oberlandesgerichten stützt sich auf verwaltungs- bzw. verfassungsrechtliche Erwägungen. Sie vertreten den Standpunkt, das Land führe im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung die Ausschreibung in eigener Verantwortung durch (Prinzip des landeseigenen Vollzugs von Bundesgesetzen), weswegen sich auch der Nachprüfungsantrag gegen das Land zu richten habe (OLG Brandenburg vom 19.02.2008, Verg W 22/07; OLG Düsseldorf vom 14.09.2009, VII-Verg 20/09 und vom 25.11.2009, VII-Verg 27/09, Rn. 43, 44 zitiert nach juris; OLG Koblenz vom 10.06.2010, 1 Verg 3/10 und OLG Celle vom 06.06.2011, 13 Verg 2/11). Demgegenüber hält der Senat die zivilrechtlichen Vertragsbeziehungen für maßgeblich. Auch wenn das Vergaberecht für den öffentlichen Auftraggeber bei Beschaffungsvorgängen besondere Verpflichtungen und Regelungen statuiert, ist sowohl das vorvertragliche Schuldverhältnis als auch der Vertrag selbst, der durch den Zuschlag zustande kommt, dem Zivilrecht zuzuordnen. Werden im Rahmen der Vergabe des öffentlichen Auftrags Rechte des Bieters bzw. Bewerbers verletzt, begründet dies einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB (früher cic) (vgl. Eschenbruch in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum GWB, 2. Aufl., Rn. 121 zu § 99 GWB). Dieser Anspruch richtet sich gegen den Rechtsträger, mit dem der öffentliche Auftrag zustande gekommen ist bzw. bei ordnungsgemäßer Vorgehensweise zustande gekommen wäre. Ihm ist das Handeln der Stellen zuzurechnen, die bei der Ausschreibung und Zuschlagsentscheidung für ihn tätig sind. Nach den eindeutigen Vorgaben der Ausschreibung wird vorliegend nicht der Freistaat Bayern, sondern die Bundesrepublik Deutschland Vertragspartner im Falle eines Zuschlags. Sie wird vom Freistaat Bayern bzw. seinen Behörden beim Vertragsschluss vertreten. Berechtigt und verpflichtet aus dem Vertrag ist demnach der Bund und nicht das Land (vgl. auch BGH vom 22.10.2010, Az. VII ZR 129/09: Klage eines Bieters gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Mehrvergütung wegen verzögertem Vergabeverfahren). Dies schließt auch die Rechte und Pflichten im vorvertraglichen Verhältnis ein, weswegen nach Meinung des Senats die Bundesrepublik Deutschland (vertreten durch den Freistaat Bayern, dieser vertreten durch die Autobahndirektion S.) öffentlicher Auftraggeber gemäß § 98 GWB und richtiger Antragsgegner des Nachprüfungsverfahrens im Sinne von § 108 Abs. 2 GWB ist. Der Senat kann sich nicht der Auffassung der Antragstellerin anschließen, dass die verfassungsrechtlichen Vorschriften zur Bundesauftragsverwaltung einer solchen Betrachtungsweise entgegenstehen. Die Bundesauftragsverwaltung zeichnet sich dadurch aus, dass den Ländern schon nach der Ausgestaltung dieses Verwaltungstyps in Art. 85 GG nur die Wahrnehmungskompetenz uneingeschränkt zusteht. Die Sachkompetenz ist ihnen von vornherein nur unter dem Vorbehalt zugewiesen, dass nicht der Bund die konkurrierende Sachkompetenz in Anspruch nimmt, die ihm nach Art. 85 Abs. 3 GG in Gestalt einer umfassenden Weisungsbefugnis zusteht (vgl. BVerfG vom 04.05.2010, 2 BvL 8/07 m.w.N.). Weswegen der Rechtsträger, der Vertragspartner wird und 320 der auch in sachlicher Hinsicht die Entscheidungshoheit behält, nicht auch im gerichtlichen Nachprüfungsverfahren als Antragsgegner die Verantwortung für die Ordnungsmäßigkeit der Ausschreibung übernehmen soll, ist nicht einsichtig. Aus § 106 a Abs. 2 GWB lässt sich in dieser Frage ebenfalls nichts Entscheidendes ableiten. Die Vorschrift bestimmt, dass für Nachprüfungsverfahren in Angelegenheiten der Bundesauftragsverwaltung die Vergabekammern der Länder zuständig sind. Ob damit das Land (so Portz in Kulartz/Kus/Portz, Rn. 18 zu § 106 a GWB) oder der Bund richtiger Antragsgegner im Nachprüfungsverfahren ist, bleibt offen. Auch die Gesetzesmaterialien zu § 106 a GWB (BT-Drucksache vom 13.06.2008, BT 16/10112) enthalten hierzu keinerlei Erwägungen. Nachdem der Nachprüfungsantrag letztlich zurückgenommen wurde, kann die Streitfrage jedoch dahinstehen. Auch von einer Rubrumsberichtigung sieht der Senat angesichts der kontroversen Standpunkte im Verfahren und den abweichenden Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte ab. b) Lediglich ergänzend bemerkt der Senat, dass er den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin unabhängig von der Frage, wer richtiger Antragsgegner ist, nicht für unzulässig hält. Die Anforderungen an einen Nachprüfungsantrag, der unter hohem Zeitdruck gestellt werden muss, dürfen nicht überspannt werden. Ungewissheiten hinsichtlich des Auftraggebers sind von Amts wegen aufzuklären und gehen nicht zu Lasten des Bieters (vgl. Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, 2. Aufl., Rn. 18 zu § 108 GWB), zumal, wie auch das streitgegenständliche Verfahren zeigt, die richtige Bezeichnung des Antragsgegners äußerst schwierig sein kann. Es ist deshalb anerkannt und entspricht gängiger Übung, dass sich der Bieter im Nachprüfungsantrag darauf beschränken kann, die – zweifelsfrei nicht passivlegitimierte – Vergabestelle als Antragsgegner zu nennen. Selbst bei anwaltlich vertretenen Bietern steht dies der Zulässigkeit des Verfahrens nicht entgegen, sofern sich aus der Antragsschrift bzw. den Anlagen zweifelsfrei ergibt, welcher konkrete Beschaffungsvorgang bzw. welche Ausschreibung zur Überprüfung gestellt wird. Die Vergabekammer oder der Senat berichtigen dann von Amts wegen das Rubrum. Vorliegend wurde im Nachprüfungsantrag die richtige Vergabestelle genannt, auch gab es keinerlei Zweifel, welcher Beschaffungsvorgang und welche Ausschreibung im Streit stehen. Eindeutig richtete sich der Nachprüfungsantrag gegen den verantwortlichen Rechtsträger, für den die Vergabestelle gehandelt hat. Dass die Antragstellerin in Übereinstimmung mit zahlreichen Oberlandesgerichten und Literaturmeinungen das Land als Antragsgegner bezeichnet hat, hält der Senat für unschädlich, zumal hilfsweise auf den Hinweis der Kammer hin eine Auslegung angeregt wurde. 321 5. Nachprüfungsverfahren – Antragsbefugnis (§ 107 Abs. 2 GWG)/Kausalität von Vergabefehlern 178 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.02.2012 – VII-Verg 75/11 (Unterhaltsreinigung, Außenreinigung, Winderdienst) Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer ist zulässig und begründet. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zu Unrecht wegen fehlender Antragsbefugnis als unzulässig zurückgewiesen. Infolgedessen ist der Antragsgegnerin die Erteilung eines Zuschlags zu untersagen. Bei fortbestehender Vergabeabsicht hat sie das Vergabeverfahren erneut europaweit bekannt zu machen und das offene Verfahren zu wählen. I. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Es soll ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag vergeben werden, der den maßgeblichen Schwellenwert überschreitet (§§ 99,100 Abs. 1 GWB). 1. Die Antragstellerin ist entgegen der Auffassung der Vergabekammer gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Ein Antragsteller muss grundsätzlich ein Interesse am Auftrag darlegen, eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen, sowie einen entstandenen oder drohenden Schaden durch die behauptete Rechtsverletzung vortragen. Die Antragsbefugnis erfüllt allerdings nur die Funktion eines groben Filters, dem die Aufgabe zukommt, von vornherein eindeutige Fälle, in denen eine Auftragsvergabe für den Antragsteller aussichtslos ist, auszusondern. Gegen die Antragsbefugnis kann nicht eingewandt werden, das Angebot des Antragstellers sei von der Wertung, aus welchen Gründen auch immer, zwingend auszuschließen, denn dies ist eine Frage der Begründetheit des Nachprüfungsantrag (Dicks, in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 107 Rn. 9). Wie der Senat bereits im Beschluss vom 25. August 2011 und in der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2012 ausgeführt hat, musste die Antragstellerin ihr Interesse am Auftrag nicht durch die Abgabe eines Angebots dokumentieren, weil es sich bei der Wahl der falschen Verfahrensart um einen gewichtigen Vergaberechtsverstoß handelt. In diesem Fall reicht es aus, wenn das Interesse am Auftrag durch eine vorprozessuale Rüge und den abschließenden Nachprüfungsantrag dokumentiert wird (Dicks, a.a.O., § 107, Rdnr. 12 u. 16). Es ist nämlich weder gerechtfertigt noch zumutbar, von einem Antragsteller zur Darlegung seiner Antragsbefugnis die Einreichung eines Angebots zu verlangen, dessen Grundlagen er im Vergabenachprüfungsverfahren als rechtswidrig bekämpft, so dass bei einem Erfolg des Nachprüfungsbegehrens die zur Angebotserstellung aufgewendete Zeit und Mühe als unnötig vertan erscheinen muss (siehe auch: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.07.2003 – Verg 26/03). 322 Die Antragstellerin ist möglicherweise auch in eigenen Rechten verletzt. Die Antragstellerin hat die Wahl des nicht offenen Verfahrens anstatt des offenen Verfahrens als vergaberechtswidrig beanstandet. Die Wahl des nicht offenen Verfahrens führt dazu, dass nicht alle interessierten Bieter ein Angebot abgeben können, sondern nach Festlegung der Antragsgegnerin höchstens zehn Bieter zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Die Antragstellerin hat weiter dargelegt, dass ihr die Entstehung eines Schadens droht. Es reicht aus, wenn ein Antragsteller in einem neuen, ordnungsgemäßen Vergabeverfahren bessere Chancen haben könnte oder sich seine Aussichten im beanstandeten Vergabeverfahren verschlechtert haben könnten. Es kommt dagegen nicht darauf an, ob der Antragsteller bei einer korrekten Durchführung des Vergabeverfahrens den Zuschlag erhalten oder zumindest eine reelle Chance darauf haben würde (Dicks, a.a.O., § 107, Rdnr. 22f, 25). Die Aussichten der Antragstellerin können sich durch die Wahl des nicht offenen Verfahrens schon deshalb verschlechtern, weil nach den Ausschreibungsbedingungen möglicherweise nur Bieter ausgewählt und zur Angebotsabgabe aufgefordert worden wären, die zahlreiche (bis zu acht) Referenzen vorgelegt haben, sodass die Antragstellerin, die so viele Referenzen nicht beibringen kann, durch die Wahl der Verfahrensart davon bedroht ist, zu einer Angebotsabgabe nicht zugelassen zu werden. 179 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.05.2012 – Verg 3/12 (Bereitstellung und Bewertung von Nachrichtenmeldungen) e) Die der Antragstellerin gegebene Bieterinformation und die Angebotswertung deuten allerdings darauf hin, dass die Vergabestelle – einigermaßen unbegreiflich – trotz der ihr Insoweit durch den Senatsbeschluss vom 10.8.2011 (VII-Verg 36/11, BA 10 f. m.w.N.) zuteil gewordenen gegenteiligen Belehrung bei der erneuerten Wertung weiterhin Eignungsmerkmale für die Vergabeentscheidung herangezogen hat (insbesondere Erfahrungen und Kenntnisse der Bieter). Dies veranlasst ausnahmsweise jedoch keine Korrektur am Vergabeverfahren, denn dadurch sind die Auftragschancen der Antragstellerin unzweifelhaft nicht beeinträchtigt worden (vgl. zu diesem Element der Begründetheitsprüfung bei Nachprüfungsanträgen OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.10.2010 – VII-Verg 47/10; Beschl. v. 15.6.2010 VII-Verg 10/10; Beschl. v. 14.4.2010 – VHVerg 80/09, IBR 2010, 580, 582 VergabeR 2011, 78; OLG München, u.a. Beschl. v. 21.5.2010 Verg 2/10, VergabeR 2010, 992; ebenso: 1. Vergabekammer des Bundes im angefochtenen Beschluss vom 9.1.2012 – VK 1-162/11, BA 19; Herrmann, VergabeR 2011, 2 ff.; a.A. Müller-Wrede, NZBau 2011, 650; Mantler, VergabeR 2011, 82, 83 f.). Die Antragstellerin ist nach eigenem, unbestrittenem Vorbringen der größte unabhängige Informationsdienstleister in Deutschland und mit besten strukturellen Unternehmensvoraussetzungen für die Ausführung des Auftrags sowie ais bisheriger Auftragnehmer zudem mit Vorkenntnissen und Erfahrungen 323 ausgestattet. Davon ausgehend ist die Antragstellerin durch eine erneute, vergaberechtlich unzulässige Bewertung von Eignungsmerkmalen (mithin aufgrund einer Rechtsverletzung) bei den Aussichten, den Auftrag zu erlangen, nicht schlechter gesteift, sondern gegenüber der Beigeladenen begünstigt worden, weil diese nicht in gleichem Maß wie die Antragstellerin über die für die Auftragsausführung benötigten Strukturen und Ressourcen sowie über Erfahrungen und (Vor)Kenntnisse verfügt. 180 VK Brandenburg, Beschluss vom 18.04.2012 – VK 9/12 (Fäkalwasser und Fäkalschlamm) Der Auftraggeber schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom ... 2011 das Absaugen und Transportieren von Fäkalwasser und Fäkalschlamm aus den privaten Kleinkläranlagen und Sammelgruben im Einzugsgebiet des ... für den Zeitraum ... 2013 bis ... 2015 mit der Option der möglichen dreimaligen Verlängerung im Offenen Verfahren europaweit aus. Als Zuschlagskriterium benannte der Auftraggeber den niedrigsten Preis, Ziff. IV.2.1) der Bekanntmachung. II. 2. Das Nachprüfungsverfahren dient nicht der allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle und der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der objektiven Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens an sich. Sein einziger Zweck ist es, einem am Auftrag interessierten Unternehmen die Möglichkeit zu geben, den Auftraggeber zu einem Tun oder Unterlassen zu zwingen, das notwendig ist, um einen wegen eines Fehlers des Auftraggebers dem Antragsteller entstandenen oder drohenden Schaden zu beseitigen bzw. zu verhindern. Im Hinblick auf diesen Zweck ist ein Nachprüfungsantrag gemäß § 107 Abs. 2 GWB dann zulässig, wenn ein Unternehmen ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB geltend macht, und wenn es ferner darlegen kann, dass ihm durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass der Antragsteller schlüssig behauptet, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften verletzt worden sein sollen und dass er ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, sodass der behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist (OLG Brandenburg, Beschluss vom 3. November 2011 – Verg W 4/11 m.w.N.). Die Antragstellerin hat zwar ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe ihres Angebotes dokumentiert. Sie kann aber nicht mit Erfolg geltend machen, dass ihr durch eine etwaige Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Ein Schaden würde dann drohen, wenn die Chancen der Antragstellerin auf den Zuschlag durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß verschlechtert worden sein könnten. Das ist – auch bei Anlegung eines nicht allzu 324 strengen Maßstabes an die in § 107 Abs. 2 GWB genannten Voraussetzungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2004 – 2 BvR 2248/03; BGH, Beschluss vom 1. Februar 2005 – X ZB 27/04) – hier nicht der Fall. Die Antragstellerin hat ihrer Darlegungslast nicht genügt, weil nach ihrem Vorbringen ein Schadenseintritt offensichtlich ausgeschlossen ist. Einziges Zuschlagskriterium ist vorliegend der niedrigste Preis. Es ist weder durch die Antragstellerin schlüssig dargelegt noch sonst ersichtlich, inwieweit durch das vorgetragene Verhalten des Auftraggebers ihre Chancen auf den Zuschlag eingeschränkt oder negativ beeinflusst worden sein könnten. Maßgeblich für die von der Antragstellerin beanstandete Schlechterstellung ist die Bewertung ihres Angebotes anhand des bekannt gegebenen Zuschlagskriteriums. Die Antragstellerin hat den Zuschlag deshalb nicht erhalten, weil ihr Angebot durch den Auftraggeber nicht als das mit dem niedrigsten Angebotspreis ermittelt worden war. Gegen die Wertungsentscheidung anhand des niedrigsten Preises wendet sich die Antragstellerin weder mit ihrem Rügevorbringen, noch mit dem Inhalt ihres Nachprüfungsantrages. Wertungsfehler, die auch die Wertung des derzeit auf Rang 1 platzierten Angebots beeinflusst hätten können, hat die Antragstellerin ebenfalls nicht dargelegt. 181 VK Bund, Beschluss vom 21.06.2012 – VK 3-57/12 (Grippeimpfstoffe) II. Der Nachprüfungsantrag ist größtenteils zulässig, aber unbegründet. bb) Überwiegend kann die ASt auch eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen. Die Prüfung der Antragsbefugnis ist bei fehlendem Angebot auf solche Vergaberechtsverstöße beschränkt, die sich tatsächlich auf die Behinderung bei der Erstellung und Abgabe des Angebotes beziehen. Damit scheiden grundsätzlich die Beanstandungen aus, die sich auf die Behandlung der von den Mitbewerbern vorgelegten Angebote beziehen (VK Sachsen, Beschluss vom 10.02.2012 – 1/SVK/050-11). Mangels eines eigenen Angebotes ist die ASt durch die behaupteten Verstöße, es habe keine ausreichende Eignungsprüfung der Nachunternehmer stattgefunden und der Ausschluss der Nachforderungsmöglichkeit von Unterlagen nach § 19 Abs. 2 EG VOL/A sei vergaberechtswidrig, nicht betroffen. Die ASt hat auch nicht dazu vorgetragen, warum sie im Falle einer Angebotsabgabe durch diese Bestimmungen in eigenen Rechten verletzt sein könnte. Daneben ist fraglich, ob die ASt – die Richtigkeit ihres Vortrages unterstellt – die Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB geltend macht, soweit sie die gemeinsame Ausschreibung der Ag als kartellrechtswidrig angreift. In der der ASt bekannten Entscheidung der erkennenden Vergabekammer vom 20. März 2009 (VK 3 – 325 22/09, dort S. 34 ff. m.w.N.) ist bereits ausführlich dargelegt worden, dass das Kartellverbot (§ 1 GWB) und das Verbot des Missbrauches einer marktbeherrschenden Stellung (§§ 19, 20 GWB) keine Bestimmungen über das Vergabeverfahren im Sinne des § 97 Abs. 7 GWB sind. 6. Nachprüfungsverfahren – Akteneinsicht 182 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 21.02.2012 – 11 Verg 11/11 (Neubau Tunnel) Nach dem Sach- und Streitstand ist davon auszugehen, dass die Vertreter der Antragstellerin im Beisein des Vorsitzenden der VK I Akteneinsicht nehmen konnten und der Angebotsteil „Anlage für Bietereintragungen“ nicht von der Akteneinsicht umfasst sein sollte, aber dennoch – wohl infolge eines Versehens – den Vertretern der Antragstellerin und deren Verfahrensbevollmächtigten zugänglich gemacht wurde. Unter diesen Umständen besteht kein Verwertungsverbot, auch wenn die VK andernfalls eine so weit gehende Akteneinsicht möglicherweise nicht gewährt hätte. Gewährt die VK eine über das gebotene Maß hinausgehende Akteneinsicht, so hat dies im Nachprüfungsverfahren keine weiteren Folgerungen für ein Verwertungsverbot (Dreher in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. § 11 Rn. 21). Dieser Ansicht folgt der Senat jedenfalls für einen Fall wie hier, wo die erlangten Kenntnisse zumindest keinen hochsensiblen Bereich wie etwa Kalkulationsunterlagen betreffen, sondern technische Daten zur Ermittlung der Vortriebsgeschwindigkeit. Derartige Daten sind nicht in jedem Fall und zwingend von der Akteneinsicht ausgenommen und können einem Mitbieter auch unter anderen Umständen zugänglich gemacht werden, etwa bei der Einsicht in einen Vergabevermerk. Der Senat gelangt daher nach Abwägung aller für und gegen ein Verwertungsverbot sprechenden Umstände zu der Überzeugung, dass ein Verwertungsverbot im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt erscheint. 7. Nachprüfungsverfahren – Entscheidungsinhalt 183 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.02.2012 – 1 VK 07/11 (Neubau Kläranlage Lubmin) III. Gemäß § 114 Absatz 1 Satz 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern; dabei ist sie an die Anträge der Verfahrensbeteiligten nicht gebunden (§ 114 Absatz 1 Satz 2 GWB). 326 § 114 GWB vermittelt der Vergabekammer damit einen weiten Entscheidungsraum, der nur innerhalb des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Schranken findet (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2003, Az.: Verg 64/02; OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.11.2002, Az.: 2 Verg 14/02). Die Vergabekammer kann alles unternehmen, was für die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens erforderlich ist. Die Maßnahme muss jedoch geeignet sein, die Rechtsverletzung zu beseitigen, gleichzeitig aber auch das mildeste Mittel hierfür sein (VK Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2007, Az.: VK-23/2007-B; 1. VK Sachsen, Beschluss vom 24.03.2011, Az.: 1/SVK/005-11; VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 16.06.2011, Az.: VK-SH 07/11; VK Südbayern, Beschluss vom 24.08.2010, Az.: Z3-3-3194-1-31-05/10; Beschluss vom 17.06.2009, Az.: Z3-3-3194-122- 05/09; allgemeine Auffassung). Nach Lage der Dinge kann die Vergabekammer nicht dem Hauptantrag der Antragstellerin folgen, den Antragsgegner anzuweisen, ihr den Zuschlag zu erteilen. Die Vergabekammern sind im Rahmen ihrer Entscheidungen grundsätzlich nicht befugt festzustellen, welchem Bieter der Zuschlag zu erteilen ist (VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.05.2009, Az.: 1 VK 21/09; 2. VK Bund, Beschluss vom 04.05.2001, Az.: VK 2-12/01; 3. VK Bund, Beschluss vom 24.01.2011, Az.: VK 3-150/10; 1. VK Sachsen, Beschluss vom 01.10.2002, Az.: 1/SVK/084-02). Nur in Ausnahmefällen, in denen unter Beachtung aller dem Auftraggeber zustehenden Wertungs- und Beurteilungsspielräume die Erteilung des Zuschlags an den Antragsteller die einzige rechtmäßige Entscheidung ist, kann eine dementsprechende Anweisung der Vergabekammer an den Auftraggeber in Betracht kommen – Reduzierung des Handlungs-, Wertungs- und Beurteilungsspielraums auf Null – (OLG Celle, Beschluss vom 10.01.2008, Az.: 13 Verg 11/07; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: VII-Verg 19/05; Beschluss vom 27.04.2005, Az.: VII-Verg 10/05; Beschluss vom 30.5.2001, Az.: Verg 23/00; OLG München, Beschluss vom 29.07.2010, Az.: Verg 09/10). Einem Ausspruch auf Zuschlagserteilung steht auch entgegen, dass nach der Rechtsprechung des BGH ein Bieter keinen Anspruch darauf hat, dass in einem Vergabeverfahren ein der Ausschreibung entsprechender Auftrag erteilt wird (BGH, Beschluss vom 18.2.2003, Az.: X ZB 43/02; Urteil vom 05.11.2002, Az.: X ZR 232/00). Von daher kann die Vergabekammer im Wesentlichen nur dem Hilfsantrag der Antragstellerin entsprechen, die Wertung der Angebote unter Beachtung der Auffassung der Vergabekammer zu wiederholen, die Rechtmäßigkeit des Verfahrens wieder herzustellen und den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. 184 OLG München, Beschluss vom 31.01.2013 – Verg 31/12 (Ortsumgehung L.-K.) Der Senat lässt dahingestellt, ob der Antrag der Antragstellerin auf Feststellung der Unwirksamkeit des zwischen der Beigeladenen und den Antragsgegnern abgeschlossenen Vertrages deshalb unwirksam ist, weil sich die Antragstellerin nicht mehr auf die Rüge der verletzten Informationspflicht nach § 101a GWB berufen kann. 327 a) Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass der zwischen der Beigeladenen und den Antragsgegnern geschlossene Vertrag gemäß § 101b Abs. 1 Nr. 1 GWB für unwirksam erklärt wird. Von den beiden in § 101 b Abs. 1 GWB genannten Alternativen kommt hier lediglich § 101b Abs. 1 Nr. 1 GWB in Betracht, weil der Antragsgegner ein Vergabeverfahren durchgeführt hat. Auch wenn dieses Verfahren fehlerhaft nicht europaweit, sondern nur national durchgeführt worden ist, liegt ein Fall der de-facto-Vergabe nicht vor. b) § 101a GWB ist auch in den Fällen zu beachten, in denen die Vergabestelle fehlerhaft davon ausgegangen ist, dass eine europaweite Ausschreibung nicht erforderlich ist (Braun in Ziekow/Völlink Vergaberecht § 101a GWB Rn. 24). Der Grund liegt darin, dass die Rechte und letztlich der Primärrechtsschutz der Bieter durch eine fehlerhafte Handlungsweise des Auftraggebers nicht geschmälert werden soll, wenn eine Auftragsvergabe im Oberschwellenbereich vorliegt. Die Rüge der fehlenden Vorabinformation hat die Antragstellerin auch unverzüglich erhoben; auf die Streitfrage, ob nach dem Urteil des EuGH vom 28.1.2010 (C-406/08) § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB überhaupt noch angewandt werden kann, kommt es daher nicht an. c) Der Senat lässt es offen, ob sich die Antragstellerin auf die Rüge der fehlenden Information nach § 101a GWB noch berufen kann. Die Antragstellerin hat nicht gerügt, dass die Ausschreibung zu Unrecht nach nationalen Regeln vonstatten gegangen ist. Die Vergabekammer hat angenommen, dass die Antragstellerin mit der Rüge der fehlenden europaweiten Ausschreibung präkludiert sei, da sie diese Rüge spätestens mit Angebotsabgabe hätte erheben müssen, weil ihr zu diesem Zeitpunkt die Überschreitung des Schwellenwertes bekannt gewesen sei. Da sie die Nichtanwendung des Vierten Teils des GWB wegen der Präklusion nicht mehr rügen könne, könne sie folgerichtig auch nicht mehr nach § 101b GWB vorgehen. Wenn die Antragstellerin eine Rügepflicht bis zur Angebotsabgabe gehabt hätte, hätte sie sich allerdings nicht auf eine Verletzung der Informationspflicht nach § 101a GWB berufen können. Sinn der Rügepflicht ist es u.a., dem Auftraggeber eine Heilung des gerügten Mangels zu ermöglichen. Außerdem soll vermeiden werden, dass sich ein Bieter zunächst auf ein vergaberechtswidriges Verfahren einlässt und dann, wenn der Zuschlag auf das eigene Angebot nicht erteilt wird, eine Rüge erhebt. Eine solche Rüge wäre rechtsmissbräuchlich, § 242 BGB; sie widerspricht, wie es bereits die Vergabekammer ausgeführt hat, den gegenseitigen Rücksichtnahmepflichten in einem vorvertraglichen Pflichtenverhältnis. Voraussetzung für eine Präklusion mit der Rüge der fehlenden europaweiten Ausschreibung wäre aber, dass die Antragstellerin die Überschreitung des Schwellenwertes für die restliche Baumaßnahme gekannt und sie zusätzlich rechtlich gewusst hätte, dass es sich bei den einzelnen Ausschreibungen um eine Gesamtbaumaßnahme gehandelt hat. Denn mit der ausgeschriebenen Baumaßnahme alleine wurde der Schwellenwert nicht überschritten. Der Senat lässt diese Frage offen. 328 4. Der Feststellungsantrag der Antragstellerin ist jedenfalls nicht begründet. Da ihr Angebot zwingend auszuschließen ist, weil es den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses nicht entspricht, haben sich die fehlende europaweite Ausschreibung und die fehlende Vorabinformation nicht zu ihren Lasten ausgewirkt. a) Nach § 101 b Abs. 1 Nr. 1 GWB ist ein Vertrag von Anfang an unwirksam, wenn der Zuschlag unter Verstoß gegen § 101 a GWB erteilt wird. Doch kann ein Feststellungsantrag eines Bieters nur dann begründet sein, wenn sich dieser Verstoß auch zu seinen Lasten ausgewirkt hat, er also kausal in seinen Rechten verletzt worden ist, oder dies zumindest nicht auszuschließen ist. Das Nachprüfungsverfahren dient auch bei derartigen Fallkonstellationen nicht einer allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle, sondern dem Individualschutz des einzelnen Bieters. Eine rein „abstrakte“ Unwirksamkeitserklärung würde dazu führen, dass ein Bieter, der auch bei einer ordnungsgemäßen Vorabinformation keine Aussicht auf den Zuschlag gehabt hätte, eine neue Ausschreibung veranlassen könnte. Er könnte damit, auch wenn die Nichtberücksichtigung seines Angebotes zu Recht erfolgt ist, durch ein neues Ausschreibungsverfahren seine Position verbessern, indem er nun ein geändertes Angebot vorlegt. Das ist nicht der Sinn eines Nachprüfungsverfahrens. Dieses soll einem zu Unrecht nicht berücksichtigten Bieter die Möglichkeit verschaffen, zu einer rechtmäßigen Berücksichtigung seines Angebotes und gegebenenfalls zum Zuschlag zu gelangen. Hat sich aber der Vergaberechtsverstoß nicht kausal für den Bieter ausgewirkt, ist also sein Angebot auch bei ordnungsgemäßem Ablauf des Nachprüfungsverfahrens aus anderen Gründen zu Recht nicht berücksichtigt worden, ist er im Endergebnis in seiner Rechtsposition nicht beeinträchtigt; er hat weder einen Anspruch auf eine Wiederholung oder Neudurchführung des Ausschreibungsverfahrens noch auf eine Feststellung nach § 101 b Abs. 2 GWB. 8. Verfahren der sofortigen Beschwerde (§§ 116 ff. GWB) 185 OLG Naumburg, Beschluss vom 13.02.2012 – 2 Verg 14/11 (Beschwerderücknahme) Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2012 ihre sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt vom 19. Oktober 2011 zurückgenommen. Die Rücknahme der sofortigen Beschwerde nach § 116 GWB ist entgegen der Auffassung des Antragsgegners ohne Einwilligung des Verfahrensgegners wirksam. a) Nach den Verfahrensregelungen des GWB steht die Rücknahme der sofortigen Beschwerde in jeder Lage des Beschwerdeverfahrens zur freien Disposition des Beschwerdeführers, solange und soweit noch eine formell rechtskräftige Entscheidung des Vergabesenats über sie aussteht. Eine 329 Einschränkung der Rücknahmemöglichkeit – wie sie beispielsweise § 269 Abs. 1 ZPO für die Rücknahme einer Klage vorsieht – enthält das GWB nicht (vgl. entsprechende Erwägungen zur Rücknahme des Nachprüfungsantrages BGH, Beschluss v. 24.03.2009, X ZB 29/08 „Antragsrücknahme im Beschwerdeverfahren“, VergabeR 2009, 607; ausdrücklich für die Rücknahme der sofortigen Beschwerde in der mündlichen Verhandlung Thüringer OLG, Beschluss v. 22.08.2002, 6 Verg 3/02; OLG München, Beschluss v. 21.09.2010, Verg 15/10; ebenso Wiese in: Kulartz/ Kus/ Portz, GWB, § 120 Rn. 48; Dicks in: Ziekow/ Völlink, VergabeR, § 116 GWB Rn. 4 m.w.N.; Stickler in: Reidt/ Stickler/ Glahs, GWB, 3. Aufl. 2011, § 116 Rn. 27). Damit fehlt es bereits an einer Rechtfertigung der Beschränkung der Handlungsmöglichkeiten des Beschwerdeführers. b) Selbst wenn man es grundsätzlich für zulässig hielte, eine solche Beschränkung aus einer Gesetzesanalogie herzuleiten, bestünde kein Zustimmungserfordernis. Für eine entsprechende Anwendung wäre auf § 516 Abs. 1 und 2 ZPO zurückzugreifen (vgl. Dicks, a.a.O.; Summa in: juris-PK, 2. Aufl. 2008, § 116 Rn. 55). Denn die Rücknahme der sofortigen Beschwerde ähnelt – wie auch die Rücknahme eines Antrags nach § 115 Abs. 2 S. 5 GWB oder eines Antrags nach § 115 Abs. 2 S. 6 GWB – wegen ihrer Ausgestaltung als ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der Vergabekammer nicht der Rücknahme einer Klage, sondern der Rücknahme einer Berufung. Dies gilt trotz des Umstandes, dass das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer kein erstinstanzliches (also kein gerichtliches) Verfahren darstellt (vgl. OLG München, a.a.O.). Die Erhebung einer sofortigen Beschwerde ist – anders als regelmäßig eine Klage – fristgebunden; sie kann nur innerhalb kurzer Zeit erfolgen. Daraus folgt auch, dass der Beschwerdegegner im Falle der Rücknahme der sofortigen Beschwerde nicht jederzeit einer erneuten Anbringung ausgesetzt ist. Vielmehr wird durch die Rücknahme der sofortigen Beschwerde die zuvor ergangene Entscheidung der Vergabekammer, die der Beschwerdegegner akzeptiert hatte, bestandskräftig und vollstreckbar. Eines besonderen Schutzes bedarf ein Beschwerdegegner, anders als ein Beklagter, nicht. Für die Ähnlichkeit zu einer Berufung spricht auch die allgemein für statthaft erachtete Möglichkeit der (unselbständigen) Anschließung. Die Anschlussbeschwerde ist wegen ihrer Struktur, ihrer Funktion und vor allem wegen ihrer Beschränkungen nicht etwa mit einer Widerklage, sondern nur mit einer Anschlussberufung vergleichbar. In der vergaberechtlichen Rechtsprechung zur Kostenlast im Beschwerdeverfahren wurde vor der Aufnahme des § 78 GWB in die Verweisungsnorm des § 120 Abs. 1 GWB zuletzt einheitlich auf § 97 ZPO, also die Kostenvorschrift für das Rechtsmittelverfahren, zurückgegriffen (vgl. nur BGH, Beschluss v. 19.12.2000, X ZB 14/00, BGHZ 146, 202). Auch die Kostenentscheidung bei Rücknahme der sofortigen Beschwerde wurde und wird im Allgemeinen auf eine entsprechende Anwendung des § 516 Abs. 3 ZPO gestützt (vgl. OLG Naumburg, zuletzt Beschluss v. 13.01.2012, 2 Verg 13/10; OLG Düsseldorf, Beschlüsse v. 22.07.2005, VII-Verg 28/05; v. 12.01.2006, VIIVerg 35/05 und v. 03.06.2009, VII-Verg 7/09; OLG München, Beschluss v. 08.11.2010, 330 Verg 20/10, VergabeR 2011, 228; OLG Frankfurt a. M., Beschluss v. 12.12.2007, 11 Verg 11 + 12/07). In den vorzitierten Entscheidungen ist die Rücknahmeerklärung des Rechtsmittelführers jeweils für wirksam erachtet worden, ohne dass eine Zustimmung des Rechtsmittelgegners überhaupt erwähnt wird. 2. II. Durch die Rücknahme der sofortigen Beschwerde verliert die Anschlussbeschwerde ihre Wirkung (§ 524 Abs. 4 ZPO analog). Wer sich sein Rechtsmittel bzw. seinen Rechtsbehelf auf jeden Fall und unabhängig vom Verfahrensgegner erhalten möchte, muss selbst sofortige Beschwerde innerhalb der Frist des § 117 Abs. 1 GWB einlegen (vgl. Dicks, a.a.O., § 116 Rn. 8 f.; Stickler, a.a.O., § 117 Rn. 8). Für den Eintritt der Verlustwirkung ist es unerheblich, zu welchem Zeitpunkt die Rücknahme des Hauptrechtsmittels erklärt wird, d.h. diese Wirkung tritt auch dann ein, wenn die Rücknahme – wie hier – erst nach der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung erklärt wird. III. Nach Rücknahme der sofortigen Beschwerde sind die hieraus resultierenden Rechtsfolgen mangels ausdrücklicher Regelung in §§ 120 Abs. 1 i.V.m. 78 GWB in entsprechender Anwendung des § 516 Abs. 3 ZPO von Amts wegen auszusprechen, mithin der Verlust des Rechtsmittels und die Kostenfolge im Beschwerdeverfahren. Die Pflicht zur Kostentragung umfasst alle Kosten des Beschwerdeverfahrens, insbesondere auch die Kosten der Anschlussbeschwerde (vgl. nur Zöller, Komm. z. ZPO, 29. Aufl. 2012, § 524 Rn. 43 m.w.N. zur zivilprozessualen Rechtsprechung). Die außergerichtlichen Auslagen der Beigeladenen sind hier nicht zu erstatten, weil dies nicht der Billigkeit i.S. von § 78 S. 1 GWB entspräche. Der Senat erachtet eine Kostenerstattung nur dann für billig, wenn sich ein Beigeladener durch ausdrückliche Antragstellung ähnlich einem streitgenössischen Nebenintervenienten am Beschwerdeverfahren beteiligt (vgl. Senatsbeschluss vom 22.12.2011, 2 Verg 10/11 „Rettungsdienst Harz“ m.w.N.). 186 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.02.2013 – Verg 47/12 (Willy-Brandt-Begegnungs- und Dialogschule) Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil der Nachprüfungsantrag ohne Erfolg ist. Da die Beteiligten trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Termin am 30.01.2013 nicht erschienen sind, war gemäß § 69 Abs. 2 GWB nach Lage der Akten zu entscheiden. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Senats im Beschluss vom 17.12.2012 verwiesen, mit dem der Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB zurückgewiesen worden ist. Das weitere Vorbringen des Antragsgegners mit Schriftsatz vom 29.01.2013, nach dem am 26.01.2013 der Zuschlag erteilt worden sein soll, gibt dem Senat keinen Anlass zu einer hiervon abweichenden Entscheidung. Denn der Schriftsatz war nicht zu berücksichtigen, 331 weil er dem Gericht erst einen Tag vor der mündlichen Verhandlung zugegangen ist und der Antragstellerin kein rechtliches Gehör mehr gewährt werden konnte. 9. Kostentragung im Nachprüfungsverfahrens/Allgemeines/ Gegenstandswert 187 BGH, Beschluss vom 25.01.2012 – X ZB 3/11 (Rettungsdienstleistungen IV) III. Die zulässigen sofortigen Beschwerden der Antragstellerinnen sind in der Sache unbegründet. Die Frage, ob § 128 GWB in der durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 790) geschaffenen und seit dem 24. April 2009 geltenden Fassung ermöglicht, die einem Beteiligten zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung entstandenen notwendigen Aufwendungen einem anderen Beteiligten aufzuerlegen, wenn nach Erledigung der Hauptsache keine Entscheidung der Vergabekammer ergangen ist, ist mit dem vorlegenden Oberlandesgericht zu verneinen. 1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bot § 128 Abs. 4 in seiner bis zum 24. April 2009 geltenden Fassung nur bedingt eine Grundlage für die Erstattung der notwendigen Aufwendungen der Beteiligten vor der Vergabekammer (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2009 X ZB 29/08, VergabeR 2009, 607 Rn. 10 mwN Antragsrücknahme im Beschwerdeverfahren). Wie für den Fall der Antragsrücknahme gab das Gesetz auch für den hier gegebenen Fall der Einstellung des Nachprüfungsverfahrens nach übereinstimmender Erledigungserklärung keine Handhabe dafür, die notwendigen Aufwendungen eines Beteiligten einem anderen aufzuerlegen, was zur Folge hat, dass diese von jedem selbst zu tragen waren 2. Für die vorliegend gegebene Konstellation besteht die bisherige Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts unverändert fort. Die Regelung in § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB nF kann entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Dresden nicht als Grundlage dafür herangezogen werden, die notwendigen Aufwendungen eines Beteiligten einem anderen aufzuerlegen. Sie bezieht sich ausschließlich auf die in Absatz 3 geregelte Kostenlast betreffend die Gebühren und Auslagen für die Amtshandlungen der Vergabekammern (§ 128 Abs. 1 GWB). Das ergibt sich aus der Systematik des Gesetzes. Es hat in seinen Kostenregelungen seit je zwischen der Kostentragungslast für die Gebühren und Auslagen auf der einen und für die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten auf der anderen Seite 332 unterschieden und die Ersteren stets in § 128 Abs. 3 GWB und die Letzteren in § 128 Abs. 4 GWB geregelt. Davon ist das Oberlandesgericht Dresden zwar auch ausgegangen. Es meint jedoch, die im Gesetzgebungsverfahren diskutierten Formulierungsalternativen und insbesondere die vom Bundesrat für seinen Änderungsvorschlag gegebene Begründung, welche die Situation bei übereinstimmender Erledigungserklärung betreffe, machten deutlich, dass die dort angestellten Erwägungen zugunsten einer Kostenregelung nach Billigkeitsgrundsätzen für den Fall der Hauptsachenerledigung nicht auf die Gebühren und Auslagen beschränkt, sondern für die Kosten des Nachprüfungsverfahrens insgesamt gelten sollten. Dem kann nicht beigetreten werden. 3. Die Gesetzgebungsmaterialien bieten – worauf zurückzukommen sein wird – keine Grundlage dafür, in § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB entgegen seinem Wortlaut und losgelöst von seiner systematischen Stellung im Gesetz auch eine auf die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten anwendbare Regelung zu sehen. Das Gesetz unterscheidet begrifflich seit je zwischen den zusammenfassend als Kosten bezeichneten Gebühren und Auslagen der Vergabekammer (§ 128 Abs. 1 bis 3 GWB) und den in § 128 Abs. 4 geregelten notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Vor diesem Hintergrund kann aus dem Umstand, dass der Bundesrat modifizierende Vorschläge zu dem Regierungsentwurf für einen geänderten § 128 Abs. 3 GWB unterbreitet und dabei von „Kosten“ gesprochen hat, nicht auf einen Regelungswillen betreffend die notwendigen Aufwendungen geschlossen werden. Das gilt umso mehr, als durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts auch § 128 Abs. 4 GWB modifiziert werden sollte und worden ist. Während § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB nF nach wie vor eine Regelung für die Fälle der Rücknahme und der sonstigen Erledigung des Nachprüfungsantrags vorsieht, ist in § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB nF eine Kostenregelung nur für den Fall der Antragsrücknahme getroffen worden. In solchen Fällen soll der Antragsteller die notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners und des Beigeladenen zu tragen haben. Die Regelungen für die Erstattung der Auslagen und Gebühren einerseits und der notwendigen Aufwendungen andererseits sind somit zwar inkongruent, es besteht jedoch nach den Gesetzgebungsmaterialien und den sonstigen Umständen kein Raum dafür, in § 128 Abs. 4 Satz 4 GWB nF eine planwidrige Regelungslücke zu sehen, die durch analoge Anwendung geschlossen werden dürfte. Die divergierenden Kostenfolgen bei Antragsrücknahme einerseits und bei Erledigung der Hauptsache andererseits sind nicht miteinander unvereinbar. Jedenfalls besteht kein Raum, das Gesetz anders als in den Grenzen seines Wortlauts anzuwenden. IV. Zu Recht hat die Vergabekammer die durch ihre Inanspruchnahme festgesetzten Gebühren und Auslagen dem Antragsgegner auferlegt. Die gesetzliche Grundlage für diese nach billigem Ermessen getroffene Entscheidung ist in § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB nF zu sehen, wonach die Entscheidung, wer die Kosten, das heißt die Gebühren und Auslagen, zu tragen hat, nach billigem Ermessen zu treffen ist. 333 1. Allerdings bedarf die gesetzliche Neuregelung in § 128 Abs. 3 GWB der Auslegung, weil in dem modifizierten Teil des jetzigen Satzes 4 der Bestimmung und dem neu eingefügten Satz 5 widersprüchliche Normbefehle unvermittelt nebeneinanderstehen. Danach soll bei Rücknahme oder anderweitiger Erledigung des Nachprüfungsantrags einerseits dem Antragsteller die Hälfte der Gebühr auferlegt werden, andererseits soll die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, nach billigem Ermessen erfolgen. Die zuletzt genannte Regelung ist, wie auch das vorlegende Oberlandesgericht zu Recht meint, maßgeblich. Der widersprüchliche Wortlaut der gesetzlichen Regelung beruht ersichtlich auf Missverständnissen zwischen den Gesetzgebungsorganen im Gesetzgebungsverfahren. Nach § 128 Abs. 3 Satz 3 GWB aF war angeordnet, dass bei Rücknahme oder anderweitiger Erledigung des Nachprüfungsantrags vor Entscheidung der Vergabekammern nur die Hälfte der Gebühr zu entrichten ist. Diese Regelung wollte der Regierungsentwurf durch den jetzigen § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB, wonach in solchen Fällen „der Antragsteller“ die Hälfte der Gebühr zu entrichten habe, ersetzen. Eine Begründung hierfür wurde nicht gegeben. Die diesem Vorschlag zugeordnete Erläuterung im Begründungsteil des Regierungsentwurfs bezieht sich offensichtlich auf die Regelung in § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB nF (vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 25 zu Nr. 23 Buchst. bb). In seiner Stellungnahme zu RegE für § 128 Abs. 4 Satz 4 GWB schlug der Bundesrat vor: „Nach Satz 4 (neu gemeint ersichtlich: „alt“) wird folgender Satz eingefügt: ‚Die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, erfolgt nach billigem Ermessen‘“. Zur Begründung wies der Bundesrat darauf hin, dass es in bestimmten Konstellationen unbillig sein könne, dem Antragsteller die Kosten aufzuerlegen (vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 39 Nr. 32). In der Gegenäußerung der Bundesregierung hierzu ist ausgeführt, dass dem Anliegen des Bundesrates dadurch Rechnung getragen werden könne, dass § 128 Abs. 3 Satz 4 (neu) GWB dahin gefasst wird, dass die Entscheidung über die Kostentragungslast nach billigem Ermessen erfolgt, wenn sich der Antrag vor Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweitig erledigt hat (aaO S. 43 zu Nr. 32). Danach ist offensichtlich, dass der Wortlaut des Gesetzes redaktionell verunglückt ist. Ausdrücklich übereinstimmend gewollt war die Gesetz gewordene Regelung in § 128 Abs. 4 Satz 5 GWB nF. Unberührt bleiben sollte ebenfalls die Gebührenreduktion auf die Hälfte bei Antragsrücknahme. Insoweit ist es bei der Fassung des Gesetzes aber zu einem redaktionellen Versehen gekommen, indem gleichzeitig der Vorschlag für die Modifizierung von § 128 Abs. 4 Satz 4 GWB gemäß dem Regierungsentwurf und die Anregung des Bundesrats übernommen wurden. Der Wille der Gesetzgebungsorgane ging insoweit ersichtlich dahin, dass in Fällen der Rücknahme oder sonstiger Erledigung des Nachprüfungsverfahrens vor einer Instanz beendenden Entscheidung nach wie vor nur die hälftige Gebühr zu entrichten sein sollte. Die Worte „hat der Antragsteller“ gemäß dem Änderungsvorschlag im Regierungsentwurf wären dementsprechend wieder durch das Wort „ist“ zu ersetzen gewesen. In diesem Sinne ist die gesetzliche Regelung anzuwenden (i. Erg. ebenso Summa in jurisPK-VergR § 128 GWB Rn. 36 ff.; Kompaktkommentar Vergaberecht/Hardraht, 2. Aufl., 14. Los, § 128 GWB Rn. 38 mwN in Fn. 69). 334 2. Das vorlegende Oberlandesgericht befürwortet, die Gebühren und Auslagen dem Antragsgegner aufzuerlegen, wie dies bereits die Vergabekammer entschieden hat. Dem ist beizutreten. Das Oberlandesgericht hat dazu zutreffend ausgeführt, dass sich die Billigkeitsentscheidung über die Kostentragungslast zwar grundsätzlich an dem bei summarischer Prüfung voraussichtlichen Verfahrensausgang orientiert und bei offenem Ausgang regelmäßig eine Kostenteilung naheliegen wird, dass aber nach den Umständen des Einzelfalls unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit von diesem Schema abgewichen werden kann. Das Oberlandesgericht hat im Ergebnis auch zu Recht angenommen, dass im Streitfall solche Umstände die Belastung des Antragsgegners mit den Gebühren und Auslagen rechtfertigen. Diese sind darin zu sehen, dass der Antragsgegner selbst sich vor der Vergabekammer darauf berufen hat, gar nicht verpflichtet gewesen zu sein, die fraglichen Rettungsdienstleistungen als Dienstleistungsauftrag im offenen Verfahren nach der VOL/A auszuschreiben, weil sie im Rahmen einer nicht dem Vergaberecht unterliegenden Dienstleistungskonzession zu erbringen gewesen wären; das Vergabeverfahren sei nur „rein vorsorglich“ durchgeführt worden. Mit der Ankündigung der Ausschreibung im offenen Verfahren nach der VOL/A im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften einschließlich der Benennung der Vergabekammer als der für ein Nachprüfungsverfahren zuständigen Stelle hat der Antragsgegner jedoch zumindest den Rechtsschein eines dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegenden Vergabeverfahrens gesetzt und den am Auftrag Interessierten durch den von ihm gesetzten Rahmen eines üblichen Vergabeverfahrens Veranlassung gegeben, sich bei vermeintlichen Vergabeverstößen in der für solche Verfahren vorgesehenen Weise an die Vergabekammer zu wenden. An der Setzung dieses Rechtsscheins muss sich der Antragsgegner billigerweise – auch unter Kausalitätsgesichtspunkten – festhalten lassen, wenn er dem Nachprüfungsverfahren durch Aufhebung der Ausschreibung nachträglich die Grundlage entzieht. 188 OLG Naumburg, Beschluss vom 13.02.2012 – 2 Verg 14/11 (Beschwerderücknahme) … IV. Die Festsetzung des Gegenstandswertes des gerichtlichen Beschwerdeverfahrens beruht auf § 50 Abs. 2 GKG. 1. Der Senat legt dabei zunächst die Summe der geprüften jährlichen Brutto-Angebotsendbeträge der Antragstellerin für die Lose 1, 2 und 4 zugrunde. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist auf die Steigerung der Zuschlagschancen für diese Angebote gerichtet. Der Gegenstand der Anschlussbeschwerde – die Durchsetzung der Zuschlagsabsicht des Antragsgegners auf das Angebot der Beigeladenen für Los 1 – ist teilweise identisch mit dem vorgenannten Gegenstand, 335 so dass seine zusätzliche Berücksichtigung nicht in Betracht kommt (§ 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 3 GKG). 2. Entsprechend der Laufzeit des ausgeschriebenen befristeten Vertrages ist der 10-fache Betrag des Jahresbetrages anzusetzen. a) Mit § 50 Abs. 2 GKG soll – den Grundsätzen der §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO folgend – das wirtschaftliche Interesse in Gestalt einer pauschalierten Gewinnerwartung maßgeblich sein; die bezifferte Festlegung auf 5% dient dabei der Vereinfachung der Kostenentscheidung. Aus Sicht der das vorliegende Beschwerdeverfahren betreibenden Antragstellerin geht es wirtschaftlich darum, Umsatz- und Gewinnchancen für die nächsten zehn Jahre entweder durch die Zuschlagserteilung zu sichern oder bei Zuschlagserteilung an die Beigeladene endgültig zu verlieren. Das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin wird gerade durch die lange Laufzeit des befristeten Vertrages geprägt, denn die wirtschaftliche Attraktivität des ausgeschriebenen Auftrags resultiert nicht unerheblich aus dieser relativ langen Vertragsdauer und damit der beachtlichen Amortisationsmöglichkeiten von Anfangsinvestitionen (so schon OLG Naumburg, Beschluss v. 06.04. 2005, 1 Verg 2/05 „Betriebsführung II“, VergabeR 2005, 726; und Beschluss v. 30.12.2002, 1 Verg 11/02 „Heyer-Vertrag“, JurBüro 2004, 86). b) Etwas Anderes ergibt sich jedenfalls hier auch nicht aus der Vorschrift des § 3 Abs. 4 Nr. 2 Alt. 2 VgV. Es spricht schon vieles dagegen, die unionsrechtlichen Grundsätze zur Schätzung des Netto-Auftragswerts des gesamten Beschaffungsvorhabens, die den Regelungen des § 3 VgV zugrunde liegen, generell zur Auslegung des nationalen Kostenrechts heranzuziehen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der nationale Gesetzgeber bei seinen kostenrechtlichen Vorschriften derartige Überlegungen angestellt hätte. Die konkrete kostenrechtliche Vorschrift für das Beschwerdeverfahren nach §§ 116 ff. GWB enthält vielmehr eine deutliche Abkehr von den Grundsätzen des § 3 VgV, indem maßgeblich auf die Brutto-Auftragssumme des verfahrensgegenständlichen Auftrags, der wiederum u.U. nur ein Teilauftrag des Gesamtbeschaffungsvorhabens ist, abgestellt wird. Es ist im Übrigen auch nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, weshalb Privilegierungen des öffentlichen Auftraggebers bei der Ermittlung des Schwellenwertes, wie sie § 3 Abs. 4 Nr. 2 VgV darstellt, quasi automatisch zu kostenrechtlichen Privilegierungen der Verfahrensbeteiligten eines Nachprüfungsverfahrens führen sollten. Davon zu unterscheiden ist, ob die Erwägungen zur Begrenzung der Schätzwerte des Gesamtauftrags nach Einzelregelungen des § 3 VgV im Einzelfall in gleicher Weise auf die Bewertung des Kosteninteresses übertragbar sind. So ist es nachvollziehbar, bei unbefristeten Verträgen eine begrenzte Laufzeit anzunehmen, weil eine tatsächliche Vermutung dafür sprechen mag, dass sie nach einer gewissen Laufzeit typischerweise von einem der beiden Vertragspartner durch Kündigung beendet werden; zum 336 Ausschluss willkürlicher Festlegungen mag eine Orientierung an § 3 Abs. 4 Nr. 2 Alt. 1 VgV sachgerecht sein. Für befristete Dienstleistungsverträge trifft diese Erwägung jedenfalls nicht zu. Für beide Vertragspartner, insbesondere auch für den Auftragnehmer, ist durch die feste Vereinbarung einer langen, aber gleichwohl bestimmten Vertragslaufzeit eine hohe Vertragssicherheit gegeben, dass eine Umsatzchance während der gesamten Laufzeit besteht. Für den Mitbewerber bedeutet eine lange Laufzeit des befristeten Vertrages, dass der öffentliche Auftraggeber für diese Zeit seinen Beschaffungsbedarf allein durch Inanspruchnahme seines Vertragspartners deckt. Das Motiv der Beschränkung des § 3 Abs. 4 Nr. 2 Alt. 2 VgV – eine fehlende Vermutungswirkung für das Bestehen eines Interesses an grenzüberschreitender Leistungserbringung bei einem Dienstleistungsauftrag, bei dem der vierjährige Auftragswert noch nicht für eine Überschreitung des relativ geringen Schwellenwerts ausreicht – rechtfertigt eine kostenrechtliche Privilegierung im Nachprüfungsverfahren vor dem Senat nicht. 3. Der sich hieraus rechnerisch ergebende Betrag rechtfertigt die Festsetzung innerhalb der Gebührenstufe von mehr als 550.000 Euro bis zu 600.000 Euro. 189 OLG München, Beschluss vom 28.02.2012 – Verg 16/11 (Kostenfestsetzung) Mit Beschluss vom 24.01.2012 wurden die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Antragsgegner zu 3/4 und der Antragstellerin zu 1/4 auferlegt. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wurde auf 4.500,00 Euro festgesetzt. Mit Schreiben vom 25.01.2012, eingegangen am 27.01.2012, beantragte die Antragstellerin die Festsetzung der Kosten des Beschwerdeverfahrens. Mit Schreiben vom 31.01.2012, eingegangen am 02.02.2012, beantragte der Antragsgegner die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer und die Festsetzung der Kosten des Beschwerdeverfahrens. Mit Verfügung vom 06.02.2012 wurden die Parteien darauf hingewiesen, dass der Rechtspfleger am Beschwerdegerichts nicht verpflichtet ist, die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer vorzunehmen und eine Anrechnung der Kosten vor der Vergabekammer nur nach den Vorschriften des § 15 a RVG erfolgen kann. Die Parteien hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Schreiben vom 15.02.2012 teilte der Antragsteller mit, dass die Auffassung des Rechtspflegers geteilt wird, der Rechtspfleger am Beschwerdegericht sei nicht verpflichtet, die Kosten vor der Vergabekammer festzusetzen. Mit Schreiben vom 16.02.2012 teilte der Antragsgegner mit, dass der Antrag auf Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer aufrechterhalten bleibt, weil die Festsetzung der Gebühren vor der Vergabekammer „üblich“ ist und vor dem Oberlandesgericht München auch in einem anderen Verfahren, Verg 24/10, auch so gehandhabt wurde. 337 Der Argumentation des Antragsgegners kann nicht gefolgt werden. Bei der zitierten Entscheidung Verg 24/10 handelt es sich um einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers, der nicht als bindende obergerichtliche Entscheidung angesehen werden muss. Der Kostenbeamte des Oberlandesgerichts setzt die Kosten aufgrund der rechtskräftigen Kostengrundentscheidung des Oberlandesgerichts fest, vgl. §§ 120 Abs. 2, 78 Satz 3 GWB i.V.m. § 103 ff. ZPO. Nach § 78 Satz 3 ZPO finden ausdrücklich die Vorschriften der ZPO Anwendung. Der Rechtspfleger am Beschwerdegericht ist gesetzlich nicht verpflichtet, die Kosten vor der Vergabekammer festzusetzen. Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht statt, § 128 Abs. 4 Satz 5 GWB. Die Verpflichtung des Rechtspflegers für die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer würde auch dem Gedanken des Gesetzgebers widersprechen, der gerade für die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer durch die Schaffung des § 128 Abs. 4 Satz 5 GWB die gesetzliche Grundlage dafür entzogen hat, dass die Vergabekammern ihre eigenen Kosten festsetzen, vgl. hierzu auch Bechthold 6. Aufl. zu 3 128 Abs. 4 Rndnr. 17 GWB 190 OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.03.2012 – Verg W 2/12 (Abfalllogistik- und Entsorgungsdienstleistungen) Die Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes kann nicht schematisch beantwortet werden. Es ist vielmehr eine Entscheidung geboten, die den Umständen des Einzelfalles gerecht wird. Maßgeblich ist, ob der Beteiligte unter den Umständen des Falles auch selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen, hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder Rechtsverteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen (vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.2006 – X ZB 14/06, BGHZ 169, 131 ff, zitiert nach juris Rn. 61; Senat, Beschluss vom 11.12.2007 – Verg W 6/07, zitiert nach juris Rn. 22). Hierfür können neben Gesichtspunkten wie der Einfachheit oder Komplexität des Sachverhalts, der Überschaubarkeit oder Schwierigkeit der zu beurteilenden Rechtsfragen auch rein persönliche Umstände wie etwa die sachliche und personelle Ausstattung der Beteiligten bestimmend seien (vgl. BGH a.a.O.), also beispielsweise ob das beim öffentlichen Auftraggeber verfügbare Personal juristisch hinreichend geschult und zur Bearbeitung der im jeweiligen Nachprüfungsverfahren relevanten Sach- und Rechtsfragen in der Lage ist. Ferner ist die Bedeutung und das Gewicht des in Rede stehenden Auftrages für den Aufgabenbereich der Vergabestelle in die Beurteilung einzubeziehen und den im Vergabenachprüfungsverfahren geltenden kurzen Fristen Rechnung zu tragen (vgl. Weyand, Vergaberecht, 3. Auflage § 128 GWB Rn. 5142 m.w.N.). Für die Beurteilung der Notwendigkeit ist dabei auf die Sicht ex ante bezogen auf den Zeitpunkt der Vollmachtserteilung abzustellen (vgl. Senat, Beschluss vom 30.05.2008 – Verg W 5/08, VergabeR 2009, 468, zitiert nach juris Rn. 90). 338 2. Gemessen an diesen Maßstäben ist die Hinzuziehung der anwaltlichen Bevollmächtigten der Auftraggeberin als notwendig anzusehen. Es handelt sich im Streitfall um ein umfangreiches Vergabeverfahren von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Allein der Umfang des Nachprüfungsantrages der Antragstellerin betrug 33 Seiten. Gegenstand des Verfahrens waren spezifisch vergaberechtliche, das Verfahren betreffende Probleme, die über den Kernbereich der Tätigkeit einer Vergabestelle hinausgehen, wie etwa die Zulässigkeit der Bildung der Bietergemeinschaft der Beigeladenen, die Voraussetzungen eines Ausschlusses wegen eines Unterpreisangebotes nach § 27 Abs. 1 SektVO und die Zulässigkeit des Ausschlusses des Angebotes der Antragstellerin wegen Nichtberücksichtigung der Vorgaben der Auftraggeberin in den Ausschreibungsunterlagen, die spezielle Rechtskenntnisse erfordern, deren Vorhandensein auch bei den Mitarbeitern einer Rechtsabteilung nicht zwingend vorauszusetzen ist. 191 OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 11.04.2012 – 11 Verg 6/11 (Gebührenentscheidung) 2. Die sofortige Beschwerde ist begründet. Der Antragsgegner genießt im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer Kostenfreiheit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungskostengesetz (in Verbindung mit § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB). Von der Pflicht zur Zahlung von Gebühren für Amtshandlungen und dementsprechend von der Pflicht zur Erstattung der Verwaltungskosten befreit sind danach die Bundesrepublik Deutschland und die Länder. Maßgeblich für die Kostenbefreiung ist die Rolle als Beteiligter im Nachprüfungsverfahren und nicht – wie die Vergabekammer offenbar gemeint hat – ob der Antragsgegner im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung tätig geworden ist oder nicht. Denn die Kosten und Gebühren des Verfahrens sind – ganz oder teilweise – von dem unterliegenden Beteiligten zu tragen (§ 128 Abs. 3 GWB). Selbst soweit der Antragsgegner hier im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung tätig geworden sein sollte, war er im Nachprüfungsverfahren passivlegitimiert und der Nachprüfungsantrag demzufolge gegen ihn zu richten (OLG Celle a.a.O.). Daher kommt es nicht darauf an, ob der Bund Gebührenbefreiung genießt, sondern, ob im vorliegenden Nachprüfungsverfahren der Antragsgegner, also das Land, gebührenbefreit ist. Dies ergibt sich sowohl aus § 8 Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungskostengesetz wie aus § 8 Abs. 1 Nr. 2 Hessisches Verwaltungskostengesetz, ohne dass die für die Kostenbefreiung des Bundes dort vorgesehene Befreiungsgrenze von 500,- Euro eine Rolle spielt. Der Senat kann demzufolge offen lassen, ob § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB nur auf das Verwaltungskostengesetz (Bund) oder auch auf die Verwaltungskostengesetze der Länder Bezug nimmt. 339 Wegen des Prinzips des landeseigenen Vollzugs von Bundesgesetzen (Art. 83, 84 GG) gilt die Kostenbefreiung auch für jenen Teil des Aufgabenbereichs des Landesbetriebes Straßenbau, der die Straßenbaulast bei Bundesfernstraßen betrifft (OLG Düsseldorf a.a.O.). Der Antragsgegner ist auch nicht berechtigt, die Gebühren Dritten aufzuerlegen und hat keinen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Bund. 192 VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 13.04.2012 – 3 VK 5/11 (Seebrücke von Zinnowitz) I. Mit Beschluss vom 15.11.2011 hob die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin die streitgegenständliche Ausschreibung auf, nachdem die Kommunalaufsichtsbehörde dies wegen dort festgestellter Verstöße gegen vergaberechtliche Vorschriften empfohlen hatte. Hierdurch hat sich das Vergabenachprüfungsverfahren gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB kraft Gesetzes auch ohne eine entsprechende Erklärung der Antragsgegnerin erledigt (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 16.05.2000, 11 Verg 1/99, Rdnr. 84, zitiert nach juris). Im Falle einer Erledigung des Verfahrens erfolgt die Entscheidung, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, gemäß § 128 Absatz 3 Satz 5 GWB nach billigem Ermessen. Im Rahmen dieses Ermessens ist vorrangig darauf abzustellen, wie das Verfahren aufgrund des bisherigen Sach- und Streitstandes ausgegangen wäre. In Anwendung dieser Grundsätze entspricht es der Billigkeit, der Antragsgegnerin die Verfahrenskosten aufzuerlegen, da ohne die Aufhebung der Ausschreibung durch die Antragsgegnerin die Kammer aller Voraussicht nach gemäß §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 7 GWB eine entsprechende Anordnung getroffen hätte. Die Antragsgegnerin hatte ein Konglomerat aus möglichen Bau-, Planungs- und freiberuflichen Leistungen sowie gebäudedienstähnlichen Leistungen im Gesamtwert von ca. 15 Mio. Euro im offenen Verfahren (§ 101 Abs. 1 GWB) ausgeschrieben, wobei sowohl der Ausschreibungstext als auch die Leistungsbeschreibung offen ließen, auf Grundlage welchen Regelungswerkes (VOB oder VOL) die Ausschreibung erfolgen sollte. Wenngleich sich die im Einzelnen einzuhaltenen Verfahrensvorschriften aus den jeweiligen Vergabe- und Vertragsordnungen (VOB/A, VOL/A, VOF) ergeben, gilt unabhängig davon für das von der Antragsgegnerin gewählte offene Verfahren das Erfordernis der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung (vgl. Werner in: Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 3. Aufl., Rdnr. 7 zu §101 GWB; Horn/ Zeiss in: jurisPK-VergR, 3. Aufl., Rdnr. 11 zu § 101 GWB). Schon an dieser mangelte es vorliegend. So enthält die von der Antragsgegnerin herausgegebene „Leistungsbeschreibung für die Neugestaltung der Seebrücke Ostseebad Zinnowitz“ vom 12.05.2011 beispielsweise die Begrenzung einer möglichen Bebauung der vorhandenen Seebrücke „auf 50 m Breite und 100 m Länge innerhalb der inkommunalisierten Fläche“, ohne Lage und Ausmaß dieser Fläche auch nur andeutungsweise zu benen- 340 nen. Auch werden, worauf die Antragstellerin zurecht hinweist, in der Leistungsbeschreibung der Antragsgegnerin dem potentiellen Investor Verträge (Options- und Pachtvertrag) in Aussicht gestellt, ohne deren Inhalte auch nur zu skizzieren. Im Übrigen deutet der Hinweis der Antragsgegnerin am Ende des Ausschreibungs bzw. Leistungsbeschreibungstextes, dass sich aus der Teilnahme an der Ausschreibung ein Rechtsanspruch auf Zuschlagserteilung nicht ableite, zudem auf eine vergaberechtlich unzulässige (vgl. §§ 2 Abs. 4 VOB/A, 2 Abs. 3 VOL) Ausschreibung lediglich zu Markterkundungszwecken hin. Führen diese nach summarischer Prüfung festgestellten (wahrscheinlichen) Vergabeverfahrensverstöße zu einer Kostentragungspflicht der Antragsgegnerin gemäß § 128 Absatz 3 Satz 5 GWB, so kommt eine entsprechende Kostenentscheidung auch in Bezug auf die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin gleichwohl nicht in Betracht. Insoweit fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage, da § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB eine diesbezügliche Kostentragungspflicht lediglich im Falle eines Unterliegens im Nachprüfungsverfahren vorsieht. Dies setzt indes eine Entscheidung der Vergabekammer voraus, mit der diese das sachliche Begehren des Antragstellers ganz oder teilweise als unzulässig oder unbegründet zurückweist (vgl. Dreher/ Stockmann, Kartellvergaberecht, 4. Aufl., Rdnr. 10 zu § 128 GWB; BGH, Beschluss vom 09.12.2003, X ZB 14/03, Rdnr. 13, zitiert nach juris). Fehlt es – wie vorliegend – an einer Sachentscheidung, kommt auch eine entsprechende Anwendung des § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 25.01.2012, X ZB 3/11). Aufgrund der gemäß §§ 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG, 128 Abs. 1 Satz 2 GWB für die Antragsgegnerin bestehenden Gebührenfreiheit war von einer Festsetzung von Verfahrensgebühren abzusehen (deren Höhe sich sonst, ausgehend von einem geschätzten Auftragswert von 15.000.000 Euro, auf 6.325 Euro belaufen hätte). 193 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.05.2012 – Verg 5/12 (Kostenbelastung) Gründe I. Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin haben das Nachprüfungsverfahren für erledigt erklärt, nachdem sich die Antragsgegnerin nach einem rechtlichen Hinweis der Vergabekammer verpflichtet hat, das Vergabeverfahren in den Stand vor Angebotsabgabe zurückzuversetzen. Die Vergabekammer hat festgestellt, dass das Nachprüfungsverfahren beendet ist, der Antragsgegnerin und der Beigeladenen die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Nachprüfungsverfahrens als Gesamtschuldner sowie 341 die notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin je zur Hälfte als Teilschuldner auferlegt und unter Berücksichtigung der Gebührenfreiheit der Antragsgegnerin die von der Beigeladenen zu entrichtende Gebühr auf die Hälfte der festgesetzten Gebühr festgelegt. II. Die sofortige Beschwerde ist begründet, soweit der Beigeladenen anteilig die notwendigen Auslagen der Antragstellerin auferlegt wurden; im Übrigen bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. 1. Die Entscheidung der Vergabekammer, dass es billigem Ermessen (§ 128 Abs. 3 Satz 5 GWB) entspricht, die Kosten des Nachprüfungsverfahrens (Gebühren und Auslagen der Vergabekammer) der Antragsgegnerin und der Beigeladenen als Gesamtschuldnern aufzuerlegen, ist nicht zu beanstanden. a) Die Regelungen in § 128 Abs. 3 Satz 4 und 5 GWB in der durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts erhaltenen Fassung sind dahin auszulegen, dass Gebühr und Auslagen der Vergabekammer bei anderweitiger Erledigung des Nachprüfungsantrags auch einem anderen Beteiligten als dem Antragsteller auferlegt werden können, wenn dies der Billigkeit entspricht (BGH Beschl. v. 25. Januar 2012 – Rettungsdienstleistungen IV -, X ZB 3/11). Eine aktive Beteiligung am Nachprüfungsverfahren liegt bereits dann vor, wenn sich die Beigeladene – wie hier – schriftsätzlich zu den streitigen Rechtsfragen geäußert und die Zulässigkeit und Begründetheit des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin verneint hat. Eines förmlichen Antrags bedarf es darüber hinaus nicht (so bereits Senatsbeschl. v. 22. Oktober 2008, VII Verg 48/08). Dass auf das materielle Begehren der Beteiligten und nicht die förmlichen Anträge abzustellen ist, verdeutlicht auch die Regelung in § 114 Abs. 1 GWB, wonach die Vergabekammer nicht an die Anträge der Beteiligten gebunden ist, vielmehr unabhängig davon zu entscheiden und die geeigneten Maßnahmen zu treffen hat. Unerheblich ist daher, dass die Beigeladene, wie sie geltend macht, in ihrem Schriftsatz vom 14. September 2011 ihre Ausführungen dazu, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen sei, nicht wie üblich durch Einrückung und gegebenenfalls Aufteilung in mehrere enumerierte Antragspositionen optisch hervorgehoben, sondern sie in den Fließtext integriert hat, und deshalb meint, keinen Antrag gestellt zu haben. 2. Die notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer hat die Beigeladene hingegen nicht zu erstatten, da es hierfür an einer gesetzlichen Grundlage fehlt. Wie der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich entschieden hat, kann, wenn das Nachprüfungsverfahren vor 342 der Vergabekammer übereinstimmend für erledigt erklärt wird, eine Erstattung notwendiger Aufwendungen von Beteiligten nicht angeordnet werden (vgl. BGH, Beschl. v, 25. Januar 2012, X ZB 3/11, Rettungsdienstleistungen IV). So kann zunächst die Regelung in § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB nF nicht als Grundlage dafür herangezogen werden, die notwendigen Aufwendungen eines Beteiligten einem anderen aufzuerlegen, denn sie bezieht sich ausschließlich auf die in Absatz 3 geregelte Kostenlast betreffend die Gebühren und Auslagen für die Amtshandlungen der Vergabekammern (vgl. BGH, a.a.O. zu Ziff. III.2). Aber auch § 128 Abs. 4 GWB, der Regelungen über die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten trifft, sieht für den Fall der Erledigung der Hauptsache eine Erstattung von Aufwendungen der Beteiligten nicht vor. 194 OLG München, Beschluss vom 31.05.2012 – Verg 4/12 (Neubau einer Brücke) 2. Ist die Rücknahme des Nachprüfungsantrags erkennbar auf nachträgliche Entscheidungen (Abhilfe, Aufhebung des Verfahrens) oder auf unzureichende Mitteilungen der Vergabestelle zurückzuführen, kann dies zu einer Kostentragungspflicht des öffentlichen Auftraggebers führen. Ist der Anlass für die Rücknahme des Nachprüfungsantrags demgegenüber der Umstand, dass der Antragsteller mit seiner Rechtsauffassung nicht durchdringen konnte, entspricht es der Billigkeit, dass er sowohl die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer als auch die notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu übernehmen hat. 2. Kostentragung a) In Bezug auf die vor der Vergabekammer entstandenen Kosten ist nach Rücknahme des Nachprüfungsantrags nach billigem Ermessen zu entscheiden, § 128 Abs. 3 S. 5 GWB. Dies gilt auch für die notwendigen Aufwendungen der Verfahrensbeteiligten (vgl. OLG Düsseldorf vom 13.04.2011, Verg 14/11). Ist die Rücknahme des Nachprüfungsantrags erkennbar auf nachträgliche Entscheidungen (Abhilfe, Aufhebung des Verfahrens) oder auf unzureichende Mitteilungen der Vergabestelle zurückzuführen, kann dies zu einer Kostentragungspflicht des öffentlichen Auftraggebers führen. Vorliegend gibt es keinen sachlichen Grund dafür, die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer dem Antragsgegner aufzuerlegen. Der Antragsgegner bzw. die Vergabestelle haben weder Informationspflichten verletzt, noch berechtigten Rügen nachträglich den Boden entzogen. Vielmehr hat der Senat in der mündlichen Verhandlung zu erkennen gegeben, dass er die Beurteilung des Antragsgegners zur Frage des mangelnden Nachweises der Eignung teilt. Anlass für die Rücknahme des Nachprüfungsantrags war somit, dass die Antragstellerin mit ihrer Rechtsauffassung 343 nicht durchdringen konnte. Hätte sie den Nachprüfungsantrag nicht zurückgenommen, hätte der Senat ihre Beschwerde zurückgewiesen. Es entspricht deshalb der Billigkeit, dass sie sowohl die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer als auch die notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu übernehmen hat. 195 OLG Koblenz, Beschluss vom 31.05.2012 – 1 Verg 2/11 (Gebäudereinigungsleistungen) Gegenstand des Vergabeverfahrens waren Gebäudereinigungsleistungen an 26 Schulen und dem Verwaltungsgebäude des Landkreises N. Die Gesamtleistung, die Grundreinigung, Unterhaltsreinigung und Glasreinigung umfasst, war in 5 Gebietslose aufgeteilt. Der Vertrag sollte eine Laufzeit von drei Jahren haben, optional war eine Verlängerung um bis zu zwei Jahren vorgesehen. Den Gesamtwert der Glasreinigungsarbeiten hatte der Auftraggeber auf ca. 57.000 Euro pro Jahr geschätzt, während er für die übrigen Arbeiten jährliche Kosten von ca. 775.000 Euro angesetzt hatte. Die Antragstellerin (Beschwerdegegnerin), die nur an der Glasreinigung interessiert ist, hatte mit ihrem Nachprüfungsantrag – mit Erfolg – beanstandet, dass kein entsprechendes Fachlos ausgeschrieben worden war. II. 2. Für die von der Antragstellerin angestrebte Erhöhung des Gegenstandswertes besteht kein Anlass. a) Soweit die Antragstellerin ausführt, die bloße Berücksichtigung der Kosten für die Glasreinigung hätte zur Folge haben müssen, dass das Nachprüfungsverfahren wegen Nichterreichens des Schwellenwerts unzulässig gewesen wäre, ist anzumerken, dass sich zum einen bei einer Laufzeit von 5 Jahren (einschließlich Optionen) ein Wert von mindestens 285.000 Euro errechnet und es zum anderen für den für die Anwendbarkeit des 4. Teils des GWB maßgeblichen Auftragswert auch dann auf den Gesamtwert ankommt, wenn in einem Nachprüfungsverfahren nur über eine Teilleistung gestritten wird (§ 3 Abs. 7 VgV). Der Gegenstandswert nach § 50 Abs. 2 GKG und der Auftragswert im Sinne der VgV können, müssen aber nicht identisch sein. b) Der Senat teilt nicht die vom OLG Karlsruhe vertretene Auffassung, es komme immer auf den Wert der Gesamtleistung an, wenn der Antragsteller faktisch die Aufhebung der vorhandenen Ausschreibung und eine Neuausschreibung anstrebe, auch wenn sein Interesse am Auftrag hinter dem Gesamtwert zurückbleibe. Dies ist mit Sinn und Zweck des § 50 Abs. 2 GKG nicht zu vereinbaren. Der Regelung liegt, wie der Vorgängernorm des § 12a GKG, die mit 5% pauschalierte Gewinnerwartung des Antragstellers zugrunde (BT-Drs. 13/9340, S. 23). Dementsprechend kommt es nicht darauf an, was der Antragsteller angreift, sondern was seinwirtschaftliches Ziel ist. Strebt er an, dass die 344 Gesamtleistung losweise oder mit einem anderen Loszuschnitt vergeben wird, bemisst sich deshalb der Gegenstandwert nach dem Wert der Teilleistung, an deren Erbringung er interessiert ist (BGH v. 19.07.2011 – X ZB 4/10 – NZBau 2011, 629; OLG Düsseldorf v. 27.02.2012 – VII-Verg 45/10 – juris; OLG Düsseldorf v. 22.11.2010 – VII-Verg 55/09 – VergabeR 2011, 649). 10. Verfahrenskosten (Anwaltskosten) des Auftraggebers 196 OLG München, Beschluss vom 31.05.2012 – Verg 4/12 (Neubau einer Brücke) 3. Ob die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch einen öffentlichen Auftraggeber im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig war und deshalb dessen Kosten im Vergabeverfahren zu erstatten sind, kann nicht schematisch, sondern nur anhand einer differenzierten Betrachtung des Einzelfalles entschieden werden und richtet sich nach den objektiv anzuerkennenden Erfordernissen im jeweiligen Einzelfall nach einer ex-ante-Prognose. b) Ob die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch einen öffentlichen Auftraggeber im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig war und deshalb dessen Kosten im Vergabeverfahren nach § 128 Abs. 4 Satz 3 und 3 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG zu erstatten sind, kann nicht schematisch, sondern nur anhand einer differenzierten Betrachtung des Einzelfalles entschieden werden und richtet sich nach den objektiv anzuerkennenden Erfordernissen im jeweiligen Einzelfall nach einer ex-ante-Prognose (vgl. OLG München vom 28.02.2011, Verg 23/10; OLG Koblenz vom 8.6.2006 – 1 Verg 4 und 5/06; OLG Celle vom 09.02.2011, 13 Verg 17/10, OLG Düsseldorf vom 03.01.2011, Verg 42/10 und vom 28.01.2011, Verg 60/01). Bei der Abwägung der Einzelfallumstände ist zu berücksichtigen, ob die Problematik des Nachprüfungsverfahrens mehr auf auftragsbezogenen Sach- und Rechtsfragen beruht und der öffentliche Auftraggeber über juristisch hinreichend geschultes Personal verfügt, welches zur Bearbeitung der im jeweiligen Nachprüfungsverfahren relevanten Sach- und Rechtsfragen in der Lage ist; dann soll eher keine Notwendigkeit bestehen. Bei größeren Auftraggebern, die Vergaben nicht nur in Einzelfällen ausführen, wird von der Rechtsprechung deshalb tendenziell erwartet, dass sie auch ohne anwaltlichen Beistand in der Lage sind, darzulegen, dass das von ihnen ohnehin zu beachtende und in ihren originären Aufgabenkreis fallende materielle Vergaberecht zutreffend angewandt wurde. Treten zu auftragsbezogenen Rechtsfragen weitere, nicht einfach gelagerte Rechtsfragen hinzu, spricht dies wieder eher für die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Grundsätzlich trifft es auch immer noch zu, dass die Nachprüfungsverfahren unter einem enormen Beschleunigungs- und Zeitdruck stehen und das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus dem nationalen Recht und 345 dem Europarecht darstellt, welche nicht immer im Gleichklang stehen. Dieser Gesichtspunkt in Verbindung mit der Gewährleistung der Waffengleichheit kann es notwendig machen, einen Rechtsanwalt beizuziehen, um der Vergabestelle eine sachgerechte Vertretung zu ermöglichen, wobei besonders zu beachten ist, dass das Nachprüfungsverfahren ein gerichtsähnliches kontradiktorisches Verfahren darstellt und zur sachgerechten Vertretung des öffentlichen Auftragsgebers forensische Kenntnisse und Erfahrungen in einem kontradiktorischem Verfahren erforderlich sind (vgl. auch zur Problematik Weyand Vergaberecht 3. Aufl. § 128 GWB Rn. 5141 ff mit umfangreichem Rechtsprechungs- und Literaturnachweis). Vorliegend beschränkten sich die Streitpunkte des Nachprüfungsverfahrens nicht auf fachliche Aspekte, in denen die Vergabestelle ohnehin anlässlich der in ihrem Geschäftsbereich nicht seltenen Ausschreibungen bewandert ist bzw. sein muss. Es stellten sich vielmehr nicht einfach gelagerte Rechtsfragen sowohl im Bereich des Prozessrechts (richtiger Antragsgegner bei Vergaben im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung) als auch im Bereich des materiellen Vergaberechts (Anforderungen an die Eignung und deren Nachweis, Funktion und Reichweite einer Präqualifikation), so dass die Hinzuziehung eines anwaltlichen Beistandes für den Antragsgegner geboten und notwendig war. 197 OLG Dresden, Beschluss vom 14.11.2012 – 1 Verg 8/11 (Rettungsdienstleistungen) Die Vergabekammer ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die Frage, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten erforderlich war und die hieraus entstandenen Kosten damit zu den notwendigen Aufwendungen der Vergabestelle i.S.v. § 80 Abs. 1 Satz 3 VwVfG gehören, nach dem individuellen Streitstoff des einzelnen Nachprüfungsverfahrens zu beurteilen ist. Unter den hier gegebenen Umständen hält es der Senat indes abweichend von der Einschätzung der Vergabekammer für geboten, diese Frage für das vorliegende Verfahren zu bejahen. Erschöpfen sich die in der Vergabenachprüfung aufgeworfenen Probleme in der Auseinandersetzung darüber, ob die Vergabestelle das von ihr im Rahmen des streitbefangenen Vergabeverfahrens ohnehin zu beachtende „materielle“ Vergaberecht zutreffend angewandt hat, d. h. im Wesentlichen die Bestimmungen der Verdingungsordnung eingehalten sind, so wird die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Vertretung des Auftraggebers vor der Vergabekammer regelmäßig nicht notwendig sein. Denn dann ist – zumindest bei größeren Auftraggebern, die Vergaben nicht nur in Einzelfällen ausführen – der Kernbereich der Tätigkeit betroffen, deren Ergebnisse zu rechtfertigen eine Vergabestelle grundsätzlich auch ohne anwaltlichen Beistand in der Lage sein muss. Dieser Bereich ist überschritten, wenn wesentliche Streitpunkte im Nachprüfungsverfahren sich gerade aus dessen „prozessualer“ Ausgestaltung ergeben. Das Gleiche gilt grundsätzlich, wenn zum Streitstoff gemeinschaftsrechtliche Probleme 346 gehören, von denen in der Regel nicht erwartet werden kann, dass Vergabestellen sich mit ihnen ohne anwaltliche Unterstützung abschließend auseinanderzusetzen vermögen. Denn in beiden Konstellationen geht es nicht mehr ausschließlich um die Pflicht zur Anwendung der in eigener Verantwortung des Auftraggebers stets zu beachtenden materiellen Vergaberegeln (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 30.09.2011, Verg 7/11). Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass ein öffentlicher Auftraggeber – wie jede Behörde – in der Lage sein muss, die bei ihm üblicherweise anfallenden Aufgaben ohne (kostenträchtige) Unterstützung externer Experten zu bewältigen. Schaltet die Behörde in diesem Bereich dennoch einen außenstehenden Dritten ein, wie etwa einen anwaltlichen Bevollmächtigten zur Vertretung in einem Vergabenachprüfungsverfahren, von dem zu erwarten wäre, dass die Behörde es auch mit eigenen Kräften betreiben könnte, dann kann sie die ihr dadurch entstehenden Kosten grundsätzlich nicht auf den Verfahrensgegner abwälzen. Entscheidend ist daher letztlich, ob das konkrete Nachprüfungsverfahren sich seinem gesamten Inhalt nach im Rahmen dessen hält, was der Auftraggeber bei sachgerechter Organisation und Ausstattung als vergaberechtliches Alltagsgeschäft behandeln kann (und dann auch muss) oder ob es über diese „Routine“ erkennbar hinausgeht. Dabei sind Probleme aus der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung des Nachprüfungsverfahrens und aus der Anwendung des Gemeinschaftsrechts regelmäßig Anhaltspunkte für eine Überschreitung dieses Bereichs notwendiger behördlicher Eigenverantwortung, während die bloße Anwendung des materiellen Vergaberechts üblicherweise einer ergänzenden anwaltlichen Aufarbeitung nicht bedarf (siehe oben). Diese Grundsätze lassen indes einzelfallbezogene Abweichungen durchaus zu. Nicht jede verfahrensrechtliche Frage ist (zumal nach mehr als zehn Jahren vergaberechtlicher Judikatur zur Problemklärung) ohne weiteres Anlass zur Einschaltung eines anwaltlichen Bevollmächtigten, und umgekehrt ist nicht jede Anwendung materiellen Vergaberechts nur deshalb, weil das Problem in den Vergabe- und Vertragsordnungen angesiedelt ist, einer anwaltlichen Bearbeitung im Auftrag des Auftraggebers von vornherein entzogen. Wesentlich ist auch insoweit die Beurteilung des individuellen Streitstoffs des konkreten Nachprüfungsverfahrens. Diese Beurteilung führt im vorliegenden Fall dazu, dass die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch den Beschwerdeführer als notwendig anzusehen ist. Die Vergabe von Rettungsdienstleistungen ist – nicht nur in Sachsen – seit etlichen Jahren ausgesprochen prozessträchtig. Nicht selten muss der Auftraggeber, wie auch hier, den im Kern gleichen Beschaffungsbedarf zum Gegenstand mehrerer hintereinander geschalteter Vergabeverfahren machen und in entsprechenden Nachprüfungsverfahren verteidigen. Dabei ist, obwohl im Grundsatz seit langem rechtlich geklärt ist, dass Rettungsdienstleistungen auszuschreiben sind, wenn der Auftraggeber sie nicht mit eigenen Kräften durchführt (d. h. auf einen Auftrag an Dritte gänzlich verzichtet), nicht ohne weiteres zu erkennen, dass die Vielzahl der Nachprüfungsverfahren die Sachlage für jeweils nachfolgende Vergabeverfahren geklärt oder auch nur vereinfacht hätte (etwa was das zentrale Problem des Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB angeht). 347 11. Kostenfestsetzungsverfahren 198 OLG München, Beschluss vom 28.02.2012 – Verg 16/11 (Kostenfestsetzung) Mit Beschluss vom 24.01.2012 wurden die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Antragsgegner zu 3/4 und der Antragstellerin zu 1/4 auferlegt. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wurde auf 4.500,00 Euro festgesetzt. Mit Schreiben vom 25.01.2012, eingegangen am 27.01.2012, beantragte die Antragstellerin die Festsetzung der Kosten des Beschwerdeverfahrens. Mit Schreiben vom 31.01.2012, eingegangen am 02.02.2012, beantragte der Antragsgegner die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer und die Festsetzung der Kosten des Beschwerdeverfahrens. Mit Verfügung vom 06.02.2012 wurden die Parteien darauf hingewiesen, dass der Rechtspfleger am Beschwerdegerichts nicht verpflichtet ist, die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer vorzunehmen und eine Anrechnung der Kosten vor der Vergabekammer nur nach den Vorschriften des § 15 a RVG erfolgen kann. Die Parteien hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Schreiben vom 15.02.2012 teilte der Antragsteller mit, dass die Auffassung des Rechtspflegers geteilt wird, der Rechtspfleger am Beschwerdegericht sei nicht verpflichtet, die Kosten vor der Vergabekammer festzusetzen. Mit Schreiben vom 16.02.2012 teilte der Antragsgegner mit, dass der Antrag auf Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer aufrechterhalten bleibt, weil die Festsetzung der Gebühren vor der Vergabekammer „üblich“ ist und vor dem Oberlandesgericht München auch in einem anderen Verfahren, Verg 24/10, auch so gehandhabt wurde. Der Argumentation des Antragsgegners kann nicht gefolgt werden. Bei der zitierten Entscheidung Verg 24/10 handelt es sich um einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers, der nicht als bindende obergerichtliche Entscheidung angesehen werden muss. Der Kostenbeamte des Oberlandesgerichts setzt die Kosten aufgrund der rechtskräftigen Kostengrundentscheidung des Oberlandesgerichts fest, vgl. §§ 120 Abs. 2, 78 Satz 3 GWB i.V.m. § 103 ff. ZPO. Nach § 78 Satz 3 ZPO finden ausdrücklich die Vorschriften der ZPO Anwendung. Der Rechtspfleger am Beschwerdegericht ist gesetzlich nicht verpflichtet, die Kosten vor der Vergabekammer festzusetzen. Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht statt, § 128 Abs. 4 Satz 5 GWB. Die Verpflichtung des Rechtspflegers für die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer würde auch dem Gedanken des Gesetzgebers widersprechen, der gerade für die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer durch die Schaffung des § 128 Abs. 4 Satz 5 GWB die gesetzliche Grundlage dafür entzogen hat, dass die Vergabekammern ihre eigenen Kosten festsetzen, vgl. hierzu auch Bechthold 6. Aufl. zu 3 128 Abs. 4 Rndnr. 17 GWB: 348 X. REAKTIONSMÖGLICHKEITEN DES AUFTRAGGEBERS BEI VERGABEFEHLERN/ NACHPRÜFUNGSANTRÄGEN 1. Heilung von Vergabefehlern 199 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.01.2013 – Verg 35/12 (Gebäudereinigungsverträge) Die Ausschreibungsbedingungen können vom Auftraggeber auch aus Gründen der Zweckmäßigkeit in jedem Stadium des Vergabeverfahrens geändert werden. Eine solche Änderung folgt denselben Regeln wie eine Beseitigung von Rechtsverstößen. bb) Bei der Anforderung, dass der Auftragnehmer zur Erbringung seiner Leistungen sozialversicherungspflichtiges Personal einzusetzen hat, handelt es sich um eine zusätzliche Bedingung für die Ausführung des Auftrags im Sinne von Art. 26 der Richtlinie 2004/18/EG und § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB. Die Mitteilung dieser Anforderung kann danach entweder in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen erfolgen, zu denen im Streitfall gemäß § 9 Abs. 1 Buchst. c) EG VOL/A auch der abzuschließende Servicevertrag gehört. Hat der Auftraggeber indes – wie im Streitfall – in der Bekanntmachung angegeben, besondere Bedingungen für die Ausführung des Auftrags sollten nicht gelten, hat er sich damit festgelegt und ist für den weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens insoweit gebunden, als eine nachträgliche Änderung im Lauf des Vergabeverfahrens nur zulässig ist, wenn sie in transparenter und diskriminierungsfreier Weise erfolgt. Im Streitfall hat der Antragsgegner intransparent gehandelt. Die Ausschreibungsbedingungen können vom Auftraggeber auch aus Gründen der Zweckmäßigkeit in jedem Stadium des Vergabeverfahrens geändert werden. Eine solche Änderung folgt denselben Regeln wie eine Beseitigung von Rechtsverstößen (vgl. BGH, Beschl. v. 26.09.2006, X ZB 14/06 – Polizeianzüge in Juris Tz. 52 u. 55), d.h. sie muss nur transparent und diskriminierungsfrei sein. Diesen Anforderungen genügt es jedoch nicht, wenn, wie hier, der Auftraggeber – nach vorheriger Mitteilung in der Bekanntmachung, besondere Bedingungen 349 für die Ausführung des Auftrags sollten nicht gelten – den Vergabeunterlagen lediglich einen Vertragsentwurf beifügt, in dem an irgendeiner, nicht näher gekennzeichneten Stelle besondere Bedingungen für die Ausführung des Auftrags enthalten sind, ohne an anderer Stelle, etwa der Aufforderung zur Angebotsabgabe, deutlich auf die nunmehr gestellten Anforderungen hinzuweisen. 2. Weitere Ausschlussgründe 200 VK Bund, Beschluss vom 05.10.2012 – VK 3-111/12 (Reinigungsdienstleistungen) Dass der Ausschluss erstmals im Schreiben der Ag vom 13. September 2012 auf § 19 Abs. 3 lit. d) EG VOL/A gestützt wurde, ist unerheblich. Entgegen der ASt kommt es nicht ausschließlich auf die in der Mitteilung nach § 101 a GWB genannten Ausschlussgründe an. Tatsächlich können Ausschlussgründe noch in der mündlichen Verhandlung vorgetragen werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. November 2008, VIIVerg 54/08 sowie OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Juni 2012, VII-Verg 7/12). Entscheidend ist die objektive Sachlage. 3. Interimsauftrag 201 OLG Brandenburg, Beschluss vom 06.03.2012 – Verg W 16/11 (Betriebliche Altersvorsorge) 1.) Der auf Feststellung der Unwirksamkeit der Interimsbeauftragungen von Altersversorgungsleistungen der Auftraggeberin zu 1.) und der zu ihrer Unternehmensgruppe gehörenden Gesellschaften gerichtete Antrag des Antragstellers hat nicht schon deshalb Erfolg, weil die streitgegenständliche Interimsvergabe sich als ein nach den §§ 115 Abs. 1, 118 Abs. 1 GWB verbotener Zuschlag in dem aufgehobenen Vergabeverfahren darstellen würde, das Gegenstand des vom Senat entschiedenen Nachprüfungsverfahrens Verg W 10/11 war. Die streitgegenständliche Interimsbeauftragung hat gegenüber dem vorangegangenen Vergabeverfahren, das die arbeitgeber- und arbeitnehmerfinanzierte betriebliche Altervorsorge über Direktversicherungen und Unterstützungskasse für alle in der Zeit vom 1.4.21011 bis 31.3.2015 neu eingestellten Mitarbeiter zum Gegenstand hatte, einen anderen Gegenstand. Das Zuschlagsverbot steht ihrer Wirksamkeit deshalb nicht entgegen. Die Interimsbeauftragung hat zum einen nur die arbeitgeberfinanzierte, nicht auch die – im aufgehobenen Verfahren ebenfalls ausgeschriebene – arbeitnehmerfinanzierte betriebliche Altersversorgung zum Gegenstand. Des Weiteren betraf das vorange- 350 gangene Vergabeverfahren die betriebliche Altersversorgung der Mitarbeiter der zur Unternehmensgruppe der Auftraggeberin zu 1.) gehörenden Gesellschaften in den Durchführungswegen „Direktversicherung“ und „Unterstützungskasse“, die Interimsbeauftragung betrifft allein den Durchführungsweg „Direktversicherung“. Außerdem wurden durch die Interimsbeauftragung Versicherungsleistungen nur für in einem kurzen, inzwischen bereits verstrichenen Zeitraum von sechs Monaten neu eingestellte Mitarbeiter beschafft. Das aufgehobene Vergabeverfahren betraf die betriebliche Altersversorgung für Mitarbeiter, die im Zeitraum vom 1.4.2011 bis zum 31.3.2015 neu eingestellt werden. 2.) Eine Interimsbeauftragung kann ihrerseits nur dann einer Nachprüfung unterzogen werden, wenn deren Auftragswert den Schwellenwert übersteigt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. a.) Der Schwellenwert von 193.000 Euro ist nach dem Inhalt der Beauftragungsschreiben der Auftraggeberin zu 1.) und der ihr angeschlossenen fünf Unternehmen vom 8.8.2011 an die Beigeladene nicht überschritten. Nach dem Inhalt dieser Schreiben soll eine Interimsvergabe für Zeit vom 1.4.2011 bis zum 30.9.2011 erfolgen, wobei die Auftraggeberin zu 1.) und die ihr angeschlossenen fünf Unternehmen sich das Recht vorbehalten hatten, diese Interimsbeauftragung vor dem 30.9. jederzeit und ohne Frist zu beenden. Es spricht zwar alles dafür, dass die Auftragswerte aller abgeschlossenen Verträge zusammengerechnet werden müssen. Denn die Auftraggeberin zu 1.) und die ihr angeschlossenen Unternehmen beschaffen die nachgefragten Versicherungsleistungen gemeinsam. Dies ergibt sich aus dem ersten vom Senat aufgehobenen Vergabeverfahren, aus der Neuausschreibung vom 7.12.2011 und aus den weitgehend identischen Vergabevermerken zur hier streitgegenständlichen Interimsbeauftragung. Der geschätzte Auftragswert übersteigt auch bei Zusammenrechnung aller Einzelvergaben den Wert von 193.000 Euro jedoch nicht. 351 XI. VERGABEVERFAHREN „AUßERHALB“ DER §§ 97 FF. GWB 1. Rechtschutz bei Unterschwellenvergaben/„Verschätzung“ des Auftragswertes 202 LG Bad Kreuznach, Beschluss vom 20.04.2012 – 2 O 77/12 (statische Ertüchtigung) Die Verfügungsbeklagte beabsichtigt die statische Ertüchtigung des #######. Die dafür notwendigen Arbeiten, #########, schrieb die Verfügungsbeklagte national öffentlich unter Bezugnahme auf VOB/A aus. Die Kostenschätzung des von der Verfügungsbeklagten beauftragten ###### ergab vor Durchführung des Ausschreibungsverfahrens eine Angebotssumme in Höhe von netto etwa ####### EUR. Die Maßnahme sollte ursprünglich ###### beginnen und Ende ##### abgeschlossen sein. Die Verfügungsklägerin, ein großes Fachunternehmen der Branche, beteiligte sich an der Ausschreibung und gab ein Angebot ab, das mit ####### EUR abschließt. Die beiden Mitbewerber legten Angebote zu ######## EUR netto vor. Die Klage ist zulässig. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung scheitert nicht daran, dass bei Streitigkeiten um die Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der sogenannten Schwellenwerte (§§ 100, 127 GWB) grundsätzlich ein Primärrechtsschutz ausscheidet und der unterlegene Bieter auf die Verfolgung von Schadenersatzansprüchen zu verweisen ist, denn dies verbietet sich bereits aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Abs. 4 GG. Umstritten ist allerdings die Reichweite dieses Primärrechtsschutzes. Während teilweise die Auffassung vertreten wird, ein Unterlassungsanspruch, wie er hier geltend gemacht wird, komme nur bei Willkür oder einem bewusst diskriminierenden Verhalten des Auftraggebers infrage, da bei öffentlichen Auftraggebern als Anspruchsgrundlage allenfalls Artikel 3 Abs. 1 GG, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 UWG maßgeblich seien, werden in Teilen der Rechtsprechung unterlegenen Bietern weitergehende Unterlassungsansprüche zuerkannt, die aus den §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB hergeleitet werden (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 21.01.2011 – 1 W 35/11 -, zitiert nach Juris, m. w. N.). Auch im vorliegenden Rechtsstreit kann offen bleiben, welcher Auffassung der Vorzug zu geben ist. Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind nach § 935 ZPO zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Selbst wenn der weitergehenden Auffassung zum Umfang 352 des Primärrechtsschutzes zugunsten der Verfügungsklägerin gefolgt würde, fehlt es vorliegend an einem Verfügungsanspruch im Sinne des § 935 ZPO. Eine Verletzung vorvertraglicher Pflichten der Verfügungsklägerin, aus denen sich ein Unterlassungsanspruch ergeben könnte, ist auf der Grundlage des Sach- und Streitstandes nicht erkennbar. Gemäß § 16 VOB/A 2009 hat eine Prüfung und Wertung der Angebote zu erfolgen. Nach § 16 (1) VOB/A sind zwingende Ausschlusstatbestände normiert, die im vorliegenden Fall nicht einschlägig sind. Darüber hinaus können weitere Sachverhalte, die gleichfalls hier nicht gegeben sind, den Ausschluss von Angeboten rechtfertigen. Nach einer Prüfung der Eignung und der rechnerischen, technischen und wirtschaftlichen Überprüfung hat nach § 16 VOB/A (6) eine Wertung zu erfolgen. Ziffer 1 sieht vor, dass auf ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Preis der Zuschlag nicht erteilt werden darf. Erscheint ein Angebotspreis unangemessen niedrig und ist anhand vorliegender Unterlagen über die Preisermittlung die Angemessenheit nicht zu beurteilen, ist in Textform vom Bieter Aufklärung über die Ermittlung der Preise über die Gesamtleistung oder für Teilleistungen zu verlangen. Kann selbst danach nicht die Angemessenheit eines Angebotes festgestellt werden, kann dieses bei der Auftragsvergabe unberücksichtigt bleiben. So liegt der Fall hier. Das Angebot der Verfügungsklägerin lag über 50% unter der vor der Ausschreibung erstellten Kostenschätzung sowie über 40% unter den Angebotspreisen der konkurrierenden Bietern. Damit musste die Verfügungsbeklagte die Höhe der Angebotspreise überprüfen (vgl. nur für die vergleichbare Situation OLG Celle, Beschluss vom 17.11.2011 – 13 Verg 6/11 – IBR 2012, 102 m. w. N.). Dazu forderte die Verfügungsbeklagte die Verfügungsklägerin schriftlich unter der individuellen Benennung von 73 Positionen zur Klärung auf. Dass diese in Beantwortung dieser Anfrage die Kalkulation der aufgelisteten 73 Positionen und der Auskömmlichkeit des Angebotes insgesamt gegenüber der Verfügungsbeklagten verständlich und nachvollziehbar dargelegt hätte, hat sie selbst nicht behauptet. Auch soweit sie in der weiteren Korrespondenz mit der Verfügungsbeklagten darlegte, eine möglicherweise teilweise zu scharfe Kalkulation einzelner Positionen an anderer Stelle kompensiert zu haben, kann dem nicht gefolgt werden. Abgesehen von den Fehlern der dem Schreiben vom 22.03.2012 und 27.03.2012 beigefügten Exceltabelle, die in der mündlichen Verhandlung erörtert wurden, lassen auch die dort in der Spalte „EP-Neu“ angegebenen Preise, die angeblich den marktgerechten Preisen entsprechen sollen, nicht erkennen, dass sie auf einer entsprechenden Kalkulation unter Berücksichtigung des tatsächlichen Aufwandes und der eigenen Kosten beruhen. Da, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, die rechte Spalte der Exeltabelle tatsächlich nicht die Überdeckung wiedergibt, die sie hätte wiedergeben sollen, ist auch die daraus gezogene Schlussfolgerung der Verfügungsklägerin, ihr Angebot enthalte noch eine Überdeckung von ###### EUR, die zur Verfügung stehe, 353 um an anderer Stelle möglicherweise einkalkulierte Fehlbeträge zu kompensieren, nicht tragfähig. Sie wäre es auch ohne den Fehler der Tabelle nicht, denn ohne eine Ermittlung der tatsächlichen Höhe der Unterdeckung kann nicht festgestellt werden, ob der von der Verfügungsklägerin ermittelte Überdeckungsbetrag ausreicht, um den Unterdeckungsbetrag auszugleichen. Auf dieser Grundlage hat die Verfügungsbeklagte den ihr eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Der in dem klägerischen Angebot enthaltene Preis lag nicht nur weit über 40% unter den Preisen der anderen Anbieter, sondern auch über 50% unter der Kostenschätzung des Planers der Verfügungsbeklagten. Dass dessen Kostenermittlung einen Fehler enthielte, der von den übrigen Bietern geteilt worden sei, ist nicht dargetan. Warum der Gesamtangebotspreis der Verfügungsklägerin derart gravierend unter den Preisen der übrigen Anbieter und der Kostenschätzung liegt, konnte die Verfügungsklägerin weder im Rahmen des Vergabeverfahrens noch im vorliegenden Rechtsstreit erklären. Ihre Hinweise auf möglicherweise vorliegende Mängel der Angebote der übrigen Bieter vermögen eine entsprechende Klärung, insbesondere in Bezug auf die Kostenschätzung, nicht zu vermitteln. Unerheblich ist schließlich, dass der Verfügungsklägerin einzelne Positionen der Angebote der Mitbewerber nicht verständlich erscheinen. Maßgeblich ist im vorliegenden Fall nicht die Beantwortung der Frage der Verständlichkeit eines jeden einzelnen Angebotsteiles, sondern vielmehr die Angemessenheit des von der Verfügungsklägerin unterbreiteten Gesamtpreises. Soweit die Klägerin den Vorwurf willkürlichen Verhaltens gegenüber der Beklagen erhebt, weil diese eklatante Preisabweichungen in den Angeboten der Mitbewerber nicht gleichfalls zum Anlass für Nachfragen genommen habe, kann sie damit nicht durchdringen. Sie verkennt, dass hinsichtlich der von ihr aufgezeigten Positionen die Mitbewerber von der auch von der Klägerin selbst in Anspruch genommenen Möglichkeit Gebrauch gemacht haben können, einige Positionen „scharf“ zu kalkulieren und daraus sich ergebende Unterdeckungen durch an anderer Stelle „großzügig“ bemessene Angebotspreise zu kompensieren. Im Unterschied zum klägerischen Angebot lässt sich dies auch aus den Endbeträgen der Angebote der Mitbewerber ableiten, die von der Größenordnung her der Kostenschätzung entsprechen. Dagegen liegt der Endbetrag des klägerischen Angebots unter 50% der Kostenschätzung und wirft daher die Frage nach der Auskömmlichkeit im Ganzen auf, die durch den Hinweis auf Querdeckungen innerhalb des eigenen Angebots nicht beantwortet werden kann. Letztlich kann sich die Verfügungsklägerin im Verhältnis zur Verfügungsbeklagten nicht mit Erfolg auf den Schutzzweck von § 16 (6) VOB/A berufen. Ein Auftraggeber ist nicht im jeden Einzelfall gehalten, zu prüfen, worauf die Unangemessenheit des auszuschließenden Angebotes zurückzuführen ist und welche Auswirkungen auf den Wettbewerb zu erwarten sind, wollte er das Angebot trotz der Unangemessenheit zulassen. 354 Der Antrag war daher mit der sich aus § 91 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge abzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit geht auf die §§ 708 Ziffer 6, 711 ZPO zurück. Der Streitwert wird auf ###### EUR festgesetzt. Maßgeblich ist gemäß § 3 ZPO das wirtschaftliche Interesse der rechtssuchenden Partei an der Entscheidung. Da keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass die Verfügungsklägerin den angestrebten Auftrag zur Auslastung ihrer Betriebskapazitäten benötigt, um die fortlaufenden Betriebskosten zu erwirtschaften, wird auf den aus ihrer Sicht zu erwartenden Gewinn abzustellen sein, der in analoger Anwendung des § 50 Abs. 2 GKG auf 5% der Bruttoauftragssumme zu schätzen ist. 203 OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.06.2012 – 1 U 357/11 (Lichtsignalanlagen) I. Die Verfügungsklägerin begehrt die Versagung der Zuschlagserteilung an die Nebenintervenientin in einem Vergabeverfahren. (…) II. (…) Der Verfügungsklägerin steht kein Anspruch auf Unterlassung der Zuschlagserteilung zu. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war zwar zulässig, jedoch unbegründet. 1. (…) 2. Dem Erfolg des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens steht nicht schon die fehlende Möglichkeit der Erlangung von Primärrechtsschutz entgegen. Die Verfügungsklägerin hat auch im vorliegend gegebenen Unterschwellenbereich, § 100 Abs. 1 GWB i.V.m. § 2 VgV, in dem die §§ 97 ff. GWB nicht anwendbar sind, grundsätzlich die Möglichkeit im Wege des Primärrechtsschutzes die Unterlassung der Zuschlagserteilung nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1004 Abs. 1 BGB analog geltend zu machen. Bei der hiernach eröffneten Prüfung ist das Gericht nicht auf eine bloße Willkürkontrolle beschränkt. a. Infolge der Durchführung eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge entsteht ein Schuldverhältnis im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Bei einem 355 Verstoß gegen die den Auftraggeber hieraus treffenden Rücksichtnahmepflichten ist dieser zum Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet (vgl. BGHZ 190, 89, 92 f. – Rettungsdienstleistungen II). b. Der Bieter ist in diesem Schuldverhältnis jedoch nicht auf Rechtsschutz auf Sekundärebene beschränkt. In analoger Anwendung von § 1004 Abs. 1 BGB steht ihm bereits auf der Primärrechtsebene ein Anspruch auf Unterlassung der Zuschlagserteilung an einen Mitbieter zu, wenn die entsprechenden Voraussetzungen der vorgenannten Normen vorliegen (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Januar 2010 – 27 U 1/09 -, juris, Absatz-Nr. 28 ff. mwN auch zu Gegenansichten; Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 8. Dezember 2008 – 9 U 431/08 -, juris, Absatz-Nr. 34; für die „grundsätzliche“ Gewährung von Primärrechtsschutz auch Frenz, in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, 2. Aufl. 2011, § 97 GWB Rn. 161; zum Stand der Rechtsprechung auch Summa, in: jurisPK-VergR, 3. Aufl. 2011, Vertiefungshinweis 1 zu § 100 GWB, Rn. 15 ff.). (1.) Die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 190, 89) bezog sich zwar auf ein Vergabeverfahren oberhalb der Schwellenwerte. Jedoch führt der Bundesgerichtshof aus, dass bei Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte die Vorschriften der Vergabe- und Vertragsordnungen für Bauleistungen und Leistungen einschlägig sind, sofern der Auftraggeber – was allgemein üblich ist – ankündigt, die Vergabe auf der Grundlage dieser Vorschriften durchzuführen (vgl. BGHZ 190, 89, 93). Der Ablauf des Verfahrens ist damit ebenso wie bei Erreichen der Schwellenwerte eingehend geregelt, woraus subjektive Rechte der Bieter folgen. Der Enttäuschung eines besonderen Vertrauens der Bieter (vgl. hierzu noch Gröning, GRUR 2009, S. 266, 267) bedarf es nach der o.g. Rechtsprechung nicht mehr. (2.) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 116, 135) sowie die vorangegangene Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 29. April 2003 (5 Verg 4/02, NZBau 2003, S. 462, 463) stehen dem vorliegenden Ergebnis nicht entgegen. Der Fall betraf die Frage des Primärrechtsschutzes nach Zuschlagserteilung. Das Saarländische Oberlandesgericht hatte nicht über die – gerade vorliegend umstrittene – Frage der Zuschlagsverhinderung im Wege einstweiliger Verfügung zu entscheiden. Zwar führt die Zuerkennung von Primärrechtsschutz im Unterschwellenbereich zur Frage der Umgehung der in §§ 97 ff. GWB statuierten Voraussetzungen. Ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen – hier die sog. culpa in contrahendo – ein Anspruch infolge der Verletzung eines subjektiven Rechts gegeben, kann dies jedoch im Rahmen des Justizgewährungsanspruchs gerichtlich verfolgt werden. Dabei kann die tatsächliche Vergabepraxis zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen. Aufgrund dieser Selbstbindung kommt den Verdingungsordnungen als den verwaltungsinternen Regelungen über Verfahren und Kriterien der Vergabe eine mittelbare Außenwirkung zu (so BVerfGE 116, 135, 153 f.). 356 Vorliegend haben sich die Verfügungsbeklagten infolge der Zugrundelegung der VOB/A selbst hieran gebunden, so dass hieraus ein subjektives Recht eines jeden Mitbewerbers auf Beachtung der darin enthaltenen Regelungen folgt. Die Nebenintervenientin kann die Verletzung der ihr hiernach zustehenden subjektiven Rechte im Wege des Rechtsschutzes „nach der allgemeinen Rechtsschutzordnung“ (so BVerfGE 116, 135, 155) geltend machen. Dass der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht dazu verpflichtet ist, eine auch faktisch realisierbare Möglichkeit eines Primärrechtsschutzes im Vergaberecht zu schaffen (vgl. BVerfGE 116, 135, 156 f.), steht dem nicht entgegen. Zwar verfügt der unterlegene Bieter somit oftmals vor Zuschlagserteilung nicht über die nötigen Informationen. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber derartige Verfahrensvorkehrungen nicht getroffen hat, da dies die Verwaltungsarbeit beim „Massenphänomen“ der Vergabe im Unterschwellenbereich erheblich beeinträchtigen würde (vgl. BVerfGE 116, 135, 158). Dies hindert die Rechtsschutzgewährung bezüglich desjenigen Bieters, der vor Zuschlagserteilung im Einzelfall über die nötigen Informationen verfügt, jedoch nicht. Dem Problem einer Verfahrensverzögerung kann im Rahmen der im Folgenden dargestellten Abwägung der beteiligten Interessen hinreichend Rechnung getragen werden. Die Frage, ob Regelungen des GWB, welche weitergehende Anforderungen an die Rechtsschutzgewährung aufstellen, etwa § 107 Abs. 3 GWB, auch in Fällen wie dem vorliegenden anwendbar sind, kann im Ergebnis dahinstehen, da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aus anderen Gründen, wie noch aufzuzeigen sein wird, im Ergebnis unbegründet ist. (3.) Der dem Bieter zuzuerkennende Primärrechtsschutzanspruch erfasst auch Unterlassungsansprüche. Es ist anerkannt, dass Rechte und Rechtsgüter nicht nur nach vollendeter Verletzung durch Schadensersatzansprüche geschützt werden sollen, sondern schon präventiv gegen drohende Verletzung durch Unterlassungsansprüche. Ein Gläubiger ist nicht auf ein Dulden und Liquidieren beschränkt (vgl. Baldus, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2009, § 1004 Rn. 9). Zwar ist es zutreffend, dass die Einklagbarkeit von Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB nicht explizit kodifiziert ist (dies zur kritischen Auseinandersetzung mit der o.g. Entscheidung des OLG Düsseldorf nehmend: Summa, in: jurisPK-VergR, 3. Aufl. 2011, Vertiefungshinweis 1 zu § 100 GWB, Rn. 24). Auch sind bei § 241 Abs. 2 BGB nicht die eigentlichen Rechte und Rechtsgüter betroffen, sondern Pflichten zur Rücksichtnahme auf jene. Jedoch kann daraus nicht im Umkehrschluss auf eine generell fehlende Einklagbarkeit dieser Pflichten geschlossen werden. 357 Die vorliegend betroffenen Schutzpflichten sind in ihrem Regelungsgehalt und ihrer Reichweite ähnlich bestimmt wie die Hauptpflichten. Der Auftraggeber, der das von ihm eröffnete Vergabeverfahren nach den Regelungen der VOB/A durchzuführen vorgibt, hat gerade kein völlig freies Ermessen, wie er die Leistung bewirken will (vgl. hierzu Bachmann/Roth, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 241 Rn. 60). Er hat sich selbst dem Regelungswerk der VOB/A unterworfen und ist aufgrund der Selbstbindung in der Folge auch verpflichtet, dieses im Einzelnen einzuhalten. Eine Gefahr der Unbestimmtheit der Leistungspflicht und damit auch etwaiger Nebenpflichten besteht nicht. Die Nebenpflichten haben sich vielmehr auf der Grundlage der VOB/A zu einem bestimmten Tun bzw. Unterlassen konkretisiert (vgl. insoweit Stürner, JZ 1976, S. 384, 386). Die Rechtsähnlichkeit dieser konkret bestimmten Schutzpflichten zu den deliktsrechtlichen Ansprüchen spricht somit dafür, auch für das Schutzpflichtverhältnis einen klagbaren Erfüllungs- und auch einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch zu gewähren, falls sich die abzuwehrende Gefahr rechtzeitig im Voraus hinreichend konkretisiert und die Interessen des Gläubigers – hier des Bieters – diejenigen des Schuldners überwiegen (vgl. Bachmann/Roth, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 241 Rn. 129 und Rn. 60; zur „Abwägungslösung“ auch Olzen, in: Staudinger, Neubearbeitung 2009 § 241 Rn. 547 f.; zum Bestehen von Unterlassungsansprüchen BGH, Urteil vom 12. Januar 1995 – III ZR 136/93 -, NJW 1995, S. 1284, 1285; Schmidt-Kessel, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 7. Aufl. 2012, § 241 Rn. 24). (4.) Ein Bedürfnis für zivilrechtlichen Primärrechtsschutz besteht grundsätzlich auch bei einem drohenden Vergabeverstoß. Dabei sind die Interessen des Bieters mit denjenigen des Auftraggebers abzuwägen und im Einzelfall zu prüfen, ob den Bieter analog § 1004 Abs. 2 BGB eine Pflicht zur Duldung der Zuschlagserteilung trifft. Es ist dabei zum einen das Interesse des Bieters am Erhalt des Auftrages zu berücksichtigen. Der auf bloßen Schadensersatz gerichtete Sekundärrechtsschutz ist nicht in gleichem Maße für den Bieter, der sich mit seinem Gewerbe entsprechend betätigen und am Wirtschaftsleben teilnehmen will, effektiv. Ferner hat auch der Auftraggeber grundsätzlich ein Interesse daran, sich vor solchen Schadensersatzansprüchen, deren Ausmaß für ihn nicht ohne weiteres überschaubar ist, zu schützen und etwaige Streitpunkte des Vergabeverfahrens vor Zuschlagserteilung einer Entscheidung zuzuführen. Andererseits ist jedoch das Interesse des Auftraggebers an einer Vermeidung der Verzögerung des Vergabeverfahrens sowie damit zusammenhängend die Wirtschaftlichkeit der Vergabe (vgl. BVerfGE 116, 135, 157) in die Abwägung einzustellen. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob sein mögliches Interesse an einer frühzeitigen Zuschlagserteilung, etwa mit Blick auf Umfang, Tragweite und zeitlicher Planung des Vorhabens, überwiegt, so dass im Sinne von § 1004 Abs. 2 BGB analog eine Duldungspflicht des Bieters besteht. 358 Schließlich ist auch zu berücksichtigen, ob das Verfahren seitens des Bieters sachwidrig genutzt oder sogar missbraucht wird (vgl. BVerfGE 116, 135, 157). (5.) Die hiernach anzustellende Abwägung führt vorliegend zur grundsätzlichen Gewährung eines Unterlassungsanspruchs des Bieters. Eine Pflicht, die Zuschlagserteilung hinzunehmen und hiernach Schadensersatzansprüche geltend zu machen, besteht nicht. Gründe, die für ein Überwiegen der Interessen der Auftraggeber sprächen, sind vorliegend nicht vorgebracht und auch nicht ersichtlich. Es handelt sich um ein ausschließlich auf eine gewisse Anzahl von Lichtzeichenanlagen bezogenes Vorhaben, das nicht in besonderem Maße eilbedürftig erscheint und auch nicht als Teil eines Gesamtvorhabens dessen Fortschreiten bedingt. Auf der anderen Seite sind die Interessen der Verfügungsklägerin an der eigentlichen Auftragserteilung zu berücksichtigen, die vorliegend als überwiegend angesehen werden können. Damit ist ihr ein vorbeugender Unterlassungsanspruch zuzubilligen. 204 OLG Dresden, Beschluss vom 24.07.2012 – Verg 2/12 (Beseitigung von Ölverunreinigungen) II. Die Beschwerde ist begründet. Der vom Antragsgegner mit der Beigeladenen geschlossene Vertrag vom 21.03.2012 ist gemäß § 101 b Abs. 1 Nr. 1 GWB i.V.m. § 101 a GWB unwirksam, weil der Antragsgegner, von seinem Standpunkt, das streitbefangene Beschaffungsvorhaben sei nicht europaweit auszuschreiben, folgerichtig die in § 101 a GWB geregelten Informationsund Wartepflichten gegenüber der Antragstellerin nicht eingehalten hat. Dies kann die Antragstellerin entgegen der Auffassung der Vergabekammer zulässigerweise zum Gegenstand eines Vergabenachprüfungsverfahrens machen. Denn bei sachgerechter Schätzung des Auftragswerts für das ausgeschriebene Vorhaben ist der Schwellenwert von 193.000,00 EUR, von dem alle Beteiligten – zu Recht – hier als maßgeblich ausgehen, nachhaltig überschritten. Damit ist der Anwendungsbereich der §§ 97 ff. GWB einschließlich der damit verbundenen Rechtsschutzmöglichkeiten für die Antragstellerin eröffnet. Zugleich ergibt sich daraus, dass die in Rede stehende Beanstandung in der Sache zutrifft. Der Senat stimmt der Vergabekammer darin zu, dass dem die Tatsache, dass die Antragstellerin innerhalb der hierzu vorgesehenen Frist kein eigenes Angebot abgegeben hatte, unter den hier gegebenen Umständen nicht entgegensteht. Denn ein solches Angebot wäre sinnlos gewesen, weil der gerügte Vergabeverstoß (Unterlassen einer zwingend gebotenen europaweiten Ausschreibung) nur durch eine erneute Ausschreibung, also durch ein ordnungsgemäß bekannt zu gebendes neues Vergabeverfahren behebbar war. Warum ein Bieter sich 359 angesichts dessen mit einem eigenen Angebot auf ein irreparabel rechtswidriges Verfahren einzulassen hätte, nur um sich die Möglichkeit eines Nachprüfungsverfahrens zu eröffnen, in dem es auf den Inhalt dieses Angebots dann denknotwendig nicht ankommen kann, vermag der Senat nicht zu erkennen. 205 LG Wiesbaden, Beschluss vom 12.07.2012 – 4 O 17/12 (Rügepflicht) Der Erlass der einstweiligen Anordnung war geboten, weil es am Verfügungsgrund fehlt. Im Vergabeverfahren muss im Rahmen einer einstweiligen Verfügung Berücksichtigung finden, dass der Primärrechtsschutz nur unzulänglich die Rechte derjenigen Beteiligten am Vergabeverfahren wahren kann, die ebenfalls von einem Zuschlagsverbot betroffen sind, weil sie den Zuschlag erhalten (OLG Düsseldorf VergabeR 2010, 531, Juris, Rn. 44ff.; LG Berlin 52 O 254/11, Rn. 13). Aufgrund dessen kann die betroffene Partei nur noch dann Primärrechtsschutz im Verfügungsverfahren erhalten, wenn sie sich rasch positioniert und eventuelle Verstöße im Vergabeverfahren unverzüglich geltend macht (LG Berlin a.a.O.). Hier rügt die Verfügungsklägerin die Unwirksamkeit von Ziff. 3.8 der Bewerbungsbedingungen, wonach Hauptangebote mit negativen Einheitspreisen von der Wertung ausgeschlossen werden. Diese Bewerbungsbedingungen sind der Verfügungsklägerin bereits am 18.5.2012 zugegangen. Ab diesem Zeitpunkt war es der Verfügungsklägerin möglich, die Unwirksamkeit von Ziff. 3.8 der Bewer